]> ECHO:K7FKXB76.xml Vitruvius Pollio, Marcus Baukunst : aus der römischen Urschrift übersetzt von August Rode 1796 deu open access http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/policy/oa_basics/declaration free despecs = 2.0 Gibt einige Probleme bei den Fußnoten, da sie über mehrere Seiten gehen können und teilweise auch p-Tags enthalten
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST AUS DER RÖMISCHEN URSCHRIFT ÜBERSETZT
VON AUGUST RODE.
ERSTER BAND Leipzig, bey Georg Joachim Göschen. 1796.

I have endeavoured to be in the right; but if I have failed; I shall with pleasure see my errors corrected: my aim is truth, and by whomsoever it is found, it is to me equally welcome and acceptable.

Newton’s Vitruvius, the preface, p. VI.

MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR WISSENSCHAFTS@E@@@ICHTE Biblioth@k

DEM HERRN VON ERDMANNSDORFF ZU DESSAU.
Dessau, den 25. September, 1795.

Kaum sind es vierzig Jahre, als noch der Name Dessau dem Ohre des gebildeten Ausländers gleich Thracien und Taurica tönte. Krieg und Jagd war die Haupt-beschäftigung meiner Landsleute; Wissenschaften und mildere Künste waren ihnen fremd.

Erst unser, nicht minder geliebter, als verehrter, Fürst lud die Musen zu uns ein. Vor ihm, dem Kadmus seines Landes, verschwand bald Finsterniſs und Roheit, und die Wüste ward ein Elysium.

Bey dieser wohlthätigen Umwandlung waren vor allen Ew. Hochwohlgebohren ihm Gehülfe und Werkzeug.

Schon dieses unschätzbare Verdienst um mein Vater-land giebt Ew. Hochwohlgeb. ein entschiedenes Recht auf die Huldigung jedes hiesigen Verehrers der Künste und Wissenschaften. Und wie viel mehr nicht noch Ihre so ausgebildeten, mannichfaltigen, seltenen Talente, Ihr Geschmack, und die bezaubernde Lie-benswürdigkeit Ihres Charakters!

Aus diesen Gründen, und zugleich weil Ew. Hoch-wohlgeb. ein vieljähriger Vertrauter Vitruvs und ein Eingeweiheter in der Kunst sind, welche er lehrt, glaube ich, nicht mir eine Freyheit heraus zu nehmen; sondern vielmehr eine Pſlicht zu erfüllen, indem ich Ihnen diese meine Übersetzung der zehn Bücher der Baukunst des Römers zuschreibe. Auch folge ich nur dem eigenen Antriebe meines Herzens, das — überdieſs von der wärmsten Dankbarkeit durchdrungen für so wiederholte Beweise Ihrer gränzenlosen Gefälligkeit und beständi-gen Bereitwilligkeit, bey meinen Studien mir durch Dar-reichung auch der seltensten und kostbarsten Hülfsmittel nützlich zu seyn — mit Eifer diese Gelegenheit ergreift, öffentlich seine innige Verehrung für Sie an den Tag zu legen. Ew. Hochwohlgeb. wollen diesen frey-willigen, uneigennützigen Ausdruck meiner Gesinnun-gen für Sie wohlgefällig aufnehmen!

Als ich mich den Vitruv zu übersetzen entschloſs, wich ich nach langem Kampfe bloſs einem innern Drange, einem unwiderstehlichen Triebe. Wie hätten mich auch sonst die gehäuften Schwierigkeiten, welche damit ver-knüpft sind, nicht abgeschreckt? Die Sprache der Urschrift so dunkel! der Text so verfälscht, die vom Verfasser zur Erläuterung beygefügten Zeichnungen ver-loren! Dazu, umständliche Beschreibungen uns ganz unbekannter Dinge; Abhandlungen über Gegenstände fast aus allen Künsten und Wissenschaften: Und die Gelehrten so wenig über die Begriffe einig, welche mit den Worten des Schriftstellers zu verknüpfen sind!

Aber — alle cultivirte Nationen lesen den Vitruv, den Vater der schönen Baukunst, in ihrer Sprache: Warum wir Deutsche nicht auch? Fehlt es allein uns an Kenntniſs, an Geschmack, an Liebe der Kunst? Sollen wir unaufhörlich nur den Ausländern nachbe-ten? — Von diesen immer wiederkehrenden Gedanken gedrängt, gequält, und von einer entschiedenen Vorliebe für die Baukunst belebt, fühlte ich mich endlich zu dem kühnen Entschluſs begeistert: Keine Schwierigkeiten zu scheuen, sondern alles, was nur in mir liegt, aufzubie-ten, zu streben und zu beharren — um auch unserer Nation ihren Vitruv zu geben.

Es ist wahr, bereits vor drittehalb Jahrhunderten, im J. 1548, hat Gualtherus Rivius eine Deutsche Übersetzung Vitruvs zu Nürnberg bekannt gemacht, wovon nicht allein im J. 1575 und 1614 zu Basel neue Auflagen erschienen sind; sondern auch der Engländer H. Wotton (im J. 1614) in seinen elementis architectu-rae in der Vorrede folgendes Urtheil fällt:

Inter Vitruvii commentatores, secundum meam opi-nionem, oportet primam laudem tribuere inter Gallos Philandro, et inter Germanos Gualthero Rivio, qui, prae-ter notas suas, publico dedit elaboratissimam versionem, qualis haud ſacile extet in alio vulgari sermone totius orbis; licet aliquoties deploret in eo opere defectum voca-bulorum artis etc.

Jedoch — brauche ich es wohl Ew. Hochwohlgeb. zu sagen? — diese alte Übersetzung macht mir keines-wegs Schatten. Ein Denkmal ihres Zeitalters, das zwar Achtung, aber zugleich auch Mitleid einflöſst, ist sie heut zu Tage weder von Nutzen noch von Bedeutung; noch gereicht sie unserer Litteratur so sehr zur Ehre, als Wotton es wähnt. Sie bedürfte oſt selbst einer Übersetzung, um verständlich zu seyn. Nicht zu geden-ken, daſs sie nicht selten das Original ganz falsch ver-dollmetscht; daſs die Kunstwörter darin gröſstentheils, so wie auch einige Kapitel des zehnten Buchs, unver-deutscht geblieben sind; und daſs das Ganze endlich nach den damaligen höchst mangelhaften, ja irrigen Vorstellungen von der Griechischen und Römischen Ar-chitektur so gemodelt und verunstaltet ist, daſs Vitruv selbst Mühe haben würde, seine Ideen in dieser barbari-schen Verkleidung wieder zu erkennen. Giebt nicht schon der bloſse vollständige Titel des Werks (nach der Baseler Ausgabe von 1675 in Fol. , welche ich durch Ihre Güte vor mir habe) einen hinlänglichen Begrif, wie wenig man sich davon in Rücksicht der Sprache, des Stils und des Geschmacks zu versprechen habe?

Vitruvius: Des allernahmhafftigisten unnd hocherfarnesten, Römischen Architecti, unnd Kunstreichen Werk - oder Bawmeysters, Marci Vitruvii Pollionis, Zehen Bücher von der Architectur und künstlichem Bawen. Ein Schlüssel und einleytung aller Mathemati-schen und Mechanischen Künst, Scharfsinniger fleissiger nachtrach-tung oder Speculation künstlicher Werk: Auſs solchem hohem ver-stand, rechtem grund, sattem und gewissem Fundament aller löbli-chen Künst, Der massen fleissig und ordentlich in Schriften verfas-set, das hierin ein jeder Kunstbegiriger Leser der Architectur unnd kunstlichen Bawwerks unterwisen wirt, und der Architectur angehö-rigen Mathematischen und Mechanischen Künsten ein rechten Ver-standt, leichtlichen erlernen unnd fassen mag. Alles mit schönen künstlichen Figuren unnd Antiquiteten, unnd sonderlichen Commen-tarien zu mehrerem bericht und besserem verstand gezieret unnd erkleret. Allen Künstlichen Handwerken, Werkmeystern, Stein-metzen, Bawmeystern, Zeug- und Büchsenmeystern, Brunnenley-tern, Berkwerkern, Malern, Bildhawern, Goldschmiden, Schreinern und allen denen, welche sich des Zirkels und Richtscheids künstli-chen gebrauchen, zu sonderlichem nutz- und vilfältigem vortheil, Erstmals verteutscht, unnd in Truck verordnet, Durch D. Gual-therum H. Rivium, Medic. et Mathem. Vormals in Teütsche sprach zu transferiren, noch von niemand sonst understanden, sondern für unmüglichen geachtet worden. Mit Keyserlicher Majest. Gnadt und Freyheit. Getruckt zu Basel durch Sebastian Henricpetri.

Am Ende des Buchs:

“Getruckt zu Basel durch Sebastian Henricpetri, im Jar nach der Geburt Christi M. D. LXXV.

Wotton hat sicherlich des Rivius Verdienst nicht selbst geprüft, sondern es auf Credit angenommen. Wenigstens hätte er vorsichtiger seyn, und es nicht so sehr auf Kosten aller anderen Nationen heraus streichen, und also seine Unwissenheit verrathen sollen. Bevor des Rivius verdeutschter Vitruv erschien, besaſsen ja bereits die Franzosen die Übersetzung Vitruvs durch J. Martin, welche gewiſs zu ihrer Zeit der Rivius’schen an Eleganz nichts nachgab, zuerst 1547 zu Paris erschien, und 1572 noch einmal daselbst, aber 1618 zu Cölln zum dritten Male aufgelegt wurde. Allein die Italiäner hatten gar schon drey geschätzte Verdollmetschungen in ihrer Sprache,

1) die des Cesare Cesariani, Como 1521.

2) die des Durantino, Ven. 1524. ; zweyte Auf-lage, 1535.

3) die des Caporali, Perugia 1536.

Rivius selbst sagt in der Vorrede: “Wie denn noch heutiges tags diese herrliche Künstliche Bücher Vitruvii bey anderen auslendischen Nationen in man-cherlei sprachen Transferirt worden, fürnemmlichen in Italiänischer, auch hernach in Hispanischer, und jetzund in Französischer ſprachen, welche aber doch dem Teutschen Kunstbegirigen Leser, dem mehrer theil frembd, also das allein durch mangel der trans-lation, oder Verteutschung, diese herrliche Bücher unnd Kostbarlicher Schatz, den Teutschen Künstneren noch bisher unbekannt, verborgen unnd unverstendig blieben u. s. w.

Ja, was noch mehr ist, mit der ersten dieser Italiä-nischen Übersetzungen war unser Rivius nur allzu gut bekannt! Halten Sie sie mit der Seinigen zusammen, und Sie werden nicht allein ganz dieselben Holzschnitte, nur umgekehrt und schlechter; sondern auch, in Sub-stanz, ganz denselben Commentar wieder finden.

Diese alte Spanische Übersetzung gesteht Marchese Poleni, (exercitat. Vitruv. p. 50.) sey ihm unbekannt; er setzt sie aber um das Jahr 1546.

Was meine Übersetzung betrift, so habe ich gesucht, sie so lesbar zu machen, als es mir immer mög-lich war, ohne gegen Vitruv einer Untreue schuldig zu werden. Wir müssen dem Künstler, dem es nicht so sehr um das Schönschreiben, als darum zu thun ist, ein richtiges Vorbild seiner Kunst darzustellen, schon etwas zu Gute halten. Haben ja doch schon unsre schönen Damen gelernt, dem Manne von reellem Verdienste etwas nachzusehen, und von ihm nicht jede raffinirte Eleganz des Putzes, des Anstandes, der Lebensart zu verlangen.

Mein Hauptgrundsatz beym Übersetzen war, weder einer vorgefaſsten Meinung und einem festgesetzten System anzuhängen und diesem mit Ge-walt den Sinn der Urschrift anzupassen; noch durch das Ansehen irgend eines groſsen Namens mich schüch-tern machen und verführen zu lassen. Ganz unbe-fangen, ohne alles Vorurtheil blickte ich mein Origi-nal an, und ganz treu, ohne allen Zusatz trug ich auf das Papier über, was ich bey bester Besonnen-heit und nach möglichst angestellter Überlegung, auch unparteyischer Prüfung der Meinung anderer zu finden glaubte. Stimmt dieses nicht immer mit der hergebrach-ten Meinung überein, (wie unter andern z. B. Buch IV. Kap. 7. was die Toskanischen Verhältnisse der Tempel; die runden Tempel und die anomali-schen Tempel betrift. Ingleichen Buch V. Kap. 8. in Ansehung des Unterschieds des Griechischen und Römischen Theaters. Und Buch VI. Kap. 3 und (IV) den Hof, u. s. w. betreffend,) so irrt mich das nicht. Die Zeit, welche uns schon über so manches, das ein Alberti, ein Palladio, ein Scamozzi, ein Perrault u. s. w. für unbegreiflich hielt, Aufschlüsse gegeben hat, wird wahrscheinlich den Liebhabern der Kunst auch noch ferner in vielem, was itzt noch Finster-niſs einhüllt, Licht geben. Lassen wir es indessen da-hin gestellt seyn! Muſs denn über alles gleich perem-torisch abgesprochen werden?

Ich habe die gewöhnliche Eintheilung der Ka-pitel, ungeachtet sie nicht vom Vitruv selbst herrührt, welcher seine zehn Bücher nicht in Hauptstücke unter-abgetheilt hat, beybehalten, da sie einmal allgemein an-genommen und von so groſser Bequemlichkeit beym Anführen und Nachschlagen ist. Nur in zwey Fällen habe ich mir die Freyheit genommen, davon abzuwei-chen; weil hier die eingeführte falsche Abtheilung der Kapitel den Zusammenhang stört, und so zum Miſs-verstande der Urschrift, zur Verwirrung der abgehan-delten Gegenstände, und zu nachtheiligen Urtheilen über des Autors Geist Anlaſs giebt. Ich habe daher kein Be-denken getragen, die Bequemlichkeit des Nachschlagers, der Ordnung, dem richtigen Verstande und der Ehre meines Schriftstellers aufzuopfern. Ich spreche vom vierten Kapitel des sechsten Buchs; ingleichen vom neunten Buche, dessen erstes Kapitel bis-her mitten in der Vorrede seinen Anfang nahm. Die Überschriften der Kapitel, welche ebenfalls kei-neswegs Vitruvs Werk sind, habe ich nur zuweilen mit dem Inhalte übereinstimmender zu machen gesucht; ge-wöhnlich aber bin ich den in der Galianischen Ausgabe befindlichen gefolgt.

Überhaupt, ungeachtet ich die Ausgaben Vitruvs von Jocundus (Venedig 1511) und von Laet (Am-sterdam 1649) zur Hand gehabt habe; so habe ich den-noch die Galianische Ausgabe bey meiner Übersetzung zum Grunde gelegt. Die Abweichungen, wozu ich durch fremde oder auch eigene Muthmaſsungen veranlaſst wor-den bin, zeige ich überall an. Beyläufig sey es aber hier bemerkt: Trotz der zehn Ausgaben (deren Wie-derauflagen ungerechnet), welche in allem vom Vitruv vorhanden sind, wäre eine neue Ausgabe dieses eben so geschätzten als seltenen Schriftstellers sehr etwas Ver-dienstliches, und eben so sehr in kritischer Hinsicht, denn überhaupt als Bedürfniſs höchst wünschenswerth! Die Galianische Ausgabe zur Seite der Italiänischen Übersetzung ist in mehr als 100 Jahren die allereinzige welche erschienen ist. Leider! ist der Marchese Poleni über der, von ihm versprochenen, durch seine exerci-tationes Vitruvianas vorbereiteten, und vom Publico so lange Jahre mit Verlangen und groſser Meinung erwar-teten Ausgabe, gestorben. Dem Avocato Carlo Fea aber, zu Rom, scheint es wohl mit der, in seinem Progetto per una nuova edizione dell’ Architettura di Vitruvio, Roma 1788 angekündigten nicht Ernst zu seyn.

Übrigens habe ich folgende Übersetzungen Vi-truvs zu Rathe gezogen, auch nach Befinden benutzt:

1) die bereits erwähnte Deutsche des Gualtherus Rivius.

2) die Italiänischen

a. des Cesare Cesariani, Como 1521. fol.

b. des Daniel Barbaro, Venezia 1584. 4.

c. des Marchese B. Galiani, Napoli 1758. fol.

S. Poleni comm. crit. de M. Vitruvii Pollionis archit. X. librorum editionibus etc.; ingleichen Fabricii Bibl. Lat. cura Ernesti T.I. p.485 etc.

3) die Französische des Perrault, Paris 1684. fol.

4) die Englische des W. Newton, der erste Theil, London 1771. fol. Der zweyte Theil, 1791.

5) die Spanische des Don Joseph Ortiz y Sanz, Madrid 1787.

Auſser dem Spanier, ist unter den eben angeführten Übersetzern Vitruvs keiner, welcher sich nicht, wie billig, die Arbeit seiner Vorgänger in verschiedenen Sprachen zu Nutze gemacht, und so seinem eigenen Werke einen desto gröſsern Vorzug erworben hätte. Ortiz aber hat, aus Unkunde der Englischen Literatur, den W. Newton gar nicht gekannt und also sich begnügt dem Perrault und besonders dem Galiani nachzutreten; da er doch von Ersterem so viel hätte lernen, und unter andern auch über die berüchtigten scamilli impares eines Bessern sich hätte belehren lassen können. Von noch einer anderen Englischen Übersetzung Vitruvs findet sich zwar in Fabricii Bibl. Lat. Tom. I. p. 492. folgende Nachricht:

Novae anglicae Vitruvii versioni praelusit Rob. Ca-stellus architectus opere splendido Lond. 1728. fol. edito de Villis veterum, The Villas of the ancients illustrated. Deinde Vitruvius praelis Londinensibus subiectus Latine cum anglica versione et variorum commentariis tam edi-tis, quam Inigo Jones et aliorum ineditis, multisque figu- ris et iconibus aere affabre descriptis, eodem Rob. Ca- stello curante, 1730. fol. 2 Voluminibus.

So viel Mühe ich mir aber auch gegeben habe, diese Übersetzung entweder selbst zu erhalten, oder wenig-stens einige nähere Nachricht davon einzuziehen; so ist mir dennoch das Eine und das Andere unmöglich gewe-sen. Ja, was noch mehr ist, ich werde so gar an deren Existenz zu zweifeln, durch folgende Stelle in W. New-ton’s Vorrede veranlaſst: Robert Castel, in his Villas of the ancients, which he publish’d in 1728 proſesses that he undertook that treatise as a preparative to a transla-tion of Vitruvius into the English language; a work he had long entertained a desire of performing: this inten-tion of R. Castel was mentioned in the Acta erudit. Lips. 1731; he, however, never fulfilled his promise, and it is probable that his immature death prevented his design.

In Ansehung meiner übrigen gebrauchten Hülfs-mittel, hoffe ich, werden Sie mich gern eines um-ständlichen Verzeichnisses derselben entbinden, wenn ich Ihnen überhaupt sage: daſs ich es mir besonders habe angelegen seyn lassen, alle, über die Architectur der Alten Licht verbreitende, Nachrichten zu nutzen, welche sich in den gemachten Kunstreisen der Neuern, oder in anderen erschienenen Werken, zerstreuet finden; und daſs ich meine Quellen überall höchst treu und gewissenhaft angegeben habe.

Die Anmerkungen, welche meine Übersetzung begleiten, sind, die kritischen ausgenommen, haupt-sächlich für Künstler bestimmt, bey denen doch, im Allgemeinen, jene nähere Kenntniſs des Alterthums, welche zum Verständnisse Vitruvs erfodert wird, mehr zu wünschen als vorauszusetzen ist. In dieser Rück-sicht besonders habe ich auch die aus den Alten ange-zogenen Stellen immer Deutsch angeführt.

Das Wörterbuch hingegen habe ich theils zum Behufe junger Gelehrten, theils aber auch zur näheren Erläuterung meiner Übersetzung beygefügt. Ich hielt Letzteres um desto nothwendiger, da ich einmal den Entschluſs gefaſst hatte, meinen Vitruv ohne Kupfer erscheinen zu lassen; so wie auch Milizia seine prin-cipii di architettura civile etc. Finale 1741. 4. (Grund-sätze der bürgerlichen Baukunst in 3 Theilen, aus dem Italiänischen. Leipz. 1784 - 1786. 8.) ebenfalls ohne Kupfer heraus gegeben hat.

“Aber — höre ich Sie fragen: warum faſsten Sie “auch diesen Entschluſs? ”Ohne Umschweife geantwortet; mein Genius wird mir darum weiſs erscheinen: Aus Miſsmuth, daſs bey uns Deutschen die Kunst immer erst, den Bettelstab in der Hand, und noch dazu mit ungewissem Erfolg, von Thüre zu Thüre wandern muſs, um auch nur etwas mittelmäſsiges an das Licht zu stellen. Selbst bloſse Umrisse hätt’ ich ohne mir lästige Kosten und mancherley Mühe und Verdruſs nicht bewerkstelligen können. — Alles oder nichts!

Die wenigen, dessen ungeachtet beygeſügten Umrisse rechne ich für nichts. Sie sind aber eben so unentbehr-lich, als sie der allergröſsten Nachsicht bedürfen. In-zwischen verweise ich zum Ersatz, überall wo es auf sinnliche Darstellung ankömmt, auf die besten vorhan-denen oder mir bekannten Kupfer der erwähnten Ge-genstände.

Noch dieses bemerke ich in Betreff des Wörterbuchs. Verschiedene Erklärungen architektonischer Kunstwör-ter habe ich aus Penthers Lexicon architectonicum ge-nommen; andere aus Jacobsons technologischem Wörterbuch; und wieder andere aus Sulzers all-gemeiner Theorie der schönen Künste. Mein Wunsch ist, daſs man dieses mein Vitruvisches Wörterbuch nicht allein richtiger, als des Baldus Lexicon Vitruvianum, sondern auch vollständiger, ob-gleich nicht so weitschweifig finden möge!

Ein allgemeines Register hielt ich zur besseren Brauchbarkeit des Ganzen für nothwendig.

Jahre sind mir unter dieser Beschäftigung verſlossen. Endlich, nach Vollendung des langwierigen mühvollen Werks, stehe ich mit bangem Herzen am Ziele. Ein Blick von Ew. Hochwohlgebohren wird mir, als das sicherste Pfand eines glücklichen Erfolgs, Beruhi-gung seyn und Belohnung.

AUGUST RODE.
INHALT DES ERSTEN BANDES.

Leben Vitruvs. Seite 1.

ERSTES BUCH.

Vorrede. S. 9.

I. Kapitel. Baukunst, und Eigenschaften eines Baukünstlers. S. 11.

II. Kap. Wesen der Baukunst. S. 25.

III. Kap. Gattungen der Baukunst überhaupt, und Theile der Bau-kunst insbesondere. S. 30.

IV. Kap. Wahl gesunder Orte. S. 31.

V. Kap. Bau der Stadtmauern und Thürme. S. 38.

VI. Kap. Abtheilung und Stellung der innerhalb der Ringmauer anzulegenden Gebäude. S. 43.

VII. Kap. Wahl der zum öffentlichen Gebrauch bestimmten Orte. S. 54.

ZWEYTES BUCH.

Vorrede. Seite 59.

I. Kapitel. Ursprung der Häuser. S. 63.

II. Kap. Urstoff der Dinge nach der Philosophen Meinung. S. 68.

III. Kap. Ziegel. S. 69.

IV. Kap. Sand. S. 75.

V. Kap. Kalk. S. 76.

VI. Kap. Puteolan-Staub. S. 78.

VII. Kap. Steinbrüche. S. 81.

VIII. Kap. Arten des Mauerwerks. S. 85.

IX. Kap. Bauholz. S. 97.

X. Kap. Obermeer - und Untermeer - Tanne. S. 107.

DRITTES BUCH.

Vorrede. S. 111.

I. Kap. Einrichtung und Ebenmaaſs der Tempel. S. 114.

II. Kap. Fünferley Arten der Tempel. S. 123.

III. Kap. Grund der Tempel. Ionische Säulen nebst Gebälke. S. 132.

VIERTES BUCH.

Vorrede. Seite 151.

I. Kapitel. Die drey Säulenarten und ihre Erfindung. Verhältniſs des Korinthischen Kapitäls. S. 152.

II. Kap. Gebälk. S. 159.

III. Kap. Dorische Bauart. S. 165.

IV. Kap. Innere Einrichtung der Zellen und Vorhalle. S. 175.

V. Kap. Stellung der Tempel gegen die Himmelsgegenden. S. 176.

VI. Kap. Verhältnisse der Thüren der Tempel. S. 177.

VII. Kap. Toscanische Verhältnisse der Tempel. Runde Tempel. Ano-malische Tempel. S. 183.

VIII. Kap. Anordnung der Altäre der Götter. S. 193.

FÜNFTES BUCH.

Vorrede. S. 197.

I. Kap. Markt. Basiliken. S. 200.

II. Kap. Schatzhaus. Gefängniſs. Rathhaus. S. 207.

III. Kap. Theater und dessen gesunde Stellung. S. 209.

IV. Kapitel. Harmonik. Seite 216.

V. Kap. Theater - Vasen. S. 231.

VI. Kap. Anordnung des Theaters. S. 237.

VII. Kap. Säulengang und übrige Theile des Theaters. S. 241.

VIII. Kap. Drey Gattungen der Scenen. Griechisches Theater. S. 245.

IX. Kap. Säulen - und Spaziergänge hinter der Scene. S. 251.

X. Kap. Anordnung und Theile der Bäder. S. 260.

XI. Kap. Kampfschulen. S. 265.

XII. Kap. Häfen und Meerdämme. S. 271.

BEYLAGE.

Des Julius Pollux Onomastikons IV. Buchs XIX. Kapitel.

a. Theater und was darauf Bezug hat. S. 275.

b. Theile des Theaters. S. 276.

LEBEN VITRUVS.

Es sind von Vitruv weiter keine Nachrichten vorhanden, als die, welche wir in seinem Werke von ihm selbst erhalten. Auſserdem wird er bloſs vom älteren Plinius in dem Verzeichnisse der Schriftsteller, denen dieser im XVI. XXXV. und XXXVI. Buche seiner Naturgeschichte gefolgt ist; ingleichen von Frontin im Buche von den Wasserleitungen Art. 24. 25. , als Einführer des Maaſses der bleiernen Wasserröhren nach Quinarien — genannt.

Aus Grabschriften verschiedener Personen der Vitruvischen Familie, welche zu Mola di Gaeta, dem ehemaligen Formiä gefunden worden sind, läſst sich mit Wahrscheinlichkeit schlieſsen, daſs hier Vitruvs Vaterland gewesen sey.

Seine Geburt fällt ungefähr in die Zeit Julius Cäſars. Von seinen Eltern wissen wir nur so viel, daſs sie wenigstens aufgeklärt und bemittelt genug waren, ihrem Sohne, sowohl in Rücksicht der Ausbildung seines Geistes als des Herzens, eine gute Erziehung zu geben, und ihn die Baukunst erlernen zu lassen. Er erwähnt dieser, von seinen Eltern erhaltenen Wohlthat mit inniger Dankbarkeit und Liebe in der Vorrede zum sechsten Buche.

Neigung zu den Wissenschaften und Künsten, und eigener Fleiſs, vielleicht auch Reisen, rüsteten ihn nachmals mit jener Fülle von Kenntnissen aus, welche wir noch in seinem Buche bewundern.

Vitruv war dem Julius Cäſar als Baukünstler bekannt, und stand unter demselben der Verfertigung der Kriegsmaschinen vor. August bestätigte ihn in dieser Stelle; auf Empfehlung aber der Octavia setzte er ihn endlich auf Pension. Die, hiedurch in seinem Alter erhaltene, Muſse wendete Vitruv zu seinem Werke über die Baukunst an, welches er dem August zueignete, und wovon die Zeit uns glücklicherweise wenigstens den Text, wenn auch nicht die dazu gehörigen Figuren, aufbehalten hat. Er trug es gröſs-tentheils aus Schriften der Griechen zusammen, in einer Sprache, die er bloſs als Künstler schrieb, und welche nur eben erst von Cicero war ausgebildet worden. Allein es bleibt uns ein unschätz- barer Schatz; denn ohne ihn fehlte es uns gänzlich an einer zusam-menhängenden Kenntniſs der Griechischen Architectur, an einem Schlüſsel zu den Schönheiten der erstaunlichen Werke des Alterthums, die wir selbst in ihren Trümmern bewundern.

In dieser Rücksicht fällt Leo Baptista Alberti in seinem Werke über die Bau-kunst (Leonis Baptistae Alberti de re aediſicatoria libri decem) ein ungünstiges Urtheil über Vitruv; das aber, offenbar von interessirter Eigenliebe eingegeben worden ist. Manche klagten, — sagt er zu Anfange des sechsten Buchs — “daſs Zeit und Menschen so viele herrliche Denkmale der Schriftsteller zu Grunde gerichtet haben, daſs uns aus dem groſsen Schifbruche kaum noch der Einzige Vitruv übrig geblieben — ein Schriftsteller, der zwar höchst unterrichtet sey, jedoch so sehr von der Zeit gelitten habe, und verstümmelt sey, daſs an manchen Orten vieles fehle, und an vielen noch mehr vermiſst werde: Dazu komme noch, daſs sein Vortrag ungeschlacht sey; denn er drücke sich so aus, daſs die Lateiner nothwendig hätten glauben müssen, er habe für einen Griechen gehalten werden wollen; die Griechen aber, er rede Lateinisch; woraus ganz deutlich erhelle, daſs @r weder ein guter Lateiner noch guter Grieche gewesen sey; Uns endlich könne es völ-

Von den Gebäuden, in deren Errichtung Vitruv seine Kunst hat sehen lassen, ist uns bloſs die Basilica zu Fano durch die Nach-richt, die er selbst uns davon im fünften Buche ertheilt, bekannt. Er besaſs jene Gröſse der Seele, welche dem Ruhme nicht auf Kosten der Selbstschätzung nachtrachtet, und lieber sich mit einem mäſsigen Auskommen begnügt, als den Eingebungen des Geitzes Gehör giebt. Bey dieser Denkart mag ihm allerdings mancher unverschämte Pfuscher, der nur darum für einen groſsen Meister galt, weil er sich selbst laut dafür pries, zuvorgekommen seyn, durch Ränke ihm die Führung ansehnlicher Baue hinweggenommen, und, dem Ver-dienste zum Hohn, in Reichthume geschwelgt haben: während daſs, unthätig und unbekannt, Vitruv in philosophischer Mittelmäſsig-keit lebte. Aber getrost, Du Edler! Die Namen jener sind in dem Gedächtnisse der Menschen erloschen: der Deine ist allen Menschen unvergeſslich. Jede Nation, je nachdem sie aus dem Zustande der Uncultur hervortritt, opfert Deinem Genius. So nimm auch von mir diesen Kranz der Verehrung an. Ist es nicht der Erste, welcher Dir Angesichts meines Deutschen Vaterlandes geweihet wird: o so möge es der gefälligere seyn!

lig einerley seyn, ob er ganz und gar nicht, oder so geschrieben habe, daſs wir ihn nicht verstehen.” Sehet da den Mond, der gerne die Sonne verbergen möchte, um das Ansehen zu ha-ben, als leuchte er mit eigenem Lichte! Anders urtheilt hierüber Hieronymus Mercurialis. Im achten Kapitel des ersten Buchs de re gymnastica sagt er: Vitruvs Auctorität hat mir niemals vielbedeutend geschienen. Ich halte ihn für paradox in seinen Lehrsätzen, und glaube, daſs er zu seiner Zeit in keiner groſsen Achtung
gestanden habe. Da August ihn zu keinem wichtigen Baue gebraucht, sondern bloſs über die Balisten gesetzt hat, während daſs doch sowohl in, als auſserhalb Rom so viele prachtvolle Gebäude aufgeführt wurden; und da fast kein nachfolgender Schriftsteller seiner gedenkt, auſser Plinius im Bücherverzeichnisse, welches nicht einmal von ihm, oder doch wenigstens verfälscht, seyn soll: so erregt dieſs billig keinen geringen Verdacht gegen dessen Werth.” Aber 1) die Beobachtungen neuer Reisenden haben den Vitruv genugsam von dem Vorwurfe paradoxer Lehrsätze gereinigt. 2) Daſs August wirklich sich ganz und gar nicht Vitruvs zu Ausführung wichtiger Baue bedient habe, und daſs dieſs nur aus Grün-den, die ein nachtheilig Vorurtheil gegen Vitruv erregen, geschehen sey, läſst sich doch so ganz zuverlässig auch nicht behaupten; sondern stützt sich schlechterdings nur auf Muth-maſsung. 3) Es sey, daſs das Schriftstellerverzeichniſs des Plinius ihm nicht zugehöre, oder auch verfälscht sey! so ist darum nicht weniger gewiſs, daſs Plinius gute Meinung vom Vitruv gehabt haben müsse; da er, in den oben angezeigten Büchern, öfter fast dessen eigene Worte von denselben Gegenständen gebrauchet. Ein Gleiches thut Palla-dius. 4) Allerdings hat auſser dem Plinius noch ein anderer alter Schriftsteller den Vitruv namentlich genannt, nemlich Frontin; und das, was dieser von ihm erzählt, zeigt gerade, daſs Vitruv nicht wenig Ansehen gehabt haben müsse, da man ihm sonst gewiſs nicht in einer neuen Bestimmungsart des Wassermodels gefolgt seyn würde. 5) End-lich, woher kommt es denn, wenn Hieronymus Mercurialis wirklich so wenig aus Vitruv machte, daſs er dennoch so viel aus ihm in sein Werk übertrug?
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST ERSTES BUCH.
VORREDE.

Als Dein göttlicher Geist, Dein Genius, Kaiser Cäsar, sich der Herrschaft des Erdkreises bemächtigte, und, nachdem mit unüber-windlicher Tapferkeit alle Feinde geschlagen waren, über Deinen Triumph und Sieg die Bürger frohlockten und alle Völker demüthig zu Deinem Winke aufblickten; und sowohl das Römische Volk, als der Senat, der Furcht entlediget, nach Deinen hohen Einsichten und Rathschlüssen regiert wurde: da wagte ich es nicht, bey so wichtigen Angelegenheiten Dir diese meine, mit Liebe abgefaſsten Schriften über die Baukunst vorzulegen, aus Furcht, Dich zu unge-legener Zeit zu unterbrechen und mir dadurch Dein Miſsfallen zu zu ziehen.

d.i. August. So ist die gewöhnliche und fast allgemein angenommene Meinung. Auch führt wirklich in der allerersten A@sgabe Vitruvs durch J. Sulpicius vom J. 1486. das erste Buch zur Überschrift: L. Vitruvii Pollionis ad Caesarem Augustum de archi-tectura liber primus. Ingleichen stehen zu Ende der Handschrift, welche sich gegen-wärtig in der Marcus - Bibliothek zu Venedig befindet und vormals dem Kardinal Bessa-rion zugehört hat, folgende Worte: Decimus et ultimus Vitruvii Pollionis peritissimi et eloquentissimi Architecti Liber de Architectura ad Caesarem Augustum foelicissime exigit. Einige, worunter auch Vitruvs Engl. Übersetzer W. Newton gehört, sind indeſs der Meinung, daſs hier der Kaiser Titus zu verstehen sey; bey näherer Untersuchung kann ich jedoch ihre Gründe unmöglich bewährt finden. Ich werde ihrer hin und wieder Erwähnung thun. Dieſs Eine will ich hier nur anführen, daſs am Ende der Vorrede zum IX. Buche Vitruv selbst sich zu einem Zeitgenossen des Lucrez, Cicero und Varro macht.

Seitdem ich aber bemerke, daſs Du nicht allein für die häus-liche Glückseligkeit aller, und für des gemeinen Wesens Einrichtung, sondern auch für die Anständigkeit öffentlicher Gebäude Sorge trägst, damit der Staat durch Dich nicht bloſs mit Provinzen bereichert, sondern auch des Reichs Majestät durch das stattliche Ansehen der öffentlichen Gebäude verherrlichet werde: so glaube ich nicht anste-hen zu dürfen, je eher je lieber mein Buch über diese Gegenstände Dir zu überreichen.

Ich halte mich um desto mehr hiezu verpflichtet, da ich nicht allein Deinem Vater in dieser Rücksicht bekannt und ein Verehrer der hohen Eigenschaften desselben gewesen bin, sondern selbst auch — seitdem der Rath der Götter denselben zu den Sitzen der Unsterb-lichkeit eingeweihet und das väterliche Reich Deiner Macht über-geben hat — bey fortdaurender Verehrung dessen Andenkens, Dir meinen Eifer gewidmet habe. Denn zugleich mit M. Aurelius, P. Numisius und Cn. Cornelius stand ich der Bereitung der Balisten und Skorpionen und der Verfertigung der übrigen Kriegsmaschinen vor, und genoſs mit denselben die damit verknüpfte Besoldung — commoda. Und Du bestätigtest mich erst in dieser Stelle; gewährtest mir aber nachher einen Gnadengehalt, auf Deiner Schwester Empfehlung. Ja, Dankbarkeit für diese Wohlthat, welche mich bis an das Ende meines Lebens vor Mangel sichert, gab mir den Gedanken ein, dieſs Werk für Dich zu schrei-ben. Ich bemerkte, daſs Du bereits viel gebauet hattest und noch bauetest, auch ferner die öffentlichen und Privat-Gebäude so einzu-richten Dir angelegen seyn lassen würdest, daſs solche im Verhältnisse Deiner groſsen Thaten des Andenkens der Nachwelt würdig seyn möchten . Ich entwarf daher diese bestimmten Regeln, damit Du darnach für Dich selbst die Beschaffenheit sowohl der bereits vollen-deten, als auch der noch aufzuführenden Gebäude beurtheilen könn-test; denn Du findest die ganze Theorie der Kunst in diesen Büchern vorgetragen.

Anstatt des gewöhnlichen Numidius lese ich Numisius mit Venuti (osserv. sulle scoperte d’ Ercolano), Ignarra (de Palaestra Neap.) und Ab. Fea (opere di Mengs); welche zugleich es höchst wahrscheinlich machen, daſs dieser Numisius und der Baumeister des Herkulanischen Theaters, gleiches Namens, Eine und dieselbe Person sind. Ich lese mit mehreren perfectionem. Diejenigen, welche behaupten, Vitruv habe unterm Titus gelebt, haben aus der Acht gelassen, daſs Titus keine Schwester mehr hatte, als er Kaiser war. Sueton sagt ausdrücklich im Leben Vespasians K. 3.: Vespasian habe nur drey Kinder ge-
habt, den Titus und Domitian und die Domitilla. Letztere, die Tochter nebst der Gemahlin Flavia Domitilla habe er überlebt; und nach der Gemahlin Tode sich nicht wieder verheirathet, sondern mit der Cänis, der Freygelassenen der An-tonia, einer alten Liebe von ihm, gelebt. Sueton erzählt, Octavius 28.: August habe Rom, das gar nicht der Maje-stät des Reichs gemäſs verziert und dabey den Überschwemmungen und Feuersbrünsten ausgesetzt war, so sehr verschönert, daſs er sich mit Recht gerühmt habe: Aus Ziegeln erbauet habe er es erhalten und hinterlasse es marmorn. — Die vornehmsten der öffent-lichen Gebäude, welche August zu Rom errichtet hat, der reparirten und wieder her-gestellten nicht zu gedenken, sind: der Markt mit dem Tempel des Mars, des Rächers; der Tempel Apolls auf dem Palatium mit einem Portik, worin eine ö f-fentliche Bibliothek war; der Tempel Jupiters, des Donnerers, auf dem Capitol; der Portik und die Basilica des Cajus und Lucius; endlich die Portiks der Livia und Octavia und das Theater des Marcellus. Auf Augusts An-trieb aber ist vom Marcius Philippus der Tempel des Herkules, des Musage-ten; vom L. Cornificius der Tempel der Diana; vom Asinius Pollio der Freyheits - Vorhof (atrium libertatis); vom Munatius Plancus der Tempel Sa-turns; vom Cornelius Balbus das Theater; vom Statilius Taurus das Am-phitheater und endlich vom M. Agrippa unter mehreren herrlichen Gebäuden das Pantheon erbauet worden. S. Sueton am angef. Orte K. 29.
ERSTES KAPITEL. Baukunst und Eigenschaften eines Baukünstlers.

Die Baukunst ist eine, mit vielerley Kenntnissen und mannich-faltiger Gelehrsamkeit ausgeschmückte, Wissenschaft, welche sich mit Geschmack die Werke aller übrigen Künste zu eigen macht.

Sie besteht aus der Ausübung — fabrica — und aus der Theorie — ratiocinatio. — Die Ausübung ist eine durch Nach-denken und stäte Übung erworbene mechanische Fertigkeit, aus jeder Art von Materialien ein Gebäude nach vorgelegtem Risse auf-zuführen. Die Theorie aber ist die Geschicklichkeit, die, mit Kunst und nach den Grundsätzen des guten Verhältnisses — proportio — aufgeführten, Gebäude zu erläutern und zu erklären. Es haben daher diejenigen Baukünstler, welche ohne gelehrte Kenntnisse bloſs nach mechanischer Fertigkeit gestrebt haben, nie mit ihren Arbeiten Ruhm erworben: diejenigen aber, welche sich lediglich auf die Theorie und ihre gelehrten Kenntnisse verlassen haben, scheinen hinwiederum den Schatten für den Körper ergriffen zu haben. Allein diejenigen, welche beydes gründlich erlernet und also gleichsam in voller Rüstung ihren Zweck verfolgt haben, haben denselben auch desto eher mit Ehren erreicht.

Gleichwie in allen Sachen, so sind besonders auch in der Bau-kunst folgende zwey Stücke begriffen: Das, so da angezeigt wird, und das, so da anzeigt.

Angezeigt wird der Gegenstand, wovon die Rede ist; und es zeigt denselben die, nach den Grundsätzen der Kunst davon gege-bene, Erläuterung an. In beyden nun scheint mir derjenige geübt seyn zu müssen, der sich für einen Baukünstler ausgiebt. Er muſs daher nicht allein Naturgaben, sondern auch Lernbegier besitzen; denn weder Genie ohne Kenntniſs, noch Kenntniſs ohne Genie, kann einen vollkommenen Künstler bilden. Er muſs fertig mit der Feder, geschickt im Zeichnen, der Geometrie kundig, in der Optik nicht unwissend, in der Arithmetik unterrichtet, in der Geschichte bewan-dert seyn, die Philosophen fleiſsig gehört haben, Musik verstehen, von Medizin Kenntniſs haben, mit der Rechtsgelehrsamkeit bekannt seyn und die Sternkunde — astrologia — sammt dem Himmels- laufe — ratio coeli — erlernt haben. Meine Gründe, warum alles dieses so seyn müsse, sind folgende.

Fertig mit der Feder muſs ein Baukünstler seyn, um seinem Gedächtnisse durch Niederschreibung merkwürdiger Sachen — com-mentarii — zu Hülfe zu kommen; des Zeichnens aber — graphis — bedarf er, um mit Leichtigkeit allerley Baurisse verfertigen zu können. Die Geometrie leistet der Baukunst mancherley Hülfe: Erstlich lehrt sie den Gebrauch des Richtscheits — euthygrammus — und des Zir-kels — circinus, — womit die Grundrisse der Gebäude auf das aller-leichteste verfertiget werden; und zweytens, die Handhabung des Winkelmaaſses — norma, — der Setzwage — libra — und der Schnur — linea. — Vermittelst der Optik erhalten die Gebäude von den bestimmten Himmelsgegenden das ihnen gehörige Licht. Mit Hülfe der Rechenkunst werden die Bau-Anschläge gemacht, die Be-schaffenheit der Maaſse bestimmt und schwer anzugebende Ver- hältnisse durch künstliche Rechen - Methoden gefunden. Allein in der Geschichte muſs der Baukünstler bewandert seyn, weil die Archi-tecten oft in ihren Gebäuden verschiedene Zierrathen anbringen, wo-von er doch denen, die ihn darum fragen, Auskunft zu geben im Stande seyn muſs. Zum Beyspiele, wenn jemand marmorne weibli-che Bildsäulen in vollem Anzuge, welche Karyatiden heiſsen, an einem Gebäude, anstatt der Säulen, anbringt und Sparrenköpfe — mu-tuli — und Kornischen — corona — darüber setzt, der hat den Fra-genden folgende Rechenschaft davon abzulegen. Die Stadt Karya im Peloponnes machte mit den Persern gemeinschaftliche Sache wider Griechenland. Als nun die Griechen durch die Niederlage der Perser den Krieg rühmlich beendiget hatten, so bekriegten sie gemein-schaftlich die Karyaten, eroberten und zerstörten die Stadt derselben und brachten alle Männer um, die Weiber aber führten sie in die Skla-verey, ohne ihnen zu gestatten, die Kleidung und den Schmuck ihres Standes abzulegen, damit sie gleichsam nicht blos Einmal im Triumph aufgeführt würden, sondern beständig zum warnenden Beyspiele den Schimpf der Knechtschaft fühlen und also für ihre Stadt büſsen möch-ten. Es bedienten sich daher die Baukünstler damaliger Zeit in öffent-lichen Gebäuden Bildsäulen in ähnlicher Tracht zur Tragung der Last, um das Andenken der kundbaren Strafe der Ruchlosigkeit der Karya-ten auch auf die Nachwelt fortzupflanzen. Desgleichen erbauten die Lacedämonier, nachdem sie unter Anführung des Pausanias, des Kleombrotus Sohns, im Treffen bey Platää mit einer gerin-gen Mannschaft ein unzähliges Heer Perser geschlagen und mit groſsem Gepränge die gemachte Beute im Triumphe herum getragen hatten — von dieser Beute, als ein Ehrendenkmal der Tapferkeit der Bürger und ein Siegszeichen für die Nachwelt, die Persische Halle, deren Dach sie mit Bildsäulen in der Tracht der gefangenen Barbaren zur verdienten Demüthigung ihres Stolzes unterstützten , damit sowohl die Feinde, für Furcht vor ihrer Tapferkeit bebend, zurück- geschreckt; als auch die Bürger, durch den Anblick dieses Beyspiels der Tapferkeit von Ruhmbegier begeistert, desto mehr zur Vertheidi-gung der Freyheit angefeuert werden möchten. In Nachahmung dessen haben viele seit der Zeit Persische Bildsäulen, so Architraven und Kornischen tragen, angebracht, und solchergestalt die angenehme Man-nichfaltigkeit in den Gebäuden vermehrt. Dergleichen Begebenheiten, welche einem Baukünstler nicht unbekannt seyn dürfen, giebt es mehrere.

Astrologia ist bey den Alten soviel, als Astronomia. Der Unterschied zwischen Sterndeutekunst und Sternkunde ist neu. Es liegen zwey Orte dieses Namens im Peloponnes. Der Eine, ein Flecken in Arkadien, welchen Pausanias, B. VIII. K. 13. wo er dessen Lage beschreibt, Karyä nennt; der Andere, ein Flecken im Lakonischen Gebiete, mit einem Tempel der Diana. Welcher von beyden hier gemeint sey, läſst sich wohl nicht eigentlich bestimmen. Im Grunde sind beyde zu geringe, als daſs sie sich hätten unterstehen können, mit den Persern gegen Griechenland gemeinschaftliche Sache zu machen; und Lessing (siehe dessen kleinere antiquarische Fragmente im 10. Theile seiner Werke, Seite 369.) scheint mir nicht mit Unrecht obige Erzählung Vitruvs für ziemlich fabelhaft zu halten. Von dem Karya in Lakonien sagt indessen Pausanias III. 11.: “Karya ist ein der Diana und den Nymphen geheiligter Ort. Es stehet daselbst eine Bildsäule der Diana Karyatis unter freyem Himmel. Bey derselben theilen sich die Lacedämonischen Jung-frauen jährlich in gewisse Reihen und halten nach landüblicher Weise einen Tanz.” Nach Lessing (am angef. Orte) hieſsen Karyatiden daher auch dergleichen zu Ehren der Diana tanzende Spartanische Jungfrauen. Solche Karyatiden waren die vom Pra-xiteles, deren Plinius XXXVI. K. 4. §. 5. gedenkt, wie aus der Gesellschaft, in die er sie mit den Mänaden und Thyaden setzt, zu schlieſsen ist; wahrscheinlich auch die, welche der Bildhauer Diogenes bey Auszierung des Pantheons des Agrippa auf Säulen stellte, (s. Plin. XXXVI. K. 4. §. 10.): so daſs also im ganzen Plinius gar keine andere Karyatiden vorkommen. Sollte man nun nicht mit einiger Wahrschein-lichkeit vermuthen dürfen: daſs des Vitruvs Karyatiden ursprünglich auch nichts an-ders seyen, als solche Lacedämonische Tänzerinnen? Was sich dagegen einwenden lieſse, wäre, daſs eine tanzende Stellung nicht zur Tragung der Last geschickt sey. Das gebe ich zu; hat man aber einmal den Schritt thun können, weibliche Figuren als unermüdliche Trägerinnen des Gebälks eines Gebäudes zu dulden: so sehe ich nicht, was man eben so viel mehr thut, wenn man diese Weiber noch zu Tänzerinnen macht; da man zugleich da-durch den Vortheil erhält, sie um desto zierlicher an Gestalt, Schmuck und Stellung bil-den zu dürfen! Übrigens ist das Pandrosium zu Athen das allereinzige uns bekannte Beyspiel eines antiken Gebäudes, dessen Gebälk und Dach von Karyatiden getragen werden. Stuart (The Ant. of Athens, Vol. II. p. 17.) glaubt, daſs Vitruv hier auf diese nehmlichen Karyatiden anspiele und daſs sie darum, ungeachtet Pausanias (B.I. Seite 114 der deutschen Übers.) ihrer nicht gedenke, dennoch zuverlässig älter, als er seyen. Abbildun-gen dieser Karyatiden siehe in The Antiquities of Athens by Stuart, Vol. II. c. II. Pl. II. IV. X. XIII. XVI — XX. und in Les ruines des plus beaux monumens de la Grece par Le Roy, à Paris, 1770. Tome I. Pl. XXXII. Gelegenheitlich merke ich hier an: daſs in dem Zusatze des Herausgebers der angeführ-ten Lessingischen Schrift (Seite 375) die dem Vitruv zugeschriebenen Worte: Telamones dicuntur a statuariis signa in muris, quae mutulos vel coronas, aut similia susti-nent, quae Graeci ἄτλαντας vocant — nicht Vitruvs eigene Worte sind, sondern bloſs die, in Gesners Thesaurus dem Worte Telamon beygesetzte Erklärung, wobey Vitruv. 6, 9 ad fin. citirt ist. Vitruv sagt in angezogener Stelle (welche nach der Laet’schen Aus-gabe zu Ende des 10. Kap. befindlich ist) nichts von in muris. Si qua — sagt er — virili figura signa mutulos aut coronas sustinent, nostri telamones appellant, cujus rationis quid ita, aut quare ex historiis non inveniuntur; Graeci vero eos ἄτλαντας vocitant. — Es kann daher auch Seite 380-381 in muris für keinen Beweisgrund dienen. Ich überlasse es anderen, auszumachen, wie Vitruv hier mit Pausanias zu ver-einigen sey, welcher Buch 3. K. 11. (Seite 371. der Goldhag. Übers.) bey Beschreibung des Markts zu Sparta ausdrücklich sagt: “Das prächtigste auf dem Markte ist die so genannte Persische Halle, die von der Persischen Beute gebauet und nach und nach zu der gegenwärtigen Gröſse und Pracht erhoben ist. Auf den Säulen stehen Perser aus weiſsem Marmor, und darunter auch Mardonius, des Gobryas Sohn: ingleichen ist das Bildniſs der Artemisia, der Tochter des Lygdamis, der Königin zu Halikarnassus, aufgerichtet. Die Geschichte berichtet, daſs sie freywillig dem Xerxes in dem Kriege wider Griechen-land gedienet und sich in dem Salaminischen Seetreſſen tapfer gehalten habe.” Diesen Worten des Pausanias giebt Winkelmann in folgender Stelle (Gesch. d. Kunst, 2ter Theil, Seite 637 der Wiener Ausgabe) eine Auslegung, welche mir wenigstens schr willkührlich scheint: “Die Griechen ſiengen (nach dem Persischen Kriege) an mit vermehrter Liebe gegen ihr Vaterland, welches so viel tapfern Männern Leib und Leben gekostet hatte und nunmehro gegen alle meuschliche Macht gesichert scheinen konnte, eine jede Stadt auf Auszierung derselben und auf prächtigere Gebäude und Tempel zu denken, an welchen sie auch das Andenken des unsterblichen Siegs bay Salamis, zu erhalten suchten. Diesen sah’ man an der Frise einer offenen Halle (Porti-cus) zu Sparta, welcher von der Persischen Beute gebauet war, vorgestellt und daher den Beynamen der Persische hatte. So verstehe ich was Pausanias επὶ τῶν κιόνων nennet, d. i. über den Säulen an diesem Gebäude; nicht aber, wie es die Ausleger neh-men, daſs die Figuren der Perser und anderer Personen nebst dem Persischen Heerführer Mardonius, ingleichen Artemisia Königin von Carien, die den Xerxes begleitete, in so viel Statuen, eine jede auf einer Säule gesetzt gewesen.” Der italiänische Über-setzer der Gesch. der Kunst, Ab. Fea, nimmt diese Erklärung auch nicht an. S. Tom. 2. p. 180. Note (*).

Die Philosophie giebt dem Baukünstler eine edle Denkart, und macht, daſs er nicht stolz, sondern vielmehr bescheiden, billig und rechtschaffen, vorzüglich aber nicht geitzig sey; denn ohne Treue und Redlichkeit kann nichts geziemend von Statten gehen. Er muſs nicht begehrlich seyn, noch darauf ausgehen, Geschenke zu erhaschen; sondern mit Standhaftigkeit seiner Würde nichts vergeben und auf seinen guten Namen halten; denn also heischt es die Philosophie.

Die Philosophie aber handelt auch noch von der Beschaffenheit der Dinge. Dieser Theil derselben heiſst im Griechischen φυσιολογία und muſs mit vorzüglichem Fleiſse erlernt werden; weil darin viele und mannichfaltige Untersuchungen die Natur betreffend begriffen sind. Nur eines Beyspiels in Ansehung der Wasserleitungen zu gedenken! Man leite nun das Wasser abwärts oder in Umwegen; oder man treibe es von waagrechter Fläche aufwärts. Immer erzeugt sich in der Wasserleitung auf eine oder die andere Art, Gas — spiritus natura-lis — dessen Druck niemand vorzubeugen vermag, der nicht aus der Philosophie die Grundsätze von der Dinge Beschaffenheit geschöpft hat. Ingleichen wird niemand die Schriften des Ktesibius oder Archimedes, oder anderer Schriftsteller, welche von dergleichen Materien handeln, lesen und verstehen können, ohne vorher über diese Gegenstände von den Philosophen unterrichtet zu seyn.

d. i. Naturlehre, Physik. Siehe unten B. VIII. 7.

Musik muſs er aber wissen, um das kanonische und mathe- matische Verhältniſs, desgleichen die gehörige Beziehung — tempera-tura — der Balisten, Katapulten und Skorpionen zu verstehen. Denn in den Kapitälen — capitulum — befinden sich rechts und links die Löcher der Einklänge — homotonus, — wodurch vermittelst Win- den — ergata — oder Haspel — sucula — und Hebel — vectis — aus Sehnen gedrehete Seile gespannt werden, welche weder eher ver-keilt — percludere — noch angebunden werden dürfen, als bis sie dem Ohre des Künstlers bestimmte gleiche Töne angeben; weil die in diese gespannten Seile eingeklemmten Arme — brachia — beym Ab-schieſsen ganz gleich zurückschnellen müssen, wenn der Schuſs treffen soll. Sind sie aber nicht im Einklange, so wird auch der abgeschossene Pfeil von der geraden Richtung abweichen. Auch die ehernen Vasen in den Theatern, welche die Griechen ἠχεῖα — Schallgefäſse — nen-nen, und welche in Zellen unter den Stufen nach mathematischem Verhältnisse gestellt werden, werden nach Verschiedenheit der Töne, der Consonanz — Griechisch Symphonie — gemäſs geordnet; indem der Umfang in Diatessaron — Quarte — und Diapente — Quinte — und Diapason — Octave — eingetheilt wird, damit die auf der Bühne erschallende Stimme, indem sie sich rings umher verbreitet und die zusammen stimmenden Gefäſse berührt, verstärkt, heller und angenehmer zu den Ohren der Zuschauer gelange. Ja auch Wasserorgeln — hydraulicae machinae — und andere, diesen ähnli- che Instrumente — organa — kann niemand ohne Theorie der Musik verfertigen.

Siehe unten B.V. 4. Anmerkung. Kriegsmaschinen, wovon unten B.X. K. 15-18. besonders gehandelt wird. Siehe das Vitruvische Wörterbuch. Alles oben Gesagte wird vollkommen deutlich, wenn man des fünften Buchs vier-tes und fünſtes Kapitel mit Auſmerksamkeit gelesen hat.

Wissenschaft von der Medizin muſs er haben, um zu beurtheilen, ob die Beschaſſenheit der Himmelsgegend — Klima von den Griechen genannt — ob Luft und Wasser gesund oder ungesund sind; denn, ohne hierauf genommene gehörige Rücksicht, ist keine gesunde Woh-nung möglich.

Der Rechte muſs er in so fern kundig seyn, als es zur Auffüh-rung gemeinschaftlicher Wände — paries communis — und zur An- lage der Dachtraufen — stillicidium, — der Kloake — cloacae, — und der Fenster — lumina, — ingleichen zur Ableitung des Wassers — aquarum ductio — und zu anderen dergleichen Dingen erforderlich ist; damit er, bevor er ein Gebäude anfängt, alle Vorsicht gebrauche, daſs nach dessen Vollendung nicht dem Eigener Prozesse daraus ent-stehen; und damit bey Aufsetzung des Kontrakts — lex — sowohl der, welcher den Bau verdingt — locator, — als der, welcher ihn über-nimmt — conductor, — sich klüglich vorsehen könne; denn ist der Kontrakt nur gescheid abgefaſst, so können beyde auch ohne alle Chicane auseinander kommen.

Die Sternkunde — astrologia — endlich lehrt ihn, wo Morgen, Abend, Mittag und Mitternacht sey; die Kenntniſs des Himmels-laufs — ratio coèli — aber die Tag - und Nacht - Gleichen, die Son- nenwenden und den Lauf der Gestirne, ohne deren Kenntniſs nie-mand die Theorie der Uhren inne haben kann.

W. Newton will aus Tacitus und Sueton behaupten, daſs die Wasserorgeln erst zu Neros Zeiten erfunden worden; und will also auch dieſs zum Beweise mit dienen lassen, daſs Vitruv nicht zu Augusts Zeiten, sondern erst nach Nero gelebt habe. Allein Vitruv sagt unten Buch 9. K. 6. (IX.) auch X. 13. ausdrücklich: Daſs Ktesi-bius der Erfinder der Wasserorgeln sey; und dieser war ein Zeitgenosse des Ptole-mäus Evergetes. s. Buch II. K. 8. und Buch VI. K. 9. und das Wörterbuch.

Da nun die Baukunst mit so vielen und mancherley Kenntnis-sen so in der Fülle ausgeschmückt ist; so glaube ich nicht, daſs sich leicht jemand anders mit Recht für einen Baukünstler ausgeben könne, als der, so von Kindheit auf alle diese Stufen des Wissens betreten hat, vertraulich mit den verschiedenen Wissenschaften und Künsten erzogen worden und also zum höchsten Gipfel — ad summum tem-plum — der Baukunst gelangt ist.

Vielleicht aber mögen Unerfahrene sich wundern, wie es möglich sey, daſs Eines Menschen Verstand und Gedächtniſs zureiche, eine so groſse Menge von Kenntnissen zu fassen. Inzwischen, wenn sie er-wägen, daſs alle Wissenschaften unter einander in Verbindung und Gemeinschaft stehen, so werden sie die Möglichkeit leicht einsehen. Der Inbegriff der sämmtlichen Wissenschaften — Encyclios disciplinae — ist gleichsam Ein Körper, der aus so vielen Gliedern besteht. Wenn man nur von den zartesten Jahren an gehörig in den mannichfaltigen Gattungen der Gelehrsamkeit unterrichtet ist, so faſst man die Merk-mahle der Ähnlichkeit, und die zarten Fäden, welche sie unter einan-der verknüpfen, bald auf, und begreift sie daher alle sammt und sonders desto leichter.

Es behauptet zwar der alten Baukünstler Einer, Pythius, der zu Priene den Tempel der Minerva mit so vielem Ruhme er-bauet hat — in seinen Schriften: “Ein Baukünstler müsse in jeder der sämmtlichen Künste und Wissenschaften mehr vermögen, als dieje-nigen, so sich auschlieſslich auf irgend ein einzelnes Fach gelegt und darin sich durch ihren Fleiſs und Eifer zu Meistern gemacht haben. Allein dieses ist wohl eine grundlose Behauptung. Ein Architekt darf eben nicht, und kann auch nicht ein Grammatiker wie Aristar- chus, ein Musiker wie Aristoxenus, ein Mahler wie Apelles, ein Bildner — plastes — wie Myron oder Polyklet, ein Arzt wie Hippokrates seyn; sondern es ist genug, wenn er nur in allen diesen, so wie in den übrigen Künsten und Wissenschaften nicht ganz und gar unerfahren ist, ohne gerade in einer jeden sich ganz vorzüg-lich hervor zu thun. Wie wäre es auch bey einer so groſsen Man-nichfaltigkeit von Gegenständen möglich, sie insgesammt bis zum höch-sten Grade der Feinheit zu besitzen? da es fast die Fähigkeit eines Menschen übersteigt, nur die Theorie derselben einzusehen und zu begreifen. Ja, auch nicht bloſs den Baukünstlern ist es versagt, in allen Stücken vollkommene Meister zu werden; sondern es können selbst die nicht einmal, welche sich auf gewisse Künste besonders legen, es möglich machen, daſs sie darin alle den ersten Preis davon tragen. Da nun in einzelnen Künsten bey weitem nicht alle Künst-ler, sondern in ganzen Jahrhunderten nur wenige Genien sich rühm-lich hervor gethan haben: wie sollte denn der Architekt, der meh-rerer Künste kundig seyn muſs, es dahin bringen können, nicht allein (was schon nichts geringes ist) es an keiner fehlen zu lassen, son-dern in jeder sogar alle Meister, die sich geflissentlich und ganz aus-schlieſslich darauf gelegt haben, zu übertreffen?

Unten Buch VII., Vorrede, wird er Phileos genannt.

Es scheint mir also Pythius sich hierin geirrt zu haben, in-dem er auſser Acht gelassen, daſs jede Kunst aus zwey Stücken be-steht, aus Ausübung — opus — und Theorie. Die Eine ist denen eigen, so diese Kunst besonders zu treiben beflissen sind, nehmlich die Ausübung — operis effectus —; die Andere aber ist allen Gelehrten gemein, nehmlich die Theorie. So, zum Beyspiel, sprechen Arzt und Tonkünstler vom Rhythmus der Adern, und von der Füſse Bewegung; ist aber eine Wunde zu heilen, oder ein Kranker der Gefahr zu ent-reiſsen, so muſs nicht der Musiker gerufen werden, sondern der Arzt, dessen eigenes Geschäft dieses ist. Hingegen muſs nicht der Arzt, sondern der Tonkünstler das Instrument stimmen, damit durch dessen angenehme Musik die Ohren ergötzt werden mögen. Inglei-chen reden Astronomen und Musiker gemeinschaftlich von der Sym-pathie der Gestirne und der Consonanzen, in Vier - und Dreyecken, in Diatessaron — Quarte — und Diapente — Quinte —; und mit ihnen der Geometer von der Sehekunst, welche die Griechen Optik heissen; und überhaupt alle Wissenschaften von vielen, ja von allen Dingen, die sie in der Theorie mit einander gemein haben. Jedoch die Ausübung — operis ingressus —, welche nur vermittelst Handanlegung und thätigen Fleiſses zur Vollkommenheit gelangt, ist einzig die Sache derjenigen, welche sich ganz besonders auf eine einzelne Kunst ge-legt haben.

d. i. Kritiker. Was überhaupt alles unter dem Worte Grammaticus verstanden wurde, sagt uns Sueton. de ill. grammaticis, c. IV. Die Stelle ist in dem Vitruvi-schen Wörterbuche angeführt. Übrigens siehe auch die letzte Anmerkung dieses Kapitels beym Worte Grammatik. Vielleicht klärt folgende Anmerkung Philanders hier etwas auf: “Die Astronomen bedienen sich dreyer Figuren des Drey - Vier - und Sechsecks: Die Musiker der Zwischenweiten (diastemata) d. i. der einfachen groſsen Intervallen der Consonanzen, der Quarte, deren Verhältniſs 3 {1/2}, der Quinte, deren Verhältniſs 2 {1/3}, und der Octave, deren Verhältniſs doppelt ist. Nach Angabe eines alten Griechi-schen ungenannten Erklärers des Ptolemäus, trifft man dieselben Verhältnisse ebenfalls in den Winkeln, Zeichen und Graden jener Figuren an. So besteht das Dreyeck aus 1 {1/3} rechten Winkel; das Viereck nur aus 1 rechten Winkel; und das Sechseck aus {2/3} rechten Winkel: Der Winkel des Dreyecks verhält sich zu dem Winkel des Vierecks wie 3 {1/2}; denn er übersteigt ihn um {1/3}, und wird die Quarte. Der Winkel des Vierecks verhält sich {2/3} des Sechsecks, wie 2 {1/2}; denn er enthält dasselbe nebst {1/2}, und wird die Quinte. Der Winkel des Dreyecks verhält sich zu dem Winkel des Sechsecks, wie 2 zu 1; denn er enthält 1 {1/3} d. i. vier Drittel, oder zwey Zweydrittel, und wird also die Octave. Eben also ist es mit den Zeichen beschaffen. Das Dreyeck hat vier Zeichen, das Vier-eck drey, das Sechseck zwey: 4 verhält sich zu 3 = 3 {1/2}: 3 zu 2 = 2 {1/2}: und 4 zu 2 = 2 zu 1. Was die Grade betrifft, so besteht das Dreyeck aus 120 Graden; das Viereck aus 90; das Sechseck aus 60: 120 verhält sich zu 90 = 3 {1/2}; 90 zu 60 = 2 {1/2}; 120 zu 60 = 2 zu 1. Dieſs die Sympathie der Consonanzen und Figuren!” — Wem dieses deutlich ist, der wird durch folgende Stelle des Plinius noch mehr Licht erhalten: “Pythagoras, sagt Plinius II. 20. nennt zuweilen, nach Art der Musiker, die Weite der Erde vom Monde einen Ton. Vom Monde bis zum Merkur ist ein halber Ton. Vom Merkur zur Venus fast eben so viel. Die Weite von der Venus zur Sonne beträgt 1 {1/2}, und von der Sonne zum Mars wieder einen ganzen Ton. Das ist, die Sonne steht von dem Mars eben so weit ab, als der Mond von der Erde. Vom Mars bis

Es wird also auch für einen Baukünstler hinlänglich seyn, nur einigermaſsen die Theile und Theorie der einzelnen Wissenschaften und Künste, welcher die Architektur bedarf, zu wissen; so daſs er, wenn er von dahin einschlagenden Gegenständen zu urtheilen, oder Gebrauch zu machen hat, nicht stecken bleibe oder einen Fehler begehe. Wem die Natur so viel Geschicklichkeit, Scharfsinn und Gedächtniſs gegeben hat, daſs er Geometrie, Astronomie und Musik sammt den übrigen Wissenschaften aus dem Grunde erlernen kann: der bleibt nicht beym Baukünstler stehen; sondern wird ein Mathe-matiker, und kann, da er mit mehreren Kenntnissen ausgerüstet ist, auch mit desto gröſserer Leichtigkeit über alle diese Wissenschaften sprechen. Solche Köpfe giebt es jedoch nur selten. Es waren aber dergleichen ehedem Aristarchus von Samos, Philolaus und Archytas aus Tarent, Apollonius aus Perge, Eratosthe-nes aus Cyrene, und Archimedes und Scopinas aus Syra-cus. Ihnen hat die Nachwelt viele mechanische — organicus — und gnomonische, vermittelst Schluſs und Berechnung gemachte und er-wiesene Erfindungen zu verdanken.

zum Jupiter ist wieder ein halber Ton, von ihm bis zum Saturn wieder ein halber, vom Saturn bis zum Thierkreis 1 {1/2} Ton u. s. w. Folglich kommen sieben Töne heraus, welche man die Octave oder den Inbegriff aller Harmonien nennt. Saturn giebt davon die Dori-sche, Jupiter die Phrygische Tonart an; und so weiter, mit einer zwar angenehmen, aber unnöthigen Spitzfindigkeit.” Siehe von ihm unten B. IX. K. 1. (IV.) Anmerk. Übrigens nennt Vitruv folgende groſse Männer nicht nach einer chronologischen Ordnung. Aristarch von Samos steht zuerst, und lebte fast 200 Jahre später, als Philolaus. Dieser war des Archytas Schüler gewesen, und steht doch eher als sein Lehrer. Selbst Eratosthenes ward früher, als Aristarch, unter den Meſskünstlern bekannt.

Da nun solche Fähigkeiten von der Natur nicht jedermann, son-dern nur höchst wenigen Menschen verliehen werden; die Pflicht aber von dem Baukünstler heischt, in allen Wissenschaften geübt zu seyn; und die Vernunft, der Gröſse der Sache wegen, gestattet, nicht nothwen-dig die allervollständigsten, sondern auch nur mittelmäſsige Kenntnisse zu besitzen: So bitte ich Dich, Cäsar, und jeden Leser dieses Werks um Verzeihung, wenn darin nicht alles genau den Vorschriften der Gram-matik gemäſs vorgetragen ist; denn nicht als der gröſste Philosoph, der beredtste Redekünstler und der, in den feinsten Regeln der Kunst geübteste Grammatiker; sondern bloſs als ein von diesen Gegenstän-den unterrichteter Architekt, habe ich mich dieses Buch zu schreiben bemüht. Was aber meine Kunst selbst und die Theorie derselben be-trifft; so getraue ich mir zu versprechen: daſs nicht bloſs der Bau-verständige, sondern auch jeder gescheide Mann sie aus meinen Schrif-ten in aller Vollständigkeit und mit aller Gründlichkeit soll erlernen können.

Unter der Grammatik begriff man bey den Alten, auſser der Sprachkunde, auch die Anleitung zur Dichtkunst, Redekunst, Geschichte, und selbst zu den ersten Anfangs-gründen der Philosophie, wenigstens in ihrer Anwendung auf diese Wissenschaften; und die eigentlichen Grammatiker ertheilten allen diesen vielfachen Unterricht. Die Kunst, richtig zu reden und zu schreiben, hieſs Grammatistik, und die Lehrer darin nannte man Grammatisten. S. Eschenburgs Handbuch der klassischen Litteratur, Seite 38.
ZWEYTES KAPITEL. Wesen der Baukunst.

Der Baukunst Wesen besteht in Anordnung — ordinatio, Grie-chisch τάξις, — Einrichtung — dispositio, Griechisch διάθεσις, — Übereinstimmung — eurythmia, — Ebenmaaſs — symme- tria, — Schicklichkeit — decor — und Eintheilung, — distri-butio, Griechisch οἰκονομία.

Anordnung heiſst die bequeme Beschaffenheit der Theile eines Gebäudes, sowohl in Rücksicht ihrer besonderen Bestimmung, als auch in Ansehung des allgemeinen Verhältnisses. Sie entsteht aus der Gröſse — Griechisch ποσότης. — Die Gröſse aber ist die gefällige Wirkung des Models — modulus, — nach welchem die Verhältnisse der einzelnen Theile des Gebäudes zum Ganzen bestimmt werden.

Unter Einrichtung wird die schickliche Stellung aller Stücke verstanden, und die dadurch in der Zusammensetzung bewirkte, dem Endzwecke des Gebäudes angemessene Zierlichkeit. Die zur Ein-richtung erforderlichen Baurisse — species, Griechisch ἰδέαι — sind folgende: Der Grundriſs — Ichnographia, — der Aufriſs — ortho-graphia — und die Aussicht — scenographia. — Der Grundriſs ist eine, vermittelst Zirkels und Lineals nach verjüngtem Maaſsstabe — modice — verfertigte Zeichnung, welche die Einrichtung der Grund-fläche eines Gebäudes zeigt. Der Aufriſs aber ist die Abbildung der errichteten Fronte, nach verjüngtem Maaſsstabe und nach allen Ver-hältnissen des aufzuführenden Gebäudes. Die Aussicht endlich ist der Fronte und der abgehenden Seiten schattirte Zeichnung — adum-bratio, — so daſs alle Linien in Einem Augenpunkte — centrum — zusammentreffen . Zur Verfertigung aller insgesammt wird Nach- denken und Erſindung erfordert. Nachdenken ist eine Anstrengung des Geistes, welche mit vielem Eifer, mit groſser Geſlissenheit und Aufmerksamkeit und mit der schmeichelnden Vorstellung glücklicher Erreichung des vorgesetzten Endzwecks verknüpft ist. Erſindung aber ist die Entwicklung dunkler Materien, wozu die Mittel vermöge einer lebhaften Phantasie entdeckt werden. So weit erstreckt sich die Ein-richtung.

Oder Wohlgereimtheit.

Übereinstimmung ist die Schönheit, das gefällige Aussehen der Theile in der Zusammensetzung. Sie wird hervor gebracht, wann sich die Höhe der Theile des Gebäudes zur Breite, und die Breite zur Höhe geziemend verhält; und überhaupt alles dem Ebenmaaſse entspricht.

Ebenmaaſs ist das gute Verhältniſs der Theile eines Gebäudes gegen einander und der einzelnen Theile gegen das Ganze, nach Maaſsgabe eines bestimmten Theils. So wie beym menschlichen Kör-per Ebenmaaſs — symmetros — im Ellbogen, Fuſs, Hand, Finger und in den übrigen Gliedern herrscht; eben also muſs es auch bey den aufzuführenden Gebäuden vorhanden seyn. Und wie, zum Bey-spiel, bey den Tempeln entweder von der Säulendicke oder vom Dreyschlitze — triglyphus — der Model — embates — genom- men wird ; bey der Baliste aber von dem Loche, welches die Grie- chen περίτρητον nennen ; und bey den Schiffen vom Raume von einem zum anderen Ruder — interscalmium, — Griechisch διπηχαϊκή: so wird ebenfalls bey den übrigen Gebäuden aus bestimmten Theilen die Beschaffenheit des sämmtlichen Ebenmaaſses gefunden.

Siehe unten B. VII. Vorrede. Scheller in seinem Wörterbuche macht bey dieser Stelle die Anmerkung: sym-metros scheint hier statt symmetria zu stehen, wo es nicht zu consensus oder responsus gehört; doch wäre vielleicht besser symmetron (neutr.) zu lesen i. e. symmetria. — Gesner in thes. L.L. sagt: deesse videtur substantivum nomen.

Schicklichkeit wird das untadelhafte Ansehen eines Gebäu-des genannt, wann jeder Theil desselben hinlängliche Autorität für sich hat. Sie hängt vom Kostum — statio, Griechisch θεματισμὸς, — von Gewohnheit und von Natur ab. Vom Kostum: Die Tempel des donnernden Jupiter, des Cölus, des Sonnengottes und der Luna müssen unbedeckt, ohne Dach — hypaethra — seyn; weil man dieser Gottheiten Gestalt und Wirkungen leibhaftig am freyen, hellen Himmel sieht. Die Tempel der Minerva, des Mars und Herkules müssen Dorisch seyn, weil der Tapferkeit die-ser Gottheiten keine zierliche Bauart anständig ist. Für Venus, Flora, Proserpina und die Quell-Nymphen schickt sich nur die Korinthische Bauart; weil geschlanke, blumichte, mit Blättern und Schnörkeln geschmückte Gebäude der Weichlichkeit dieser Göt-tinnen angemessen zu seyn und die ihnen eigene Anmuth zu ver-mehren scheinen. Der Juno, der Diana, dem Bacchus und den übrigen Gottheiten ähnlicher Art, da sie zwischen jenen mitten inne stehen, sind Ionische Tempel zu errichten; weil sich diese Bauart gleich weit von dem Ernsthaften der Dorischen und dem Tändeln-den der Korinthischen entfernt.

In Ansehung der Gewohnheit beobachtet man das Schick-liche, wann man innerlich prächtigen Gebäuden einen angemessenen zierlichen Vorplatz — Vestibulum — giebt. Denn, wenn das Innere von stattlichem Ansehen, der Zugang — aditus — aber niedrig und unansehnlich ist; so ist gegen das Schickliche verstoſsen. Ingleichen beleidiget man das Auge, wenn man bey Dorischem Gebälke — epistylia, — in der Kornische Zahnschnitte — denticuli, — oder bey Polster-Kapitälen — pulvinatum capitulum — und Ionischen Säulen Dreyschlitze anbringt; weil einmal bey jeder Ordnung — ordo — eigene Gewohnheiten eingeführt sind.

Ich lese: Et primum in aedibus sacris aut e columnarum crassitudinibus aut e triglypho embates; in balista autem e foramine etc. Siehe unten Buch X. K. 15-18.

Das natürliche Schickliche aber erfordert, daſs man über-haupt zu allen Tempeln eine sehr gesunde Lage und Plätze, die mit heilsamen Quellen versehen sind, erwähle; ganz vorzüglich aber zu den Tempeln, welche dem Äskulap, der Gesundheit — salus — und denjenigen Gottheiten geweihet werden, durch deren Hülfe viele Kranke wieder hergestellt zu werden scheinen. Denn, wenn sieche Körper von einem angesteckten nach einem gesunden Orte gebracht werden und dort sich der Gesundbrunnen bedienen können; so werden sie bald wieder besser, und auf solche Weise bekommt man denn, bloſs vermittelst der Beschaffenheit des Orts, eine höhere ehr-furchtsvollere Vorstellung von der Gottheit. Ferner heischt das na-türliche Schickliche, daſs die Schlafzimmer und Bibliotheken das Licht von der Morgenseite erhalten; die Badezimmer — balneae — und Wintergemächer — hybernaculum — von der Winter-Abendseite; und die Bildersäle — pinacotheca — nebst jedem Gemache, das eines gewissen immer gleichen Lichts bedarf, von der Mitternachtsseite; weil diese Himmelsgegend durch den Sonnenlauf weder erhellt, noch verfinstert wird, sondern den ganzen Tag über gleich und unverän-derlich hell bleibt.

S. unten B. VI. K. 8. Anmerk. t) S. Buch III. K. 3. Anm. y)

Was endlich die Eintheilung betrifft, so ist sie die fügliche Vertheilung der Materialien und des Platzes, verknüpft mit einer ver-nünftigen Wirthſchaftlichkeit beym Bau-Aufwande. Sie findet Statt: Erstlich, wenn der Baumeister nichts verlangt, was nur für vieles Geld aufzuſinden und anzuschaffen ist; denn nicht überall ist Gruben-Sand — arena ſossitia, — Bruchstein — caementa, — Tannenholz überhaupt — abies, — oder Saftstücke insbesondere — sappinus — und Marmor vorhanden, sondern das Eine ist ein Erzeugniſs des Einen, das Andere des anderen Orts und kann nur mit Mühe und Unkosten angeschafft werden; daher man sich denn lieber, wo kein Grubensand ist, des Fluſs- oder gewaschenen See-Sandes bedienen, den Mangel der Tanne und Kiefer durch den Gebrauch der Zypresse, Pappel, Ulme und Fichte ersetzen und auf gleiche Weise sich in allen übri-gen ähnlichen Fällen zu behelfen suchen muſs.

