# #Mon Aug 09 12:01:41 CEST 2010 Text__BOAPMKOdEd-WfYQ0GneCwQ_title=Ausz\u00FCge aus Alan Guths Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts. Text__BOAPMKOdEd-WfYQ0GneCwQ_text=

Alan H. Guth \u00FCber James E. Peebles\:

Ausz\u00FCge aus\: Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts. M\u00FCnchen\: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. Lizenzausgabe f\u00FCr die Wissenschaftliche Buchgesellschaft. (Alan H. Guth, 1999.). \u00DCbersetzt von Gerhard Ingold und Martina Sonntag.

In den fr\u00FChen sechziger Jahren leitete Robert H. Dicke eine sehr aktive Forschungsgruppe, die sich an der Princeton-Universit\u00E4t mit der Gravitationsphysik besch\u00E4ftigte. Die Gruppe traf sich einmal in der Woche zu einem Abendseminar oder zu einer informellen Diskussionsrunde, und im Anschlu\u00DF ging man in der Regel in ein nahegelegenes Restaurant und bestellte Bier und Pizza. Ab und zu fanden diese Treffen, trotz mancher Ehegattenproteste, auch Freitag abends statt. Ein Mitglied dieser Gruppe, Jim Peebles, erz\u00E4hlt die Geschichte [1] einer sehr hei\u00DFen Sommernacht im Jahre 1964, als die Gruppe sich in der \u201Eunertr\u00E4glich hei\u00DFen\u201C Dachstube des Palmer-Laboratoriums versammelte, wobei weniger Leute als gew\u00F6hnlich anwesend waren.
Dicke stellte der Gruppe einige \u00DCberlegungen vor, die er zur Geschichte des Universums angestellt hatte. Er hatte sich schon geraume Zeit vorher dazu durchgerungen, die Vorstellung, die gesamte Materie es Urknalls entstanden, zu verwerfen. Statt dessen favorisierte er eine alternative Idee, die in jener Zeit h\u00E4ufig diskutiert wurde\: M\u00F6glicherweise oszilliere das Universum mit den sich abwechselnden Phasen der Expansion und der Kontraktion. Dicke kannte allerdings die astronomischen Daten, die darauf hinwiesen, da\u00DF die \u00E4ltesten Sterne nur aus der Abk\u00FChlung von Wasserstoff- und Heliumgas entstanden sein konnten. Die Elemente, die schwerer als Helium sind, werden im Inneren von Sternen erzeugt. Zu dem Zeitpunkt, als die ersten Sterne entstanden, existierten diese Elemente noch nicht, jedenfalls nicht in nennenswerten Mengen. Was ist dann aber mit den schweren Elementen geschehen, die in einem fr\u00FCheren Zyklus der kosmischen Evolution entstanden waren? Dicke konnte sich nur eine Antwort vorstellen\: Beim R\u00FCckprall, in dem Augenblick, als die Kontraktion zu einem Halt gekommen war und die Expansionsphase eingesetzt hatte, mu\u00DF das Universum so hei\u00DF geworden sein, da\u00DF die Atomkerne der schweren Elemente in ihre Bestandteile, die Protonen und Neutronen, zertr\u00FCmmert wurden. Auf diese Art und Weise wurden die \u00DCberreste der schweren Elemente aus einer fr\u00FCheren Zyklenphase aufgebraucht und ein neuer Zyklus konnte beginnen. Wenn dies alles wahr w\u00E4re, dann m\u00FC\u00DFte es einen Strahlungshintergrund geben \u2013 eine Nachglut dieser gewaltigen Hitze \u2013 die bis auf den heutigen Tag das Universum durchdringt.
Obwohl Dickes Ideen von einem oszillierenden Universum nicht mehr ernsthaft diskutiert werden, ist die Vorhersage eines Strahlungshintergrundes nach wie vor von Bedeutung. Ein oszillierendes Universum l\u00E4\u00DFt sich als eine Folge von Urknallereignissen interpretieren. Wenn jede Explosion gem\u00E4\u00DF der Theorie vom oszillierenden Universum einen Strahlungshintergrund erzeugt, dann m\u00FC\u00DFte die Urexplosion nach der Urknalltheorie genau den gleichen Effekt haben.
Dicke war der Auffassung, da\u00DF es interessant w\u00E4re, nach der Hintergrundstrahlung zu suchen und \u00FCberredete zwei junge Kollegen, Peter G. Roll und David T. Wilkinson, ein geeignetes Experiment aufzubauen. Dann wandte er sich an Peebles und sagte\: \u201EWarum gehen Sie nicht los und studieren die Konsequenzen, die sich von der theoretischen Seite her ergeben?\u201C Wenig sp\u00E4ter waren Roll und Wilkinson eifrig mit der Installation einer Antenne auf dem Dach des Geologiegeb\u00E4udes besch\u00E4ftigt. F\u00FCr das Experiment wurde ein Dicke-Radiometer eingesetzt, das auf Mikrowellen mit einer Wellenl\u00E4nge von 3,2 Zentimetern abgestimmt war. Wie beim Experiment in Crawford Hill sah man auch bei diesem Versuch einen kalten Lastwiderstand vor, die Hornantenne selbst jedoch war sehr viel kleiner\: Ihr Durchmesser betrug nur drei\u00DFig Zentimeter.
Wie Dicke es vorgeschlagen hatte, untersuchte Peebles mit gro\u00DFem Eifer die Konsequenzen, die sich aus der Existenz einer hei\u00DFen Phase im Fr\u00FChstadium des Universums ergeben w\u00FCrden. Zu Beginn des Jahres 1965 hatte er einen Artikel \u00FCber kosmische Strahlung verfa\u00DFt. Als Ergebnis fand er, wie Dicke es erwartet hatte, da\u00DF das heutige Universum gleichf\u00F6rmig mit einem Untergrund aus elektromagnetischer Strahlung durchflutet sein m\u00FC\u00DFte, der aus einem Urknall zur\u00FCckgeblieben war. Er war zudem in der Lage, das Spektrum der Strahlung vorherzusagen, die Art und Weise n\u00E4mlich, wie sich die Energiedichte mit der Frequenz oder Wellenl\u00E4nge \u00E4ndert. Das Resultat war, wie es in der physikalischen Fachsprache hei\u00DFt, ein thermisches Spektrum, oder auch Spektrum der Hohlraumstrahlung, bei einer Temperatur von zehn Grad \u00FCber dem absoluten Nullpunkt. (S. 109\u2013112).

Nun kommen wir auf die Aktivit\u00E4ten von Jim Peebles zur\u00FCck, der seine Arbeit \u00FCber die Theorie der kosmischen Hintergrundstrahlung im M\u00E4rz 1965 bei der Zeitschrift Physical Review zur Ver\u00F6ffentlichung eingereicht hatte. Die Publikation wurde von der Zeitschrift abgelehnt und ebenso die revidierte Fassung der Arbeit, die Peebles als Reaktion auf das Gutachten \u00FCber die erste eingereichte Version geschrieben hatte. In beiden F\u00E4llen hing die Ablehnung offenbar mit der ungen\u00FCgenden W\u00FCrdigung fr\u00FCherer Arbeiten zusammen, insbesondere der Arbeiten von Gamow und seinen Mitarbeitern. [2] Trotz eines intensiven Briefwechsels konnte man sich nicht einigen, und die Arbeit wurde nie publiziert.