Eine andere Staffel der Eintheilung ist es, wann, bey der Ein-richtung der Gebäude, auf deren beabsichtigten Gebrauch, und auf Vermögen und Stand des Bauherrn gehörig Rücksicht genommen wird. Denn anders ist ein Stadt-, anders ein Wirthschafts-Gebäude einzu-richten, wiederum anders ein Haus zur Betreibung eines Gewerbes, und noch anders ein Haus für einen Reichen, für einen Wollüstling, oder ein Pallast für einen vornehmen Mann, der am Ruder des Staats sitzet. Kurz, jedem Gebäude ist eine dessen Besitzer angemessene Eintheilung zu geben.

Siehe unten B. II. K.9., wo dieses Wort erklärt wird, als der Stamm der Tanne, ungefähr 20 Fuſs hoch von der Erde, so weit er ohne Knorren ist.
DRITTES KAPITEL. Gattungen der Baukunst überhaupt, und Theile der Baukunst insbesondere.

Der Gattungen der Baukunst überhaupt — architectura ipsa — sind drey: Die Baukunst insbesondere — aediſicatio , — die Gno- monik und die Mechanik .

Die Baukunst insbesondere wird in zwey Theile eingetheilt, deren Einer die Anlage der Städte — moenia — und der öffentlichen Gebäude — opera communia, — der Andere aber die Einrichtung der Privat-Gebäude — aedificia privata — zum Gegenstande hat.

Der öffentlichen Gebäude giebt es drey Arten: Die eine zum Schutze; die andere zum Gottesdienste; und die dritte zur Bequemlich-keit. Zur Ersteren gehören die Ringmauren — murus, — Thürme und Thore, welche insgesammt zur Abhaltung feindlicher Anfälle er-funden worden sind; zur Zweyten der unsterblichen Götter Kapel-len — fanum — und Tempel — aedes sacrae; — und zur Dritten alle zum öffentlichen Gebrauche bestimmte Gebäude, als da sind Häfen, Märkte — forum, — Säulengänge — porticus, — Bäder — bal-nea, — Theater, Spatziergänge — inambulationes — und was der- gleichen mehr zu derselben Bestimmung an öffentlichen Orten ange-legt wird.

Im Texte steht partes, Theile; allein der Sinn erfordert Gattung; welches denn auch, um Verwirrung zu vermeiden, gesetzt worden. Übrigens sollte, der Ordnung gemäſs, dieses Kapitel vor dem vorhergehenden stehen. Sie ist der Gegenstand aller acht ersten Bücher. Von der Gnomonik wird im neunten Buche gehandelt. Siehe davon das zehnte Buch.

Alle insgesammt aber sind so anzulegen, daſs dabey auf Festig-keit, Nutzbarkeit und Schönheit gesehen werde. Die Festigkeit be-ruhet darauf, daſs der Grund tief und auf festen Boden gelegt, und daſs bey Auswahl der Baumaterialien mit Sorgfalt, aber sonder Karg-heit verfahren werde. Der Nutzbarkeit geschieht Genüge, durch verständige Einrichtung des Platzes, vermittelst welcher nichts der Bestimmung des Gebäudes entgegen steht, und jeder Theil die füg-lichste und bequemste Lage erhält. Die Schönheit aber wird erreicht, wenn das Werk einen angenehmen, geschmackvollen Anblick ge-währt, und die Verhältnisse der Theile das gehörige Ebenmaaſs haben.

VIERTES KAPITEL. Wahl gesunder Orte.

Bey Anlegung einer Stadt ist das Erste, was man in Überlegung zu nehmen hat, die Wahl eines gesunden Orts.

Gesund ist ein Ort, wann er hoch liegt, weder dem Nebel, noch Reife ausgesetzt, weder gegen heisse, noch kalte, sondern gegen ge-mäſsigte Himmelsgegenden gerichtet ist: auch wenn in dessen Nach-barschaft keine Sümpfe befindlich sind; denn wann die Morgenluft bey aufgehender Sonne zur Stadt kommt, und den aufsteigenden mit dem Aushauche der Sumpfthiere vermischten Nebel mit sich führt, so verbreitet sie über die Einwohner giftige Dünste und macht den Ort ungesund. So ist auch die Lage einer Stadt am Meere, gen Mittag oder Abend ungesund; weil im Sommer der Süd von der auf- gehenden Sonne erwärmt wird und um Mittag sengt; der West aber beym Aufgange der Sonne lau, um Mittag warm und Abends glü-hend ist; daher denn der Körper an solchen Orten durch Abwechs-lung der Hitze und Kälte erkranket. Dieſs bemerkt man selbst an leblosen Dingen; weshalb auch niemand in einem bedeckten Wein-Keller die Fenster auf der Mittags- oder Abend-, sondern auf der Mitternachts-Seite machen wird; weil diese Himmelsgegend zu kei-ner Zeit Veränderungen unterworfen ist, sondern beständig sich gleich und eben dieselbe bleibt. Aus keiner andern Ursache schlägt auch in den Kornspeichern — granaria, — welche gegen die Sonne liegen, alles gar bald um; und hält sich weder Obst, noch Küchenspeise lange, so nicht an Orten, die von der Sonne abgewandt liegen, verwahrt wird. Die Hitze schmelzt, und raubt also den Dingen ihre Festig-keit; und indem sie ihnen die natürliche Kraft aussaugt, so löſst sie dieselben auf, erweicht und schwächt sie, wie man dieſs selbst am Eisen wahrnimt. So hart es von Natur ist, so wird es doch in der Esse, wann es von der Hitze des Feuers durchglühet ist, so weich, daſs es leicht zu jeder beliebigen Gestalt geschmiedet werden kann; und wiederum wird es, wann es glühend und weich ist, so bald es im kalten Wasser abgekühlt wird, von neuem hart und fest und erhält seine vorige Eigenschaft wieder. Daſs dem so sey, kann man auch daraus ersehen, daſs im Sommer nicht bloſs an ungesunden, son-dern auch an gesunden Orten alle Körper von der Hitze schwach werden, im Winter aber auch die ungesundesten Gegenden gesund werden; weil sie durch die Abkühlung wieder Festigkeit gewinnen: Ingleichen, daſs Leute, welche sich aus kalten nach warmen Him-melsstrichen begeben, in diesen nicht ausdauren können, ohne krank zu werden; hingegen diejenigen, so aus warmen nach kalten, nörd-lichen Ländern gehen, nicht allein durch diese Veränderung des Orts an ihrer Gesundheit im mindesten nicht leiden, sondern diese sogar noch befestigen.

Die Alten hatten bedeckte und unbedeckte Weinkeller, s. Plin. l. XIV. c. 27. Ingleichen Horaz 2. B. der Sat. 4. Vers 51 ff.

Man muſs sich daher bey Anlage der Städte sehr vor solchen Gegenden hüten, wo heiſse Lüfte wehen. Denn alle Körper bestehen aus Uranfängen — principia — welche die Griechen ςοιχεῖα nennen, das heiſst, aus Wärme, Feuchtigkeit, Erde und Luft, aus deren mannich-faltiger Mischung die mannichfaltigen Eigenschaften überhaupt aller lebendigen Geschöpfe in der Welt entstehen. In denen Körpern nun, worin vor allen Elementen die Wärme in Übermaaſse herrscht, da ertöd-tet die Hitze die übrigen und löset sie auf. Und gerade diese schädliche Wirkung ist es, welche durch ein, von gewissen Himmelsgegenden erhitztes Klima hervorgebracht wird, wo die Hitze mehr auf den offenen Poren brütet, als es das Verhältniſs der natürlichen Mischung der Urstoffe im Körper zuläſst. Wo zu viel Feuchtigkeit in die Poren eindringt und darin die Oberhand gewinnt, da werden von derselben die übrigen Bestandtheile verdorben und verwässert, und die Eigen-schaften der Zusammensetzung hören auf. Auf gleiche Weise wird der Kälte Übermaaſs, sie äuſsere sich nun in Feuchtigkeit, Wind oder Luft, den Körpern schädlich. Nicht minder werden durch Ver-mehrung oder Vermindrung des natürlichen Verhältnisses der Luft-oder Erdtheilchen in einem Körper die übrigen Grundstoffe geschwächt; vermehrt (oder vermindert) aber werden die Erdtheilchen durch Fülle (oder Kargheit) der Speise; so wie die Lufttheilchen durch dicke (oder dünne Luft.

Siehe unten B.II. K.2. und Buch VIII. Vorrede. Hat nicht Vitruv hier Ahndung von der Frostmaterie, als fünftem Elemente? Desgleichen siehe unten VII. 1.

Um dieses desto genauer zu begreifen, darf man nur die Natur der Vögel, Fische und Landthiere beobachten, und man wird bald die Verschiedenheit der Mischung der Elemente wahrnehmen; denn anders sind sie bey der Vögel, anders bey der Fische und weit anders noch bey der Landthiere Geschlechte gemischt. Die Vögel haben wenig Erdtheile, wenig Feuchtigkeit, mehr Wärme und viel Luft; da sie nun aus leichteren Stoffen zusammengesetzt sind, so können sie sich auch leicht in die Luft schwingen. Die Natur der Fische aber besteht aus mäſsiger Wärme, aus mehr Luft- und Erd-theilchen, allein aus höchst wenig Feuchtigkeit; daher sie denn auch, je weniger ihr Körper Feuchtigkeit enthält, desto besser im Wasser ausdauern; wenn sie aber aufs Land kommen, Wasser und Leben zugleich verlassen. Hingegen können die Landthiere, die nur aus mittelmäſsig viel Luft und Wärme, wenig Erdtheilchen und sehr viel Feuchtigkeit zusammengesetzt sind, nicht lange im Wasser leben, weil in ihnen ein Überfluſs an Wassertheilchen vorhanden ist.

Wenn dem nun also ist, wie ich sage, daſs, wie unsre Sinne uns überzeugen, die Körper aller lebendigen Geschöpfe aus jenen Elementen bestehen, und, wie ich darthue, durch derselben Über-fluſs oder Mangel erkranken und sterben; so ists auch auſser Zwei-fel, daſs man höchst sorgfältig darauf bedacht seyn müsse, sehr ge-mäſsigte Himmelsgegenden zur Anlegung einer gesund gelegenen Stadt zu wählen.

Aus diesem Grunde rathe ich sehr an, der Verfahrungsart der Alten bey solchen Gelegenheiten wohl eingedenk zu seyn. Wann unsre Vorfahren irgendwo eine Stadt anzulegen, oder ein Standquar-tier aufzuschlagen gedachten; so schlachteten sie zuvörderst von dem, an diesem Orte weidenden Viehe Opfer und untersuchten deren Leber. War die Leber der Ersteren grüngelb und ungesund; so schlachteten sie noch andere, ungewiſs, ob einer Krankheit oder der Weide die Schuld davon beyzumessen sey. Und wenn sie denn nach wiederholten Versuchen aus der Leber guten Beschaffenheit die Gesundheit des Wassers und der Weide erforscht hatten; so legten sie ihre Befestigungswerke an und lieſsen sich daselbst nieder. Wo sie aber die Leber durchaus ungesund fanden, da hielten sie dieſs für eine Anzeige, daſs die an diesem Orte wachsenden Lebensmittel sammt dem Wasser für die Menschen ebenfalls verderblich seyn wür-den; zogen anders wohin und suchten also vor allen Dingen eine gesunde Lage auf.

Die Einschaltungen stehen nur zur Vollständigkeit des Sinnes hier; sind aber im Originale nicht befindlich.

Daſs man aber wirklich aus der Weide und dem Wasser die Gesundheit oder Ungesundheit eines Landes beurtheilen könne, das beweisen die Gefilde der Kreter am Flusse Pothereus, der auf Kreta zwischen den beyden Städten Gnosus und Kortyna flieſst. Am rechten und linken Ufer dieses Flusses weiden Viehheerden; doch bloſs die, so am Gnosischen Gestade weiden, haben eine Milz; die am gegenüber liegenden Gestade von Kortyna haben keine sicht-bare Milz. Die Ärzte haben der Ursache dieser Erscheinung nach-geforscht und auf dieser Seite ein Kraut entdeckt, das, vom Viehe gefressen, dessen Leber vermindert. Man sammelt daher dieses Kraut und bedient sich dessen als eines Mittels wider die Milzsucht. Die Kreter nennen es Asplenon — Milzverzehrend. — Zeigt dieses nicht offenbar, daſs von den Lebensmitteln und dem Getränke die gesunde oder ungesunde Beschaffenheit eines Orts abhange?

Milzkraut, Hirschzunge.

Wenn jedoch Städte an Sümpfen erbauet sind, welche nicht weit vom Meere und entweder gegen Mitternacht, oder zwischen Mitternacht und Morgen und höher, als das Meergestade liegen; so sind solche mit Verstande angelegt. Denn durch gezogene Gräben erhält das Wasser Abſluſs nach dem Gestade hin; und die, von Unge-wittern angeschwollene und bewegte See strömt in den Sumpf über, wo denn das eingemischte bittere Seewasser keine Art von Sumpf-thieren aufkommen läſst; die aber, welche etwa von höhern Orten am Ufer herab schwimmen, von dessen Salze, dessen sie ungewohnt sind, getödtet werden. Beyspiele hievon können die Gallischen Sümpfe bey Altinum, Ravenna und Aquileja abgeben; so wie auch andere Municipal-Städte, die eine ähnliche Lage in der Nach-barschaft von Sümpfen haben und wo gleichwohl aus angeführten Gründen die gesundeste Luft herrscht.

Allein tief liegende Sümpfe, die weder durch Flüsse, noch Gra-ben abgeleitet werden, wie die Pomtinischen, verfaulen durch beständiges Stillstehen, und verbreiten in der Gegend umher unge- sunde und pestilenzialische Ausdünstungen. So war auch in Apu-lien die alte Stadt Salapia, welche Diomedes nach seiner Rück-kehr von Troja, oder wie andere schreiben, Elphias von Rho-dos erbauet hatte, erst an einem solchen Orte gelegen; jedoch die Einwohner, die dieserhalb alle Jahre mit vielen Krankheiten geplagt wurden, giengen endlich den M. Hostilius an und erbaten im Namen des gemeinen Wesens von ihm, daſs er für sie einen be-quemen Ort aufsuchen und auswählen möchte, wohin sie ihre Stadt verlegen könnten. Ungesäumt stellte dieser sehr gelehrte Beobach-tungen an und erkaufte Ländereyen nahe am Meere von gesunder Lage, hielt darauf beym Römischen Senate und Volke um Er- laubniſs an, die Stadt dahin verlegen zu dürfen, und erbauete so-dann die Ringmauern, theilte Baustätten ab und überlieſs diese je um eine Kleinigkeit den Bürgern zum Eigenthume. Dieſs gethan, vereinigte er einen See mit dem Meere und machte aus dem See für die Stadt einen Hafen. Und so wohnen nunmehro die Salapier, bloſs durch Vorrückung von viertausend Schritt von ihrer alten Stadt, an einem höchst gesunden Orte.

Die Pomtinischen Sümpfe haben ihren Namen von der mitten darin gelege-nen Stadt Suessa Pometia. Sie sind gegen Norden von den Gebirgen Norma, Ser-monetta, Sezze und Piperno begrenzt; von Osten schlieſst sie das nehmliche Ge-birge, welches eine Biegung von Sonnino bis Terracina macht, ein; gegen Mittag begrenzt sie das Meer und von der Abendseite hängen sie mit der weiten Ebene der Cam-pagna di Roma zusammen. Die Felder zwischen Cisterna und Nettuno machen die Scheidungslinie. Ihre Länge von Cisterna bis Terracina beträgt 30 Meilen; ihre Breite geht nie über 12 oder 13 Meilen. Nach dem Zeugnisse des Mucianus, eines dreymaligen Consuls, welches Plinius III. 9. uns aufbehalten hat, waren die Pomti-nischen Sümpfe in den früheren Zeiten eine Gegend worin drey und zwanzig Städte lagen. Inzwischen, da diese Gegend niedriger, als das Meer liegt und den Überschwem-mungen der Flüsse Amasenus und Ufens ausgesetzt ist, auch von vielen Bergwassern überströmt wird; so sank sie durch Vernachlässigung nach und nach wieder in ihren marschigen Zustand zurück. Appius Claudius führte im J. R. 441-442. seine be-rühmte Landstraſse mitten hindurch. Hundert und zwey und funfzig Jahre nach ihm trock-nete Cethegus die Pomtinischen Sümpfe aus. Julius Caesar fand schon wieder eine neue Austrocknung derselben nöthig, starb aber, bevor er sie bewerkstelligte und das gefaſste Projekt, die mit dem Anio vereinigte Tiber bis Terracina hindurch zu lei-ten, ausführen konnte. Unter August ward viel zur Verbesserung dieser Sümpfe gethan. Auch Trajan erwarb sich Verdienste um die Gegend durch Ausbesserung der Wege und Erbauung prächtiger Brücken und Häuser. Vierhundert Jahre nachher machte Theodo-rich, der Gothen König, neue Anstalten zur Wiederherstellung der zerrissenen Dämme und Canäle. So wechselten Jahrhunderte hindurch die Arbeiten zur Austrocknung der Sümpfe mit der gänzlichen Vernachläſsigung derselben ab. Gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts war längst alles wieder Ein Morast. Die Päpste Bonifaz VIII. im J. 1294., Martin V. 1417., Leo X. 1514. und Sixtus V. im J. 1585. versuchten durch Austrocknung einiger Theile der Sümpfe die ehemalige Fruchtbarkeit wieder herzustellen. Ihr Tod unterbrach die Fortsetzung ihrer treflich angefangenen Arbeiten. Der jetzige Papst Pius VI. aber arbeitet bereits seit 14 Jahren mit glücklichem Erfolge an Ausführung des Projekts der völligen Austrocknung dieser Sümpfe. Schon längst ist die alte Appi-sche Straſse in aller ihrer Pracht wieder hergestellt. Siehe Berlinische Mo-natsschrift 1789. October, Nr. 6., die Pomtinischen Sümpfe von Meyer, und Italien und Deutschland, drittes Stück, Nr. 2. Über den wirkli-ohen Zustand der Pomtinischen Sümpfe, von Hirt.
FÜNFTES KAPITEL. Bau der Stadtmauern und Thürme.

Hat man auf diese Weise bey Anlegung einer Stadt sich der Ge-sundheit der Lage versichert und eine Gegend erwählt, welche mit Überſluſs an Lebensmitteln für die Einwohner und mit guten Land-straſsen versehen ist; oder vermittelst durchströmender Flüsse, oder Seehäfen sehr bequem Zufuhre haben kann; so lege man den Grund zu den Thürmen und Ringmauern — muri, — wie folgt:

Man grabe so tief, bis man, wo möglich, auf festen Boden — ad solidum — gelangt; und in diesem festen Boden — in solido — wiederum so tief, als es das Verhältniſs des zu errichtenden Gebäu-des erfordert, nur breiter noch, als die über der Erde aufzuführen-den Mauern stark werden sollen. Diese Aushöhlung fülle man mit äuſserst festem Mauerwerke — structura — an.

Die Thürme sind auf der Auſsenseite hervorzurücken, damit, wenn der Feind Sturm auf die Ringmauern laufen will, er beym Annähern von den Thürmen zur Rechten und Linken durch die Schieſsscharten — lateribus apertis — mit Pfeilen könne beschossen werden.

Hauptsächlich ist dafür zu sorgen, daſs die Ringmauer, damit der Zugang zu derselben bey Belagerungen nicht leicht sey, an Ab-gründe gestellt werde; auch daſs die Wege nicht gerade, sondern schräg, von der linken Seite her — σκαιὰ, — zu den Thoren führen; denn also ist allemal des angreifenden Feindes rechte, vom Schilde unbedeckte Seite nach der Ringmauer hingekehrt.

Man muſs die Städte — oppida — weder geviert, noch mit hervorspringenden Ecken, sondern in die Runde — circuitionibus — anlegen, damit man den Feind von mehreren Orten sehen könne. Die Städte mit hervorspringenden Ecken sind schwer zu vertheidi-gen, weil eine Ecke mehr den Feind, als den Bürger schützt.

Die Stärke der Ringmauer ist meines Dafürhaltens so einzu-richten, daſs zwey bewaffnete Männer, die sich oben begegnen, be-quem vor einander vorüber gehen können. Dann lege man, der ganzen Dicke nach, gebrannte öhlbäumene Balken — taleae — dicht neben einander, so daſs die beyden Fronten der Ringmauer unter-einander, gleichwie durch Bolzen — fibula, — durch diese Balken verbunden werden und eine ewige Dauer erhalten; denn dem öhlbau-menen Holze schadet weder Wetter, noch Fäulniſs — caries, — noch Zeit; es dauert selbst unter der Erde oder im Wasser ohne allen Schaden fort und ist immerwährend nützlich; daher denn, nicht allein bey Stadtmauern, sondern auch beym Grundbaue — substructio-nes — und bey allen Mauern von beträchtlicher Stärke, die auf solche Art verbundenen Futtermauern nicht so bald schadhaft werden.

Der Zwischenraum zwischen den Thürmen ist so einzurichten, daſs die Thürme nicht weiter, als einen Pfeilwurf je einer vom andern entfernt seyn, damit, wenn etwa die Stadt angegriffen wird, von den Thürmen zur Rechten und zur Linken herab, mit Skorpio-nen und dem übrigen Geschütze der Feind zurückgetrieben werden möge. Auch auf der entgegen gesetzten Seite ist die inwendige Mauer der Thürme durch Zwischenräume, welche so weit, als die Thürme breit sind, zu unterbrechen; und sind in den innern Thei-len der Thürme Stege von Balken — itinera contignata — zu legen, welche aber nicht fest genagelt werden dürfen; denn, hat der Feind einen Theil der Ringmauer erobert, so werfen die Vertheidi-ger diese Stege ab, und geschieht dieſs geschwind genug, so wird dadurch der Feind abgehalten, weiter nach den übrigen Theilen der Thürme und der Ringmauer hervorzudringen, wofern er nicht herab-stürzen will.

Die Thürme sind rund oder vieleckig — polygoniae — zu machen. Die viereckigen werden von den Maschinen gar geschwind zertrümmert, indem der Sturmbock — aries, — die Ecken zerstöſst; den runden hingegen vermögen diese nichts anzuhaben, weil durch das Stoſsen die Steine, gleich Keilen, nach dem Mittelpunkte getrie-ben werden.

Befestiget man sowohl die Ringmauern, als die Thürme durch daran aufgeworfene Wälle — aggeres, — so sind beyde um so sicherer, weil alsdann weder Sturmböcke, noch Minen — suffossio — noch Maschinen ihnen zu schaden vermögen. Inzwischen braucht man auch nicht allenthalben Wälle aufzuwerfen, sondern blos an denen Stellen, vor welchen auſserhalb der Ringmauer eine Anhöhe liegt, von welcher man gerades Fuſses — plano pede — die Stadt berennen kann. An solchen Orten sind denn erstlich sehr breite und tiefe Gräben zu machen; dann ist der Grund — ſundamentum — der Ringmauer innerhalb der Vertiefung des Grabens zu legen und von solcher Stärke aufzuführen, daſs er das Erdwerk — opus terre-num — leicht trägt. Ingleichen ist auf des Grundes — substructio — innerer Seite eine andere, von der äuſsern weit entfernte, Grund-mauer — fundamentum — aufzuführen, so daſs die Cohorten, gleich-wie in Schlachtordnung, zur Vertheidigung auf des Walles Breite gestellt werden können. Nachdem man diese Grundmauern so weit von einander entfernt aufgeführt hat, so ziehe man noch andere in die Quere darzwischen, um diese äuſsere und innere Grundmauer zu verbinden, und stelle sie kammförmig — pectinatim, — so wie die Zähne einer Säge zu stehen pflegen. Ist man also verfahren, so vermag die groſse Erdlast, welche nun vertheilt ist und nicht auf das Ganze in Einer Masse drücken kann, auf keine Weise den Grund der Ringmauer aus einander zu treiben — extrudere.

Was die Ringmauer selbst betrifft, so läſst sich nicht vorher bestimmen, aus welchem Stoffe sie zu erbauen und zu verfertigen sey; weil man nicht an allen Orten die Materialien, welche man wünscht, haben kann. Jedoch, wo Quader — saxa quadrata, — Kie-sel — silex, — Bruchsteine, — caementum, — oder gebrannte — coctus later, — oder ungebrannte Ziegel — crudus later — vorhanden sind: da muſs man sich ihrer bedienen; denn so wie Babylon, das einen Über-fluſs an flüssigem Erdharze hatte, woraus, anstatt des Kalks und Sandes, und aus gebrannten Ziegeln es seine Mauern erbauen konnte, sind nicht alle und jede Gegenden mit Erzeugnissen von so nützlichen Eigenschaften begabt, daſs sich daraus fehlerfreye Ringmauern von ewiger Dauer aufführen lieſsen.

Siehe unten Buch VIII. K. 3. In folgender Stelle, welche ich ganz hersetze, weil sie zugleich Nachricht von dem gegenwärtigen Zustande Babylons und der Beschaf-fenheit der Gegend ertheilt, äuſsert Niebuhr eben keine vortheilhafte Meinung von die-sem Erdharze. “Daſs Babylon in der Gegend von Helle gelegen habe, daran ist gar kein Zweifel. Denn nicht nur die Einwohner nennen diese Gegend noch bis auf den heutigen Tag Ard Babel, sondern man findet hier auch noch Überbleibsel von einer alten Stadt, die keine andere als Babylon gewesen seyn kann. Nach letzteren zu urthei-len, scheint es gar, daſs Helle innerhalb der Ringmauer des alten Babylon liege. Wenn
man aber von Babylonischen Alterthümern redet, so muſs man keine solche prächtige Denkmäler erwarten, als man noch in Persien und Ägypten antrifft. Zu Persepolis fand man den prächtigsten Marmor dicht bey der Stadt, ja in dem Hügel, worauf der be-rühmte Palast erbauet ward. Der Kalkstein, woraus die groſsen Pyramiden in der Nähe von Káhira aufgeführt sind, ist auch auf der Stelle gebrochen; überdieſs findet man von hier nach Süden überall nicht weit vom, und oft dicht am Nil Kalksteingebürge, und in dem südlichsten Theil von Ägypten gar Granitgebürge dicht am Flusse. Am Euphrat und Tiger hergegen, von dem Persischen Meerbusen an bis Helle und Bagdad und noch viel weiter nördlich, findet man dergleichen nicht, sondern bloſs Marschland. Wenn die Babylonier mit gehauenen Steinen hätten bauen wollen, so hätten sie solche sehr weit holen müssen, und dieſs würde zu kostbar geworden seyn. Sie baue-ten daher ihre besten Häuser von Ziegelsteinen etwa von der Dicke der unsrigen und einen Fuſs im Viereck, und diese brannten sie so gut als ich jemals Ziegelsteine gesehen habe. Hätten sie diese Steine mit Kalk gemauert, so würde man auch noch viel mehrere Überbleibsel von ihren Gebäuden finden, als jetzt noch vorhanden sind. So aber legten sie sie in eine schlechtere Materie, die nicht so stark bindet, und daher hat man die alten Gebäude nach und nach abgetragen, um davon in den benachbarten Städten und Dörfern am Euphrat neue Häuser zu bauen. Selbst eine groſse und schöne Karwanseroi zu Helle, in welcher ich wohnte, war erst vor einigen Jahren von diesen Steinen gebauet worden.” Siehe Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Ländern. 2ter B. S. 288. — Die Alten hegten hingegen eine groſse Vorstellung von der Bindekraft dieses Harzes. Wir können dieses nicht allein aus obiger Stelle Vitruvs schlieſsen; sondern Dio Kassius B.68. K.27. sagt es uns auch ausdrücklich: “Zu Ba-bylon — heiſst es da — sah Trajan auch das Harz, das man ehemals bey Erbauung der Mauern dieser Stadt gebraucht hatte. Es bindet gebrannte Steine, oder Füllsteine so fest, daſs Mauern, auf diese Art gebauet, härter, als Felsen und Eisen sind.”
SECHSTES KAPITEL. Abtheilung und, Stellung der innerhalb der Ringmauer anzulegenden Gebäude.

Nachdem die Ringmauer gezogen, müſsen innerhalb derselben die Baustätten — area — abgetheilt, und die Hauptstraſsen — pla-tea — und Gassen — angiportus — angelegt werden. Letztere sind ordentlich angelegt, wenn man Sorge getragen hat, daſs sie nicht windig sind; weil der Wind, wenn er kalt, beleidiget; warm, ver-derbt; feucht, schadet. Diesem Übel also muſs man vorbeugen und ja verhüten, was in so manchen Städten der Fall ist, daſs sie nehm-lich, wie z. B. Mitylene auf der Insel Lesbus, zwar prächtig und zierlich gebauet, aber unklug gestellt sind. Denn, wehet in dieser Stadt der Südwind, so erkranken die Einwohner; der Nord-west-Drittel-Nordwind — Corus — so husten sie; der Nordwind, so genesen sie zwar wieder, können aber weder in den Straſsen, noch Gassen vor heftiger Kälte ausdauern.

Der Wind ist eine strömende Luft, welche auf eine ungewisse Art ebbet und flutet. Er entsteht, wann die Wärme auf die Feuch-tigkeit wirkt und mit Gewalt die, darin enthaltene Luft heraus treibt. Daſs dieses wahr sey, läſst sich aus den küpfernen Windkugeln — aeolipila — abnehmen; denn vermittelst dieser künstlichen Erfin-dung kann man in das Geheimniſs der Natur in Rücksicht der ver-borgenen Beschaffenheit der Luft eindringen. Man macht diese Windkugeln aus Kupfer und hohl. Sie haben ein sehr enges Loch, wodurch man Wasser hineinfüllt und sie dann an das Feuer stellt. Bevor sie warm werden, kommt keine Luft heraus; so bald sich aber die Wärme darin verbreitet, so blasen sie einen sehr hef-tigen Wind ins Feuer. So läſst sich aus einem einfachen, kurzen Ver-suche die groſse und ewige Theorie vom Wesen der Luft und der Winde einsehen und ergründen.

Ein Ort, von welchem der Wind ausgeschlossen, ist nicht nur der Gesundheit gesunder Menschen zuträglich; sondern er befördert auch durch die, aus Abwesenheit des Windes entstehende Tempera-tur der Luft, die Genesung von solchen Krankheiten, welche aus anderen Ursachen entstehen, und welche an anderen gesunden Orten bloſs durch den Gebrauch der Arzneymittel können geheilt werden.

Krankheiten, welche an Orten, so dem Winde offen stehen, schwer gehoben werden können, sind Schnupfen, Gicht, Husten, Sei-tenstechen, Schwindsucht, Blutspeien und alle übrige, welche nicht durch ausleerende, sondern anlegende Mittel kurirt werden. Der Grund, warum sie so schwer zu heilen sind, ist dieser: Erstlich, weil sie aus Erkältung entstehen; und dann, weil, wenn der Körper bereits durch die Krankheit an Kräften geschwächt ist, die, durch den Wind in Bewegung gesetzte Luft ihn noch mehr angreift, indem sie ihn aller Säfte beraubt und auszehrt: da hingegen eine gelinde, dicke Luft, die vom Winde nicht durchwehet wird, und nicht be-ständig ebbet und flutet, wegen ihrer unbeweglichen Stätigkeit, an die Glieder der Kranken anlegt, und sie stärkt und erquickt.

Daſs diese Erklärung des Ursprungs der Winde nicht passend sey, fällt leicht in die Augen. Der Wind der Äolipile entsteht dadurch, daſs der aus dem Wasser gebildete elastische Dampf durch eine sehr enge Öffnung, also mit groſser Geschwindigkeit, auszu-gehen genöthiget wird. Im Luftkreise aber kann man sich weder eine so heftige Ver-dampfung des Wassers durch die Hitze, noch eine ähnliche Sperrung der erzeugten Dämpfe gedenken. Siehe Gehlers physikalisches Wörterbuch, Art. Windkugel.

Einige sind der Meinung, es gebe nur vier Winde: den Ost-wind — solanus, — aus Äquinoctial - Morgen; den Südwind — auster, — aus Mittag; den Westwind — favonius, — aus Äqui-noctial-Abend; und den Nordwind — septemtrio, — aus Mitter-nacht. Diejenigen aber, welche genauere Beobachtungen darüber angestellt haben, behaupten, es seyn ihrer acht. Dieser Meinung war besonders Andronikus aus Kyrrhus zugethan, der auch, zum Beweise derselben, zu Athen einen achteckigen marmornen Thurm erbauet und an jeder der acht Seiten desselben je das Bild des gegen dieselbe wehenden Windes in erhabener Arbeit vor-gestellt hat — imagines exsculptas designavit. — Oben auf diesem Thurme hat er eine marmorne Kegelsäule — meta — errichtet, wor-auf er einen Triton aus Erz gestellt, welcher in der Rechten eine Ruthe vor sich hinstreckt und so künstlich eingerichtet ist, daſs er von jedem Winde umgedrehet wird, immer gegen den Wind gekehrt stehen bleibt und mit der Ruthe auf das Bild des wehenden Win-des herabzeigt. Hier ist denn zwischen dem Ost-und Südwind in den Wintermorgen der Südostwind — Eurus — eingeschaltet: zwischen dem Süd - und Westwind in den Winterabend der Süd-westwind — Aphricus: — zwischen dem West- und Nordwind der Nordwestwind — Caurus, den viele auch Corus nennen: — und zwischen dem Nord - und Ostwind der Nordostwind — Aquilo.

Es ist nicht bekannt, wann Andronikus Kyrrhestes, ein Macedonier oder Kölesyrer, gelebt habe, sein Windthurm zu Athen aber steht noch heutiges Tags. Siehe Beschreibungen und Abbildungen desselben in the antiquities of Athens by Stuart and Revett, Vol.I. Chapter III. Pl.I—XIX. und in Les ruines des plus beaux monu-mens de la Grêce, par Mr. Le Roy, à Paris, 1770. Tome II. p.7-10. Pl.III. et page 50.51. Pl. XXV. Stuart erwähnet nicht, von welchen Zeiten dieses Gebäude seyn könne. Le Roy, den ich aber immer mit Miſstrauen anführe, sagt in dieser Rücksicht: Les Grecs, si éclairés dans les arts pendant le siécle de Périclès, semblent avoir été au contraire peu versés alors dans les sciences qui dépendent de la Géométrie; et ils n’ acquirent qu’ assez tard leurs prémieres connoissances dans l’ Astronomie et dans la Gnomonique. — — Ce ne fut qu’ environ cinq cent ans avant notre Ere qu’ils con-nurent les prémiers élémens de la Gnomonique. Les progrès qu’ils firent d’abord dans cette science et dans l’Astronomie furent si lents, que, deux cens ans après, du tems de Démétrius de Phalere, ils ne divisoient leur année qu’en trois cens soixante jours, quoique Platon, Eudoxe et Thalès, eussent appris long-tems avant, que les Egyptiens partagoient l’année en 365 jours et environ 6 heures. Leur manière particulière de diviser les mois qu’ils fesoient ordinairement de trente jours et quelquefois de 29, est encore une preuve de la lenteur avec la quelle ils perfectionnerent leurs prémières connoissances dans l’Astronomie. Ils les divisoient en trois parties, chacune de dix jours; et ce ne ſut que plusieurs siécles après la fin de celui de Périclès, qu’ils parta-gerent la semaine en sept jours. D’après cet exposé et d’ après ce que nous avons dit de la construction de ces cadrans (siehe hievon die nächstfolgende Anmerkung), qui semble annoncer que les Athéniens, quand ils les firent, étoient déjà assez versés dans la Gnomonique, nous croyons pouvoir fixer la construction de la Tour des Vents après le siécle de Périelès, et le genre d’Architecture de cet édifice semble confirmer notre conjecture. On y voit clairement que le mauvais goût qui régne dans les profils. dont les moulures sont petites et multipliées, annoncent bien plutôt un édifice élevé quand l’ architecture commençoit à dégénerer à Athênes de la perfection où elle étoit arrivée, qu’ avant qu’elle y fût parvenue. Enfin je ne puis encore m’ empècher de ré-péter, ce que j’ai déjà dit, que la sculpture des figures qu’ on voit sur cet édifice, est très-médiocre et fort au-dessous de celle des bas-reliefs qui ornent les ouvrages élevés du tems de Périclês. v.p.9.10. Auch Baron von Riedesel sagt in seinen Bemerkungen auf einer Reise nach der Levante, S.104. “Der Windthurm ist ein Achteck, und von einer ziem-lich schönen Architektur, nehmlich von Attischer Ordnung. Die acht Winde mit ihren Namen, die unter den Figuren, welche sie vorstellen, eingegraben sind, sind von mittel-mäſsiger Arbeit. Dieſs Gebäude scheint von spätern Zeiten (nehmlich als die Pöcile,) zu seyn; es besteht aus groſsen Marmorstücken, und die Decke wird inwendig von kleinen Dorischen Säulen gestützt, welche die erste Griechische Majestät nicht verrathen. Auf der einen Seite dieses Thurms ist eine Sonnenuhr; jetzt dient er den Derwischen zu einer Mosquee.” Vitruvius takes no Notice of the Sun-dials on this building, either in this de-scription of it, or in that part of his work where he treats particularly of Sun- Dials: and that these were not added since the time in which he wrote, is evident from Varro a more ancient writer, who calls this building the Horologium of Cyrrhestes (siehe unten das VI. Buch, dritte Beylage am Ende) which not only proves that it then served to shew the hours, but also suggests that Varro considered this as the princi-pal purpose it was designed to answer. p.16. — — Under each of these figures there is a Sun-dial; and as the east-dial, is only the west-dial reversed, and as the noon-day line in the South-dial, is a perpendi-

Nachdem ich also der Winde Zahl und Benennung, und die Weltgegenden woher sie wehen, angegeben habe; so will ich nun die Methode lehren, wie ihre Richtung und Striche auszufinden sind.

cular from which the hour-lines belonging to the forenoon, are equally distant with the correspondent hour-lines belonging to the after-noon; it is obvious, that the astronomer, who marked out these dials, supposed the sides of this octogon tower, exactly fronted the four cardinal points of the horizon, and the four principal inter-mediate points: and it appears that he was not mistaken. S. the antiquities of Athens by J. Stuart and N. Revett. Vol.I. p.14. Angeführter Engländer macht a. a. Orte es auch mehr, als wahrscheinlich, daſs dieser Thurm des Andronikus Kyrrhestes zugleich auch eine Wasseruhr enthalten habe Bey Abräumung des mit Schutt sieben Fuſs hoch bedeckten marmornen Fuſsbodens ent-deckte er in demselben mit gröſster Genauigkeit gearbeitete Rinnen und Vertiefungen, welche ihn zu jener Vermuthung veranlaſsten, die nach allem, was er in dieser Rücksicht anführte, trotz dessen, was Le Roy les mon. de la Grece, T.II. p.9. gern dagegen einwenden möchte, der Gewiſsheit nahe kommt. This building — sagt er zuletzt — so highly decorated, standing in a principal part of the city, near the Agora; con-structed purposely to shew the direction of the winds, the season of the year, and the hour of the day; and serving to regulate whatever busineſs depended on the observa-tion of them; would have answered its intention very imperfectly, without some such contrivance as a Clepsydra, in order to measure the hours when the sun did not shine. S. p. 16. 17. In diesem Falle lieſse sich die Erbauung dieses Thurms in so weit näher bestimmen, als Ktesibius der erste Erfinder der Wasseruhren ist, und unter Pto-lemäus Evergetes fast 140 Jahre vor C.G. gelebt hat. S. unten B. IX. K.6. Aber fälschlich, da weiter unten gesagt wird, daſs Corus der Nordwest - Drittel-Nordwind sey.

Man lege im Mittel der Stadt eine marmorne Scheibe — amus-sium — waagrecht, oder mache den Ort selbst vermittelst des Richt-scheits und der Setzwage so eben, daſs man die Scheibe nicht ver-miſst. Auf dem Mittelpunkte errichtet man einen ehernen Zeiger — Gnomon, — welcher auf Griechisch σκιαθήρας d. i. Schatten-spürer — indagator umbrae — heiſst. Ohngefähr um fünf Uhr Vormittags beobachte man dieses Zeigers äuſsersten Schatten, und bezeichue denselben durch einen Punkt. Darauf beschreibe man aus dem Mittelpunkte eine Zirkellinie — linea rotundationis — durch diesen Punkt, welcher die Schattenlänge des Zeigers bezeichnet. In-gleichen beobachte man Nachmittags jenes Zeigers wachsenden Schat-ten, und so bald er die Zirkellinie — circinationis linea — berührt, und also eben so lang, als Vormittags ist, bezeichne man ihn wieder mit einem Punkte. Aus diesen beyden Punkten beschreibe man zwey Zirkel, welche einander kreuzweis — decussatim — durch-schneiden; und durch den Durchschnitt — decussatio — und den Mittelpunkt ziehe man eine gerade Linie bis an den Rand der Zir-kelſläche, damit man die südliche und nördliche Himmelsgegend erhalte. Hierauf nehme man den sechzehnten Theil des ganzen Um-fangs der Zirkellinie, stelle den Einen Schenkel des Zirkels auf den Punkt, wo die Mittagslinie in dieselbe fällt, und mache mit dem anderen Schenkel auf der Zirkellinie rechts und links Merkmale; und eben so, wie auf der Mittagsseite, verfahre man gleichfalls auf der Mitternachtsseite. Dann zielie man aus diesen vier Merkmalen durch den Mittelpunkt kreutzweis Linien von Einem bis zum anderen Ende des Umkreises — wodurch man die Figur — designatio — des Achtels der südlichen und nördlichen Weltgegend erhält — und ordne die übrigen Achtel, drey zur Rechten und drey zur Linken, dergestalt in dem Umkreise an, daſs acht gleiche Abtheilungen der Winde auf der Windrose — ventorum in descriptione — heraus kom-men. Alsdann lasse man von den Ecken aus, je zwischen zwey Windstrichen, so wohl die Straſsen, als Gassen laufen.

d. i. nach unserer Art zu rechnen um eilf Uhr Vormittags. Die Römer rechneten 12 Stunden für den Tag und eben so viel für die Nacht. Die erste Stunde des Tages fieng allemal mit Aufgang der Sonne an, die sechste war zu Mittage und die zwölfte endigte sich mit Sonnenuntergang. Folglich waren die einzelnen Tagesstunden für sich im Sommer länger und im Winter kürzer, als die Stunden der Nacht. Siehe mehr hievon unten B. IX. K. 5. (VIII.) Anmerkung.

Bey einer Anlage nach dieser Methode sind Wohnungen und Straſsen vor den beschwerlichen ungestümen Winden im Schutze; da sonst, wenn die Straſsen gerade gegen den Windstrich gerichtet sind, die aus dem freyen Raume kommenden Stürme, eingeengt in die Gassen, sie nur mit desto mehr Heftigkeit und Ungestüm durch-streichen. Aus diesem Grunde lege man daher die Straſsen so an, daſs alle Winde gegen die Ecken der freystehenden Quartiere — insulae — treffen, sich da brechen, zurückprallen und verfliegen.

Vielleicht wundern sich diejenigen, denen viele Namen der Winde bekannt sind, daſs ich ihrer nur acht angebe. Wenn sie aber erwägen: daſs der ganze Umfang des Erdkreises, nach dem Laufe der Sonne, nach der Äquinoctial-Länge des Schattenweisers — gnomon — und nach der Polhöhe — inclinatio coeli — mathema-tisch und geometrisch berechnet, — wie es Eratosthenes von Kyrene gethan hat — zweymal hundert und zwey und funfzig tausend Stadien, d. i. ein und dreyſsig Millionen und fünfmal hun- dert tausend Schritte beträgt; das Achtel dieses Umfangs also, wel-ches auf jeden Wind kommt, drey Millionen, neun hundert und sieben und dreyſsig tausend fünf hundert Schritte ausmacht; so dürfen sie sich nicht wundern, wenn ein in einem so groſsen Raume wehen-der Wind durch allerley zufällige Umstände und durch Beschaffen-heit und Lage der Länder, noch verschiedene Unterabtheilungen leidet. So pflegt zur Rechten und Linken des Südwinds der Süd-Drittel-Südostwind — Euronotus — und Süd-Drittel- Südwestwind — Altanus — zu wehen: des Südwestwinds, der Südwest-Drittel-Südwind — Libonotus — und Südwest-Drittel-Westwind — Subvesperus: — des Westwinds, der West-Drittel-Südwestwind — Argestes — und zu gewissen Zeiten West-Drittel-Nordwestwind — Etesiae: — zu den Seiten des Nordwestwinds, der Nordwest-Drittel-Westwind — Circius — und Nordwest-Drittel-Nordwind — Corus: — des Nordwinds, der Nord-Drittel-Nordwestwind — Thrascias — und Nord-Drittel-Nordostwind — Gallicus: — zur Rechten und Linken des Nordostwinds, der Nordost-Drittel-Nordwind — Super-nas — und Nordost-Drittel-Ostwind — Boreas: — des Ost-winds, der Ost-Drittel-Nordostwind — Carbas — und zu gewissen Zeiten der Ost-Drittel-Südostwind — Ornithiae: endlich aber auf beyden Seiten des Südostwinds, der Südost-Drit-tel-Ostwind — Caecias — und Südost-Drittel-Südwind — Volturnus. — Es giebt auch noch mehr Benennungen und Striche der Winde, welche von Orten, oder Flüssen, oder Bergen, aus deren Gegend jene herwehen, genommen sind; überdieſs auch die Mor-genluft. — aurae matutinae, — welche Morgens entsteht, wann die Sonne über den Horizont hervortritt, auf die Dünste der Atmo-sphäre, welche die Nacht erzeugt hat, trifft, sie durch die Heftigkeit ihrer Bewegung beym Emporsteigen aus ihrer Stelle treibt und durch den Druck den Wind hervorbringt, welcher, wenn er noch nach Sonnenaufgange fortdauert, aus Südosten kommt und, dieses seines Ursprungs wegen, von den Griechen εὺρος genannt worden zu seyn scheint. Auch soll der morgende Tag von den Morgenlüften αὔριον bey den Griechen heiſsen.

400 Jahre vor C.G. Die Alten unterschieden nicht wie wir 32, sondern nur 24 Winde; wir können also mit ihnen blos in der Benennung der 8 Hauptwinde übereinkommen. Sie nahmen z. B. zwischen dem Ost- und dem Nordostwinde nur zwey Winde, nehmlich Boreas und Carbas an und theilten folglich den Zwischenraum nur in drey Theile. Wir hingegen nehmen zwischen dem Ost- und dem Nordostwinde drey Winde an, nehmlich O{1/4} N.O., O.N.O., und N.O{1/4}O., und theilen also den Zwischenraum in vier Theile. Ich über-setze die Lateinischen Benennungen dieser Unterabtheilungen der Winde analogisch mit den Benennungen der Unterabtheilungen, welche bey uns üblich sind.

Einige behaupten zwar, Eratosthenes habe den Umfang der Erde unmöglich ganz genau berechnen — colligere — können; allein dem sey, wie ihm wolle, so ist dennoch die von mir hier angegebene Richtung der Winde darum nicht weniger zuverlässig; auch bleibt es immer gewiſs, daſs nicht alle Winde mit gleicher, sondern der Eine mit mehr, der Andere mit weniger Kraft, wehen.

Nachdem ich dieses also kürzlich vorgetragen habe, ſinde ich für gut, zum leichteren Verständnisse desselben, am Ende des Buches zwey Figuren — formae, — oder wie die Griechen sagen, σχήματα, beyzufügen. Die Eine zeigt bestimmt an, woher alle Winde kom- men; die Andere, wie ihrem schädlichen Ungestüm durch der Straſsen-und Gassenanlegung vorzubeugen sey.

Diese, so wie alle übrige Figuren, deren Vitruv gedenkt, daſs er sie jede@ Buche beygefügt habe, sind verloren gegangen und nicht auf uns gekommen.

Es sey auf einer waagrechten Fläche der Mittelpunkt in A; der vormittägige Schatten des Schattenzeigers in B. Aus diesem Mittel-punkte A ziehe man durch B eine Zirkellinie, setze den Zeiger wie-der an seine vorige Stelle und warte, bis Nachmittags der Schatten ab und wiederum so viel zunehme, daſs er dem vormittägigen Schat-ten an Länge gleich sey und die Zirkellinie in C berühre. Dann beschreibe man aus B und C zwey Zirkel, die einander kreutzweis in D durchschneiden. Hierauf ziehe man durch den Durchschnitt D und durch den Mittelpunkt A eine gerade Linie bis an den Rand der Zirkelfläche E und F; so wird diese Linie sowohl Norden, als Süden anzeigen. Sodann nehme man mit dem Zirkel das Sechzehn-theil des Umfangs der Zirkellinie, stelle den einen Schenkel des Zir-kels in E, wo die Mittagslinie die Zirkellinie berührt, und mache mit dem anderen Schenkel zur Rechten und Linken die Merkmale G und H. Desgleichen stelle man in Norden den einen Schenkel des Zirkels in F, wo die Mitternachtslinie die Zirkellinie berührt, und mache zur Rechten und Linken die Merkmale I und K, und von G zu K, von H zu I ziehe man durch den Mittelpunkt gerade Linien; so wird der Raum von G zu H der Strich des Südwindes und die mittägliche Weltgegend seyn; ingleichen der Raum von I zu K der Strich des Nordwindes und die mitternächtliche Weltgegend. Die übrigen Theile, drey zur Rechten und drey zur Linken, theile man gleich ein. Die Merkmale gen Osten bezeichne man L und M, gen Westen N und O, und von M zu O und von L zu N ziehe man kreutzweis Linien. So werden sich acht gleiche Windstriche im ganzen Umfange befinden.

Ist diese Zeichnung also verfertiget, so steht in jedem Winkel des Achtecks — octogonum — ein Buchstabe; von Süden anzufangen, zwischen dem Südost- und dem Südwinde G; zwischen dem Süd-und dem Südwestwinde H; zwischen dem Südwest- und dem West-winde N; zwischen dem West- und dem Nordwestwinde O; zwischen dem Nordwest- und dem Nordwinde K; zwischen dem Nord- und dem Nordostwinde I; zwischen dem Nordost- und dem Ostwinde L; und endlich zwischen dem Ost- und dem Südostwinde M. Hierauf stelle man zwischen die Winkel des Achtecks den Schattenzeiger, richte darauf die Hauptstraſsen und theile die Gassen ab.

SIEBENTES KAPITEL. Wahl der zum öffentlichen Gebrauche bestimmten Orte.

Nachdem man die Gassen abgetheilt und die Straſsen angelegt hat, sind die Plätze — area — zur öffentlichen Bequemlichkeit und zum öffentlichen Gebrauche, das heiſst, zu den Tempeln, dem Markte und den übrigen öffentlichen Orten zu wählen.

In einer Seestadt muſs der Marktplatz nahe beym Hafen, in einer Landstadt aber im Mittel der Stadt gewählt werden.

In Ansehung der Tempel, so ist den vorzüglichen Schutzgott-heiten der Städte, dem Jupitér, der Juno, der Minerva, an einem sehr erhabenen Orte, von wo man den gröſsten Theil der Stadt übersehen kann, der Platz zu bestimmen. Dem Merkur auf dem Markte, oder auch, wie der Isis und dem Serapis, auf dem Stapel oder Handelsplatz — emporium. — Dem Apollo und Bacchus beym Theater. Dem Herkules — an Orten welche weder Gymnasium noch Amphitheater haben — bey der Rennbahn — Circus . — Dem Mars auſser der Stadt, jedoch auf flachem Felde: und so ebenfalls der Venus, am Thore; also ist es auch den Hetruscischen Weissagern in den Schriften ihrer Kunst anempfohlen. Die Tempel der Venus, so wie die des Vulkans und des Mars — heiſst es darinnen, sind deshalb auſserhalb der Stadt zu errichten, damit in der Stadt nicht unter den jungen Leu-ten und Weibern der Hang zur Unzucht einreiſse: Indem des Vul-kans Gottheit durch Gebet und Opfer aus der Stadt heraus gerufen wird, werden die Gebäude vor der Furcht vor Feuersbrünsten ge-sichert. Dadurch aber, daſs dem Gotte Mars Tempel auſserhalb der Stadt gewidmet werden, wird Zwietracht keine Bürgerkriege erre-gen, sondern, durch Sicherheit vor Feinden und vor Kriegsgefahren wird die bürgerliche Wohlfahrt befördert werden.

Siehe unten B. V. K. 11. Anmerk. Zu verwundern ist es, daſs Vitruv keine Anweisung zur Erbauung sowohl der Amphitheater als der Rennbahnen gegeben hat. Sollte es nicht vielleicht daher kommen, weil diese beyde Arten der Gebäude bey den Griechen nicht üblich waren; Vitruv aber im Grunde nur die Griechische Baukunst zum Gegenstande hat? Übrigens war ein Amphi-theater ein Schauplatz zu Fechterspielen und Thiergefechten, in einer ovalen Gestalt, und

Auch der Ceres Tempel stelle man auſserhalb der Stadt, an einen Ort, den die Leute nicht anders, als beym Opfern besuchen, weil Andacht und reine, keusche Sitte da wallten muſs. Übrigens sind die Tempelplätze den Opfer-Ceremonien der Götter angemessen einzurichten.

rings umher mit Sitzen umgeben. Der mittlere Kampfplatz hieſs Arena. Das erste Am-phitheater wurde im 709ten Jahre Roms vom Julius Cäsar errichtet; aber nur von Holz, und wieder abgetragen, nachdem es gebraucht worden war. Das erste bleibende Amphitheater zu Rom aber scheint das vom Statilius Taurus auf Augusts Antrieb erbauete, gewesen zu seyn. Es kann jedoch nicht ganz von Stein gewesen seyn, da es beym Brande des Nero durch die Flammen verzehrt wurde. Das erste steinerne Amphi-theater lieſs Titus bauen, dessen ansehnlicher Überrest, unter dem Namen Coliseo, noch jetzt eine der gröſsten Denkwürdigkeiten Roms ist. Siehe von den .Amphitheatern Lipsii de Amphitheatro liber. Vom Circus siehe unten B. VI. zweyte Beylage, Anmerk. Ich lese caeterum, statt caeterisque.

Zu der Einrichtung und dem Ebenmaaſse der Tempel selbst werde ich im dritten und vierten Buche Anweisung geben; da ich im zweyten von den Baumaterialien, ihren Eigenschaften und ihrem Gebrauche zu handeln Willens bin.

Dem Verhältnisse der Gebäude, den Ordnungen — ordines — und jeder einzelnen Gattung des Ebenmaaſses bestimme ich gleich-falls eigene Bücher.

Anstatt arearum, lese ich earum.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST ZWEYTES BUCH.
VORREDE.

Als Alexander in der Eroberung der Welt begriffen war, reiste der Baukünstler Dinokrates im Vertrauen auf seine Entwürfe und Kunst, und in der Absicht dem Könige bekannt zu werden, zur Armee. Er nahm von Hause Briefe von seinen Verwandten und Freunden an die vornehmsten Hofleute mit, um sich dadurch desto leichter Zutritt zu verschaffen; wurde auch von diesen höflich auf-genommen, und bat sie, ihn je eher je lieber dem Alexander vor-zustellen. Inzwischen trotz ihres Versprechens zögerten sie dennoch in Erwartung eines günstigen Augenblicks. Dinokrates glaubte sich daher von ihnen verspottet, und suchte sich selbst zu helfen.

Er war von groſser Statur, angenehmer Gesichtsbildung, schö-nem Wuchse, und hatte einen edeln Anstand. Auf diese Naturgaben sich verlassend, legt er seine Kleider im Gasthause ab, salbt sich den Körper mit Öhl, umkränzt das Haupt mit Pappellaube, bedeckt die linke Schulter mit einer Löwenhaut, nimmt in die rechte Hand eine Keule, und so stellt er sich dem Tribunale gegenüber, wo der König eben Recht sprach.

Andere lesen Dinochares, auch Demokrates, Stasikrates, Chinokra-tes, und Chiromokrates.

Die Neuheit des Aufzugs machte, daſs alles Volk sich so gleich nach ihm hinwandte. Hiedurch bemerkt ihn Alexander, läſst voller Verwunderung Platz machen, und ihn herzu treten, und fragt ihn, wer er sey? “Ich bin, antwortet er, der Baukünstler Di-nokrates aus Macedonien; ich bringe Dir Entwürfe und Zeich-nungen, die Deines Ruhms würdig sind. Ich habe den Berg Athos in Gestalt einer männlichen Bildsäule vorgestellt, welche in der lin-ken Hand eine groſse Stadt hält, in der rechten aber eine Schale, welche die Gewässer aller auf diesem Berge befindlichen Flüsse auf-fängt, um sie in das Meer zu gieſsen.

Der Gedanke gefiel dem Alexander, und er erkundigte sich so fort, ob auch Ackerland genug umher liege, welches die Stadt hinlänglich mit Getreide versehen könne? Als er aber fand, daſs sie bloſs von der Zufuhre zu Wasser würde leben müssen, so sagte er:

“Ich gestehe, Dinokrates, Dein Gedanke ist vortrefflich, und er gefällt mir. Allein, ich sehe ein, daſs, wenn man an einem solchen Orte eine Pflanzstadt anlegte, man sich den Vorwurf des Mangels an Überlegung zuziehen würde. Denn, so wie ein neuge-bornes Kind nicht ohne die Milch der Amme ernährt, noch zu höhern Stufen des Lebens aufgebracht werden kann: eben so wenig vermag auch eine Stadt ohne Ackerland und Überfluſs an Feldfrüchten weder zu gedeihen und volkreich zu werden, noch seine Einwohner zu erhalten. So sehr ich daher Deine Vorstellung billige; so sehr miſs-billige ich den Ort zur Ausführung derselben. Jedoch behalte ich Dich bey mir, um mich Deiner Hülfe sonst zu bedienen. ”Von nun an verlieſs Dinokrates den König nicht; auch nach Ägypten folgte er ihm. Hier bemerkte Alexander den von Natur sichern Hafen mit dem herrlichen Stapel — emporium — sammt den, über ganz Ägypten verbreiteten Kornfeldern und den unsäglichen Vortheilen des ungeheuren Nilstroms — und lieſs von ihm Ale-xandria, nach seinem Nahmen anlegen.

So empfohl sich Dinokrates durch Gesichtsbildung und kör-perlichen Anstand, und gelangte zu jenem groſsen Ruhm.

Was mich anlangt, o Kaiser, mich hat die Natur mit keiner vorzüglichen Leibesgestalt begabt; Alter hat mein Antlitz entstellt, und Krankheit mir die Kräfte geraubt. Von dieser Seite also aller Fürsprache entblöſst, wünsche ich wenigstens mir mit der Hoffnung schmeicheln zu dürfen, durch Hülfe meiner Wissenschaft und Schrif-ten mich zu empfehlen.

Im ersten Buche habe ich von den Eigenschaften eines Bau-künstlers und von der Baukunst im Allgemeinen, ingleichen von den Ringmauern und der Anordnung der Baustätten innerhalb derselben geredet. Der Ordnung nach sollte nun folgen, wie Tempel nebst öffentlichen und privat Gebäuden in Ansehung des Verhältnisses und Ebenmaaſses einzurichten seyn; allein ich finde für gut, zuvor erst von den Baumaterialien — copiae materiae, — den verschiedenen Arten des Mauerwerks, den mancherley Gattungen des Bauholzes und desselben mannichfaltigen Eigenschaften beym Gebrauche, ingleichen von den Bestandtheilen woraus sie von Natur zusammen gesetzt sind, zu handeln. Bevor ich jedoch von jenen Gegenständen zu sprechen anfange, will ich noch der verschiedenen Baumethoden, und des Ur-sprungs und Fortgangs derselben erwähnen; will die alte Spur der Natur der Dinge, wie auch derjenigen verfolgen, welche den Anfang der menschlichen Gesellschaft nebst den ersten Erfindungen erforscht und in Schriften aufbehalten haben; und will vortragen, was ich dar-aus erlernt habe.

Dinokrates soll auch den durch Herostratus verbrannten Tempel der Diana zu Ephesus wieder erbauet haben. Auch erzählt Plinius XXXIV. 42. Dinokra-tes habe das Gewölbe des Tempels, welchen Ptolemäus Philadelphus seiner verstorbenen Gemahlin Arsinoe erbauen lassen wollte, aus Magnetstein zu verfertigen angefangen, daſs darunter Arsinoens eiserne Statue in der Luft zu schweben scheinen möchte; allein vor Vollendung des Baues sey sowohl der König als der Baukünstler gestorben.
Anstatt quibusque rerum natura principiis esset temperata, lese ich quibusque earum natura principiis etc. Diese Leseart wird durch den Inhalt des folgenden neunten Kapitels gerechtfertiget.
ERSTES KAPITEL. Ursprung der Häuser.

Die Menschen wurden vor Alters, gleich den wilden Thieren, in Wäldern und Höhlen geboren, und lebten von wilden Gewächsen.

Einsmals schüttelte irgendwo Sturm und Ungewitter die dicht stehenden Bäume so sehr, und rieb ihre Zweige so hart an einan-der, daſs sie in Brand geriethen. Erschreckt von der Heftigkeit der Flamme, entflohen erst die Bewohner der Gegend. Nachher, als des Feuers Ungestüm nachgelassen, naheten sie sich demselben; be-merkten daſs die Wärme dem Körper sehr behaglich sey; unterhiel-ten sie durch angelegtes Holz, und holten noch andere mehr herbey, denen sie durch Geberden zu verstehen gaben, welchen Nutzen sie davon hatten.

In dieser Versammlung brachten die Menschen mancherley Töne vermittelst des Athems hervor, welche sie im täglichen Gebrauche als Benennungen derjenigen Dinge, bey welchen sie zuerst vorgekommen waren, beybehielten. Indem sie darauf sich öfters die gewöhnlich-sten Dinge bezeichneten, ſiengen sie nach und nach von selbst zu reden an. So schufen sie unter einander die Sprachen.

Als sehr lesenswerth empfehle ich dem Leser, was über diesen Gegenstand W. Hodges in seinen Reisen durch Ostindien während der Jahre 1780, 1781, 1782, und 1783 (aus dem Engl. übers. Hamburg, 1793.) Seite 75—93, sagt.

Als nun, bey Gelegenheit der Erfindung des Feuers, unter den Menschen erst Zusammenkünfte, Umgang und Gesellschaft entstan-den, und mehrere sich an Einem Orte versammelten; der Mensch auch überhaupt von Natur vor den übrigen Thieren den Vorzug hat, daſs er nicht gebückt, sondern aufrecht einhergeht und der Welt und Gestirne Pracht anschauet, ingleichen vermittelst der Hände und Gelenke zu jeder Arbeit Geschick hat; so fingen sie an, die Einen aus Laube Obdächer zu machen, die Andern Höhlen unter Bergen zu graben, und noch andere, in Nachahmung der Schwalben in dem Baue ihrer Nester, aus Lehm oder Reisern Hütten zu ihrer Wohnung zu verfertigen. Einer stellte darauf über des Anderen Bau Beobachtungen an, und nutzte diese zu neuen Zusätzen bey seinen eigenen Gedanken; und so kamen von Tage zu Tage bessere Arten von Wohnungen zum Vorscheine. Denn die Menschen sind nach-ahmerischer und gelehriger Natur; indem sie sich täglich der ge-machten Erfindungen rühmten und sich unter einander die Wirkun-gen ihrer Gebäude zeigten, übte sich ihr Geist durch Wetteifer, und ihr Geschmack ward mit jedem Tage besser.

Zuerst errichtete man Gabelhölzer — ſurcae, — flocht Reiser — virgultae, — darzwischen und bekleibete die Wände mit Lehm. Darauf trockneten einige Lehmstücke und erbaueten davon, vermit-telst Fachwerks — jugumentantes, — Wände, welche sie zum Schutz vor Regen und Sonnenhitze mit Schilf — harundines — und Laube bedeckten. Als aber nachmals während des Winters dieses flache Dach den Regen nicht abhielt, errichteten sie Giebel — fastigia, — überzogen diese mit Lehm, und leiteten, indem sie die Dächer schräg machten, die Traufe ab.

Daſs die ersten Gebäude wirklich den hier angegebenen Ursprung gehabt haben mögen, läſst sich daraus abnehmen, daſs noch heutiges Tages bey auswärtigen Nationen die Häuser aus dergleichen Mate-rialien erbauet werden; z. B. in Gallien, Spanien, Lusitanien, Aquitanien, aus eichenen Schindeln — scandula, — oder Stroh. Bey den Colchiern, in Pontus, wo ein groſser Überſluſs an Holz ist, legt man Bäume der Länge nach rechts und links platt auf die Erde, indem man so viel Zwischenraum läſst, als die Bäume lang sind. Auf die äuſsersten Enden derselben legt man wieder andere Bäume in die Quere, und schlieſst also den inwendigen Raum der Wohnung ein; sodann errichtet man über diesen auf den vier Seiten wechselsweise gelegten Stämmen an den Ecken Ständer mit Blattstücken — angulos jugumentantes, — führt die Wände aus Bäu-men vertikal bis oben hinauf, und erbauet also hohe Thürme, deren Zwischenräume zwischen den Stämmen, welche der Dicke der Stämme gleich sind, man mit Spänen — schidiae — und Lehm verstopft. Auf gleiche Weise verfertiget man das Dach, indem man immer von den äuſsersten Enden der Spannriegel — transtra — etwas abschneidet; so daſs sie stufenweise je kürzer und kürzer werden, bis alle vier Seiten oben im Mittel, gleich einer runden Pyramide, sich in einer Spitze endigen; man bedeckt sie alsdann mit Laub und Lehm, und vollendet ist ein auf barbarische Art verfertigtes gewölbtes Thurm-dach — testudinata turrium tecta.

Die Phrygier hingegen, welche in Ebenen wohnen, welche Man-gel an Waldung haben, wählen natürliche Hügel, höhlen diese im Mittel aus, graben Eingänge — itinera — hinein, und geben dem innern Raume so viel Ausdehnung, als es immer die Beschaffenheit des Orts zuläſst. Oben darüber errichten sie aus unter einander ver-bundenen Pfählen eine Kegelsäule — meta, — welche sie mit Stroh oder Schilf decken und mit Erde überhäufen. Bey dieser Einrich-tung ihrer Häuser wohnen sie im Winter sehr warm, im Sommer aber sehr kühl. Einige Völker verfertigen aus Rietgras bedeckte Hütten — tugurium. — Auch noch bey anderen Nationen und in manchen anderen Ländern herrscht dieselbe oder doch ähnliche Bau-art der Hütten — casa. — Nicht minder sieht man zu Massilien Häuser, welche mit Lehm, worein Spreu geknetet, gedeckt sind. Zu Athen ist als Denkmal des Alterthums noch bis auf den heutigen Tag das lehmerne Dach des Areopagus vorhanden. Ingleichen macht auf dem Capitolinischen Berge in der heiligen Burg die mit Stroh gedeckte Hütte — casa — des Romulus die Sitte der Vor- zeit erinnerlich und anschaulich. Man kann daher aus allen diesen Beyspielen mit Grunde schlieſsen, daſs es sich also mit der ersten Erſindung der Gebäude verhalten habe.

Es erhielten aber nicht allein die Hände durch tägliche Arbeit mehr Fertigkeit im Bauen, und gelangten fähige Köpfe durch bestän-dige Übung zu allerley Kunstkenntnissen; sondern es erwachte auch in den Gemüthern ein Ehrgeitz, der diejenigen, welche sich vor anderen hervorthaten, antrieb, sich Meister — faber — zu nennen; und so giengen von jenem ersten Anfange an die Menschen — welche die Natur nicht nur, gleichwie die Thiere, mit Sinnen ge-schmückt, sondern auch mit Nachdenken und Klugheit ausgerüstet, und ihrer Macht alle übrigen Thiere unterworfen hat — immer wei-ter und weiter von Verfertigung der Gebäude zu den übrigen Künsten und Wissenschaften fort. So gelangten sie von einem wilden, rohen Leben zu einer milden, verfeinerten Humanität. Itzt, kühn sich entwickelnd, und gröſsere Gedanken aus den mannichfaltigen Künsten schöpfend, fiengen sie an, nicht mehr Hütten, sondern Häuser aus Zie-geln oder anderen Steinen aufzuführen, und mit Holz und Dachstei-nen zu decken. Erfahrung läuterte darauf je mehr und mehr den Geschmack, und lehrte ihn, die bisher ungewissen Verhältnisse be-stimmen. Endlich, als man entdeckte, daſs die Natur Holz und Bau-materialien jeder Art in Fülle darbiete, machte man davon Gebrauch, suchte diesen Vorrath nicht allein zu erhalten, sondern auch durch Kunst zu vermehren, bis zuletzt Üppigkeit denselben zur Zierde und Verfeinerung des Lebens anzulegen wuſste. Ich werde daher von allen denjenigen Dingen, welche zum Bauen dienlich sind, von ihrer Beschaffenheit und von ihren Eigenschaften handeln.

Auf der anderen Spitze des Berges, welche dem Capitol gegen über war, lag das Schloſs oder die eigentliche Burg. Die Curia Calabra befand sich auf dieser Spitze, und dicht dabey eine schlechte Wohnung, mit Stroh gedeckt, welche man für die Hütte des Romulus — casa Romuli — ausgab. Sie hatte sich bis auf die Zeiten Augusts erhalten, da sie ein Raub der Flammen und nicht wieder aufgebauet ward. Auch Virgil, Aeneis VIII. v. 654@, und Ovid, Fast. III. v. 189. erwähnen dieser Hütte.

Sollte jedoch jemand diesem Buche seinen Platz streitig machen wollen, und wähnen, es müsse gleich zu Anfange stehen; so habe ich zu meiner Rechtfertigung folgendes anzuführen. Mein End-zweck ist, ein vollständiges Werk über die Baukunst zu schreiben; ich glaube also zuerst anzeigen zu müssen, mit welchen Kenntnissen und Wissenschaften sie ausgeschmückt sey, und ihre Gattungen und ihr Wesen auseinander zu setzen, um dann zu bestimmen, welche Eigenschaften von einem Baukünstler zu fordern sind. Ich spreche daher im ersten Buche vom Zwecke der Kunst; in diesem aber von den Mitteln derselben, d. i. von den natürlichen Materialien und deren Gebrauch. Denn dieses Buch handelt keineswegs vom Ur-sprunge der Baukunst, sondern bloſs vom Ursprunge der Gebäude und deren Fortgang und stufenweiser Vervollkommnung, bis zur gegenwärtigen Vollendung; und also steht es der Ordnung gemäſs hier an seinem rechten Orte.

Anstatt e quibus rebus esset nata, lese ich e quibus rebus constet; weil im ersten Buche sich kein Kapitel befindet, das erstere, wohl aber eins, das letztere Überschri@t führt.

Ich kehre zu meinem Vorhaben zurück. Ich will von den Materialien, welche zum Bauen brauchbar sind, handeln, und auf welche Weise sie, meines Dafürhaltens, von der Natur hervorge-bracht werden, und in welcher Maaſse die vereinigten Bestand-theile derselben mit einander vermischt seyn, meinen Lesern deut-lich zu machen suchen. Denn keine Art weder der Materialien, noch der Körper, noch der Dinge überhaupt, kann ohne Ver-bindung der Urstoffe entstehen, noch auch gedacht werden. Auch vermag man die Natur der Dinge nach den Grundsätzen der Natur-lehrer nicht anders richtig zu erklären, als wenn man die Bestand-theile derselben, und dieser Verhältniſs zu einander, nebst der dar-aus entstehenden Wirkung auf das scharfsinnigste erforscht.

ZWEYTES KAPITEL. Urstoff der Dinge nach der Meinung der Philosophen.

Thales hält das Wasser für den Urstoff aller Dinge: Heraklit von Ephesus, der wegen der Dunkelheit seiner Schriften bey den Griechen σκοτεινὸς (der Dunkle) heiſst, das Feuer: Demokrit und dessen Nachfolger Epikur, die Atomen, d. i. unzertrennbare, oder untheilbare Körper. Die Pythagorische Sekte fügt zu Wasser und Feuer noch Luft und Erde — terrenum — hinzu; inzwischen, obgleich Demokrit nicht ausdrücklich diese Dinge nennt, so sagt er dennoch, meines Erachtens, im Grunde ganz das nehmliche, in-dem er unzertheilbare Körper annimmt; weil, sobald jene gesondert sind, sie gleichfalls weder Veränderung, noch Zersetzung, noch Zertrennung zulassen, sondern in alle Ewigkeit eine endlose Festig-keit behalten.

Siehe Buch I. Kap. 4. und Buch VIII. Vorrede.

Da nun aus der Verbindung dieser Urstoffe alle Dinge entste-hen und hervorgebracht werden; und diese von Natur in unendliche Gattungen unterschieden sind; so glaube ich von ihrer Mannichfal-tigkeit, von ihrem verschiedenen Gebrauche und von ihren Eigen-schaften beym Bauen handeln zu müssen; damit man sie kennen möge, und diejenigen, welche zu bauen gedenken, sich nicht irren, sondern die allerbrauchbarsten Materialien zu ihren Gebäuden an-schaffen.

DRITTES KAPITEL. Ziegel.

Zuerst will ich von der Erdart handeln, woraus die Ziegel zu streichen — ducere — sind.

Man muſs die Ziegel weder aus sandigem, noch steinigem — calculosus, — noch griesigem — sabulosus — Lehme verfertigen; denn, wenn sie aus irgend einer dieser Lehmarten gestrichen werden, so sind sie erstlich schwer, und dann werden sie, wenn sie der Regen in den Mauern benetzt, abgewaschen und aufgelöſst; auch verbinden sich diese Lehmarten, wegen ihrer Magerkeit — asperitas, — nicht mit der hineingemengten Spreu — paleae. — Man verfertige sie aus weiſslicher, kreidiger, oder rother Erde; oder allenfalls auch aus männ-lichem Sande — masculus sabulo; — denn diese Erdarten haben, ihrer Fettigkeit — levitas — wegen, viel Festigkeit, drücken die Gebäude nicht durch ihre Last, und lassen sich gut kneten — aggerere.

Ich lese mit anderen, anstatt leguntur — laeduntur. Es erhellt aus dem Folgenden, daſs hier bloſs von rohen, ungebrannten Ziegel@ die Rede ist.

Man streiche sie im Frühjahre und Herbste, damit sie gleich mäſsig — uno tenore — trockenen; denn die, so in der Sonnenwende gestrichen werden, haben den Fehler, daſs sie von der heftigen Son-nenhitze äuſserlich eine Kruste bekommen und trocken scheinen, wann sie innerlich noch feucht sind; daher sie denn bey fernerem Trockenen schwinden, wodurch dasjenige, so bereits trocken war, springt, sie Risse bekommen, und unbrauchbar werden.

Am allerbrauchbarsten sind die Ziegel, welche zwey Jahr zuvor gestrichen worden sind; denn eher können sie nicht durchaus trocken seyn. Vermauert man sie aber, wenn sie noch weich und nicht ganz trocken sind, so können sie, während daſs die Bekleidung — tectorium — womit sie überzogen worden, fest stehen bleibt, sie selbst aber sich set-zen — sidere, — nicht die nehmliche Höhe als die Bekleidung behalten; sie lassen also von derselben durch die Bewegung beym Schwinden ab, und trennen sich davon. Die Bekleidung aber ist zu dünn, als daſs sie für sich selbst bestehen könnte, wenn sie von der Mauer abgesondert ist; sie zerspringt also; auch bekommt die Mauer selbst Risse, indem sich Ein Theil derselben mehr senkt als der andere. Aus diesem Grunde dürfen zu Utika die Ziegel nicht eher vermauert werden, als bis sie von einer Obrigkeitlichen Person besichtiget und, als vor fünf Jahren gestrichen, trocken befunden worden sind.

d. i. grober, hartkörniger, mit Thon vermischter Sand, der sich durch Reiben nicht kleiner machen läſst.

Es giebt drey Arten der Ziegel. Die erste, welche die Griechen Lydion nennen, ist die bey uns übliche, anderthalb Fuſs lang und Einen Fuſs breit. Der beyden übrigen Arten bedienen die Grie-chen sich zu ihren Gebäuden. Eine derselben heiſst Pentadoron und die andere Tetradoron. Doron nennen die Griechen die flache Hand, die Querhand; und dieserhalb auch ein Geschenk, weil solches gewöhnlich auf der flachen Hand dargebracht wird. Der Ziegel nun, welcher fünf Querhände ins Gevierte hat, heiſst Pentadoron; und der, welcher vier hat, Tetradoron. Aus Pentadoron werden öffentliche, aus Tetradoron aber Privatge-bäude erbauet.

Von jeder dieser Arten werden auch Halbziegel — semi- lateres — gestrichen. In den Mauern legt man diese wechselsweise mit den ganzen Ziegeln zum Anfange der Steinreihen — ordines. Da man die Reihen genau nach der Schnur — ad lineam — legt, so entsteht durch diese wechselnden Lagen — coria — die Verbindung der Mauer — alligantur parietes; — denn der Steine Mittel trifft allemal auf eine Fuge — coagmentum, — wodurch das Ganze nicht allein Festigkeit, sondern auch gefälliges Ansehen gewinnt.

Anstatt der gewöhnlichen Leseart: unum quod graece didoron appellatur, id est, quod nostri utuntur, longum pede, latum semipede — welche in sich selbst einen Widerspruchenthält, — denn didoron heist zwey Querhand, d. i. {1/2} Fuſs, und dennoch soll der Ziegel 1 Fuſs lang und {1/2} Fuſs breit seyn; — lese ich mit den beyden Vaticanischen Handschriften, welche Galiani verglichen hat: — Lydion — longum sesqui pede, latum pede. Diese Leseart stimmt auch fast wörtlich mit dem Plinius B. XXXV. K. 49. überein. “Es giebt drey Sorten von Ziegeln. Die Lydi-“sche, deren wir uns bedienen, ist anderthalb Fuſs lang und Einen breit.” New-ton, Vol. II. Appendix, will entweder Lydoron, oder Polydoron lesen. Vitruv erwähnt der Dicke der Ziegel nicht. Die Alten machten die Ziegel dünn, nicht viel dicker, als Dachsteine, wie man aus alten Überbleibseln sieht. Barbaro, Alberti, and some others, have supposed these half bricks were made dividing the whole brick diagonally, so that they become triangular; of which kind some are still to be seen in the remains of the walls of Rome, in that part parti-

Die Ziegel, welche zu Calentum und Maxilua im jenseiti-gen Spanien, und zu Pitana in Asien gestrichen werden, schwim- men, wenn sie trocken sind — arefacti, — auf dem Wasser. Wahr- scheinlich schwimmen sie darum, weil die Erde, woraus sie gemacht werden, bimssteinartig ist; da diese nun leicht ist, so läſst sie weder, noch zieht sie, wenn sie an der Luft getrocknet ist, Feuchtigkeit ein, und muſs also, vermöge dieser leichten und löcherigen Beschaffen-heit, und vermöge der Eigenschaft, daſs sie keine Feuchtigkeit in sich eindringen läſst, der Natur der Dinge nach nothwendig, von welchem Gewichte sie auch immer seyn möge, gleich wie der Bims-stein, vom Wasser empor gehalten werden. Dergleichen Ziegel sind von groſsem Nutzen, weil sie weder durch Schwere die Gebäude drücken, noch bey der Verfertigung durch die Witterung aufgelöſst werden.

cularly which was built by the emperor Aurelian; but it is evident that Vitruvius does not here mean that triangular sort, but a quadrilaterally; for he speaks of their ap-pearing to be laid in the wall with alternate faces outward; thereby implying that the faces were of different dimensions, which is not the case of the two sides of such triangular bricks. The diagonal side is indeed of a different dimension from the other two; but it cannot be probably supposed that Vitruvius means that side to be used alternately with the others; its measure being so disproportionate and incongruous to the square sides, that they can never be made to agree together in any regular order. Newton’s Vitruvius, p. 27. Vol. I. Ich berichtige diese Stelle mit Harduin (in den Noten zum Plinius) nach Pli-nius XXXV. 49. und anstatt wie gewöhnlich et in Galliis Massilia etc. lese ich mit ihm et Maxilua etc. Plinius sagt in angezogener Stelle: “Zu Pitana in Asien und in den Städten des jenseitigen Spaniens zu Maxilua und Calentum werden Ziegel gemacht, welche, so bald sie getrocknet sind, im Wasser nicht sinken. Sie werden aus einer bimsteinartigen Erde verfertiget, die sich kneten läſst und von groſsem Nutzen ist.” Massilien war den Römern zu bekannt, als daſs wir nicht weit umständlichere Nachrichten davon haben sollten, falls sich auch daselbst eine Erdart von so ganz beson-derer Beschaffenheit befunden hätte. Übrigens waren Maxilua und Calentum Städte im heutigen Andalusien. Letztere heiſst gegenwärtig Cazalla, und liegt nicht weit von Alanis. Auch Strabo erwähnt der schwimmenden Ziegel zu Pitana. “Bey Pitana — sagt er im 13. Buche — sollen die Ziegel auf dem Wasser schwimmen. Ein Glei-ches geschieht ebenfalls in Etrurien auf einer gewissen Insel; denn, weil die Erde, woraus sie gemacht sind, leichter als das Wasser ist, so kann dieses dieselben tragen. Posidonius erzählt, et habe Ziegel, welche aus einer gewissen Kreide, womit man übersilberte Sachen putze, verfertiget worden, schwimmen sehen.” Diese Nachricht Strabo’s veranlaſste Herrn Fabbroni zu Pisa, Untersuchungen zur Auffindung der Erdart anzustellen, woraus dergleichen schwimmende Ziegel verfertiget worden. Das Resultat dieser Untersuchungen hat er in einer Vorlesung, (welche, von Hrn. Remer übersetzt, in Krells Chemische Annalen 1794. B. 2. St. 9. eingerückt ist), der königl. Gesellschaft der Freunde des Ackerbaues zu Florenz 1791 vorgelegt. Er glaubt jene Erdart in dem Bergmehl, einer weichen, leichten und flockigten Erde, die in der Nachbarschaft von Santo Fiora im Sienischen gefunden wird, entdeckt zu haben. Von dieser Erde hat er Ziegel gebildet, die 7 Zoll lang, 4 {1/2} breit, und 1 Zoll 8 Linien (Pariser Maaſs) dick sind, und die gebrannt und roh vortrefflich auf dem Wasser schwim-men, wie er in Gegenwart der Zuhörer durch einen Versuch erwiesen hat. “Ausser dem Nutzen — sagt er — den man von diesen schwimmenden Backsteinen hätte bey der Erbauung von geräumigen Gewölben, bey der Errichtung von Theilungsrän-den in den Stockwerken, und auf den Souterrains, wären sie auch wohl nicht zu verach-ten, um auf den Schiffen mit ihnen zu bauen. Vielleicht erbauete man aus ihnen die Thürme, die auf dem vorderen Hintertheile der alten Schiffe errichtet zu werden pflegten, und vielleicht bestimmte und brauchte man sie bloſs zu diesem Zwecke, und eben daher ist es vielleicht gekommen, daſs wir keine Überreste davon haben. Das berühmte und ungeheure Schiff, welches Hiero von Sicilien dem Könige von Ägypten schickte, und auf welchem Bogengänge, Gallerien, Säulen, Bäder, Garten, Fischereyen, weite Cister-nen und Ställe befindlich waren, muſs groſsentheils aus dieser Art von Materialien, die nachher, wie man liest, mit mosaischer Arbeit, Achat und dergleichen, ausgelegt waren, errichtet gewesen seyn. Wahrscheinlich war auch das prächtige Schiff, welches Ptolemäus auf dem Nil hatte, auf diese Weise erbauet. Auf unseren Schiffen könnten wir das Pul-vermagazin oder die Santaberbera, wie man es nennt, weder aus leichteren noch aus siche-rern Materialien errichten, als dieses ist. Eben so könnte man auch die Küche des Schiffs auf gleiche Weise erbauen, so wie ferner einen jeden Ort im Schiffe, wo man Feuersge-fahr befürchten könnte. Diese Erde ist ein sehr langsamer Leiter für die Hitze, und ich wagte es fast, aus einem Versuche, der im Kleinen gemacht ist, vorher zu sagen, daſs ein zufälligerweise in Brand gerathenes Schiff, bis auf den letzten Stab von Holz ausbrennen könnte, ohne daſs die immer schreckliche Explosion des Pulvers erfolgen würde. Welchen Gebrauch man nun auch von diesen Backsteinen auf den Schiffen machen würde, so hätte man immer den beträchtlichen Vortheil, daſs sie leichter würden, als wären sie aus einer eben so groſsen Menge Holz erbauet, und sie würden in vielen Fällen das Übrige vor der Zerstörung durch das Feuer schützen. — Wie viel einfacher und sicherer wäre nicht der
Bau der schwimmenden Batterien vor Gibraltar ausgefallen, wenn sie inwendig mit unseren Backsteinen bekleidet gewesen wären, die sie fast unverbrennlich und leichter gemacht haben würden. — Wenn dieses — heiſst es endlich am Schlusse — auch immer zu der Zahl der bloſs erweislichen Arten der Anwendung gehört; so habe ich doch den Versuch gemacht, und nicht unglücklich, eine Thatsache zu erklären, die, obgleich von wunder-vollem Anscheine, es wohl fähig, die Neugierde eines jeden zu erregen, dennoch bis itzt bey der unzähligen Menge von Untersuchungen der zahlreichen Commentatoren des Vi-truvs, Strabo und Plinius, unberührt geblieben war.” Dieses arefacti erklärt Hr. Fabbroni entweder für eine Nachlässigkeit Vitruvs, oder für eine Treulosigkeit der Abschreiber (daſs jedoch beydes der Fall nicht seyn könne, zeigt die Folge); weil jeder wisse, daſs rohe Erde früher oder später sich mit Wasser an-fülle und in demselben zerfalle oder aus einander gehe; so daſs es also ein thörichter Ver-such und ein geringer Gewinn gewesen wäre, die Ziegel unter diesen Umständen schwim-mend zu finden. Er behauptet, die Ziegel hätten gebrannt werden müssen; und in dieser Rücksicht will er des Strabo’s πλινθος für nichts anders als Brandsteine gelten lassen. Ich gestehe, daſs ich nicht recht weiſs, was Hrn. Fabbroni zu dieser Behaup-tung zwingt, da, nach seinem angeführten Versuche, auch seine eigene, aus Bergmehl verfertigte, Ziegel roh auf dem Wasser schwimmen. Vitruv erwähnt des Schwimmens der Ziegel zu Pitana u.s.w. nur als einen Beweis ihrer Leichtigkeit, und also ihrer vorzüg-lichen Brauchbarkeit bey Gelegenheiten, wo es darauf ankam, die zu tragende Last eines Gemäuers zu erleichtern. Wenn er beobachtet, daſs sie keine Feuchtigkeit eindringen lassen, wenn sie gehörig an der Luft getrocknet worden, so ist dieſs wohl nur von der Feuchtigkeit der Atmosphäre zu verstehen; nicht aber, wie es Herr Fabbroni nach der Strenge zu nehmen scheint, wenn man sie in das Wasser lege.
VIERTES KAPITEL. Sand — arena. —

Bey dem Mauerwerke aus Bruchsteinen kommt es hauptsächlich auf den Sand an, daſs dieser zum Kalkmengen tauge, und nicht mit Erde vermischt sey.

Es giebt folgende Arten des Gruben - oder Erdsandes — arena fossicia: — den schwarzen, den grauen, den rothen und den Carbunkel.

Die beste darunter ist die, welche knirscht — stridorem facit, — wenn man sie in der Hand reibt; dahingegen die erdige — terrosa — gar keine Schärfe — asperitas — an sich hat. Brauchbar ist auch die Gattung, welche weder Schmutz noch Erde zurück läſst, wenn sie auf ein weiſses Kleid geworfen wird.

Wofern keine Sandgruben — arenaria — vorhanden sind, wor-aus man Sand graben kann, so muſs man denselben aus dem Kiese — glarea — in den Flüssen, ingleichen auch an dem Seeufer, aussie-ben — excernere; — jedoch hat solcher Sand beym Mauern den Fehler, daſs er erstlich schwer trockenet, dann nicht leidet, daſs die Mauer, wozu er gebraucht worden, sofort beschwert werden dürfe, sondern erst, nachdem sie eine Weile ausgeruhet hat; endlich auch nicht zu Gewölben — concamerationes — taugt. Dem Seesande — arena marina — ist noch überdieſs eigen, daſs aus den damit verfertigten Mauern ein Salzwasser — salsugo — sintert, welches die Bekleidung — tectorium — auflöſst.

Siehe unten das 6. Kapitel.

Hingegen der Gruben- oder Erdsand trockenet schnell, scha-det der Bekleidung nicht und ist zu Gewölben zu gebrauchen, jedoch bloſs derjenige, der frisch aus der Grube kommt; denn wenn er lange zuvor ausgegraben da liegt, so verwittert er und wird erdig, so daſs er, wenn man sich desselben beym Mauern bedient, nicht bin-det, daher denn die Bruchsteine nicht fest liegen, und herabfallen, und die Mauern keine Last zu tragen vermögen. So gut aber auch frischer Grubensand zum Mauern ist, so taugt er dennoch nicht zur Bekleidung, weil, seiner Fettigkeit wegen, der mit Spreu vermischte Kalk mit solcher Heftigkeit trockenet, daſs er Risse bekommt. Der Fluſssand — arena fluviatica — aber, wenn er in der Bekleidung gleich dem Signinischen Werke — Signinum — mit kleinen Stöcken geschlagen wird, gewinnt wegen seiner Magerkeit — macri-tas — alle erforderliche Festigkeit.

FÜNFTES KAPITEL. Kalk.

Nachdem man in Rücksicht der Sandarten das Nöthige beobachtet hat, so ist auch in Ansehung des Kalkes alle Geflissenheit anzuwen-den, daſs derselbe aus dem weiſsen Kalksteine gebrannt — coquere — werde.

Siehe unten B. VIII. Kap.7. Siehe unten B.VII. Kap.2.

Der Kalk aus dichtem, vorzüglich hartem Kalksteine ist am bes-ten zum Mauern; der aber aus löcherigem — fistulosus — zur Be-kleidung.

Wenn der Kalk gelöscht ist — calx extincta, — so vermische man ihn mit drey Viertel Grubensand, oder zwey Drittel Fluſs- oder Seesand; dieſs ist die verhältniſsmässigste Mischung. Versetzt man aber den Fluſs- und Seesand mit einem Drittel gestoſsener und ge-siebter Ziegelsteine, so wird durch diese Beymischung der Mörtel noch besser.

Der Grund, warum der gebrannte, mit Wasser und Sande ver-mischte Kalk beym Mauern die Steine verbindet, scheint mir dieser zu seyn. Gleichwie alle übrige Körper, so sind auch die Kalksteine aus Urstoffen zusammen gesetzt. Jeder Körper, welcher mehr Luft-theile enthält, ist weich; mehr Wassertheile, zäh; mehr Erdtheile, hart; mehr Feuertheile, spröde. Hieraus folgt: Da die Kalksteine, wenn sie, bevor sie gebrannt worden, klein gestoſsen und mit Sand vermischt zum Mauern gebraucht werden, weder fest werden noch binden; aber, in den Ofen gebracht und bis zum Glühen erhitzt, so daſs sie ihre Dichtigkeit verlieren, — weite, offene Löcher bekom-men sobald das Feuer ihre Kraft verzehrt hat; so nehmen sie, nach-dem die in ihrem Körper beſindlichen Wasser- und Lufttheile her-ausgebrannt und getrieben worden, und bloſs eine verborgene Wärme darin zurück geblieben — ihre Kraft wieder an, wenn sie, bevor die Feuertheile verfliegen, in Wasser getaucht werden; und brausen mit den in ihre offenen Löcher eindringenden Wasserthei-len, bis sie auf solche Art abgekühlt — refrigeratus — und voll-kommen aller Wärme beraubt sind. (Daher die Erfahrung zeigt, daſs die Kalksteine nicht mehr so schwer sind, wenn sie aus dem Brennofen kommen, als sie waren, da sie hineingethan wurden, son-dern daſs sie beym Brennen, wenn sie gewogen werden, wegen des Verlusts an Wasser (und Luft) bey eben derselben Gröſse, fast ein Drittel ihres Gewichts verloren.) In jene offene Löcher nun nimmt der Kalk den beygemischten Sand auf, vereinigt sich damit und ver-bindet also, indem er trockenet, die Bruchsteine und bewirkt des Mauerwerks Festigkeit.

Anstatt exhaustus lese ich exustus.
SECHSTES KAPITEL. Puteolan - Staub. — Pulvis Puteolanus. —

Es giebt auch eine Art Staub, welche auf eine natürliche Weise höchst bewundernswürdige Wirkungen hervorbringt. Man findet sie in der Gegend von Bajä und bey den Städten, welche in der Nachbarschaft des Berges Vesuv liegen. Mit Kalk und Bruchstei-nen vermischt, giebt sie nicht allein überhaupt jedem Gebäude groſse Festigkeit; sondern die daraus im Meere aufgeführten Dämme erhar-ten selbst auch unter dem Wasser. Dieſs scheint aus folgendem Grunde zu entstehen: unter diesem Gebirge und Lande sind häufig heiſse Quellen anzutreffen, welche aber nicht vorhanden seyn wür-den, wenn es nicht daselbst auch ein groſses unterirdisches Feuer von Schwefel, Alaunerde — alumen — oder Harz gäbe. Dieſs unter-irdische Feuer und der davon aufsteigende glühende Dampf verbrei- ten sich durch die Zwischenräume der Erdadern — intervenia — und machen das Erdreich, indem sie es ausdörren, ganz leicht; auch ist der daselbst befindliche Tofstein — tophus — aussaugend und ohne alle Feuchtigkeit. Indem man nun drey Sachen, welche auf gleiche Weise durch die Heftigkeit des Feuers gebildet worden sind, zusammen mischt und Wasser hinzu thut; so vereinigen sie sich mit einander und werden schnell, vermittelst der Feuchtigkeit so hart und fest, daſs weder Flut, noch sonst des Wassers Gewalt sie zu trennen vermag.

Heut zu Tage Puzzolanerde. Man entdeckte sie zuerst zu Pozzuoli dem alte@ Puteoli; daher der alte und der neue Name.

Daſs wirklich unterirdisches Feuer an den erwähnten Orten vorhanden sey, beweisen die Höhlen in dem Gebirge bey Cumä und Bajä, welche zu Schwitzbädern — sudatio — dienen. Der heiſse Dampf in denselben entsteht im Innern der Erde, durchdringt die-selbe vermöge der Gewalt des Feuers, steigt hier aus dem Boden auf, und verursacht also die höchst nützlichen Schweiſsbäder. Ingleichen erzählt man, daſs vor Alters im Berge Vesuv die Feuermaterie so sehr zugenommen habe, daſs sie in Fülle übergelaufen sey, und die umliegenden Gegenden überströmt habe; daher auch der schwammige so genannte Pompejanische Bimsstein — spongia sive pumex Pom-pejanus, — der ursprünglich eine andere Steinart ist, durch das Feuer gegenwärtige Beschaffenheit erhalten zu haben scheint; denn man findet besagten Bimsstein nicht aller Orten, sondern bloſs noch um den Ätna, um die Hügel in Mysien, welche die Griechen Kata-kekaumenoi d. i. die Unterbrannten nennen, und in Gegenden von ähnlicher Beschaffenheit.

Nehmlich Kalk, Puzzolanerde und Tofstein. Dieser Strich Landes liegt über, oder im Osten von Philadelphia. Einige rech-neten ihn zu Mysien, andere zu Mäonien, oder Lydien. Siehe davon Chand-lers Reise in Klein-Asien, Kap. 73.

Findet man nun an diesen Orten siedende Wasserquellen, und in Berghöhlen warme Dämpfe; und weiſs man durch Überlieferung, daſs über diese Gegenden sich Feuerströme ergossen haben; so scheint es auch ausgemacht, daſs aus dem Tofsteine und der Erde, die Was-sertheile eben so, wie in den Brennöfen aus dem Kalksteine, durch die Gewalt des Feuers heraus getrieben werden. Indem man also ungleichartige Dinge in Eine Masse zusammen mischt, und den heiſsen Durst derselben mit Wasser löscht, so brauset die in den-selben enthaltene gemeinschaftliche geheime Wärme auf, und macht, daſs sie sich mit Heftigkeit verbinden und schnell eine auſserordent-liche Festigkeit annehmen.

Es bleibt der Einwurf übrig: woher es komme, daſs, da es so viele heiſse Quellen in Hetrurien giebt, nicht auch dieser Staub dort anzutreffen sey, welcher auf besagte Weise mit Wasser vermischt, ein so festes Mauerwerk macht? Bevor man mir diesen Einwurf noch macht, will ich ihn nach meinen Einsichten beantworten.

Nicht an allen Orten und in allen Ländern sind dieselben Erd-und Steinarten vorhanden; sondern hier giebt es erdige, dort griesige oder kiesige, anderwärts wieder sandige, und noch anderwärts andere von ganz verschiedener und ungleichartiger Beschaffenheit, je nach Verschiedenheit der Eigenschaften des Erdbodens in den verschiede-nen Gegenden. Vorzüglich kann ich dieſs mit dem Beyspiele des Apennins belegen. Da, wo dieses Gebirge die Länder Italiens und Hetruriens umschlieſst, ist fast nirgends Mangel an Gruben-sande; jenseits desselben aber, an der Küste des Adriatischen Meeres, giebt es ganz und gar keinen, ja in Achaja, Asien und überhaupt jenseit des Meeres kennt man denselben nicht einmal dem Namen nach. Es können daher auch nicht an allen Orten, wo heiſse Wasserquellen hervorsprudeln, gleiche oder eben dieselben Be quemlichkeiten Statt finden; weil die Natur für gut befunden hat, daſs alles nicht nach des Menschen Willen, sondern nach ihrem eigenen Wohlgefallen eingerichtet sey, und in den Erzeugnissen die gröſste Mannichfaltigkeit herrsche. An den Orten also, wo die Gebirge nicht von erdiger, sondern steiniger Beschaffenheit sind, da verzehrt das durch die Adern dieser Masse sich verbreitende Feuer die weichen und zarten Theile; die rauhen, harten aber läſst es zurück. So wie nun in Campanien die ausgebrannte Erde zu jenem Staub, so wird in Hetrurien die ausgesottene Masse zu Carbunkel. Beyde sind zum Mauern vortrefflich, aber Letztere taugt bloſs zum Land-, Erstere aber auch zum Wasserbaue. Jener besteht aus einer Masse, welche weicher als Tofstein, aber härter als Erde, an einigen Orten durch die Wirkung des unterirdischen Feuers verkohlt wird und diese Sandart giebt, welche Carbunkel heiſst.

SIEBENTES KAPITEL. Steinbrüche.

Nachdem ich von dem Kalke und von dem Sande, nebst ihren Ver-schiedenheiten und Eigenschaften gehandelt habe, muſs ich nun, der Ordnung nach, auch von den Steinbrüchen — lapicidinae — reden, woraus sowohl die Quader- als Bruchsteine zu den Bauen geholt und angeschaft werden. Man findet sie von sehr ungleich-artigen, mannichfaltigen Eigenschaften; einige sind weich, wie um Rom die rothen Alliensischen, Fidenischen und Albani- schen; einige weder weich noch hart — temperatae, — wie die Tyburtinischen, Amiternischen, Soractischen und der-gleichen mehr; einige hart, wie die Silicischen. Es giebt der Gattungen noch mehr, wie in Campanien die Brüche von rothem und schwarzem Tofsteine; in Umbrien, Picenum und Venedig von weiſsem Tof, der auch mit einer zahnigen Säge, wie Holz, ge-schnitten wird.

Anstatt quo penitus ab imo vehementia vaporis adus to, lese ich quaadusta; weil sonst weder Sinn, noch grammatikalische Construction heraus kommt. Von Carbo, Kohle.
Ich lese mit Ab. Fea, Allienses, anstatt Pallienses, welches unerklärbar ist. Bey den Alten hieſs dieser Stein der Albanische, weil er häufig bey Albano gebrochen wird. Itzt heiſst er zu Rom Peperino, und zu Neapel Piperno oder Pipierno; vermuthlich von Piperno — Privernum, — wo er auch häufig gebrochen wird. Aus demselben besteht der Unterbau des Capitoliums; die Cloaca Maxi-ma; das allerälteste Römische Grabmal bey Albano; und ein anderes von den ältesten Werken der Römer, vom 358sten J.R., der Ablaſs des Albanischen Sees (itzt Lago di Ca-stello). S. Winkelmanns Anmerkungen über die Baukunst der Alten. Seite 4 u. ff. Siliceae, so gewöhnlich im Texte steht, kann hier nicht das derivatum von silex, der Kiesel, seyn und kieselartig bedeuten; sondern, so wie vorher bey den wei-chen, und den weder weichen noch harten Steinbrüchen — nomina gen-tilia — befindlich sind, zur Anzeige der Orte wo dergleichen vorbanden: so muſs auch hier bey den harten Steinbrüchen ein dergleichen nomen gentile stehen. In Ga-liani’s Ausgabe ist Siliceae auch mit einem Anfangsbuchstaben gedruckt: wiewohl er es dennoch duro, come sono le Selci übersetzt hat. Ich übersetze Silicisch, weiſs aber nicht, wie ich es erklären soll? Sollte es vom Flusse Silis in der Tarviser-Mark hergeleitet werden; so wäre doch die adjectivische Bildung, von Silis Siliceus, wohl nicht die ge-wöhnliche. Wahrscheinlich ist das Wort durch Auslassung, Versetzung oder Verände-rung einiger Buchstaben verfälscht. Jocundus liest Sciliceae. Vielleicht kann es Scy-laceae heiſsen.

Was die weichen Steinbrüche betrifft, so haben zwar die daraus genommenen Steine insgesammt den Vortheil, daſs sie leicht zu bear-beiten sind, und an bedeckten Orten jede Last tragen; allein wenn sie im Freyen dem Froste — gelicidium — und Reife ausgesetzt sind, so zerbröckeln sie sich und verwittern; ingleichen werden sie an der Seeküste vom Salzwasser zerfressen und lösen sich auf; auch kön-nen sie die Hitze nicht vertragen. Die Tyburtiner Steine aber nebst den übrigen dieser Gattung, tragen zwar jede Last und jedes Ungemach der Witterung; jedoch können sie dem Feuer nicht wider-stehen, sondern, sobald sie demselben ausgesetzt sind, platzen und zerspringen sie, weil ihre natürliche Mischung aus wenig Wasser-und Erd-, aber aus sehr vielen Luft- und Feuertheilen besteht; denn da wenig Wasser und Erde darin enthalten ist, so dringt das Feuer, nachdem die Luft durch die Kraft der Hitze verjagt worden, in das Innere ein, füllt die offenen Zwischenräume aus, erhitzt sie und theilt ihnen bald seine ganze Glut mit.

Allein in der Tarquiner Marke giebt es viele Steinbrüche, welche Anitianische Steinbrüche heiſsen und an Farbe den Alba-nischen gleich sind. Die gröſsten dieser Steinbrüche sind um den Vulsiner See, ingleichen in der Statoner Vogtey. Die Steine aus denselben haben die vortrefflichsten Eigenschaften; es kann ihnen weder Kälte noch Hitze schaden, sondern sie sind fest und von lan-ger Dauer, weil in ihrem Grundstoffe wenig Luft und Feuer, mäſsig Wasser, und sehr viel Erde enthalten ist; daher sie von so derber, dichter Beschaffenheit sind, daſs weder der Witterung noch des Feuers Gewalt etwas auf sie vermag. Am besten läſst sich dieses an den Grabmälern — monumenta — bey der Stadt Ferentis wahrnehmen, welche von Steinen aus diesen Brüchen verfertiget sind. Es giebt darin vortrefflich gearbeitete groſse und kleine Bildsäulen, auch zier-lich geschnitzte Blumen und Acanthus, welche, so alt sie auch sind, dennoch so neu aussehen, als ob sie nur eben erst fertig geworden wären. Ingleichen bedienen sich auch die Meister im Guſs — fabri aerarii — der Steine aus diesen Brüchen zu Formen beym Guſs in Erz, und finden sie dazu ungemein brauchbar. Bräche man diese Steine in der Nachbarschaft von Rom, so verdienten sie, daſs man alle Gebäude davon aufführte. Da man aber, der Nähe wegen, ge-zwungen ist, aus den rothen, den Alliensischen und den anderen Steinbrüchen, welche ganz nahe bey Rom liegen, zu bauen; so muſs man wenigstens, zur Vermeidung aller Gefahr, sich folgender Vorsicht dabey bedienen. Man breche die Steine zwey Jahre zuvor, ehe der Bau angeht, aber nicht im Winter, sondern im Sommer, und lasse sie im Freyen liegen. Diejenigen, welche nach Verlauf dieser zwey Jahre vom Wetter gelitten haben, werfe man in den Grund; die übrigen aber, welche unversehrt geblieben sind und die Probe gehal-ten haben, nehme man zum Baue über der Erde. Dieſs ist nicht allein in Ansehung der Quadern, sondern auch der Bruchsteine zu beobachten.

Itzt Lago Bolseno.
ACHTES KAPITEL. Arten des Mauerwerks.

Die Arten des Mauerwerks — structura — sind folgende: Das Netz-förmige — reticulatum — welches itzt allgemein üblich ist; und das antike — antiquum, — welches das Ungewisse — incertum — heiſst.

Das Netzförmige ist das schönste; es ist aber sehr geneigt, Risse zu bekommen, weil es weder horizontale Lager — cubicula — noch gedeckte Fugen hat. Das Ungewisse hingegen gewährt zwar, da die Bruchsteine ohne Ordnung über einander liegen und mit ein-ander verbunden sind, keinen so schönen Anblick als das Netz- förmige; aber es ist dafür desto dauerhafter. Beyde muſs man aus sehr kleinen Steinen verfertigen, damit die Steine häuſiger mit der Kraft des Mörtels gesättiget und also desto fester verbunden wer-den. Denn, da sie aus einer lockern, porösen Masse bestehen, so ziehen sie, indem sie trockenen, aus dem Mörtel den Saft in sich; ist nun Fülle des Mörtels vorhanden, so hat auch die Wand desto mehr Feuchtigkeit und wird nicht so geschwind wandelbar — evani-dus, — sondern hält fest; sobald aber aus dem Mörtel die Kraft durch die Poren der Bruchsteine herausgezogen ist, so trennt sich der Kalk vom Sande und löſst sich auf; es können also auch die Bruch-steine nicht mehr damit verbunden seyn, und so verfallen die Wände mit der Zeit. Man kann dieſs an einigen Grabmälern um Rom wahrnehmen, deren Futtermauern von Marmor oder Quadersteinen erbauet und inwendig mit Schutte — ſarctura — ausgefüllt sind. Da durch die Länge der Zeit die porösen Steine alle Kraft des Mör-tels in sich gesogen; so fallen die Mauern ein, weil die Fugen aus-einander lassen.

Die Mauern von kleinen Steinen — sagt Winkelmann in den Anmerkun-gen über die Baukunst der Alten, S. 13 — wurden insgemein mit keilförmig ge hauenen Stücken Tufo, deren Fläche viereckigt ist, oder mit eben solchen Kieselsteinen belegt und gefüttert, und diese Art heiſst bey den Alten opus reticulatum, weil die Lagen dieser Steine nach Art des Gestricks eines Netzes gehen. Diejenigen, welche diese Aus-fütterung als lange Würfel vorstellen, irren sich. Vitruv behauptet, daſs dergleichen Mauerwerk nicht dauerhaft sey; es haben sich aber gleichwohl ganze Gebäude, welche völlig so gemauert sind, erhalten; wie unter andern die so genannte Villa des Mäce-nas zu Tivoli, der Rest von dem Tempel des Hercules daselbst, die Uberbleib-sel von der Villa des Lucullus zu Frascati, und groſse Stücke Mauern von der Villa des Domitian zu Castel Gandolfo. In anderen Ländern ausser Italien befinden sich mehr Überbleibsel von dieser Art Mauerwerk. Ich lese implicata, anstatt imbricata. Es besteht aus rohen Bruchsteinen von ungleicher Form und Gröſse, so wie sie aus dem Bruche kamen.

Will man diesen Fehler vermeiden, so behalte man den mitt-leren leeren Raum zwischen den Futtermauern bey, führe innerhalb desselben, zwischen den Strebepfeilern — orthostata — aus rothem Steine — ex rubro saxo, — oder Brandsteinen — testa, — oder ge-meinen Kieseln, zwey Fuſs starke Mauern auf, und verbinde die bey-den Futtermauern — frontes — durch eingelöthete — plumbo vin-cire — Klammern — ansa. — Ein Werk auf diese Art nicht unor-dentlich — acervatim — aufgeschüttet, sondern mit Ordnung aufge-mauert, kann in Ewigkeit unversehrt fortdauern; weil der Mauern Lager und Fugen so geordnet sind, daſs dadurch eine feste Verbin-dung entsteht; daher sie denn eben so wenig das Gebäude aus ein-ander treiben, als die zusammen verbundenen Strebepfeiler gegen ein-ander sinken lassen. Es ist daher der Griechen Mauerwerk nicht zu verachten; denn sie bedienen sich nicht durchaus glattge-hauener — politus — weicher Bruchsteine; sondern gebrauchen, wann sie von den Quadersteinen abgehen, zum mittleren gewöhnlichen Mauerwerke — ordinaria — entweder Kiesel, oder sonst einen har-ten Stein, legen diese aber wie Mauersteine, so daſs nehmlich durch die wechselnden Lagen — coria — die Fugen gehörig befestiget wer-den; und so machen sie Werke von unvergänglicher Dauer. Übri-gens ist dieses Mauerwerk von zweyerley Art; deren Eine Isodo-mum, und die Andere Pseudisodomum heiſst.

Isodomum nennt man, wenn alle Lagen von gleicher Höhe — crassitudo; Pseudisodomum aber, wenn die Lagen ungleich hoch gemacht werden. Beyde Arten sind darum so dauerhaft, erst-lich, weil die Steine selbst von dichter und fester Beschaffenheit sind, und also nicht aus dem Mörtel — materia — die Feuchtigkeit heraus-ziehen, so daſs dieser bis in das späteste Alter seine Bindekraft behält; und zweytens, weil die Steine, da sie flach und waagrecht liegen, den Mörtel nicht abfallen — ruere — lassen, sondern beständig durch die ganze Dicke der Mauer hindurch fest verbunden bleiben, und bis in das späteste Alter zusammen halten.

Galiani translates this passage thus: nelle fabriche che non richie- dono pietre quadrate, adoprano selce: in buildings which do not require squared stones, the Greeks use flints etc. I understand it differently, viz. that, in the middle part of the walls, where the square ſacing stones were discontinued, the Greeks used flints, etc. For it is plain, that Vitruvius here compares the Greek walls with the Roman, only in that single circumstance of which he is treating; viz. the manner of working the middle part of the wall; saying, that though the Greeks did not use smooth facing stones, yet the internal part of their walls, where the square stones were omitted, and flints etc. were used, they built in a better manner than the Ro-mans did, not laying them in promiscuous heaps, but interwearing them together in the manner of bricks. Newton’s Vitruvius, p.33. d. i. das Gleiche. d. i. das Ungleiche.

Sie haben noch eine Art, welche sie Emplekton heiſsen; deren sich auch unsere Bauern bedienen. Bloſs die Futtermauern — frontes — werden glatt gehauen, die übrigen Steine verbinden sie ganz unbearbeitet — ita uti sunt nata — mit Mörtel durch wech-selnde Fugen mit einander. Allein bey uns führt man, aus allzu-groſser Eilfertigkeit erst die Futtermauern hoch und mit Geflissen-heit auf, und füllt dann den mittleren hohlen Raum besonders mit Stücken zerbrochener Steine und Mörtel an, wodurch in diesem Mauerwerke drey Rinden — crustae — entstehen, deren die beyden Futtermauern zwey, und die mittlere Fülle — farctura — die dritte ausmachen. Die Griechen aber verfahren nicht also; sondern sie mauern gleich das Ganze massiv auf, richten es aber so ein, daſs der innern und äuſsern Steinreihen — coria — horizontale und per-pendiculare Fugen nicht auf einander treffen, sondern wechseln; anstatt also das Mittel mit Schutt auszufüllen, machen sie Eine mit den Futtermauersteinen — frontati — durchaus dicht und fest zu Einer Masse verbundene Mauer; und überdieſs legen sie noch von Zwischenraume zu Zwischenraume einzelne, quer durch die ganze Mauer hindurch reichende Bindesteine — utraque parte frontati, — welche sie Diatonos nennen, und welche hauptsächlich durch Zusammenhaltung der Futtermauern die dauerhafteste Festigkeit des ganzen Werks hervorbringen.

d. i. das Gefüllte. Ich lese plena, anstatt plana. Ungeachtet kurz zuvor ausdrücklich gesagt worden, frontes poliuntur, reliqua ita ut nata sunt cum materia collocata alternis alligant coagmentis — so übersetzt Galiani dennoch hier fabricano anche il di dentro con pietre spianate. — Perrault hat überhaupt alles, was Vitruv vom Emplekton sagt, nicht verstanden, und verwickelt sich in selbst gemachte Schwierigkeiten.

Ein jeder, welcher die eben gemachten Anmerkungen — com-mentarius — nicht auſser Acht lassen will, kann bey jeder dieser Arten des Mauerwerks, welche er auch wählen mag, auf ewige Dauer rechnen.

Das Mauerwerk hingegen, so aus einem weichen, glatt gearbei-teten Steine verfertiget ist, hat zwar ein schönes Ansehen, ist aber keinesweges dauerhaft; wenn daher dergleichen gemeinschaftliche Wände — parietes communes — durch Schiedsrichter besichtiget werden, so werden sie nicht so hoch taxirt, als sie zu erbauen ge-kostet haben; sondern, nachdem man aus dem Baukontrakte die Er-richtung derselben erörtert hat, so zieht man von den Baukosten für jedes verflossene Jahr ein Achtzigtheil ab, und bestimmt ihren Werth nach dem Reste, indem als entschieden angenommen wird, daſs eine solche Mauer nicht länger als achtzig Jahre stehen könne.

Von den Mauern aber aus Ziegeln, dafern sie vollkommen senk-recht stehen, wird nichts abgezogen; sondern sie werden zu jeder Zeit eben so viel werth gehalten, als sie zu erbauen gekostet haben. Dieserhalb sieht man auch in einigen Städten sowohl öffentliche, als privat, ja auch königliche Gebäude, welche aus Ziegeln erbauet sind, z. B. zu Athen die Stadtmauer nach dem Hymettus und dem Pentele zu; auch die Mauern und Zellen des Tempels des Jupi-ters und Herkules, ungeachtet rings umher im Tempel das Ge-bälk — epistylia — und Säulen von anderen Steinen sind: In Ita-lien, die alte herrliche Stadtmauer zu Aretium: Zu Tralles, den Pallast der Attalischen Könige, so gegenwärtig allezeit dem zur Wohnung eingegeben wird, welcher das Hohepriesterthum der Stadt verwaltet: Zu Lacedämon, verschiedene Wände, aus denen sogar Gemälde, vermittelst durchgebrochener Ziegel, herausgehauen, in höl-zerne Rahmen — ſorma — gefaſst, und nach Rom zur Auszierung des Comitiums, während der Ädilität Varros und Murenas, geschafft worden sind: Zu Sardes, den Pallast des Crösus, wel-chen die Sarder abgelebten Bürgern als einen Zufluchtsort zum Ge-nusse der Ruhe, unter dem Namen Gerusia angewiesen haben. In-gleichen hat zu Halikarnaſs des groſsmächtigen Königs Mauso-lus Pallast, worin alles mit Prokonnesischem Marmor ausgeziert ist, Ziegelwände, welche bis auf den heutigen Tag einen Beweis von auſserordentlicher Dauer abgeben; indem ihre Bekleidung noch so glatt geschliffen ist, daſs sie spiegelt. Gleichwohl bediente sich Mau-solus zuverlässig nicht aus Dürftigkeit dieser Materialien; denn seine Einkünfte waren überaus beträchtlich, indem ganz Carien unter seiner Bothmäſsigkeit stand; von dessen Scharfsinne aber und Sorg-falt bey Bauanlagen kann man sich aus folgendem einen Begriff machen.

Siehe oben Buch I. Kap. 1. und unten B. VI. K. 9.

Er war zu Mylasä geboren, bemerkte aber, daſs die Lage von Halikarnaſs von Natur fest, und sehr vortheilhaft zu einem be-quemen Stapel oder Handelsplatz — emporium — und sichern Hafen sey; und richtete denselben zu seiner Residenz ein. Der Ort hat die gekrümmte Gestalt eines Theaters. Unten also beym Hafen, legte er den Markt — ſorum — an: weiter hinauf, im Mittel des halbrunden Raums, zog er, gleich einem Absatze — praecinctio, — eine breite Straſse, in deren Mitte nachmals das Mausoleum mit solcher Kunst erbauet worden ist, daſs es unter die sieben Wunderwerke der Welt gezählt wird: ganz oben aber auf dem Gipfel — arx — stellte er in das Mittel einen Tempel des Mars mit einer colossali-schen Statue, welche Akrolithos heiſst, und von der Hand des berühmten Telochares ist, wiewohl auch einige sie für die Arbeit des Timotheus halten; und auf die äuſserste rechte Ecke den Tempel der Venus und des Merkurs dicht neben der Quelle Salmacis. — Man steht in dem falschen Wahne, daſs diese Quelle denen, die daraus trinken, die Liebeskrankheit — morbus Venerius — gebe; es verlohnt daher wohl der Mühe hier anzuzeigen, woher sich diese Meinung durch ein falsches Gerücht so allgemein verbreitet hat; denn, daſs dieses Wasser wirklich, wie verlautet, weichlich und unzüchtig machen könne, ist eine Unmöglichkeit, da die Quelle von Ansehen durchsichtig, und von Geschmack vortrefflich ist. Die Sache verhält sich also: Als Melas und Arevanias von Argos und Trözen gemeinschaftlich eine Colonie hieher führten, verjagten sie die wilden Carier und Leleger. Diese flüchteten sich in das Gebirge, und thaten daraus in zahlreichen Rotten Ausfälle, und beraubten und verheerten anfangs die neue Pſlanzstadt auf das grau-samste. Nach Verlauf einiger Zeit aber legte der Colonisten Einer, um etwas zu gewinnen, neben dieser Quelle, ihres schönen Wassers wegen, ein Wirthshaus an, rüstete es mit allem möglichen Vorrathe aus, und war bald vermittelst seiner Geflissenheit so glücklich in sei-nem Unternehmen, daſs er sogar auch die Wilden an sich zog. Ein-zeln und in Haufen fanden sie sich bey ihm ein, und entwöhnten sich unvermerkt ihrer rohen und wilden Lebensart durch die Ge-meinschaft mit den Griechen, deren milde Sitten sie freywillig annah-men. Und so, weil die Gemüther der Wilden, zwar nicht durch Mittheilung der Seuche der Unzucht, sondern durch die Süſsigkeit der Humanität, milder geworden waren, gerieth die Quelle in diesen Ruf! — Itzt fahre ich in der angefangenen Beschreibung der Stadt weiter fort. Gleichwie also zur Rechten der Tempel der Venus nebst der vorerwähnten Quelle; so liegt auf der linken Ecke der königliche Pallast, welchen Mausolus nach seinem eigenen Plane erbauete. Man sieht daraus, rechts den Markt, den Hafen und die ganze Stadt; links aber einen geheimen, vom Gebirge so sehr versteckten Hafen, daſs niemand, was darin vorgeht, weder sehen noch wissen kann; der König aber aus dem Pallaste den Schiffsleuten und Seesoldaten ohne jemandes Wissen die nöthigen Befehle zu erthei-len vermag. Als daher, nach Mausolus Tode, die Regierung des-sen Gemahlin Artemisia zufiel, und die Rhodier aus Unwillen, daſs ein Weib die Städte Cariens beherrschen sollte, eine Flotte ausrüsteten, um dieses Reich zu erobern; so lieſs Artemisia, als sie Nachricht davon erhielt, in diesem Hafen eine Flotte nebst Matro-sen und Seesoldaten — epibatae — verbergen; alle übrige Bürger aber sich auf die Stadtmauer stellen. Die Rhodier laufen nun ungehin- dert mit ihrer wohlausgerüsteten Flotte in den groſsen Hafen ein, und, auf Artemisiens Befehl, wird ihnen von den Mauern herab zu-geklatscht, und die Übergabe der Stadt verheiſsen. Sogleich landen sie, und verlassen die Schiffe, um in die Stadt einzudringen. Da läſst Artemisia, vermittelst eines Canals den kleinen Hafen öffenen, sticht mit ihrer Flotte in die See, läuft in den groſsen Hafen, bemäch-tiget sich mit ihrer Mannschaft der leeren feindlichen Schiffe und geht damit ins hohe Meer; die Rhodier aber, auf solche Weise eingesperrt, da ihnen die Flucht abgeschnitten, werden auf dem Markte niedergemacht. Hiemit noch nicht zufrieden, geht Artemisia mit der von ihr bemannten Flotte der Feinde nach Rhodos. Die Rhodier, die von fern ihre mit Lorbern bekränzte Schiffe ankom-men sehen, wähnen nicht anders, als ihre siegreich zurückkehrenden Mitbürger zu erblicken; an ihrer Statt aber empfangen sie den Feind. Also Meisterin von Rhodos, tödtete Artemisia die Vornehmsten und errichtete in der Stadt als Siegesmal zwey eherne Bildsäulen, deren Eine die Stadt Rhodus, die andere aber Sie selbst vorstellte, wie sie jene brandmalte. Geweihete Siegeszeichen hinweg zu nehmen, verbietet die Religion; es umbaueten daher die Rhodier nachmals den ganzen Platz, errichteten oben darüber ein Griechisches Schilder-haus — Graeca statio, — damit niemand hinein sehen konnte, und nannten ihn Abaton, d. i. den Unzugänglichen.

Das Comitium war einer der beyden öffentlichen Versammlungsorte des Römi-schen Volks, neben der Curia Hostilia; der andere war auf dem Marsfelde und hieſs Septa. Anfangs waren beyde bloſs freye offene mit Schranken eingeschlossene Plätze. In der Folge aber wurden sie mit Mauern und Hallen umgeben, und das Comitium wurde sogar bedeckt. Letzteres geschah nach Livius B. XXVII. K. 36., in eben dem Jahre, als Hannibal nach Italien kam. Forum ist hier gleichbedeutend mit emporium. Siehe unten B. VII. die Vorrede. Weder dem Perrault, noch Galiani, noch Newton ist es eingefallen, daſs arx der Gipfel heiſst. Winkelmann in der Gesch. der Kunst, S. 15. erklärt dieses Wort, für eine Statue, an welcher nur die äuſsersten Theile von Stein waren. Da zu den Zeiten des Mausolus kein Bildhauer Telochares beruhmt ist; wohl aber ein Leochares: so ist es wohl wahrscheinlich, daſs auch dieser hier gemeint, sein Name aber verschrieben sey. Siehe vom Leochares unten B. VII. Vorrede.

Da nun so mächtige Könige, welche in Rücksicht ihrer Einkünfte sowohl als der vorfallenden Beute, nicht allein mit Bruchsteinen und Quadern, sondern sogar mit Marmor hätten bauen können, die Mauern aus Ziegeln nicht verschmähet haben; so glaube ich dürfen auch wir die aus Ziegeln aufgeführten Gebäude nicht verwerfen, wofern sie sonst gehörig gemacht sind. Zu Rom zwar dürfen die Einwohner keine dergleichen Gebäude verfertigen; dieses rührt aber von einem besonderen Grunde her, den ich nicht übergehen will. Die öffent-lichen Gesetze nehmlich gestatten nicht, auf einem Gemeinorte — locus communis — Mauern, welche breiter als anderthalb Fuſs sind, aufzuführen, und um den Raum zu ersparen erbauet man die ande-ren Mauern von gleicher Dicke ; Ziegelmauern aber, wenn sie nicht zwey oder drey Ziegel dick — diplinthii aut triplinthii, — son-dern bloſs anderthalb Fuſs stark sind, vermögen nicht mehr, als ein einziges Stockwerk zu tragen. Bey dieser Majestät Roms aber, und bey dieser ungeheuren Bevölkerung, werden auch unzählige Woh-nungen erfordert. Da nun die Grundfläche — area plana — bey weitem zu einer so groſsen Menge Bewohner unzureichend ist; so hat man sich durch die dringenden Umstände genöthiget gesehen, zur Höhe der Gebäude seine Zuſlucht zu nehmen. Vermittelst der steinernen Pfeiler — pila, — des Mauerwerks von Brandsteinen — structuris testaceis, — und der Wände von Bruchsteinen führt man daher hohe Häuser von mehreren Stockwerken auf, wobey man we-der die einträglichen Dachstuben — coenaculum , — noch die Aus- sicht aus der Acht läſst. Indem also die Stadt, mit Hülfe der mehr- mals über einander gesetzten Stockwerke, gleichsam in der Höhe ver-vielfältiget worden; so gebricht es dem Römischen Volke nicht an vortrefflichen und bequemen Wohnungen.

“Zu Rom, — sagt Plinius XXXV. 49. — führt man solche Gebäude (von ungebrannten Ziegeln) nicht auf; weil eine anderthalbfüſsige Mauer nicht mehr als ein Stockwerk trägt. Es ist auch verboten, eine gemeinschaftliche Mauer (paries communis) stärker anzulegen; noch verstattet es die Beschaffenheit der Zwischenwände (intergerini parietes).” d. i. Bogenstellungen. Siehe unten B. VI. K. 11. aedificia quae pilatim aguntur et cuneorum divisionibus, coagmentis ad centrum respondentibus, fornices concluduntur. Hieraus erhellt, daſs Vitruv unter den vorerwähnten Zigelmauern — parie-tes lateritii — bloſs Mauern aus rohen, ungebrannten Ziegeln versteht. Postquam in superiore parte coenitare coeperunt, superioris domus universa, coenacula dicta. Varro de L. L. 4, 33. — Das oberste Stock eines Hauses, welches theuer an arme Leute vermiethet wurde.

Dieſs der Grund, warum zu Rom wegen des eingeschränkten Raums keine Ziegelmauern geduldet werden. Itzt aber vernehme man, wie solche, wenn auſserhalb der Stadt dergleichen vonnöthen, dauerhaft zu verfertigen sind.

Ganz oben auf der Mauer führe man unter dem Dache ein Mauerwerk aus Brandsteinen, ohngefähr anderthalb Fuſs hoch, auf, welches mit einer auslaufenden Kranzleiste — projecturae coronarum — versehen: und die dabey gewöhnlichen Gebrechen sind verhütet! Denn zerbricht etwa ein Dachstein, oder wird vom Winde herabge-worfen, so daſs es durchregnet: so läſst diese Brandsteinerne Schutz-mauer — lorica — die Ziegel vom Regenwasser nicht verderben, sondern die ausgeladene Kranzleiste läſst solches schräg abtropfen, und erhält also die Ziegelmauer unversehrt.

Was die Brandsteine — testa — selbst betrifft, so kann niemand gleich beurtheilen, ob sie zum Mauern tauglich sind oder nicht? weil ihre Festigkeit erst dann bewährt ist, wann sie jeder Witterung im Winter und Sommer auf dem Dache getrotzt haben; denn, sind sie aus schlechtem Lehm — creta — gemacht, oder schlecht gebrannt, so zeigt sich daselbst dieser Fehler alsobald bey Frost und Reif. Brandsteine also, die nicht auf dem Dache der Witterung widerste-hen, sind auch nicht fest genug im Mauerwerke Lasten zu tragen. Am allerdauerhaftesten sind daher die aus alten Dachsteinen — tegula — erbaueten Mauern.

Ich lese anstatt: Ergo menianis et contignationibus variis alto spatio multi-plicatis etc. — mit Ab. Fea: Ergo moenibus ex contignationibus etc.

Fachwerk — cratitii — möcht’ ich wünschen, wäre nie erfunden worden! denn je vortheilhafter es in Ansehung der Geschwin-digkeit und des Raums ist, um desto mehr ist es in Rücksicht der Feuersgefahr dem gemeinen Wesen nachtheilig, da es sich gleich Fak-keln entzündet. Es scheint mir daher weit rathsamer, lieber die Kos-ten der Brandsteinernen Wände nicht zu scheuen, als der Ersparniſs wegen bey Stockwerkswänden beständig in Feuersgefahr zu schwe-ben. Überdieſs berstet auch die Bekleidung in der Gegend der Stän-der — arrectarii — und Riegel — transversarii; — denn, wenn diese bekleibt — linire — werden, so macht die Feuchtigkeit, daſs sie quel-len — turgescere; — beym Trockenen aber ziehen sie sich wieder ein und werden dünner, wodurch sie die Bekleidung zersprengen.

Inzwischen wenn einmal Eile, oder Noth, oder Mangel an Platz jemand zu Fachwerke zwingt; so ist es folgendermaſsen zu verferti-gen: Man mauere den Grund hoch auf, damit die Schwellen weder verschüttet werden, noch mit dem Fuſsboden — pavimentum — gleich zu liegen kommen; sonst verfaulen sie mit der Zeit, senken und neigen sich und zersprengen die Bekleidung.

Und so habe ich nach bestem Vermögen von den Mauern, und über-haupt von Zubereitung der dazu nöthigen Materialien und von deren guten und schlechten Eigenschaften gehandelt. Nunmehr will ich von den Stockwerken — contignatio, — den dazu erforderlichen Ma-terialien und von der Behandlungsart derselben, damit sie von langer Dauer seyn mögen, nach Anweisung der Natur der Dinge reden.

Es besteht aus horizontalen und vertikalen Säulen und Riegeln, zwischen denen die Fächer ausgemauert werden.
NEUNTES KAPITEL. Bauholz.

Das Bauholz muſs vom Anfange des Herbstes an, bis zur Zeit wann der Westwind — favonius — zu wehen beginnt, geschlagen werden; denn im Frühjahre werden alle Bäume trächtig und treiben ihres Wesens ganze Kraft in Laub und Jahresfrüchte. Leer also und feucht, vermöge der Jahrszeit, werden sie schwammicht und vermittelst der Porosität schwach; gleichwie auch die schwangern Weiber von dem Empfängnisse bis zur Geburt für nicht gesund geachtet werden, da-her beym öffentlichen Verkaufe Schwangerschaft für Krankheit gilt; weil die Frucht — praeseminatio — in Mutterleibe zu ihrem Wachs-thume aus jeglicher Speise einen Theil der Nahrung an sich zieht, und also je reifer und stärker sie selbst wird, um desto mehr Kraft der Mutter raubt. Allein, ist das Kind geboren, so wird der Nah-rungssaft, welcher vorher zu dessen Wachsthume der Mutter entzo-gen wurde, sogleich nach der Entbindung der Leibesfrucht — dispa-ratio praeseminationis — wieder der Mutter zum Theil, welche den-selben dann in ihre leeren und offenen Gefäſse wieder einnimmt, ihn darin verarbeitet, und also die ihrer Natur zustehende Kraſt und Festigkeit wieder erlangt. Auf gleiche Weise behalten die Bäume im Herbste, sobald die Früchte reif und die Blätter welk sind, allen Saft, den die Wurzeln aus der Erde ziehen, bey sich, und bekom- men dadurch ihre Gesundheit und Kräfte wieder; auch drückt sie während der gedachten Zeit die scharfe Winterluft zusammen und macht sie fest. Weshalb denn die angegebene die beste Zeit zum Holzfällen ist.

Beym Fällen ist auf folgende Weise zu verfahren: Man kerbe unten den Baum ringsumher ein bis in des Markes Mitte, und so lasse man ihn stehen, damit der Saft herauströpfele und der Baum trockene; denn dadurch, daſs die darin enthaltene Feuchtigkeit aus dem Splinte — torulus — ausläuft, wird verhindert, daſs sie nicht darin in Fäulniſs geräth und des Holzes Beschaffenheit verdirbt.

Ist endlich der Baum so trocken, daſs kein Tropfen mehr her-ausläuft, so werfe man ihn um, und er wird tüchtig zum Gebrauche seyn.

Daſs dem wirklich also sey, kann man an den Gesträuchen wahrnehmen. Wenn diese zur rechten Zeit unten durchbort und entgeilt werden — castrantur, — so lassen sie aus dem Marke die darin enthaltene überflüssige und schädliche Feuchtigkeit durch die Löcher ausflieſsen, trockenen auf diese Weise aus und bekommen Dauer. Läſst man aber die Feuchtigkeit darin, so stockt sie, fault, und macht das Gewächs schwammicht und schadhaft. Läſst man also die gesunden Bäume nur nicht so lange stehen und trockenen bis sie verdorren; sondern wirft sie, nachdem sie nach gegebener Anlei-tung behandelt worden sind, zu Bauholz um: so werden sie unstrei-tig beym Bauen von groſser Nutzbarkeit und Dauer seyn.

Alle Bäume aber, welche vorzüglich zum Bauen brauchbar sind, z. B. die Steineiche — robur, — die Ulme, die Pappel, die Cypresse, die Tanne — abies, — haben dennoch sehr von einander abweichende, ungleichartige Eigenschaften; denn die Eiche taugt nicht zu dem, wozu die Tanne, noch die Cypresse zu dem, wozu die Ulme, und so weiter mit den übrigen allen. Sie sind sammt und sonders in ihrem Wesen von einander unterschieden, weil sie aus besonderen Bestandtheilen zusammengesetzt sind; daher denn die Einen, vermöge ihrer eigenthümlichen Beschaffenheit, zu diesem, die Anderen zu jenem Gebrauche vorzüglich geschickt sind.

Die Tanne — abies — enthält viel Luft und Feuer, aber wenig Wasser und Erde. Sie besteht aus leichter Masse und ist also nicht von groſsem Gewicht. Von Natur straff, biegt sie nicht leicht unter der Last, sondern bleibt gerade in den Fuſsböden der Gestöcke — con-tignatio. — Inzwischen, des vielen Feuers wegen, so sie enthält, erzeugt und ernährt sie den Holzwurm — termes, — der sie zernagt. Auch ist sie sehr entzündbar, weil die darin befindliche dünne Luft leicht Feuer fängt und dann eine sehr starke Flamme giebt. Unter- halb, zunächst dem Boden, ist sie ohne Knorren, ganz glatt, weil sie vermittelst der Wurzeln die Feuchtigkeit unmittelbar aus der Erde erhält: Oberhalb aber treibt sie, der heftigen Hitze wegen, viel Knor-ren und Äste. Ohngefähr in der Höhe von zwanzig Fuſs abgeschnit-ten und behauen, wird dieser abgeschnittene obere Theil das Knor-renstück — fusterna, — der übrige untere Stamm aber das Saft-stück — sappinus — genannt. Letzteres wird, wenn es gefällt worden, in vier Klüfte getheilt — quadrifluviis disparatur, — der Splint davon abgesondert, und das übrige zur Tischlerarbeit — inte-stina opera — benutzt.

Die hier im Texte befindlichen Worte antequam est incisa, d. i. bevor sie einge-kerbt ist — lasse ich weg; weil sie nicht allein ganz überflüssig sind; sondern auch noch Verwirrung machen. Also lese ich mit Newton anstatt sapinea. Sappinus kommt oben Buch I. Kap. 2. vor.

Hingegen die gemeine Eiche — quercus — hat einen Über-ſluſs an erdigen Bestandtheilen, und enthält nur wenig Wasser, Luft und Feuer. In Werken unter der Erde — in terrenis operibus — ist sie von unvergänglicher Dauer, und das deshalb, weil sie nicht porös ist, daher sie denn, ihrer dichten Beschaffenheit wegen, keine Feuch-tigkeit in sich einzulassen vermag; ja sie thut sogar der Nässe flie-hend Widerstand, denn sie wirft sich — torquetur — und verursacht in den Gebäuden, worin man sich ihrer bedient, Risse.

Die Speiseiche — esculus — aber, die aus allen Elementen in gleichem Maaſse zusammen gesetzt ist, ist sehr gut zum Bauen. Inzwischen nimmt sie, wenn sie in die Nässe zu liegen kommt, alle Feuchtigkeit durch ihre Poren an, und verdirbt daher, indem das Übermaaſs der wässerigen Theile Luft und Feuer daraus vertreibt.

Die Zirneiche — cerrus, — die Gorkeiche — suber, — die Buche — fagus, — worin zwar Wasser, Feuer und Erde zu gleichen Theilen gemischt sind, die Luft aber die Oberhand hat, verstocken gar bald, da die Feuchtigkeit leicht in ihre offenen Poren einzudringen vermag.

Diese Eiche wird auch die süſse und die kleine Eiche genannt. Sie wächst in den südlichen Theilen von Europa, in Italien und Spanien wild. Ihre Eicheln sind lang und dünne, haben rauche und etwas stachlichte Kelche und sitzen meistens einzeln, und selten zwo bey einander, ohne Stielchen an den Zweigen. Diese Eicheln sind süſs und werden in Spanien unter der Asche gebraten und gegessen. Bellonius berichtet, daſs dieser Baum heut zu Tage in Griechenland Bellanida genannt werde, und in Palästina Ficheln trage, welche so groſs als Taubeneyer und sehr gut zu essen, und so schmackhaft als Castanien seyn. S. Linne’s Pflanzensystem u. s. w. 2r Th. S. 306.

Die weiſse und schwarze Pappel — populus alba et nigra, — ingleichen die Weide — salix, — die Linde — tilia — und der Keuschbaum — vitex — sind mit Feuer und Luft gesättiget, haben nicht allzu viel Feuchtigkeit, und sehr wenig Erde. Bey dieser leichten Zusammensetzung sind sie ungemein brauchbar; denn da sie wegen der geringen Beymischung erdiger Theile weich, und wegen ihrer Porosität weiſs sind, so sind sie sehr bequem zu allerley Schnitzwerk .

Die Erle — alnus, — die gern an Flüssen wächst, und nichts weniger als zum Bauen tauglich zu seyn scheint, hat dennoch vor-treffliche Eigenschaften. Ihre Bestandtheile sind gröſsten Theils Luft und Feuer, nicht viel Erde, und ganz wenig Wasser. Da sie nun nicht gar zu viel Feuchtigkeit enthält, so wird sie an sumpfigen Orten häufig zu Pfahlwerk — palatio — unter der Grundlage der Gebäude gebraucht; weil sie, eben wegen der geringen Feuchtigkeit, womit sie versehen ist, solche in sich zieht, fast unzerstörbar wird, und ungeheure Lasten Mauerwerks trägt und unversehrt erhält. Und so ist der Baum, der sich in freyer Luft nur sehr kurze Zeit hält, im Wasser von unvergänglicher Dauer. Man kann dieſs hauptsäch- lich zu Ravenna wahrnehmen, weil daselbst alle öffentliche und Privat-Gebäude auf dergleichen Pfählen stehen.

Ein Baum, welcher zu den Pflanzen mit zwey ungleich langen Paaren von Staub-fäden gehöret, in den sumpfigen Gegenden von Sicilien und Neapolis wächset, und seinen Namen daher hat, weil die älteren Ärzte dessen Samen, wegen seiner scharfen zusammen ziehenden Kraft, zur Verwahrung der Keuschheit verordneten: Vitex Agnus castus, Linn. Keuschlamm, Mönchspfeffer, Abrahamsbaum, Schafmülbe. — Adelungs Wörterbuch. Anstatt sculpturis lese ich scalpturis.

Die Ulme — ulmus — und Äsche — fraxinus — bestehen aus sehr viel Wasser, sehr wenig Luft und Feuer und ziemlich viel Erde. Sie sind zäh, und haben wegen Übermaaſs der Feuchtigkeit keine Härte, sondern biegen sich — pandare — bald in den Gebäuden unter der Last. Sobald sie aber vor Alter verdorrt, oder, ehe sie gefällt, so eingekerbt sind, daſs die darin befindliche Feuchtigkeit ganz ertödtet ist; so werden sie äuſserst hart, und geben bey Zusammenfügungen — commissura — und Verbindungen — coagmentatio — des Holz-werks, trotz ihrer vorigen Zähheit, sehr feste Pflöcke zum Befestigen ab — catenationes.

Siehe Strabo B. V. Gibbon, Vol. III. p. 158., der alle vorhandene Nachrich-ten genutzt, macht folgende lesenswerthe Beschreibung vom alten Ravenna: On the coast of the Hadriatic, about ten or twelve miles from the most southern of the seven mouths of the Po, the Thessalians had founded the ancient colony of Ravenna, which they afterwards resigned to the natives of Umbria. Augustus, who had observed the opportunity of the place, prepared, at the distance of three miles from the old town, a capacious harbour, for the reception of two hundred and fifty ships of war. This naval establishment, which included the arsenals and magazines, the barracks of the troops, and the houses of the artificers, derived its origin and name from the permanent station of the Roman fleet; the intermediate space was soon filled with buildings and inhabitants, and the three extensive and populous quarters of Ra-venna gradually contributed to form one of the most important cities of Italy. The principal canal of Augustus poured a copious stream of the waters of the Po through the midst of the city, to the entrance of the harbour; the same waters were introduced into the profound ditches that encompassed the walls; they were distributed, by a thousand subordinate canals, into every part of the city, which they divided into a variety of small islands; the communication was maintained only by the use of boats and bridges; and the houses of Ravenna, whose appearance may be compared to that of Venice, were raised on the foundation of wooden piles. The adjacent country, to the distance of many miles, was a deep and impassable morast etc. etc.

Ingleichen ist die Hagebuche — carpinus, — welche aus höchst wenig Feuer und Erde, aber äuſserst viel Luft und Wasser besteht, nicht spröde — fragilis, — sondern besitzt eine sehr nützliche Bieg-samkeit — tractabilitas. — Die Griechen verfertigen hieraus die Joche für das Zugvieh, und nennen diesen Baum Zygia, weil die Joche bey ihnen Zyga heiſsen.

Zu verwundern ist es, daſs die Cypresse — cupressus — und die Fichte — pinus, — welche über die Maaſse viel Wasser beym gleichen Verhältnisse der übrigen Elemente enthalten, zwar wegen dieses Übermaaſses der Feuchtigkeit sich in den Gebäuden werfen, dennoch aber bis in das späteste Alter unversehrt bleiben, weil die darin befindliche Feuchtigkeit von einem bittern Geschmacke und einer Schärfe — acritudo — ist, welche der Fäulniſs — caries — und den schädlichen Würmern — bestiolae quae sunt nocentes — widerstehen. Daher dauern alle Gebäude, welche aus solchem Holze aufgeführt werden, ewig.

Die Ceder und der Wachholder — Juniperus — haben die-selben empfehlenden Eigenschaften; aber, gleichwie man von der Cypresse und Fichte ein Harz, so gewinnt man von der Ceder ein Öl, welches Cedernöl — cedreum — heiſst, und welches Bücher und andere Sachen, die man damit bestreicht, vor Würmern — tinea — und Fäulniſs — caries — bewahret. Die Blätter dieses Baumes sind den Cypressenblättern ähnlich. Die Ader seines Holzes läuft gerade. Im Tempel zu Ephesus ist die Bildsäule der Diana nebst der Decke aus Cedernholze, und dieſs, sowohl hier, als in vie-len anderen berühmten Tempeln, bloſs wegen dessen langwieriger Dauer.

Es wachsen übrigens diese Bäume vorzüglich in Kreta, in Afrika und in einigen Gegenden Syriens.

Der Lärchenbaum — Larix, — welcher nur in den Muni-cipal-Städten am Po und an der Küste des Adriatischen Meeres bekannt ist, ist wegen der heftigen Bitterkeit seines Safts nicht allein der Fäulniſs und den Würmern nicht unterworfen; sondern er fängt auch kein Feuer, noch ist er anders in Glut zu bringen, als wenn er, gleich dem Kalksteine im Brennofen — fornax — vermittelst anderes Holzes gebrannt wird; ja, selbst alsdann geräth er nicht in Brand, noch giebt er Kohlen, sondern glimmt nur und verzehrt sich also ganz langsam erst nach langer Zeit; weil dessen Holz aus höchst wenigen Feuer - und Lufttheilchen besteht, hingegen Wasser - und Erdtheilchen dicht darin zusammen gedrängt sind, und also, da es an Öffnungen fehlt, wodurch das Feuer eindringen könnte, dessen Ge-walt widersteht und sich nicht so geschwind von demselben beschä-digen läſst. Auch trägt den Lärchenbaum wegen seiner Schwere das Wasser nicht; er wird daher bloſs in Schiffen oder auf tännenen Flöſsen — ratis — verführt.

Es verdient Erwähnung, wie dieses Holz entdeckt worden ist. Als der vergötterte Cäsar mit seiner Armee an den Alpen stand, und Zufuhr von den Municipal-Städten forderte; so befand sich darunter eine befestigte Burg — castellum munitum — mit Namen Larignum, deren Einwohner, im Vertrauen auf des Orts natürliche Festigkeit, sich dessen Verlangen entgegen setzten: der Imperator rückte also mit seiner Armee davor. Ein hoher Thurm erhob sich vor dem Thore der Burg, aus wechselsweise nach der Länge und der Quere über einander gelegten Balken von diesem Holze, gleich einem Scheiterhaufen, aufgeführt, um von demselben herab mit Pfäh- len und Steinen die Anrückenden zurück zu treiben. Sobald die Belagerer wahrnahmen, daſs man darauf kein anderes Geschoſs als Pfähle habe, welche ihrer Schwere wegen, nicht gar weit von der Mauer geschossen werden konnten; wurde sofort befohlen, Reisbün-del mit brennenden Fackeln gegen diese Schanze — munitio — zu werfen; und ungesäumt werden diese von den Soldaten ringsumher aufgehäuft. Die Flamme ergreift die Faschinen — virga — und schlägt zum Himmel empor; jedermann glaubt nicht anders, als in kurzem die ganze Maschine einstürzen zu sehen; allein die Lohe sinkt, erlischt, und unversehrt stand der Thurm da. Verwundert, ertheilte also Cäsar Befehl, die Burg auſserhalb des Pfeilschusses mit einem Walle einzuschlieſsen, wodurch die Einwohner in Furcht geriethen, und sich ergaben. Da fragte Cäsar, woher sie das Holz hätten, das vom Feuer nicht beschädiget würde? Sie zeigten ihm hierauf diese Bäume, deren es in der Gegend eine groſse Menge giebt, so daſs auch die Burg davon den Nahmen Larignum hat, da der Baum Larix heiſst.

Dieses Holz wird auf dem Po nach Ravenna für die Pflanz-städte Fanestrum, Pisaurum, Ancona und für die übri- gen Municipal-Städte gebracht. Könnte man es leicht bis nach Rom schaffen, so würde es vom gröſsten Nutzen beym Bauen seyn, wenn man sich desselben auch bloſs zu den Bretern der Dachrinnen — sub-grundia — isolirter Gebäude — insulae — bediente, um diese vor Feuersgefahr zu sichern; indem solche Breter sowohl der Flamme als den glühenden Kohlen widerstehen, und weder selbst brennen, noch sich verkohlen.

Fano. Pesauro.

Die Blätter des Lärchenbaums sind den Blättern der Fichte ähnlich. Sein Holz ist langfädenig — prolixus, — und taugt eben so gut als das Saftstück des Tannenholzes — sapinea — zu Tischler-arbeit. Es ſlieſst daraus ein Harz von der Farbe des Attischen Ho-nigs, welches für die Schwindsucht hilft.

Und so habe ich von jeder Art der Bäume, von den besonderen Eigenschaften, womit die Natur sie ausgerüstet, und von ihren Be-standtheilen gehandelt.

Gegenwärtig folgt die Bemerkung, warum die Tanne, welche zu Rom die Obermeer-Tanne — supernas — heiſst, schlechter ist, als die Untermeer-Tanne — infernas, — welche von vor-trefflicher Dauer im Bauen befunden wird. Zur Genugthuung der Aufmerksamen werde ich zeigen, wie bloſs die Beschaffenheit des Orts der Grund der guten und bösen Eigenschaften dieser Bäume ist.

ZEHNTES KAPITEL. Obermeer- und Untermeer-Tanne.

Das Apennin-Gebirge nimmt seinen Anfang von dem Tyr-rhenischen Meere, zwischen den Alpen und den Grenzen He- truriens; und erstreckt sich in einer krummen Linie, deren Mitte beynahe die Küste des Adriatischen Meeres berührt, fort, bis es nach verschiedenen Umschweifen endlich die Meerenge erreicht.

Die diesseitige Krümme, die gen Hetrurien und Campa-nien gekehrt ist, ist sonnenreich; indem die Sonne in ihrem Laufe derselben beständig gegenüber steht; die jenseitige aber, welche sich nach dem Obermeere hin neigt, liegt gegen Mitternacht und wird von schattigen, dunkeln Strecken Landes — perpetuitates — begrenzt. Die Bäume nun, welche auf dieser Seite wachsen, mit lauter Feuchtigkeit genährt, nehmen nicht allein an Gröſse und Um-fang zu; sondern es strotzen auch ihre Adern, mit Feuchtigkeit ganz angefüllt und im Überfluſs gesättiget, von der Fülle derselben. Wenn sie daher gefällt und behauen werden, und also zu vegetiren auf-hören; so verlieren sie im Trockenen die Straffheit ihrer Adern, wer-den wegen der entstehenden Porosität leer und hinfällig — evanidus — und können also in den Gebäuden nicht die geringste Dauer haben.

Anstatt in Alpes et in extremas Hetruriae regiones — lese ich inter Alpes et extremas etc. d. i. das Adriatische Meer.

Diejenigen Bäume hingegen, welche an Orten, die in der Sonne liegen, wachsen, sind zwischen den Adern nicht porös, und werden also durch das Trockenen fest; weil die Sonne nicht allein aus der Erde, sondern auch aus den Bäumen die Feuchtigkeit heraus zieht. Es haben daher in sonnenreichen Gegenden die Bäume dicht an ein-ander liegende Adern, sind fest, da keine Feuchtigkeit sie porös macht, und gewähren, wenn sie zu Bauholz beschlagen werden, den dauerhaftesten Nutzen. Deſshalb ist denn auch die Untermeer-Tanne, welche aus sonnenreichen Orten kommt, besser als die Ober-meer-Tanne, welche uns aus schattenreichen Gegenden zuge- führt wird.

Mehr weiſs ich von den Baumaterialien, von der verschiedenen Mischung des Urstoffes in denselben, und von den daher entstehen-den Tugenden und Fehlern derselben, zur Belehrung der Baubeflis-senen nicht anzuführen. Diejenigen, welche sich nach meiner Anlei-tung richten, werden gewiſs zu ihren Gebäuden jede Gattung der Materialien mit Vortheil auszuwählen im Stande seyn.

Übrigens, nachdem ich von der Zurüstung zum Bauen gehan-delt habe; so will ich nun in den folgenden Büchern von den Ge-bäuden selbst reden; und, der Ordnung gemäſs, wird das nächste von den Tempeln der unsterblichen Götter, von ihrem Ebenmaaſse und von ihren Verhältnissen handeln.

d. i. die am Tyrrhenischen Meere (d. i. mare di Toscana) wächst.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST DRITTES BUCH.
VORREDE.

Sokrates, der von dem Delphischen Apollo durch den Aus-spruch der Pythia für den weisesten aller Menschen ist erklärt wor-den, soll sehr sinnreich und einsichtsvoll gesagt haben: Daſs die Herzen der Menschen mit Fenstern versehen seyn und offen stehen sollten, damit die Gedanken derselben frey und unverhohlen vor Augen lägen. Möchte doch die Mutter Natur dessen Meinung be-folgt, und wirklich sie unverdeckt und offen gebildet haben! alsdann könnte man nicht allein eines jeden Verdienste und Fehler baar und bloſs erblicken, sondern es würden auch die wissenschaftlichen Kennt-nisse, da sie ebenfalls den Blicken ausgesetzt am Tage lägen, richtig beurtheilt, und also wahre Gelehrte und Künstler desto vorzüglicher und zuverlässiger geschätzt werden.

Dieſs ist nun aber einmal nicht also, sondern, wie es der Natur beliebt hat, geordnet; daher kommt es denn, daſs, weil der Verstand nicht ins Herz schauen kann, man auch nicht von der wahren Be-schaffenheit der im Innern verborgenen Wissenschaft eines Künstlers bestimmt zu urtheilen vermag; und daſs, wenn ein Künstler auch noch so viel Geschicklichkeit angelobt, aber weder ein ansehnliches Vermögen, noch eine alte nahmhafte Werkstatt, noch Protektion, noch die Gabe der Überredungskunst besitzt, er, trotz aller Geflissen- heit, es nie dahin bringen wird, daſs man seinen Talenten etwas zutraue.

Diese Anmerkung bestätiget sich vorzüglich durch das Beyspiel der alten Bildhauer und Maler; denn nur diejenigen unter ihnen, denen es weder an Stand noch Empfehlung fehlte, bleiben bey der Nachwelt in ewigem Andenken; zum Beyspiel, Myron, Polyklet, Phidias, Lysippus und andere mehr, die sich bloſs darum durch ihre Kunst so berühmt gemacht haben, weil sie Gelegenheit hatten für groſse Städte, oder Könige, oder vornehme Bürger zu arbeiten. Hingegen diejenigen, die bey nicht minder Fleiſs, Genie und Ge-schicklichkeit nur für Leute, so weder vornehm noch reich waren, ihre Arbeiten verfertigten, haben trotz der Vortrefflichkeit ihrer Werke sich keinen Ruhm erworben, weil es ihnen, nicht zwar an Talenten und Kunstgeschick, sondern lediglich an Glück gebrach; zum Beyspiel, Hellas von Athen, Chion von Corinth, Myagrus von Pho-cäa, Pharax von Ephesus, Bedas von Byzanz und andere mehr; desgleichen die Maler, Aristomenes von Thasus, Poly-kles von Atramite, Nikomachus und andere, denen es ebenfalls weder an Fleiſs, noch Studium der Kunst, noch Geschicklichkeit mangelte; deren Rufe aber entweder ihr geringes Vermögen, oder ihr niederer Stand, oder ihr Unglück im Wettstreite mit Nebenbuh-lern, im Wege stand.

Es ist jedoch nicht zu verwundern, wenn aus Unwissenheit die Verdienste eines Künstlers verkannt werden; allein höchst ärgerlich ist es, wenn öfters niedere Schmeicheley, wider besseres Bewuſstseyn Verdienst gegen Unverdienst herabsetzt. Wenn daher, nach Sokra-tes Wunsche, Gedanken, Meinungen, Wissenschaft und Kunst, an-schaulich und durchsichtig wären; so würden weder Gunst noch Ränke etwas gelten; sondern es würden denen, die sich durch Mühe und Fleiſs wirklich zu Meistern ihrer Kunst gemacht haben, alle Arbeiten von freyen Stücken übertragen werden. Inzwischen, da jene nun weder so durchleuchtig, noch so in die Augen fallend sind, als sie unsrer Meinung nach seyn sollten; und da, wie ich bemerke, die Ungeschickten vor den Geschickten begünstiget werden: so bin ich nicht Willens mit Unwissenden durch Ränke um den Vorzug zu wetteifern; sondern will lieber durch Bekanntmachung dieser Lehr-sätze zeigen, wie weit sich meine Wissenschaft erstreckt.

Dieserhalb, o Kaiser, habe ich im ersten Buche von der Kunst im Allgemeinen und ihren Eigenschaften, und von den Wissenschaf-ten, die einem Baukünstler zu wissen nothwendig sind, auch aus was für Gründen er derselben kundig seyn müsse, gehandelt; habe die Theorie der Baukunst überhaupt in ihre Theile abgetheilt, und jedem der Theile durch Deſinitionen genau seine Grade bestimmt; habe ferner, als das Hauptsächlichste und Nothwendigste, die Grundsätze angegeben, nach welchen ein gesunder Ort zu einer Stadt zu wählen ist; habe durch Risse gezeigt, wie viel Winde es giebt, und woher ein jeder wehet; und habe endlich mit der Anweisung, wie die Gas-sen und Straſsen in einer Stadt mit Vortheil anzulegen sind, dieses erste Buch beschlossen. Darauf habe ich im zweyten Buche von den Baumaterialien gehandelt; von der natürlichen Beschaffenheit dersel-ben, und wie viel darauf bey den Gebäuden ankommt. Im dritten Buche nun will ich von den Tempeln der unsterblichen Götter und der ihnen zu gebenden Form reden.

ERSTES KAPITEL. Einrichtung und Ebenmaaſs der Tempel.

Die Einrichtung — compositio — der Gebäude hängt vom Eben-maaſse — symmetria — ab, dessen Regeln die Baukünstler sehr wohl inne haben müssen. Dieses entsteht aus dem guten Verhältnisse, welches auf Griechisch ἀναλογία heiſst. Dieses gute Verhältniſs ist eines bestimmten Theils der Glieder eines Gebäudes, und des Ganzen Übereinstimmung — commodulatio, — wodurch das Ebenmaaſs her-vorgebracht wird. Kein Gebäude kann ohne Ebenmaaſs und gutes Ver-hältniſs gut eingerichtet seyn; noch, wofern es sich nicht genau, wie der Körper eines wohl gebildeten Menschen, zu seinen Gliedern verhält.

Die Natur hat den menschlichen Körper also eingerichtet, daſs das Gesicht vom Kinne bis oben zum Anfange der Stirne an der Wurzel des Haarwuchses, ein Zehntel desselben beträgt; desgleichen die flache Hand, vom Gelenke bis an die Spitze des Mittelſingers, eben so viel: Der Kopf, vom Kinne bis auf die Scheitel, ein Achtel; eben so viel hinten vom Genicke an: Oben von der Brust bis zum Anfange des Haarwuchses, ein Sechstel, und bis auf die Scheitel, ein Viertel. Ein Drittel der Gesichtslänge ist vom Kinne bis an die Nasenlöcher: Von den Nasenlöchern bis da, wo mitten zwischen den Augenbraunen die Nase aufhört, eben so viel; und von hier bis zum Anfange des Haarwuchses, wo die Stirn angeht, gleichfalls ein Drittel. Der Fuſs hält ein Sechstel der Länge des Körpers; der Ellbogen ein Viertel; die Brust ebenfalls ein Viertel. Auch die übrigen Glieder haben ihr verhältniſsmäſsiges Maaſs, durch dessen Beobachtung sich auch die antiken groſsen Maler und Bildhauer unsterblichen Ruhm erworben haben. Auf gleiche Weise nun muſs zwischen den Gliedern und der ganzen Masse der Tempel in allen einzelnen Theilen eine schick-liche Ubereinstimmung der Verhältnisse herrschen.