Peebles jedoch war von dem Projekt sehr \u00FCberzeugt. Noch bevor er seine Arbeit erstmals zur Ver\u00F6ffentlichung einreichte, hatte er eine Einladung der Johns-Hopkins-Universit\u00E4t in Baltimore, Maryland, angenommen, einen Seminarvortrag \u00FCber seine Arbeit zu halten. Am 19. Februar 1965 gab er das Kolloquium (er besitzt noch immer seine Manuskriptaufzeichnungen\!), und die nachfolgenden Ereignisse sind ein grandioses Beispiel f\u00FCr das informelle Kommunikationsnetzwerk, das unter Wissenschaftlern besteht. Bei dem Vortrag von Peebles befand sich unter den Zuh\u00F6rern Kenneth Turner, ein junger Radioastronom von der Carnegie-Stiftung in Washington, D. C. Turner war ein guter Freund von Peebles aus alten Doktorandenzeiten in Princeton, und w\u00E4hrend ihres Besuches hatten auch Peebles\u2019 Frau und seine beiden kleinen T\u00F6chter im Hause Turner gewohnt. Turner, fasziniert von der Vorhersage eines mit einem Strahlungshintergrund vollst\u00E4ndig ausgef\u00FCllten Universums, erw\u00E4hnte den Vortrag in einer Unterhaltung mit einem seiner Kollegen, Bernard Burke, der ebenfalls als Radioastronom an der Carnegie-Stiftung arbeitete (und der sich heute am MIT befindet). Wie der Zufall es wollte, war Arno Penzias mit Burke befreundet, und am Ende eines Telefongespr\u00E4chs, in dem es um andere Dinge ging, erkundigte sich Burke bei Penzias, wie denn die Messungen mit der Hornantenne in Crawford Hill vorangingen. Penzias erw\u00E4hnte Burke gegen\u00FCber die unverstandenen Signale, die sie empfingen, und Burke verwies Penzias daraufhin an die Gruppe in Princeton, von der er m\u00F6glicherweise interessante Dinge in Erfahrung bringen konnte.
Dicke erhielt von Penzias einen Anruf, und bald darauf war die Princeton-Gruppe auf dem Weg nach Crawford Hill. Als Dicke und seine Mitarbeiter die Ergebnisse, die Penzias und Wilson gewonnen hatten, zu Gesicht bekamen, waren sie sehr schnell davon \u00FCberzeugt, da\u00DF dem Team der Bell-Laboratorien eine grundlegende Entdeckung gelungen war \u2013 das Echo des gro\u00DFen Urknalls war gefunden worden.
Die beiden Gruppen beschlossen, zwei getrennte Arbeiten bei der Zeitschrift Astrophysical Journal zur Ver\u00F6ffentlichung einzureichen, die hintereinander abgedruckt erscheinen sollten. Das Papier der Bell Labs w\u00FCrde die Messungen, das Princeton-Papier die theoretische Interpretation beschreiben. (S. 115\u2013116)

Penzias und Wilson hatten ihr geheimnisvolles Signal bei nur einer einzigen Wellenl\u00E4nge aufgenommen, so da\u00DF sie keine M\u00F6glichkeit hatten nachzupr\u00FCfen, ob das Spektrum in irgendeiner Weise dem eines Hohlraumstrahlers glich. Wenn sie jedoch annahmen, da\u00DF es sich um Hohlraumstrahlung handelte, dann gen\u00FCgte die Intensit\u00E4t, die bei einer Wellenl\u00E4nge gemessen wurde, um die Temperatur festzulegen. Sie fanden eine Temperatur von 3,5 Grad Kelvin. Genauer gesagt, Penzias und Wilson zogen aus ihren Daten den Schlu\u00DF, da\u00DF die Temperatur gr\u00F6\u00DFer als 2,5 Grad Kelvin und kleiner als 4,5 Grad Kelvin sein mu\u00DFte.* (Nachdem sie ihre Apparatur kurz darauf noch einmal neu kalibriert hatten, reduzierten sie ihren Sch\u00E4tzwert auf 3,1 Grad Kelvin, erneut mit einer Unsicherheit von 1 Grad in beiden Richtungen.)