Desgleichen ist des Körpers natürlicher Mittelpunkt der Nabel; denn wenn ein Mensch sich rückwärts mit aus einander gestreckten Händen und Füſsen hinlegt, und man ihm den spitzen Schenkel des Zirkels in den Nabel stellt, so werden bey Beschreibung des Kreises die Spitzen so wohl der Finger beyder Hände, als der Zehen beyder Füſse von der Zirkellinie berührt werden.

Gleichwie aber die Figur eines Zirkels im Körper zu bilden ist, so ist darin nicht minder die eines Vierecks anzutreffen; denn wenn man dessen Maaſs von der Fuſssohle bis zum Wirbel nimmt, und dieſs mit dem, von Einer ausgestreckten Hand zur Andern ver-gleicht, so wird sich ergeben, daſs dessen Breite der Länge völlig, so wie in einem nach dem Winkelmaaſse abgemessenen Quadrate, gleich sey.

Da nun die Natur den menschlichen Körper also eingerichtet hat, daſs dessen Glieder sich zum Ganzen verhältniſsmäſsig verhal-ten; so haben die Alten auch mit Grunde festgesetzt: Daſs bey Auf-führung der Gebäude ebenfalls das gehörige Verhältniſs der einzelnen Theile zum Ganzen genau beobachtet werden müsse. Sie haben daher, so wie überhaupt zu jeder Art der Gebäude, also zu den Tempeln der Götter hauptsächlich, — weil Vollkommenheit und Unvollkom-menheit der Arbeit daran ewig zur Schau bleibt — eigene Vorschriften gegeben; ja, sie haben allgemein die Glieder des Körpers bey allen Gebäuden zum Maaſsstabe gewählt, z. B. Zoll, Querhand, Fuſs und Elle; und diese nach der vollkommenen Zahl, welche die Griechen τέλειον nennen, eingetheilt. Zur vollkommenen Zahl aber haben die Alten die Zahl Zehn angenommen, wegen der zehn Finger an den Händen: und in Zolle ist die Querhand, in Querhände der Fuſs abgetheilt.

Gleichwie aber an den beyden Händen von der Natur zehn Finger gemacht worden sind, so hält Plato auch diese Zahl darum für die vollkommene Zahl, weil ein Zehner — decussis — aus Ein-heiten oder einzelnen Dingen, welche die Griechen Monaden heiſsen, entsteht, und welche, so bald sie diesen Zehner überschreiten und eilf oder zwölf ausmachen, nicht mehr eine vollkommene Zahl seyn kön-nen. Dieses werden sie nicht eher wieder, als bis sie den zweyten Zehner erreichen; denn die Einheiten sind nur Theile der vollkom-menen Zahl.

Die Mathematiker aber behaupten dagegen, sechs sey die voll-kommene Zahl: Erstlich, weil diese Zahl Theile — partitiones — habe, die zusammen wiederum die Zahl sechs ausmachen; nehmlich das Sechstel — sextans — Eins; das Drittel — triens — Zwey; das Zweytel — semissis — Drey; das Zweydrittel — bes, Griechisch δίμοι-ρον — Vier; das Fünfsechstel — quintarium, Griechisch, — πεντάμοι-ρον — Fünf; und die vollkommene Zahl Sechs. Zweytens, weil, wenn man etwas zu Sechs addirt, man durch Hinzufügung der Ein-heit (as) ἐφεκτὸν, (übersechs) d. i. sieben erhält; acht aber, wenn ein Drittel hinzugefügt wird, welches Lateinisch — triens alte-rum — und Griechisch ἐπίτριτος heiſst; neun, wenn die Hälfte hinzu addirt wird, so daſs anderthalb — sesqui alterum — entsteht, welches ἡμιόλιος heiſst; zehn, wenn zwey Drittel hinzu kommen, welche Lateinisch bes alterum und Griechisch ἐπιδίμοιρον heiſsen; eilf, wenn man dazu fünf Sechstel addirt, welche Lateinisch quintarium alterum und Griechisch ἐπιπεντάμοιρον heiſsen; zwölf endlich, wenn man die einfache Zahl sechs zu sich selbst addirt, welches διπλασίων heiſst. Drittens, weil der Fuſs das Sechstel der Höhe des Menschen ausmacht, und also auch der Körper an Höhe sechs Fuſs hält. Überdieſs, merken sie an, bestehe die Elle aus sechs Querhän-den und aus vier und zwanzig Zoll; wodurch wahrscheinlich die Grie-chischen Staaten veranlaſst worden, gleichwie die Elle aus sechs Querhänden besteht, bey der Drachma sich auch der Zahl Sechs zu bedienen; denn sie haben die Drachma in sechs eherne Münzen wie As, welche sie Obolen heiſsen; und, nach dem Vorbilde der vier und zwanzig Zoll in der Querhand in Viertelobolen, welche einige Dichalken, andere Trichalken nennen, eingetheilt.

Anstatt des gewöhnlichen tertiarium lese ich, weil es der Sinn also erfordert, und weil es durch unrichtiges Abschreiben leicht aus tertiarium entstanden seyn kann —

Unsere Vorfahren aber nahmen anfangs Zehn zur vollkomme-nen Zahl — numerus antiquus — an; gaben daher dem Denar zehn eherne As (woher dieses Geldstück noch bis auf den heutigen Tag den Nahmen Denar d. i. Zehner führt) und nannten den Viertel-denar, weil er aus drittehalb As besteht, Sesterz, d. i. Drittehalber. Als sie aber nachmals gewahr wurden, daſs beyde Zahlen, so wohl sechs als zehn, vollkommene Zahlen wären, so warfen sie beyde in Eins zusammen und machten also die höchst vollkommene Zahl Sech-zehn — decussissexis. — Sie geriethen auf diese Erfindung durch den Fuſs: denn zieht man von Einer Elle zwey Querhände ab, so bleiben vier Querhände übrig, welche Einen Fuſs ausmachen; Eine Querhand aber hält vier Zoll, so daſs also ein Fuſs sechzehn Zoll hält, und gleichmäſsig eben so viel eherne As der Denar.

triens alterum, d. i. 1 {1/3}, nach der Analogie mit sesqui alterum und bes alterum gebildet; denn tertiarium heiſst einmal nichts anders als ein Drittel. Baldus hat in einem sehr alten Codex adtertiarium gefunden. Wie sehr übrigens Le Roy diese Stelle miſsdeute, und welche Anwendung er davon auf den Abstand der Toscanischen Dachtraufe von der Tempelmauer mache, siehe Les ruines des monumens de la Grece. Tome I. seconde partie, page 37 etc. Im Texte steht bloſs quintarium. Da Vitruv aber kurz zuvor quintarium durch die Summe von fünf Theilen des Ganzen erklärt hat; so kann es hier unmög-lich auch 1 {5/6} bedeuten; sondern es muſs hier gleichfalls nach obiger Analogie quintarium alterum heiſsen; wie ich auch in den Text aufgenommen habe.

Wenn es nun ausgernacht ist, daſs vermittelst der menschlichen Glieder die Grundzahl erfunden worden ist, und daſs das Ebenmaaſs aus der Übereinstimmung des Verhältnisses der einzelnen Glieder mit dem ganzen Körper nach Maaſsgabe eines bestimmten Theils ent-steht: so folgt, daſs wir auch denen Recht geben müssen, die bey Erbauung göttlicher Tempel die Theile dieser Gebäude so eingerich-tet haben, daſs sie vermittelst des guten Verhältnisses und des Eben-maaſses, einzeln und zusammen genommen, in einer schicklichen Übereinstimmung stehen.

Der Unterschied der Gattungen der Tempel besteht in ihrer Form. Ein Tempel ist entweder — in antis — (mit Eckwandpfeilern,) so Griechisch Ναὼς ἐν παραστάσιν heiſst, oder Prostylos (d. i. Vorn-säulig,) oder Amphiprostylos (d. i. Vorn- und Hintensäulig,) oder Peripteros (d. i. Einflügelig,) oder Pseudodipteros (d. i. falsch-doppelflügelig,) oder Dipteros (d. i. doppelflügelig,) oder Hypä- thros (d. i. unbedeckt.) Eines jeden derselben unterscheidende Ge-stalt ist nach folgenden Regeln zu bilden.

Da Vitruv selbst unten in der Vorrede des 4. Buchs das Wort principium, dessen er sich hier bedient, durch genus erklärt: so stehe ich auch nicht an, es hier also zu übersetzen.

In antis ist ein Tempel, der in der Fronte an den Seitenmauern der Zelle Anten (d. i. Eckwandpfeiler) und, zwischen diesen Anten mitten inne, zwey Säulen hat; worüber ein Giebel steht, der nach dem in diesem Buche vorgeschriebenen Ebenmaaſse eingerichtet ist. Ein Beyspiel hievon giebt es an dem Einen der drey Fortunen- tempel, welcher zunächst dem Hügelthor — porta collina — steht.

Ein Prostylos hat alles gleichwie der Tempel in antis; den Anten aber gegenüber zwey Ecksäulen, und überdieſs die Unterbal-ken — epistylia — gleichwie in antis; jedoch rechts und links um die Ecke — in versuris — je einen einzelnen Unterbalken . Bey- spiele davon sind auf der Tiber-Insel in dem Jupiter- und dem Faunustempel vorhanden. Ein Amphiprostylos ist dem Prostylos völlig gleich; und hat überdieſs an der Hinterfronte — posticum — auf gleiche Weise angeordnete Säulen nebst Giebel. Ein Peripteros ist, so in der Vorder- und Hinterfronte sechs, an den Seiten aber, mit Inbegriff der Ecksäulen, eilf Säulen hat; welche so gestellt sind, daſs der Raum von den Wänden ringsumher bis an die äuſsere Säulenreihe an Breite Eine Säulenweite beträgt, und also um die Zelle des Tempels her ein Gang geht: so ist in dem Säulengange des Metellus der Tempel des Jupiter Stator, dessen Erbauer Hermodus; ingleichen des Marcellus Tempel der Ehre und Tapferkeit, welchen Mutius ohne Hinterthüre — posticum —erbauet hat.

Ein antikes Beyspiel eines Tempels in antis ist nicht vorhanden; es sey denn in einer Trümmer nahe bey Girgenti, welche in Galiani’s Übersetzung S. 125 als eine Schluſsleiste zu sehen ist. Eine Vorstellung davon aber, welche mit der Vitruvischen Be-schreibung überein kommt, siehe Los diez libros de Arch. di M. Vitruvio Polion tradu-cidos de Latin, y comentados por Don Joseph Ortiz y Sanz. Lamina VII — VIII. Diese 3 Tempel hieſsen: Fortunae reducis, liberae et statae. Überbleibsel sind davon nicht vorhanden. Siehe B.IV. K.3. Auch das Wörterbuch. — Weder Perrault’s noch Galiani’s Vor-stellung des Prostylos billige ich; wohl aber die des Newton, Fig.XIV. Ein antikes Beyspiel des Amphiprostylos ist der Jonische Tempel, der am Ilissus stand, und dessen Abbildung zu sehen ist Antiq. of Athens. Vol. I. Chap. II. Pl. I — VIII.

Ein Pseudodipteros muſs in der Vorder- und Hinterfronte acht, und an den Seiten, mit Inbegriff der Ecksäulen, funfzehn Säu-len haben. Die Mauern der Zelle müssen vorn und hinten auf die vier mittleren Säulen treffen; wodurch denn ein Raum von zwey Säulenweiten und der unteren Säulendicke rings umher zwischen den Wänden und der äuſseren Säulenreihe entsteht. Ein Beyspiel hie- von giebt es in Rom nicht; aber zu Magnesia an des Hermo-genes von Alabanda Tempel der Diana, und am Tempel des Apollo, welchen Mnestes erbauet hat.

Siehe unten, K. 3. Anmerkung. Die gewöhnliche Leseart ad Mariana kann nicht Statt haben. Die Lage des Tem-pels der Ehre und Tapferkeit ist vom Livius B.XXIX. K. 11. bey dem Capenischen Thore, also in der ersten Region Roms, bestimmt; dahingegen das Siegsmal des Marius sich in der fünften Region befand. M. Marcellus, der Eroberer von Syra-kus, lieſs diesen Tempel erbauen; siehe Livius XXVII. K. 25. Vitruv erwähnt dieses Tempels noch einmal unten in der Vorrede zum VII. Buche mit groſsem Lobe; welches nachzusehen ist. Posticum heiſst hier, ganz gewöhnlich, die Hinterthür. Nach der Regel durſte, wie uns Vitruv gleich nachher sagen wird, nur der Hypäthros vorn und hinten Thüren haben. Vitruv hätte also eigentlich nicht nöthig gehabt, hier anzumerken, daſs Mu-tius den Tempel der Ehre und Tapferkeit ohne Hinterthür erbauet hätte, wenn er es nicht darum des Bemerkens werth erachtet hätte, weil dieser Tempel zweyen Gottheiten geweiht war. Wahrscheinlich ists auch dieser nehmliche Umstand, welcher den heiligen Augustin zu sagen veranlaſste: “In den Tempel der Ehre ist kein anderer Eingang, als durch den Tempel der Tapferkeit.” Ein antikes Beyspiel eines Peripteros ist der Tempel des Theseus zu Athen. S. Le Roy etc. Tome I. Pl. VIII. XVII. und XVIII. Nur merke ich an, daſs auf Pl. VIII. auf der Seite, anstatt 13 Säulen, fälschlich 14 Säulen stehen. Ein Irrthum, dem jedoch auf Pl. XVII. und XVIII. abgeholfen ist.

Ein Dipteros ist zwar auch vorn und hinten achtsäulig, hat aber um die Zelle eine doppelte Säulenreihe, wie der Dorische Tem-pel des Quirinus, und der vom Ktesiphon erbauete Jonische der Diana zu Ephesus .

Ein Hypäthros aber ist so wohl vorn als hinten zehnsäulig; jedoch alles übrige hat er gleich dem Dipteros, auſser im Innern eine doppelte Reihe Säulen über einander, die so weit von der Wand abstehen, daſs man umher gehen kann, wie in der Halle eines Peri-styls; doch der mittlere innere Raum ist unbedeckt, ohne Dach; und von beyden Seiten, so wohl in der Vorder- — pronaos — als Hinter-fronte — posticum, — führen Thüren hinein . Zu Rom giebt es kein Beyspiel hievon; aber zu Athen den achtsäuligen Tempel , und den Tempel des Olympischen Jupiters .

Ein antikes noch vorhandenes Beyspiel eines Pseudodipteros ist mir nicht bekannt. Eine, nach Vitruvs Anleitung aber richtig entworfene Vorstellung desselben, siehe in Ortiz’s Übers. Vitruvs, lamina XIII. fig. 2. und lamina XIV. Auch vom Dipteros ist mir kein antikes übrig gebliebenes Beyspiel bekannt. Eine, der Vitruvischen Regel gemäſs entworfene Abbildung davon siehe gleichfalls in Ortiz’s Übers. lam. XIII. fig. 2. und lam. XV. Ich stimme dem Ortiz y Sanz in seiner Spanischen Übersetzung Vitruvs, Seite 63, Anmerk. 35 bey, wenn er hieraus schlieſst, daſs nur allein der Hypäthros so wohl in der Vorder- als Hinterfronte eine Thüre hatte. Diesen Schluſs unterstützt nicht allein das 4. K. des 4. Buchs, worin die innere Einrichtung der Tempel überhaupt bestimmt wird; sondern es bestätigen denselben auch alle Überreste alter Tempel in Asien, Grie-chenland, Sicilien, Italien, u. s. w. zum Beyspiel, der Tempel des Apollo Didymäus bey Milet, der Tempel zu Jackli bey Mylasa, der Jonische Tempel am Ilissus, der Tempel des Theseus zu Athen u. a. m. Hätten die Verfasser der Jonian anti-
quities diese Bemerkung gemacht, so würden sie nicht pag.47 die Weglassung der Hin-terthüre am Tempel des Didymäischen Apolls, als einer Sonderbarkeit erwähnen, welche eine Ausnahme mache. d. i. das Parthenon, (Abbildung desselben siehe in Stuart’s ant. of Athens, Vol. II.); sonderbar ist es, daſs Vitruv hier einen Tempel zum Beyspiele anführt, der gerade eine Ausnahme von der angegebenen Regel macht. Ja, das Parthenon macht eine doppelte Ausnahme; denn es ist nicht nur vorn und hinten achtsäulig, sondern es hat auch an den Seiten nur eine einfache Reihe Säulen. Galiani liest mit Jocundus: sed Athenis octastylos et in templo Jovis Olympii; trotz der Conjunction et aber, welche anzeigt, daſs hier von zwey Tem-peln die Rede ist, übersetzt er gleichwohl: ma tale è in Aténe il tempio d’otto co-lonne di fronte dedicato a Giove Olimpio. Stuart, the Ant. of Athens, p. 5. n. s. führt sieben Codices an, welche alle et in templo Olympio lesen. Er hält dafür, unter diesem Olympischen Tempel sey der Tempel Jupiters zu Olympia zu verstehen; da der Tempel des Olympischen Jupiters zu Athen unmöglich hier könne gemeint seyn, weil dieser ein Dekastylos gewesen sey. Nach meiner Art die Sache zu sehen, muſs ich die Behauptung umkehren. Eben darum, weil der Tempel des Olympischen Jupiters zu Athen ein Deka-stylos war, glaube ich, daſs er hier gemeint sey; denn warum sollte Vitruv bloſs Ansnahmen von der Regel als Beyspiele anführen? Es ist ja hier von dem Hypä-thros die Rede, der so wohl vorn als hinten zehnsäulig ist. Siehe den Grundriſs des Tempels des Olympischen Jupiters zu Athen, bey Stuart etc. Vol.II. Chap. I. Pl.XXXI. Er hat 10 Säulen in den Fronten und 21 Säulen auf jeder Seite. Le Roy etc. T.II. Pl.XXIII. giebt diesem Tempel auf den Seiten nur 20 Säulen; hält aber für denselben die Trümmer eines Gebäudes, welches bey dem Stuart die Pökile, bey dem Chandler aber (travels in Greece p.98.) das Prytaneum heiſst. Von noch mehreren Gattungen der Tempel handelt Vitruv unten im 7. Kap. des 4. Buchs.
ZWEYTES KAPITEL. Fünferley Arten — species — der Tempel.

Es giebt fünferley Arten der Tempel, deren Benennungen folgen-gende sind:

Pyknostylos, das ist, engsäulig; Systylos, etwas weitsäuli-ger; Diastylos, noch weitsäuliger; Aräostylos, allzu weitsäulig; Eustylos, schönsäulig, oder von gehöriger Säulenweite.

Ein Pyknostylos ist, dessen Säulenweite anderthalb Säulen-dicken hält: als, der Tempel des vergötterten Julius , und auf Cäsars Markte der Tempel der Venus , und noch andere der- gleichen mehr.

Des Herrn Weinlig Meinung, (Briefe über Rom, Theil 2. S. 13) daſs der Inhalt dieses Kapitels die Jonische Säulenordnung ganz allein angehe, kann ich nicht beytreten. Vitruv sagt zwar am Ende dieses Buchs, er habe darin die An-ordnung der Jonischen Tempel vorgetragen; allein dieſs bezieht sich bloſs auf das Ende desselben, wo er von der Jonischen Ordnung insbesondere spricht, nachdem er vorher von den Tempeln überhaupt gehandelt und das Allgemeine davon angege-ben hat. August erbauete denselben an seinem Markte, und stellte darin die Gemälde des Kastors und Pollux und der Victoria auf. S. Plinius B. 35. K. 10. d. i. der Tempel der Venus Genitrix, welchen J. Cäsar auf seinem Markte erbauete, und mit den Gemälden des Timomachus, Medea und Ajax zierte. Diese scheinen in der Vorhalle aufgehängt gewesen zu seyn, weil Plinius B. 35. K. 9. sich ausdrückt — Ajace et Medea ante Veneris Genetricis aedem dicatis. Zur Seite der Statue der Göttin stand die der Cleopatra. S. Appian. de bell. civ. lib. II.

Ein Systylos ist, wo die Säulenweite den Raum von zwey Säulendicken einnimmt, und die Plinthen der Basen gerade so groſs sind, als der Raum, der zwischen zwey Plinthen bleibt: als, der Tempel der ritterlichen Fortuna beym steiner-nen Theater, und die übrigen, welche auf diese Art eingerich- tet sind. Beyde erwähnte Arten haben das Fehlerhafte, daſs die Frauen, wann sie zum Gebete die Stufen herauf steigen, nicht an-gefaſst, paarweise, zwischen den Säulen durchgehen können, sondern hinter einander in Einer Reihe gehen müssen. Ingleichen schadet die Enge der Säulen dem Anblicke der Thüre, und werden die Sta- tuen. verdunkelt; auch wird das Umhergehen zwischen der Säu- lenstellung und dem Tempel wegen des engen Raums gehindert.

d. i. das Theater des Pompejus, welches überhaupt das erste, und zu der Zeit, als Vitruv schrieb, (zu Anfang der Regierung Augusts) noch immer das ein-zige steinerne Theater zu Rom war. Die beyden anderen steinernen Theater, des Mar-cellus und Balbus, wurden erst nachher, wo nicht gegründet, doch wenigstens voll-endet; so daſs auf allem Falle das Pompejanische Theater damals noch immer Vor-zugsweise das steinerne genannt werden konnte. s. B. V. Kap. 9. Einen Grundriſs vom Theater des Pompejus siehe auf dem von Piranesi heraus gegebenen anti-ken Grundriſs des alten Roms, welchen man auf einer Marmortafel im Tempel der Roma gefunden hat. Zum Modell diente dem Pompejus, der dieses Theater nach geendigtem Mithridatischem Kriege auf dem Marsfelde erbauete, das Theater zu Mity-lene; nur richtete er es viel gröſser und prächtiger ein. Es soll 40000 Zuschauer enthal-ten haben; und oben über den Sitzreihen standen zwey Tempel, deren Einer der Venus Victrix, und der Andere der Victoria geweihet war, und zu denen man auf den Sitzstufen des Theaters empor stieg. Zwischen diesen beyden Tempeln oben, lieſs August einen Bogen aus Marmor errichten, worunter er, gerade der Königsthüre des Theaters gegen über (so erkläre ich die Worte Suetons: Pompeji statuam, contra theatri ejus re-giam marmoreo Jano supposuit. v. Octavius 31. Ernesti’s Erklärung dieser Stelle, Excursus V., thut mir nicht Genüge,) die Bildsäule des Pompejus stellte, welche yorher in der Curie gestanden hatte, wo Cäsar war ermordet worden. Bey Anwesenheit des Teridats zu Rom lieſs Nero das ganze Theater inwendig mit Goldblechen be-legen. Nachdem es lange in Trümmern gelegen, stellte es Theodorich wieder her. Itzt findet sich kaum noch eine Spur davon im Palazzo Pio. S. Plutarch im Leben

Ein Diastylos ist also eingerichtet, daſs die Säulenweite drey Säulendicken ausmacht, wie an des Apollo und der Diana Tempel. Diese Stellung hat das Ungemächliche, daſs die Unterbalken wegen der zu groſsen Zwischenweite brechen.

Beym Aräostylos kann man sich weder steinerner noch mar-morner Architraven bedienen; sondern an deren Statt muſs man lange Unterbalken von Zimmerholze legen. Auch sind solche Tempel von Ansehen gedrückt — barycus, — plattköpfig — barycephalus, — nie-drig und breit. Man pſlegt die Giebel derselben nach Toskanischer Art mit vergoldeten irdenen und ehernen Statuen zu zieren. So ist, zum Beyspiel, beym gröſsten Circus der Cerestempel und der vom Pompejus erbauete Tempel des Herkules , in- gleichen der Tempel des Kapitoliums .

des Pompejus; Sueton, Claudius 21. Gellius X. 1. Appian. 2. Plinius XXXIII. 3. Dio Cassius 63. 6. Es waren nehmlich in der äuſseren Mauer der Zelle, zu beyden Seiten der Thüre, Nischen mit Statuen angebracht. Siehe dergleichen in der Façade des Pantheons zu Rom, Desgodez, p. 19. Galiani und Ortiz, die das im Texte stehende ornant signis fastigia, durch erhabenes Bildwerk im Giebelfelde, übersetzen, irren sich sehr. Der Grund, warum die Giebel mit Statuen zu zieren waren, ist ihnen nicht beygefallen, so einfach er auch ist: Es geschah nehmlich, um dadurch dem gedrückten Ansehen der Gebäude eini-germaſsen abzuhelfen. Er wurde vom Dictator A. Posthumius erbauet, und vom Spurius Cassius, als er im Jahre Roms 261. Consul war, eingeweihet, d. i. mehr als 450 Jahre vor Vitruv. (Dionysius von Halicarnass V. VI.) August fieng diesen Tempel, der vor Alter verfiel, wieder herzustellen an; aber erst Tiber vollendete ihn. (Tacitus Annal. II. 49.) Beym Plinius B.35. K.45. finden wir folgende Anekdote diesen Tempel betref-fend: “Die berühmtesten Bildner in Thon, Gips, u. s. w. — plastae, — sagt er, waren Damophilus und Gorgasus: beyde zugleich auch Maler. Sie schmuckten den Cerestempel zu Rom, am Circus Maximus, mit Werken ihrer beyden Künste
aus, und zeigten vermittelst einer griechischen Inschrift an, die Arbeit an der rechten Seite sey von Damophilus, an der linken aber von Gorgasus. Vor Erbauung dieses Tem-pels, erzählt Varro, sey an den Tempeln alles Toskanisch gewesen; und als dieser Tem-pel ausgebessert worden, habe man die Bekleidung von den Wänden abgenommen und in Rahmen gefaſst; auch sey Drang nach den Statuen von den Giebeln gewesen.” Plinius erwähnt dieses Tempels B. 34. K. 19. n. 3. indem er sagt: Myron habe die darin befindliche Statue des Herkules verfertiget. Da die Beschreibung des Tempels des Capitolinischen Jupiters, theils als Erläuterung, theils als Supplement dessen anzusehen ist, was Vitruv unten B. 4. K. 7. von der Etrurischen Bauart sagt; so halte ich es für zweckmäſsig, sie aus den, beym Dionysius von Halicarnass, Livius und Tacitus, davon vorhandenen Nach-richten hier einzurücken. Der Tempel des Capitolinischen Jupiters wurde vom Tarquinius Pris-cus auf der Spitze des Tarpejischen, nachmaligen Capitolinischen Berges, ge-gründet; dessen Bau aber erst im dritten Jahre der freyen Republik vollendet. Er hielt ungefähr 800 Fuſs im Umfange. Die Länge betrug 200, und die Breite 185 Fuſs. In der Fronte, welche gen Mittag gekehrt war, standen drey, und auf den Seiten zwey Reihen Säulen; es machte also der Abstand der Säulen von einander, und folglich auch die Breite der Hallen, 15 Fuſs aus. Die drey Reihen Säulen in der Fronte betrugen 45 Fuſs: Zieht man diese 45 Fuſs von den 200 Fuſs der ganzen Länge ab; so bleiben 155 Fuſs zur Länge des inneren Tempels. Die vier Reihen Säulen auf beyden Seiten machen 60 Fuſs aus. Diese von den 185 Fuſs der ganzen Breite abgezogen, bleiben 125 zur inne-ren Breite. Das innere war in drey Zellen abgetheilt, deren mittlere dem Jupiter, die zur Rechten der Minerva, und die zur Linken der Juno gewidmet war. In jede Zelle gieng man von auſsen, in der Fronte, durch einen eigenen Eingang mit eherner Schwelle ein. Den Giebel über dem mittleren Eingange zierte eine vergoldete Quadriga, ingleichen zwölf vergoldete Schilde. Die Statue Jupiters im Innern war von gebrannter Erde und wurde an Festtagen mit Zinnober geschminkt (s. Plinius XXX. 36. XXXV. 45.). Das Dach des Tempels war mit vergoldeten Kupferplatten gedeckt. Über den Säulen standen Statuen, und an die Säulen waren Schilde und Feldzeichen aller Art befestiget, welches alles jedoch, als überladenen Zierrath, der Censor, M. Ämilius Lepidus, wieder hinweg-nehmen lieſs. Oben aber auf dem Hauptgiebel prangte Jupiters Bildsäule auf einem Wagen

Was den Eustylos betrifft, dessen Einrichtung so wohl in Rück-sicht des Gebrauchs, als des Ansehens und der Festigkeit den meh-resten Beyfall verdient: so muſs dessen Säulenweite von zwey Säu-lendicken und einem Viertel seyn; die mittlere Säulenweite aber, so wohl in der vordern als hintern Fronte, von drey Säulendicken; denn also erhält er ein schönes Ansehen, einen geräumigen Eingang, und einen stattlichen Gang um die Zelle her. Die Verhältnisse des-selben sind folgende:

Soll des Tempels bestimmte Fronte viersäulig werden, so theile man sie in zwölftehalb Theile, die Auslaufungen und Ausladungen der Basen ungerechnet: soll sie sechssäulig werden, in achtzehn Theile: wofern aber achtsäulig, in fünf und zwanzigtehalb Theile. Je nachdem sie nun vier- sechs- oder achtsäulig seyn soll, nehme man von diesen Theilen Einen, und dieser ist der Model. Einen solchen Model gebe man der Säulendicke. Die Säulenweiten ins-gesammt müssen von zwey Modeln und einem Viertel seyn, auſser die mittleren in der Vorder- und Hinter-Fronte, welche je von drey Modeln zu machen sind. Der Säulenhöhe sind neuntehalb Model zu geben. Durch diese Eintheilung werden so wohl die Säulenwei-ten, als auch die Säulenhöhen das gehörige Verhältniſs erhalten. Wir haben hievon zu Rom kein Beyspiel, aber in Asien zu Teos den sechssäuligen Tempel des Bacchus. Die Verhältnisse hat Her- mogenes festgesetzt, der auch der erste Erfinder des Octastylos, oder des Pseudodipteros ist; denn er nahm von der Form des Dipteros die innere Reihe von acht und dreyſsig Säulen hin- weg; wodurch er Kosten und Mühe ersparte, und den Gang um die Zelle her weit geräumiger machte, ohne dem Ansehen im geringsten Eintrag zu thun; denn, da niemand das Überflüssige vermiſste, so behielt übrigens das Gebäude völlig das stattliche Ansehen. Eigent-lich ist ja das Pteroma, oder die Säulenstellung rings um die Zelle her, bloſs in der Absicht erfunden worden, um durch das Abstechende der Zwischenweiten dem Gebäude ein stattliches Ansehen zu geben, und zugleich bey einem plötzlichen Regen einer Menge Leute im Tempel und rings um die Zelle her ein gemäch-liches Obdach zu verschaffen. Beydes wird nun vollkommen bey der Einrichtung des Pseudodipteros erreicht; weshalb Hermo-genes mit Scharfsinn und vieler Klugheit bey der Anlage seiner Gebäude zu Werke gegangen zu seyn beweiſst; eben daher aber auch in denselben der Nachwelt eine Quelle der lautersten Theorie der Kunst hinterlassen hat.

mit 4 Pferden, von gebrannter Erde und vergoldet. Ein geräumiger Vorhof — atrium, peribolus, — zu dem man, so wie zu dem Tempel selbst, auf Stufen empor stieg, schloſs das Ganze ein. Nach 415 Jahren brannte dieser Tempel ab; wurde aber vom Sylla vollkommen in der alten Gestalt, nur aus kostbareren Materialien, wieder hergestellt, und so stand er noch zu Vitruvs Zeiten. Unterm Vitellius brannte er zum zweytenmale ab; Ves-pasian stellte ihn wieder her, zwar auch in derselben Form, jedoch höher, weil er Ko-rinthische Säulen von Pentelischen Marmor aus Athen dazu kommen lieſs. Ich lese mit den beyden Vatikanischen Handschriften, welche Galiani verglichen hat, anstatt octastylon, hexastylon, und zwar aus folgenden Gründen: 1) weil unmit-telbar darauf Vitruv sagt: die Verhältnisse hat Hermogenes festgesetzt, der auch der erste Erfinder des Octastylos oder des Pseudodipteros ist (qui etiam pri-mus octastylum pseudodipterive rationem invenit). 2) weil Vitruv in der Vor-rede des siebenten Buches diesen Tempel des Bacchus zu Teos Monopteros nennt indem er dieses Wort, dessen besondere Bedeutung B.IV. K. 7. vorkommt, hier als gleich-bedeutend mit Peripteros gebraucht. Daſs die Verfasser der Jonian Antiquities diesen Tempel zu einem octastylon und dipteros machen, ist nicht von Gewicht, da sie durch nichts, was sie an Ort und Stelle gefunden haben, dazu berechtiget worden sind. Nach ihrem eigenen Geständnisse (s. S.6.) liegen die Trümmer in einer solchen Unordnung durch einander, daſs weder irgend ein Säulenfragment, noch ein Stück Zellenmauer auf seiner ursprünglichen Stelle anzutreffen ist. Sie konnten auch nicht einmal eine Spur des Grundrisses entdecken, geschweige die Ansicht und die Gestalt des Tempels aus seinem gegenwärtigen Zustande bestimmen. Sie fuſsen bloſs auf die gewöhnliche Leseart des Vitruvs, die ich aus angeführten Gründen bestreite. Anstatt monopteros aber wol-len sie dipteros lesen; wogegen zweyerley einzuwenden ist: 1) daſs in allen Hand-schriften und Ausgaben monopteros gelesen wird; 2) daſs, wenn der Tempel zu Teos ein Dipteros gewesen wäre; Vitruv, bey seiner groſsen Hochachtung für die Werke des Hermogenes, denselben gewiſs als Beyspiel des Dipteros im vorhergehenden Kapi-tel mit angeführt haben würde, welches jedoch nicht geschehen ist. Zwar ist dieser Tem-pel auch nicht als ein Beyspiel des Peripteros angeführt; allein, wo einheimische Bey-spiele vorhanden sind, erwähnt Vitruv der ausländischen nicht, und dieſs ist hier der Fall. — Auch Ortiz liest hexastylon. Von diesem Tempel siehe mehr unten B. IV. K. 3. zu Anfange. Ich nehme die Philanderische Leseart XXXIV. anstatt XXXVIII. welches in allen Ausgaben steht, nicht an. Die Griechen pflegten zur verdoppelten Anzahl der Säu-len der Fronte noch Eine Säule auf die Seiten der Tempel zu stellen, so daſs bey ihnen ein Octastylos 17 Säulen auf den Seiten hatte; und also rings umher in der zweyten Reihe eines Dipteros 38 an der Zahl enthalten seyn muſsten.

Am Aräostylos müssen die Säulen ein Achtel der Höhe zur Dicke haben. Beym Diastylos ist die Säulenhöhe in neuntehalb Theile zu theilen, und Einer davon dem Durchmesser derselben zu geben. Beym Systylos theile man der Säulen Höhe in zehntehalb Theile und nehme Einen davon zur Dicke. Beym Pyknostylos aber theile man die Höhe in zehn Theile, und behalte Einen davon zur Dicke der Säule. Allein beym Eustylos werde, gleich wie beym Diastylos, in neuntehalb Theile die Säulenhöhe getheilt, und Ein Theil davon zum untersten Durchmesser genommen. Sol-chergestalt wird auf ein gutes Verhältniſs zu den Säulenweiten Rück-sicht genommen; indem im nehmlichen Verhältnisse, als der Raum zwischen den Säulen zunimmt, auch die Stärke des Säulenschaftes zu vermehren ist. Denn wenn beym Aräostylos die Säule ein Neun-tel oder Zehntel ihrer Höhe stark wäre, so würde sie dünn und mager lassen; weil wegen der Breite der Zwischenweiten die Luft, dem Scheine nach, die Dicke der Säulenschäfte benagt und vermin-dert: hinwiederum wenn beym Pyknostylos die Säulen ein Ach-tel der Höhe stark wären; so würde er, wegen der vielen und engen Zwischenweiten, plump und unangenehm aussehen. Also muſs man sich nach dem Ebenmaaſse jeder Gattung richten.

Auch sind die Ecksäulen um ein Funfzigtel des Diameters der anderen Säulen stärker zu machen, weil sie gleichsam von der Luft beschnitten werden, und sonst dem Ansehen nach dünner zu seyn scheinen: daher denn um so viel, als das Auge getäuscht wird, die Kunst ersetzen muſs.

Was die Verjüngung — contractura — oben am Halse — hypo-trachelium — der Säule betrifft; so ist sie folgendermaſsen zu machen.

Ist die Säule höchstens funfzehn Fuſs hoch; so theile man den unteren Durchmesser in sechs Theile, und nehme fünf davon zum obern Durchmesser. Hat die Säule funfzehn bis zwanzig Fuſs Höhe; so theile man den untern Diameter in siebentehalb Theile, und mache den oberen aus sechstehalb derselben: beträgt aber die Höhe der Säule zwanzig bis dreyſsig Fuſs; so theile man die untere Säulen-dicke in sieben Theile, und gebe der obern deren sechs: allein bey einer Säulenhöhe von dreyſsig bis vierzig Fuſs, ist die unterste Säu-lendicke in achtehalb Theile zu theilen, wovon der obersten sieben-tehalb zu überlassen sind: und bey einer Säulenhöhe endlich von vierzig bis funfzig Fuſs ist der untere Diameter in acht Theile zu theilen, und um sieben davon der obere Säulenhals zu verjüngen. Sollte aber die Säulenhöhe noch mehr betragen; so ist die Verjün-gung nach dieser Theorie verhältniſsmäſsig zu bestimmen. Jedoch ist alsdann noch zu bemerken, daſs, da diese Säulen, wegen ihrer allzu groſsen Höhe, das nach ihnen hinauf blickende Auge täuschen, sie auch wieder nach Maaſsgabe der scheinbaren Einbuſse zu ver-stärken sind; denn das Auge sucht Schönheit; wo seinem Gelüste nun nicht durch gutes Verhältniſs Genüge geschieht und durch jene Verstärkung, die gerade so viel wieder ersetzt als warum es getänscht worden ist, da wendet es sich unzufrieden, als von einem häſs-lichen, widrigen Anblicke, hinweg.

Von der Verstärkung, welche in der Mitte der Säule Statt findet, und bey den Griechen ἔντασις heiſst, habe ich am Ende dieses Buchs einen Riſs beygefügt, nebst der Methode wie sie sanft und schicklich zu machen ist.

All the commentators have taken it for granted, that Vitruvius intended the swell to be beyond the perpendicular of the bottom of the shaft, thereby making the column thicker in the middle than at the bottom; and it seems not to have occurred to them, that he might possibly mean, that the swell should rise from the inclined line that passes from the bottom of the shaft to the point of diminution at the top; although this latter is as consonant to the text as the former, and is much more beautiful and conformable to the antique: they have therefore charged Vitruvius with inculcating a rule, which neither propriety, beauty, or the example of anti-quity, recommands; and which gives the column so deformed and displeasing an appearance, that few architects, if any, have thought propre to practise it. — — In many ancient columns yet remaining, we find the line which passes from the bottom to the point of diminution at the top, to be quite strait; but in the greater part of those in the Roman buildings, that line is observed to have a gentle swell or curva-ture; such, in fact, as columns would have, were they formed according to the suppo-sition that the swell described is to be understood to rise from the aforesaid inclined line, and not from the perpendicular line. Reason, beauty, and the example of an-tiquity, therefore, all conspiring, to support this opinion, as much as to disprove the other, it becomes more than probable that this was the meaning of Vitruvius. From a passage at the End of this book we learn, that the quantity of the swell or entasis in the middle of columns is equal to the size of one of the fillets between the channels. The channels, as well as fillets, are usually twenty-four in number, and the latter are to the former as one to three; one fillet must therefore be equal to the ninety-sixth part of the circumference of the column, or about the thirtieth part of the diameter, which therefore must be the quantity of the swell in the middle of the shaft. Newton’s Vitruvius p. 53. 54. (11. *)
DRITTES KAPITEL. Grund der Tempel. Ionische Säulen nebst Gebälke.

Den Grund — fundatio — zu den Tempeln grabe man nicht allein so tief, bis man, wo möglich, festen Boden erhält; sondern auch noch in den festen Boden hinein, nach Maaſsgabe der Gröſse und Schwere des aufzuführenden Gebäudes: die Aushöhlung ist dann mit sehr festem Mauerwerke auszufüllen. Über der Erde führe man unter den Säulen Mauern auf, die ein halb Mal dicker sind, als die Säulen werden sollen; damit das Untere fester als das Obere sey, so darum Untersatz — stereobata — heiſst, weil die ganze Last darauf gesetzt wird. Die Auslaufungen der Basen müssen nicht über das Massive — solidum — dieses Untersatzes heraus treten. Wofern dar-auf Mauern aufgeführt werden; so muſs deren Dicke sich gleich- mäſsig verhalten. Der Zwischenraum des Untersatzes ist entweder zu wölben, oder fest zu rammen, — solidare ſistucationibus — damit dessen Mauern auseinander gespannt bleiben.

Ich lese mit Abate Fea (s. dessen Progetto per una nuova edizione di Vi-truvio, p. 20.) in extremo libro erit forma et ratio ejus, quemadmodum mollis et con-veniens efficiatur, subscripta. Aus dem letzten Worte ist durch die Abschreiber sub-structionis gemacht, und damit fälschlich das folgende Kapitel angefangen worden. Ich lese mit A b. C. Fea: Fundationes eorum operum fodiantur, si queat in-veniri, ad solidum, et in solido, quantum ex amplitudine operis pro ratione videbi-tur; exstuaturque structura totum solum quam solidissima. Siehe Progetto per una nuova edizione di Vitruvio. Roma li 25. Ag. 1788. pag.20. Nehmlich bey Tempeln in antis; beym Prostylos, und Amphiprostylos.

Allein kann man keinen festen Boden erhalten, und ist der Ort unten locker — congestitius — oder morastig: so grabe und leere man denselben aus; schlage angebrannte ellerne oder ölbäumene, oder eichene Pfähle ein; verbinde damit durch Maschinen dicht neben ein-ander gelegte Schwellen; fülle den Raum zwischen den Pfählen mit Kohlen aus und mauere hierauf fest den Grund auf. Ist der Grund gelegt, so führe man den Säulenstuhl — stylobata — waag- recht auf, und stelle darauf die Säulen nach obiger Vorschrift; nehm-lich man ordne einen Pyknostylos nach der, zum Pyknostylos gegebenen Anweisung an, und so ebenfalls einen Systylos oder Diastylos oder Eustylos, jeglichen nach der dazu vorgeschrie-benen Weise. Bloſs beym Aräostylos behält man die Freyheit, nach Belieben zu verfahren. Inzwischen müssen bey einem Peri- pteros die Säulen also gestellt werden, daſs auf den Seiten immer noch einmal so viel Säulenweiten sich beſinden, als in der Fronte; denn also verhält sich die Länge des Gebäudes doppelt zur Breite. Daher diejenigen, welche die Säulen verdoppelt haben, einen Fehler begangen haben; weil alsdann das Gebäude um eine Säulenweite zu lang seyn würde.

Nach der gewöhnlichen Leseart — sublicaeque machinis adigantur quam creber-rimae — heiſst diese Stelle: und es werden sublicae (ein Volscisches Wort, das eben so gut Schwelle oder Balke, als Pfahl heiſsen kann) dicht neben ein-ander eingerammet. Da Vitruv aber unmittelbar vorher die Pfahlschlagung genau durch palis alneis — ustulatis configatur locus beschrieben hat; so kann ich mich nicht überreden, daſs er dieselbe Sache noch einmal nur halb und unvollkommen sollte ausdrücken wollen. Auch macht er gleich darauf wieder einen Unterschied unter sublicis und palis, indem er sagt: carbonibus expleantur intervalla palorum. Ich glaube daher, daſs Vitruv durch sublicae creberrimae einen Rost andeutet; und lese alligentur statt adigantur; um so mehr, da die Alten gewiſs nicht den Grund der Gebäude unmittelbar auf die Pfahlstellung, ohne Rost, gelegt haben werden; weil sonst die mit Kohlen aus-gefüllten Zwischenräume der Pfähle der Festigkeit des Grundes nachtheilig gewesen wären. Es ist offenbar, daſs Vitruv hier Säulenstuhl — stylobata — heiſst, was er kurz zuvor Untersatz — stereobata — genannt hat. Auch verstehe man hier unter Säulenstuhl nichts anders, als ein fortlaufendes Postament; denn von abgesonderten Säu-lenstühlen oder Postamenten wuſste Vitruv nichts.

Die Stufen vor der Fronte müssen allezeit von ungerader Zahl seyn, denn man muſs mit dem rechten Fuſse nicht allein unten auf die erste, sondern auch oben auf die letzte Stufe auftreten. Die Höhe — crassitudo — derselben ist, meiner Meinung nach, also zu bestimmen: Daſs sie weder über zehen, noch unter neun Zoll be-trage denn also wird das Aufsteigen bequem seyn. Zur Breite — retractio — derselben aber scheint mir nicht weniger als andert-halb Fuſs, noch mehr als zwey Fuſs genommen werden zu dürfen. Völlig das nehmliche gilt, wofern rings um den Tempel her Stufen angelegt werden sollen.

Nach Stuart’s Antiq. of Athens, Vol. II. p. 24. setzten sowohl Griechen als Römer eine ungerade Anzahl Säulen an die Seiten der Tempel; nur mit dem Unterschiede, daſs die Ersteren zu der verdoppelten Anzahl der Säulen der Fronte noch Eine hinzu fügten, so daſs ein Oktastylos bey ihnen siebzehn Säulen auf den Seiten hatte, und ein Hexastylos ihrer dreyzehn; hingegen die Letzteren von der verdoppel-ten Anzahl der Säulen in der Fronte Eine abzogen, so daſs bey ihnen ein Oktastylos nur 15, und ein Hexastylos nur 11 Säulen auf den Seiten hatte. — Allein diese Regel hält in Ansehung der Griechen auch nicht ganz allgemein Stich; z. B. der groſse Tempel zu Pästum hat sechs Säulen an den Fronten und an den Seiten vierzehn. Meh-rere Anomalien finden sich an den Tempeln zu Segesta und Selinus in Sicilien. Die Griechen hatten zwar in Ansehung des Verhältnisses der Länge ihrer Tempel zur Breite keine festgesetzten Regeln; kamen aber darin überein, daſs die Länge derselben mehr als die doppelte Breite hielt. Manche Griechische Tempel überschreiten diese Länge noch um ein Drittel der Breite, z. B. der Tempel des Theseus, der 43 Fuſs breit und 100 lang ist; andere sind bald anderthalb Mal so lang als breit. Der Concordientempel zu Agrigent ist 51 Fuſs 4 Zoll breit, 126 Fuſs lang. Einer zu Segeste 72 Fuſs breit, 180 Fuſs lang; — zu Selinus 46 Fuſs 9 Zoll breit, 116 Fuſs lang; ein anderer eben daselbst 67 Fuſs breit, 162 lang; @in dritter 73 Fuſs breit, 154 lang; ein vierter 78 F. breit, 216 lang; der fünfte 72 Fuſs breit, 174 lang; und der sechste 150 Fuſs breit, 310 lang. Siehe Houel voyage pitt. de Sicile etc. — Spiegaz. dei rami della storia dell’ arte etc. di Winkelmann, da Fea, T. III, p. 497. Man muſs aber bloſs von der Achse der Einen Ecksäule bis zur Achse der andern Ecksäule messen; nicht aber von der äuſseren Circumferenz der Einen bis zu der, der anderen.

Ist aber um den Tempel auf drey Seiten ein fortlaufend Pos-tament — podium — zu machen, so wird erfordert, daſs dessen Grundstein, — quadra, — Base, Würfel, — truncus, — Kranz und Kehlleiste, — lysis — vollkommen mit denen am Säulenstuhle — sty-lobata, — der unter den Säulenbasen befindlich ist, übereinstimmend fortlaufe.

Der Säulenstuhl muſs in so fern gleich gearbeitet werden, daſs er im Mittel eine Erhöhung vermittelst ungleicher Bänkchen — adjectio per scamillos impares — erhalte; denn wenn dessen obere Fläche ganz waagrecht — ad libellam — gehalten würde, so würde sie dem Auge ausgehölt oder vertieft — alveolatus — vorkommen. Damit aber diese Bänkchen gehörig verfertiget werden mögen, ist gleichfalls am Ende des Buchs ein Riſs nebst Anweisung beygefügt worden.

Siehe unten B. IX. Vorrede, (II.) Die Verfasser der Jonian Antiquities bemerken, S.7. daſs sie weder in Griechen-land noch in Klein-Asien irgend ein Beyspiel gefunden, daſs die Griechen Tempel auf einem fortlaufenden Postamente, ohne Stufen rings umher, erbauet hätten. Wie sonderbar sowohl Barbaro und Perrault, als Galiani und Ortiz diese Stelle verstanden haben, läſst sich kaum denken. — Offenbar ist hier bloſs von einem Prostylos die Rede, der nur vorn Stufen, auf den drey übrigen Seiten aber ein fortlau-fendes Postament hat. Es kann die maison quarrée zu Nismes hier zum Beyspiele die-nen; desgleichen die Tempel der Fortuna Virilis und des Antoninus und der Faustina zu Rom. Hier sind des Vitruvs so sehr bestrittene scamilli impares! Gedankt s@y es dem Scharfsinne eines Bernardinus Baldus (s. dessen scamilli impares Vitruviani expli-cati, in J. Poleni Exercitat. Vitruv. p. 225ctc.); eines J.B. Piranesi (s. de magni-ficentia Romanorum, p. 116 etc.); eines W. Newton’s (The Architecture of M. Vi-truvius Pollio: translated from the original Latin, by W. Newton, architect. Lond. MDCCLXXI. pag. 56.); und eines Weinlig’s (s. dessen Briefe über Rom, vom Jahr 1782. S.49—57 des 2ten Theils,)! — endlich sind wir damit aufs Reine gekommen, und wissen bestimmt, was wir uns darunter vorstellen sollen. Philander hielt die Scamillen für Verkröpfungen, welche an der senkrechten Fläche des fortlaufenden Postaments oder Podiums, gerade unter den Säulen, ingleichen an der senkrechten Fläche des Hauptgesimses gerade über den Säulen anzubringen seyn: da jedoch nach Vitruvs Texte die Scamillen keineswegs auf senkrechter, sondern auf waagrechter Fläche — ad libellam — angebracht werden sollen. Gleichwohl sind dem Philander in dieser irrigen Erklärung viele Ausleger Vitruvs, ja auch Perrault und Galiani, und noch im J. 1787. Don Joseph Ortiz y Sanz, gefolgt. Scamillus heiſst Bänkchen. Wie mamilla von mamma: so scamillus von scamnum. Impar heiſst ungleich, nicht von demselben Verhältnisse. Scamilli impares heiſsen also wörtlich ungleiche Bänkchen; und diese wört-liche Übersetzung genügt. Überhaupt sind darunter die Ansätze, Aufsätze, oder Erhöhungen von un-gleichem Verhältnisse zu verstehen, welche sowohl auf den Säulenstühlen, als auf dem Abacus der Säulen u. s. w. gemacht werden, um zu verhindern, daſs dem Auge des Beobachters nichts an den erforderlichen Verhältnissen des Säulenfuſses, des Unterbal-kens u. s. w. zu mangeln scheine. Scamillen sind die zwey Stufen von ungleicher Höhe, welche sich zwischen dem Säulenstuhle und der Plinthe des Tempels der männ-lichen Fortuna zu Rom (s. Desgodez etc. p. 99.) und der maison quarrée zu Nismes (s. Antiq. de France par Clerisseau Pl. III.) erheben; ingleichen die zwey Stufen oder Bänkchen, wie man sie nennen will, welche sich zwischen dem Abacus und dem Unterbalken des Tempels des donnernden Jupiters zu Rom (s. Desgodez page 133.) befinden. Scamillen aber sind auch die viereckigten Erhöhungen von eini-gen Zollen auf den Deckeln der Capitäle am Tempel des Antoninus Pius zu Rom (Desgodez p. 115. 117.); ingleichen die Unterlagen unter den Basen ohne Plinthen der Tempel zu Teos (Jonian ant. ch. 1. Pl. III.) und zu Tivoli (Desgodez p. 91.) Beyde letztere Arten dienen besonders hier zum Verständniſs dessen, was Vitruv von den Scamillen sagt. Wenn jedoch Hr. Hofbaumeister Weinlig obige Stelle Vitruvs so auslegen will, als sey darin bloſs von Basen ohne Plinthen auf einem fortgehenden Postament stehend die Rede; so thut er, meiner Einsicht nach, durch diese Erklärung
dem Texte Gewalt an. Denn, wann Vitruv unmittelbar darauf das Verhältniſs der Base angiebt, so sagt er ja ausdrücklich: ihre Höhe, mit Inbegriff der Plinthe, müsse den halben Durchmesser der Säule betragen. Nicht zu gedenken, daſs unten B. V. Kap. 9. bey Anordnung der Säulengänge hinter der Scene, Vitruv sich wörtlich also ausdrückt: “Sollen die Säulen Jonisch werden, so — — gebe man die Hälfte der Säulendicke der Base mit der Plinthe — —; Wenn Korinthisch, so sey Schaft und Base wie an der Jonischen Säule — — und dem Säulenstuhl gebe man die Erhöhung ver-mittelst ungleicher Bänkchen, nach der Abbildung, welche davon oben dem dritten Buche ist beygefügt worden.” Und warum sollte auch Vitruv bloſs von Basen ohne Plinthen hier reden? — Zu den von Hrn. Hb. Weinlig angeführ-ten antiken Beyspielen von Basen ohne Plinthen kann ich folgende hinzufügen: Die Basen an dem Jonischen Tempel am Ilissus, und an den Tempeln des Apollo Didy-mäus bey Milet, der Minerva Polias zu Priene; der Vesta und der Con-cordia zu Rom; allein kein einziges dieser Beyspiele hat die erwähnte Erhöhung, son-dern sie stehen insgesammt auf der obersten Stufe des Tempels auf, ohne Untersatz. Hiu-gegen giebt es auch antike Basen mit Plinthen an einem Tempel zu Ephesus, inglei-chen zu Jackli bey Mylasa in Carien (s. Ionian. antiq. p.7.); ob jedoch mit, oder ohne Untersatz, ist mir unbekannt. Newton erklärt sich also über die Scamillen: I have before assented to the opi-nion of Baldus so far as to allow the scamillus to be a rising or adjection on the level top of the stylobatae; but I do not agree with him in supposing it to be a subplinth. (Nichts anders ist gleichwohl der Scamillus auf dem Piedestal der Columna Trajani.) My notion is, that it is a small rising, scarcely so high as one of the fillets of the base is thick, and its measure horizontally something leſs than the square of the plinth of the base which rests on it. (Letztere Bestimmung wird durch antike Beyspiele wider-legt.) With regard to the use of this rising, or scamillus, I suppose it to be the same as that similar small rising or adjection, usually found between the capital and architrave, in many of the ancient buildings; viz. to prevent rupturing the edges of the base, to correct the minute inequalities in the heights of the columns, so as to pre-serve the level of the epistylium, and to give the columns on the flanks that inclination inward which Vitruvius directs; for it is to be expected as unavoidable, that, in working so great a number of columns as were placed around peripteral temples, some

Diefs gethan, so stelle man die Basen — spirae — an ihren Ort. Diese sind nach dem guten Verhältnisse also zu verfertigen, daſs ihre Höhe, mit Inbegriff der Plinthe, den halben Diameter der Säule, und ihre Auslaufung, welche die Griechen ἐχφορὰ nennen, ein Viertel Dia-meter betrage; wodurch denn die ganze Base anderthalb Durchmesser der Säule lang und breit seyn wird. Die Höhe des Attischen Säulen-fuſses — atticurges — aber ist folgendermaſsen einzutheilen: Man gebe dem obern Theile ein Drittel der Säulendicke; und den Rest der Plinthe. Nach Abzug der Plinthe theile man das Übrige in vier Theile. Ein Viertel davon nehme man zum oberen Pfühle — torus; die drey übrigen aber theile man in zwey gleiche Theile, und mache aus dem Einen den untern Pfühl und aus dem andern die Einziehung — scotia, — welche die Griechen τρόχιλον nennen, mit ihren Riem-lein — quadra. — Sind jedoch Ionische Basen zu machen, so ist ihnen folgendes Verhältniſs zu geben: Die Breite der Base sey nach allen Seiten hin Ein und ein Viertel und ein Achtel Durchmesser der Säule: die Höhe gleich der des Attischen Säulenfuſses, und so ebenfalls die Plinthe; aber das Übrige, auſser der Plinthe, welches ein Drittel Säulendicke beträgt, werde in sieben Theile getheilt; hievon nehme man drey zum Pfühle, der oben aufliegt, und die vier übri-gen theile man in zwey gleiche Theile, und aus Einem derselben mache man die obere Einziehung — trochilus — mit ihren Stäben — astragalus — und dem Überschlage — supercilium; — den anderen Theil aber lasse man zur unteren Einziehung, die jedoch gröſser als die obere scheinen wird, weil sie bis an den äuſsersten Rand der Plinthe ausläuft. Die Stäbe seyn ein Achtel der Einziehung; und die Auslaufung ein Achtel und Sechzehntel der Säulendicke.

small inequalities of height would happen, especially in cases where the columns were wrought at the quarry, at a great distance from the building, as was often the case. — — With regard to their inequality or dissimilarity, these adjections on the stylo-batae being left sufficiently high, and afterwards worked down more or leſs, so as to suit the height, or the inclined position of the columns resting upon them, they of course become unequal in their thicknesses or heights, on account of the unequal heights of the columns, which consequently occasions the adjection to be higher under some columns than under others, and on one side than on the other. — — — — I know not to what it may be imputable, that none of these adjections have been found, or at least noticed, under the bases of the columns in any of the antique edi-fices; they are found very frequently over the capitals. Indeed, the moldings of the bases are generally more mutilated and confused, which may prevent the obser-vation of so small a number, and may make it appear of one piece with the de-cayed face of the plinth. They also may not have been used under the bases in all buildings, as they were not in all buildings used over the capitals. In the sybil’s temple at Tivoli, there are such adjections to be seen under the torus of the bases, (for they have no plinth), which is the only instance I know of in which there is any appearance of them; and, in this temple, the columns have that inclination inward which Vitruvius directs. Newton’s Vitruvius, p. 56 etc. Antike Beyspiele derselben siehe am runden Vestatempel zu Tivoli, und Jonian ant. Chap. I. Pl. III. IV. und Chap. II. Pl. VIII. Allein eine, mit Vitruvs Anweisung übereinstimmende Abbildung s. Ortiz’s Übers. lam. XXX. fig. 4.

Wann die Basen vollendet und aufgestellt sind, so setze man die mittleren Säulen in der Vorder- und Hinterfronte senkrecht auf den Mittelpunkt; die Ecksäulen aber, und die, welche mit ihnen in gerader Linie auf den Seiten des Tempels zur Rechten und Linken sollen zu stehen kommen, setze man so, daſs die innere Seite der-selben, welche gegen die Mauern der Zelle sieht, senkrecht stehe; die äuſsere Seite aber nach der, bey der Verjüngung der Säulen gege- benen Anweisung, eingerichtet sey. Auf solche Weise gewinnt der Tempel eine, mit den Regeln der Verjüngung gehörig übereinstim-mende Gestalt.

Antike Beyspiele davon siehe in Jonian Antiquities Chap. II. Pl. III. inglei-chen Chap. III. Pl. III. und IV. Eine Vorstellung aber, welche der obigen Beschrei-bung angemessen ist, s. in Ortiz’s Übers. lam. XXX. fig. 5.

Sind die Säulenschäfte aufgesetzt, so sind die Kapitäle, wenn es Polsterkapitäle — pulvinata capitula — werden sollen, nach fol- genden Verhältnissen einzurichten: Zur untersten Säulendicke füge man noch ein Achtzentheil hinzu, und gebe solche der Platte — aba-cus — sowohl zur Länge, als zur Breite; zur Dicke aber mit Inbe-griff der Schnecken — voluta, — die Hälfte derselben. Vom Rande der Platte gehe man, um die Fronten der Schnecken zu bestimmen, um ein Achtzehn- und halb Theil nach einwärts; und neben der Platte lasse man auf den vier Seiten der Schnecken, gleich neben dem Riem-lein des Plattenrandes, senkrechte Linien (welche catheti heiſsen) herabfallen. Darauf ist die Dicke in zehntehalb Theile zu theilen, und von diesen zehntehalb Theilen Ein und ein halb Theil der Plat-tendicke zu lassen; aus den übrigen acht Theilen aber die Schnecke zu machen. Sodann ziehe man von der Linie, welche von dem Plattenrande hernieder gelassen worden ist, nach innen zu, eine Andere, ein und ein halb Theil in der Breite. Nun theile man jene Linien also ein, daſs fünftehalb Theile unter der Platte bleiben; auf dem Schei-depunkt aber zwischen diesen fünftehalb und den übrigen viertehalb Theilen, bezeichne man den Mittelpunkt des Schneckenauges — ocu-lus. — Aus diesem Mittelpunkte beschreibe man eine Zirkellinie, die Einen von den acht Theilen zum Durchmesser hat. Diese sey die Gröſse des Auges, und in ihr ziehe man, der Cathete horizontal, den Diameter. Itzt beginne man oben unter der Platte den Schnek-kenzug; vermindere aber bey jedem Quadranten — tetrans — dessen Umfang um den halben Durchmesser des Auges, bis derselbe end-lich sich in den Quadranten, auf welchen die Perpendicularlinie der Platte herabfällt, verläuft.

Nach dieser Vorschrift sind die Säulen des runden Vestatempels zu Tivoli einge-richtet. Siehe Desgodez etc. p.88. und F. Piranesi Racc. de’ tempj etc. Tav. IV. Polster- oder Küssen-Kapitäle heiſsen hier diejenigen Jonischen Kapi-täle, welche, von den Seiten angesehen, einem Küssen oder Polster gleichen; vorn und hinten aber zwey in gerader Horizontallinie stehende Voluten, oder Schnecken haben. Beyspiele davon s. am Tempel am Ilissus, an den Tempeln des Bacchus zu Teos, des Apollo Didymäus bey Milet, der Minerva Polias zu Priene, und des Erechtheus und der Minerva Polias zu Athen. Siehe The Ant. of Athens, und Ionian Antiquities. Some eommentators have judged that Vitruvius prescribes too large a propor-tion for the receſs of the cathetal line from the extremity of the abacus of the Ionic capital, and have therefore thought his text was corrupted; but, in proof of its pu-rity, there are remains of ancient Greek buildings still subsisting, wherein this rule of Vitruvius is exemplified, viz. the temple of Apollo near Miletus, and the Ionic temple on the Ilissus at Athens; in both of which examples the cathetal line of the capital recedes from the abacus as much as Vitruvius prescribes. Newton’s Vi- truvius. Vol.II. Appendix.

Des Knaufes Höhe ist also einzutheilen, daſs von den zehnte-halb Theilen drey Theile über den Ring — astragalus — des obe-ren Säulenstammes herabhangen müssen; der Überrest aber zum Wulste — cymatium — sammt Rinne — canalis — und Platte bleibe. Der Auslauf des Wulstes vor der Platte betrage die Gröſse eines Schneckenauges. Der Polstergurte — pulvinorum balthei — Ausladung vor der Platte aber sey also beschaffen, daſs wenn der eine Schen-kel des Zirkels in das Viertel des Kapitäls gestellt, und der andere bis ans Ende des Wulstes geöffnet wird, beym Herumdrehen die äuſseren Theile der Gurte berührt werden. Die Säume der Schnecken — axes volutarum — dürfen nicht stärker seyn, als die Gröſse des Auges; und die Schnecken selbst müssen so ausgehöhlt — caedere — werden, daſs die Vertiefung allezeit den zwölften Theil ihrer Breite beträgt. Dieſs das Verhältniſs derer Kapitäle, deren Säulen höchstens von funfzehn Fuſs sind. Bey denen, die höher sind, bleibt im Übri-gen dasselbe Verhältniſs; die Platte aber ist so lang und so breit als die untere Säulendicke und ein Neuntel derselben zu machen; damit, je minder bey zunehmender Höhe der Säule Verjüngung, nicht auch um so minder des Kapitäls verhältniſsmäſsige Ausladung und Zugabe an Höhe sey. Was die Art und Weise betrifft, wie die Schneckenlinien gehörig mit dem Zirkel zu ziehen und zu zeichnen sind; so ist dazu am Ende des Buchs eine Abbildung nebst Erläute-rung beygefügt worden. Wann die Kapitäle vollendet sind, so sind sie auf den oberen Säulenschaft aufzustellen; sie müssen aber oberhalb nicht waagrecht, sondern dergestalt gehalten werden, daſs sie auf dem Obertheile — in superioribus membris, — im Mittel eine Erhöhung, gleichwie der Säulenstuhl erhalten; damit das Eben- maaſs der Unterbalken nicht gestört werde. Des Unterbalkens — epistylium — Verhältniſs ist also zu bestimmen:

Siehe Galiani’s Übers. Tav. XII. fig. 4. und Joh. Salviati ratio accurate deformandi tum volutam, tum capitulum Jonicum, secundum Vitruvii praecepta; in den Exercit. Vitruvian. des Poleni, S. 301 u. s. f. It may be worth observation, that the bases as well as capitals of the columns of the temple at Miletus agree very nearly, in form and proportion, with the description that Vitruvius gives of the Ionic base and capital; from whence it may be inferred, with some probability, that they were wholly formed on the rules he has transmitted to us; and that the volute may be considered as the true Vitruvian volute, the con-struction of which so many ingenious persons have employed themselves to discover. A representation of it may be seen in the Ionian Antiquities. Newton’s Vitr. Vol. II. Appendix. Newton behauptet — that the proportional measure of the abacus must be diminished, not encreased, in proportion as the columns are higher. Vol.I. p.60. und Vol. II. Appendix. Allein, meiner Einsicht nach steht ihm der Grundtext entgegen. Ich lese hier folgendermaſsen: Capitulis perfectis, deinde in summis columnarum scapis, non ad libellam sed it a exaequata per medium collocanda, uti, cum adjectio, quae in stylobatis, facta fuerit in superioribus membris, respondeat symme-tria epistyliorum. Meine Veränderungen in der Leseart gründen sich auf die Analogie mit den Ausdrücken, deren Vitruv in jener vorhergehenden Stelle, auf welche er zurück-weist, sich bedient: stylobatam it a oportet exaequari, uti habeat per medium

Ist die Säulenhöhe von fünf bis funfzehn Fuſs; so gebe man dem Unterbalken die halbe untere Säulendicke zur Höhe. Ist die Säulenhöhe von funfzehn bis zwanzig Fuſs; so theile man selbige in dreyzehn Theile und nehme Einen davon zur Höhe des Unter-balkens: Ist sie von zwanzig bis fünf und zwanzig Fuſs; so theile man sie in dreyzehntehalb Theile und mache von Einem derselben des Unterbalkens Höhe: Ist sie von fünf und zwanzig bis dreyſsig Fuſs; so theile man sie in zwölf Theile, und Ein Theil davon werde die Höhe des Unterbalkens. Und so ist beständig nach der Säulen-höhe verhältniſsmäſsig die Höhe des Unterbalkens anzugeben; denn je höher der Blick steigt, je schwerer durchdringt er die Dichtigkeit der Luft; er wird daher schwach, und in seiner Ermattung bringt er dem Verstande aus der Höhe nur ein unbestimmtes Maaſs der Gegenstände zurück. Daher muſs man allezeit zu jedem Gliede ver-hältniſsmäſsig zusetzen; damit sie, wenn die Gebäude sehr hoch lie-gen, oder auch selbst sehr colossalisch sind, dennoch das verhältniſs-mäſsige bestimmte Maaſs haben mögen.

adjectionem per scamillos impares; si enim ad libellam dirigetur, alveolatus oculo videbitur. Nehmlich oben auf der Platte. Beyspiele einer solchen Erhöhung auf dem Abacus des Kapitäls finden wir auf den Säulen des ehemaligen Tempels des Jupiter Tonans; auf denen des Tempels des An-tonins und der Faustina, des Markts des Nerva, der Halle der Octavia, des Triumphbogens des Titus; einigermaſsen auch auf den Säulen des Bogens des S. Seve-rus; auf denen in den Bädern des Diocletian zu Rom. S. Les édiſices antiques de Rome dessinés par A. Desgodez. Ferner auf den Säulen der Maison quarrée. S. Monu-mens de Nismes par Clérisseau. Ohne eine solche Erhöhung würde sonst dem von unten hinauf blickenden Auge über dem Kapitäl ein Stück aus dem Unterbalken geschnitten zu seyn scheinen; wodurch allerdings dessen Ebenmaaſs leiden würde.

Des Unterbalkens Breite muſs unten, wo er auf dem Kapitäle aufliegt, der oberen Säulendicke unter dem Kapitäle gleich seyn; oben aber dem unteren Durchmesser der Säule. Die Kehlleiste — cyma-tium — des Unterbalkens ist von einem Siebentel dessen Höhe zu machen, und ihre Ausladung muſs eben so viel betragen. Der Über-rest auſser der Kehlleiste ist in zwölf Theile zu theilen, deren drey dem Unterstreifen, vier dem Mittelstreifen, und fünf dem Oberstrei-fen zu geben sind.

Der Fries — Zophorus — über dem Unterbalken muſs um ein Viertel niedriger als der Unterbalken seyn; soll er aber mit Bildne-rey — sigilla — verziert werden, so muſs er um ein Viertel höher seyn, als der Unterbalken, damit das Schnitzwerk — scalptura — sich wohl ausnehme. Die Kehlleiste muſs das Siebentel der Höhe des Frieses haben, und eben so viel deren Ausladung.

Über dem Friese ist der Zahnschnitt — denticulus — so hoch als des Unterbalkens Mittelstreifen zu machen; und dessen Ausladung der Höhe gleich. Der Ausschnitt — intersectio — zwischen zwey Zähnen, welcher Griechisch {με}τοχὴ heiſst, ist also einzutheilen, daſs ein Zahn die Hälfte seiner Höhe zur Breite, die Zwischentiefe — cavus intersectionis — zwey Drittel dieser Breite und die Kehlleiste ein Sechstel dessen Höhe habe.

Beyspiele zu den hier angegebenen Verhältnissen siehe Ionian Antiq. Chap. I. Pl. II. und the ant. of Athens Vol. I. Chap. II. Pl. III. Merkwürdig aber ist es, daſs am zuletzt angeführten Orte, an dem daselbst beschriebenen Jonischen Tempel am Ilis-sus, als an dem allerältesten bis dahin übrigen Monumente Jonischer Bauart, gar keine Zahnschnitte angebracht sind.

Der Kranzleisten — corona — mit Inbegriff der Kehlleiste, aber mit Ausschluſs der Rinnleiste — sima, — sey so hoch, als der Mittel-streifen des Unterbalkens. Die Ausladung des Kranzleistens mit In-begriff des Zahnschnitts sey der Höhe, vom Friese bis oben an die Kehlleiste des Kranzleistens gleich; wie denn überhaupt alle Ausla-dungen das gefälligste Ansehen erhalten, wenn sie mit ihrer Höhe in gleichem Verhältnisse stehen.

Des Giebelfeldes — tympanum quod est in fastigio — Höhe ist folgendermaſsen zu bestimmen: Man theile die Fronte des Kranz-leistens von einem Ende der Kehlleiste bis zum anderen in neun Theile, und nehme Einen davon zur mittleren Höhe des Giebelfel-des; welches übrigens senkrecht auf den Unterbalken und der Säu-len Hals — hypotrachelium treffen muſs. Den Kranz des Giebels mache man dem unteren Kranzleisten, bis auf die Rinnleiste, gleich. Auf den Kranz setze man die Art von Rinnleisten, welche die Griechen ἐπιτιθίδας nennen, und die um ein Achtel der Höhe des Kranzleistens höher sind.

Die Eckgiebelzinnen — acroteria angularia — seyn von der halben Höhe des Giebelfeldes. Die mittlere Giebelzinne sey um ein Achtel höher, als die auf den Ecken.

Aus Kap. 2. dieses Buchs, wo es heiſst: “Man pflegte beym Aräostylos die Giebel, nach Toskanischer Art mit vergoldeten irdenen und ehernen Statuen zu zieren” — möchte ich schlieſsen, daſs bey den alten Griechen die Mode, Statuen auf die

Alle Glieder, die sich über den Kapitälen der Säulen befinden, nehmlich Unterbalken, Fries, Kranz, Giebelfeld, Giebel und Giebel-zinnen, müssen sich insgesammt, jegliches um ein Zwölftel seiner Höhe, vorwärts neigen, und dieſs aus folgender Ursache: Wenn wir uns der Fronte eines Gebäudes gegenüber stellen, und in Gedanken vom Auge aus zwey Linien ziehen, deren Eine das Untertheil des Gebäudes berührt, die Andere aber das Obertheil; so wird die, welche auf das Obertheil trifft, länger seyn: je weiter nun jene Gesichtslinie sich nach oben zu erstreckt, je mehr wird das Obertheil sich zurück zu lehnen scheinen. Neigt man aber, nach der gegebenen Anweisung, die oberen Glieder vorwärts; so werden sie senk - und winkelrecht Iassen.

Jede Säule erhalte vier und zwanzig Riefen — striges, — die so ausgehöhlt seyn müssen, daſs, wenn man das Winkelmaaſs in die Vertiefung der Riefe setzt und herumdrehet, von den beyden Schen-keln — ancones — der Rand des Stegs — stria — zur Rechten und Linken berührt werde, indem die Spitze des Winkelmaaſses beym Herumdrehen auf dem Grunde der Rinne aufstehen bleibt. Die Breite des Stegs sey der mittleren Säulenverstärkung gleich, nach Anlei- tung des Risses.

An den Rinnleisten, über dem Kranze auf den Seiten der Tem-pel, sind geschnitzte Löwenköpfe also anzubringen, daſs erstlich je Einer über jeder Säule zu stehen komme, und dann die übrigen in gleicher Entfernung von einander, jedoch also geordnet werden, daſs auf das Mittel einer jeden Deckplatte je einer treffe. Diejenigen, welche gerade über den Säulen stehen, müssen nach der Dachrinne — canalis — zu, welche das Regenwasser von der Dachtraufe einsam-melt, durchboret seyn. Die Mittleren aber müssen ganz bleiben, damit das, von den Deckplatten in die Dachrinne herablaufende Was-ser nicht über den Zwischenweiten der Säulen herabfalle und die Ein - und Ausgehenden benetze; sondern bloſs aus den offenen Rachen der gerade über den Säulen befindlichen Löwenköpfe gleichsam aus-gespiehen werde.

Giebel zu stellen, nicht geherrscht habe; sondern daſs sie in späteren Zeiten nur von den Etruriern angenommen worden sey. — Zwar stand auf der Giebelspitze des Jupiters-tempel zu Olympia eine Victoria von vergoldeter Bronze, und auf jeder Ecke eine Vase, gleichfalls von Bronze und vergoldet. S. Pausanias. V. 10. Siehe in diesem Buche S. 132 die Anmerkung. Ich übersetze tegulae durch Deckplatten, und nicht durch Dachziegel, weil man unter Dachziegeln bloſs aus gebranntem Lehm verfertigte Dachsteine versteht; Deckplatten aber, aus welcherley Materie man will, verfertiget seyn kön-nen. In der That deckten die Alten ihre Tempel nicht allein mit Dachziegeln, son-dern auch mit marmornen und metallenen Platten. So war das Kapitolium mit kupfernen Deckplatten — tegulae aereae, — welche Catulus vergoldete (Plinius XXXIII. 18.); und der Tempel der Juno Lucina bey Kroton mit marmornen Deckplatten — tegulae marmoreae — gedeckt, welche der Censor Q. Fulvius Flac-cus abnahm, um damit zu Rom den Tempel des ritterlichen Glücks zu zieren, aber vermöge eines einstimmigen Schlusses des Senats wieder hinschaffen muſste. S. Livius XLII. c. 3. — Auf dem Tempel des Theseus und auf dem Windthurme zu Athen liegen noch Marmorziegel. S. Le Roy und Stuart I. p. 19. Pl. III. VI. — Die Gestalt der Dachziegel aber, wenn man sich deren bediente, war verschieden. 1) Gleich der des Abacus der Säulen; hiemit wurde die Fläche des Daches belegt. Diese Steine wurden insbesondere tegulae — Plattsteine — genannt. 2) Ein länglich Viereck, das unten schmäler als oben war. Diese Steine hatten auf beyden langen Seiten einen erhabenen Rand, und hieſsen imbrices — Doppel - Schluſssteine — oder hamatae tegulae. Auſserdem gab es noch Forstziegel oder Firstensteine; fer-ner Hohlziegel und Rand- oder Bordziegel. Jene Schluſsziegel wurden über den Plattziegeln reihenweise so in einander gefügt, daſs in des Unteren breites Ende, des Oberen schmales Ende gesteckt wurde, und so fort bis zur Firste hinan, welche man mit Giebelförmigen Firstensteinen deckte. Die an einander stoſsenden Ränder aber der neben einander sich erhebenden Reihen der Schluſsziegel belegte man mit halbrunden Hohlziegeln, die unten etwas spitz zuliefen, damit sie gleich den Schluſsziegeln in einander gesteckt werden konnten. Auf dem Rande des Daches neben der Traufe waren Rand- oder Bordziegel befestiget, wodurch das Ganze Gehalt bekam. Siehe J. B. Piranesi de Rom. Magnif. Tab. XXXVII. und F. Piranesi Racc. de’ tempj etc. Tempio dell’ onoree della virtù. Noch itzt deckt man die Dächer so zu Florenz und an anderen Orten Italiens. Wollten wir diese Sitte nachahmen, so wäre dieſs ein Mittel unsrer häſslichen spitzen Dächer los zu werden, und unsre Häuser nur desto besser vor aller Feuchtigkeit zu schützen.

In diesem Buche habe ich so genau als mir nur möglich gewe-sen ist, die Anordnung Ionischer Tempel vorgetragen: in dem fol-genden werde ich von den Verhältnissen der Dorischen und Co-rinthischen handeln.

DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST VIERTES BUCH.
VORREDE.

Ich bemerke, o Kaiser, daſs die mehresten Bücher, welche über die Baukunst geschrieben worden sind, bloſs ungeordnete, unentwickelte Vorschriften, ja fast lauter Stückwerk enthalten; und halte es daher für verdienstlich und ersprieſslich, erst überhaupt den ganzen Umfang der Kunst genau zu bestimmen und abzutheilen; und dann in den einzelnen Büchern von den Eigenschaften eines jeden besonderen Theils zu handeln.

In dieser Rücksicht habe ich, o Cäsar, im ersten Buche die Pflichten eines Baukünstlers, und alles was er zu wissen nöthig hat vorgetragen. Im zweyten habe ich von den Materialien, die zu den Gebäuden erfordert werden, geredet. Im dritten aber habe ich die Anordnungen der Tempel; die verschiedenen Gattungen — genera — derselben; wie viel und welche Arten — species — der-selben es gebe; und wie eine jede einzurichten sey; und endlich den Charakter derjenigen unter allen drey Ordnungen, bey welcher die feinsten Verhältnisse Statt finden, das ist, der Ionischen, gezeigt.

In diesem Buche nun soll mein Gegenstand alles seyn, was die Dorische und Corinthische Bauart angeht; sowohl was sie von einander unterscheidet, als was einer jeden eigen ist.