Obwohl die Berechnungen von Peebles eine Hintergrundtemperatur von zehn Grad Kelvin erwarten lie\u00DFen, waren die Princeton-Physiker wegen dieser Diskrepanz nicht beunruhigt. Die Rechnungen hingen von einer Reihe von Sch\u00E4tzwerten ab. Demzufolge war es durchaus m\u00F6glich, da\u00DF ein Fehler vorlag. Eine der vagen, f\u00FCr die Berechnung ben\u00F6tigten Zahlen betraf die Massendichte im Universum. Peebles hatte einen Wert von 7*10-31 Gramm pro Kubikzentimeter verwendet, einen Wert, der 1958 von Jan H. Oort f\u00FCr die Massendichte von gew\u00F6hnlichen Galaxien abgesch\u00E4tzt worden war. Dieser Wert liegt irgendwo zwischen vier und 15 Prozent der kritischen Dichte, die notwendig w\u00E4re, um ein geschlossenes Universum zu erhalten (wie es in Kapitel 3 diskutiert worden ist). Um die Vorhersage von zehn Grad auf drei Grad Kelvin zu senken, h\u00E4tte man eine Massendichte annehmen m\u00FCssen, die etwa zwanzigmal kleiner als dieser Wert ist.** Die Gruppe aus Princeton kam jedoch zu dem Schlu\u00DF, da\u00DF die Absch\u00E4tzung von Oort wahrscheinlich nicht verl\u00E4\u00DFlich genug ist, um ein Universum mit einer derart niederen Dichte ausschlie\u00DFen zu k\u00F6nnen.
Zwar mag eine Diskrepanz von einem Faktor drei f\u00FCr die Temperatur oder von einem Faktor zwanzig f\u00FCr die Massendichte sehr gro\u00DF erscheinen, man mu\u00DF jedoch andererseits bedenken, da\u00DF sich grundlegende kosmologische Gr\u00F6\u00DFen wie beispielsweise die Hubble-Konstante oder die Massendichte nur sehr schwer messen lassen. Der Artikel in der New York Times befa\u00DFte sich mit der vorhergesagten Temperatur von zehn Grad Kelvin und f\u00FCgte ohne weiteren Kommentar hinzu, da\u00DF die Messung von 3,5 Grad Kelvin \u201Ein guter \u00DCbereinstimmung mit der Vorhersage angesehen wurde\u201C. Als ich Jim Peebles die Frage stellte, ob die Diskrepanz bei den Temperaturen oder Massendichten zu jener Zeit insgeheim Anla\u00DF zur Sorge gegeben habe, antwortete er\:
\u201CIch kann mich daran erinnern, wie ich nach der Lekt\u00FCre eines sehr guten \u00DCbersichtsartikels von Oort (auf einer Solvay Konferenz), zu dem Schlu\u00DF kam, da\u00DF der gemessene Wert f\u00FCr die mittlere Massendichte einen betr\u00E4chtlichen Fehler aufwies. Kurzum, ich kann mich nicht daran erinnern, da\u00DF ich mir ernsthafte Sorgen um die Massendichte machte. Ich w\u00FCnschte mir allerdings, ich h\u00E4tte ein Tagebuch gef\u00FChrt.\u201D
David Wilkinson machte noch deutlicher, da\u00DF man keine ernsthaften Schwierigkeiten sah\:
\u201CIch war in keinster Weise beunruhigt, da\u00DF Jims Vorhersage einer Temperatur von 10 Grad Kelvin zu hoch lag. Die ganze theoretische Seite der Geschichte schien zu jener Zeit ohnehin etwas wackelig und die primordiale Kernsynthese habe ich auch nicht sehr ernst genommen.* F\u00FCr mich war es ein zweitrangiges Problem im Vergleich zum Nachweis der tats\u00E4chlichen Existenz der kosmischen Mikrowellenstrahlung. Hinzu kommt, da\u00DF ich das Ganze vermutlich gar nicht verstanden hatte.\u201C
Im darauffolgenden Jahr \u00FCberarbeitete Peebles seine Berechnungen und reichte einen ausf\u00FChrlichen Artikel zur Publikation bei der Fachzeitschrift Astrophysical Journal ein, dieser Artikel wurde tats\u00E4chlich ver\u00F6ffentlicht. In der Arbeit wurden die Standardmethoden entwickelt, die seither in allen Publikationen angewendet wurden, die sich mit der Entstehung der kosmischen Hintergrundstrahlung besch\u00E4ftigten. Das wichtigste Ergebnis war, da\u00DF die verbesserten Rechnungen die Diskrepanz zwischen der vorhergesagten und der tats\u00E4chlich gemessenen Temperatur beseitigten. Der gemessene Wert zwischen drei und 3,5 Grad Kelvin befand sich nun in \u00DCbereinstimmung mit dem von Oort angegeben Wert f\u00FCr die Massendichte im Universum\! Peebles kam zu dem Ergebnis, da\u00DF sogar eine kritische Massendichte, die nach seinen Absch\u00E4tzungen einen Faktor 25 gr\u00F6\u00DFer war als der Wert von Oort, gerade noch mit dem gemessenen Wert f\u00FCr die Temperatur vetr\u00E4glich war. Die Zusammenh\u00E4nge, die in einer solchen Untersuchung zu ber\u00FCcksichtigen sind, werden im folgenden Kapitel behandelt. (S. 119\u2013122)

Obwohl Peebles nicht der erste war, der sich mit der Urknall-Nukleosynthese besch\u00E4ftigt hatte, so war er doch der erste, der die Berechnungen f\u00FCr die Heliumerzeugung mit derselben Detailgenauigkeit zu Ende f\u00FChrte, wie sie von Alpher, Follin und Herman begonnen worden war. Im Unterschied zu seinen Vorg\u00E4ngern war er von Anfang an davon \u00FCberzeugt, da\u00DF die schweren Elemente im Innern von Sternen erzeugt werden k\u00F6nnen. Deshalb war er auch nicht entmutigt, als er sah, da\u00DF die Elementbildung beim Helium zum Stillstand kam. Peebles begann seine Berechnungen mit der Verschiebung des Neutron-Proton-Gleichgewichts, in enger Analogie zu den Arbeiten von Alpher, Follin und Herman, und erweiterte die Berechnungen, indem er bei der Nukleosynthese auch die Kernreaktionen in Abbildung 5.4 ber\u00FCcksichtigte.
Peebles war allem Anschein nach auch die erste Person, die die Entwicklung der kosmischen Hintergrundstrahlung bis in die Gegenwart zur\u00FCckverfolgt hat. (Die Gruppe um Gamow hatte die Rotverschiebung der Strahlung berechnet, aber sie hatte nicht untersucht, wie die Strahlung mit der Materie im Universum in Wechselwirkung tritt.) Peebles kam zu dem Ergebnis, da\u00DF das Wasserstoffgas, solange die Strahlungstemperatur nicht unter 3000 Grad gefallen war, zu hei\u00DF gewesen ist, als da\u00DF stabile Atome sich h\u00E4tten bilden k\u00F6nnen. Das Gas verharrte in seinem ionisierten Zustand, was bedeutet, da\u00DF die Elektronen und Protonen sich unabh\u00E4ngig voneinander durch den Raum bewegten. Da Photonen sehr stark mit geladenen Teilchen wechselwirken, insbesondere mit geladenen Teilchen, die eine kleine Masse besitzen, wurden sie kontinuierlich bei Zusammenst\u00F6\u00DFen mit den Elektronen gestreut. Diese h\u00E4ufigen Kollisionen stellten sicher, da\u00DF sowohl die Materie als auch die Strahlung die gleiche Temperatur beibehielten und sich im gleichen Zeitraum abk\u00FChlten, w\u00E4hrend das Universum sich ausdehnte.
Nach ungef\u00E4hr 300 000 Jahren hatte sich das Universum stark genug abgek\u00FChlt, so da\u00DF das ionisierte Gas in ein Gas aus neutralen Atomen \u00FCbergehen konnte. Peebles nannte diesen Vorgang \u201ERekombination\u201C, eine Bezeichnung, die auch heute noch in der Standardliteratur der Kosmologie verwendet wird. Die Vorsilbe \u201ERe-\u201E war jedoch schon immer sehr unzutreffend, da der Urknalltheorie zufolge die Elektronen und Protonen zum erstenmal \u00FCberhaupt eine Bindung eingingen. Ich fragte Peebles, ob diese Bezeichnung ein Hinweis auf Dickes Vorstellung von einem oszillierenden Universum sei, doch er verneinte dies. Die Formulierung \u201ERekombination\u201C wird von denjenigen Physikern benutzt, die sich unter Laborbedingungen mit ionisierten Gasen (diese werden auch Plasmen genannt) befassen. Deshalb war es nur nat\u00FCrlich, diese Bezeichnung in die Sprache der Kosmologie zu \u00FCbernehmen.