ERSTES KAPITEL. Die drey Säulenarten und ihre Erfindung. Verhältniſs des Corinthischen Kapitäls.

Die Corinthischen Säulen haben, die Kapitäle ausgenommen, alle Verhältnisse mit den Ionischen gemein. Bloſs die Höhe der Ka-pitäle macht sie verhältniſsmäſsig höher und dünner aussehend; denn die Höhe des Ionischen Kapitäls beträgt nur ein Drittel der Säu-lendicke; da hingegen das Corinthische Kapitäl den ganzen Schaft-diameter zur Höhe hat. Da nun zwey Drittel der Säulendicke den Corinthischen Kapitälen zugesetzt werden; so erhalten sie wegen dieses Zusatzes an Höhe ein schlankeres Ansehen. Die übrigen Theile, welche über die Säulen gelegt werden, werden zu den Corinthi- schen Säulen entweder von der Dorischen oder Ionischen Bau-art entlehnet; weil die Corinthische Gattung an und für sich selbst keine eigene Einrichtung weder des Gebälks noch der übrigen Ver-zierungen hat; sondern bald, nach Maaſsgabe der Dreyschlitze — tri-glyphi, — Sparrenköpfe — mutuli, — und an den Unterbalken Tropfen — guttae, — nach Dorischem Gebrauch; bald nach Ionischer Manier, einen mit Schnitzwerk verzierten Fries sammt Zahnschnitt — denticuli — und Kranzgesimse anbringt: solchergestalt, daſs aus jenen beyden Säulenarten bloſs durch Hinzusetzung eines Kapitäls diese dritte Art in der Baukunst entstanden ist.

d. i. das Gebälk.

Die drey Säulenarten haben von der verschiedenen Form ihrer Säulen die Benennung Dorische, Ionische und Corinthische erhalten.

Die Dorische Gattung ist von allen zuerst, noch ganz in den alten Zeiten erfunden worden; denn Dorus, des Hellen und der Nymphe Optik Sohn, der als König über Achaja und den gan-zen Peloponnes regierte, hat in der alten Stadt Argos auf dem der Juno geweiheten Platze einen Tempel, der zufällig von der Gestalt dieser Gattung war, erbauet; und in demselben Geschmacke wurden nachher alle Tempel in den übrigen Städten Achajens auf-geführt, ohne daſs noch eine Theorie der Verhältnisse bekannt ge-wesen wäre.

Erst zu den Zeiten Augusts wurde die Korinthische Bauart ganz ausgebildet. Ihr Gebälk, das man bisher aus dem Dorischen oder Ionischen zusammen gesetzt hatte, erhielt nun eine eigene Anordnung und eigene Verhältnisse. Der Kranz bekam das unterscheidende Kennzeichen, die Sparrenköpfe, die aus den Dielenköpfen des Dori-schen Gebälkes entstanden; wobey man aber noch die Zahnschnitte aus der Ionischen Bau-art beybehielt. Dem ganzen Gebälke wurde mehr Reichthum gegeben, als die Gebälke der anderen Säulenarten haben, damit es mit dem reich geschmückten Kapitäle in einem schicklichen Verhältnisse stehen möchte. Man verzierte daher die meisten Glieder und oft sogar die hängende Platte im Kranze, die vorher bey anderen Säulenarten allemal glatt gelassen wurde. An dem Porticus vor dem Pantheon, und an dem Porticus der Octa-via sehen wir die Korinthische Bauart in ihrer Vollkommenheit. Nicht weniger schön, nur mit etwas mehr Verzierungen, finden wir sie an den Säulen der so genannten Tempel des Jupiter Tonans, und des Jupiter Stator, und andern, die aber erst in den nachfolgenden Zeiten gebauet wurden, und von denen die zu dem Tempel des Jupiter Stator, als Muster der Korinthischen Säule in ihrem höchsten Reichthum besonders merk-würdig sind.” Siehe Stieglitz Geschichte der Baukunst der Alten S. 422. Ich lese mit Galiani: Junonis templo aedificavit — — fanum. Ce que Vitruve dit ici est impossible. La découverte d’ un ordre comme le Do-rique composé de tant de parties, qui suivant Vitruve même ont chacune la raison de leurs formes particulieres, ne put jamais être l’ effet du hazard, qui jamais dans les arts n’ a produit le mieux; car l’ invention d’ un ordre, même sans les proportions aux quelles on l’ astreint aisement quand son ensemble est déterminé, suppose tant de

Als darauf die Athener, nach dem Ausspruche des Delphi-schen Apolls, auf des ganzen Hellas gemeinschaftlichen Rath-schluſs, dreyzehn Colonien zu gleicher Zeit nach Asien schickten; jeder Colonie ihren eigenen Anführer gaben, die Oberbefehlshaber-schaft aber dem Ion, des Xuthus und der Creusa Sohne, den auch Apollo zu Delphi in seiner Antwort seinen Sohn nannte, übertrugen; so führte derselbe diese Colonien nach Asien; eroberte Karien und legte darin sehr ansehnliche Städte an, Ephesus, Milet, Myus (welches nachmals vom Wasser verschlungen wurde; und dessen Gottesdienst und Stimme die Ionier den Milesiern zu-ertheilt haben) Priene, Samos, Teos, Kolophon, Chius, Ery-thrä, Phocäa, Klazomene, Lebedus und Melite; welcher letztere Ort wegen des Übermuths seiner Einwohner von den übri-gen Städten gemeinschaftlich bekriegt und zerstört, an dessen Stelle aber nachmals, durch die wohlthätige Vermittelung des Königs Atta-lus und der Arsinoe die Stadt Smyrna unter die Ionischen Städte aufgenommen worden ist. Sobald diese Städte die Carier und Leleger vertrieben hatten, nannten sie das Land nach ihres Anfüh-rers Ion Namen, Ionien, und fingen sogleich an, den unsterbli- chen Göttern Plätze zu heiligen — templa constituere — und Tempel darauf zu errichten — @ana aedi@icare. — Zuerst erbaueten sie dem Panionischen Apollo einen Tempel wie sie sie in Achaja gesehen hatten, und nannten ihn einen Dorischen Tempel, weil sie dergleichen zuerst in den Städten der Dorier hatten verfertigen sehen. Da es ihnen aber bey Errichtung der Säulen zu diesem Tem-pel an dem Verhältnisse derselben fehlte, so geriethen sie beym Nach-forschen, wie selbige am füglichsten einzurichten seyn, um nicht allein Last zu tragen, sondern auch ein gefälliges Ansehen zu ge-währen — auf den Einfall, die Länge eines Männerfuſses zu messen; und da sich ergab, daſs diese gerade den sechsten Theil der Manns-gröſse ausmache, so trugen sie dieses Maaſs auf die Säule über, und gaben dieser sechsmal ihre untere Schaftstärke — basis scapi — zur Höhe, das Kapitäl mit inbegriffen. Und so begann die Dorische Säule des männlichen Körpers Verhältniſs, Festigkeit und Schönheit in dem Gebäude darzustellen.

reflexions, de combinaisons, d’ observations et de connoissances, qu’ elle doit néces-sairement être la production du tems, de l’ experience et du génie. — Voyez l’ hi- stoire de la sculpture et de la statuaire des Grecs. liv. 2. p. 106. n. (85.) — dans le IV. Vol. des Antiquités Etrusques, Grecques et Romaines, etc. par d’ Hancarville.
Von einem Panionischen Apollo ist nirgends etwas erwähnt. Wahrschein-lich irrt Vitruv, und muſs es Neptun heiſsen; denn Neptunus, mit dem Beyna-men Heliconius (d. i. von der, nachmahls vom Meere verschlungenen Stadt Helice in Achaja, woher die Ionier, als aus ihrer Mutterstadt, dessen Dienst geholt hatten. S. Strabo B. 8. Seite 370 und 371 der Bas. Ausg. von 1549.) war es, der von den Io-niern vorzüglich im Panionium verehrt wurde. Übrigens war das Panionium ein dem Neptunus Heliconius geheiligter Ort, in späteren Zeiten mit einem Tempel auf dem Berge Mykale im Gebiete von Priene in Ionien, wo die Städte des Ioni-schen Bundes ihren National-Convent (Panegyris) hielten, und bey dieser Gelegenheit gemeinschaftlich der Gottheit des Orts einen Stier schlachteten und ein Fest feyerten, wel-ches sie Panionia nannten. S. Herodot. I. 133. 138. Strabo am a. O. und B. 14. S. 609. Plinius V. 31. und Pomp. Mela I. 17. Siehe sogleich unten K. 3. die erste Anmerkung.

Ingleichen errichteten sie darauf der Diana einen Tempel. Indem sie darauf sannen ihm ein Ansehen von neuer Art zu geben, folgten sie derselben Spur. Sie nahmen die weibliche Schlankheit zum Vorbilde, und machten Anfangs die Dicke der Säulen von einem Achtel ihrer Länge, damit sie desto höher aussehen möchten; legten ihnen unten Basen unter, gleichwie Schuhe; brachten am Kapitäle Schnecken an, gleich Haarlocken, die zu beyden Seiten hernieder hangen, und zierten die Stirn mit Wulst — cymatium — und Frucht-schnur — encarpi — anstatt der Haare; am Stamme aber lieſsen sie Streife — striae — gleich wie Falten am weiblichen Gewande, von oben bis unten herablaufen: dergestalt, daſs sie, bey Erfindung der beyden verschiedenen Gattungen der Säulen, in der Einen den nack-ten schmucklosen männlichen Körper, und in der Andern die feine, zierliche weibliche Gestalt, vermittelst der Verhältnisse nachahmten. Ihre Nachkommen aber, die in Ausbildung und Verfeinerung des Geschmacks weiter gingen, fanden an schlankeren Formen Gefallen, und gaben der Dorischen Säule sieben Durchmesser zur Höhe, neuntehalb aber der Ionischen; und nannten letztere Gattung auch, weil sie von den Ioniern erfunden worden ist, die Ionische.

Allein die dritte Art, welche die Corinthische heiſst, ist eine Nachahmung jungfräulicher Schlankheit; weil, des zarten Alters wegen, die Jungfrauen schmächtiger gebildet sind, und eben daher auch der Putz ihnen um desto wohlanständiger ist. Die erste Erſindung des Kapitäls derselben wird also erzählt:

Ich interpungire diese Stelle also: Item postea Dianae constituere aedem. Quaerentes novi generis speciem, iisdem vestigiis, ad muliebrem transtulerunt gra-cilitatem: etc. Hieraus erhellet, daſs die alte Dorische Säule keine Base hatte. Auch finden wir sie also in allen noch vorhandenen alten Griechischen Denkmälern, zu Korinth, in Sicilien, zu Pästum, zu Athen, und in klein Asien. Siehe Le Roy, Houel, Paoli, Stuart, und Ionian antiquities.

Eine Corinthische Bürgerin, ein mannbares Mädchen, ward krank und starb. Nach dem Begräbnisse sammelte ihre Amme alles gewesene Lieblingsgeschirr derselben, stellte es in einen Korb und trug es zum Grabe hin, setzte es hinauf, und bedeckte es mit einem Ziegelsteine, damit es sich unter freyem Himmel desto länger halten möchtè. Zufällig war dieser Korb auf eine Bärenklauwurzel (Akan-thuswurzel) zu stehen gekommen. Als nun diese von der Last ge-drückte Wurzel gegen das Frühjahr ausschlug, so trieb sie ihre mitt-leren Blätter nebst den Stengeln unter dem Korbe hervor, und in-dem also diese auf den Seiten empor wuchsen, stieſsen sie an den Rand des Ziegelsteins an, wo sie denn des getroffenen Widerstands wegen genöthiget wurden, sich oben umzubeugen und in Schnecken-form zusammen zu wickeln. Es traf sich, daſs Callimachus, der wegen der künstlichen Zierlichkeit und Feinheit seiner Marmorarbeit von den Athenern Katatechnos (d. i. Erzkünstler) genannt wurde, bey diesem Grabe vorüber ging und den Korb sammt den umherwachsenden zarten Blättern bemerkte. Die Art und Neuheit der Gestalt gefiel ihm so sehr, daſs er nach diesem Muster Säulen zu Corinth verfertigte, und, von der Zeit an, Ebenmaaſs und Ver-hältniſs zur Verfertigung von Gebäuden Corinthischer Gattung festsetzte und bestimmte.

Plinius Buch 34. K. 19. §. 35. nennt den Callimachus Kakizotechnos (d. i. Kunsttadler), weil er allzu mühsam und nie mit seiner Arbeit zufrieden war. Pau-sanias B. I. K. 26. aber sagt von ihm: daſs er zwar den gröſsten Meistern in seiner Kunst nicht beykomme; jedoch aber in so fern den Vorzug der Geschicklichkeit habe, daſs er zuerst die Steine geboret, weshalb er auch den Namen Θηξότεχνος entweder sich selbst ge-geben, oder von anderen angenommen habe.

Was dieses Kapitäls Ebenmaaſs betrifft, so ist es folgendermaſsen einzurichten: So dick als unten die Säule ist, so hoch muſs das Ka-pitäl mit Inbegriff der Platte — abacus, — seyn. Der Platte Breite muſs also beschaffen seyn, daſs die Diagonale von einer Ecke zur anderen zweymal des Kapitäls Höhe enthalte, weil alsdann auch alle vier Fronten die gehörige Gröſse bekommen. Die Seitenfronten müs-sen um ein Neuntel ihrer Breite zwischen den vier äuſsersten Ecken der Platte einwärts ausgeschweift werden: unten müssen die Kapitäle dieselbe Dicke haben, als oben die Säule unter dem Ablaufe — apo-thesis — und Ringe: und der Platte Dicke muſs ein Siebentel der Höhe des Kapitäls seyn. Nach Abzug der Dicke der Platte theile man den Überrest in drey Theile, und gebe davon Einen dem unter-sten Blatte, den Andern im Mittel dem zweyten Blatte und oben den Dritten den Stengeln — cauliculi — mit so weit hervorsprieſsenden Blättern, daſs sie bis an den Deckel hinaufreichen. Die aus den Blättern der Stengel entstehenden Schnecken lasse man bis an die äuſsersten Ecken hinaus laufen, und die kleinen Schnörkel — helices — schnitze man gerade unter den Blumen, welche sich im Mittel der Fronte der Platte befinden. Diese Blumen aber an allen vier Seiten mache man so groſs, als die Platte dick ist. Durch dieses Ebenmaaſs erhalten die Corinthischen Kapitäle ihre Vollkom-menheit.

Man bemerke, daſs Vitruv nichts davon erwähnt, daſs die Ecken des Abacus ab-zukappen seyn. In der That springen auch die Ecken des Abacus der Säulen an dem Vesta-Tempel zu Rom weit hervor und laufen ganz spitzig zu. Siehe les édifices antiques de Rome etc. par A. Desgodez, à Paris, 1682. Noch ein dergleichen antikes Beyspiel siehe The ant. of Athens. Vol. I. Chap. V. Pl. IX. in der Stoa, welche bisher fälschlich für einen Überrest desTempels des Olympischen Jupiters gehalten wurde.

Es giebt noch andere Arten von Kapitälen, welche auf diesel-ben Säulen gesetzt und mit verschiedenen Namen benannt wer- den, ohnerachtet sie weder eigene Verhältnisse haben, noch eine eigene Säulengattung ausmachen; allein es liegt am Tage, daſs ihre Benennung, nur mit einiger Abänderung, von den Corinthischen, Polster- und Dorischen Kapitälen hergenommen, nachdem deren Verhältnisse bloſs auf ein neues künstliches Schnitzwerk angewendet worden sind.

ZWEYTES KAPITEL. Gebälk. — Ornamenta columnarum. —

Nachdem ich im Vorhergehenden von dem Ursprunge und der Er-findung der Säulengattungen gehandelt habe, dünkt es mir nicht un-schicklich, auf gleiche Weise hier die Entstehung des Gebälks und die Art und Beschaffenheit dessen erster Erfindung anzuzeigen.

In jedem Gebäude kommt das Zimmerwerk — materiatio — zu oberst zu liegen. Die Benennungen desselben sind verschieden; denn nach dem mannichfaltigen Gebrauche, wozu solches bestimmt ist, be-kommt es auch mannichfaltige Namen. Unterbalken — trabes — werden über Säulen, Pilaster — parastatae — und Eckwandpfeiler — antae — gelegt: Zu Boden — contignationes — werden Haupt-balken — tigna — und Breter — axes — gebraucht: Beym Dache wird, wenn es sehr breit ist, der Firstbalken — culmen — oben auf der Spitze der Giebelsäule — columen, wovon columnae, die Säulen, benannt worden — angebracht, nebst Spannriegeln — tran-stra — und Streben — capreoli; — ist es aber nur mäſsig, bloſs die Giebelsäule: Ferner Sparren — cantherii, — die bis unten an die Dachtraufe — subgrundatio — herabreichen; über den Sparren Dachfetten — templa; — endlich über diesen, jedoch unter den

d. i. auf alle die Säulen, wovon in diesem Kapitel gehandelt worden ist; wie dieses deutlich am Ende erhellt, da nicht allein die Korinthische, sondern auch Ionische und Dorische Gattung genannt wird. Meiner Meinung nach ist also jede zusam. mengesetzte Säulengattung hieher zu rechnen; sie habe einen Namen und eine Gestalt, welche sie wolle.
Im Texte ist eine Verwechselung der beyden Wörter culmen und columen vorge-gangen, welche die Ausleger nicht wenig in Verwirrung gesetzt hat. Ich habe jedes Wort wieder an seine Stelle gesetzt, und so den Text verständlich gemacht; denn wenn columen die Firste hieſse, so sehe ich nicht ein, wie man darauf gefallen seyn sollte, darum die Säule columna zu nennen? anstatt, daſs die Ableitung sogleich von selbst einleuchtet, wenn columen die Giebelsäule heiſst. Der Sprachgebrauch stimmt auch hiemit voll-kommen überein. Culmen heist in allen Wörterbüchern der Gipfel, die Spitze, — die Firste; und columen, eine Stütze, eine Säule. Überdieſs berechtiget mich auch Vitruv selbst zu dieser Wiederherstellung seines Textes, denn unten B. V. K. 1. sagt er bey Gelegenheit seiner zu Fano erbaueten Basilica: transtra cum capreolis — susti-nent unum culmen perpetuae basilicae, alterum a medio supra pronaum aedis.

Bey so bewandten Umständen verstehe ich

Fig. 1. Zimmerwerk. unter a. columen, die Giebelsäule. bc. tigna, der Hauptbalken. d. culmen, der Firstbalken. ee. transtra, der Spannriegel. ff. capreoli, die Streben, Stützenträger. gg. asseres, die Latten. hh. cantherii, die Sparren. oo. templa, die Dachfetten. d o o g. a g. e e f f b c

Ziegeln — tegula — Latten — asseres, — die so weit hervorragen, daſs durch ihren Vorsprung — projecturae — die Wände geschützt werden. Also hat ein jegliches Ding seinen eigenen Ort sowohl, als auch eigene Art und Beschaffenheit.

Alle diese Stücke, so wie des Zimmermanns Bearbeitung des Holzes — materiatura fabri, — ahmten die Baukünstler bey Anord-nung ihrer steinernen und marmornen Tempel durch Schnitzwerk nach, und suchten also jene Erſindungen beyzubehalten. Da nun die antiken Zimmerleute bey ihren Gebäuden die Hauptbalken so legten, daſs sie über die Wände inwendig hinwegreichten und auſserhalb mit den Köpfen hervorragten; da sie die Räume zwischen den Bal-ken — intertignia — ausmauerten und oben die Krä@ze und Giebel mit zierlicher Zimmerarbeit verzierten; ferner die Hauptbalken so weit sie hervorragten ganz senkrecht mit der Mauer abstutzten, und, weil dieſs ihnen zu unscheinbar vorkam, Breter von der Gestalt wie jetzt die Dreyschlitze — triglyphi — gemacht werden, vorn, wo die Hauptbalken abgestutzt worden, vornagelten, und sie mit blauem Wachse bemalten, damit durch diese Verkleidung der Abschnitt nicht das Auge beleidigte; so fieng man auch an, den mit Dreyschlitzen verkleideten abgestutzten Balkenköpfen und den Zwischentiefen in den Dorischen Gebäuden einen Platz einzuräumen.

Nachmals lieſsen andere in anderen Gebäuden senkrecht über den Dreyschlitzen die Köpfe der Sparren hervorragen, und stutzten das hervorragende Ende auf; woher denn, gleichwie aus der Anordnung der Hauptbalken die Dreyschlitze, eben also aus der Spar-ren hervorragenden Enden die Sparrenköpfe — mutuli — unterm Kranze erfunden wurden. In dieser Rücksicht werden fast in allen steinernen und marmornen Gebäuden die Sparrenköpfe schräg und mit Schnitzwerk verziert gebildet; weil sie eine Nachahmung der wirklichen Sparren sind, deren Schrägheit übrigens wegen der Dach-traufe nothwendig ist.

Anstatt opam habere lese ich locum habere; weil 1) opa (das Loch, worin ein Balken liegt) hier völlig überflüssig ist, da bereits der mit Triglyphen verkleideten Balken-köpfe erwähnt worden; und weil 2) diese Leseart besser mit dem Sinne der Stelle über-einstimmt.

Da nun sowohl die Dreyschlitze als die Sparrenköpfe in den Dorischen Gebäuden aus eben erwähnter Nachahmung entstanden sind; so irren diejenigen, welche behaupten, daſs die Dreyschlitze Fenster vorstellen sollen. Dieses ist schlechterdings unmöglich; da auch auf die Ecken und gerade über das Viertetheil — tetrans — der Säulen Dreyschlitze gesetzt werden, wo doch niemals Fenster Statt finden können; weil der Gebäude Eckfugen von einander getrennt würden, wenn man darin Fensteröffnungen anbrächte. Ja, wollte man annehmen, daſs da, wo jetzt Dreyschlitze hingesetzt werden, Fensteröffnungen gewesen seyn; so würde folgen, daſs auch der Zahnschnitt an den Ionischen Gebäuden die Stelle der Fenster eingenommen habe; weil die Zwischenräume sowohl zwischen den Zähnen als zwischen den Dreyschlitzen Metopen heiſsen; denn die Griechen nennen das Lager — cubile — worin sowohl die Balken als die Latten liegen, ὀπὴ, so wie wir diese Löcher cava colum-baria heiſsen; und der Raum zwischen zwey Open heiſst bey ihnen Metope. Also auf die nehmliche Weise wie vorher in den Dorischen Gebäuden die Dreyschlitze und Sparrenköpfe erfunden worden sind, muſs ebenfalls in den Ionischen Gebäuden die Erfindung der Zahn-schnitte — denticuli — veranlaſst worden seyn; und gleichwie die Sparrenköpfe die hervorragenden Enden der Sparren vorstellen, so ahmen die Zahnschnitte die hervorragenden Latten nach. Daher findet man an keinem Griechischen Gebäude unter den Sparrenköp-fen Zahnschnitte angebracht, weil unter den Sparren keine Latten stehen können. Was nun in der That über den Sparren und Fetten stehen muſs, kann in der Nachahmung nicht ohne Fehler darunter gesetzt werden. Auch billigten weder die Alten, noch ord-neten sie Sparrenköpfe oder Zahnschnitte in den Giebeln an, sondern bloſs einen einfachen Kranz; und zwar aus dem Grunde, weil weder Sparren noch Latten nach der Giebelseite hinauslaufen, und also auch nicht da hervorragen können, sondern unter der Dach-traufe, nach welcher hin sie schräg hinabgelegt werden. So sehr waren sie der Meinung, daſs das, was in der That nicht zu geschehen vermöge, auch nicht mit Fuge im Bilde dargestellt werden könne. Alles, was sie nur in ihren Gebäuden anbrachten, muſste daher voll-kommen passend seyn, und den unverfälschten Charakter der Natur tragen: und nichts gefiel ihnen, für dessen Wahrheit nicht ein zu-reichender Grund angegeben werden konnte. Nach diesen Grund-sätzen haben sie Ebenmaaſs und Verhältniſs jeder Gattung bestimmt; und, ihrer Spur folgend, habe ich oben von der Ionischen und Corinthischen Bauart geredet; itzt aber will ich kürzlich von der Dorischen Gattung und ihrem Hauptcharakter handeln.

Ich nehme die in einigen Handschriften befindliche Leseart simaverunt, anstatt sinuaverunt, an. Simare heiſst simum reddere. Simus aber bedeutet aufwärts ge-bogen, aufgeworfen, aufgestutzt, aufgestülpt; z. B. simae nares, eine auf-gestutzte Nase. — Diese Leseart rechtfertiget sich, nach meinem Bedünken, durch die ſolgenden Worte: ita fere in operibus lapideis et marmoreis mutuli inclinati defor-mantur. Auch beobachtet man an den alten Gebäuden in Athen, daſs die Sparrenköpſe sich von der wagrechten Lage gerade in dem Winkel abwärts neigen, den die Fläche des Dachs mit der waagrechten Linie macht. S. the Ant. of Athens, Vol. I. u. II. Ha ragione Vitruvio — merkt hier Galiani an, — di lodar gli antichi Greci, i quali non ponevano i dentelli sotto i modiglioni. Oggi tutto al contrario non vi sarebbe chi ardisse d’ imitar quei Greci: perchè sono cosìbelli quei cornicioni antichi, che eristono ancora a’ dì nostri, ne’ quali si vedono sempre i dentelli sotto a’ modiglioni, che a prevaluto l’ uso alla ragione: come a prevaluto l’ uso nel fare i dentelli, ei mo-diglioni anche nel cornicione del frontespicio. So sind auch die Giebel des Parthenon zu Athen, (the Antiq. of Athens Vol. II. Pl. III. Chap. I.); des Dorischen Porticus eben daselbst (ebend. Vol. I. Ch. I. Pl. I.); und des Tempels des Bacchus zu Teos (Ionian. Ant. Chap. I. Pl. I.).
DRITTES KAPITEL. Dorische Bauart.

Einige alte Baukünstler haben behauptet: man müsse keine Tempel Dorischer Gattung erbauen; weil darin ein fehlerhaftes, nicht über-eintreffendes Ebenmaaſs herrsche. Dieser Meinung war Tarchesius, ingleichen Pytheus, auch Hermogenes; denn als Letzterer bereits den ganzen Vorrath an Marmor zur Errichtung eines Dori-schen Tempels zubereitet hatte, so änderte er denselben um, und errichtete daraus den Ionischen Tempel des Bacchus.

Siehe oben K. 1. S. 153 u.f.f. “Glücklicherweise—sagt Hr. Prof. Völkel in seiner so eben im J. 1794. erschienenen höchst schätzbaren Schrift über den groſsen Tempel und die Statue des Jupiters zu Olympia, S. 26 u. f. f. — stehn in Griechen-land, besonders aber in Sicilien und Italien noch Ruinen so vieler Dorischen Tempel, daſs man die frühere Beschaffenheit dieser Ordnung, ihre Veränderung, und die allmähligen Fortschritte zu ihrer Verschönerung deutlich wahrnehmen kann. Zu Korinth fand Le Roy Säulen, so stark und niedrig, daſs ihre Höhe nicht völlig viermal die Dicke des Durchmessers hat. An einem Tempel zu Thoricus, nicht weit von Athen, sind sie schon mehr als viermal höher, wie dick; eben so an einem zu Selinus, zu Girgenti, und zu Pästum (s. Houel etc. T.IV.21.24.26. Baumgärtner Ruinen von Pästum, S. 16. Not. 19. An dem gröſseren Tempel nur viermal, Paoli rovine etc. T.XVIII.). Diese Höhe steigt auf völlige fünf Durchmesser bey den Säulen des Tempels zu Segeste (das Kapitäl mitgerechnet); aber nur die Tempel zu Athen haben Säulen, die beynahe sechs Durchmesser hoch sind. Es ist bemerkungswerth, daſs unter den vielen Tempeln in Sici-lien kein einziger ist, dessen Säulen diese Höhe hätten; alle, deren Maaſs Houel ange-geben hat, den zu Segeste ausgenommen, erreichen nicht fünf Durchmesser. Und soll-ten sie wohl alle früher gebauet seyn, als die zu Athen? Der Tempel der Concordia zu Agrigent müſste sehr lange Zeit nach den Athenischen aufgeführt seyn, wie die Römer schon Herren über Sicilien waren, wenn die Lateinische Inschrift daselbst, welche eines Römischen Proconsuls und Quästors gedenkt, ächt wäre, und sich beweisen lieſse, daſs sie an diesem Tempel ehemals stand (Houel hat sie T.IV. S.25. aus dem Fazellus wie-derholt, obgleich d’ Orville, Sicula, p. 95. 96. sie mit Recht bestritten hatte). Es scheint aber, der ältere Dorische Styl wurde auf dieser Insel beybehalten, lange noch, nachdem

Jedoch fehlt es dieser Gattung weder an Schönheit noch Würde; allein sie ist wegen Austheilung der Dreyschlitze und der Felder — lacunaria — der untern Fläche des Kranzleisten, schwer und unbe-quem; denn nothwendig müssen die Dreyschlitze über das Mittel der Säulen zu stehen kommen, und die Metopen zwischen den Drey-schlitzen eben so breit, als hoch seyn: gleichwohl werden über den Ecksäulen die Dreyschlitze auf die äuſsersten Enden und nicht auf das Mittel gerückt; wodurch denn die Metopen, welche zunächst den Triglyphen auf der Ecke befindlich sind, nicht gleichseitige Vier-ecke, sondern um die halbe Breite eines Triglyphen ablanger wer- den; wenn man anders nicht, um gleiche Metopen zu erhalten, die Ecksäulenweiten um die halbe Breite eines Dreyschlitzes enger macht. Es sey nun aber, daſs man dieses, durch Verlängerung der Metopen, oder durch Verengerung der Ecksäulenweiten bewerkstellige; so bleibt dabey immer etwas fehlerhaftes; und aus diesem Grunde scheinen die Alten die Dorische Bauart in den Tempeln vermieden zu haben.

er im eigentlichen Griechenlande schon verändert worden war. Bekanntlich hatten viele Dorier sich in Sicilien niedergelassen: Syrakus, Naxos und eine Menge anderer Städte sind von ihnen bevölkert worden. Selinus, wo sehr viele Ruinen Dorischer Tempel stehen, war eine Colonie von Megara, und Megara war Dorischer Abkunft (Scymnus Chius orb. descr. v. 291. 505.). Diese haben die ursprüngliche, von ihnen benannte Bauart weder verlassen, noch sehr verändert, und daher kommt das Gleichförmige in ihren Tempeln. In Griechenland hingegen verbesserte man den ältern Styl, vermuthlich beson-ders nach dem Persischen Kriege, wie viele zerstörte und verbrannte Tempel aufgebauet werden muſsten.” — “Ungeachtet die Säulen der älteren Dorischen Ordnung so kurz waren, so bekamen die Tempel doch beynahe die Höhe, welche die im schönern Style gebaueten hatten, weil das Gebälke sehr schwer und der Giebel hoch war. Es läſst sich zwar das Verhältniſs von bey-den zu der Säulen Höhe an Tempeln der früheren Art nicht so genau angeben, wie die Verhältnisse der Dicke der Säulen zu ihrer Höhe; denn an dem alten Korinthischen Tem-pel liegt nur noch ein Stück Architrav auf einigen Säulen, und deren Maaſs hat LeRoy nicht einmal angeführt; die meistenTempel in Sicilien sind ganz eingestürzt; nur an einem zu Agrigent und an zweyen zu Pästum ist das Gebälke und der Giebel ziemlich unversehrt. So verschieden auch das Verhältniſs dieser Theile gegen die Saulen an ihnen ist, so sind sie doch darinnen fast einander gleich, daſs die ganze Höhe völlig zwey Drit-theile der Breite enthält, und dieſs haben sie mit den Tempeln des jüngern Dorischen Styls gemein, wie die angegebenen Maaſse der Athenischen lehren; der Olympische Tempel war noch etwas höher. Allein so viel die Säulen dieser an Höhe gewannen, so viel muſste das Gebälke verlieren, und, wie Stuart sagt, (Vol. II, p. 7.) nimmt Gebälk und Giebel am Parthenon nur beynahe zwey Fünftheile der ganzen Höhe ein; an dem einen zu Pästum hingegen fast die Hälfte, und an dem anderen über zwey Fünftheile.” Vielleicht ist dieſs derselbe, der unten B. VII. Vorr. Phyteus genannt wird. Siehe oben B. III. K. 2. Anm.

Ich werde hier, der Ordnung gemäſs, wie es mir von meinen Lehrern gelehrt worden ist, davon handeln; so daſs derjenige, der sich aufmerksam nach meiner Anweisung richten will, alle erforder-liche Verhältnisse habe, um verbesserte und fehlerfreye Tempel in Dorischer Manier zu verfertigen.

Man theile die Fronte des Dorischen Tempels da, wo die Säulen zu stehen kommen, wenn er viersäulig — tetrastylos — in acht und zwanzig Theile; wenn aber sechssäulig — hexastylos — in vier und vierzig. Hievon sey Ein Theil der Model, welcher auf Griechisch ἐμβάτης heiſst, und nach dessen Gröſse alle Verhältnisse des ganzen Gebäudes zu bestimmen sind. Die Säulendicke sey zwey Model; die Höhe mit Inbegriff des Kapitäls vierzehn. Des Kapitäls Höhe sey Ein Model; die Breite zwey Model und ein Sechstel. Man theile die Höhe des Kapitäls in drey Theile, und mache aus Einem die Platte — plinthus — sammt der Kehlleiste — cymatium, — aus dem anderen den Wulst — echinus — mit den Ringen — annuli, — und aus dem dritten den Hals — hypotrachelium. — Übrigens ver-jünge man die Säule nach der, im dritten Buche in Ansehung der Ionischen Säulen gegebenen Anleitung.

Beyspiele hievon geben die alten übrig gebliebenen Dorischen Tempel in Korinth, Sicilien, Pästum, Athen, u. s. w. Siehe Le Roy, Houel, Paoli, Stuart. Ich lese triglyphi dimidia latitudine — anstatt triglyphis etc. Ich behalte mit W. Newton die gewöhnlich in den Manuscripten beſindliche Zahl hier und kurz zuvor, bey. Siche Newton’s Vitruv, p. 74. n. (3*) w@ es heiſst: The numbers 28 and 44, which are found in the manuscripts, have been alter-ed by all the translators to 27 and 42; they supposing the former two members to have been erroneous, and to have arisen from the mistake of the copyists; be-cause, upon computing the number and measure of triglyphs and metops after-ward described in the front, the latter numbers are produced. Their manner of computation is as follows: In the tetrastyle temple is 11 triglyphs, at one module each, and 10 metops at a module and an half each; which together make 26 mo-dules; and that, added to half a module at either end, amounts in all to 27 modules. In the hexastyle temple is 17 triglyphs and 16 metops; which, accord-ing to the measures above mentioned, make 41 modules, and 1 module being added for the semi - metops at the angles, it amounts in the whole to 42 modules. But, upon reflecting on the facility of the computation, the general agreement of the copies, and the improbability of so evident an error being generally and uniformly continued, I was induced to suspect, that the source of this disagree-ment lay in some other tract. Pursuing this thought, and observing that Vitru-vius (a little farther) says, this disposition is for diastyle work, I tried the com-putation according to that species of intercolumniation, and found it exactly agreed therewith; the numbers, as generally wrote in the text, happening right in both instances. Thus, in the tetrastyle temple, the two lateral intercolumns, at 3 dia-meters, or 6 modules each, is 12 modules; the middle intercolumn to contain three triglyphs, must be 8 modules; and the four columns, at 2 modules each, is 8 modules; which altogether make 28 modules, the number of the text. So, in the hexastyle temple, the four lateral intercolumns, at 6 modules each, is 24 modules; the middle one 8, and the six columns 12, which in all make 44 modules, as in the text. But, in this case it will happen that the metops in the lateral intercolumns will be a sixth part of a module longer than a module and a half, the measure generally allowed them; and, on the other hand, if the metops are computed no more than a module and a half, the lateral intercolumns will be half a module leſs than three diameters, the just measure of diastyle work. It may be said, that the deduction of half a module doesnot change the species of intercolummiation; but I answer half a module changes eustyle to systyle; and, if a small difference from the prescribed measure may be allowed in the intercolumns, it may also, with as little impropriety, be allowed in the metops.

Des Unterbalkens Höhe sey, mit Inbegriff des Bandes — taenia — und der Tropfen — guttae — Ein Model: Das Band ein Siebentel Model. Die Tropfen hangen unter dem Bande, senkrecht unter den Dreyschlitzen, mit Inbegriff des Riemleins — regula — um ein Sechs-tel Model herab. Des Unterbalkens untere Breite entspreche oben dem Säulenhalse.

The differences in the proportion of the metops that may be observed in the seve-ral Grecian ruins, in those at Poestum, and in other remains of antiquity, make it appear, that the ancients did not scrupulously adhere to the rule of giving the metops a module and a half precisely, or to making them exactly square. In a Doric temple at Cora in Italy, published by Piranesi, the metops of the side and middle intercolumns are not of the same breadth; also, in some ancient examples, the capital of the triglyphs is included in the module and half, and in others it is excluded; it is sometimes continued through the metop, and sometimes discon-tinued. Nor does Vitruvius positively fix the height of the metops, but only says, they are as high as long. The height of the triglyphs did not always determine that of the metops, which sometimes rose higher than the triglyphs, breaking into the capital or large band above them. In the present case, the extraordinary length of the metop is exactly equal to the height of the capital of the triglyph (each being the sixth part of a module) so that supposing that member to be in-cluded in the height of the metops, they perfectly agree with the words of Vitru-vius, in being exactly as long as high. The agreement, therefore, of the numbers of the text, with the species of intercolumniation mentioned, makes it highly probable that Vitruvius intended the metops to be of such a length, disregarding the small differences in their mea-sures, as not being considerable enough to offend the eye; and that consequently the numbers, as generally found in the manuscripts, are perfectly right, and as intended by the author.

Über den Unterbalken stelle man die Dreyschlitze nebst ihren Metopen, anderthalb Model hoch, und Einen Model in der Fronte breit; und theile sie also ein, daſs sie auf das Mittel — contra tetran-tes medios — sowohl der Eck - als Mittelsäulen treffen; und ihrer je zwey über den übrigen Säulenweiten, über den mittelsten der Vor-und Hinterhalle aber ihrer je drey zu stehen kommen. Da auf diese Weise die Säulenweite in der Mitte geräumlicher wird, so erhalten dadurch die, welche zu den Götterbildern gehen, einen bequemeren Zugang.

Der Dreyschlitze Breite theile man in sechs Theile, und weise davon fünf ihren Platz im Mittel, je einem halben aber zur Rechten und zur Linken an; darauf bilde man im Mittel einen Steg — regula — oder Schenkel — femur, — der auf Griechisch μηρὸς heiſst, und dane-ben mache man, nach dem Winkelmaaſse, zwey Schlitze — canali-culi, — und neben diesen wieder zwey Schenkel; auf die beyden Ecken aber vertheile man Halbschlitze — semicanaliculi.

Sind die Dreyschlitze solchergestalt angebracht, so gebe man den Metopen zwischen den Dreyschlitzen gleiche Höhe als Breite; ingleichen mache man auf den Ecken Halbmetopen von der Breite eines halben Models. Auf solche Weise wird jedem Fehler sowohl der Metopen, als der Säulenweiten und der Felder der unteren Kranz-fläche, durch gleiche Eintheilung derselben, abgeholfen.

Des Dreyschlitzes Kapitäl sey ein Sechstel Model. Über die Kapitäle der Dreyschlitze ist der Kranzleisten — corona — zu setzen. Dieser habe einen halben nebst einem Sechstel Model Ausladung, und eine Dorische Leiste — cymatium Doricum — unten, eine andere aber oben; übrigens sey er, die Leisten mit inbegriffen, einen halben Model hoch. Auf der unteren Fläche des Kranzleistens aber, senk-recht über den Dreyschlitzen und über dem Mittel der Metopen, ist die Richtung der Gassen — viae — und die Stellung der Tro- pfen dergestalt anzuordnen, daſs je sechs Tropfen in die Quere und je drey in die Länge gestellt werden; die Zwischenräume die dadurch entstehen, daſs die Metopen breiter, als die Dreyschlitze sind, lasse man leer, oder schnitze Donnerkeile — fulmina — hinein. Unten am Kinne — mentum — mache man eine Krinne — linea incida-tur, — welche eine Regenrinne — scotia — heiſst.

Alles übrige, nehmlich Giebelfeld nebst dessen Rinnleiste und Kranz mache man nach der, in Ansehung der Ionischen, gegebenen Vorschrift.

Dieſs sey das bestimmte Verhältniſs bey einem Diastylos! wofern das Gebäude aber ein Systylos werden soll, so daſs zwischen zwey Säulen nur ein einzelner Dreyschlitz — monotriglyphos — angebracht werden kann; so theile man die Fronte des Tempels, wenn er vier-säulig werden soll, in drey und zwanzig Theile; wenn sechssäulig, in fünf und dreyſsig. Hievon sey Ein Theil der Model, wonach, obiger Anweisung gemäſs, das Gebäude einzurichten ist. Darauf hat man über jeden Unterbalken sowohl zwey Metopen, als zwey Dreyschlitze zu setzen: über die Eckunterbalken überdieſs noch einen halben Triglyphen und so viel Raum als die Hälfte eines Tri-glyphen beträgt: über den mittleren Unterbalken aber gerade über — contra — dem Giebel drey Triglyphen und drey Metopen; damit die mittelste Säulenweite geräumlicher werde, und also nicht allein einen bequemeren Zugang zum Tempel, sondern auch eine stattlichere Ansicht der Götterbilder gewähre. Über die Kapitäle der Dreyschlitze ist der Kranzleisten zu setzen, der, nach obiger Vorschrift, unten und oben eine Dorische Leiste haben und, mit Inbegriff dieser Leisten, einen halben Model hoch seyn muſs. Ferner ist auf der unteren Fläche des Kranzleistens, senkrecht über den Dreyschlitzen und über dem Mittel der Metopen, die Richtung der Gassen und die Stellung der Tropfen, ingleichen alles übrige so, wie es beym Diastylos ange-geben worden ist, anzuordnen.

Der Ähnlichkeit wegen, heiſsen die Zwischenräume zwischen den Tropfenreiheu Gassen. An den noch vorhandenen antiken Dorischen Gebäuden sind diese, ingleichen die Tropfen unter den Triglyphen, gleich abgestutzter Kegel rund gestaltet. Philander, Lät und Galiani ändern hier fälschlich das in allen Handschriften befindliche Systylon in Pycnostylon um, und machen in der Zahl der Theile, wor-in die Fronte zu theilen ist, ingleichen in der Zahl der Triglyphen und Metopen willkühr-@iche Veränderungen, die nicht Statt haben können, wenn man den Vitruv richtig ver-steht. Siehe W. Newton’s Vitruv, S.77.

Den Säulen gebe man zwanzig Streifen — striae, — die, wenn sie flach gelassen werden, zwanzig Ecken bilden; wenn man sie aber aushölt, folgendermaſsen zu gestalten sind: Nach der Breite eines Streifs — striatura — mache man ein gleichseitiges Viereck; aus dem Mittelpunkte dieses Vierecks ziehe man eine Zirkellinie durch alle vier Ecken des Quadrats; und so viel als der Bogen zwischen der krummen und der geraden Linie beträgt, um so viel höle man den Streif aus : So wird die Dorische Säule die gehörige Streifen- form — striatura — ihrer Gattung erhalten.

Jeder Stein des Gebälks, der von dem Mittelpunkt der Einen Säule, bis zu dem der Anderen reicht, wird hier als ein besonderer Unterbalken betrachtet. Nehmlich Ein ganzer Triglyph und zwey halbe an den beyden Enden des Unter-balken; also zwey überhaupt. Ich lese: Ita supra singula epistylia et metopae duae et triglyphi bini erunt col-locandi: in angularibus hoc amplius dimidiatum (i. e. triglyphum), et quantum est spatium hemitriglyphi. Da die Eckunterbalken wirklich einen halben Triglyphen nebst so viel Raum als die Hälfte eines Triglyphen beträgt, mehr als die übrigen Unterbalken (den mittleren ausgenommen) über sich haben müssen, wenn anders nicht ein halber Tri-glyph auf die Ecke soll zu stehen kommen, welches Vitruvs Meinung gerade entgegen liefe: so wundere ich mich, wie diese Stelle bisher so ganz miſsverstanden worden ist, und wie selbst W. Newton daran gescheitert ist.

Was die Verstärkung der Säulen im Mittel betrifft, so ist das, was davon im dritten Buche bey Gelegenheit der Ionischen vor-getragen worden ist, auch hier auf diese anzuwenden.

Nachdem ich also die Verhältnisse der Aussenseiten, sowohl der Korinthischen, als auch Ionischen und Dorischen Tempel vorgeschrieben habe; so ist nun ebenfalls die innere Einrichtung der Zellen und der Vorhalle anzugeben.

VIERTES KAPITEL. Innere Einrichtung der Zellen und der Vorhalle.

Die Länge des Tempels wird so eingerichtet, daſs die Breite die Hälfte der Länge ausmacht, und die Zelle, mit Inbegriff der Mauer, worin die Thüre angebracht ist, um Ein Viertel länger ist als die Breite; die übrigen drey Viertel aber bis an der Vorhalle Eckwand-pfeiler sich erstrecken.

In the Doric temple at Cora, before mentioned, is an example of both these sorts of striae or channelling; the lower part of the columns having the flat, and the upper part the hollow kind of striae. S. Newton’s Vitruv. S.78. Ich halte mit Galiani, Ortiz und Newton dafür, daſs Vitruv in diesem Kapitel von der inneren Einrichtung der Zelle und Vorhalle aller bisher erwähnten

Die Eckwandpfeiler müssen die Stärke der Säulen haben; und, wenn der Tempel breiter als zwanzig Fuſs ist, müssen zwey Säulen zwischen diese Eckwandpfeiler gestellt werden; wodurch die äuſsere Säulenstellung — Pteroma — von der Vorhalle abgesondert wird: Ingleichen müssen die drey Zwischenweiten, die also zwischen den Eckwandpfeilern und den Säulen entstehen, mit marmornen oder auch hölzernen Geländern — plutei — verschlossen werden; doch so, daſs Thüren darin angebracht sind, wodurch man in die Vorhalle eingehen kann.

Ferner sind, wenn die Breite über vierzig Fuſs beträgt, denen Säulen gegenüber, welche zwischen den Eckwandpfeilern stehen, noch andere Säulen, nach innen zu, zu stellen. Diese mögen dieselbe Höhe haben, als die in der Fronte; ihre Stärke aber ist nach folgen-den Verhältnissen zu vermindern: Haben die vordersten ein Achtel der Höhe zum Durchmesser, so gebe man diesen ein Neuntel; haben jene aber ein Neuntel oder Zehntel, so mache man diese verhältniſs-mäſsig; denn in der eingeschlossenen Luft merkt man die Vermin-derung nicht.

Tempelarten überhaupt, ausser dem Hypäthros, handelt. Diejenigen, welche glauben, daſs er bloſs die Tempel in antis vor Augen gehabt habe, scheinen die Bemerkung ausser Acht zu lassen, daſs, den Hypäthros ausgenommen, alle übrige antike Tempel in der Hinterfronte weder Thür noch Anten wie in der Vorderfronte hatten. Siehe oben B. III. Kap. 1. Anmerk. o). Allein eben dieser Bemerkung zufolge, muſsten auch die Zellen nebst der Vor- und Hinterhalle des Hypäthros anders eingerichtet seyn. Wie diese Einrich-tung beschaffen war, siehe in der Abbildung des Parthenons zu Athen, in den Ant. of Athens, Vol. II. und des Tempels der Concordia zu Girgenti in Fea’s Storia delle arti del disegno etc. Tom. III. Tav. XIX. Ingleichen des groſsen Tempels zu Pästum in Paoli rovine etc. Ein Beyspiel hievon siehe in dem kleineren Tempel zu Pästum.

Sollten sie gleichwohl dünner aussehen, so gebe man, wenn die vorderen vier und zwanzig Streife — striae — haben, diesen ihrer acht und zwanzig, oder zwey und dreyſsig. Auf solche Weise wird um so viel, als der Schaft vermindert worden ist, durch die vermehrte Anzahl der Streifen in so fern verhältniſsmäſsig wieder ersetzt, als es weniger ins Auge fällt; und also, vermöge des umgekehrten Verhält-nisses, die Säulenstärke wieder gleich. Der Grund hievon ist: daſs das Auge, indem es mehrere und dichtere Abzeichen berührt, im Sehen mehr Wegs zurück zu legen hat; denn, wenn man zwey gleich-starke Säulen, deren Eine gerieft — striata, — die Andere aber nicht gerieft ist, rund herum mit Faden miſst, dergestalt, daſs der eine Faden alle Vertiefungen der Riefen — strigium — und alle Ecken der Stege — striarum — berühre; so werden bey vollkommener Gleich-heit der Stärke der Säulen, dennoch die Maaſse ungleich seyn, weil, durch den Umweg über die Stege und durch die Reifen, der eine Faden verlängert wird. Wenn diesem nun also ist, so ists auch gar nicht unschicklich, an eingeschränkten Orten, in einem verschlossenen Raume dünnere Säulen an einem Gebäude anzubringen, da einmal die Riefen uns diesen ersprieſslichen Ausweg — temperatura — dar-bieten.

Die Zellenmauern selbst aber müssen nach Verhältniſs der Gröſse des Tempels dick seyn, indem die Eckwandpfeiler derselben immer von gleicher Dicke mit den Säulen sind. Sollen sie gemauert werden, so werden sie am füglichsten von ganz kleinen Bruchsteinen aufge-führt; sollen sie aber aus Quadersteinen oder Marmor verfertiget wer-den, so dünkt mir am besten, sich dazu mäſsiger Werkstücke von gleicher Gröſse zu bedienen; weil alsdann immer das Mittel der Steine auf eine Fuge trifft, wodurch das Ganze desto mehr Festigkeit ge-winnt; nicht zu gedenken, daſs der aus den Fugen und Lagern her- vorgetrungene Mörtel — eminentes expressiones — dem Werke ein feines, zierliches Ansehen — graphicotera delectatio — giebt.

FÜNFTES KAPITEL. Stellung der Tempel gegen die Himmelsgegenden.

Die Tempel der unsterblichen Götter sind, in Ansehung der Him-melsgegenden, gegen welche sie gerichtet seyn müssen, also zu stel-len, daſs, wenn sonst kein Grund dagegen ist, und man bey Anle-gung derselben mit uneingeschränkter Freyheit verfahren kann — die in der Zelle aufgestellte Statüe — signum — gen Abend sehe; damit diejenigen, welche um zu opfern zum Altare kommen, gen Aufgang und nach dem im Tempel beſindlichen Götterbilde hinsehen; auch die, welche ihr Gebet verrichten, das Gesicht nach dem Tem-pel und gen Aufgang kehren, die Götterbilder selbst aber, gleich-sam als ob sie aufgiengen, die Betenden und Opfernden anzublicken scheinen; denn alle Altäre der Götter müssen nothwendig gegen Mor-gen liegen.

Inzwischen, sollte die Beschaffenheit des Orts dieses nicht zu-lassen, so hat man wenigstens den Tempeln eine solche Stellung zu geben, daſs man daraus den gröſsten Theil der Stadt übersehen könne: Ingleichen müssen die Tempel, welche am Ufer eines Flusses, wie z. B. in Ägypten am Ufer des Nils, errichtet werden, nach dem Flusse zu gekehrt seyn. So wie ebenfalls die Tempel, welche an Landstraſsen angelegt werden, eine solche Stellung haben müssen, daſs die Vorübergehenden hinein sehen, und vor der Hauptansicht ihre Andacht verrichten können.

Fenster hatten die ins Gevierte gebaueten antiken Tempel nicht. Sie hatten kein anderes Licht, als das, welches durch die Thüre hinein fiel. Das Innere ward durch Lam-pen erleuchtet. S. Winkelmanns Anmerkungen über die Baukunst der Alten. Seite 39.
SECHSTES KAPITEL. Verhältnisse der Thüren der Tempel.

Bey Bestimmung der Verhältnisse der Thüren der Tempel und ihrer Bekleidung — antepagmenta — ist zuerst auszumachen, von welcher Gattung sie seyn sollen; denn es giebt folgende Gattungen der Thü-ren — thyroma: — die Dorische, Ionische und Attische .

Die Verhältnisse der Dorischen Gattung sind aus folgenden Re-geln zu ersehen. Das Hauptgesims, welches über der oberen Ein-fassung — antepagmentum superius — angebracht wird, stehe waag-recht oben mit den Kapitälen der Säulen in der Vorhalle. Die Thür-öffnung — Lumen hypothyri — aber werde so eingerichtet, daſs die Höhe des Tempels vom Fuſsboden — pavimentum — bis zur Decke — lacunaria — in viertehalb Theile getheilt und davon zwey der Thüröffnung zur Höhe gegeben werden. Diese Höhe theile man in zwölf Theile und mache aus sechstehalb die untere Breite der Öffnung; die obere aber mache man enger, und zwar um ein Drit- tel der Einfassung, wenn die Höhe höchstens sechzehn Fuſs beträgt; um ein Viertel der Einfassung, wenn die Höhe sechzehn bis fünf und zwanzig Fuſs beträgt; um ein Achtel der Einfassung, wenn die Höhe fünf und zwanzig bis dreyſsig Fuſs beträgt; übrigens aber müs-sen, je mehr die Höhe beträgt, um desto senkrechter die Seitenge-wände gestellt werden.

Aus den Worten, womit Vitruv dieses Kapitel beschlieſst: “Nachdem ich die Verhältnisse, welche bey Erbauung Dorischer, Ionischer und Korinthischer Tempel zu beobachten sind — — vorgetragen habe, u. s. w.” erhellt, daſs unter der Attischen Thüre hier die zur Korinthischen Ordnung gehörige Thür zu verstehen sey. Wahrschein-lich hatte diese Ordnung nicht, gleich den beyden übrigen, eine eigene Thür, und es wählten sich die Athener diese dazu.

Die Seiteneinfassung — ipsa antepagmenta — mache man unten ein Zwölftel der Thüröffnung breit; oberhalb ziehe man sie um ein Vierzehntheil ihrer Breite ein: Der Sturz — supercilium — sey so hoch, als die Seiteneinfassung oben breit ist; die Kehlleiste mache man ein Sechstel der Seiteneinfassung; die Ausladung aber der Höhe gleich; und sowohl die Lesbische Leiste — cymatium Lesbium — als das Stäblein — astragalus — muſs geschnitzt werden.

Über des Sturzes Kehlleiste kommt der Fries — hyperthyrum, — dem Sturze an Höhe gleich, zu liegen; und eine Dorische Leiste mit einem Lesbischen Stäblein ist daran flach zu schnitzen.

Darauf mache man einen glatten Kranz mit einer Kehlleiste, dessen Ausladung der Höhe des Sturzes, welcher über die aufrechten Seitengewände gesetzt wird, gleich sey: Zur Rechten und Linken sind die Auslaufungen also zu verfertigen, daſs die Anwachsungen — cre-pidines — vorstechen — excurrere, — und daſs die Kehlleisten voll-kommen genau zusammen passen.

Thüre und Fenster des runden Tempels der Vesta zu Tivoli haben oberhalb diese Einziehung. (s. Desgodez, p. 95. und F. Piranesi raccolta di tempi etc. pag. 14. Tav. VIII e IX.) Ingleichen die Fenster in der West - Fronte des Tempels der Minerva Polias zu Athen. (S. Ant. of Athens, Vol. II. Chap. II. Pl. XV.) The Lesbian cymatium I judge to be an ogee, or sima reversa; because the generality of the ancient portals known to us, have this moulding for the cyma-tium of their antepagments; and thus it is in the portal of Cora, which in so many other respects agrees with the description of Vitruvius. Newton’s Vitr. p. 82.

Wenn aber die Thüren von Ionischer Gattung seyn sollen, so muſs die Öffnung von derselben Höhe, als bey den Dorischen gemacht werden; die Breite aber ist also zu bestimmen: Man theile die Höhe in drittehalb Theile und nehme anderthalb davon zur unte-ren Breite der Öffnung: Die Einziehungen — contracturae — seyn eben so, wie bey den Dorischen: Die Breite der Einfassung sey ein Vierzehntheil der Höhe der Öffnung: Die Kehlleiste ein Sechstel dieser Breite: Alles übrige auſser der Kehlleiste theile man in zwölf Theile, und gebe davon drey der ersten Binde — corsa — mit Inbe-griff des Stäbleins; vier der zweyten; fünf der dritten; und diese Binden insgesammt mit den Stäblein lasse man ringsherum laufen. Den Fries und Kranz — hyperthyra, orum — mache man auf die- selbe Weise, gleichwie den Dorischen Fries und Kranz — hyperthy-rides. — Die Kragsteine — ancones, — die auch Seitenrollen — pro- thyrides — heiſsen, müssen, mit Schnitzwerk verziert, zur Rechten und Linken unten mit dem Sturze waagrecht herabhangen, das Blatt ausgenommen. In der Fronte gebe man ihnen ein Drittel der Einfassung zur Breite, unten aber mache man sie um ein Viertel schmäler als oben.

Ich verstehe diese Stelle folgendermaſsen: Es ist von dem Kranze über der Thüre die Rede, und an demselben soll zur Rechten und Linken die Kehlleiste sich herum ziehen und auf den Ecken genau zusammen fugen; welches bey den übrigen Theilen der Thür-bekleidung, wegen ihrer geringen Ausladung, vielleicht nicht geschah. Ich unterwerfe diese Meinung eben so freymüthig dem Urtheile des Baukünstlers, als ich die Erklärung des Perrault und Galiani und Newton für unstatthaft erkläre. Da Vitruv nachher weiter nichts vom Kranze insbesondere erwähnt, so ist offenbar, daſs er hier durch die mehrere Zahl des Worts hyperthyrum, alle Theile über der Thüre, und also sowohl den Fries als den Kranz verstanden wissen wolle. So sagt er auch gleich darauf hyperthyrides. Bey der Dorischen Thüre sind keine Kragsteine erwähnt worden.

Die zweyflügelichen Thüren — ſores — sind dergestalt zu ver-fertigen, daſs die Zapfenschenkel — scapi cardinales — einen Zwölf- theil der Höhe der ganzen Öffnung; die Füllungen — tympana — aber zwischen beyden Schenkeln drey jener Zwölftheile halten. Die Lei-sten — impages — sind also anzuordnen; daſs, nachdem die Höhe in fünf Theile eingetheilt und zwey davon zu oben, und drey zu unten genommen worden sind, dann in das Mittel die Mittelleisten, und von den übrigen die Einen oben, und die Anderen unten ange-schlagen werden: Die Breite einer Leiste betrage das Drittel einer Füllung: Der Kehlstoſs — cymatium — das Sechstel der Leiste. Die aufrechten Schenkel im Mittel seyn die Hälfte der Leiste breit: Der Rahmen der Füllung — replum, — die Hälfte und noch ein Sechstel: Die Schenkel längst der Bekleidung — antepagmentum — aber, bloſs die Hälfte der Leiste.

Von der Gestalt der Zapfen oder Angeln an den Thüren der Alten siehe unten Buch IX. K. 6. (IX) Anmerk. The ancient door of the Pantheon at Rome, according to Des-godetz, appears to have been framed in the manner Vitruvius describes, and exempli-ſies his text very exactly. For of the two middlemost impages, or horizontal rails, of this door, the upper one was at three ſifths of the height, and the other at the middle of that height, agreeing therein, with the directions of Vitruvius. There are several examples of ancient doors to bee seen on marble sarcophagi, which are framed in pannels. One is represented in Piranesi’s Antiquities of Rome, Vol. III. pl. 27. an other is in the collection at Wilton, on a sarcophagus which stands in the great hall. In both these examples one leaf of the door is represented opening outward, in which manner it is said the doors of the ancient Greeks usualy opened. Newton’s Vitruv. Vol. II. Appendix. Ich lese: scapi qui sunt secundum antepagmentum, anstatt scapi qui sunt ante secundum pagmentum etc.

Ist die Thür nur einſlügelich — ſores valvatae — so bleibt das Höhenmaaſs unverändert; zur Breite nur wird die Breite eines Flü-gels hinzugethan.

Ist die Thür aber kreuzweis gebrochen — quadriſoris, — so muſs an die Höhe noch angesetzt werden.

Die Attische Thür wird nach denselben Vorschriften gemacht, als die Dorische; auſser daſs noch in der Bekleidung unter der Kehlleiste ringsumher Binden angebracht werden, die also einzurich-ten sind, daſs von sieben Theilen, worin die Einfassung getheilt wird, die Kehlleiste Einen, und jede Binde ihrer zwey erhalte. Was die hölzerne Thür betrifft, so wird diese nicht mit eingelegtem Horne — cerostrota ornamenta — verziert; noch ist sie zweyflügelich, sondern einflügelich, und öffnet sich nach auſsen.

Der Kranz der Attischen Thür muſs also oben mit den Kapitälen der Halle in der Vorhalle waagrecht stehen; und unter demselben werden keine Kragsteine angebracht. Ich merke dieſs an, weil weder Perrault noch Galiani dieſs in ihren Abbildungen beob-achtet haben. Ortiz bleibt dem Vitruv treu. W. Newton erklärt sich in dieser Rücksicht, wie folgt: I find two instances in the antique, wherein the top of the corona of the portal is level with the tops of the capitals of the columns in the pronaos. These are in the Doric temple at Cora, in Italy, and in the Sybils temple at Tivoli. But, in both these examples, the height of the aperture is two parts and an half, out of three and an half, from the pavement to the lacunars; whereas Vitruvius directs it to be no more than two parts. If the height of the aperture is allowed two and an half, as in these examples; and all the other members are made in the proportions mentioned by Vitruvius; then, the top of the corona being made level with the top of the capitals, will cause the co-rona to be of a proper and moderate size, nearly equal with the abacus of the capitals. The agreement of these two examples in the same proportion, the suitableneſs of this proportion of the aperture to the distribution and proportion of all the other parts of the portal, the correspondence of these ancient doors in all other respects to the description of Vitruvius, joined with the incongruity and deſormity that arises from the height of the aperture mentioned in the text, make it very probable that the error lies here, and that duae, two, has been written instead of duae s. or duae semis, two and an half. It is true that the generality of the ancient portals, which have come to our knowledge, are not so high in the aperture as those of Cora and Tivoli; several of them agree with the text, and have but two parts, out of three and an half, from the pavement to the lacunars: such are those of the temples of Fortuna Virilis, Concord and Vesta, at Rome (according to Palladio) and that of Pola, in Istria. But none
of these are of the Doric or Attic kind; they are what Vitruvius calls the Ionic; whereas those of Cora and Tivoli are both Attic; which as Vitruvius hereaſter says, is the same as the Doric, and which latter he is here describing. Those ancient portals, that have the top of the corona level with the tops of the capitals of the columns, do not agree with the text in the proportional height of their aperture; and those that agree in the height of their aperture have not the top of the corona level with the top of the columns; nor can they have, unleſs some member of the entablature is made so unusually large and disproportionate as shocks the eye of the spectator. By these ancient examples it appears that the Attic and Doric por-tals have in their apertures, two and an half parts, out of three and an half, from the pavement to the lacunars; and the Ionic but two parts: and that the former have the top of the corona level with the top of the capitals, but the latter have not. I there-fore conjecture, that Vitruvius has, in the description, inadvertently united the proportion of the Ionic portal with that singularity of the Doric, of having its coro-na level with the top of the capitals, or else that he has written duae s. for duae semis; the s, according to custom, standing for semis, which the copyists have mistakenly suppressed; and that thus the error has arisen. Whether or no this con-jecture may be satisfactory and well founded, I submit to the decision of the public. I cannot, however, be of opinion that Vitruvius could ever intend so exorbitant and disproportionate a member as that large corona. Propriety, beauty, and the example of antiquity, conspire to decry it. In practice, therefore, it appears to me most adviseable to make the height of the apertures in Doric portals like those of Cora and Tivoli: viz. 2 {1/2} to 3 {1/2}; and, in Ionic portals, to give the aperture the height mentioned in the text: viz. 2 to 3. See Newton’s Vitruvius, p. 82. n. Diese Stelle wird sehr bestritten. Vielleicht könnte man anstatt cerostrota — cla@ thrata lesen und übersetzen: “Die Thür wird weder mit einem Gitter geziert, noch u. s. w. — Über der Thüre des Pantheons befindet sich wirklich ein Gitter; und

Nachdem ich die Verhältnisse, welche bey Erbauung Dori-scher, Ionischer und Korinthischer Tempel zu beobachten sind, so genau, als es mir möglich gewesen ist, nach der eingeführ-ten Sitte, angegeben habe; will ich nun von der Toscanischen Bauart handeln.

SIEBENTES KAPITEL. Toskanische Verhältnisse der Tempel. Runde Tempel. Anomalische Tempel.

Hat der Ort, worauf der Tempel erbauet werden soll, sechs Theile in der Länge; so nehme man Einen Theil davon, und gebe das Übrige der Breite. Die Länge aber theile man in zwey Hälften, wovon die hintere zu Zellen gebraucht, die vordere aber zur Säulenstellung ge-lassen werden muſs. Ingleichen theile man die Breite in zehn Theile, wovon je drey zur Rechten und Linken kleinen Zellen, oder, wo Seitenhallen — alae — angebracht werden sollen, diesen zu geben; die übrigen vier aber zur mittleren Hauptzelle — media aedes — zu neh-men sind.

Der Raum vor den Zellen in der Vorhalle, werde also den Säu-len angewiesen, daſs die Ecksäulen den Eckwandpfeilern — antae — vorn an den Seitenmauern — parietes — gegenüber zu stehen kom-men: die beyden mittleren aber den Wänden gegenüber, welche zwischen den Eckwandpfeilern und der Hauptzelle befindlich; und zwischen den Eckwandpfeilern und den vorderen Säulen ins Mittel, in dieselben Gegenden, noch andere Säulen gestellt werden.

clathrum hieſs ein von Metall mit Kreuzstäben gegossenes Gitter, dergleichen die Alten vor ihren Fenstern anzubringen pflegten; es hieng in Angeln und konnte auf - und zuge-macht werden. S. Winkelmann’s Anmerk. ü. d. Bauk. der Alten. S.41.
d. i. auf beyden Seiten jede Säule so weit als die andere von dem Wandpfeiler und der Ecksäule entfernt; also just zwischen diesen mitten inne. Diese Stelle erhält Licht durch eine andere gegen Ende dieses Kapitels befindliche, die im Lateinischen anfängt: Nonnulli etiam de Tuscanicis generibus sumentes columnarum dispositiones. Siehe dort die Note.
Fig. 2. Toskanischer Tempel. 6 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 5 4 3 2 1 1 2 3 11 12 13 14 5

Die untere Dicke der Säulen sey ein Siebentel ihrer Höhe: ihre Höhe ein Drittel der Breite des Tempels: und oben werden sie um ein Viertel ihrer unteren Dicke verjüngt. Die Base — spira — mache man die Hälfte der Säulendicke hoch: Man gebe ihnen eine zirkel-runde Plinthe halb so hoch als dick; und, von gleicher Dicke mit der Plinthe, einem Pfühl — torus — mit dem Anlaufe — apophygis. Des Knaufs Höhe sey die Hälfte der Dicke: Der Platte — abacus — Breite sey der untersten Säulendicke gleich, und man theile des Knaufs Höhe in drey Theile und gebe davon Einen der Plinthe, welche statt Platte dient; den anderen dem Wulste — echinus — und den dritten dem Halse — hypotrachelium — sammt dem Ablaufe — apophygis.

Über die Säulen sind zusammen gekämmte Balken — trabes compactiles — zu legen, deren Höhe — altitudo — nach Maaſsgabe der Gröſse des Gebäudes zu bestimmen ist. Diese Balken müssen so dick als der Säulen Hals seyn, und vermittelst Klammern — subscus — und Schwalbenschwänze — securicula — also mit einander verbunden werden, daſs zwischen den Fugen — compactura — ein zwey Zoll breiter Raum bleibe; denn, wofern sie sich unter einander berühren, daſs keine Luft hindurch streichen kann, so erhitzen sie sich und verfaulen bald.

Ich verstehe dieses, daſs der Abacus rund seyn müsse wie die Plinthe; wodurch denn eine Eigenthümlichkeit der Toskanischen Säule entsteht, die bisher unbemerkt ge-blieben ist. Ich halte mich streng an den Text, wo in keinem Manuscripte etwas von einem Ringe — astragalus — zu finden ist. Philander hat bloſs aus eigener Autorität cum astragalo eingeschaltet. Galiani behauptet, daſs, da Hals und Ablauf ge-nannt würden, nothwendig der Ring, als zwischen beyden befindlich, müsse verstanden werden. Ob dieſs wirklich nothwendig sey, überlasse ich den Baukünstlern zu ent-scheiden; bin aber davon selbst nicht überzeugt, sondern glaube vielmehr, daſs hier von dem Ablaufe zwischen dem Säulenhalse und dem Wulste die Rede sey.

Über die Balken und über die Wände — parietes — lasse man die Hauptbalkenköpfe — mutuli — um ein Viertel der Säulen-länge hervortreten; und nagele eine Verkleidung — antepag- menta — an die Enden derselben. Über diesen führe man das Giebelfeld — tympanum fastigii — von Mauerwerk — structura — oder Holz — materia — auf; auf den Giebel — fastigium — aber lege man Firstbalken — culmen, — Sparren — cantherii — und

d. i. die gemauerten Wände des Tempels; nicht aber, wie Perrault und Galiani es gegen den Sprachgebrauch erklären, Mauerwerk zwischen den Balken im Friese, denn um diesen Sinn auszudrücken, würde Vitruv structura gebrauchen, wie er es auch sogleich bey Gelegenheit des Giebelfeldes thut. Ein Ge-währsmann meiner Meinung ist Abate Fea, storia delle arti del disegno etc. di Winkelmann Tomo III. p. 479 etc. Galiani setzt anstatt altitudinis — latitudinis. Nicht zu gedenken, daſs er dadurch der Toskanischen Bauart eine ihrer vorzüglichen Eigenthümlichkeiten raubt: so sagt auch Vitruv sonst nie latitudo, sondern beständig crassitudo columnae. What is here meant by the word antepagments is uncertain; Galiani thinks it means ornaments in a general sense; it may signify some moulding affixed to the fronts of the mutules, like those of the antepagments or architrave of doors; or, as I observe, no mention is made of any corona, etc. to cover the mutules (which, ne-vertheleſs, is absolutely necessary and indispensable;) it may be some mouldings lying above the mutules, and appearing like a cornice, as Piranesi has represented it in his Magnif. di Roma. Newton’s Vitruv. p. 87. Ich lese also mit Jocundus, anstatt, wie Laet, tympanum fastigiis. Wahrscheinlich ist ein Versehen des Abschreibers Schuld, daſs im Texte hier wie-der columen für culmen gelesen wird. S. oben K. 2.

Fetten — templa — also, daſs die Traufe — stillicidium — des gan-zen Daches Drittel — tertiarium — entsprechen möge.

Ich weiſs mir hiebey nichts anders zu denken, als daſs die Dachtraufe um {1/3} der Dachhöhe über die, bereits um {1/4} der Säulenlänge über die Tempelmauern hervor sprin-genden, Hauptbalken herübertreten soll. Wollte ich annehmen, daſs der ganze über die Mauern hervortretende Theil des Dachs ein Drittel der Dachhöhe betragen sollte: so würde der Giebel dadurch eine Höhe erhalten, welche nicht mit dem gedrückten, plattköpfigen — barycephalus — Ansehen, das die Toskanischen Tempel charakterisirt, übereinstimmt; denn erwähnter-maſsen treten die Hauptbalken um {1/4} der Säulenlänge über die Mauern hervor; zum allerwenigsten müſste also der Giebel {3/4} der Säulenlänge hoch werden.

Hingegen, sollte die Traufe nicht allzuweit über die Hauptbalken hinüber ragen, so muſste das Dach, und folglich der Giebel, sehr flach gehalten werden, und um so mehr wurde also jenes niedrige und breite Ansehen der Toskanischen Tempel befördert, welchem man sodann durch Statuen u. s. w. auf den Giebelzinnen einigermaſsen wie-der abzuhelfen bemüht war. Zu gleicher Zeit konnte man an den Seiten des Tempels, in einem Raume, der an Breite {1/4} der Säulenlänge und {1/3} der Dachhöhe betrug, be-deckt gehen; wodurch denn der Mangel eines Seiten-Säulengangs vollkommen er-setzt war.

Newton übersetzt diese Stelle folgendermaſsen: and thereon, the fastigium, co-lumen, canthers and templats are so disposed, that the gutters of the whole roof may correspond in a triple number. Allein mich dünkt, darum, daſs auf den Seiten drey einander gegenüber stehende Dachrinnen anzubringen sind, dürfen wohl Firstbalken, Sparren und Fetten eben nicht besonders gelegt werden.

Übrigens weicht meine Vorstellung des Toskanischen Tempels von den Vorstel-lungen desselben beym Barbaro, Perrault, Galiani, Le Roy, Piranesi, Ortiz und zum Theil Newton, in folgenden Stücken ab: a) Ich denke mir den Abacus rund, gleich der Plinthe. b) Ich gebe dem Knaufe ganz und gar keinen Ring — astra-galus — weder unter dem Wulste, noch zwischen dem Säulenhalse und dem Ablaufe. c) Dem Gebälke gebe ich keinen Fries. d) Die Balkenköpfe lasse ich um {1/4} der Säu-lenhöhe über den Unterbalken und die Tempehnauern, rings um den Tempel her, hervor treten, und benagele sie vorn mit einer Verkleidung, welche der Kornische nicht ungleich ist. e) Den Giebel, welchen ich mir niedrig und auf den Ecken mit Sta-

Man macht auch runde Tempel. Einige derselben, welche bloſs eine Säulenstellung ohne Zelle haben, heiſsen Monopteri (d. i. Ein Flügel); andere Peripteri (Flügel rings umher). Die ohne Zelle haben ein Tribunal, das heiſst, eine Freytreppe vom Drittel ihres Durchmessers. Die Säulen werden auf einen Säulen-stuhl — stylobata, — gestellt, und zur Höhe wird ihnen der Durch-

tuen u. s. w. besetzt denke, setze ich senkrecht über die hervorragenden Köpfe der Balken, und also um {1/4} der Säulenhöhe über die Säulen hervor springend. f) In der Vorhalle setze ich den vordersten mittleren Säulen keine in der zweyten Reihe gegen-über; sondern gebe dem Tempel überhaupt nur sechs Säulen. Auch lasse ich nicht die Seitenwände mit den Eckwandpfeilern vortreten, und mache also nicht hinter der ersten Säulenreihe einen Griechischen Tempel in antis. Weil Vitruv in vorigem Kapitel sagt, er wolle nun von der Toskanischen Bauart handeln, so sind viele und unter andern J. B. Piranesii de Rom. magnif. p. CXLII. der irrigen Meinung, die runden Tempel seyen eine Toskanische Erfindung. Allein Vitruv hat in den vorhergehenden Kapiteln von den regelmäſsigen gewöhnlichen Tempelgattungen der so genannten drey Ordnungen gehandelt; darauf geht er zu den Tempeln nach Toskanischer Bauart über. Die dahin gehörigen Vor-schriften schlieſsen mit dem obigen vorhergehenden Absatze. Itzt sollte von Rechts wegen ein neues Kapitel anfangen, das zur Überschrift führen könnte: Ungewöhn-liche und unregelmäſsige Tempelgattungen. In der That waren die run-den Tempel bey den Griechen nicht sehr gewöhnlich. Vitruv gedenkt bloſs des Tholus zu Delphi, B. VII. Vorr., und Pausanias erwähnt nur eines einzigen solchen Gebäudes zu Sparta, in welchem die Bildsäulen Jupiters und Venus standen (III. 12.). Die anderen runden Gebäude, die dieser Schriftsteller anführt, als das Schatz-haus des Minyas zu Orchomenus, das runde Gebäude zu Epidaurus, das Polyklet gebauet hatte, und einige andere, waren keine Tempel. Daſs aber Vitruv in diesem Kapitel wirklich nicht bloſs von Toskanischen Tem-peln handele, erhellt auch noch aus der Folge, wo es heiſst: Einige nehmen auch von der Toskanischen Gattung die Stellung der Säulen u. s. w. Zur Erläuterung siehe die Abbildung eines Basrelieſs in weiſsem Marmor in der Galerie zu Florenz, Tab. XXXVIII. Fig. I. II. III. J. B. Piranesii de Romano-

messer von Einem bis zum anderen Ende des Umfanges des Säulen-stuhls, zur Dicke aber ein Neuntel der Höhe, Kapitäl und Base mit inbegriffen, gegeben. Der Unterbalken hält die halbe Säulenstärke an Höhe. Fries, und alles übrige, was darüber zu stehen kommt, ist ganz so beschaffen, wie ichs im dritten Buche beschrieben habe.

rum magnificentia et architectura, und die Kopie hievon Tav. XVII. Tomo terzo della storia delle arti de disegno presso gli antichi di G. Winkelmann, tradotta dal Tedesco dall’ Abate Carlo Fea, in Roma, 1784. Das Basrelief stellt einen Monopteros vor. Die Intercolumnien sind von unten bis oben mit einem Gitterwerke verschlossen. Die Säulen sind Ionisch mit Basen. Sie stehen auf einem hohen Säulenstuhle, zu dem, der nach auswärts sich öffnenden Thüre gegen über, eine, mit dessen äuſserem Umfang verbundene Freytreppe (tribunal) hinauf führt.

Soll man aber einen Peripteros erbauen, so mache man unten zwey Stufen und den Säulenstuhl; darauf führe man die Zel-lenmauer sammt der Nische — recessus, — in einem Abstande von ungefähr einem Fünftel der Breite von dem Säulenstuhle auf, und in dessen Mitte lasse man den Raum der Thüre zur Treppe — ascen- sus. — Der Zelle Durchmesser, ohne Mauer und Gang umher, sey der Höhe der Säule auf dem Säulenstuhle gleich. Die Säulen sind nach dem gewöhnlichen Verhältnisse und Ebenmaaſse zu stellen. In Ansehung des Daches beobachte man das Verhältniſs, daſs die Hälfte des Durchmessers des ganzen Gebäudes der Kuppel — tholus, — die Blume ungerechnet, zur Höhe gegeben werde. Die Blume — flos, — die Pyramide nicht mit einverstanden, mache man an Gröſse dem Säulenkapitäle gleich. Alles übrige ist nach dem angegebenen Ver-hältnisse und Ebenmaaſse zu verfertigen.

Fig. 3. Ein Monopteros mit einer Freytreppe. Anstatt tribunal et ascensum, lese ich tribunal i. e. ascensum.

Es giebt auch noch andere Gattungen — genera — von Tempeln, die zwar nach demselben Ebenmaaſse angeordnet, aber verschiedentlich eingerichtet sind, wie z. B. der Tempel Kastors im Flaminischen Circus, und der Tempel des Vejovis zwischen den beyden Hainen; desgleichen noch künstlicher der Tempel der Diana im Arici-schen Walde; bey welchem zur Rechten und Linken an den Schul-tern der Vorhalle — ad humeros pronai — Säulen angebracht sind. Der erste Tempel, welcher von der Art, wie der Tempel Kastors im Circus erbauet worden ist, ist, zu Athen auf der Burg der Minerva, und in Attica auf dem Vorgebirge Sunium, der Tempel der Pal-las. Sie haben keine anderen als die gewöhnlichen Verhältnisse, denn die Zellen haben doppelte Breite zur Länge und so weiter; nur ist alles, was sonst in den Fronten zu stehen pſlegt, an den Seiten angebracht worden.

So lese ich anstatt aditus, weil es mir albern scheint, zu sagen: man lasse die Thür zum Zugang; wer weiſs nicht, daſs die Thür zum Zugange dient! Meiner Einsicht nach besteht also der Hauptunterschied zwischen einem Monopte-ros und Peripteros, auſser der dem Ersteren fehlenden Zelle, auch noch darin: a) daſs der Monopteros mit dem Säulenstuhle gerade auf dem Boden stand, und eine Freytreppe hatte; b) der Peripteros aber unter dem Säulenstuhle rings umher noch zwey Stufen, von welchen man auf einer im Mittel des Säulenstuhles angebrachten Treppe, von der Breite der Thüre, zum Tempel empor stieg. Meine Vorstellung weicht in Ansehung des Monopteros sowohl von der des Perrault, als der des Galiani ab; in Ansehung des Peripteros aber von der des Perrault gänzlich; allein von Galiani’s Vorstellung nur in so fern, daſs dieser diesem Tempel vier dergleichen Treppen giebt, da Vitruv ihm doch nur Eine be-stimmt. Wahrscheinlich war der Vestatempel sowohl zu Rom, als zu Tivoli, nach Vitruvs Vorschrift eingerichtet. Francesco Piranesi giebt zwar in seiner raccolta de’ tempj antichi etc. Prima parte, capitolo terzo, Tavola III. e IV. dem Tempel zu Tivoli eine Freytreppe; allein er ist durch den Zustand der vorhandenen Trümmer nicht dazu berechtiget, wie nicht allein seine Tav. I. bezeugt; sondern anch Desgodez, les édiſices antiques de Rome, p. 88. wo er ausdrücklich sagt: qu’ il n’ y a aucun vestige des dégrés par où on montoit au portique. Dieſs bestätiget auch die daneben stehende Kupfertafel. Das Pantheon ist noch eine eigene Art runder Tempel. Es hat vom Monopteros die Freytreppe, nur überbauet; und von dem Peripteros unten die Stufen; aber von beyden geht es darin ab, daſs es weder Säulenstühl noch Säulen hat.

Einige nehmen auch von der Toskanischen Gattung die Stellung der Säulen, und tragen sie in die Anordnung Korinthischer und Ionischer Gebäude über; denn da, wo in der Vorhalle die Eckwand-pfeiler hervor treten, setzen sie auf die nehmliche Stelle der Zellenmauer gegenüber zwey Säulen hin und vermischen also der Toskanischen und Griechischen Baukunst Regeln mit einander.

Andere aber rücken die Zellenmauern bis an die Zwischenwei-ten des Säulenganges — pteroma — hinan, und erweitern die Zelle um so viel, als sie die Mauer hinausrücken; indem sie aber im Übri-gen das gewöhnliche Verhältniſs und Ebenmaaſs beybehalten, so be-steht ihre ganze Erfindung in weiter nichts, als in einer neuen Form und deren Namen Pseudoperipteros. Übrigens werden lediglich der Opfergebräuche wegen dergleichen Veränderungen mit den Gattungen vorgenommen; denn allen Göttern können nicht gleiche Tempel errichtet werden, weil der Dienst eines jeden seine beson-dere heiligen Gebräuchen erfordert.

Siehe in den ant. of Athens den Tempel der Minerva Polias hinter dem Tem-pel Neptuns, auf der Akropolis. Ich lese mit Turnebus: et uti reliqua ex his, omnia quae solent esse in fron-tibus, ad latera sunt translata. Übrig gebliebene antike Beyspiele dieser Art sind die Tempel Augusts zu Pola in Istrien, (s. Le Roy etc. T. II. Pl. XVI. XX. und XXI. und Parte II. delle anti-chità Italiche del Conte Carli, p. 151. Tav. IV. V.) der Fortuna Virilis zu Rom (s. Desgodez etc. p. 97 — 99.) und der Sibylla zu Tivoli, (s. Raccolta de’ tempj antichi opera di Fr. Piranesi etc. Parte I. pag. 21 u. f. Tav. XI — XIII.)

Ich habe nunmehro die ganze Theorie der Tempel, so wie ich sie erlernet habe, vorgetragen; ich habe die unterscheidenden Merk-male der Ordnungen — ordo, — und Verhältnisse derselben genau ange-geben; und habe sowohl die Ungleichheiten in ihrer Form, als auch die Unterschiede in ihren Abweichungen von einander mit aller Sorg-falt, deren ich fähig bin, aufgezeichnet: Itzt will ich davon handeln, wie den Altären der Götter die, zu den Opfern erforderliche Stellung zu geben sey.

ACHTES KAPITEL. Anordnung der Altäre der Götter.

Die Altäre müssen gegen Morgen stehen, und immer niedriger als die im Tempel befindlichen Götterbilder seyn; damit diejenigen, welche beten oder opfern, wann sie zur Gottheit aufblicken, sich, je nach der Würde ihres Gottes, in dem verhältniſsmäſsig geziemenden Ab-stande von demselben befinden. In Ansehung der Höhe der Altäre beobachte man folgendes: Man errichte dem Iupiter, so wie allen himmlischen Göttern, sehr hohe; der Vesta aber und der Erde und dem Meere, niedrige. Auf solche Weise werden die Altäre in den Zellen allezeit ihre angemessene Gestalt erhalten.

Ein noch vorhandenes antikes Beyspiel ist die so genannte maison quarrée à Nismes. 8. Clerisseau, monum de Nismes. Auch der Tempel der Fortuna Virilis.

Nachdem ich in diesem Buche die Einrichtung der Tempel erläutert habe; will ich nun im folgenden von der Anordnung öffent-licher Gebäude — opera communia — handeln.

Der Altar in dem kleinen Isistempel zu Pompeji, läuft die ganze Wand hin, und ist unten hohl. Vielleicht war er also auf Ägyptische Sitte eingerichtet, um die Orakel zu geben. Siehe Hamiltons Aufsatz von den neuesten Entdeckungen zu Pompeji, in der Archaeologia or miscellaneous tracts, relating to antiquity, by the society of antiquaries of London.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST FÜNFTES BUCH.
VORREDE.

Diejenigen, o Kaiser, welche ihre Gedanken und Lehren in dicken Bänden vortragen, geben dadurch ihren Schriften ein sehr groſses, auſserordentliches Ansehen. Möchte doch dieses auch bey meiner Kunst zu bewerkstelligen seyn, damit sie durch einen weitläuftigeren Vortrag auch für diese Vorschriften mehr Achtung gewönne! jedoch ist dieses so leicht nicht, als man denkt.

Man schreibt über Baukunst nicht, wie man eine Geschichte oder ein Gedicht verfertiget. Die Geschichte zieht den Leser von selbst an; denn sie erhält ihn in mannichfaltiger Erwartung neuer Dinge. Ein Gedicht ergötzt durch Sylbenmaaſs, Wohlklang, Zierlichkeit des Ausdrucks, durch der aufgeführten Personen Gedanken und der Verse Annehmlichkeit; und indem es die Aufmerksamkeit des Lesers unauf-hörlich reitzt, führt es ihn ohne Langeweile bis ans Ende. Dieses ist alles bey Schriften über die Baukunst nicht möglich; weil die eigenen, zum Behufe der Genossen erfundenen Kunstwörter, ihrer Ungewöhnlichkeit wegen, Dunkelheit erzeugen. Ihre Benennungen der Dinge sind weder gleich von selbst verständlich, noch sonst im gemeinen Leben bekannt; wofern nun die Regeln nicht zusammen-gedrängt, in kurzen deutlichen Sätzen, sondern wortreich und weit- läuftig vorgetragen werden: so entsteht nichts als Verwirrung, und der Leser erhält nur unbestimmte Vorstellungen.

Ich werde mich daher beym Gebrauche unbekannter Benennun-gen und bey Angabe des Maaſses der Theile der Gebäude, der Kürze befleiſsigen, um dem Gedächtnisse zu Hülfe zu kommen, weil sie also am ehesten behalten werden. Ja, auch in Rücksicht der Menge der öffentlichen und privat Angelegenheiten, womit die Stadt über-häuft ist, glaube ich, mich kurz fassen zu müssen, damit mein Buch in Augenblicken der Muſse gelesen und ohne Mühe verstanden wer-den möge.

Pythagoras und die Anhänger seiner Secte — haeresis — fan-den für gut, nach cubischen Verhältnissen ihre Lehrsätze nieder zu schreiben.

Sie gaben dem Cubus zwey hundert und sechzehn Zeilen, und meinten, es dürften ihrer nicht mehr als drey in einem Spruche enthalten seyn. Der Cubus ist ein, aus sechs gleichviereckigen Flächen bestehender Körper, welcher, wenn man ihn wirft, auf der Seite worauf er fällt, so lange man ihn nicht berührt, unbeweglich und fest liegen bleibt, gleich wie die Würfel im Bretspiele. Man wollte, scheint es, darauf anspielen, daſs jene Zeilenzahl, gleich dem Cubus, jeden Spruch, auf den sie fällt, im Gedächtniſs fest und unbe-weglich erhalte. Auch die Griechischen komischen Dichter haben durch den Zwischengesang — canticum — des Chors die Comödie in Theile abgetheilt, und durch diese, nach cubischem Verhältuisse gemachte Abtheilung, vermittelst der Unterbrechung, den Schauspie-lern ihre Rollen erleichtert. Da nun dieses bereits von den Alten, der Natur gemäſs, beobachtet worden ist; ich auch einsehe, daſs ich ungewöhnliche und vielen Leuten dunkele Sachen zu schreiben habe: so bescheide ich mich, daſs auch ich meinen Vortrag in kleine Bücher abfassen müsse, damit er um desto eher dem Leser begreif-lich werde.

Übrigens habe ich, zur ferneren Erleichterung des Verständnis-ses, alles also angeordnet, daſs nicht jedes einzeln zusammen gesucht werden dürfe; sondern, was nur zu Einer Gattung gehört, als Ein Ganzes in besonderen Büchern abgehandelt, bey einander anzutreffen sey. So habe ich, o Cäsar, im dritt@n und vierten Buche die Ein-richtung der Tempel vorgetragen; in diesem aber will ich von der Anlage der öffentlichen Gebäude handeln, und will zuerst bey Anordnung des Markts — forum — beginnen; weil auf demsel-ben das öffentliche und privat Interesse von der Obrigkeit in Obacht genommen wird.

ERSTES KAPITEL. Markt — forum. — Basiliken.

Die Griechen legen die Märkte ins Gevierte mit sehr ansehn-lichen doppelten Hallen — porticus — an; zieren diese mit steiner-nen oder marmornen Unterbalken — epistylia — und machen oben auf dem Gebälke — contignatio — Gänge — ambulationes.

Forum hieſs den Römern überhaupt ein jeder Markt, worauf man feil hatte, und dergleichen gab es 17 zu Rom, als, den Viehmarkt, den Naschmarkt, den Krautmarkt, den Fischmarkt, u. s. w: Insbesondere aber ein groſser Platz, der mit öffentlichen Gebäu-den und Hallen geziert war, und dazu diente, daſs man daselbst allerley feil hatte, Ver-sammlungen anstellte, Gericht hielt, öffentliche Angelegenheiten verhandelte, auch Fech-terspiele darauf gab. Wir haben für beyde Arten auch nur Ein Wort in unserer Sprache, Markt; welches gleichwohl, wie man sieht, bey weiten nicht die Bedeutung des Römischen forum erschöpſt. Zu Rom waren zu Vitruvs Zeiten drey Märkte der letzten Art: der Römermarkt, Juliusmarkt, und Augustsmarkt. Der Römer-markt lag zwischen dem Capitolinischen und Palatinischen Berge. Er war mit Säulen-gängen, den stattlichsten Tempeln und anderen öffentlichen Gebäuden umgeben, und die mit Schiffsschnäbeln versehene Rednerbühne, von welcher die Redner zum Volke sprachen, stand auf demselben, nebst einer groſsen Anzahl von Statuen. Als mit der Zeit für die zunehmende Gröſse der Stadt dieser Markt zu klein ward, so legte J. Cäsar mit unge-heuren Kosten, so nahe dabey als möglich, den Juliusmarkt an, den er noch ansehn-licher, als jenen, zu machen sich angelegen seyn lieſs. Er errichtete darauf den oben B.III. K.2. S.123, erwähnten Tempel der Venus Genitrix. Ihm selbst wurde mit sei-ner Bewilligung eine geharnischte Statue gesetzt. Nur durch eine Gasse davon abgeson-dert legte nachher August den dritten, den Augustsmarkt an. Zwey Seiten dessel-ben waren mit Portiken, worin die Statuen der berühmtesten Römischen Feldherren in

In den Städten Italiens ist nicht auf gleiche Weise zu ver-fahren; weil hier von Alters her die Gewohnheit herrscht, auf dem Markte Fechterspiele — munera gladiatoria — zu halten. Es müs- sen daher rings um den Schauplatz gröſsere Säulenweiten — interco-lumnia, — und rings umher unter den Hallen Wechslerläden — argentariae tabernae — und im oberen Stocke — coaxatio — Logen — maeniana — angebracht werden; damit alles sowohl zum Gebrauche, als auch in Rücksicht des abzuwerfenden Zinses — vectigalia publica — gehörig eingerichtet sey.

Die Gröſse muſs der Volksmenge entsprechen, damit es weder an Platze fehle, noch auch der Markt wegen Mangel an Leuten zu groſs scheine.

Die Breite bestimme man also: Man theile die Länge in drey Theile und nehme davon zwey zur Breite. So erhält der Markt eine längliche und zum Behufe der Schauspiele bequeme Figur.

Die oberen Säulen müssen um ein Viertel kleiner gemacht wer-den, als die unteren; weil, wegen der zu tragenden Last, das Untere fester seyn muſs, als das Obere. Es kann uns hiebey die Natur der Gewächse zum Muster dienen; zumahl die Natur der geschlanken Bäume, z. B. der Tanne, der Cypresse, der Fichte. Insgesammt sind sie unten bey der Wurzel dicker, und gehen wachsend in einer natürlichen gleichmäſsigen Verjüngung bis zum Wipfel empor. Da es nun die Natur der Gewächse also mit sich bringt, so hat man mit Grunde festgesetzt, daſs sowohl an Höhe als an Dicke das Obere dem Unteren nachstehen müsse.

Triumphkleidern aufgestellt waren, umgeben, an der dritten stand der Tempel des rächen-den Mars, dessen Ruinen in Desgodez zu sehen sind, p. 139 — 140., und auf der vierten befand sich die Basilika Augusts. In folgenden Zeiten fieng Domitian noch einen Markt zu bauen an, welchen Nerva vollendete. Überbleibsel davon siehe in Desgodez etc. p.159. Endlich erbauete Trajan seinen Markt, in dessen Mitte er die so berühmte Säule stellte, welche so hoch ist, als der Berg war, welchen er wegschaffen lieſs, um den Platz zu ebenen. Überbleibsel dieses Markts siehe in Libro d’Antonio Labacco, apparte-nente à l’ architettura, nel qual si ſigurano alcune notabili antiquità di Roma. In Ve-nezia, 1584. Tav. 5 — 14. Siehe unten B. X. Vorrede. Sie wurden nehmlich verpachtet.

Die Basiliken sind an die Märkte, gegen die wärmsten Himmelsgegenden zu stellen, damit Winters, sonder Beschwerde von Seiten der Witterung, die Kaufleute sich darin versammeln können. Ihre Breite sey nicht unter dem Drittel noch über die Hälfte ihrer Länge; wenn die Beschaffenheit des Orts es anders zuläſst und nicht ein anderes Verhältniſs nothwendig macht. Ist aber der Ort von sehr ansehnlicher Länge, so bringe man an den Enden Chalcidiken an, wie in der Basilike Iulia Aquiliana befindlich sind.

Basilica — ein königliches Gebäude — hatte seinen Namen entweder, weil man es vielleicht den Königen in Macedonien oder Epirus u. s. w., nachge-macht hatte; oder weil es mit königlicher Pracht erbauet war. Erst nach den Zeiten des Kriegs mit Philipp, König in Macedonien, kamen die Basiliken zu Rom auf. (siehe Livius XXVI. 29.) Sie waren öffentliche Gebäude, welche zugleich zu Gerichtshäu-sern und Kaufmannsbörsen dienten. Siehe den Grundriſs einer antiken Basilika unter den Trümmern von Otricoli, in monumenti antichi inediti etc. di Guattani, pag. XXVII. Tav. I. Sehr wahrscheinlich kommt es mir vor, daſs auch der so genannte Dianentempel zu Nismes nichts anders, als die herrliche Basilika sey, welche Ha-drian zu Ehren der Plotina, aus Dankbarkeit für die ihm bey seiner Wahl geleisteten guten Dienste, zu Nismes erbauete (v. Spartiani Hadrianus. e. XII.). Die Gestalt und Einrichtung desselben weichen zu sehr von denen ab, welche wir an den Tempeln der Alten sehen. Bloſs mit dem so genannten Friedenstempel zu Rom könnte man ihn etwa noch vergleichen; allein eben von diesem erweiset Hr. Weinlig (Briefe über Rom, Br. 19. S. 57. 2ter Th.), daſs es kein Tempel, sondern ein zu einem öffent-lichen Museum und nachmaligen Ärarium aufgeführtes Gebäude gewesen sey, welches man, im weitern Verstande einen Tempel des Friedens nannte. Meiner Einsicht nach entspricht daher der so genannte Dianentempel zu Nismes vielmehr dem Be-griffe, welchen wir uns von einer Basilika zu machen haben. Sollte diese meine Ver-muthung sich bewähren; so könnten wir in den kostbaren Abbildungen der Überbleibsel dieses alten Gebäudes in den Antiquités de France par Clérisseau, Pl. XX — XXX., noch eine alte Basilika mit unseren Augen schauen.

Die Säulen der Basiliken müssen, scheint es, so hoch seyn, als die Säulengänge breit sind; diese müssen aber ein Drittel des mittleren Raums halten. Die oberen Säulen seyn kleiner als die unteren, wie es oben vorgeschrieben worden ist.

Die Brustlehne — pluteum — zwischen den oberen und unteren Säulen scheint gleichfalls um ein Viertel niedriger als die oberen Säulen gemacht werden zu müssen; damit die in dem zweyten Ge-stocke Spazierenden nicht von den Kaufleuten unten gesehen werden mögen. Die Unterbalken, Friesen und Kränze sind nach dem, im dritten Buche angegebenen Verhältnisse der Säulen einzurichten.

Die Art von Einrichtung, der ich mich bey der Basilika der Iulischen Colonie zu Fanestrum bedient habe, giebt diesen Gebäuden ebenfalls die gröſste Würde und Anmuth. Die dabey gebrauchten Verhältnisse — symmetriae — sind folgende:

Ich stelle mir mit Guattani unter den Chalcidiken die zu beyden Seiten des Tribunals in den Ecken der Basilika angebrachten Zimmer vor. Vielleicht hat Ortiz nicht Unrecht, wenn er sich unter den Chalcidiken Säle oder Zimmer denkt, wo man Er-frischungen haben konnte und sich, wie in unsern Kaffeehäusern versammelte. Wenig-stens waren sie, wie wir aus dem Vitruv sehen, keine nothwendige, sondern bloſs zu-fällige Stücke bey einer Basilika, welche nur Statt hatten, wenn die Basilika überflüssig lang war. Alberti (della Architettura, VII. 14.) nennt die Chalcidiken, Causidiken, und versteht darunter ein Schif vor dem Tribunale, wo sich die Notarien, Prokuratoren und Advokaten aufzuhalten pflegten. Zu Frejus in Provence. Heut Fano. Der ehrliche Rivius hält diese Basilika für einen Pallast, welchen Vitruv der Julia, der Tochter Augusts, erbauet habe. Diese Stelle insbesondere lautet bey ihm,

Das mittlere Gewölbe — testudo — zwischen den Säulen ist hundert und zwanzig Fuſs lang und sechzig breit. Der Säulengang unten um das Gewölbe her hält von den Säulen bis zur Mauer zwan-zig Fuſs an Breite. Die Säulen, mit Inbegriff der Kapitäle, sind funf-zig Fuſs hoch und fünfe dick, und haben Pilaster — parastatae — hinter sich, zwanzig Fuſs hoch, drittehalb Fuſs breit und andert-halb Fuſs dick, welche die Balken tragen, worauf das Dielenwerk der oberen Gänge der Portiks ruhet. Über denselben befinden sich noch andere Pilaster, achtzehn Fuſs hoch, zwey Fuſs breit, und Einen Fuſs dick, welche ebenfalls Balken unterstützen, die das Sparrwerk — cantherius — und die Dächer der Portiks, die niedriger als das mitt-lere Gewölbe sind, tragen. Der übrige Raum zwischen den Unter-balken der Pilaster und Säulen ist in den Zwischenweiten dem Lichte gelassen.

Der Säulen sind in der Breite des Gewölbes, die Ecksäulen zur Reckten und Linken mitgerechnet, je vier: in der Länge, auf der Seite nächst dem Markte, die nehmlichen Ecksäulen mitgerechnet, acht: und auf der anderen, gleichfalls mit den Ecksäulen, nur sechs, aus dem Grunde, weil die beyden mittleren auf dieser Seite nicht gesetzt worden sind, damit sie nicht den Anblick der Vorhalle —pro-naos— des Tempels Augusts verhindern möchten, welcher mit- ten in der Seitenwand der Basilike angebracht ist, und nach dem Mittel des Markts und dem Tempel Jupiters hinsieht. Ingleichen ist das Tribunal in dem Tempel — in ea aede, — (in Gestalt eines Halbzirkels, nur etwas weniger gekrümmt; denn der Zwischenraum zwischen den äuſseren Enden des Halbzirkels beträgt sechs und vier-zig Fuſs; die innere Krümme aber funfzehn Fuſs) damit diejenigen, so bey den obrigkeitlichen Personen zu thun haben, nicht von den Han-delsleuten in der Basilike gestört werden.

um dem Leser doch eine Probe der Übersetzung unsres alten Landsmannes zu geben, also: “Weiter mögen solche Palläst in schöner Gestalt dermaſsen geordnet werden, als wir den Pallast Julie erbauet haben mit Fenstergestellen u.s.w.” Dessen beygefügter Holz-schnitt führt zur Überschrift: “Augenscheinlichs Exempel der Grundlegung und Aufziehung des herrlichen Pallasts, so Vitruvius Julie, der Tochter Augusti zu Rom selber in das Werk verordnet hat.” By the middle testudo is to be understood the middle part, or nave, which, from this expression may be supposed, to be vaulted above, in a flat arch, like the back of the testudo or tortoise; for the Romans distinguished such kind of arches by that name.

Über den Säulen liegen rings umher Architraven aus drey zu-sammengefügten Zimmerstücken von zwey Fuſs, und diese wenden sich von den beyden dritten Säulen im Innern nach den von der Vorhalle hervortretenden Eckwandpfeilern — antae— hinüber, und laufen Rechts und Links fort bis an den Halbzirkel.

Über die Architraven sind, gerade über den Kapitälen, gleich Stützen, Pfeiler gestellt, die drey Fuſs hoch und vier Fuſs ins Ge-vierte dick sind. Über diese sind aus zwey zweyfüſsigen Zimmer-stücken wohleingebundene Balken — trabes everganeae — rings herum gelegt, worauf Spannriegel — transtra — mit Streben — capreoli, — welche gerade über den Friesen — zophori — und über den Eck-wandpfeilern — antae — und Wänden der Vorhalle — pronaos — angebracht sind, einen Firstbalken — culmen — tragen, welcher der Länge nach über die ganze Basilike hinüberreicht, ingleichen einen andern, der vom Mittel derselben sich über die Vorhalle des Tem-pels hin erstrecket. Die also entstandene zwiefache Einrichtung der Giebel — fastigium, — von auſsen des Daches und von innen des hohen Gewölbes, gewähren ein anmuthiges Ansehen. Inglei- chen erspart die Hinweglassung des Kranzgesimses — epistyliorum ornamenta, — und die Einrichtung der Brustlehne und der oberen Säulen nicht allein eine lästige Mühe, sondern auch einen groſsen Theil der Kosten; da hingegen die, bis unter den Unterbalken des Gewölbes in Einer Höhe hinaufgeführten Säulen sowohl über alles Verhältniſs gegen den Aufwand prangen, als auch dem Gebäude noch eine gewisse Gröſse verleihen.

Hieraus erhellet, daſs Vitruv erst nach der Zeit, als Octavian den Namen August erhielt, d. i. 27 Jahre vor Chr. Geb., sowohl diese Basilika erbauete, als dieses Buch schrieb. Gleichwohl setzt Newton das Tribunal vor die Vorhalle des Augustus-Tempels. Ich getraue mir nicht zu bestimmen, welchen Begriff man eigentlich mit dieser Stelle zu verknüpfen habe. Das Original lautet also: Ita fastigiorum duplex nata dispositio, extrinsecus tecti, et interioris altae testudinis, praestat speciem venustam. Perrault nimmt sich die Freyheit und giebt fastigium durch Dach, und über-setzt denn folgendermaſsen: Le toit a quelque chose d’agréable à cause de la double disposition qu’il a, scavoir celle de dehors, qui est en pente, et celle de dedans qui est en voute. Galiani erklärt extrinsecus tecti durch i tetti laterali de’ portici, eiascuno de’ quali forma come un mezzo frontespizio. — Interioris altae testudinis s’intenda del frontespizio anche triangolare formato dal tetto della volta. Es scheint fast, als denke sich Galiani die Portiks nur auf den beyden langen Seiten; da sie doch rings umher giengen: sonst sehe ich nicht ein, was er mit ciascuno de’ quali forma come un mezzo frontespizio sagen wolle? Ortiz übersetzt Resultaron de aqui dos maneras de frontispicios, el exterior del cubierto, y el interior de la boveda, que hacen una bella vista — und in der Anmer-kung macht er folgende Auslegung davon: Vitruv verstehe unter diesen Worten einen dreyeckigen und einen runden Giebel. Ersterer sey das äuſserste Ende des Gewölbes, welches von auſsen, vermittelst einiger Glieder, unter dem dreyeckigen Giebel angedeutet war; der Andere aber der gewöhnliche Giebel, welcher durch das Dach entsteht. Ich überlasse es den Baukünstlern zu entscheiden, ob dergleichen Einrichtung kunstmäſsig sey; aber so viel behaupte ich, daſs sich wenigstens kein Beyspiel davon in den Überresten des Alterthums finde. Noch muſs ich rügen, daſs sowohl Perrault als Galiani in ihren Grundrissen dieser Basilika, zwischen den Anten und den Mauern des Tempels einen Zwischenraum lassen, worin sie zu jeder Seite zwey Säulen stellen, welches der festgesetzten Einrichtung der Tempel zuwider läuft. Ich denke mir den Haupteingang in die Basilika auf der langen Seite nach dem Markte hin, dem Tempel gegen über. Das Seitengewölbe nach dem Tempel hin, war mit dem Hauptgewölbe, welches sich der Länge nach über die Basilika zog, von gleicher Höhe und Breite; denn die Bogen beyder ruheten oben auf den Säulen, und es waren drey Säulen-
ZWEYTES KAPITEL. Schatzhaus, — aerarium, — Gefängniſs, — carcer — und Rathhaus. — curia. —

Schatzhaus, Gefängniſs und Rathhaus sind mit dem Markte zu verbinden; jedoch so, daſs ihre Gröſse und Verhältnisse dem Markte entsprechen.

Vorzüglich muſs das Rathhaus der Würde der Stadt oder der Gemeinde angemessen seyn. Ists ein Viereck, so gebe man ihm Ein und ein halb Mal die Breite zur Höhe. Ist es länglich, so addire man Länge und Breite und nehme die Hälfte davon zur Höhe bis an die Decke — lacunaria. — Überdem muſs an den innern Wän-den ein Gesims von Tischlerarbeit — ex intestino opere — oder von Weiſsstuck — ex albario opere — rings umher im Mittel der Höhe gezogen werden. Wofern dieses nicht geschieht, so verfliegt die Stimme der Redenden sogleich in die Höhe und wird unverständlich. Ist aber längst den Wänden ein Gesims fortgeführt, so wird davon die Stimme aufgehalten bevor sie sich in die Luft erheben und ver-fliegen kann; wodurch sie denn dem Ohre vernehmlich wird.

weiten zwischen ihnen. Übrigens gieng Ein Dach über die ganze Basilika und von glei-cher Höhe noch ein anderes auf der Seite, wo der Tempel Augusts stand, vom Mittel der Basilika aus über den Tempel hin. Vielleicht war im Innern das hohe Gewölbe auf den beyden schmalen Seiten, ingleichen über den Anten des Tempels, mit runden Gie-beln gezieret: so wie sich von auſsen auf allen vier Seiten dreyeckige Giebel befanden Newton übersetzt diese Stelle also: so that it causes a double disposition of the fastigium, and gives an handsome appearance to the roof on the outside, and to the lofty testudo within. Siehe unten B. VI. K. 5. am Ende, wo der eigenen Bauart der Basiliken noch beson-ders erwähnt wird. Curia, Versammlungssaal des Senats zu Rom und der Decurionen in den Municipien. Es giebt zu Rom noch Trümmer, welche man für Überbleibsel der Curia
des Tullus Hostilius hält. Hr. Weinlig aber ist der Meinung, daſs die Erbauung dieser Ruinen wohl in spätere Zeiten müsse gesetzt werden. S. Briefe über Rom, 3. Bandes 1r Heft, S. 32. Tab.XXVII.
DRITTES KAPITEL. Theater und dessen gesunde Stellung.

Ist der Markt angelegt, so ist, nach den im ersten Buche von der gesunden Anlegung einer Stadt gegebenen Vorschriften, zum Ansehen der Schauspiele an den Festtagen der unsterblichen Göt-ter ein sehr gesunder Ort zum Theater zu wählen.

Theater hieſs den Alten niemals die Schaubühne; sondern 1) das Schauspiel-haus, 2) die Sitze der Zuschauer. Die Bauart der Theater im ersteren Sinne, war sowohl bey den Griechen als bey den Römern also beschaffen, daſs der eine Theil kreisförmig für die Zuschauer, und der andere rechtwinklicht für die Schaubühne einge-richtet war. In den ersten Zeiten waren in Griechenland die Theater nur aus Holz errich-tet. Auf einem solchen Theater führte der Dichter Pratinas, der in der 70sten Olymp. oder 498 Jahre vor C. G. lebte, eine seiner Tragödien zu Athen auf. Der Zulauf war dabey so groſs, daſs das Gebäude zu schwach war, die Menge Zuschauer zu tragen, und einstürzte; wobey viele zu Schaden, und um das Leben kamen. In der Folge er-bauete man die Theater von Stein. Zu Rom waren die Theater Anfangs auch nur von Holz und wurden nach davon ge-machtem Gebrauche wieder abgebrochen. Ein solches temporäres Theater war gleichwohl auch das prächtige Theater des M. Scaurus, welches er im J. R. 695 während seiner Ädilität aufführte. Die Scene bestand aus einer dreyfachen Colonnade über einander, von 360 Säulen. Der untere Theil der Scene war von Marmor, der mittlere von Glas, und der obere von vergoldetem Holzwerk. Die unteren Säulen waren acht und dreyſsig Fuſs hoch, und zwischen ihnen standen bronzene Statuen 3000 an der Zahl. Der innere Raum faſste 80000 Menschen. Der übrige Apparat an Attalischen Kleidern, Gemälden und was sonst zur Decoration gehört, war so groſs, daſs in der Tusculanischen Villa, wohin man nur das Überflüssige, was man nicht täglich gebrauchte, geschafft hatte, für hundert Mil-lionen Sesterzien mit verbrannten, als dieses Landhaus von den Sklaven aus Groll in Brand gesteckt wurde. (S. Plinius XXXVI. 2. und 24. §. 7.) Das erste steinerne Theater zu Rom, war das des Pompejus, siehe davon oben B. III. K.2. S. 124. Anmerk. Unterm August kamen die Theater des Marcellus und Bal-bus hinzu. Überbleibsel des Marcellischen Theaters s. in Desgodez, p. 290-299.

Indem während der Schauspiele die Zuschauer mit ihren Wei-bern und Kindern da sitzen und sich an den Vorstellungen ergötzen; so öffnen sich die Poren — venae — der vor Vergnügen unbeweg-lichen Körper. Wehet diese nun ein aus sumpfiger oder sonst unge-sunder Gegend kommender Wind an; so haucht dieser dem Körper schädliche Luft ein. Wenn man daher bey der Wahl des Orts zum Theater mit Sorgfalt zu Werke geht, so ist dieser Fehler zu ver-meiden. Auch ist Acht zu haben, daſs es nicht der Mittagshitze ent-gegen gesetzt werde. Denn, wenn die Sonne dessen Umfang aus-füllt, so erhitzt sich die im gekrümmten Raume eingeschlossene Luft, da sie nicht frey hindurch streichen kann, durch das bestän-dige im Kreise Umherdrehen so sehr, daſs sie glühend wird, sengt, die Körper ausdörret und sie verzehrt. Man muſs daher ja nicht das Theater gegen ungesunde, sondern vielmehr gegen gesunde Him-melsgegenden richten.

Alle Theater waren dem Bacchus und der Venus, als den Gottheiten der Spiele und des Vergnügens, gewidmet; und sowohl bey den Römern, als bey den Griechen, wurden die Schauspiele mit unter die religiösen Veranstaltungen zur Verherrlichung der Götter gerechnet. Zur Verminderung der allzu groſsen Hitze im Theater, ahmten die Römer auch die Campanische Mode nach, oben über dasselbe ein Segeltuch zu spannen. Und zu demsel-ben Zwecke lieſs Cn. Pompejus Wasser die Gänge zwischen den Sitzen herab rinnen S. Valerius Maximus B.2. K.4. n.6. Von der Art, wie das Segeltuch über das Theater gespannt wurde, siehe eine Vor-stellung in delle antichità Italiche, parte seconda. (Milano, 1788. 4.) Tav. XIII. pag. 231.

Wird es an Gebirge angelegt, so macht der Grund — fun- damenta — keine Schwierigkeit. Zwingt die Noth aber, es in einer Ebene, oder an einem sumpfigen Orte zu erbauen: so ist der Boden so fest zu machen, und der Grundbau — substructiones — so einzu-richten, wie im dritten Buche bey der Grundlage der Tempel vorgeschrieben worden ist.

Auf dem Grunde muſs aus steinernen oder marmornen Mate-rialien von unten auf die Stufenerhöhung — gradationes — ver-fertiget werden.

Der Absätze — praecinctiones — Anzahl muſs mit der Höhe der Theater in Verhältnisse stehen; auch dürfen sie nicht höher als breit seyn. Denn, wenn sie höher wären, würden sie die Stimme zurück, und nach dem oberen Theile zu, treiben und also verhin-dern, daſs zu den obersten Sitzen — sedes, — welche sich über den Absätzen befinden, der Klang der Worte nicht deutlich und vernehm-lich gelange. Überhaupt ist es so einzurichten, daſs, wenn man von der untersten bis zu der obersten Sitzstufe — gradus — eine Schnur zieht, diese alle Spitzen oder Ecken — cacumina angulosque — der Stufen berühre. Auf solche Art wird die Stimme nirgends aufge- halten werden.

Die Alten lehnten ihre Theater gern an den Abhang eines Berges oder Hügels an, weil sie dabey nicht allein an den Bau- und Erhaltungskosten gewannen, sondern auch vor Einsturz des Gebäudes sicher waren. Dieſs bezeugen viele Griechische und Römi-sche Theater, von denen noch Überbleibsel vorhanden sind: z. B. die Theater zu Athen, Smyrna, Ephesus, Milet, Taormina, Catania und Sagunt (itzt Morvie-dro d. i. muri veteres. Siehe die Beschreibung des hieselbst in Trümmern liegenden Theaters in Travels through Spain in the years 1775 and 1776, by Henry Swinburne, London, 1779. 4. p. 89, 90.; vorzüglich aber in den Lateinischen Briefen Em Marti, Dechants zu Alicant, die um das J. 1720. geschrieben worden sind, und worüber in die Transactions of the royal Irish Academy 1789. Vol. III. VV. Conyugham Anmerkungen eingerückt hat.

Die Zugänge — aditus — betreffend, so müssen ihrer sehr viele und geräumige angebracht werden. Es dürfen aber die oberen nicht mit den unteren zusammen treffen; sondern alle insgesammt müssen absonderlich und gerade fort, ohne Wendungen — sine in-versuris — laufen, damit, wenn das Volk aus dem Schauspiele her-ausgeht, es sich nicht dränge, sondern von allen Plätzen besondere freye Ausgänge — exitus — habe.

Fig. 4. Verhältniſs der Absätze, Sitze und Stufen im Theater.
Vitruvius says the precinctions should be no higher than broad; but it is re-marked by all the translators in general, that they cannot be of equal height and breadth; for as Vitruvius gives the degrees a proportion of about twice their height in breadth, and says a straight line, (c d), should touch all their edges, from top to bottom, the precinctions must con-sequently have the same proportion as the degrees. This will certainly be the case, if the floor of the precinction is supposed to be on a level with the adjoining degree (e); but if the floor of the preeinction is sunk a little below that degree, as it seems proper it should be, in order that those who paſs to and fro, in the precinction, may not tread on those who are there seated; then the precinction may have the proportion Vitruvius describes; for, if the floor of the precinction, (b f), is sunk so much below the said degree as is equal to the height of one degree, and the clear breadth of the precinction is made equal to the breadth of two degrees, it will happen that the passage of the precinction, (b f), will be exactly equal to its height (f g), on the supposition that the degrees are made exactly twice as broad as high. With regard

Auch muſs man genau Acht haben, daſs der Ort nicht dumpf — surdus — sey, sondern daſs die Stimme sich darin klar verbreiten könne: und dieſs wird geschehen, wenn man einen Ort wählt, wo das Zurückprallen des Schalls — resonantia — gehindert wird. Die Stimme ist ein flieſsender Hauch, der durch den Anschlag der Luft dem Gehör empfindbar wird. Sie bildet, indem sie sich fort bewegt, unendliche Kreise. So wie, wenn man in ein stehendes Wasser einen Stein wirft, unzählige Kreise darin entstehen, die vom Mittelpunkt aus sich immer vergröſsern und weiter und weiter ausbreiten, wofern nicht der enge Raum ihnen Einhalt thut, oder sonst ein Anstoſs sie verhindert ihre Endschaft zu erreichen; in welchem Falle denn die ersten, vom getroffenen Anstoſse zurückwogenden Wellenkreise alle folgende verwirren. Eben auf dieselbe Weise macht auch die Stimme ihre Bewegungen kreisförmig; nur daſs im Wasser die Kreise sich bloſs in horizontaler Fläche verbreiten, anstatt daſs die Stimme nicht allein in horizontaler Richtung fortgeht, sondern auch stufenweis in die Höhe steigt. Also verhält es sich, eben wie mit den Wellenkreisen, mit der Stimme: Wenn kein Anstoſs ihren ersten Kreis unterbricht; so wird auch weder der zweyte, noch die folgenden gestört, und alle insgesammt gelangen ohne Zurückprallung — sine resonantia — zu den Ohren sowohl der Obersten als Untersten.

to proportioning the precinctions to the height of the theatre, as Vitruvius mentions, I imagine it is to be understood to allude to their number, which is necessary to be greater in large and high theatres than in smaller, for it cannot allude to their magni-tude, which is necessarily fixed in all theatres by the limited measure of the degrees. Newton’s Vitruvius, pag. 97. Ich lese ubi impediatur resonantia, anstatt ubi non impediatur etc. Zusam-menhang und weiter unten die Worte omnes sine resonantia perveniunt ad imorum et summorum aures — beweisen offenbar, daſs die Negation, welche im Texte befindlich, weggelassen werden müsse. Sowohl in Barbaro’s, als Perrault’s und Galiani’s, ingleichen Ortiz’s und Newton’s Übersetzung herrscht in dieser Stelle offenbarer Widerspruch.

Daher legten die alten Baukünstler, den angestellten Beobach-tungen über der Stimme Natur gemäſs, die Sitze der Theater stufen-weis sich erhebend an, und suchten, vermittelst des kanonischen und musikalischen Verhältnisses der Mathematiker, es so einzurich-ten, daſs jede auf der Bühne erschallende Stimme klarer und ange-nehmer zu der Zuschauer Ohren gelangte. Denn, wie die Instru-mente — organa — vermittelst eherner oder hörnerner Platten — lamina, — von der Diesis an, einen hellen Saitenklang erhalten: So ist ebenfalls durch die Harmonik — harmonia — zur Verstärkung des Schalles im Theater eine Methode von den Alten festgesetzt worden.

Pars quaedam Geometriae ‘Οπτικὴ appellatur, quae ad ocu os pertinet: pars altera, quae ad aures, Κανονικὴ vocatur, qua musici, ut fundamento artis suae utun-tur. Utraque harum spatiis et intervallis linearum, et ratione numerorum con-stat. — — Κανονικὴ longitudines et altitudines vocis emetitur: longior men-sura vocis ρυθμὀς dicitur, altior μέλος. Est et alia species Κανονικῆς, quae appel-latur μετρικὴ, per quam syllabarum longarum et brevium et mediocrium junctura, et modus congruens cum principiis Geometriae aurium mensura examinatur. v. Auli Gellii Noct. Attic. l.XVI. c. 18. Vitruv nennt das kanonische Verhältniſs so fort Harmonie, d. i. Har-monik, Theorio des Klanges, und handelt davon im nächsten Kapitel. Nehmlich vermittelst der Resonanzböden. Diesis, welche Vitruv im folgenden Kapitel für einen Viertelton erklärt, bedeutet hier: den ersten hörbaren Ton eines Instruments, der dem Musiker gleichsam das erste Element seiner Kunst ist, wie dem Arithmetiker der Punkt und die Einheit.
Nehmlich vermittelst eherner oder irdener Vasen oder Schallgefäſse, wovon im 5. Kapitel dieses Buchs gehandelt wird. Barbaro, Perrault, Galiani und Ortiz übersetzen und legen diese Stelle mit einem Aufwande vieler scheinbaren Gelehrsamkeit ganz anders aus; in wie fern aber mit Grunde, und dem Wortverstande und dem Sinne des Originals gemäſs, das mögen sie selbst verantworten. Auch New-ton hat, meiner Meinung nach, nicht den rechten Sinn getroffen.
VIERTES KAPITEL. Harmonik.

[Die in beyden folgenden Kapiteln befindlichen Anmerkungen, welche mit D. R. unterzeichnet sind, danke ich der Freundschaft unsres gelehrten Fürstl. Musik-Directors, Herrn Rust. ]

Die Harmonik — harmonia — ist eine dunkele und schwere musikalische Wissenschaft; zumal für die, welche kein Griechisch verstehen. Selbst beym Vortrage derselben muſs man Griechische Wörter gebrauchen; weil einige derselben in unserer Sprache nicht ausgedrückt werden können.

Le sens que donneient les Grecs. à ce mot dans leur Musique, est d’ autant moins facile à dèterminer, qu’étant originairement un nom propre il n’y a point de racines par les quelles on puisse le décomposer pour en tirer l’étymologie. Dans les anciens traités qui nous restent, l’Harmonie paroit être la partie qui a pour objet la succession convenable des Sons, en tant qu’ils sont aigus ou graves, par opposition aux deux autres Parties appellées Rhythmica et Metrica, qui se rap-portent au tems et à la mesure; ce qui laisse à cette convenance une idée vague et indéterminée qu’on ne peut fixer que par une étude expresse de toutes les régles de l’art; et encore, après cela, l’harmonie sera-t-elle fort difficile à distinguer de la Mélodie, à moins qu’on n’ajoute à cette derniere les idées de Rhythme et de Mesure, saus les quelles, en effet, nulle mélodie ne peut avoir un caractere déter-miné, au lieu que l’harmonie a le sien par elle même, indépendamment de toute autre quantité. Voyez Dict. de Musique par J. J. Rousseau, art. Har- monie. Mag wohl in damaligen Zeiten, da Vitruv lebte, der Fall gewesen seyn! Man erwäge nur die langen und beschwerlichen Namen der Saiten, überdem noch die Menge der Figuren, deren sich die Alten bedienten, und die sich mit der Zeit so vermehrten, daſs ihre Anzahl (wie man erzählt) nach und nach auf 13te halb hundert angewachsen sey,

Ich will sie so deutlich als mir immer möglich ist, aus des Aristoxenus Schriften verdolmetschen; dessen Tonleiter bey- fügen; und die Töne genau bestimmen, damit ein jeder, der gehörig Acht giebt, alles desto leichter begreifen könne.

Die Stimme ist, wenn sie bey Ausweichungen gebogen wird, entweder hoch oder tief. Sie bewegt sich auf zweyerley Weise; anhaltend, oder in Intervallen. Die anhaltende Stimme verweilt weder am Schlusse, noch anderswo, sie macht die Grenzscheidungen unmerklich, den Mittelraum aber offen, wie wenn man die Wörter Licht, Nacht, Laut ausspricht; denn alsdann unterscheidet man nicht wo sie anfängt, noch wo sie aufhört; auch bemerkt das Ohr nicht, ob sie herabgesunken, oder hinaufgezogen sey. Bey der Stimme, die sich in Intervallen bewegt, findet das Gegentheil Statt; denn bey Ausweichungen verweilt sie itzt bey diesem Schluſstone, itzt bey einem Andern, und indem dieſs oftmals auf und ab geschieht, so scheint sie dem Gehör unstät; wie bey dem Gesange, wo durch Bie-gung der Stimme die Mannichfaltigkeit des Klanges entsteht. Wenn sie nun also durch Intervalle fortschreitet, so erhellet aus den offe-nen Schluſstönen, sowohl wo sie ihren Anfang genommen hat, als wo sie aufhört; die Mittelräume aber, da es ihnen an Intervallen fehlt, werden unvernehmlich.

welches die Erlernung der Harmonie allerdings höchst beschwerlich und mühsam gemacht haben muſs. Seit der Zeit hat sie aber viel Veränderungen erlitten; die berühmtesten Theoretiker haben es sich in neuern Zeiten angelegen seyn lassen, die unnützen Schwie-rigkeiten und Künsteleyen aus dem Wege zu räumen, und mehr Bestimmtheit und Ein-fachheit in ihre Systeme einzuführen. Seit man sich beflissen hat, alle Akkorde auf ge-wisse Grundharmonien zurück zu führen, ist das Studium der Harmonie bey weitem keine so dunkle und schwere Kunst mehr. Man sehe die Schriften Rameau’s, d’Alembert’s, Bach’s, Marburg’s, Kirnberger’s, Forkel’s, Türk’s, und andere mehr. D. R. Aristoxenus aus Tarent, Philosoph, Musikus und Schüler des Aristoteles. Von dessen System in der Musik s. Dict. de Mus. art. Aristoxéniens; von dessen Meinungen in der Philosophie aber s. Cic. Tusc. quaest. l. I. c. 10. 18. S. Rousseau, Dict. de Musique, art. Diagramme. Wenn durch Biegung der Stimme abwechselnde Töne hervor gebracht werden, so ist sie bald hoch bald tief. Man kann nehmlich die Stimme auf zweyerley Art gebrau-chen; entweder indem man auf Einem Tone aushält, oder indem man zu entfernten Tönen durch verschiedene Intervallen übergeht. Bey einzelnen aushaltenden Tönen fallen Anfang und Ende des Tons nicht scharf ab-geschnitten ins Ohr; der mittlere Theil des Tons wird deutlicher empfunden; z. B. wenn man sagt: sol, lux, flos, nox. Man hört nicht genau, wo der Schall anfängt und auf-hört, und in diesen einzelnen Lauten ist kein Übergang weder aus der Höhe in die Tiefe, noch aus der Tiefe in die Höhe. Anders aber verhält es sich, wenn die Stimme durch Töne, die in verschiedenen Intervallen (Abstufungen) liegen, fortgeht. Denn bey der Biegung der Stimme zu sol-chen abwechselnden Tönen, wird das Ende bald des Einen bald des andern Tons, durch den Übergang in ein anderes Intervall, hörbar abgeschnitten. Bey diesem öfteren Über- gehen aus einem Intervall in das andere empfindet das Ohr kein merkliches Verweilen auf einzelnen Tönen. Dieſs ist der Fall bey Liedern, die wir mit melodischer Biegung der Stimme singen. Wenn also die Stimme durch verschiedene Intervallen fortgeht, so hört man deutli-cher, wo jeder Ton anfängt, und aufhört; weil das Ende jedes Tons durch das Anfangen des neuen merklich abgeschnitten wird. Die mittlere Dauer jedes Tons an sich aber wird undeutlicher empfunden; weil Ein Laut leicht in einen Andern unmerklich überschlüpfen kann, z. B. o in a, und a in ae, und umgekehrt; i in e, und u in o, u.s.w. zumal bey vollen Bruststimmen. Dieses kann auch in Absicht des Genius jeder Sprache merklich ver-schieden seyn, je nachdem eine Sprache durch ihre offenen deutlich schallenden Mittel-laute zum Singen geschickter ist, als eine andere. # D. R. Dieses scheint sich mehr auf die musikalische Deklamation der Griechen, die nach wahrscheinlicher Vermuthung eine Ahnlichkeit mit unserm dialogisirten Recita-tive gehabt haben mag, zu beziehen. Rousseau sagt: Chez les Grecs toute la Poésie étoit en Récitatif, parceque la Langue étant mélodieuse, il suffisoit d’y ajouter la cadence du Métre et la Récitation soutenue, pour rendre cette Récita-tion tout - à - fait musicale; d’où vient que ceux, qui versifioient appelloient cela chanter. Dict. de Musique. art. Récitatif. # D. R.

Es giebt drey Klanggeschlechter — modulationum genera. — Das erste nennen die Griechen das Harmonische, das zweyte das Chromatische und das dritte das Diatonische. Das harmo-nische Klanggeschlecht ist eine Erfindung der Kunst, und deſs-wegen ist sein Gesang von ausnehmend rührender und angenehmer Wirkung: Das chromatische gewährt durch die feine Künstlich-keit und Menge der Töne ein noch süſseres Vergnügen: Das diato-nische aber ist natürlich und schreitet daher leichter durch seine Intervalle fort.

Diese drey Klanggeschlechter entstehen aus der verschiedenen Einrichtung der Tetrachorde. Denn das harmonische Tetrachord ist in zwey groſse Töne und zwey Diesis getheilt. (Eine Diesis ist der vierte Theil eines ganzen Tons; so daſs in einem halben Tone zwey Diesis enthalten sind): Auf dem chromati-schen stehen zwey halbe Töne hinter einander und das dritte In-tervall ist von drey halben Tönen: Das diatonische hat zwey auf einander folgende ganze Töne, und ein dritter halber Ton beschlieſst des Tetrachords Umfang. Also bestehen bey allen drey Klangge-schlechtern die Tetrachorde aus zwey ganzen Tönen und Einem hal-ben Tone; nur daſs sie, wenn sie in den Schranken eines jeden Ge-schlechts insbesondere betrachtet werden, eine verschiedene Einthei-lung der Intervalle haben. Es hat solchergestalt die Intervalle der ganzen und halben Töne auf den Tetrachorden die Natur in der 3) Das enharmonische, wo ein Ton unter zweyerley Gestalt erscheint: Stimme angegeben; und hat ihren Umfang nach Maaſs und Anzahl der Intervalle, ihre Eigenschaften aber nach gewissen Verhältnissen bestimmt. Nach diesen Naturgesetzen in der Harmonie, richten sich auch die Instrumentenmacher bey Verfertigung der Instrumente, und geben ihnen die zu dem Concent gehörige Vollkommenheit.

Anstatt: mediana autem carentia intervallis obscurantur, lesen andere: mediana autem patentia intervallis obseurantur. Das Wort wird hier im weitläuftigen Sinne genommen, wo es so viel heiſst als Klanggeschlecht, oder eigentlicher zu reden, Tongeschlecht, weil man sagt: Tonleiter, und weil nicht jeder Klang Ton (welches Wort eigentlich relatif ist) genannt werden kann. Matheson braucht auch das Wort: Tongeschlecht. S. dessen Schriften. D.R. Heiſst sonst auch das Enharmonische Klanggeschlecht. C, # D, # E, # F, # G, # A, # H, c. {8/9} # {9/10} # {15/16} # {8/9} # {9/10} # {8/9} # {15/16}. ####### nach dem Griechischen: {8/9} # {8/9} # {243/256} # {8/9} # {8/9} # {8/9} # {243/256}. C, # D, # E, # F, # G, # A, # H, c. {8/9} # {9/10} # {15/16} # {8/9} # {9/10} # {8/9} # {15/16}. ####### nach dem Griechischen: {8/9} # {8/9} # {243/256} # {8/9} # {8/9} # {8/9} # {243/256}. c # d # e # f # g # a # h # c # enthält. 2) Das chromatische: # c, # cis, # d, # dis, # u. s. f. oder: # h, # b, # a, # as, # u. s. f. als: # cis, \\ des, # dis, \\ es, # u. # s. # f. als: # cis, \\ des, # dis, \\ es, # u. # s. # f. Diese Benennung, welche im Griechischen so viel als divisio, eine Theilung, be-deutet, haben sowohl die Lateiner, als auch Italiäner und Franzosen angenommen, (diese oder dieze). Die Pythagoräer gaben diesem Intervall das Verhältniſs 256 = 243, als das Semitonium H — c und e — f in der diatonischen Tonleiter. Vitruv, Aristoxen, S. 14 und 20, und Aristides Quinctilianus, S. 13, edit. Meibom. nehmen die Diesin für den 4ten Theil eines ganzen Tons an. Jetziger Zeit bedeutet diese Benennung eine Erhöhung der Note um einen halben Ton über ihren sonst natürlichen Sitz auf einer Linie oder in einem Raume, und wird durch ein # vor einer Note angedeutet. S. Walther’s musik. Lexikon. Art. Diesis. # D.R.

Der Töne, welche Griechisch Phthongoi heiſsen, giebt es in einem jeden Klanggeschlechte achtzehn. Acht derselben sind in allen drey Geschlechtern stät; die übrigen zehn, die gewöhnlich verän-dert werden, sind unstät. Stät sind diejenigen, welche zwischen die unstäten gesetzt werden, die Verbindung des Tetrachords her-vorbringen, und bey aller Verschiedenheit der Gattungen immer an ihrer Stelle bleiben. Sie heiſsen: Proslambanomenos (A), Hypate-Hypaton (H), Hypate-Meson (e), Mese (a), Nete-Synemmenon (d), Paramese (h), Nete-Diezeugme-non (e), Nete-Hyperboläon (a).

Die unstäten sind diejenigen, welche auf dem Tetrachord zwischen die stäten gesetzt werden, und nach den Klanggeschlech-tern ihren Platz verändern. Ihre Namen sind folgende: Parhypate- Hypaton (c), Lichanos-Hypaton (d), Parhypate-Meson (f), Lichanos-Meson (g), Trite-Synemmenon (b) , Para- nete-Synemmenon (c), Trite-Diezeugmenon (c), Para-nete-Diezeugmenon (d), Trite-Hyperboläon (f), Para-nete-Hyperboläon (g) .

Lange vorher, ehe die Tonverhältnisse erfunden wurden, existirte die Sympathie der Töne, obgleich diese nicht eher, als bis man die Töne dem Calculo zu unterwerfen anfing, erklärt werden konnte. # D. R. Galiani nimmt den Ton Hypate-Hypaton durchgängig für B an. Ich habe ihn im Schemate unten mit H bezeichnet, weil ich ihn bey den mehresten Schriftstellern unter dieser Benennung gefunden, ob er wohl vielleicht nach unsrer jetzigen Temperatur etwas verschieden im Tonverhältnisse gewesen seyn mag. Sonst hätte man ja die reine 4 zu f vermiſst. Rousseau sagt: c’étoit la plus basse corde du plus bas Tetrachorde des Grecs, et d’un Ton plus haut que la Proslambanomène. Dict. d. Mus. s. art. Hypate hypaton. Walther vergleicht ihn auch mit unserm heutigen H. Siehe Walther’s Lex. unter nehmlichem Artikel. Kirnberger sagt: was die Alten mit B bezeichneten, ist unser heutiges H. S. dessen Kunst des reinen Satzes. I. Th. Seite 4. # D. R.

Diejenigen, welche ihren Platz verändern, ändern auch ihre Ei-genschaften; denn ihre Intervalle nehmen so wie die Entfernungen zu. So ist die Parhypate, welche in dem harmonischen Klanggeschlechte von der Hypate eine Diesis entfernt ist, in dem chromatischen , wo sie ihren Platz verändert hat, einen halben, und in dem diatonischen einen ganzen Ton davon entfernt.

Galiani hat diesen Ton mit # a verglichen; obgleich auf unsern Klavieren diese beyden Töne ais und b auf einer Klangstufe stehen, so macht es doch in Absicht des Ton-verhältnisses und der Abstufung einen Unterschied. Bey andern, z. B. bey Rousseau, Walther, heiſst er auch b. S. Walther’s Lex. und Rousseau D.d.M. Pl.H. # D. R. S. Dict. de Musique, Planche H. Fig.1. oder unten das Schema. Enharmonisches Klanggeschlecht: Parhypate # — # his Hypate # — # H. Chromatisches Klanggeschlecht: Parhypate # — # c ## hemit. Hypate # — # H. Diatonisches Klanggeschlecht: Parhypate # — # c Hypate # — # H. Hier ist ohnstreitig ein Fehler im Text, wie auch Meibom und andere anneh-men, und muſs anstatt einen ganzen Ton, einen halben heiſsen.

Der Lichanos steht in dem harmonischen Klanggeschlechte von der Hypate einen halben Ton ab; in das chromatische versetzt, schreitet er bis zu zwey halben Tönen fort; und in dem diatonischen steht er von derselben in einer Entfernung von drey halben Tönen. Also bringen diese zehn Töne mittelst ihrer Versetzungen die drey verschiedenen Klanggeschlechter hervor.

Es giebt fünf Tetrachorde. Das Erste ist das tiefste und heiſst im Griechischen Hypaton: Das zweyte, das mittlere, und

Enharmonisches Klanggeschlecht: Lichanos hypaton # ## enharmonice # CXX Parhypate hypaton # — # — # C # Viertelst. Hypate hypaton # — # — # H Chromatisches Klanggeschlecht: ### Lichanos hypaton chromatice # cis Parhypate # — # — # c Hypate # — # — # H Diatonisches Klanggeschlecht: Lichanos # — # — # — # d Parhypate # — # — # — # c Hypate # — # — # — # H #### D. R. Die Griechen bedienten sich nur der vier Vokalen: α, ε, η, μ. ω, weil sie bey ihren Tetrachorden, wornach sich in ihrer Musik alles richtete, deren nicht mehr nöthig hatten. Ihre Tonleiter — systema, diagramma — bestand aus verschiedenen Abthei-lungen. Jede wurde Tetrachordum (Viersaiter) genannt, und enthielt das Intervall einer vollkommenen Quarte H, c, d, e. Tetrachordum conjunctum hieſs: wenn die letzte Saite eines Tetrachords mit der ersten, von dem folgenden einerley war. wird Meson genannt: Das dritte das verbundene, und führt den Um leichter übersehen zu können, wie die 5 Tetrachorde der alten Griechen verbun-den waren, so daſs ein Tetrachord immer in das andre eingriff, mag folgendes Schema dienen: 1. # ## Nete hyperboleon # — # a # stät 2. # Paranete # ## — # — # g # + # V Tetrach. 3. # ## Trite hyperboleon # — # f # + 4. # ## Nete diezeugmenon # — # e # stät 5. # Paranete # — # — # d # + # IV Tetrach. 6. # Trite # — # — # — # c # + 7. # Paramese # — # — # h # stät 8. # ## Nete Synemmenon # — # d # stät 9. # ## Paranete # — # — # c # + # III Tetrach. 10. # Trite # — # — # — # b # + 11. # Mese # — # — # — # a # stät 12. # ## Lichanos meson # — # g # + # II Tetrach. 13. # ## Parypate # — # — # f # + 14. # Hypate ## — # — # e # stät 15. # ## Lichanos Hypaton # — # d # + # I Tetrach. 16. # ## Parypate # — # — # c # + 17. # Hypate ## — # — # H # stät 18. # ## Proslambanomenos # — # A # stät Obgleich hier 18 Töne angezeigt sind, so wird jeder doch gleich bemerken, daſs deren eigentlich nur 16 sind. Die mit einem + bezeichneten sind die unstäten Töne. Dieses war das diatonische System, oder Klanggeschlecht.

Namen Synemmenon: Das vierte, das getrennte, und ist Diezeug-

Nach der Zeit fieng man an das b und h unmittelbar hinter einander zu gebrauchen. Dieses gab Gelegenheit zu der Erfindung der kleinen halben Töne, die zwischen c und d, ferner zwischen f und g eingeschoben wurden. Auf solche Art kam ein andres Klanggeschlecht zum Vorschein, welches das chromatische genennt wurde. Das vorige System verwandelte sich hiermit in folgendes: 1. # ## Nete hyperbolaeon # — # — # a 2. # ## Paranete hyperbolaeon # — # — # g 3. # ### Paranete hyperbolaeon chromatice # fis 4. # ## Trite hyperbolaeon # — # — # f 5. # ## Nete diezeugmenon # — # — # e 6. # ## Paranete diezeugmenon # — # — # d 7. # ### Paranete diezeugmenon chromatice # cis 8. # ## Trite diezeugmenon # — # — # c 9. # Paramese # — # — # — # h 10. # ## Nete Synemmenon # — # — # d 11. # ## Paranete Synemmenon # — # — # c 12. # ### Paranete Synemmenon chromatice # h 13. # ## Trite Synemmenon # — # — # b 14. # Mese # — # — # — # a 15. # ## Lichanos meson # — # — # g 16. # ### Lichanos meson chromatice # — # fis 17. # ## Parypate meson # — # — # f 18. # ## Hypate meson # — # — # e 19. # ## Lychanos hypaton # — # — # d 20. # ### Lichanos hypaton chromatice # — # cis 21. # ## Parypate hypaton # — # — # c 22. # ## Hypate hypaton # — # — # H 23. # ## Proslambanomenos # — # — # A

menon benannt: Das fünfte ist das höchste, und heiſst auf Griechisch

Dadurch, daſs man denn auch noch zwischen die kleinen halben Töne b und h, f und fis, c und cis, neue Klänge einzuschieben anfing, und die daher Viertelstöne genannt wur-den, entstand das enharmonische System. Es bekam folgende Gestalt: 1. # ## Nete hyperbolaeon # — # — # a 2. # ## Paranete hyperbolaeon # — # g 3. # ### Paranete hyperbolaeon chromatice # f # + 4. # ### Paranete hyperbolaeon enharmonice # f # + # + 5. # ## Trite hyperbolaeon # — # — # f 6. # ## Nete diezeugmenon # — # — # e 7. # ## Paranete diezeugmenon # — # — # d 8. # ### Paranete diezeugmenon chromatice # c # + 9. # ### Paranete diezeugmenon enharmonice # c # + # + 10. # ## Trite diezeugmenon # — # — # c 11. # Paramese # — # — # — # h 12. # ## Nete Synemmenon # — # — # d 13. # ## Paranete Synemmenon # — # c 14. # ### Paranete Synemmenon chromatice # h od. b # + 15. # ### Paranete Synemmenon enharmonice # b # + # + 16. # ## Trite Synemmenon # — # — # b 17. # Mese # — # — # — # a 18. # ## Lichanos meson # — # — # g 19. # ### Lichanos meson chromatice # — # f # + 20. # ### Lichanos meson enharmonice # — # f # + # + 21. # ## Parypate meson # — # — # f 22. # ## Hypate meson # — # — # e 23. # ## Lichanos hypaton # — # — # d 24. # ## Lichanos hypaton chromatice # — # c # + 25. # ## Lichanos hypaton enharmonice # — # c # + # + 26. # ## Parypate hypaton # — # — # c 27. # ## Hypate hypaton # — # — # H 28. # ## Proslambanomenos # — # — # A Das Zeichen + deutet die chromatischen oder kleinen halben Töne; das dop- pelte + + die enharmonischen oder Viertelstöne an. Die Töne behielten dieselben Benennungen wie in dem diatonischen System, nur daſs im chromatischen System zu den halben Tönen cis, fis, u.s.f. das Wort chromatice hinzuges@tzt wurde, als z. B. ### Lichanos hypaton chromatice # cis — # meson # — # fis und zu den Viertelstönen das Wort enharmonice z. B. ### Lichanos hypaton enharmonice # + # cis # Viertelst. — # meson # — # + # fis Die Alten pflegten gewöhnlich den ganzen Ton in 9 Commata zu zergliedern. Dem gröſsern halben Tone gaben sie 5, und dem kleinern 4. Ein Comma wurde wie- der in 2 Schismata getheilt. Folglich kamen auf einen ganzen Ton 2 + 9 oder 18 Schismata, auf einen gröſsern halben Ton 2 + 5 oder 10, auf den kleinern halben Ton 2 + 4 oder 8 Schismata. Weil die beyden untersten Tetrachorde keine vollkommene Octave machten, so nahm man unten noch eine Saite hinzu, die den Ton A gab. Sie wurde deswegen Proslam- banomenos, nehmlich Phthongos, assumtus, s. adquisitus tonus, genannt. Vid. Meibom in notis ad Aristidem, p.209. Damit man den Unterschied zwischen der Alten ihrer Tonleiter und unsrer jetzigen besser übersehen und beurtheilen könne, mag folgendes dienen: 1) anstatt der Tetrachorde, deren sich die Alten bedienten, haben wir die Octaven c d e f g a h c 2) Sie schlossen ihre Töne nur in 2 Octaven ein. Wir haben deren mehrere. und dieses erfordert auch die Stimme der Menschen von verschiedenen Altern. 3) Sie wuſsten nichts von den halben Tönen zwischen g und a, zwischen d und e, und zwischen ihren beyden äussersten Saiten nichts. Wir bedienen uns derselben mit vielem Vortheil. 4) Bey ihnen waren die Viertelstöne üblich; bey uns werden sie wenig mehr ge- achtet. Man hat sie so gar bey Klavieren und andern vielsaitigen Instrumenten der Un- bequemlichkeit wegen abgeschafft *). Folgendes Schema wird den Unterschied noch faſslicher machen: *) In der Execution finden sie noch statt, zumal bey der menschlichen Stimme, auf Geigen und Blasiustrumenten, Flöte, Hoboe u. s. f. Hyperboläon . Der Consonanzen, welche in der Modu- lation der menschlichen Stimme liegen, und welche auf Griechisch ## Zwey Tetrachorde der Alten. # ## Eine Octave der Neuern. 1. # h # 1. # h 2. # c # 2. # his ## 3. # c 3. # c + + Viertelst. # 4. # cis 4. # c + # 5. # des ## 6. # d 5. # d # 7. # dis 6. # e # 8. # es 7. # f # 9. # e ## 10. # fes 8. # f + + Viertelst. # 11. # eis 9. # f + # 12. # f ## 13. # fis 10. # g # 14. # ges 11. # a # 15. # g ## 16. # gis 12. # b # 17. # as 13. # b + + Viertelst. # 18. # a 14. # b + oder h. # 19. # ais ## 20. # b ## 21. # h Wir benennen die Töne, die ihre Stelle verändert haben und zwar die durch ein ♯ erhöheten nur mit der Sylbe is, z. B. c, cis; d, dis, u. s. f., und die durch ein b er- niedrigten es, z. B. e, es; d, des; a, as, u. s. f. Nur ein Beyspíel von der Kürze und Bestimmtheit unserer Töne anzuführen. Lichanos hypaton chromatice, nen- nen wir mit einer Sylbe cis, und bemerken leicht, daſs es der erhöhete Ton von c ist. # D.R. Siehe Dict. de Musique, Planche H. Fig.2. oder das Schema. Consonanzen heiſsen diejenigen Intervalle, deren Verhältniſs zu einander leicht zu fassen ist. Ein Akkord, bey welchem der bloſse Zusammenklang der Töne, aus denen er besteht, mehr oder weniger beruhigt und keine weitere Auflösung erwarten läſst, wird

Symphoniä heiſsen, sind sechs: Diatessaron (Quarte) , Dia- pente (Quinte) , Diapason (Octave) , Diapason nebst Dia- tessaron (1 {1/2} Octave oder Undecime) , Diapason nebst Dia- pente (1 {1/2} None oder Duodecime) , und Disdiapason (Decime Quinte) . Sie sind darum nach den Zahlen benannt worden, weil, wenn die Stimme auf einem Schluſstone verweilt, dann ausweicht und in den vierten Ton übergeht, sie Diatessaron genannt wird: in den fünften, Diapente; in den achten Diapason; in den achten

ein consonirender Akkord genennt. Die vollkommenen Consonanzen sind ausser dem Einklange, 1 zu 1; die Octave, 2 zu 1; die Quinte, 3 zu 2. Unvollkom-mene, die weniger beruhigen, sind die groſse Terz, 5 zu 4; die kleine Sexte, 8 zu 5; die kleine Terz, 6 zu 5; die groſse Sexte, 5 zu 3. Die reine Quarte 4 zu 3 wird von einigen unter die vollkommenen, von andern unter die unvollkommenen Consonanzen ge-rechnet. Dissonanzen heiſsen diejenigen Intervalle, deren Verhältnisse schwer zu fassen sind, und deren Zusammenklang nicht völlig in Ruhe setzet, sondern eine Folge oder Auf-lösung in eine Consonanz erwarten läſst. S. Sulzers Theorie, Art. Consonanz und Dissonanz; und Türk’s Anweisung zum Generalbaſsspielen, S. 15. Z. B. c, a, h. Der Grund des unangenehmen Eindrucks, den die Dissonanzen auf das Gehör machen, liegt wohl darin, weil die Schwingungen, die zu diesen Tönen gehö-ren, niemals zusammen treffen. Daher werden dergleichen Töne immer als getrennt und niemals vereinigt empfunden. S. Türk am vorerwähnten Orte. # D.R. Die Quarte, 4 zu 3, z. B. c und f, g und c. Ein Intervall, welches zwey ganze und einen halben Ton enthält. Die Quinte, 3 zu 2, ein Intervall, welches 3 ganze und einen halben Ton enthält, als: c und g, f und c, d und a, e und h. Die Octave, 2 zu 1, ein Intervall von 5 ganzen und 2 halben Tönen, wie c zu c. C zu f, welches eine Undecime genennt wird. Sie ist eigentlich die Octave von der Quarte. C zu g, die Duodecime. Sie ist die Octave von der Quinte. Verhältn. 3:1. C zu ***, die Doppeloctave oder Decime Quinte ist die Octave von der Octave. Ihr Verhältniſs ist 4:1. # D. R.

und halbachten, Diapason und Diatessaron (Undecime); in den neunten und halbneunten, Diapason und Diapente (Duode-cime); in den funfzehnten, Disdiapason (Doppeloctave). Weder ein Intervall von zwey Tönen nach einander, (nehmlich die Secunde) kann consoniren, es sey bey Instrumental - oder Vocalmusik; noch auch die Terz oder Sexte oder Septime; sondern, wie oben gesagt worden, bloſs Diatessaron und Diapente (Quarte und Quinte) und so weiter bis zu Disdiapason (Doppeloctave,) sind, der Natur der Stimme gemäſs, angenehme Consonanzen, welche aus der Vereinigung derjenigen Töne, welche im Griechischen Phthongoi heiſsen, erzeugt werden.

Nach unserer heutigen Theorie werden die Terz und Sexte zu den unvollkommenea oder weniger beruhigenden Consonanzen gerechnet. Töne, die gleichsam die Natur angiebt, nehmlich die im vollkommenen Drey-klange enthalten sind. Wie bekannt, so giebt eine Saite, wenn dieselbe an gewissen Stel-len leise berührt wird, oder eine Pfeife, wenn in dieselbe nach und nach stärker geblasen wird, Töne an, die man harmonische Töne — sons harmoniques — oder Flageolettöne nennt. Sie folgen den Zahlen nach in dieser Ordnung: 1 # 2 # 3 # 4 # 5 # 6 # 7 # 8 C # c # g # c # e # g # (i♯) # c*** Nach diesen consonirenden Tönen giebt die Natur in der 4ten Octave zwischen 2 con- sonirenden einen dissonirenden Ton an: + ## + ## + ## + ## + 8 # 9 # 10 # 11 # 12 # 13 # 14 # 15 # 16 c # d # e # f # g # a # i # h # c Die mit einem + bezeichneten sind consonirend. Dieſs ist die eigentliche diatonische Ton- leiter. Siehe Kirnbergers Kunst des reinen Satzes, 2ter Th. erste Abtheilung, S. 68 und 69, und von dem mit ♯ bezeichneten (i) die Anmerkung S. 24 im @sten Theil. # D. R.
FÜNFTES KAPITEL. Theater - Vasen.

Diesen Beobachtungen zu Folge sind nach mathematischen Verhält-nissen eherne Vasen nach Beschaffenheit der Gröſse des Theaters zu verfertigen; und diese richte man so ein, daſs, wenn sie angeschla-gen werden, sie unter einander alle Consonanzen, von Diatessaron und Diapente an bis Disdiapason, in der Reihe angeben. Darauf setze man sie in, zwischen den Sitzen des Theaters angebrachte, Zel-len nach musikalischem Verhältnisse also, daſs sie keine Wand berüh-ren, rings umher frey stehen, und über sich einen leeren Raum haben. Auch stelle man sie umgestürzt, und setze ihnen auf der Seite nach der Bühne hin Keile unter, die nicht kleiner als einen halben Fuſs seyn dürfen. Vorn lasse man zu diesen Zellen Öffnun-gen unten auf dem Grunde — cubilibus — der Stufen zwey Fuſs lang, und einen halben Fuſs hoch.

In Ansehung der Anordnung derselben, nehmlich an welchem Orte sie anzulegen sind, so ist diese also zu treffen:

Wenn das Theater nicht von ausnehmender Gröſse ist, so weise man ihnen im Mittel der Höhe die Querlinie an. Hier wölbe man — confornicare — dreyzehn Zellen in zwölf gleich weit von einander entfernten Zwischenräumen, und stelle von oben beschrie-benen Schallgefäſsen — echea — die beyden, welche Nete-Hyperbo-läon (a) angeben, in die Eckzellen auf beyden Seiten zuerst; nächst diesen äuſsersten zum zweyten die beyden, welche Diatessa-ron, das ist Nete-Diezeugmenon (die Quarte e a); zum dritten die beyden, welche Diatessaron, d. i. Nete-Parameson (h); zum vier-ten die beyden, welche Diatessaron, d. i. Nete-Synemmenon (d); zum fünften die beyden, welche Diatessaron, d. i. Mese (a); zum sechsten die beyden, welche Diatessaron, d. i. Hypate-Meson (e) an-geben; im Mittel aber das Eine, dessen Ton Diatessaron, d. i. Hypate-Hypaton (H) ist. Bey solcher Einrichtung wird die Stimme, die von der Bühne, wie vom Mittelpunkte, ausgeht, indem sie sich umher verbreitet und die Höhlung einer jeden Vase trifft, mittelst des Zusammenklangs der mit ihr consonirenden Töne einen ver-stärkteren helleren Schall erregen.

Noch höher als das Mittel der Höhe standen die Schallgefäſse im Theater zu Taor-mina in Sicilien; wenn anders, wie es mir doch sehr wahrscheinlich scheint, die Nischen, wovon in folgender Stelle Houels die Rede ist, der ihnen angewiesene Stand-ort waren. Ich führe diese Stelle um so absichtlicher an, da sie, wenn meine Vermu-thung sich bewährt, Nachricht von der allereinzigen Spur giebt, welche uns in den Trüm-mern des Alterthums von der ehemaligen Existenz der Theater-Vasen übrig ist. Hier ist sie: Le Théàtre de Taormine est de tous les édifices de ce genre qu’ ont élevés les Grecs, celui qui s’ est le mieux conservé. C’ est celui qui nous fait connoìtre avec le plus de certitude la véritable construction de ces bâtimens. — — — Les gradins étoient distingués par trois paliers ou précensions (Praecinctiones) qui se communiquoient par des escaliers dont deux marches occupoient la hauteur et la largueur de chaque gradin. A côté du palier qui se trouve au dessus des derniers gradins il y a un étage de niches, parmi les quelles il y avoit des portes régulierement disposées en face à chaque escalier. Ces portes servoient d’entrée à une galerie. Au dessus de ces niches et entre chacune d’ elles, il y avoit une colonne; elle servoit à soutenir des arcs, qui formoient la galerie dont la partie supérieure de ce théâtre étoit décoré concurremment avec un mûr qui fesoit tout le tour de ce théâtre. — — — Ces Niches n’ étoient pas inégales de grandeur — —. Il y en a une ronde et une quarrée alternativement; il y en a cinq entre chaque vomitoire. — — — Le palier qui étoit au dessus des der-niers gradins est une chose singuliere et remarquable dans la construction de cet édifice. Les portions de roche qui existent encore obligent à croire que ce palier étoit tout près du bas de ces niches, de sorte que quand il y avoit beaucoup de monde, elles devoient être cachées *), car elles n’ ont que trois piés trois pouces de largeur, 4 piés onze pouces de hauteur, et 19 pouces de profondeur. A quel usage pouvoient-elles être employées? Je n’ ose hazarder aucune conjecture. — Voyez Voyage pittores- que des isles de Sicile, de Malte et de Lipari etc. par J. Houel. Vol. II. p.33 — 39. *) Da in den Theatern der Griechen jedermann saſs, so werden die Nischen auch niemals durch davor Stehende versteckt worden seyn. Auch dienten ja die praecinctiones bloſs zu Gängen.