Ein Gas aus elektrisch neutralen Atomen l\u00E4\u00DFt Photonen sehr gut passieren, so da\u00DF ein typisches Photon der kosmischen Hintergrundstrahlung seit der Zeit von 300 000 Jahren nach der Urknallexplosion bis in die Gegenwart sich stets geradlinig fortpflanzen konnte. Trotz einer Rotverschiebung der Strahlung bleibt die Spektralverteilung f\u00FCr einen Hohlraumstrahler erhalten, wobei die Temperatur mit dem sich ausdehnenden Universum abnimmt. Das Licht der Sterne kann mit der Hohlraumstrahlung nicht in Wechselwirkung treten, nur bei sehr viel h\u00F6heren Frequenzen gibt es zus\u00E4tzliche Photonen. Auf das Spektrum im Mikrowellenbereich jedoch hat das fast keine Auswirkung. Die kosmische Hintergrundstrahlung liefert uns demzufolge einen treffenden Schnappschu\u00DF vom Universum, wie es gerade 300 000 Jahre nach der Urknallexplosion ausgesehen hat.
Um sich eine Vorstellung davon machen zu k\u00F6nnen, was ein Zeitpunkt von 300 000 Jahren nach der Urknallexplosion tats\u00E4chlich bedeutet, w\u00E4hlen wir eine Analogie, wie sie bereits von Peebles und Wilkinson in einem Artikel f\u00FCr die Zeitschrift Scientific American aus dem Jahr 1967 benutzt worden ist [17]. Wir vergleichen unsere Beobachtungen vom Universum, das in der Entstehung begriffen ist, mit dem Blick von der Besucherplattform des Empire State Building in die Tiefe. Das Stra\u00DFenniveau entspricht dem Augenblick der Urknallexplosion. Interpretieren wir die tats\u00E4chlichen Gr\u00F6\u00DFenverh\u00E4ltnisse im analogen Kontext, dann entsprechen die am weitesten entfernten Galaxien, die bis heute entdeckt worden sind, einer Sichtweite hinunter bis zum zehnten Stockwerk, und die am weitesten entfernten Quasare etwa dem siebten. Die kosmische Hintergrundstrahlung w\u00E4re dann eine fl\u00FCchtige Ahnung von dem, was sich nur einen Zentimeter \u00FCber der Stra\u00DFenoberfl\u00E4che abspielt\!*
Im Jahre 1967 erreichten die Berechnungen der Urknall-Nukleosynthese einen neuen Entwicklungsstand, als Robert V. Wagoner, Fowler und Hoyle [18] ein ausgekl\u00FCgeltes Computerprogramm erstellten, das 144 verschiedene Kernreaktionen mit s\u00E4mtlichen Atomkernen bis zur Massenzahl 23, einschlie\u00DFlich der Isotope Natrium-23 und Magnesium-23, ber\u00FCcksichtigte. F\u00FCr die Erzeugung von Helium-4 und Deuterium erhielten sie das gleiche Ergebnis wie zuvor bereits Peebles, und f\u00FCr Helium-3 und Lithium-7 waren sie die ersten, die eine Erzeugungsrate vorhersagen konnten.
Bis auf den heutigen Tag ist die Nukleosynthese ein wichtiges Teilgebiet der Kosmologie geblieben. Ihre Vorhersagen haben sich \u00FCber die Jahre aufgrund von genaueren Messungen der Reaktionsraten stetig verbessert. Ein gro\u00DFer Teil der neueren Arbeiten \u00FCber die Nukleosynthese wurde von David N. Schramm von der Universit\u00E4t Chicago, Michael S. Turner vom Fermi National Accelerator Laboratory und von der Universit\u00E4t Chicago und Gary Stigmann von der Ohio State University sowie von vielen anderen durchgef\u00FChrt. (S. 167\u2013169)