Ist das Theater aber von gröſserem Umfange, so theile man des-sen Höhe in drey Theile, so daſs drey Querreihen Zellen Statt fin-den; die eine Harmonisch, die andere Chromatisch, die dritte Diato-nisch. Die Erste von unten werde in dem Harmonischen Klangge-schlechte dem gemäſs eingerichtet, was eben bey einem kleineren Die beyden ersten a e (abwärts) geben eine reine Quarte; e h desgl. ; h mit d macht eine Terzie; d mit a wieder eine Quarte; a mit e desgl. ; e mit H wieder eine Quarte. Da nun Quarten in der Umkehrung zu Quinten werden; das mittlere d mit dem obersten a, und das tiefere a mit dem e, das tiefere e mit dem h an sich schon Quinten machen, auch überdieſs noch drey Octaven, nehmlich H h; e e; a a, und die kleine Terzie h d darin enthalten sind; so wird jeder sehen, daſs es hierbey vorzüglich auf den Zusammenklang der harmonischen oder consonirenden Töne ankam, und welche durch ihre genauen Verhältnisse unter und zu einander den hierdurch zu bewirkenden verstärktern Schall wohl mehr als wahrscheinlich machen. Ob aber das beständige Wiederhallen der Schallgefäſse die Töne nicht verworren und undeutlich Theater ist vorgeschrieben worden. In die Mittelreihe stelle man zuerst auf die Ecken das Paar Vasen, welches das Chromatische Hy-perboläon (fis) angiebt; diesem zunächst das Paar, welches Diatessa-ron, d. i. das Chromatische Diezeugmenon (cis); zum dritten das Paar, welches Diatessaron, d. i. das Chromatische Synemmenon (h); zum vierten das Paar, welches Diatessaron d. i. das Chromatische Meson (fis); zum fünften das Paar, welches Diatessaron d. i. das Chroma-tische Hypaton (cis); zum sechsten endlich das Paar, welches Para-mese (h) angiebt, weil diese zugleich sowohl mit dem Chromatischen Hyperboläon, d. i. Diapente, als mit dem Chromatischen Meson, d. i. Diatessaron zusammenstimmt. In das Mittel wird nichts ge- setzt, und zwar aus dem Grunde, weil es in dem Chromatischen Klanggeschlechte unter Tönen weiter keine Consonanz giebt. In die oberste Reihe Zellen aber setze man zuerst vorn auf die Ecken die Vasen, welche das Diatonische g Hyperboläon angeben; zum zwey- ten die, welche Diatessaron d. i. das Diatonische Diezeugmenon (d); zum dritten die, welche Diatessaron, d. i. das Diatonische Synemme-non (c); zum vierten die, welche Diatessaron d. i. das Diatonische Meson (g) ; zum fünften die, welche Diatessaron d. i. das Diato- nische Hypaton (d); zum sechsten die, welche Diatessaron d. i. Pros-lambanomenos (A) angeben; und in das Mittel die Eine, deren Ton Mese (a) ist, weil dieser sowohl mit Proslambanomenos d. i. d. i. Diapason , als mit dem Diatonischen Hypaton d. i. Diapente zusammenstimmt.

a e h d # stäte Töne. a e H a e h d # stäte Töne. a e H gemacht hat, ist eine andere Frage.#D. R. Nehmlich die Quinte h — fis. Die Quarte fis — h. Die Quarte d — g. Die Quarte g e. Die Quarte a. d.

Will jemand dieſs gern nach der Vollkommenheit bewerkstelli-gen, so muſs er die am Ende des Buchs beygefügte und nach musi-kalischen Verhältnissen angeordnete Tonleiter — diagramma — stu-dieren, welche vom Aristoxenus herstammt, der sie mit groſsem Scharfsinn und Fleiſse nach den drey Klanggeschlechtern verfertiget hat. Macht er alsdann die Anwendung davon auf gegenwärtigen Ge-genstand; so wird er leicht im Stande seyn, Theater vollkommen der Natur der Stimme angemessen, und zum Vergnügen der Zuhörer anzulegen.

Sollte vielleicht jemand sagen: “Es sind alle Jahre so viel Thea-ter zu Rom errichtet worden, ohne daſs bey irgend einem auf der-gleichen Rücksicht genommen worden wäre,” so irret sich dieser in so fern, als alle öffentliche Theater von Holze sind und mehrere Stockwerke haben, welche nothwendiger weise widerhallen.

Dieſs kann man auch bey den Sängern bemerken, die, wenn sie den höchsten Ton anzugeben haben, sich nach den Thüren der Scene hinwenden und mit Beyhülfe derselben ihre Stimme verstär-ken. Wenn aber die Theater aus festen Materialien erbauet werden, das heiſst, aus Bruchsteinen, Werkstücken, Marmor, welche keines-weges widerschallen können: so muſs man sie nach den gegebenen Vorschriften einrichten. Fragt man, in welchem Theater dieſs denn geschehen sey? so sind dergleichen freylich in Rom nicht anzutref-fen; wohl aber in verschiedenen Gegenden Italiens und in mehreren Griechischen Städten. Wir haben selbst dafür den Lucius Mum- mius zum Gewährsmann, der, als er das Theater zu Korinth zer-stört hatte, dessen Schallgefäſse — echea — nach Rom brachte, und von dieser Beute der Luna einen Tempel weihete. Ja, viele ge- schickte Baumeister, die in kleinen Städten Theater zu erbauen hat-ten, haben aus Noth sich irdener Gefäſse bedient, welche sie gleich jenen stimmten und ordneten, und haben dadurch keine geringe Wir-kung hervorgebracht.

Nehmlich die Octave A a. Nehmlich d a.
Anstatt de manubiis ad aedem Lunae dedicavit — lese ich: de manubiis aedem Lunae dedicavit. — weil es nicht allein der Sprachgebrauch (denn dedicare ad aedem, in den Tempel schenken, wäre wohl das einzige Beyspiel dieser Art!), sondern auch der Sinn also erfodert. Hätte Mummius die Schallgefäſse selbst in den Tempel ge-schenkt, so hätte Vitruv ja nur geradezu nach ihnen hinweisen dürfen, ohne an die Autorität des Mummius zu appelliren. Nichts ist aber gewöhnlicher bey den Römern, als die Redensart: aedem de manubiis dedicare deo, d. h. für das, aus der Beute gelösete Geld einen Tempel weihen, erbauen. Trotz dieses Zeugnisses Vitruvs hat noch ganz neuerlich ein berühmter französi-scher Schriftsteller in einem der lehrreichsten und angenehmsten Bücher, die seit langer Zeit geschrieben worden sind — ich meine der Abt Barthélémi in seinen Reisen des jungen Anacharsis — den Nutzen der Theater - Vasen sehr zweydeutig gemacht. Hier sind seine Worte; man urtheile selbst! Vitruve rapporte que sous les gradins où devoit s’ asseoir les spectateurs, les architectes Grees ménageoient de petites cellules entreouvertes, et qu’ils y plaçoient des vases d’ airain, déstinés à recevoir dans leur cavité les sons qui venoient de la scène et à les rendre d’ une maniere forte, claire et harmonieuse. Ces vases, montés à la quarte, à la quinte, à l’ octave l’ un de l’ autre, avoient donc les mêmes proportions entre eux qu’ avoient entre elles les cordes de la Lyre qui soutenoit la voix; mais l’ effet n’en étoit pas le même. La lyre indiquoit et soutenoit le ton; les vases ne pouvoient que le reproduire et le prolonger: et quel avantage résultoit - il de cette suite d’échos dont rien n’ amortissoit le son? Je l’ignore, et c’ est ce qui m’ a engagé à n’ en pas parler dans le texte de mon ouvrage. J’ avois une autre raison: rien ne prouve que les Athéniens aient employé ce moyen; Aristote se fait ces questions: Pour-quoi une maison est - elle plus résonnante quand elle vuient d’être reblanchie, quand on y enfouit des vases vides, quand il s’y trouve des puits et des cavités semblables? Ses reponses sont inutiles à rapporter; mais il auroit certainement cité les vases du
SECHSTES KAPITEL. Anordnung des Theaters.

Das Theater selbst ist also anzuordnen, daſs, so groſs als der innere untere Umfang desselben seyn soll, mit dem in den Mittelpunkt ge-stellten Zirkel eine Zirkellinie beschrieben werde. Innerhalb dersel-ben mache man vier gleichseitige, gleichweit von einander entfernte Triangel, welche insgesammt die Circumferenz berühren; gleich denen, nach welchen die zwölf Himmelszeichen von den Astronomen vermittelst der musikalischen Übereinkunft der Gestirne, verzeich- net werden.

Derjenige dieser Triangel, dessen Seite zunächst der Scene (d. i. Hinterwand der Bühne) läuft, bezeichne da, wo er die Zirkel-linie schneidet, die Grenzen der Fronte der Scene; und diesen Punk-ten werde durch den Mittelpunkt eine Parallel-Linie gezogen, welche die Zocke — pulpitum — der Vorscene oder Bühne — proscenium —

théâtre, s’ il les avoit connus. Mummius en trouva au théâtre de Corinthe; ce fut deux cens ans après l’époque que j’ ai choisie. L’usage s’en introduisit ensuite en plusieurs villes de la Grèce et de l’Italie, où l’on substituoit quelquefois des vases de terre cuite aux vases d’airain. Rome ne l’adopta jamais; ses architectes s’apper-çurent sans doute que si d’un coté il rendoit le théàtre plus sonore, d’un autre coté il avoit des inconveniens qui balançoient cet avantage. Voyez Voyages du jeune Anacharsis, remarque. Tome. VI. p. 437. Ferner siehe von den Schallgefäſsen Poleni exercitat. Vitruv. p. 283 — 299.

von dem Bezirke des Orchesters scheide. Auf solche Weise wird die Zocke breiter gemacht, als bey den Griechen, weil (bey den

Siehe Fig. 5. die Art und Weise, wie ich mir ein Römisches Theater, nach Vitruvs Beschreibung eingerichtet, denke. Siehe auch Newton’s Fig. XXXVI.
Fig. 5. Lateinisches Theater. E. P. Finitio Proscenii, Grenze der Bühne. F. S. Frons Scenae, Fronte der Scene. R. Valvae Regiae, Mittlere Hauptthür. H. Hospitalia, Gastthüren. V. Versurarum itinera, Seiten - Eingänge. π. Periacti, Ort der Drehmaschinen. a. Scalae, Treppen. b. Aditus, Eingänge. a b b a a b b a a b b E.a a.P V V F Π H R H Π S
Siehe oben B. I. K. 1. S. 22. Anmerkung.

Römern) alle Schauspieler auf der Bühne agiren, im Orchester aber die Plätze für die Sessel der Senatoren bestimmt sind: Und die Höhe der Zocke muſs nicht mehr denn fünf Fuſs seyn, damit die, welche im Orchester sitzen, alle Geberden der handelnden Per-sonen sehen können.

Die keilförmigen Abschnitte — cunei — der Sitze — specta- cula — im Theater werden also eingetheilt, daſs die Ecken der Tri-angel, welche rings umher in die Zirkellinie laufen, die Aufgänge — ascensus — der Treppen — scalae — zwischen den keilförmigen Abschnitten bis zum ersten Absatze — praecinctio — anweisen; oben aber wird durch mit Treppen wechselnde Eingänge — itinera — das Mittel der oberen keilförmigen Abschnitte bezeichnet.

Der Ecken der Triangel, welche unten die Treppen — scalaria — anweisen, sind sieben an der Zahl; die übrigen fünf bestimmen die Einrichtung der Bühne; nehmlich die mittlere Ecke muſs ihrem Win-kel die Königsthür — valvae regiae — gegenüber haben; die zur Rechten und zur Linken weisen den Gastthüren, — hospita- lia — ihren Ort an; und die beyden äuſsersten treffen auf die Seiteneingänge — itinera versurarum.

Hier steht scena in der Urschrift für Proscenium. Von dem Orchester bis zum ersten Absatz wurden gewöhnlich im Römischen Thea-ter vierzehn Sitzreihen gemacht. Diese waren den Rittern, Tribunen u.s.w. bestimmt. Alle höhere Sitzreihen waren für den tiers état (plebs). Den Weibern aber war durch Augustus der oberste Portik angewiesen. Die Sitzreihen wurden in gleichen Abständen durch Treppen, welche in Radial-linien angelegt waren, in Abschnitte abgetheilt, welche unten schmal und oben breit und also von keilförmiger Gestalt waren. Auch Newton hat diese Stelle nicht richtig übersetzt, obgleich seine Abbil-dung richtig ist. Offenbar heiſst iter hier ein Eingang, eine Thür; so wie im folgenden Kapitel supercilia itinerum nicht anders, als die Oberschwellen der Thüren, welche nehmlich in einen Gang führen, zu übersetzen sind.

Die Stufen — gradus, — worauf die Bänke — subsellia — der Zuschauer gestellt werden, dürfen nicht niedriger seyn, als einen Fuſs, und nicht höher als einen Fuſs und sechs Zoll. Zu ihrer Breite muſs nicht über zwey und einen halben Fuſs, noch unter zwey Fuſs genommen werden.

Welche irrige Vorstellung sich Winkelmann von dem, was hier Vitruv hospitalia nennt, gemacht habe, ist in dessen Nachrichten von den neuesten Herkulanischen Entdeckungen S. 12. zu sehen. Es wären überhaupt in der Be-schreibung, welche am a. O. vom Theater der Stadt Herkulanum gemacht wird, mancher-ley Irrthümer zu berichtigen. Die Scene stellte ein griechisches Haus vor, wo, wie unten B. VI. K. 10. zu sehen ist, neben der Wohnung des Herrn, rechts und links Wohnungen mit eigenen Thüren für Fremde, Gastgebäude (hospitalia) sich befanden. Hätte Galiani unter itinera auch Thüren verstanden, so wäre dessen Vorstel-lung vom Theater vielleicht richtiger ausgefallen. Um nicht auf dem bloſsen Steine zu sitzen, legte man nicht allein Breter auf die Sitzstufen, sondern auch Küssen. Eine Gewohnheit, worauf auch Ovid im I. B. der Ars am. v. 159. anspielt: fuit utile multis Pulvinum facili composuisse manu. Obige Stelle kann also dem Newton zu keinem Beweise dienen, daſs Vitruv erst nach des Kaligula Zeiten gelebt haben müsse; weil, nach dem Dio Cassius, dergleichen Belegung der Sitzstufen vor dem Kaligula nicht üblich gewesen sey.
V. Buch. SIEBENTES KAPITEL. Säulengang und übrige Theile des Theaters.

Das Dach des Säulengangs welcher oben auf der Stufenerhöhung — gradatio — anzulegen ist, werde mit der Höhe der Scene waag-recht gemacht. Der Grund dazu ist, weil also die Stimme, indem sie sich verbreitet, zu den obersten Stufen und zu dem Dache gleich gelangt; anstatt daſs sie, wenn eine Verschiedenheit in der Höhe Statt fände, an dem ersten niedrigen Punkte, den sie erreicht, sich verliert.

Man nehme den sechsten Theil des Durchmessers des Or- chesters, d. i. des von den untersten Sitzstufen umgebenen Raums, und an den Enden und da wo sonst in des Halbzirkels Umfange Eingänge — aditus — anzubringen sind, mache man senkrecht nach diesem Maaſse vor den untersten Sitzen einen Ausschnitt — prae- cidere — und lege über diesen Ausschnitt — praecisio — die Ober-schwellen der Thüren — itinerum supercilia, — denn so werden sie Höhe genug haben.

Siehe die nachstehende Note 1) Ich mache mir hievon folgende Vorstellung: Am äuſsersten Halbzirkel des Orchesters erhoben sich auf einer Zocke, welche an Höhe mehr als den sechsten Theil des Durch-messers des Orchesters hielt, die untersten Sitze. In diese Zocke heiſst Vitruv hier, nach dem angegebenen Verhältnisse, die Thüröffnungen, zu den von der Straſse in gerader Li-nie in das Orchester führenden Gängen der Senatoren, machen. Die Worte Vitruvs, an den Enden des Halbzirkels dürfen jedoch nicht, als genau auf den Ecken verstanden werden; dieſs war, nach Anweisung der sechsten und siebenten Ecke der Triangel, der Platz der untersten Treppen, das heiſst derer Treppen, welche von dem ersten Absatze — praecinctio — bis zur erwähnten Zocke herab, also zu den Sitzen der

Die Scene muſs von der Länge des doppelten Durchmessers des Orchesters gemacht werden. Das fortlaufende Postament — podium, — das auf der horizontalen Linie der Zocke der Vorscene oder Bühne — pulpitum — zu errichten ist, habe sammt Kranz — corona — und Kehlleiste — lysis — den zwölften Theil des Durch-messers des Orchesters zur Höhe. Die Säulen auf dem fortlau-fenden Postamente seyn mit ihren Kapitälen und Basen das Viertel dieses Diameters hoch; dem Unterbalken — epistylia — und dem Hauptgesimse — ornamenta — gebe man das Fünftel der Höhe dieser Säulen. Das zweyte fortlaufende Postament sey mit Kehlleiste — unda — und Kranz — corona — halb so hoch als das untere, so wie die Säulen auf demselben um das Viertel niedriger seyn, als die unteren; und der Unterbalken und das Hauptgesims das Fünftel die-ser Säulenhöhe halten müssen. Deſsgleichen lasse man, wenn noch ein dritter Übersatz der Scene — episcenos — zu machen ist, das fort-gehende Postament desselben halb so hoch, als das mittlere, und die obersten Säulen um ein Viertel niedriger seyn, als die mittleren; und es habe der Architrav mit dem Hauptgesimse gleichfalls das Fünftel dieser Säulenhöhe.

Ritter führten. An den Enden heiſst gegen die Enden zu, nehmlich, entweder im Mittel der beyden äuſsersten Treppen des Halbzirkels, oder, wie im Theater des Marcellus, gleich neben den Treppen auf den Ecken. Der halbkreisförmige Raum zwischen dem Orchester und den untersten Sitzen im Grundrisse des Theaters des Marcellus, welchen Newton (S. 107.) einem besondern Gange anweiset, kommt, meiner Vorstellung nach, der zuvor genannten Zocke zu. Auf solche Weise bleibt mir in dem Grundrisse des Marcellischen Theaters nichts undeutlich; da ich mich im Gegentheil ganz und gar nicht von der Nothwendigkeit des von Newton gedachten halbrunden Ganges überzeugen kann. Das Lateinische Orchester war gerade ein halber Zirkel, dessen Länge oder Tiefe nur die Hälfte seiner Breite betrug, oder, mit anderen Worten, nur der Halbmesser des ganzen, zum Entwurf des Theaters gezogenen Zirkels war. Vitruv nennt diese Tiefe des Orchesters, diesen Halbmesser des ganzen Zirkels, den Durchmesser des Orchesters; daher muſs er denn auch zur Fronte der Scene dessen Länge doppelt neh-men, um also die Breite des Orchesters, d. h. den Durchmesser des ganzen Zirkels, zu erhalten.

Jedoch können nicht in jedem Theater alle diese Verhältnisse — symmetriae — so genau einander entsprechen; sondern der Bau-meister muſs beurtheilen, in wiefern dieſs möglich sey, und in wie-fern er wiederum auf Beschaffenheit des Orts und Gröſse des Werks Rücksicht zu nehmen habe. Denn es giebt Sachen, die, ihrer Be-stimmung wegen, in kleinen und groſsen Theatern von gleicher Gröſse seyn müssen, zum Beyspiel, die Stufen, Absätze — diazo-mata, — fortlaufende Postamente, Thüren, Treppen, Zocken, Tribu-nale und was dergleichen mehr ist, wobey man aus Noth gezwun- gen ist, von dem schönen Verhältnisse der Theile unter einander abzuweichen, um dem Gebrauche keinen Eintrag zu thun. Nicht minder, wenn es an hinlänglichem Vorrathe von Marmor oder Holz oder anderen Baumaterialien fehlen sollte, wird es ganz und gar nicht unrathsam seyn, hier und da etwas abzunehmen, oder zuzuge-ben, wenn es nur nicht allzu auffallend, sondern mit Verstande ge-macht wird; wie dieſs immer der Fall seyn wird, wenn es dem Bau- meister weder an Erfahrung, noch an Gewandheit des Geistes, noch an Beurtheilung fehlet.

Das Tribunal im Theater, war ein auf Stufen erhabener Ort auf der Ecke des Orchesters gleich an der Zocke der Bühne, wo der Stuhl des Prätors oder auch des Kaisers stand. Nach Sueton, im Leben Augusts, K. 44. verordnete August, daſs die Vestalinnen ihren abgesonderten Sitz im Theater, dem Tribunal des Prätors gegen über, haben sollten.

Der Scene übrige Beschaffenheit werde folgendermaſsen einge-richtet; Die mittlere Thür — mediae valvae — habe die Verzie-rungen eines königlichen Pallasts — aula regia, — zur Rechten und zur Linken seyn die Gastthüren, und neben diesen der Raum zu den Decorationen — ornatus — (welcher bey den Griechen περίακτοι d. i. Drehraum heiſst, von den daselbst beſindlichen dreyeckigen Dreh- maschinen, deren eine jede drey Arten von Decoration haben muſs, und die, wenn entweder ein anderes Stück gegeben werden, oder etwa ein Gott plötzlich unter Donnerwettern erscheinen soll, umge-drehet werden und also eine Veränderung der Decoration hervorbrin-gen.) Neben diesen Orten springen die beyden Seitenwände der Bühne — versurae — hervor, welche zwey Eingänge auf die Bühne geben, den Einen vom Markte und den Anderen vom Lande her.

Meine Gründe, warum ich den Raum zu den Decorationen als einen Theil de@ Scene ansehe, sind folgende: 1) Vitruv erwähnt dessen hier gerade zu als eines Theils der Scene. 2) Vitruv setzt sogleich hinzu: secundum ea loca versurae sunt procurrentes — Also muſs alles übrige Vorhergehende in einer Linie neben einander gelegen haben, da nur erst versurae vorwärts laufen, hervorspringen, hervortreten. 3) Im vorhergehenden Kapitel läſst Vitruv von den beyden nehmlichen Triangel-ecken, wodurch er kurz vorher die Fronte der Scene begrenzen lieſs, den Ort der Seitenthüren anweisen; welchem zufolge diese Seitenthüren nothwendig gleich in die Ecken zu stehen kommen. 4) Stimmt hiemit genau dasjenige überein, was Julius Pollux vom Standorte der Drehmaschinen B. IV. K. 19. sagt. Siehe die Beylage. 5) Bestätigen folgende Stellen des Houel (in dessen Beschreibung des Theaters zu Taormina,) sowohl des Julius Pollux Aussage, als meine Vorstellung: Je trouve à chaque coté des entrées latérales (c’ est à dire, des entrées à coté de la Porta regia) des enfoncemens triangulaires dans toute la hauteur du mûr, dont l’ usage m’ est absolument inconnu. Je @’ en ai vu d’ exemple nulle part; ainsi je crois qu’ il tenoit à quelque coutume singuliere et particuliere à ce théâtre; je pense qu’ il pouvoit servir aux décorations qu’ on plaçoit par dessus l’ architecture. Voyez T. II. p. 38. Und p. 41. J’ ai remarqué dans le mùr de la scêne certaines cavités perpendicu-laires, qu’ on peut voir Pl. XCII. marquées 3. à l’ élévation de l’ intérieur de la scêne. J’ en ignore l’ usage, mais selon ce qu’ on sait des théâtres des anciens, on peut croire qu’ elles servoient à adapter les décorations que selon les circonstances on ajoutoit à l’ architecture. V. Voyage pittoresque de Sicile etc. par Jean Houel, Tome second.

V. Buch.

ACHTES KAPITEL. Drey Gattungen der Scenen, und Griechisches Theater.

Es giebt drey Gattungen der Scenen. Die eine heiſst die Tragische; die andere die Comische; und die dritte die Satyrische. Die Decorationen derselben sind unter einander sehr verschieden und ganz ungleichartig; denn die Tragischen Scenen werden mit Säu-len, Giebeln und Statüen und allem übrigen königlichen Prunk ge-ziert; die Komischen stellen Privathäuser und Balkons — meniana — vor, und Ansichten, worin die Fenster nach Art der gewöhnlichen Gebäude geordnet sind; die Satyrischen endlich werden mit Bäu-men, Höhlen, Bergen und den übrigen ländlichen Gegenständen, gleich einem Landschaftsgemälde — topiarium opus, — geschmückt.

Siehe mehr davon unten in der Beylage B. aus Julius Pollux.

Bey dem Griechischen Theater ist nicht alles nach der nehmlichen Methode einzurichten. In dem innern unteren Umfange berühren, anstatt der vier Triangel des Lateinischen Theaters, in diesem drey Quadrate mit ihren Ecken die Zirkellinie. Dasjenige Quadrat, dessen Seite der Scene am nächsten ist, bezeichnet da, wo es den Zirkel schneidet, die Grenze der Vorscene oder Bühne — pro-scenium; — und diesen Punkten wird auf der äuſsersten Zirkellinie eine Parallel-Linie gezogen, worauf die Fronte der Scene errichtet wird. Oder man zieht auch durch den Mittelpunkt des Orche- sters (a) der Vorscene gegenüber eine Parallel-Linie, und wo diese die Zirkellinie schneidet, bezeichnet man rechts und links an den bey- den Enden des Halbzirkels Mittelpunkte (D E); nachdem nun der Zirkel in den rechten Mittelpunkt gestellt worden, beschreibt man von der linken zur rechten Seite der Vorscene hin eine Zirkellinie (h c); desgleichen, nachdem der Zirkel in den linken Mittelpunkt gestellt worden, beschreibt man von der rechten zur linken Seite der Vorscene eine andere Zirkellinie (i d). Auf solche Weise haben durch diese vermittelst der drey Mittelpunkte gezogenen Linien die Grie-chen ein gröſseres Orchester, eine zurückstehendere Scene, und eine schmälere Zocke der Bühne — pulpitum — welche sie Logeion nennen. Weswegen bey ihnen nur die tragischen und komischen Schauspieler auf der Bühne, die übrigen Künstler aber im Orchester agiren, und daher die verschiedenen Benennungen Sceniker und Thymeliker führen.

Überbleibsel Griechischer Theater siehe in Voyage pittoresque des Isles de Sicile, de Malte et de Lipari etc. par J. Houel, à Paris 1782 — 1787. 4 Volumes. Z. B. Le Théâtre de Segeste, Vol. I. p. 12. etc. Le Théàtre de Tindare, Vol. I. p. 103. etc. Le Théâtre de Catane, Vol. II. p. 137. etc. Aber vorzüglich le Théâtre de Taormina, Vol. II. p. 33. etc. wovon der Verfasser ausdrücklich sagt: Ce théâtre est de tous les édiſices de ce genre qu’ ont élévés les Grecs, celui qui s’ est le mieux conservé. C’ est celui qui nous fait connoitre avec le plus de certitude la véritable construction de ces batimens. Nach einer dem Vitruv sehr gewöhnlichen Art sich auszudrücken, heiſst per cen-trum que so viel als per centrum ve; siehe das Vitruvische Wörterbuch am Ende, unterm Artikel et und que. Das Folgende ist nehmlich nur eine andere Verfahrungsart, um zu dem-selben Resultate, d. i. zur Bestimmung der Gröſse der Bühne, zu gelangen. Es scheint, daſs die Gröſse der Bühne bey den Griechen nicht überall vollkommen gleich, sondern nach Be-schaffenheit der Umstände um ein Geringes verschieden war. Diese Verschiedenheit wurde durch eine geringe Abänderung in der Verfahrungsart bey der Quadrat - Eintheilung her-vor gebracht. Nehmlich die angegebene Fronte der Scene blieb, und vermittelst der Qua-drat-Seite, welche der Scene am nächsten war, machte man den Mittelpunkt des Orchesters aus, und zog dadurch eine Linie, welche der Scene parallel war und da, wo sie die Zir-kellinie durchschnitt, die Mittelpunkte zweyer Zirkel bestimmte, deren Radius der halbe Durchmesser der Tiefe des Orchesters war. Hiedurch wurde denn der Tiefe des Orchesters etwas genommen, und der Tiefe des Prosceniums etwas zugesetzt; das Pulpitum aber wurde also auf beyden Seiten um etwas verlängert. Vitruv überläſst es der Willkühr des Baumeisters, welche von beyden Verfahrungsarten er am liebsten befolgen wolle. — Per- rault und Galiani sammt Newton haben, nach meinem Bedünken, hier den Sinn des Originals verfehlt.
Fig. 6. Griechisches Theater. a. Centrum orchestrae. b. Aditus. c d. Finitio proscenii. R. Valvae regiae. f g. Frons scenae. H. Hospitalia. a. Scalae. V. Versurarum itinera. π. Periacti. b a a b b a a b b a a @ a E h i b b a a b b C.a a.σ V V f g π H. R. H. π
Man bemerke wohl, Vitruv sagt nicht durch den Mittelpunkt der gezogenen Zir-kellinie; sondern durch den Mittelpunkt des Orchesters (siehe a, Fig. 6.) Mit Schüchternheit lege ich dem Leser diese meine Meinung vor; ich fodere ihn aber, da sie alle meine Vorgänger wider sich hat, um so mehr zur unparteyischen Prüfung derselben auf.

Die Zocke der Griechischen Bühne — Logeion — darf nicht niedriger denn zehn Fuſs, und nicht höher, als zwölf Fuſs seyn.

Die Treppen zwischen den keilförmigen Abschnitten der Sitze werden bis zum ersten Absatze gegen die Ecken der Quadrate ge-richtet; auf diesem Absatze werden sie wieder zwischen jenen mitten inne angelegt, und so fort bis zum obersten Absatze hinauf. Mit jedem neuen Absatze aber wird die Treppe immer um noch einmal so viel erweitert.

Den Radius dieser Zirkel macht der halbe Durchmesser derTiefe des Orchesters aus. Dieſs sagt Vitruv zwar nicht ausdrücklich; allein er giebt auch keinen anderen Radius für diese Zirkel an. Wollte man zu diesem Radius den halben Durchmesser des groſsen, zur inneren Einrichtung des Theaters beschriebenen Zirkels annehmen; so gienge dieſs zwar auch an; allein ich glaube doch, das ohnehin so schmale Logeion, würde fast zu schmal dadurch werden. Die Thymele — sagt Pollux, (s. unten Beylage B.) — befand sich im Orchester, und war entweder eine Art von Rednerbühne, oder ein Altar. Die Sache wird mir durch diese Erklärung eben nicht deutlicher. Da es nun aber acht Quadratecken sind, gegen welche Treppen im Griechischen Theater zu richten sind; Perrault aber sowohl als Galiani und Ortiz nur sechs

Je sorgfältiger und geflissener alles dieses geordnet ist; desto emsiger ist dahin zu sehen, daſs ein Ort gewählt werde, wo die Stimme sich gemach verbreite und nirgends anstoſse, und durch Zu-rückprallen dem Ohre nur unbestimmte Töne zuführe. Denn es giebt einige Örter, welche vermöge ihrer natürlichen Beschaffenheit der Stimme Bewegung hemmen; dergleichen sind die miſstö-nenden — dissonantes, — welche die Griechen Katechountes; die dumpfen — circumsonantes, — welche bey denselben Perie-chountes genannt werden; desgleichen die widerschallenden, — resonantes, — welche sie Antechountes, so wie die einstim-menden — consonantes — Synechountes nennen.

Treppen in ihren Kupfern angegeben haben: so ist die Vorstellung derselben auch in die-ser Rücksicht fehlerhaft; denn sie machen die Bühne zu groſs und das Orchester zu klein, und bemerken also nicht den vom Vitruv angegebenen Unterschied des Griechischen und Römischen Theaters, daſs nehmlich das Erstere nicht so viel Tiefe erhielt, als Letzteres. Newton ist meiner Meinung, siehe dessen Fig. XXXVII. Ich lese dirigantur usque ad summam — anstatt dirigantur, et ad summam etc. Weder Perrault, noch Galiani noch Ortiz übersetzt so; aber dafür kann ich nicht: die Lateinischen Worte, quoties praecinguntur, altero tanto semper amplifican-tur bedeuten einmal nichts anders. Blos Barbaro scheint meiner Meinung zu seyn; Er übersetzt: e alla somma quanti saranno altretanto siano ampliate, und erklärt dieſs im Commentar, le scale e salite siano radoppiate quanto più cinte saranno. Der Grund zu dieser Anordnung scheint mir zu seyn, daſs die Breite der Treppen mit der oberhalb zunehmenden Breite der keilförmigen Sitze immer in gehörigem Verhältnisse bleibe. — Auch hierin finde ich Newton meiner Meinung. Er übersetzt: — — al-ways enlarging.

Miſstönende Örter sind diejenigen, worin eine sich erhe-bende Stimme an obere feste Körper anschlägt, zurückgetrieben wird und durch das Zurückprallen nach unten zu die nach ihr folgende Stimme erstickt: Dumpfe — circumsonantes loci, — worin die Stimme durch Umherschweifen zusammengedrängt, im Mittel sich in Freyheit setzt, ohne Schluſsfälle erschallt, und also in unbestimmten Tönen erlischt: Widerschallende aber, worin die Schluſsfälle, wenn die Stimme auf einen festen Körper trifft und mit Erzeugung eines ähnlichen Lauts zurückprallt, doppelt hörbar werden. Desgleichen sind Einstimmende solche, worin die Stimme, von unten unterstützt, zunehmend sich erhebt und jedes Wort vollkommen deutlich zu den Ohren bringt. Zieht man nun dieſs alles bey der Wahl des Orts in gehörige Erwägung, so wird durch diese Vorsicht, zum groſsen Vor-theile der Theater, die Wirkung der Stimme ungemein gewinnen.

Übrigens ist unter den Abrissen der Theater der Unterschied, daſs diejenigen, so nach Quadraten gezeichnet sind, bey den Grie-chen; diejenigen aber, nach gleichseitigen Triangeln, bey den Latei-nern gebräuchlich sind.

V. Buch.

NEUNTES KAPITEL. Säulen - und Spaziergänge hinter der Scene.

Hinter der Scene sind Säulengänge anzulegen, damit, wenn die Schauspiele durch Regengüsse unterbrochen werden, das Volk aus dem Theater sich dahin @lüchten könne, auch die Choragi zur Anordnung der Chöre Raum haben. Dergleichen sind der Säulen-gang des Pompejus; und zu Athen der Säulengang des Eume- nicus und des Tempels des Bacchus; auch linker Hand, wenn man aus dem Theater kommt, das Odeum, welches Perikles mit steinernen Säulen zierte und mit den von den Persern erbeute- ten Masten und Segelstangen bedeckte; Ariobarzanes aber, als es im Mithridatischen Kriege abgebrannt, wiederherstellete: Zu Smyrna das Strategeum: Zu Tralles die Säulengänge zu beyden Sei- ten über der Rennbahn — stadium, — gleich denen hinter der Scene: Und überhaupt sind in allen Städten, welche geschickte Baumeister gehabt haben, bey den Theatern Säulen - und Spaziergänge angebracht worden.

Anstatt choragia lese ich choragi. Choragus war einigermaſsen den Alten das, was bey uns ein Ballettmeister ist; nur, daſs bey unseren Balletten nicht gesungen wird, wie bey den Chören der Alten; Chor-Direktor. Dieser Säulengang des Pompejus zu Rom ist auf dem antiken Grundrisse des Pompejischen Theaters mit angezeigt. Er lag vor dem Theater. Nach Properz II. XXXII. 11. war er mit goldgewirkten Tapeten ausgeschmückt, und umschloſs einen Plata-nen-Wald mit Alleen durchschnitten, worin ein stattlicher Springbrunnen, eine Menge schö-ner Bildsäulen (nach Martial III. 19. auch von wilden Thieren) befindlich waren. Nach Eusebius (Chron. II.) hieſs dieser Säulengang Hecatonstylon (d. i. der hundertsäulige) und brannte unter dem Kaiser Philipp im 1000 Jahre Roms, d. i. 249 J. nach Chr. G. ab. Martial II. 14. erwähnt zweyer Wäldchen, die sich bey diesem Säulengange befunden hätten; vielleicht das Eine innen und das Andere auſsen. Siehe Roma antica di F. Nar-dini VI. c. 3. Reg. IX. Ingleichen Antichità di Roma dell’ abate R. Venuti. P. II. c. 3. p. 83. Ich behalte die gewöhnliche Leseart Porticus Eumenici bey. Meursius de Athenis Atticis l. I. c. 3. p. 829. will dafür porticus Mercurii lesen, und Stuart, the Antiquities of Athens, Vol. II. p. VIII. — porticus Eumenidum; allein beyde Ver-besserungen vertragen sich nicht mit des Pausanias Topographie Athens. Jacob Spon hingegen sagt, voyage d’ Italie, de Dalmatie, de Grece et du Levant faites dans les années 1675 et 1676, T. II. p. 126.: Les arcades qui touchent cet édi@ice (nehmlich das Theater, wie er dafür hält; aber eigentlich das Odeum des Herodes Atticus, wie nachher erhellen wird) sont apparemment des restes du Portique d’Eume-nicus, où se fesoient les répétitions des pieces de théâtre, et une des principales pro-menades d’Athênes. On n’y alloit pas seulement pour se promener et pour prendre le frais, mais pour s’ aboucher avec les gens d’ étude, et raisonner avec eux. Woher er übrigens diese speciellen Nachrichten genommen habe, zeigt er nicht an, und schon Gronov in der Vorrede zum vierten Bande des thesauri Graecarum antiquitatum, wuſste sie nicht nachzuweisen. — Auch Stuart, le Roy und Chandler erwähnen der Trümmer dieses Säulenganges. Wer aber der Eumenicus, dessen Namen dieser Säulengang trägt, gewesen sey, ist völlig unbekannt. Zu Folge nachstehender Stelle des Pausanias Attika 20. weise ich mit Chandler dem Theater zu Athen den Ort an, wohin Stuart das Odeum des Perikles setzt. Und das, was dem Spon, Le Roy und Stuart das Theater des Bacchus heiſst, ist mir aus den in nachfolgender Note angezeigten Gründen, das Odeum des Herodes Atticus:

Bacchus hat bey dem Theater den ältesten Tempel. — — Nahe bey des Bacchus Tempel und Theater ist eine Art eines Gebäudes, welches das Gezelt des Xer-xes vorzustellen aufgeführt ist. Dieses ist aber nicht das alte, als welches der Römi-sche Feldherr Sylla nach der Eroberung der Stadt Athen mit in Brand gesteckt hat. Es ist nachher wieder aufgebauet worden. — — Auf der Mauer der Burg, die auf der Mittagsseite gegen das Theater hingehet, steht ein vergüldeter Kopf der Gorgo, Medusa, und bey demselben eine Ägis. An der Höhe des Theaters (in vertice theatri, übersetzt Meursius a. a. O. S. 868.) ist eine Höhle in den Felsen unter der Burg. Auch über dieser steht ein Dreyfuſs, und auf demselben Apollo und Diana, wie sie die Kinder der Niobe erschieſsen. We proceed now to the side of the acropolis, sagt Chandler, travels in Greece p. 61. etc. which is toward mount Hymettus; leaving the town, which before extended beneath on our left into the plain. The hill, near this end, is indented with the site of the theatre of Bacchus, by which is a solitary church or two. This was a very capacious edifice, near the most antient temple of Bacchus, and adorned with images of the tragic and comic poets. Some stone-work remains at the two extremities, but the area is ploughed, and produces grain. — — — In the rock above the theatre is a large cavern, perhaps an antient quarry, the front ornamented with marble pilasters of the Corinthian order, supporting an entabla-ture, on which are three inscriptions. Over that in the middle, is a female figure, which had lost its head in the year 1676, mounted on two or three steps, sedent. — — The Greeks have converted the cave into a chapel, which is called Panagia Spiliotissa, The Virgin of the Grotto. — — The tripods which decorated this monument, were obtained by chorusses exhibited in the theatre below, probably at the Dionysia; and consecrated to Bacchus. — — On one of the tripods was re-presented the story of Apollo and Diana killing the children of Niobe. It is mentioned by Pausanias; who then proceeds to relate, that he had seen this Niobe on mount Sipylus. The figure over the grotto was probably intended to represent that celebrated phantom, which he has described; the idea of placing the statue there corresponding with her story, and being suggested both by the tripod, and by the tragedies, which were acted in the theatre, containing her unhappy cata-strophe. Eine Vorstellung der hier beschriebenen Gegend Athens siehe in Stuart’s etc. Vol. II. Cap. IV. Pl. I. Übrigens will Stuart die erwähnte weibliche Bildsäule lieber für eine personificirte Zunft halten. Dieſs ist dasselbe Odeum, dessen Pausanias in der, in voriger Anmerkung an-geführten Stelle, wiewohl nicht unter dem Namen eines Odeums, gedenkt. Wahr-scheinlich sind davon keine Trümmer auf uns gekommen; es muſs uns daher an der hier von Vitruv gegebenen Nachricht genügen, daſs es dem Theater des Bacchus zur Linken gelegen habe. Allein Pausanias erwähnt namentlich noch zweyer Odeen zu Athen. a. Ausdrücklich nennt Pausanias ein Odeum zu Athen B. I. K. 8. “Vor dem Eingange in den Schauplatz — theatrum, — das Odeum genannt, stehen die Bildsäulen der Könige von Ägypten — (itzt folgt eine Ausschweifung in die Geschichte derselben) — des Philippus, Alexanders, Lysimachus und Pyrrhus — (wiederum eine Ausschweifung in die Geschichte derselben bis K. 14.) — Wenn man zu Athen in das Odeum hineingeht, findet man unter anderen einen sehenswürdigen Bacchus. Nahe dabey ist ein Brunnen, welcher aus neun Röhren springt und daher Enneakrunos genannt wird. Was ist dieſs für ein Odeum? Kann es wohl der Pnyx seyn, wofür es Bar- thélémi Voy. du jeune Anacharsis T. II. p. 401 — 402 erklärt? Pausanias erwähnt des Pnyx allerdings gar nicht; und es kann wohl seyn, daſs es zu dessen Zeiten den Namen verändert und Odeum geheiſsen habe. Le Roy, les ruines des plus beaux monumens de la Grèce T. I. p. 18 etc. Pl. IX. hält des Pnyx Trümmer für Überbleibsel des Odeums des Herodes Atticus. Le Roy glaubt auch, so wie Meursius, Potter, Belley, Martini, Rambach, Chandler (S. 64. u. s. f.) und Gibbon (hist. of the decline etc. Vol. I. p. 50.) : daſs das Odeum des Herodes auf den Trümmern des Odeums des Perikles erbauet worden sey; da doch diese beyden Odeen, wie schon Stuart etc. Vol. II. p. 33 und Barthélémi etc. T. II. p. 402 bemerkt haben, nach sogleich folgender Stelle des Pausanias, offen-bar von einander unterschieden sind. Denn Pausanias sagt nicht, daſs Herodes das Odeum wiederherstellte, sondern daſs er es erbauete. b. Nicht weniger ausdrücklich nennt Pausanias bey Gelegenheit des Odeums zu Paträ noch ein anderes Odeum zu Athen, B. VII. K. 20. “Dieses Odeum (zu Paträ) ist auch sonst unter allen, die in Griechenland sind, am prächtigsten ausge-ziert, das Athenische ausgenommen, welches an Gröſse und Ausschmückung alles übertrifft. Herodes Attikus hat es zum Andenken seiner verstorbenen Gemahlin gebauet, und zwar erst nach der Zeit, da ich schon die Attischen Denk-würdigkeiten geschrieben hatte; welches die Ursache ist, daſs ich dessen nicht gedacht habe. Dieses halte ich mit Chandler und dem Abt Barthelemi für das von Spon, Le Roy und Stuart irrig so genannte und abgebildete Theater des Bacchus. Siehe die Abbildung bey Le Roy. T. I. p. 15. Pl. VII. und bey Stuart Vol. II. Ch. III. Pl. I. II. Übrigens war ein Odeum ein bedecktes Theater zu poetischen und musikali-schen Wettstreiten. Auſser den Odeen zu Athen gab es dergleichen noch in vielen Städten Griechenlands, Kleinasiens und Siciliens, auch zu Carthago. Zu Rom erbauete Domitian (s. Sueton 5.) das erste Odeum; und das andere Trajan (s. Dio Kassius B. 69. K. 4.) ; daſs mehrere daselbst gewesen wären, findet man nicht. (S. Martini’s Abhandlung über die Odeen der Alten S. 92 — 164.) Allein bloſs von zwey Odeen zu Athen, und von dem zu Catanea in Sicilien sind noch beträchtliche Überbleibsel vorhanden. Von letzteren siehe Voyage pittoresque de Sicile etc. par J. Houel. Vol. II. p. 137 etc. Den Irrthum der Ausleger Vitruvs, und selbst des Perrault’s, obige Worte des Textes also zu deuten, als sey ein Odeum bloſs ein gewöhnlicher Theil eines jeden Theaters, wo entweder die Musikanten während der Vorstellung des Schauspiels stan-den; oder wo sie sich, sammt den Akteurs, vor der eigentlichen Vorstellung zu üben pflegten — übergehe ich mit Stillschweigen, weil er von selbst verschwindet, so bald man die ganze Stelle im Zusammenhange liest.

Meiner Meinung nach sind die Säulengänge folgendermaſsen anzulegen: Sie seyn doppelt, und ihre äuſseren Säulen Dorisch mit dem ganzen Gebälke nach Dorischem Verhältnisse. Ihre Breite scheint so beschaffen seyn zu müssen, daſs, was die äuſseren Säulen an Höhe haben, sie, von dem untersten Theile der äuſseren Säulen bis zu den mittleren, und von den mittleren bis zur Mauer, welche die Säulen - und Spaziergänge umgiebt, an Breite halten. Die mitt-leren Säulen aber seyn um ein Fünftel höher als die äuſseren; jedoch entweder von Ionischer oder Korinthischer Gattung.

d. i. Ariobarzanes der Zweyte, mit dem Beynamen Philopator, König in Kappadocien vom Jahre Roms 692 bis 712. Siehe Corsini Inscriptiones Atticàe. In einem Stalle zu Athen befindet sich eine Griechische Inschrift, welche zu einer diesem Ariobarzanes Philopator errichteten Bildsäule gehört hat, und im Jahre 1743 entdeckt worden ist. Der Abt Belley hat sie in einer Abhandlung, welche in die histoire de l’ Académie royale des Inscriptions et Belles lettres, Tom. XXIII. ein-gerückt ist, und welche Herr M. Martini seiner Schrift von den Odeen der Alten übersetzt angehängt hat — bekannt gemacht. In Übersetzung lautet sie also: Cajus und Marcus, beydes Söhne des Cajus Stallius, und Menalip-pus ihrem Wohlthäter, dem Könige Ariobarzanes Philopator, Prinzen des Königs Ariobarzanes Philoromäus und der Königin Athenais Philostorgos, weil er ihnen die Erbauung des Odeums aufgetragen hat.” Die beyden ersten in der Inschrift genannten Baumeister waren Römer, denn die Stallische Familie ist aus einer Lateinischen Inschrift (Muratori. CXXXXVII. 1.) bekannt; der dritte aber sehr wahrscheinlich ein Grieche. Ein Ort zur Rathsversammlung der vornehmsten Officiers. Ab. Fea will lieber Stratoniceum lesen, und erklärt dieſs für einen Tempel der Venus Stratonice, dessen in den Oxfordischen Marmortafeln n. 1. und im Tacitus annal. l. 3. c. 62. erwähnt sey; allein in den Ersteren finde ich dessen ganz und gar nicht gedacht, und im Tacitus heiſst es: Sed Aphrodisiensium civitas Veneris, Stratonicensium Jovis et Triviae religionem tuebantur.

Allein das Verhältniſs der Säulen darf nicht das nehmliche seyn, welches ich bey den heiligen Gebäuden vorgeschrieben habe; denn ein anderes ist die Würde — gravitas, — welche an Tempeln der Götter, und ein anderes die Zierlichkeit — subtilitas, — welche an Säulengängen und anderen Gebäuden erforderlich ist. Wenn daher die Säulen Dorischer Gattung sind, so theile man ihre Höhe, das Kapitäl mitgerechnet, in funfzehn Theile und nehme Einen Theil hievon zum Model, nach welchem alle Verhältnisse des ganzen Gebäudes zu bestimmen sind. Die unterste Säulendicke sey zwey Model: der Zwischenraum von Säule zu Säule fünf und ein halber Model: die Säulenhöhe ohne das Kapitäl vierzehn Model: die Höhe des Kapitäls Ein Model, und dessen Breite zwey und ein Sechstel Model. Die übrigen Maaſse des Gebäudes sind nach der, bey den Tempeln, im vierten Buche gegebenen Anleitung einzurichten.

Sollen aber die Säulen Ionisch werden, so theile man den Schaft, sonder Base und Kapitäl, in neuntehalb Theile, und gebe hie-von Einen der Säulendicke, die Hälfte dieser Säulendicke aber der Base mit der Plinthe, und das Kapitäl mache man nach dem im drit-ten Buche angegebenen Verhältnisse.

Der Grund, — sagt Ortiz und ich pflichte ihm bey, — ist klar, obgleich ihn noch kein Dolmetscher angegeben hat. Die Entfernung von den äuſseren Dorischen bis zu den inneren Korinthischen oder Ionischen Säulen, war zu groſs, als daſs steinerne Unterbalken von der Länge hätten Statt haben können: Man verfertigte also die Decke horizontal aus Holz, und lieſs sie auf dem Gebälke der Dorischen, aber auf den Kapi-tälen der innern Säulen ruhen. Und so muſsten Letztere allerdings gröſser als Erstere gemacht werden.

Wenn Korinthisch, so sey Schaft und Base wie an der Ioni-schen Säule, das Kapitäl aber habe das Verhältniſs, welches im vier-ten Buche vorgeschrieben worden ist, und dem Säulenstuhle gebe man die Erhöhung vermittelst ungleicher Bänkchen — adjectio quae fit per scamillos impares — nach dem Risse, welcher oben dem dritten Buche beygefügt worden. Das ganze Gebälk und alles übrige werde in dem Verhältnisse mit den Säulen eingerichtet, wie es in den vorhergehenden Büchern vorgeschrieben worden ist.

Der mittlere unter freyem Himmel liegende Raum zwischen den Säulengängen ist, nach meinem Bedünken, mit grünen Ge- wächsen zu bepflanzen; denn unbedeckte Spaziergänge — hypaethrae ambulationes — sind nicht allein überhaupt gesund, sondern auch insbesondere den Augen zuträglich; weil die durch das Grüne ge-läuterte und verdünnete Luft, da sie wegen der Bewegung des Kör-pers leicht eindringt, das Gesicht schärft, indem sie aus dem Auge die dicke Feuchtigkeit hinwegnimmt, und die Sehnerven verfeinert und stärkt. Überdieſs zieht die Luft, wenn der Körper durch die Bewegung beym Gehen warm wird, die überflüssigen Feuchtigkeiten aus den Gliedern, und verhindert also das Dickwerden derselben, und macht sie dünner, indem sie alle dem Körper schädliche Fülle vertreibt. Daſs sich dieses also verhalte, läſst sich daraus abnehmen: daſs, wenn an einem bedeckten Orte oder auch unter der Erde Was-serquellen oder Sümpfe befindlich sind, sich kein nebelartiger Dunst daraus erhebt; hingegen, daſs an offenen, unbedeckten Orten die auf-gehende Sonne, sobald ihre Strahlen die Welt treffen, aus feuchten und wasserreichen Gegenden Dünste ziehet, ja sie in Gewölken empor hebt. Da es nun einleuchtend ist, daſs von der Luft, an unbedeck-ten Orten, die lästigen Feuchtigkeiten aus den Körpern gesogen wer-den, so wie sie aus der Erde in Nebel aufzusteigen scheinen: So ist es auch, wie mir scheint, auſser Zweifel, daſs man in allen Städten sehr groſse und stattliche unbedeckte Spaziergänge unter freyem Him-mel anlegen müsse.

Siehe oben Buch III. K. III. Seite 135. Anmerkung. 8. Ich denke mir diese Säulengänge wie Galiani Tab. XVI. N. — Newton’s Fig. XXXVII. trifft mit meiner Vorstellung nicht zusammen.

Damit diese aber beständig trocken und nicht kothig seyn mögen, so hat man also zu verfahren. Man grabe sie auf und leere sie in ansehnlicher Tiefe aus. Darauf lege man zur Rechten und zur Lin-ken gemauerte Schleusen — structiles cloacae — an, in deren Mauern auf den Seiten nach dem Spaziergange hin, man dünne Röhren — tubuli — so leitet, daſs sie sich mit der Mündung abwärts in die Schleusen neigen. Ist dieſs geschehen, so fülle man das Aufgegra-bene mit Kohlen aus, schütte Sand darüber und mache die Gänge gleich und eben. Solchergestalt wird vermöge der natürlichen Poro-sität der Kohlen, und der in die Schleusen geleiteten Röhren die überflüssige Feuchtigkeit abgeführt werden, und die Gänge werden vollkommen trocken ohne alle Nässe seyn.

Zu dem haben unsere Vorfahren in dergleichen Anlagen den Städten einen Schatz an höchst nothwendigen Dingen aufbehalten. Denn bey Belagerungen ist alles leichter anzuschaffen, denn Holz. Das Salz wird leicht vorher herbey geholt; an Getreide sind öffent-liche und privat Vorräthe bald bewerkstelliget, oder, falls sie mangeln, sind sie durch Gartengewächs, Fleisch und Gemüse zu ersetzen; Was-ser kann man durch Brunnengraben schaffen, oder es bey plötzlichen Regengüssen auffangen: Nur in Ansehung des Holzes, das doch zum Kochen der Speisen unentbehrlich ist, ist die Anschaffung mit groſser Mühe und Schwierigkeit verknüpft; weil es langsam herbey geholt, aber schnell verbraucht wird. In dergleichen Zeitläufen sind denn diese Spaziergänge zu eröffnen, und ist das Holz zunftweise Kopf für Kopf anzuweisen.

Es bewirken solche offene Spaziergänge also zwey herrliche Sachen auf einmal — Gesundheit zu Friedens- und Erhaltung zu Kriegszeiten. Darum würde es gewiſs jeder Stadt höchst ersprieſslich seyn, nicht allein hinter der Scene, sondern auch bey allen Tempeln der Götter nach der gegebenen Anleitung dergleichen Spaziergänge anzulegen.

Itzt habe ich mich, glaub’ ich, hinlänglich hierüber ausgebreitet, und will nun zur Anweisung, wie die Bäder anzuordnen sind, übergehen.

Ich glaube von meinen Lesern Dank zu verdienen, wenn ich ihnen am Ende dieses Buchs als Beylage eine Übersetzung dessen mittheile, was Iulius Pollux — auf den man sich so oft, aber bey weitem nicht immer mit Fuge beruft — in seinem Wör-terbuche vom Theater der Alten sagt; weil sie dadurch in Stand gesetzt werden, durch sich selbst davon zu urtheilen. Es ist von mir alle Sorgfalt auf diese Überset-zung gewendet worden; und ich bürge um so mehr für ihre Genauigkeit, da Hr. Butt-mann zu Berlin, (der gelehrte Verfasser einer kurzgefaſsten Griechischen Grammatik, von dessen Kenntniſs der Griechischen Sprache das Publikum viel hoffen darf,) sie nach der Lederlin-Hemsterhuisischen Ausgabe des Grundtextes revidirt und ver-bessert hat. Auch sind die mit B. unterzeichneten Anmerkungen von demselben. Übri-gens bin ich fast Stuarts Meinung, wenn er (the Ant. of Athens Vol. II. p. 26.) sagt: I think, that were it possible from future researches, to restore all those parts of a theater Vitruvius has mentioned, and to exemplify every precept he has given on this subject, we should not, even with these advantages, be able to form a com-plete idea of the apparatus and oeconomy of the ancient stage; there would still remain many essential particulars to be described and accounted for, before we could comprehend the contrivances of their machinery, or in what manner the scenes were disposed, which they adapted to the various dramatic compositions they exhibited.
ZEHNTES KAPITEL. Anordnung und Theile der Bäder. balneae. —

Zuerst ist der allerwärmste Platz, das ist, der von Mitternacht und dem Nordwinde abgewandt liegt, zu erwählen. Die warmen — cali-daria — und lauen — tepidaria — Badezimmer müssen von der Win-ter-Abendseite her ihr Licht erhalten; sollte jedoch des Orts Beschaf- fenheit dieses verhindern, so muſs es wenigstens vom Mittage her geschehen, weil die gewöhnliche Badezeit von Mittag bis Abend ist. Ingleichen ist zu beobachten, daſs die weiblichen und männlichen warmen Badezimmer neben einander und gegen dieselbe Himmels-gegend liegen müssen, damit ihre Gefäſse — vasaria — von einem gemeinschaftlichen Ofen — hypocaustum oder hypocausis — geheitzt werden mögen. Es sind drey Kessel — ahena — auf den Ofen zu stellen; Einer mit kaltem, der Andere mit lauem, und der Dritte mit warmem Wasser — caldarium. — Man stelle sie aber also, daſs aus dem Gefäſse mit lauem Wasser immer in das mit warmem, das daraus Abgelassene wieder einlaufe, und so auf gleiche Weise in das mit lauem aus dem mit kaltem Wasser. Der unterwölbte Boden der Badewannen — testudi-nes alveorum — muſs ebenfalls von demselbenOfen geheitzt werden.

Um sich einen Begriff von den Römischen Bädern zu bilden, sehe man a) das in Galiani’s Vitruv Seite 214 mitgetheilte antike Gemälde aus den Bädern des Titus. b) Die in Kupfer gestochenen Römischen Bäder zu Badenweiler bey Carlsruh. c) Endlich das prächtige Englische Werk The Baths of the Romans, explained and illustrated by Chas Cameron, architect. London. 1772. groſs Folio Die beste Übersicht des von der höchsten Simplicität bis zur höchsten Ausschweifung gestiegenen Luxus in Ansehung der Bäder bey den Römern, wird der Leser aus fol-gendem Briefe, welchen Seneca von Liternum, der Villa des Scipio Africanus, schreibt, erhalten. “Ich schreibe dieſs in der Villa des Scipio Africanus. — — Hier schaue ich eine aus Quadersteinen erbauete Villa; eine Mauer, welche einen Wald umgiebt; Thürme, welche zu beyden Seiten der Villa als Schutzwehren sich erheben; eine unter Laubwerk und Gebäuden versteckte Cisterne, welche selbst einem ganzen Heere zum Gebrauche hinlänglich wäre; und ein kleines, enges Bad, nach altem Brauche finster, denn nur wenn es dunkel war, deuchte unseren Vorfahren das Bad warm. “Zum gröſsten Vergnügen gereicht es mir, eine Vergleichung zwischen Scipio’s Sitten und den unsrigen anzustellen. “Er — der Carthagens Schrecken war; dem Rom es zu verdanken hat, daſs es nur Einmal erobert worden ist. — Er wusch in diesem Winkel seinen Körper, ermüdet von Feldarbeit; denn Arbeit war ihm Übung, und er pflegte, so wie es der Alten Sitte war, sein Land selbst zu bauen! Er stand unter diesem so geringen Dache! Ihn trug dieser so schlechte Fuſsboden! — Wer würde sich wohl heut zu Tage mit einem solchen Bade begnügen? Arm dünkt man sich itzt und gemein, wenn nicht die Wände von groſsen, kostbaren Medaillons glänzen; nicht Alexandrinischer mit Numi- dischem Marmor eingelegt ist: nicht allenthalben sich künstliche, der Malerey ähnliche Einfassungen umher ziehen: nicht das Gewölbe mit Spiegeln überlegt ist: nicht der Thasische Stein, der sonst nur als eine Seltenheit zur Schau in Tempeln aufbewahrt wurde, die Bassins einfafst, welche den durch vieles Schwitzen erschöpften Körper aufnehmen: nicht durch silberne Hähne das Wasser hereinflieſst. Gleichwohl ist nur noch von den Volksbadestuben die Rede: ich geschweige der Badezimmer der Freyge-lassenen; denn, welch’ eine Menge Statüen giebt es da nicht! welch’ eine Menge nichts-tragender Säulen, die zum Zierrathe, des Aufwandes wegen, da stehen! welch’ eine Menge Wasser, das stufenweis mit Geräusch herabfällt! So hoch ist hier die Üppigkeit gestiegen, daſs man weiter auf nichts, denn auf Gemmen treten will. “In diesem Bade des Scipio sind ganz kleine — Ritzen möchte ich eher sagen, als — Fenster in die steinerne Mauer gehauen, um, ohne Nachtheil des Schutzes, das Licht hinein zu lassen. Heut zu Tage nennt man dagegen ein Bad einen Mottenwin-kel, wenn es nicht so eingerichtet ist, daſs den ganzen Tag über die Sonne durch sehr groſse Fenster hinein scheint, und man nicht allein gleich während des Badens ge-färbt wird, sondern auch von der Badewanne aus, Meer und Land übersehen kann. Bäder also, welche bey ihrer Einweihung Zulauf und Bewunderung erregten, werden itzt unter die altmodigen gezählt; da der Luxus durch seine neuen Erfindungen immer wieder die alten verdrängt. “Ehemals gab es nur wenige Bäder, und ganz ohne alle Verzierungen. Wozu hätte man auch eine Sache verzieren sollen, wofür nicht mehr als ein Dreyer gezahlt wurde? und die nur zum Nutzen, nicht aber zum Vergnügen erfunden worden war? Auch wurde das Wasser nicht nachgefüllt, noch lief immer frisches wie aus einer warmen Quelle hinzu: Man lieſs sich nicht einfallen, daſs, um seinen Schmutz darin abzulegen, helles klares Wasser erforderlich sey. Dafür, Gott! welch’ eine Wonne muſste es seyn, in jene dunkelen, mit schlechter Bekleidung überzogenen Bäder einzu-gehen, von welchen man wuſste, daſs der Ädil Cato, oder Fabius Maximus, oder der Cornelier Einer, sie für uns mit eigener Hand geheitzt hatte! Denn jenen edelen Männern hieſs es auch Pflicht des Adils, diese Örter, worin das Volk zusammen kam, zu besuchen und darin Reinlichkeit und eine zuträgliche, gesunde Wärme zu ver-anstalten; nicht aber jene Hitze, welche itzt Mode ist, und einer Glut gleicht; denn einen irgend eines Verbrechens überführten Sklaven dürfte man nur in ein solches Bad schicken, und er wäre bestraft! so ganz gleichbedeutend ist anitzt Wärme und Hitze des Bades. — Wie mancher würde bey alle dem heut zu Tage den Scipio zu einem Bauer herabwürdigen, weil er nicht lieber durch breite Fensterscheiben (specularia) den Tag in sein warmes Badezimmer hinein lieſs, und bey hellem Tage sich selbst vor Hitze auflöſste; als ordentlich verdauete! O der armselige Mensch! er verstand sich nicht darauf, zu leben!” “Ja, er badete sich nicht einmal immer in klarem, sondern oſt in trübem, ja bey heftigem Regenwetter, sogar in schlammigem Wasser. Ihm konnte es aber auch wenig verschlagen, sich also zu baden, da es ihm nur darauf ankam, den Schweiſs, nicht aber die Salbe, los zu werden. Jedoch was würde man heut zu Tage dazu sagen? Ich beneide Euren Scipio nicht — würde es heiſsen — warlich, das heiſst, sich als ein echter Exulant baden!” “Was noch mehr ist, er badete sich nicht einmal Tag täglich; denn diejenigen, welche uns Roms alte Sitten überliefern, sagen, daſs man sich nur Arme und Füſse, als diejenigen Glieder, welche bey der Arbeit beschmutzt wurden, täglich wusch; den ganzen Körper aber bloſs alle neun Tage, wenn man zu Markte gieng, badete. — Da sieht man es nun offenbar, wird hier jemand rufen, daſs man damals im höchsten Grade unreinlich war!” — Aber ich frage, wonach glaubst Du wohl, daſs man damals roch? — nach Krieg und Arbeit, das heiſst, nach nichts als was einem Manne geziemt! Seitdem die Bäder reinlich sind, ist man um desto schmutziger geworden. Wie drückt Horaz sich aus, wenn er einen verschrienen Erzwollüstling schildert? — Nach Biesam riecht Rufillus u. s. w. Aber laſs den Rufillus auch noch so lieblich düften; bald wird er dennoch wie ein Bock stinken und die Rolle des Gorgonius spielen, mit dem er beym Horaz contrastirt: Denn soll es einmal gesalbt seyn, so ist es mit Einem Male den Tag über nicht genug; zwey, drey Mal muſs man sich salben, wenn der Wohlgeruch nicht wieder verfliegen soll. Was soll man aber dazu sagen, daſs man sich heut zu Tage auf seinen erborgten Duft gar noch etwas einbildet?” Siehe L. Annaei Senecae epist. LXXXVI. Diese Gefäſse hieſsen auch miliaria (s. Palladii de re rustica l. I. Tit. XL.). Sie waren von Bley, und es stand ein kupfernes Becken darunter. Sie hatten ihren Namen vielleicht von ihrer Gröſse, weil sie Millionen von Maaſsen enthielten.

Der schwebende Fuſsboden — suspensura — der warmen Bade- zimmer ist also zu verfertigen: Zuerst belege man mit anderthalbfüſsi-gen Ziegeln einen abhängigen Ofenherd, der so beschaffen seyn muſs, daſs ein in den Ofen — ad hypocausin — geworfener Ball nicht dar- auf liegen bleibe, sondern wieder nach dem Ofenloche — praeſur-nium — zurückrolle; denn es verbreitet sich also desto leichter die Flamme von selbst unter dem Gewölbe. Alsdann errichte man dar-auf aus achtzölligen Ziegeln Pfeiler — pilae — in einer solchen Ent-fernung von einander, daſs zweyfüſsige Ziegel darauf liegen können. Diese Pfeiler müssen an Höhe zwey Fuſs halten und mit Lehm, der mit Haaren zusammen geknetet worden, gemauert werden; die dar-auf gelegten zweyfüſsigen Ziegel aber müssen den Fuſsboden tragen.

Die gewölbten Decken — concamerationes — werden am füg-lichsten gemauert; sollen sie aber von Holzwerk gemacht werden, so muſs man dieses mit Fliesen — opus ſiglinum — belegen, und über-haupt hiebey also verfahren:

Siehe dergleichen in Houel etc. Tom. 1. p. 108. nahe bey Lipari; T. II. p. 136. zu Catania und T. III. p. 21. zu Herbabianca unweit Catania. Ich interpungire den Text folgendermaſsen, und alles ist deutlich und verständ-lich: — — Solum sternatur inclinatum, ad hypocausin uti pila cum mittatur, non possit intro resistere, sed rursus redeat ad praefurnium. Newton hat diese Stelle völlig miſsverstanden. Er übersetzt sie also: the bot-tom is to be paved with foot and half tiles, inclining toward the hypocaustum, that if the fuel should be ejected, it may meet no resistance inwardly, but roll back again to the entrance of the furnace. Durch diesen Irrthum wird er in viele Schwierigkeiten verwickelt, woraus er sich nicht zu helfen weiſs.

Man nehme eiserne Stäbe — regulae — oder Spriegel — arcus — und befestige diese mit nahe an einander stehenden eisernen Häk-chen — uncinus — an dem Holzwerke; man stelle aber diese Stäbe oder Spriegel so dicht neben einander, daſs je zwey immer eine Reihe Fliesen ohne Ränder tragen, und solchergestalt das ganze Ge-wölbe über und über auf Eisen ruhe. Oberhalb verkleibe man sol-che Gewölbe mit Lehm, der mit Haaren zusammen geknetet ist; das Untertheil aber, welches nach dem Esteriche hingekehrt ist, bewerfe man erst mit gestoſsenen Brandsteinen und Kalke, und dann bekleide man es mit Weiſsstuck — opus albarium — oder Marmorstuck — opus tectorium. — Einen desto gröſsern Nutzen haben dergleichen Ge-wölbe in den warmen Badezimmern, wenn sie doppelt sind; denn alsdann kann die aus dem Dampfe entstehende Feuchtigkeit das Holz-werk nicht verderben, sondern sich zwischen den beyden Gewölben verbreiten.

Die Gröſse der Badezimmer scheint mir nach der Menge der Menschen bestimmt werden zu müssen. Übrigens richte man sie also ein: Ein Drittel weniger breit als lang, ohne den Raum umher — schola — sey die Badewanne — labrum — oder das Bassin — alveus. — Die Badewanne muſs schlechterdings unter dem Fenster angebracht werden, damit die Herumstehenden sie nicht durch ihren Schatten verſinsteren. Um die Badewanne her lasse man so viel Raum, daſs während die ersten Badegäste im Bade sitzen, die übrigen als Zuschauer bequem umherstehen mögen. Die Breite der Badewanne zwischen der Wand und der Brustlehne — pluteum — darf nicht unter sechs Fuſs seyn, und hievon muſs die untere Stufe nebst dem Sitze — pulvinus — zwey Fuſs hinweg nehmen.

Vitruv gebraucht hier wieder, wie er öfters thut, et für sive, und labrum ist ihm mit alveus völlig gleichbedeutend — die Badewanne, das Behältniſs, worein man stieg um sich zu baden. Diese Badewanne war an der einen Seite zunächst der Wand angebracht; auf den drey übrigen Seiten aber mit einer Brustlehne — plateum — umgeben. Inwendig im Wasser war sie mit zwey Stufen versehen, deren eine zum Sitze — pulvinus — und die andere, die Füſse darauf zu setzen diente. Über der Badewanne war das Fenster. Der übrige Raum im Badezimmer, welcher die Badewanne umgab, hieſs schola.

Das Laconicum oder die Schwitzstube muſs an das laue Badezimmer stoſsen, und bis an den Bogen des Kugelgewölbes — ima curvatura hemisphaerii — so hoch als breit seyn. Im Mittel des Ku-gelgewölbes lasse man eine Öffnung und davon hange an Ketten ein eherner Deckel — clypeus, — durch dessen Hinaufziehen oder Herablassen die gehörige Temperatur des Zimmers zu bewirken ist. Es muſs aber zirkelrecht angelegt werden; damit sich die Hitze von der Mitte aus gleichmäſsig in die Runde umher verbreiten könne.

EILFTES KAPITEL. Kampfschulen — Palaestrae

Die Kampfschulen sind zwar in Italien nicht üblich; ich glaube aber dennoch hier ausführlich von ihrer Erbauung und von ihrer

Die Römer hatten die Schweiſsbäder von den Lacedämoniern genommen; daher nannten sie sie Laconica. Man glaubte, daſs darin vermittelst des durch äuſsere Wärme bewirkten starken Schweiſses, die Verdauung befördert und der Körper von den verdorbenen Säften befreyet würde. Bey den Griechen war die Palästra der Theil des Gymnasiums, wo alle Übungen des Fünfkampfs getrieben wurden. Die Römer dehnten die Bedeutung des Worts Palästra bisweilen aus, und verstanden das ganze Gymnasium darunter; dieſs thut auch hier Vitruv. Der Griechen Gymnasiem aber waren groſse, aus vielen Theilen bestehende Gebäude, worin sowohl für die Bildung des Geistes, als des Körpers gesorgt wurde; dergleichen waren zu Athen die Akademie, das Lyceum und der Kynosarges. Die Römer pflegten dergleichen unter den Kaisern mit ihren Bädern — thermae — zu verbinden. Siehe Cameron’s Baths of the Romans etc.

Die Art, wie ich mir Vitruvs hier beschriebene Palästra vorstelle, zeigt Fig. 7.

Fig. 7. Erklärung der KampfschulePalaestra. — West. Ost. a. Hörsäle, exedrae. b. Peristyl. c. Gewölbtes Schwitzbad, concamerata sudatio. d. Laconische Schwitzstube, Laconicum. e. Warmes Bad, calda lavatio. f. Heitzgemach, Propnigeum. g. Kühlzimmer, frigidarium. h. Salbezimmer, elaeothesium. i. Jünglingssaal, ephebeum. k. Ballsaal, coriceum. l. Sandbehälter, conisterium. m. Kaltes Badezimmer, frigida lavatio. n. Doppelter Säulengang. o. Oben offene Spaziergänge, Xysti, s. hypaethrae ambulationes. p. q. p. Bedecktes Stadium, Xystum, s. porticus stadiata. r. Rennbahn, stadium. s. Ruheplatz, statio. t. Alleen, ambulationes inter arbores. u. Lustgebüsch, Platanones. r. o t s u. p. q. f n d. g. h. i. k. l. c m. e. a. b.

Einrichtung, wie sie bey den Griechen gebräuchlich ist, handeln zu müssen.

Man muſs in den Palästren gevierte oder ablange mit Säulen umgebene Plätze — Peristylia — anlegen, die zwey Stadien in Umfang haben, welches die Griechen δίαυλον nennen. Auf drey Sei-ten dieser Peristyle mache man die Säulengänge nur einfach; auf der vierten aber, die nach Mittag gerichtet ist, doppelt, damit bey stür-mischem Wetter der Regen nicht hineinschlage.

An den drey einfachen Säulengängen lege man geraume Hörsäle Exedrae mit Sitzen an, damit Philosophen, Redekünstler, und andere Liebhaber der Wissenschaften sich darin sitzend unterhalten mögen.

Am doppelten Säulengange aber sind folgende Stücke — mem-bra — anzubringen. Im Mittel der Jünglingssaal — Ephebeum, — welcher ein sehr groſser Saal mit Sitzen ist, ein Drittel länger als breit. Zur Rechten der Ballsaal — Coriceum , dann zunächst der Sandbehälter — conisterium ; gleich daneben auf der Ecke des Säulenganges — in versura porticus — das kalte Badezimmer — ſrigida lavatio, — welches die Griechen λουτρὸν nennen: Dem Jüng-lingssaale zur Linken das Salbezimmer — Elaeothesium — dicht daneben das Kühlzimmer — frigidarium, — und aus demselben einen Gang — iter — in das Heitzgemach — propnigeum, — welches in der Ecke des Säulenganges anzubringen, und dicht hinter welchem, dem Kühlzimmer gegenüber, das gewölbte Schwitzbad — concamerata sudatio — zu legen ist, welches doppelt so lang als breit seyn, und auf der einen Seite ein, nach obiger Anweisung ein-gerichtetes Laconicum; gegenüber aber, auf der anderen Seite, ein warmes Bad — calda lavatio — haben muſs.

Ein Stadium war eine Weite von 125 geometrischen Schritten. Also enthielten diese Peristyle im Umfange 250 Schritte. Übrigens nehme ich hier Galiani’s Ver-setzung der Perioden, aus den von ihm angeführten Gründen an. Siehe unten B. VII. K. 9. Anmerkung. Das Coriceum, welches zum Ballspiele bestimmt war, wird auch sphaeriste-rium genannt, und hat seinen Namen von κώρυκος, einer Art Ball, so aufgehangen zu werden pflegte. Andere halten das Coriceum mit dem Apodyterion — dem Zimmer, worin man sich zu entkleiden pflegte — für einerley. d. i. der Ort, wo der Sand lag, womit sich die Kämpfer bestreueten, nachdem sie sich mit Öle gesalbt hatten.

Übrigens ist diesen Peristylen in den Palästren nach den oben ertheilten Vorschriften die gehörige Einrichtung zu geben. Darauf lege man auſserhalb drey Portiks an; einen gleich beym Austritte aus dem Peristyle; und die beyden anderen, mit Stadien verse-hen, zur Rechten und Linken. Der Portik gen Mitternacht ist doppelt und sehr breit zu machen; die anderen nur einfach, doch so, daſs längst den Wänden und Säulen hin ein Rand, gleichwie ein Fuſssteig, nicht minder denn zehn Fuſs breit gelassen, das Mittel aber aufgegraben werde, und zwey Stufen oben vom Rande zur unteren Fläche, die nicht unter zwölf Fuſs breit seyn darf, andert-halb Fuſs hinab gehen. Auf solche Weise werden diejenigen, so an-gekleidet oben auf dem Rande umher spazieren, nicht von den, unten sich übenden, gesalbten Kämpfern gehindert. Dergleichen Portiks heiſsen bey den Griechen Xysten (ευστοὶ) weil die Athleten zur Winterzeit in diesen bedeckten Stadien geübt werden.

Vitruv nennt hier gewölbtes Schwitzbad überhaupt, die ganze zum Schwitzen erforderliche Anstalt. Sie bestand aus drey Theilen, a) aus dem lauen Bade, b) aus dem warmen Bade und c) aus der eigentlichen Schwitzstube oder Laconicum. Galiani merkt ganz richtig an: Stadio è un nome, che denota una lunghezza di 125 passi; ma denota ancora un luogo atto per gli esercizj atletici, e per gli sp@ttatori de’ medesimi: in quel senso è preso poco sopra, ove si legge, duorum stadiorum ambulationis circuitionem, in questo secondo quì, ore si legge stadiatae: tectis stadiis: stadium ita figuratum etc. Ich lese: alter ae simplices ita fact ae; weil nachher habe ant folgt.

Zwischen diesen Portiks kann man Lustgebüsche oder Platanen-wäldchen anlegen, mit hindurchgeführten Alleen — inter arbores am-bulatio — und darin angebrachten Ruheplätzen aus Signinischem Werke — opere Signino. — Neben den Xysten und dem doppel-ten Säulengange aber mache man offene Spaziergänge, welche die Griechen Paradromides, wir Römer aber Xysti nennen; damit im Winter bey heiterem Wetter die Athleten aus den Xysten sich dahin begeben und darin üben können. Hinter den offenen Spaziergängen endlich führe man ein Stadium auf, das so be- schaffen seyn muſs, daſs eine groſse Menge Leute mit Gemächlich-keit den Kämpfen der Athleten zusehen könne.

Dieſs meine Anweisung zur gehörigen Anlage alles dessen, was mir innerhalb der Stadtmauern erforderlich su seyn scheint.

Ich lese mit Salmasius unctis anstatt cunctis, weil ersteres auf vestiti Bezug hat. Die Spazierengehenden sollten ihre Kleider nicht an den gesalbten Kämpfern be-schmutzen. Von Bereitung des Signinischen Werks siehe unten B. VIII. K. 7. gegen das Ende. Siehe das Wörterbuch. Ein Stadium oder eine Rennbahn, hatte zwey lange parallele Seiten, die an einem Eude mit einem halben Zirkel geschlossen, am anderen aber offen waren. An den drey verschlossenen Seiten erhoben sich stufenweis über einander Sitze für die Zuschauer. Hieronymus Mercurialis de re gymn. I. 10. aber beschreibt das Sta-dium als ein aus vielen Stufen errichtetes Hemisphärium. Dieser Vorstellung folge ich in Fig. 7. Nicht immer war das Stadium mit dem Gymnasium verbunden; sondern es machte auch zuweilen ein besonderes Gebäude aus, wie zu Korinth, zu Phocis, zu Elis, dessen Einfassung nur aus aufgeworfener Erde bestand, zu Sparta, wo es den Namen Dromos führte, zu Theben und zu Athen, welches das schönste und prächtigste war.
ZWÖLFTES KAPITEL. Häfen und Meerdämme.

Die bequeme Anlage der Häfen ist nicht zu übergehen; ich muſs daher Anleitung geben, wie die Schiffe in denselben vor Stürmen zu sichern sind.

Häfen, welche von der Natur selbst durch hervorragende Land-spitzen — acroteria — oder Vorgebirge, welche vermöge der Beschaf-fenheit des Orts innerhalb Krümmen — curvaturae — oder Winkel — versurae — bilden, bereitet worden, sind ohne Zweifel die aller-bequemsten; denn man hat nur rings umher Portiks oder Schiffstel-len — navalia — oder Gänge — aditus — aus den Portiks nach den Stapeln oder Handelsplätzen — emporium — anzulegen und zu bey-den Seiten Thürme aufzuführen, von welchen herab, vermittelst Ma-schinen, die Ketten vorgezogen werden können.

Ist aber kein natürlicher bequemer Ort vorhanden, die Schiffe vorm Sturme zu schützen; so ist, meiner Meinung nach, nichts an- ders zu thun, wofern kein Fluſs im Wege, vielmehr an der Einen Seite eine Anfurt — statio — beſindlich ist — als von der anderen Seite her eine Mauer oder einen Damm — agger — hervorlaufen zu lassen, und also den Hafen einzuschlieſsen.

Herodes Atticus, der unterm Hadrian lebte, hatte letzteres angelegt und dazu einen groſsen Theil des Pentelischen Marmorbruchs angewandt. S. Pausanias I. 19. Bey den Griechen hieſs ein solches Gebäude Stadium, weil es mit ihrem Feldmaaſs, das auch so genannt wurde, von gleicher Länge war, nehmlich 125 Schritt. Beyspiele antiker Häfen liefert: Antiqua species urbium portus atque ostiae ab diversis Rom. Imp. conditarum; item duorum amplissimorum portuum Claudii Trajanique descriptio per Pyrrhum Ligorium Neapolitanum facta. Der Grundriſs dieser Häfen befindet sich auch in Libro d’ Antonio Labacco etc. nel qual si figurano alcune notabili antichità di Roma.

Dergleichen im Wasser zu machende Mauern sind also zu ver-fertigen: Man lasse Staub aus der Gegend kommen, welche sich von Cumä bis Minervens Vorgebirge erstreckt, und vermische diesen also mit Mörtel, daſs er sich zu demselben wie zwey zu Eins verhalte. Darauf lasse man am bestimmten Orte in eichene Pfähle und Ketten eingeschlossene Kasten in das Wasser hinab und befestige sie tüchtig. Dann ist innerhalb derselben, von kleinen Querbalken herab — ex transtillis — der untere Boden unterm Wasser zu ebenen und zu reinigen; und endlich sammt Bruchsteinen oben beschriebe-nes Gemisch aus Mulden hinein zu schütten, bis der ganze innere Raum der Kasten mit diesem Mauerwerke angefüllt ist.

Wenn aber, der Fluten oder des offenen Meeres Ungestüms wegen, die befestigten Kasten nicht fest halten wollen; so führe man auf dem Lande, am Rande des Ufers eine sehr feste Grundmauer — pulvinus — auf, wovon jedoch nur die eine Hälfte horizontal, die andere aber abhängig zu machen ist. Alsdann errichte man dicht am Wasser und zu beyden Seiten auf dieser Grundmauer einen ohn-gefehr anderthalb Fuſs breiten Rand bis zur waagrechten Höhe der horizontalen Fläche, und fülle darauf den Abhang mit Sande aus und mache ihn also mit dem Rande und der erwähnten Fläche der Grund-mauer gleich. Ist dieſs geschehen, so führe man auf dieser gesamm-ten Fläche einen Pfeiler von erforderlicher Gröſse auf, und lasse die-sen, wann er vollendet ist, wenigstens zwey Monate lang trockenen; alsdann aber breche man den Rand, der den Sand einschlieſst, ab, und wie der Sand in das Wasser rinnet, so wird auch der Pfeiler nach in das Meer stürzen. Auf solche Weise kann man so weit, als es nöthig ist, Dämme im Meere fortführen.

Das ist, wie die Alten sagten, Puteolan-Staub; welchen wir Puzzolan-Erde nennen. S. oben II. 6. What is meant by transtilli is uncertain; but it may be supposed they were some kind of machines in use among the aneients, for the purpose of clearing and levelling the ground under the water. Newton’s Vitruvius p. 121. Die im Texte folgenden Worte: Hoc autem munus naturale habent ea loca, quae supra scripta sunt, versetze ich zu Anfang des Absatzes hin, der weiter unten im Lateinischen also anfängt: In quibus autem locis pulvis non nascitur; weil sie hier auſser allem Zusammenhange stehen, dort aber zu einem schicklichen Übergange die-nen, wodurch der ganze Vortrag besser verbunden wird. Man sehe den Absatz, der also anfängt: Inzwischen oben erwähnter Staub ist ein eigen Ge-schenk u. s. w.

Inzwischen oben erwähnter Staub ist ein eigen Geschenk der Natur für die angezeigte Gegend. An den Orten nun, wo derglei-chen nicht zu haben ist, muſs man folgendermaſsen verfahren: Man versenke an dem bestimmten Orte doppelte Kasten — arca, — welche von den erwähnten Bretern und Ketten zusammen gehalten wer- den; und wann sie festgemacht sind, so trete man Kreide in Riet-grasenen Körben — erones — hinein. Sobald diese wohl und fest gestampft, so lege man Wasserschnecken — cochlea — mit Treträdern — rota, — ingleichen Schöpfräder — tympanum — an, und schöpfe und trockene den verschlagenen Raum aus, und grabe innerhalb des Verschlages den Grund. Ist der Boden erdig, so grabe man so tief bis man auf festen Grund kommt; alsdann mauere man den Grund- graben, der breiter als die darauf zu errichtende Mauer seyn muſs, mit Bruchsteinen, Kalk und Sande aus. Ist der Boden aber durch-aus weich, so müssen angebrannte ellerne oder ölbäumene, oder eichene Pfähle eingesenkt, und die Zwischenräume mit Kohlen aus-gefüllt werden, wie solches bey der Grundlage der Theater und der Stadtmauer vorgeschrieben worden ist. Darauf ziehe man nun eine Mauer von sehr groſsen Quadersteinen, die wohl unter einander grei-fen, so daſs die Mittleren immer von zwey darüber und darunter liegenden gefaſst werden. Alsdann fülle man den Raum zwischen den Futtermauern entweder mit Ästrichmasse — ruderatio — an, oder mauere ihn aus; und das Ganze wird so beschaffen seyn, daſs darauf ein Thurm wird aufgeführt werden können.

Es steht im Texte relatis tabulis et catenis, ohnerachtet nichts von tabulis, wohl aber von stipitibus oben erwähnt worden ist. Von diesen Wassermaschinen siehe unten B. X. K. 9. 10. 11.

Wenn dieſs vollbracht ist, hat man dahin zu sehen, daſs die Schiffstellen — navalia — ja gen Mitternacht angelegt werden; denn der Mittag bringt Fäulniſs — caries — hervor, indem er durch die Hitze Holzwürmer — tinea, — Holzborer — teredines — und alle übrigen Gattungen schädlicher Insecten nicht allein erzeugt, sondern auch nährt und erhält. Übrigens ist in diesen Gebäuden so wenig als möglich Holzwerk anzubringen, der Feuersgefahr wegen. In Ansehung ihrer Gröſse läſst sich nichts genau bestimmen; sondern es müssen überhaupt die gröſsten Schiffe dabey zum Maaſsstabe dienen, damit, wenn sehr groſse Fahrzeuge hineingebracht werden, solche auch be-quem darin Platz haben.

Nachdem ich in diesem Buche alles vorgetragen habe, was mir in Städten zur Anlage und Anordnung öffentlicher Gebäude nützlich und nothwendig scheint: so will ich nun im folgenden Buche von den Privatgebäuden, ihrer vortheilhaften Einrichtung und ihren Ver-hältnissen handeln.

BEYLAGE. DES JULIUS POLLUX ONOMASTIKONS IV. BUCH. XIX. KAPITEL. a. Theater und was darauf Bezug hat. 121.

Das Theater macht keinen geringen Theil der Musik aus. Es heiſst Schauplatz, Dionysischer auch Lenäischer Schauplatz; die Versammlung aber θεαταὶ, d. i. Zuschauer: Aristophanes hat sich auch des Ausdrucks συνθεάτρια — Mitzuschauerin — bedient; woraus erhellt, daſs man nicht nur θεατὴς — Zuschauer, — sondern auch θεάτρια — Zuschauerin — sagen kann. Mit der Autorität des Plato kann man auch das Wort Theatrokratie gebrauchen.

Musik hieſs den Griechen nicht bloſs Tonkunst, sondern sie begriffen darunter den sämmtlichen Unterricht in Wissenschaften, und den ganzen Umfang von Kennt-nissen und Geschicklichkeiten des Verstandes. Platons Stelle (von den Gesetzen B. 3. gegen das Ende) lautet so: Daher (nehmlich weil die Dichter itzt das Wohlgefallen des Zuhörers für die Richtschnur der Dichtkunst erkennen) sind die Theater (d. h. die Sitze der Zuschauer) die bis dahin still gewesen, laut geworden (nehmlich durch Zeichen des Bey-falls oder Miſsfallens;) gleich als verstünden sie sich darauf, was schön

Von den Sitzerhöhungen werden folgende Benennungen ge-braucht: Stufen, Sitze, Sitzreihen — ἐδώλια i. e. fori; — und ἐδωλιάζειν heiſst zusammensitzen. Πρῶτον ξύλον heiſst der Vordersitz; besonders der Vordersitz der Richter (auf welchem auch der, der zuerst sitzt, vom Komödienschreiber Epikrates πρωτόβαθρος genannt wird.)

122. Es lieſse sich aber auch wohl überhaupt vom eigentlichen Theater gebrauchen.

Das Schlagen der Sitze mit den Füſsen nannte man πτερνοκοπεῖν. Man that es, wenn man jemand auspochte: Wohin auch die Aus- drücke κλώζειν (ausschreien, auslachen) und συρίττειν (auszischen) gehören.

Ein Theil des Theaters, (wo die obrigkeitlichen Personen saſsen) hieſs βουλευτικόν; ein andrer (wo die jungen Leute saſsen) ἐφηβικόν. Den Vorhang — παραπέτασμα — kann man auch Teppich — αὐλαία — nennen; nach dem Hyperides, der in der Rede gegen den Patrokles sagt: “Die neun Archonten speiſsten in der Stoa, wozu sie einen Theil mit Teppichen — αὐλαίαις — umhingen.

b. Theile des Theaters.

123. Theile des Theaters sind: die Thür; das Gewölbe — ψα-λὶς das Scheid — κατατομὴ, — die keilförmigen Abschnitte der Sitze — κερκίδες, cunei; — die Bühne, das Orchester; die Zocke der Bühne — λογεῖον, i. e. pulpitum; — die Vorscene — προσκήνιον, i. e. proscenium, — die Seitenscenen — παρασκήνια, i. e. versurae; — die Unterbühne — hyposcenium.

sey oder nicht im Gebiete der Musen. — Und so ist aus einer Aristo-kratie eine häſsliche Theatrokratie geworden. Anstatt nehmlich, daſs sonst nur die Weiseren oder die Kenner entschieden, meint Plato, entscheidet nun das Theater, oder die Menge. B. Nehmlich vom Vordersitz des ganzen Theaters. — Die hier befolgte Abthei-lung im Text ist die einzig zuläſsliche, daher sie auch schon Kühn in seiner Note angenommen. B. Die Mspte haben ἐφ οὑ (wohin — gehört.) Die gewöhnliche Lesart ἀφ οὑ (woher — kommt) kann nicht Statt finden. B. Piranesi (in seinem Teatro d’ Ercolano, Roma 1783.) macht ψαλὶς zum occhio del Teatro; da doch die Bühne der Alten unbedeckt war und also kein occhio haben konnte. Wie denn Piranesi überhaupt den Pollux sagen läſst was ihm gut dünkt; woran dieser aber nie gedacht hat. The Katatome — praecision, or section, dividing the extremity of the pul-pitum, next the orchestra. S. Stuart’s Ant. of Athens. Vol. II. p. 24. Mit

Die Bühne ist bloſs für die Akteurs; für das Chor aber das Orchester, worin die Thymele befindlich, welche entweder eine Art von Rednerbühne, oder ein Altar ist. Auf der Bühne ist der Altar ἀγυιεὺς vor der Thüre und ein Tisch mit Backwerk, welcher θεωρὶς oder θυωρὶς genannt wird.

Ἔ; λεος war vor Alters ein Tisch, auf welchen einer stieg und den Chorsängern antwortete.

124. Die Unterbühne — hyposcenium — welche unter der Zocke der Bühne — λογεῖον, pulpitum — lag, war gegen das Theater hin mit Säulen und Statüen geschmückt.

Von den drey Thüren der Scene ist die mittlere ein königlicher Pallast, eine Höhle, ein vornehmes Haus, oder überhaupt der Aufent- halt der Hauptrolle des Stücks. Die Rechte ist der Aufenthalt der Per-son, so die zweyte Rolle spielt. Die Linke aber ist für die niedrigste Rolle; oder ist ein verlassener Tempel, oder hat gar kein Gebäude.

welcher Autorität aber Stuart dieſs sagen kann, ist mir unbekannt. — Ich bin geneigt die Katatome für Vitruvs praecinctio und diazoma d. i. Absatz, zu halten. Einen Altar deutet schon das Wort Thymele an (von θύειν, opfern:) und Suidas (in σκηνὴ) sagt ausdrücklich: Auf dem Orchester ist ein Altar des Bacchus, welcher Thymele heiſst. Wahrscheinlich war dieſs die ursprüng-liche Bestimmung der Thymele, wie das Schauspiel noch nichts als ein Fest des Bacchus war. B. ‘Αγυιεὺς, Agyieus, (von ἀγυιὰ, Straſse) war der Beyname nicht nur des Apolls, als eines der Wege - und Straſsen - Gottheiten, sondern auch eines ihm heiligen säulen-förmigen Altars, den die Alten an ihren Häusern auf der Straſse zu errichten pflegten. (S. Harpokration und Hesychius von diesem Worte.) Ein solcher Altar war daher auch auf der Schaubühne der Alten, an dem in der Scene vorgestellten Hause angebracht. B. θυωρὶς (von θύον, libum, Opferkuchen, Backwerk, und ὠρεῖν, verwahren) ist die einzig richtige Benennung; und θεωρὶς ist wahrscheinlich, mit Spanheim, für eine bloſse Corruption zu halten. B. Nach der vorzüglichern Lesart τετραμμένοις für τετραμμένον. B. Bey diesen drey Bestimmungen scheint hauptsächlich auf die drey Hauptarten Grie-chischer Schauspiele Rücksicht genommen zu seyn. Der königliche Pallast ge-hört vorzüglich in die Tragödie, die Höhle in das drama satyricum (worin Satyrn, die in Höhlen wohnten, agirten,) und das vornehme Haus in die Komödie. Doch

125. In der Tragödie hingegen ist die recht Thüre ein Wirths- haus, die linke aber ein Gefängniſs. Das κλίσιον — Stall — in der Komödie liegt neben dem Hause auf einem Vorhange — παραπέτασμα — vorgestellt. Es ist die Stallung für das Zugvieh. Die Thüren derselben, κλισιάδες, — d. i. Stallthüren — genannt, sehen gröſser als die Hauptthür aus, weil sie zur Einfahrt auch der Last - und Rüstwagen bestimmt zu seyn das Ansehen haben sollen. In des Antiphanes Flickerinnen aber ist aus diesem so genannten Stalle sogar eine Werkstatt geworden. Er sagt nehmlich:

— — — “Was sonst Ein Stall für Ackerochsen und für Esel war, Hat er zur Werkstatt itzt gemacht.

nicht ausschlieſslich: denn die Höhle z. B. muſste auch in Sophokles Philoktet in der Scene vorgestellt seyn. S. Philoktet vs. 27. B. In der Tragödie? War denn vorher von der Komödie die Rede? und gehört ein Wirthshaus (auch wenn wir unsre Begriffe davon ganz entfernen) in die Tra-gödie? — Auch der Kerker scheint mir eher für die Sklaven in der Komödie zu passen. — Ich glaube daher, es muſs heiſsen ἐν δὲ κωμωδια (in der Komödie.) Die gewöhnliche Lesart scheint eine verfehlte Verbesserung eines Abschreibers zu seyn, wel-cher glaubte, es könne nicht von der Komödie die Rede seyn, weil gleich darauf wie-der vorkommt “in der Komödie.” Allein diese letztere Stelle handelt von einer andern Art von Dekoration (dem κλίσιον,) welche neben jenen Hauptgebäuden Statt fand, und von welcher man also glauben konnte, daſs sie sowohl in die Tragödie als in die Komö-die gehörte, wenn nicht der Ausdruck “in der Komödie” ausschlieſsungsweise wieder-hohlt wurde. B. Diese Worte (φησὶ γοῦν, er sagt nehmlich) sind aus dem Falkenburgischen Mspte genommen und bestätigen, was Jungermann aus den Resten des Metrums in den fol-genden Worten schon muthmaſste, daſs diese nehmlich aus des Antiphanes angeführ-tem Stücke selbst sind. Im erwähnten Mspte stehn einige Worte, zu Anfang der Stelle, mehr; ich kann sie aber, so wie sie jetzt sind, in keinen vernünftigen Zusammenhang bringen. Man sieht daraus, daſs in der gewöhnlichen Lesart, die auch das φησὶ γοῦν nicht hat, eine Lücke von mehr als einer Zeile ist. — Die Stelle selbst ist vielleicht aus dem Prolog des Stücks, worin öfters den Zuschauern über die Vorstellung der Dekoration Auskunft gegeben ward. B.

126. Bey jeder der beyden Nebenthüren sind zwey Spillen, nehmlich auf jeder Seite Eine, woran die Drehmaschinen — περἰακ-τοι — befestiget sind.

Nach der gewöhnlichen Lesart müſste es heiſsen: “Neben jeder der beyden Ne-benthüren sind zwey andere, auf jeder Seite eine, (ἄλλαι δύο εἶεν ἂν, μία ἑκατέρωθεν) an welchen die Drehmaschinen befestigt sind” — Allein die vielen Thüren, sämmtlich in der Scene, und das Unbegreifliche der Bestimmung dieser beyden letzten, machte diese Lesart sehr verdächtig, und die Variante, welche Falkenburg aus einem Mspte an dem Rand seines Exemplars notirt hatte, war daher mit beyden Händen zu ergreifen, obgleich auch sie nicht sogleich alles aufs Reine bringt. Er hat μηχαναὶ für μία. Nun hieſse es: “Neben jeder Nebenthüre sind zwey andre Maschinen auf jeder Seite, an welchen die Drehmaschinen befestiget sind.” Hier stöſst man sich zunächst noch an dem Worte andre. Vermuthlich gehört es aber nicht in den Text; sondern als μηχαναὶ in einem Mspte fehlte, verstand man die Worte “neben jeder Thüre sind zwey, an welchen u. s. w.” sehr natürlich wieder von zwey Thüren, und flickte zur Deutlichkeit ἄλλαι, andre, ein; und es ist immer noch möglich, daſs es in Falken-burgs Mspte nicht stand. — Ferner fällt es auf, daſs diese μηχαναὶ (Maschinen) als verschieden von den Drehmaschinen (die nur daran befestigt seyn sollen) aufgeführt werden. Allein es ist gar nicht nöthig, daſs man unter Periaktos immer die ganze Machinerie verstehe. Wörtlich heiſst ἡ περίακτος, die Drehbare, wobey ich mir nicht μηχανὴ (Maschine) sondern σκηνὴ (Scene) denke; daher sie auch Servius (zu Virgils Georg. III, 24.) scena versilis (Drehscene) nennt. An unserer Stelle ist also περίακτος bloſs die bewegliche Dekoration und μηχανὴ der Mechanis-mus, der sie in Bewegung setzt. Ungefähr eben so unterscheidet Vitruv (V, 7): machinae sunt in iis locis, versatiles trigonos habentes, und Servius (a. a. O.) versilis tunc erat (scena), cum subito tota machinis quibusdam convertebatur. — Die letzte Schwierigkeit (die aber auch bey der gewöhnlichen Lesart bleibt) macht das Wort ἑκατέρωθεν. Man mag nehmlich das Wörtchen μία vor demselben wegstreichen, oder (welches ich vorziehe) es neben seiner Variante μηχαναί doch noch behalten, so kommen im ganzen vier Maschinen heraus, da doch aus dem Folgenden erhellt, daſs nur zwey Periaktoi waren. Sachverständige mögen entscheiden, ob vielleicht bey jeder Maschine ein doppelter Mechanismus nothig war-Ich glaube jedoch, daſs ἑκατέρωθεν (auf jeder Seite) sich auf die zwey Seiten der Bühne bezieht, und halte diese Undeutlichkeit einem spätern Schriftsteller zu Gute. B. Da oben angeführte Stelle des Houel bey Gelegenheit des Theaters zu Taormina auch vier Periaktoi anzeigt, so ists ja auch wohl möglich, daſs in diesem Stücke eine Verschiedenheit auf den Theatern geherrscht habe. Der Deutlichkeit wegen modificire ich die Maschine in der Übersetzung, und nenne sie eine Spille; weil auf einer Seite des Herculanischen Theaters sich an dem angedeuteten Orte der Scene ein Zapfen von Erz mit einem noch daran befindlichen ver-brannten Stück Holz von der mittleren Stange (d. i. Spille) der Drehmaschine gefunden hat. S. Winkelm. Nachrichten von den Hercul. Entdeckungen. S. 13.

Die Drehmaschine zur Rechten stellt vor was auſserhalb der Stadt befindlich ist. Die zur Linken aber Gegenstände aus der Stadt selbst, besonders aus dem Hafen; auch Meergötter und alles übrige, was zu schwer ist, als daſs es die (eigentlich so genannte) Maschine tra-gen könnte.

Wenn die Drehmaschinen umgedrehet werden, so wird durch die rechte der Ort, durch beyde zusammen aber die Gegend (das Land, die Stadt) verändert.

Von den beyden (Seiten-) Eingängen führt der zur rechten Hand diejenigen ein, so vom Lande (Felde,) vom Hafen oder aus der Stadt kommen.

127. Die von auswärts (d. i. aus der Fremde) kommenden Fuſs-gänger gehen zum Anderen ein. Sie treten zum Orchester herein und gehen auf Treppen auf die Bühne. Die Stufen der Treppen heiſsen κλιμακτῆρες.

εἰ δὲ ἐπιστρέφοιεν αι περίακτοι, η δεξιὰ μὲν ἀμείβει τόπον, άμφότεραι δὲ χώραν ὑπαλ-λάττουσι. — Wenn man die unmittelbar vorhergehende Stelle, von der Bestimmung beyder Drehmaschinen, mit der von den Überzügen derselben (καταβλήματα) am Ende des Kapitels vergleicht, so erhellt, daſs auf der Rechten Aussichten auſser der Stadt von Bergen, Flüssen, Meer u. s. w. auf der Linken hingegen Gegenstände oder Theile der Stadt selbst, gemahlt waren, wodurch also, wie durch unsre Dekorationen, der Ort der Scene bestimmt ward. Natürlich ward daher durch deren Umdrehung die Scene verändert: und hiervon ist offenbar in gegenwärtiger Stelle die Rede. Demun-geachtet ist der genauere Sinn derselben, wegen Allgemeinheit der Ausdrücke, fast unmöglich zu errathen. Hier ist indessen, was mir aus mehrern Versuchen ihn zu entziffern, noch das wahrscheinlichste (oder doch am wenigsten unwahrscheinliche) geschienen: ἀμείβειν (vertauschen) und ὑπαλλάττειν (verändern) mag bloſse Mannich-faltigkeit des Ausdrucks seyn. Also: “die Rechte verändert τόπον, beyde — χώραν.” τόπος ist ganz unser Ort: χώρα hingegen läſst noch nähere Bestimmungen zu, wie Platz, Fleck; vorzüglich aber regio, Gegend, Land. Wenn er also sagt “die Rechte verändert den Ort” so geht dieſs wohl nur auf solche allgemeine Bezeichnungen des Orts, wie sie die Rechte wirklich darstellte. Die Scene ist also z. B. nicht mehr am Fuſse eines Berges, sondern am Ufer des Meeres. Sollte hingegen die Scene in ein andres Land (χώρα) — z. B. von Athen, worauf etwa bisher die linke Periaktos hinwies, nach Theben — verlegt werden; so muſste mit der Rechten zugleich auch die Linke sich drehen: und dieſs heiſst, glaub’ ich: “beyde verändern χώραν.” B. Nehmlich itinera versurarum. Übrigens ist offenbar, daſs in dem Folgenden eine Verwechselung mit den Worten rechts und links vorgegangen seyn müsse; da sonst, nach dem kurz Vorhergehenden, Widerspruch in der Dekoration geherrscht haben würde. πεζοὶ sind die zu Lande Reisenden, im Gegensatze derer, die zu Wasser ankamen, und folglich, als vom Hafen her, durch den andern Eingang auftrete@

Ingleichen wird zu den zum Theater gehörigen Dingen noch gerechnet:

Das Ekkyklema; die (eigentlich so genannte) Maschine; die Warte; die Mauer; der Thurm; die Signal-Warte — φρυκτώριον s. specula directoria; — die διστέγια d. i. das Gebäude von zwey Gestöcken; der Blitzthurm — κεραυνοσκοπεῖον; — die Donnerma-schine — βροντεῖον; — das θεολογεῖον, d. i. der Göttersitz; der Krahn; das Hängewerk — αἰῶραι, s. pensilia; — die Überzüge — καταβλήματα; — der Halbzirkel — ἡμικύκλιον; — der Wender — στροφεῖον; — der Halbwender — ἡμιστροφεῖον; — die Charo-nische Stiegen — χαρώνιοι κλίμακες; — und die ἀναπιέσματα d. i. Hebemaschinen.

128. Das Ekkyklema ist ein Gerüst von hohen Balken, wor- auf ein Sessel befindlich. Es bringt das Geheime, was hinter der Bühne in den Wohnungen geschieht, zum Vorschein. Das Zeitwort davon ist ἐκκυκλεῖν, d. i. herausrollen. Das worauf das Ekkyklema herein ge- schaft wird, heiſst εἰςκύκλημα — d. i. Rolle, — von εἰςκυκλέω, ich rolle herein. Man muſs sich dergleichen bey jeder Thüre, das heiſst, bey jedem Hause denken.

muſsten. — Sonderbar ist übrigens der Widerspruch, der zwischen diesen Eingängen und den Drehmaschinen herrscht. Die linke Drehmaschine stellt Stadt - Gegenstände vor, und doch treten die, die von der Stadt kommen, durch den rechten Eingang auf. Ich glaube nicht, daſs dieſs von einem Fehler im Texte herrührt; denn Pollux scheint durch die Partikel μέντοι (aber, hingegen,) womit er den Absatz von den Seitenein-gängen beginnt, ihn ausdrücklich dem vorhergehenden entgegen zu stellen. Man muſs also wohl annehmen, daſs die Drehmaschinen rechts und links heiſsen, in Bezie-hung auf die rechte und linke Hand derer, die durch die Thüren in der Scene, (bey welchen sie liegen) zumahl durch die Mittelthüre, eintreten. Die Seiteneingänge hingegen, (die nicht auf der Bühne gelegen haben können, da die Eintretenden erst vom Orchester auf dieselbe steigen muſsten) müssen vom Theater aus beurtheilt werden. Also fällt der rechte Eingang und die linke Periaktos auf eine Seite. B. Nach Jungermanns glücklicher, zum Theil auf Mspte gegründeter, Emenda-tion muſs nehmlich für ἐπὶ ξύλων ὑψηλὸν βάθρον gelesen werden: ἐστὶ ξύλων ὑψηλῶν βάθρον. B. Suidas beschreibt es so: “das Ekkykloma“ (so nennt er es) “ist eine hölzerne Maschine auf Rädern, welche wenn sie herumgedreht ward, den Zuschauern das zeigte, was inwendig wie im Hause zu geschehen schien.” Aus dieser Beschreibung und dem Worte ἐκκυκλεῖν (woher Ekkyklema) welches herausrollen heiſst, schlieſse ich, daſs diese Maschine gleichsam ein aus den in der Scene abgebildeten Gebäuden

Die (eigentlich so genannte) Maschine stellt die Götter dar und jene Heroen in der Luft, den Bellerophon oder Perseus; und befin-dets ich bey dem linken Eingange; an Höhe noch über der Scene.

129. Was aber Maschine in der Tragödie, heiſst in der Komödie κράδη; offenbar von der Nachahmung des Feigenbaums, der bey den Athenern κράδη genannt wird.

Die Exostra hält man für einerley mit dem Ekkyklema.

Die Warte wird für Wächter oder für einen jeden, der etwas zu beobachten hat, errichtet.

Mauer und Thurm dienen von oben herab zu sehen.

Die Signal-Warte erklärt sich durch ihre Benennung selbst.

herausgerolltes und gegen die Zuschauer hin gedrehtes Stück derselben, also den Durchschnitt eines Hauses oder Zimmers, vorgestellt habe. — Vergl. weiterhin die Anmerk. zur Exostra. B. So haben die meisten Mspte. Gewöhnlich ἐγκυκλεῖν: dann müſste aber auch die Maschine selbst Enkyklema heiſsen, wie auch einige Mspte haben. B. Daſs diese Meinung die richtige sey, beweist nicht nur der Name ἐξώστρα der von ἐξωθεῖν, herausstoſsen, so wie jenes von ἐκκυκλεῖν, herausrollen, her kommt; sondern auch folgende Stellen. Beym Polyb. (Ecl. l. XI, 5 extr.) werfen die Gesand-ten einiger Griechischen Staaten den Atoliern vor, ihr Bündniſs mit den Römern zwecke bloſs auf das Verderben der Griechen ab: “dieſs, sagen sie, hat man bisher nicht gewuſst; aber nun ist es, durch das Unglück einiger Städte, offenbar geworden, wobey das Glück gleichsam absichtlich Eure Thorheit auf die Exostra gestellt hat;” das heiſst: zur Schau ausgesetzt. — Und Cicero (in der Rede de provinc. consul. c. 6.) sagt von einem, der sich seiner Laster nun gar nicht mehr schämt, “er schlemme nun mit seinen Zechbrüdern auf der Exostra, da er es vorher nur hinter dem Vorhang (d. h. hinter der auf einem Vorhang gemahlten Scene) gethan.” — Lieſse sich vielleicht aus die-ser letztern Stelle schlieſsen, daſs die Exostra etwas geräumiger als das Ekkyklema gewesen, auf welchem, nach dem Pollux, nur Ein Sessel stand? B. Die Griechen gaben ihre Signale bey Tage vermittelst eines starken Rauchs; zur Nachtzeit aber durch angezündetes Feuer und brennende Fackeln, welche φρυκτοὶ und φρυκτώρια hieſsen.

Die Distegia (d. i. zweygestöckiges Gebäude) ist bald ein oben aufgesetztes Gemach, im königlichen Pallaste, wie das in den Phöni- zierinnen, woraus Antigone die Armee übersieht; bald ists nur ein Dachfenster — κέραμος, — woraus auch zuweilen mit Ziegeln gewor-fen wird.

130. In der Komödie pflegen aus der Distegia Kuppler herab zu sehen, oder eine Alte, oder andere Weibspersonen.

Der Blitzthurm ist eine hohe Drehmaschine.

Die Donnermaschine ist hinterwärts unter der Bühne und be-stebt aus Schläuchen voller kleinen Steine, welche über eherne Becken gerollt werden. In dem Theologeion, (das heiſst, Götter-Logeum) das über der Scene ist, erscheinen oben die Götter, z. B. (in des Äschylus Seelenwägung) Jupiter und die bey ihm sind.

Der Krahn ist eine Maschine die von oben herabgelassen wird, und zum Hinwegnehmen eines Körpers bestimmt ist. Dergleichen bedient sich Aurora bey Entrückung des Leichnams des Memnon.

131. Unter dem Hängewerke — αἰῶραι — werden die Leinen verstanden, welche aus der Höhe herab hangen, um die Heroen oder Göt-ter empor zu halten, welche in der Luft zu schweben scheinen.

Die Überzüge — καταβλήματα — waren Tücher oder Breter mit Gemälden, die zur Vorstellung der Schauspiele paſsten, und an die Dreh-maschinen — περίακτοι — gehängt wurden, und ein Gebirge, das Meer, einen Fluſs oder dergleichen vorstellten.

Ein Belvedere. Des Euripides. — Die Stelle ist V. 85 ff. Antigone tritt da mit dem Sklaven (Pädagogus) dessen Aufsicht sie anvertraut ist, auf das διῆρες ἔσχατον (den höchsten Söl-ler) um das Heer der sieben gegen Theben vereinigten Fürsten zu überschauen. B. Jungermann vergleicht hier sehr richtig die Scene im Amphitruo von Plautus, wo Merkurius (als Sosia) mit dem an die Hausthüre klopfenden Amphitruo vom Dache herab zankt, und ihm einen Ziegel auf den Kopf wirft. Dergleichen Auftritte mögen in den Griechischen Stücken, woraus Plautus geschöpft, mehrere vorgekommen seyn; und auf diese beziehen sich Pollux Worte. B. Nehmlich Thetis und Aurora, die Mütter der gegen einander streitenden, Achills und Memnons. Jupiter wägt beyder Schicksale, und zu beyden Seiten stehn die Göttinnen und bitten, jede für ihren Sohn. (Aus Jungermanns Note.) B.

Dem Halbzirkel hat die Figur den Namen gegeben; sein Platz aber ist in dem Orchester. Er dient dazu, jemand fern von der Stadt, oder im Meere Schwimmende vorzustellen: Gleichwie das Stropheion (der Wender) die Helden darstellt, die unter die Götter aufgenommen worden; oder die zur See oder im Kriege umkommen.

Die Charonischen Stiegen, welche bey den Treppen, die zu den Sitzen führen, liegen, lassen aus sich die Manen — εἴδωλα — aufsteigen.

Von den Hebemaschinen liegt die Eine in der Scene, bestimmt zum Heraufsteigen eines Fluſsgottes, oder dergleichen; die Andere, ver-mittelst welcher die Furien herauf kommen, in der Gegend der Stufen — ἀναβαθμοί.

Oder, wenn man τόπον (das einige Mspte auslassen) dazu nimmt: einen von der Stadt entlegnen Ort. — Wenn an einem von der Scene und den übrigen Akteurs entfernten Orte eine Handlung vorgestellt werden sollte, so war allerdings kein besserer Platz dazu zu finden als das Orchester. Freylich kam dadurch die Handlung fast mitten unter die Zuschauer, wodurch, nach unsern Begriffen, die Täuschung gestört würde. Aber auf diese Begriffe lehrt uns ja wohl schon die Beschreibung der meisten vor-hergehenden Machinerien Verzicht thun. — Da ferner das Orchester viel niedriger war als die Bühne, so muſste, um jene Handlung auf Eine, mit der Bühne zusammenhan-gende Fläche zu bringen, eine Art von Gerüste auf dem Orchester errichtet werden, das von der Figur des letztern natürlich auch selbst die Gestalt eines Halbzirkels bekam. Zu dieser meiner Erklärung scheint mir auch das Wort θέσις besser zu passen, welches hier zwar ganz bequem durch Platz gegeben worden, eigentlich aber so viel heiſst als locatio, die Stellung, Errichtung. B. Da Pollux mit diesem Worte oben namentlich die Stufen, die nach den Sitzen führen, bezeichnet; so folgt daraus, daſs diese Hebemaschinen mit den Charonischen Stie-gen in Einer Gegend lagen. B.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST AUS DER RÖMISCHEN URSCHRIFT ÜBERSETZT VON AUGUST RODE.
ZWEYTER BAND Leipzig, bey Georg Joachim Göschen. 1796.
INHALT DES ZWEYTEN BANDES. SECHSTES BUCH.

Vorrede. Seite 3.

I. Kapitel. Anlegung der Gebäude in Ansehung der besonderen Beschaffenheit des Orts. S. 6.

II. Kap. Verhältniſsmäſsiges Maaſs nach Beschaffenheit der Örter. S. 14.

III. Kap. Hof. Seitenzimmer. Tablin. Peristyl. S. 16.

(IV. Kap.)

V. Kap. Speisesäle. Säle. Hörsäle. Bildersäle. S. 23.

VI. Kap. Säle nach Griechischer Sitte. S. 25.

VII. Kap. Gegen welche Himmelsgegend die Gebäude gerichtet seyn sollen. S. 26.

VIII. Kap. Anordnung der Häuser dem Stande der Besitzer gemäſs. S. 27.

IX. Kap. Theorie der Landwirthschaftlichen Gebäude. S. 33.

X. Kapitel. Einrichtung der Häuser der Griechen. Seite 37.

XI. Kap. Dauerhaftigkeit der Gebäude. S. 41.

ERSTE BEYLAGE.

Des C. Plinius Cäcilius Secundus siebzehnter Brief des zweyten Buchs. Dessen Laurentinische Villa. S. 46.

ZWEYTE BEYLAGE.

Dessen sechster Brief des fünften Buchs. Dessen Tuscische Villa. S. 54.

DRITTE BEYLAGE.

Des M. Terentius Varro fünftes Kapitel des dritten Buchs von der Land-wirthschaft. Dessen Villa nebst Vogelhaus unweit von Casinum. S. 65.

VIERTE BEYLAGE.

a. Des M. T. Varro ersten Buches eilftes Kapitel. Landhaus. S. 69.

b. dessen zwölftes Kapitel. Stellung des Landhauses. S. 70.

c. dessen dreyzehntes Kapitel. Wirthschaftsgebäude. S. 71.

d. dessen vierzehntes Kapitel. Befriedigung. S. 74.

e. dessen funfzehntes Kapitel. Grenzscheidung. S. 75.

FÜNFTE BEYLAGE.

Des Columella von der Landwirthschaft ersten Buchs zweytes Kapitel. Ideal einer Villa. S. 77.

SIEBENTES BUCH.

Vorrede. Seite 81.

I. Kapitel. Verfertigung des Ästrichs. S. 96.

II. Kap. Wässern des Kalks zum Weiſsstuck. S. 100.

III. Kap. Gewölbte Decken. Bekleidung. S. 101.

IV. Kap. Bekleidung an feuchten Orten. Verzierung der Bekleidung überhaupt, und in Winterspeisesälen insbesondere. Griechischer Fuſsboden in den Winterspeisezimmern. S. 108.

V. Kap. Mahlerey in den Gebäuden. S. 111.

VI. Kap. Zubereitung des Marmors zum Stuck. S. 117.

VII. Kap. Natürliche Farben. S. 118.

VIII. Kap. Zinnober. Gewinnung und Benutzung des Quecksilbers S. 120.

IX. Kap. Bereitung des Zinnobers. Rest der natürlichen Farben. S. 123.

X. Kap. Künstliche Farben. Schwarz. S. 128.

XI. Kap. Schmalte. Gebrannter Zinnober. S. 129.

XII. Kap. Bleyweiſs. Grünspan. Künstlicher Sandarach, d. i. Mennig. S. 130.

XIII. Kap. Purpur. S. 131.

XIV. Kap. Noch andere künstliche Farben (aus dem Gewächsreiche.) S. 133.

ACHTES BUCH.

Vorrede. Seite 137.

I. Kapitel. Aufsuchung des Wassers. S. 140.

II. Kap. Regenwasser. S. 144.

III. Kap. Eigenschaften einiger Quellen. S. 150.

IV. Kap. Besondere Eigenschaften einiger Orte und Quellen. S. 165.

V. Kap. Bewährung der Wasser. S. 168.

VI. Kap. Wasserwägen. S. 169.

VII. Kap. Wasserleitung. Cisternen. Signinisches Werk. S. 171.

NEUNTES BUCH.

Vorrede. (I.) (II.) (III.) S. 133.

I. Kap. (IV.) Sphäre. Planeten. S. 193.

II. Kap. (V.) Lauf der Sonne durch die zwölf Zeichen. S. 204.

III. Kap. (VI.) Nördliche Sternbilder. S. 206.

IV. Kap. (VII.) Südliche Sternbilder. S. 210.

V. Kapitel. (VIII.) Schatten des Zeigers zur Zeit der Nachtgleiche zu Rom und an einigen anderen Orten. Verzeichnung der Sonnen-uhren. Seite 214.

VI. Kap. (IX.) Verschiedene Arten der Uhren, und Erfinder derselben. # S. 219.

ZEHNTES BUCH.

Vorrede. S. 239.

I. Kap. Maschine. Instrument. S. 242.

II. Kap. Hebezeug. Flaschenzug von drey Rollen. Flaschenzug von fünf Rollen. S. 245.

III. Kap. Ein anderes Hebezeug. S. 247.

IV. Kap. Noch ein anderes Hebezeug. S. 248.

V. Kap. Polyspast. S. 249.

VI. Kap. Ktesiphons Ziehmaschine. S. 251.

VII. Kap. Entdeckung des Ephesischen Marmorbruchs. S. 254.

VIII. Kap. Wirkung der geraden und der Zirkellinien in den Heb-und Ziehmaschinen. S. 255.

IX. Kap. Maschinen Wasser zu schöpfen. Schöpfräder. S. 260.

X. Kap. Noch ein anderes Schöpfrad. Wassermühle. S. 262.

XI. Kap. Wasserschnecke oder Wasserschraube. S. 265.

XII. Kap. Ktesibische Maschine, oder doppeltes Druckwerk. S. 268.

XIII. Kapitel. Wasserorgel. Seite 270.

XIV. Kap. Wegmesser. S. 273.

XV. Kap. Katapulten und Skorpionen. S. 278.

XVI. Kap. Balisten. S. 284.

XVII. Kap. Verhältnisse der Balisten. S. 285.

XVIII. Kap. Beziehung der Balisten und Katapulten. S. 289.

XIX. Kap. Belagerungs-Maschinen. S. 290.

XX. Kap. Schirmdach zum Grabenausfüllen. S. 294.

XXI. Kap. Noch andere Schirmdächer. S. 296.

XXII. Kap. Vertheidigungs-Maschinen. S. 299.

Beschluſs. S. 307.

DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST SECHSTESBUCH.
VORREDE.

Aristipp, ein Sokratischer Philosoph, erzählt man, litt Schiff-bruch und ward an die Rhodische Küste ans Land geworfen. Hier fand er geometrische Figuren — schemata — im Sande gezeichnet, und rief seinen Gefährten zu: Getrost, meine Freunde, ich sehe Men-schenspuren! Sofort gieng er in die Stadt Rhodos und begab sich gerades Wegs ins Gymnasium, wo er mit solchem Beyfalle über Philosophie redete, daſs er so reichliche Geschenke erhielt, daſs er nicht allein sich selbst mit allem Nöthigen versehen, sondern auch seinen Gefährten Kleidung und Unterhalt schaffen konnte. Als diese endlich nach ihrer Heimat zurückkehren wollten, und ihn fragten, ob er etwas nach Hause zu bestellen habe? so trug er ihnen auf, dort aus-zurichten: Man möchte doch ja den Kindern kein anderes Reisege-räth und- Geld mitgeben, als was selbst im Schiffbruche mit ihnen an das Land schwämme; denn nur das seyn die zuverlässigsten Gü-ter des Lebens, über die weder Glückswechsel, noch Staatsverände-rungen, noch Kriegsverheerungen das Geringste vermöchten.

Theophrast, der diesen Gedanken noch weiter ausführt, be-weiſst den Satz, daſs man mehr auf Kenntnisse als auf Geld fuſsen müsse, folgendermaſsen: Nur der unterrichtete Mann, sagt er, sey in der Fremde nicht fremd, noch selbst dann, wenn er von Freun- den und Verwandten entblöſst sey, nicht freundlos; sondern in jedem Staate sey er einheimisch, und könne furchtlos auf alle Unglücksfälle mit Verachtung herabblicken: dahingegen derjenige, der sich nicht mit Wissenschaft, sondern mit Glücksgütern ausrüste, auf schlüpfe-rigen Wegen sich durch ein unstätes und miſsliches Leben hindurch zu fechten habe.

Auf ähnliche Weise sagt Epikur: Nur in wenigem hänge der Weise vom Glücke ab; weil er in den gröſsten und wichtigsten Din-gen sich nach den Eingebungen des Verstandes und der Vernunft richte.

Dieses bestätigen nicht nur mehrere Philosophen als Wahrheit, sondern viele alte Griechische Komödienschreiber haben auch diesel-ben Gedanken in Versen auf die Schaubühne gebracht, z. B. Eukra-tes, Chionides, Aristophanes, und unter allen vorzüglich Alexis, der die Athener darum für lobenswerth hält, weil, da aller Griechen Gesetze den Kindern die Verbindlichkeit auflegen, ihre Eltern zu ernähren, der Athener Gesetze die Ausübung dieser Pflicht nur für diejenigen Eltern fodern, die ihre Kinder in den Künsten unterrichten lassen; denn die Güter, welche das Glück gebe, nehme es auch eben so leicht wieder zurück; anstatt, daſs Wissenschaft der Seele einverleibt werde, und ihr nicht wieder entrissen werden könne, sondern bis auf den letzten Lebenshauch unzertrennlich mit ihr verbunden bleibe.

Ich bekenne und hege daher die höchste, unbeschränkteste Dank-barkeit für meine Eltern, daſs, von der Weisheit dieses Gesetzes der Athener durchdrungen, sie mich eine Kunst haben erlernen lassen, und zwar eine solche, welche ohne Gelehrsamkeit, das heiſst, ohne den ganzen Inbegriff der sämmtlichen Wissenschaften — sine encyclio doctrinarum, — keines Beyfalls würdig ist. Nachdem ich sowohl durch die Vorsorge meiner Eltern als durch den Unterricht meiner Lehrer mit einem reichlichen Vorrathe an Kenntnissen versehen, habe ich durch eigene Neigung zu den Wissenschaften und Künsten und zum Lesen guter Bücher, mir jene Besitzthümer des Geistes zu erwer-ben gesucht, deren Hauptwirkung ist, sich begnügen zu lassen, und den gröſsten Reichthum darin zu setzen, nichts zu begehren. Zwar halten einige dieses nur für lächerlich, und achten hingegen nur diejenigen für weise, die reich an Gelde sind; daher auch viele die-sem Zwecke nachstreben und mit Hülfe von Unverschämtheit durch Reichthum sich sogar einen Namen machen: Ich meines Theils aber, o Cäsar, habe mich nie aus Habsucht auf meine Kunst gelegt; son-dern mäſsiges Auskommen in Ehren hat mir immer vor Überfluſs in Unehren den Vorzug zu haben geschienen. Ich bin freylich bey solcher Denkart nicht sehr berühmt geworden; jedoch schmeichle ich mir durch Herausgebung dieser Bücher bey der Nachwelt nicht unbe-kannt zu bleiben.

Ist es auch wohl zu verwundern, wenn ich so vielen ganz unbe-kannt bin? Audere Baukünstler sind zudringlich und ſlehen demü-thiglich um Arbeit; mich aber haben meine Lehrer gelehrt: weit ge-fehlt darum zu bitten, müsse man sich vielmehr bitten lassen, die Besorgung eines Baues zu übernehmen; weil ein ehrlicher Mann erröthe, um etwas, das zum Argwohn Anlaſs geben könne, zu bitten; denn nicht dem Geber, dem Empfänger der Wohlthat, geziemt das Bitten; und was kann wohl derjenige, bey dem man anhält, die Ver-waltung der von seinem Vermögen zu machenden Ausgaben aus Gnaden unseren Bitten zu gewähren — anders als argwöhnen, daſs dieses nicht seines Vortheils, sondern unseres Gewinns wegen ge-schehe? In dieser Rücksicht übertrugen die Alten ihre Baue nur solchen Baumeistern, die nicht allein von chrbaren Eltern abstamm- ten, sondern auch eine anständige Erziehung genossen hatten; in der Überzeugung, daſs edele Bescheidenheit, nicht aber freches Hervor-drängen, Vertrauen verdiene. Die Künstler selbst aber unterrichte-ten bloſs ihre eigenen Kinder oder Anverwandten, und bildeten diese zu rechtschaffenen Leuten, deren Ehrlichkeit man ohne Bedenken die Gelder zu ansehnlichen Gebäuden anvertrauen konnte. Itzt be-merke ich, daſs Unwissende sonder Erfahrung sich für Meister in der Architectur, in dieser so viel umfassenden Kunst, ausgeben, Leute, die eben so wenig etwas von der Theorie als von der Praxis — ſabrica — verstehen. Ich kann also nicht anders, als diejenigen Bauherren loben, welche, im Vertrauen auf selbst erworbene Kennt-nisse, ihre eigenen Baumeister abgeben. Sie denken, daſs da sie sich doch einmal Unwissenden überlassen müssen, sie lieber sich selbst den Vorzug geben, und nach eigener, als nach fremder Willkühr ihr Geld verthun wollen.

Da nun niemand sich einfallen läſst, irgend eine andere, als die Baukunst, ja z. B. weder das Schuhmacher- noch Walker- noch sonst ein noch leichteres Handwerk zu Hause selbst treiben zu wollen; und zwar bloſs, weil diejenigen, welche Profession von der Baukunst machen, nicht mit Wahrheit, sondern nur fälschlich Baukünstler heiſsen; so hat dieses mich veranlaſst, ein vollständiges Werk über die Baukunst abzufassen, und darin die ganze Theorie derselben um-ständlich auseinander zu setzen; in der schmeichel haften Hoffnung, dem Publiko damit kein unangenehmes Geschenk zu machen.

Nachdem ich denn im fünften Buche von der bequemen Beschaffen-heit öffentlicher Gebäude gehandelt habe; will ich nun in diesem die Theorie und das schickliche Verhältniſs der privat Gebäude vortragen.

Ich lese: quorum ſidei tantarum rerum pecuniae sine dubitatione permitterentur.
ERSTES KAPITEL. Anlegung der Gebäude in Ansehung der besonderen Beschaffenheit des Orts.

Zur guten Anlegung der Gebäude wird erfodert, daſs man haupt-sächlich die Weltgegend oder das Klima, worin sie zu erbauen sind, in Überlegung nimmt: denn anders sind die Gattungen der Gebäude in Ägypten, anders in Spanien, wiederum anders in Pontus, desgleichen zu Rom und in den übrigen Ländern und Himmels-gegenden, je nach der besonderen Beschaffenheit derselben, anzule-gen; weil die Sonne in ihrem Laufe hier in einem nahen, dort in einem fernen, und anderwärts in einem mäſsigen Abstande von der Erde steht. So wie nun die Beschaffenheit der Länder, nach Ver-schiedenheit ihres Abstandes vom Thierkreise und der Sonnenbalm, verschieden ist; so müssen auch, nach Verschiedenheit der Weltge-genden oder des Klimas, die Gebäude verschieden angelegt werden.

In den nördlichen Ländern sind die Häuser gewölbt, äuſserst verschlossen und verwahrt, und gegen die warmen Himmelsgegenden gerichtet, anzulegen; hingegen in den südlichen Ländern, die der drückenden Sonnenhitze ausgesetzt sind, müssen sie sehr offen und gegen Mitternacht und den Nordwind hingewendet, verfertiget wer-den. Auf solche Art hilft man den Gebrechen der Natur durch Hülfe der Kunst ab.

Bey den übrigen Ländern muſs man auf gleiche Weise mit dem gehörigen Temperament, je nach Beschaffenheit des besonderen Kli-mas, verfahren. Man hat hiebey nur die Natur der Dinge zu beob-achten, und besonders auf die Bildung und Leibesbeschaffenheit der Völker Acht zu haben. An den Orten, wo die Sonne nur eine mäſsige Wärme verbreitet, da ist die Leibesbeschaffenheit der Einwohner ge-mäſsiget; an denen aber, wo sie wegen ihrer groſsen Nähe alles ver-brennt, da trocknet sie die mildernde Feuchtigkeit der Körper auf: Hingegen in den kalten Ländern, die weit vom Mittage abliegen, wird die Feuchtigkeit den Körpern nicht durch die Hitze entzogen; sondern die thauige Luft dieser Himmelsstriche theilt denselben noch mehr Feuchtigkeit mit, wodurch denn ein sehr groſser Körperbau, und ein rauher Klang der Stimme entstehen. Daher haben auch die Bewohner der Nordländer eine ausnehmende Leibesgröſse, weiſse Farbe, schlichtes und blondes Haar, blaue Augen, viel Blut; weil sie Feuchtigkeit im Überfluſs haben und ein kaltes Klima. Diejenigen aber, welche zunächst der südlichen Weltachse — axis meridianus, — d. i. unter der Sonnenbahn wohnen, sind, wegen der allzu groſsen Hitze, klein von Statur und haben dunkle Farbe, krauses Haar, schwarze Augen, schwache Beine, wenig Blut. Des wenigen Bluts wegen sind sie auch gegen die Gefahren des Kriegs feige, aber erdulden furcht-los brennende Hitze und Fieber, weil sie gleichsam in der Glut auf-erzogen sind; da hinwiederum der nördlichen Länder Bewohner sich verzagt und schwach in Krankheiten, wegen der Fülle des Bluts aber beherzt in den Gefahren des Kriegs bezeigen.

So hat der Ton der Stimme bey den verschiedenen Völkern gleichfalls seine Verschiedenheiten; weil die Grenzlinie — termina-tio — des Osts und Wests bey der waagrechten Stellung — libratio — der Erde, da, wo der obere und untere Theil der Welt von ein- ander geschieden werden, von Natur gleichsam einen waagrechten Kreis zu haben scheint, den auch die Mathematiker den Horizont nennen. Wenn wir dieses annehmen, und uns in Gedanken als wirklich vorstellen, so ziehe man von dem mitternächtlichen Rande eine Linie zu dem über der südlichen Hälfte der Weltachse — meri-dianus axis — liegenden Rande, und von diesem wieder eine andere schräg hinauf nach dem Endpunkte der Weltachse, der sich hinter den beyden Bären — stellae septemtrionum — befindet; so wird offen-bar daraus an dem Weltgebäude die Figur eines Triangels entstehen, gleichwie die des Instruments, welches die Griechen Sambuka nennen. Die Nationen, welche nun in dem Raume zunächst dem untern Endpunkte der Weltachse auf dem mittäglichen Rande der Linie leben, haben, der geringen Polhöhe wegen, einen schwachen und äuſserst feinen Ton der Stimme, so wie am Instrumente die Saite welche zunächst der Ecke steht: Hierauf folgen, bis ohnge- fähr zur Mitte Griechenlandes, andere Nationen, deren Ton der Stimme stufenweise steigt; so wie, von dieser Mitte aus, der Stim-menton der Nationen bis zum äuſsersten Nordpole unter der gröſs-ten Polhöhe immer gröber und gröber wird, bis er endlich den aller-höchsten Grad erreicht: so daſs das ganze Weltgebäude — conceptio mundi — wegen seiner schrägen Stellung — inclinatio, — vermittelst der Sonne Temperatur, genau nach der Harmonik — harmonia — eingerichtet zu seyn scheint. Die Nationen also, welche zwischen dem südlichen und nördlichen Endpunkten der Weltachse mitten inne liegen, haben, gleichwie auf der musikalischen Tonleiter, einen Mittelton der Stimme in der Rede; diejenigen aber, welche nord-wärts liegen, haben, da ihre Polhöhe zunimmt und durch die Feuch-tigkeit der Laut der Stimme Hypate und Proslambanomenos wird, natürlicher Weise einen gröberen Stimmenton; so wie auf gleiche Weise diejenigen Völker, welche südwärts liegen, endlich mit ihrer Stimme den allerhöchsten Ton, Paranete, hervorbringen.

Fig. 3. Verschiedenheit der Polhöhe. N Oſten F E D A Norden C φ ε @ J@den B Weſten Horizont S
Vitruv dachte sich eine ebene runde Erdfläche und eine hohle Himmelskugel. S. unten B. IX. K. 1. (IV.) Dieser Vorstellungsart gemäſs ist in der Figur 8. die Erde als platte Scheibe, durch den perspektivisch gezeichneten, vom Horizont umgränzten Kreis dargestellt. Der senkrechte durch ANBS gezogne Kreis ist ein an der hohlen Himmelskugel gedachter Meridian. N der Nordpol; S der Südpol; NS die Welt-achse. AB ist die Linie, welche Vitruv von dem mitternächtlichen Rande zu dem über der südlichen Hälfte der Weltachse liegenden Rande zieht. BN ist die Linie, welche Vitruv von dem südlichen Rande schräg hinauf nach dem Nordpole zieht. AB und BN wären also zwey Seiten von dem schema trigoni. Die dritte Seite des Dreyecks wäre durch keine gerade Linie angegeben; sondern sie würde durch den Kreisbogen NA gebildet, dessen Grade die Polhöhe des Orts C auf der angenom-menen Erdfläche angeben. Das Dreyeck ABN stellt sonach einigermaſsen die Figur einer Sambuke dar. Die Saiten, welche Vitruv darauf spannt, müssen von N B herunter senkrecht auf AB gezogen werden; da sie denn von B nach A wachsen. Vitruv hätte in der heu- tigen mathematischen Sprache die Linien Bς, Bε, Bρ, u. s. w. Abscissen, und die senkrecht gezogenen Linien Dς, Eε, Fφ, u. s. w. Ordinaten nennen können. Ich danke diese Erläuterung unserem geschickten Lehrer der Mathematik an hie-siger Hauptschule, Herrn Viet, der sich schon durch verschiedene Schriften, und jüngst noch durch seine Encyklopädie der Leibesübungen, 2 Theile, sehr vortheilhaft bekannt gemacht hat. Vegetius, in einer Stelle, welche ich, unten B.X. K. 22. gegen das Ende, anführe, nennt die Sambuka eine Zither. In den Pitture d’Ercolano T. 1. ist unter den auf N. XXX - XXXIX. vorgestellten Genien, welche tanzen, musiciren, jagen und aller-hand Arbeiten verrichten, auch ein Genius oder geſlügeltes Kind zu sehen, welches ein musikalisches Instrument wie ein Winkelhaken trägt, welches aber noch nicht gar einen geraden Winkel ausmacht, zwischen dessen zwey Seiten zehen parallel- Saiten befind-lich sind. Dieses Instrument scheint mir eine Sambuka zu seyn. An demselben sieht man zugleich am allerdeutlichsten, warum die längste und stärkste Saite vom tief-sten Ton Hypate, die höchste; und die kürzeste, die den höchsten Ton giebt, Nete, die unterste oder letzte genannt wird. Galiani, der σαμβύκη für ein Blaseinstrument erklärt, hätte dieses Wort (chorda) nicht übersehen sollen.

Daſs es aber wahr sey, daſs in der Natur feuchte Örter die Stimme tief, trockene aber hoch machen, beweiset folgender Versuch: Man nehme zwey Becher, die in dem nehmlichen Ofen gleich stark gebrannt, von gleichem Gewichte und, wenn sie angeschlagen wer-den, von Einem Klange sind. Einen derselben tauche man ins Was-ser, nehme ihn wieder heraus, und schlage dann beyde an: so wird man finden, daſs nun ihr Klang sehr verschieden, und sie nicht mehr von einerley Gewicht sind. Eben also haben auch Menschen von gleicher Bildung und in gleichen Umständen, die Einen wegen des heiſsen Klimas eine hohe, und die Andern wegen des feuchten Klimas eine tiefe Stimme.

Siehe oben B. V. K. 3. 4. Anmerk.

Desgleichen ist, wegen der dünnen Luft, der Geist der mittäg-lichen Nationen vermöge der heftigen Hitze fertiger und schneller zu Anschlägen; der Geist der mitternächtlichen Nationen aber, nie-dergedrückt von der dicken Luft und erstarrt von der phlegmatischen Kälte, — langsam und dumm. Daſs dieſs sich wirklich also verhalte, läſst sich an den Schlangen wahrnehmen, die in der Hitze, der phleg-matischen Kälte entledigt, sich mit Behendigkeit bewegen; zur Zeit aber, wenn die Tage am kürzesten sind, im Winter, vor Frost erstarrt, unbeweglich sind. Es ist daher keineswegs zu verwundern, wenn beym menschlichen Geiste ein heiſses Klima Schnelligkeit; ein kaltes hingegen Trägheit bewirket.

Trotz alles Scharfsinnes aber und der auſserordentlichen An-schlägigkeit des Kopfs, stehen dennoch die südlichen Nationen, so bald es auf Tapferkeit ankommt, zurück; weil die unmäſsige Son-nenhitze ihren Muth entkräftet: Dagegen sind die Bewohner der kalten Himmelsgegenden vorzüglich kriegerisch, und stürzen in ihrem ganzen Vermögen furchtlos in jede Gefahr; weil sie aber langsam in ihren Entschlüssen und ohne Bedachtsamkeit und Klugheit verfahren, so fehlt ihren Anschlägen der glückliche Erfolg.

Da nun die Natur die Welt also eingerichtet hat, daſs alle Na-tionen durch entgegengesetzte Temperamente von einander unter-schieden sind; so hat es ihr gefallen, mitten zwischen diesen Welt-gegenden, in der Mitte des Erdkreises dem Römischen Volke seinen Platz anzuweisen; daher denn Italiens Völker in beyderley Rücksicht, sowohl in Ansehung des Körperbaues, als der Seelenkräfte und Tapferkeit, zwischen allen die Mittelstraſse halten. Gleichwie der Planet Jupiter zwischen dem äuſserst heiſsen Mars und dem äuſserst kalten Saturn in einem gemäſsigten Klima sich bewegt; eben also kann Italien, mitten zwischen den nördlichen und südlichen Weltgegenden, eines gemäſsigten Himmelsstrichs sich rühmen; daher es auch durch Klugheit die Macht der Barbaren bezwingt, durch Tap-ferkeit über die Anschläge der Bewohner der Südländer siegt: Ja, das Verhängniſs hat diesen vorzüglich gemäſsigten Himmelsstrich der Stadt Rom bestimmt, um sie zur Beherrscherin der Welt zu machen.

Besserer Unterricht über diesen Gegenstand ist aus Hume’s Essay of National Characters, zu schöpfen.

Ist dem nun also, daſs die Verschiedenheit der Länder durch die Verschiedenheit des Klimas bewirkt wird; und daſs eben daher bey den Völkern die Verschiedenheit der Leibes- und Seelenbeschaf-fenheit entsteht; so dürfen wir wohl nicht anstehen, die Gebäude der besonderen Beschaffenheit der Nationen und Völker gemäſs anzu-legen und einzurichten; da wir von der Natur selbst dazu einen so verständlichen und klugen Fingerzeig erhalten haben.

So weit ich die, von der Natur den Örtern angewiesene, eigene Beschaffenheit mit meiner Vernunft habe begreifen können, habe ich solche dargethan und dem zu Folge Anweisung gegeben, wie die Gebäude nach der Weltgegend oder dem Klima, der Natur der Völ-ker angemessen anzulegen seyn. Nunmehr will ich kürzlich die Ver-hältnisse jeder einzelnen Art der Gebäude, im Allgemeinen und im Besondern vortragen.

ZWEYTES KAPITEL. Verhältniſsmäſsiges Maaſs nach Beschaffenheit der Örter.

Keine Sorge muſs dem Baukünstler mehr am Herzen liegen, als den Gebäuden in allen ihren Theilen das vollkommenste Verhältniſs zu geben. Wenn daher das allgemeine Ebenmaaſs festgesetzt, und das Verhältniſs der einzelnen Theile nach der Theorie ausgefunden ist; so gilt es Scharfsinn, um auf die Beschaffenheit des Orts, auf den Gebrauch und auf die Schönheit die gehörigen Rücksichten zu nehmen, und durch Hinzusetzung oder Hinwegnehmung ein Temperament zu treffen, damit, wenn hier und da etwas von dem Ebenmaaſse hin-weg zu nehmen oder zu demselben hinzu zu fügen ist, dieses so meisterhaft geschehe, daſs das Auge es nicht einmal gewahr werde. Denn anders fällt ein Ding in der Nähe — ad manum — ins Gesicht, anders wenn es hoch steht; wieder anders in einem verschlossenen und anders in einem offenen Raume. Es bedarf daher groſser Beur-theilungskraft zu bestimmen, was am füglichsten zu thun seye; denn auf das Urtheil des Gesichts ist sich nicht geradehin zu verlassen, da es uns nicht selten täuscht. So scheinen z. B. auf den gemalten Sce-nen sowohl Säulen als Sparrenköpfe und Statüen vorzuspringen; da doch jedes Gemälde ohnstreitig nur eine ebene Fläche ist. Desglei-chen scheinen dem Auge die Ruder an den Schiffen, ohnerachtet sie gerade sind, im Wasser dennoch gebrochen; so weit sie aber aus dem Wasser hervorragen, wie sie es auch wirklich sind, gerade; denn, indem sie im Wasser hangen, senden sie, vermöge der Durchsich- tigkeit dieses dünnen Elements, von ihrem Körper ausflieſsende schwimmende Bilder nach der Oberfläche des Wassers zurück, wo alsdann diese, durch ihre Bewegung das gebrochene Ansehen der Ru-der bewirken. Wir mögen aber nun sehen, entweder weil Bilder der Gegenstände unsre Augen treffen, oder weil, wie die Philosophen dafür halten, aus unsren Augen Strahlen nach den Gegenständen aus-flieſsen; so bleibt es, welche von beyden Erklärungen man auch annehmen mag, immer gewiſs, daſs das Urtheil der Augen trügt.

Da nun manches, was falsch ist, wahr scheint, und wiederum manches anders ins Gesicht fällt, als es wirklich ist; so halte ich für ausgemacht, daſs man nach Beschaffenheit des Orts und nach Erfor-derniſs der Umstände, bey einem Gebäude hier und da zusetzen und abnehmen müsse, jedoch so, daſs es ganz und gar nicht zu mer-ken sey. Dieses hängt jedoch mehr vom Scharfsinne des Genies ab, als daſs es sich durch Vorschriften lehren lieſse.

Inzwischen muſs man zuerst das Grundverhältniſs feststellen, von welchem sich nachher genau die Abweichungen angeben lassen. Dann bestimme man des zu errichtenden Gebäudes nebst Zubehör Umfang, der Länge und Breite nach: Ist dessen Gröſse einmal festgesetzt, so gehe man zur Sorge für dasjenige Verhältniſs über, wovon die Schön-heit eines Gebäudes abhängt, damit es den Blick des Beobachters durch Wohlgereimtheit — eurythmia — fessele.

Wie diese Übereinstimmung zu bewirken sey, will ich zeigen, und will zuerst bey der Anlage der Höfe — cava aedium — anfangen.

Ich lese, weil der Sinn es also heischt: Cum ergo quae sunt falsa vera vide-antur (z. B. die gemalten Säulen, die vorzuspringen scheinen) anstatt quae sunt vera falsa videantur.
DRITTES KAPITEL. Hof — Cavum aedium oder Atrium. — Seitenzimmer — alae — Tablin — tablinum. — Peristyl.

Man unterscheidet fünf Arten der Höfe. Sie heiſsen nach ihrer verschiedenen Gestalt, der Toskanische, der Korinthische, der viersäulige — tetrastylon — der trauflose — displuviatum — und der zugewölbte — testudinatum.

Toskanische Höfe sind diejenigen, wo in die Balken, welche nach der Breite des Hofs — atrium — hervorspringen, Stichbalken — interpensiva — eingezapft und Kehlrinnen — colliquiae — ange- bracht sind, die von den Winkeln der Wände zu den Winkeln der Balken hinüber laufen; desgleichen aus Latten Ableiter — dejectus — der Traufe nach der Dachrinne — compluvium — hin im Mittel.

Bey den Korinthischen Höfen werden die Balken und Dachrinnen auf gleiche Weise angebracht; nur ruhen die aus den Wänden hervorspringenden Balken rings umher auf Säulen.

Dem Leser wird die Vorstellung der Toskanischen Höfe durch folgende Erläu-terung, welche ich vom Hrn. Doctor Stieglitz erhalten habe, vollkommen deutlich werden:

Viersäulige Höfe sind diejenigen, wo in die Ecken unter die Balken Säulen gestellt werden, welches den Balken nicht allein Hülfe, sondern auch Festigkeit verschafft; denn diese brauchen nun

Fig. 9. Toskanischer Hof. a c b e a b

“Ich stelle mir die Sache so vor: Der Toskanische Hof hatte rings herum ein Dach, das durch die Balken a des Gebäudes entstand — trabes in atrii latitudine tra-jectae, — die etwas aus der Mauer hervorsprangen. Zwischen diesen Balken a lagen Hölzer b, — interpensivae, — unstreitig das was wir Stichbalken oder vielmehr Wech-sel nennen, die in die Hauptbalken a eingezapft und eingespannt wurden, und von den Winkeln der Mauern c gingen, oben von dem Wetterdache an bis auf die Winkel d, Regenrinnen c d — colliquiae — herab. Auf dem Dache waren Latten befestigt, wel-che das Regenwasser nach der Dachrinne ableiteten — compluvium, — die sich in der Mitte einer jeden Seite des Daches bey c befand.

weder von groſsem Umfange zu seyn — magnum impetum habere, — noch werden sie von den Stichbalken belastet.

Trauflose Höfe aber sind diejenigen, worin die Rinnen — deliquiae, — welche den Sammelkasten — arca — empor halten, die Traufe rückwärts dicht an der Wand herableiten. Sie sind am vortheilhaftesten bey Winterwohnungen anzubringen; weil ihre auf-rechts stehenden Dachrinnen den Zimmern das Licht nicht rauben. Inzwischen haben sie in Rücksicht des Ausbesserens groſse Unbe-quemlichkeit, indem die Röhren — fistulae, — durch welche längst den Wänden die Traufe herabläuft, nicht immer schnell genug das, aus den Dachrinnen strömende Wasser fortschaffen können, welches dann stockt und überläuft und alles Holzwerk nebst den Wänden solcher Gebäude verdirbt.

Die zugewölbten Höfe macht man da, wo der Hofraum nicht von groſsem Umfange ist — ubi non sunt impetus magni, — und es darauf ankommt, in den oberen Gestocken die Wohnungen zu erweitern.

Galiani’s Vorstellung der trauflosen Höfe ist die sonderbarste, die man sich denken kann, und wohl schwerlich irgendwo, am allerwenigsten bey den Alten, wirk-lich ausgeführt worden. Perrault scheint mir der Wahrheit näher. Cavum aedium dictum qui locus tectus intra parietes relinquebatur patu-lus, qui esset ad communem omnium usum. In hoc locus si nullus relictus erat, sub divo qui esset; dicebatur testudo, a testudinis similitudine, ut est in prae-torio in castreis. Si relictum erat in medio, ut lucem caperet; deorsum, quo im-pluebat, impluvium dictum; et sursum, quo compluebat, compluvium; utrum-que a pluvia.
(IV.)

Der Höfe Länge und Breite wird auf dreyerley Art bestimmt. Die Erste ist, wenn man die Länge in fünf Theile theilt und drey davon der Breite giebt: Die Andere, wenn man sie in drey Theile theilt, und zwey zur Breite nimmt: Die Dritte, wenn man die Breite als Eine Seite eines gleichseitigen Vierecks annimmt, in diesem Vier-ecke eine Diagonallinie zieht, und den Hof dieser Diagonallinie an Länge gleich macht. Die Höhe derselben sey der Länge gleich; nehmlich drey Viertel bis unter die Balken, und das übrige zu den Feldern unterm Kranzleisten und zum Sammelkasten.

Ich folge dem Jocundus, der hier nicht, wie die übrigen Herausgeber Vitruvs, ein neues Kapitel anfängt. Ungeachtet aus dem Vorhergehenden und Folgenden genug-sam erhellet, daſs cavum aedium und atrium ganz dasselbe bedeute, so hat die-ses dennoch vielen nicht eingeleuchtet; daher sie denn hier, gleichsam als ob von einem neuen Gegenstande gehandelt würde, ein neues Kapitel anfangen zu müssen geglaubt haben. Um jedoch bey Anführungen nicht Verwirrung zu verursachen, setze ich die Zahl IV. in Klammern über diesen Absatz, und ändere die Zahl der folgenden Kapitel nicht. Übrigens führe ich hier zur Erläuterung dessen, was bis zu Ende die-ses Kapitels vorgetragen wird, aus des Spaniers Don Juan Andres Reisen durch verschiedene Städte Italiens in den Jahren 1785 und 1788, dessen Nach-richten von Pompeji, Theil 1. Br. 13. S.303—305 der Schmidschen Über-setzung, an. “Man kommt an das Stadtthor und sieht sogleich eine Straſse, die ziemlich lang und nicht sehr breit ist; auf beyden Seiten sind für die Fuſsgänger bequeme steinerne Gänge zwey Spannen hoch; in der Mitte ist der Weg zum Fahren und Reiten, aber so enge, daſs nicht mehr als ein Wagen Platz hat. Auf beyden Seiten stehen Reihen von Häu-sern und Kramläden; in die Häuser geht man durch einen bedeckten Gang, den sie fau-ces nannten; und an den Seiten davon sind entweder Läden oder Zimmer, die zu dem Hause gehören. Läden sieht man von verschiedener Art; aber die meisten sind denen, die heut zu Tage in Italien gewöhnlich sind, ziemlich ähnlich. Der eine hat ein Öfchen und eine Stelle, um Wasser oder ein anderes heiſses Getränk darauf zu setzen, welches glauben macht, daſs es ein Laden gewesen, wohin man, um etwas zu trinken, gegangen, wie jetzt unsre Caffeeschenken sind; und in der That wird es auch das Caf-fee genannt. Der andere war die Werkstätte eines Wundarztes, wo man ein Gesteck mit allen seinen Werkzeugen gefunden hat.” “Wieder auf die Häuser zu kommen; ist man die fauces passirt, so tritt man in das atrium, in dessen Mitte das impluvium ist; auf beyden Seiten des atrii sind die conclavia oder Schlafzimmer, die sehr klein sind und wenig mehr als ein Bett halten könnten; am Ende der Schlafzimmer in eben demselben atrio sind die alae oder Be-suchzimmer; diese stehen offen, wiewohl sie vielleicht einen Vorhang haben mochten, den sie nöthigen Falls vorzogen; hier sind der Fuſsboden und die Wände mehr, als alles übrige des Hauses, ausgeschmückt, weil es der Ort ist, der von fremden Personen am meisten gesehen wurde. In einem Flügel wohnten die Bedienten, auf der Seite, wo die Küche war. Neben den alis war das triclinium oder Speisezimmer, und es gab eins für den Sommer und ein anderes für den Winter, an der andern Seite neben der Bedientenstube: mitten zwischen diesen tricliniis war das tablinum, welches, wie die ala, ein Besuchzimmer war, und tablinum hieſs, weil sie darin die Porträte ihrer Vorfahren aufhingen, die nehmlich, so ein Recht dazu hatten. Durch das tablinum kam man zu dem peristylio, welches ein groſser Hof mit einer hübschen Halle war, die gemeiniglich Säulen hatte, daher es peristylium hieſs, so wie viele Kreuzgänge in unsern Klöstern. Hernach folgten auf einer Seite die Küche, Vorrathskammer und andere dergleichen Officen: an den Seiten oder hinter dem peristylio waren die Bedienten-stube, Kornkammer und andere Sachen; auch pflegten da die Bäder in den Häusern, die dergleichen hatten, zu seyn, denn in den meisten waren keine. Dieſs ist im all-gemeinen der Grundriſs der Häuser, wiewohl manche einen andern haben, nach Be-schaffenheit des Platzes, worauf sie gebauet wurden, oder auch nach dem Geschmacke des Besitzers oder Baumeisters.” Zwey Anmerkungen muſs ich aber zur Berichtigung dieser Stelle hinzufügen. a) Die Bedeutung des Worts ala scheint mir zu eingeschränkt. Aus dem, was Vitruv davon sagt, schlieſse ich, daſs unter alae alle Zimmer, die auf den Flügeln, d. i. auf den Seiten des Hofes lagen, zu verstehen sind. b) Die Abnenbilder wurden nicht im Tablin aufbewahrt. Man erinnere sich hier der klassischen Stelle beym Plin. l. XXXV. 2. Aliter apud maiores. In atriis haec erant quae spectarentur, non signa externorum artificum, nec aera, aut marmora: expressi cera vultus singulis disponebantur armariis; ut essent imagines quae comitarentur gentilitia funera; sem-perque defuncto aliquo totus ederat familiae eius, qui unquam fuerat, populus. Stemmata vero lineis discurrebant ad imagines pictas. Tablina codicibus imple-bantur, et monumentis rerum in magistratu gestarum. D. i. “Anders war es bey unse-ren Vorfahren! In den Höfen standen bey ihnen zur Schau, nicht etwa Statüen auswärtiger Künstler von Erz oder Marmor; sondern Wachsabgusse der Gesichter der Ahnen, je in einzelnen Schränken; damit die Familien-Leichenbegängnisse von wahren Ebenbildern der Vorfahren begleitet werden möchten: Und so war immer bey jeder Leiche der ganze Stamm der Familie, vom Stammvater an, gegenwärtig. Blumenge-

Den Seitenzimmern — alae — zur Rechten und Linken gebe man, wenn des Hofs Länge dreyſsig bis vierzig Fuſs beträgt, ein Drittel derselben zur Breite; Wofern die Länge vierzig bis funfzig Fuſs ausmacht, so theile man sie in viertehalb Theile, und gebe davon Einen Theil den Seitenzimmern: Wenn aber die Länge funf-zig bis sechzig Fuſs beträgt, so ertheile man ein Viertel dieser Länge den Seitenzimmern: Wenn sechzig bis achtzig, so theile man diese Länge in fünftehalb Theile und mache aus Einem derselben die Breite der Seitenzimmer: Wenn achtzig bis hundert, so wird ein Fünftel dieser Länge die gehörige Breite der Seitenzimmer abgeben. Die Grenzbalken derselben — trabes liminares — lege man so hoch, daſs die Höhe der Breite gleich sey.

Dem Tablin — tablinum — gebe man, wenn die Breite des Hofs zwanzig Fuſs ist, diese, weniger ein Drittel, zur Gröſse: Ist jene dreyſsig bis vierzig Fuſs, so gebe man dem Tablin die Hälfte der-selben: Ist sie aber funfzig bis sechzig, so theile man sie in fünfTheile, und zwey davon erhalte das Tablin. Denn die kleineren Höfe kön-nen nicht mit den gröſsern gleiche Verhältnisse haben; weil, wenn man sich der Verhältnisse der gröſsern bey den kleinern bediente, weder Tablin noch Seitenzimmer von einigem Nutzen seyn könn- ten; hingegen, wenn man die Verhältnisse der kleineren auf die gröſsern anwendete, die Theile derselben viel zu groſs und unge-heuer ausfallen würden. Ich habe daher überhaupt das Verhältniſs der Gröſsen dem Nutzen und dem Ansehen gemäſs zu bestimmen gesucht. Die Höhe des Tablins bis an den Unterbalken betrage ein Achtel mehr, als die Breite, und die Decke — lacunaria — erhebe sich noch um ein Drittel der Breite höher.

winde liefen an Schnüren von einem bemalten Bilde zum andern (den Grad der Ver-wandtschaft anzudeuten.) Die Tabline wurden mit Schriften und Urkunden der, in dem obrigkeitlichen Amte verrichteten Thaten angefüllt u.s.f.” d. i. die Balken, welche die Decke des Zimmers ausmachen. Nehmlich die Höhe der Seitenzimmer.

Die Flur — fauces — der kleinern Höfe hält des Tablins Breite, weniger ein Drittel; der gröſsern Höfe aber die Hälfte. Die Ahnenbilder werden sammt ihren Verzierungen so hoch gestellt, als die Seitenzimmer breit sind.

Das Verhältniſs der Breite der Hausthüren zur Höhe, sey bey Dorischen Thüren, Dorisch; bey Ionischen, Ionisch; so wie es im vierten Buche, wo von den Gattungen der Thüren gehan-delt worden, angegeben ist.

Der Öffnung — lumen — des unbedeckten mittleren Hofraums — impluvium — Breite sey weder kleiner als ein Viertel, noch gröſser als ein Drittel der Hofbreite; die Länge derselben sey verhältniſs-mäſsig der Hoflänge gleich.

Der Ort, wo Vitruv hier der Ahnenbilder — imagines — (welche bloſs Wachslarven, Wachsmasken waren) erwähnt, giebt zu erkennen, daſs er ihnen ihren Platz in der Flur, das heiſst, in dem Raume des Hauses gleich nach der Haus-thüre, anweiset. Dieser Ort, der übrigen Vortheile nicht zu gedenken, scheint mir haupt-sächlich deswegen dazu am schicklichsten, weil er bedeckt, und also die Bilder, oder die Schränke, worin sie verwahrt wurden (s. Plin. XXXV. 2.) weder der Sonnenhitze noch der Feuchtigkeit ausgesetzt waren. Übrigens war die Flur, da die Römer keine Hinter- oder Hofthür hatten, ein Theil des Hofs, und ist also der gewöhnliche Ausdruck der Schriftsteller imagines in atriis, dieser Erklärung nicht zuwider. Aus Plinius dem Älteren B. XIX. K. 6. sehen wir, daſs man bey den Alten diesen mittleren Hofraum auch wohl mit Rasen belegte, und, um diesen vor der Sonne zu schützen, oben ein rothes Segeltuch darüber spannte.

Das Peristyl mache man ein Drittel breiter als lang; die Säu-len so hoch, als der Säulengang breit ist; und die Säulenweite nicht geringer als dreymal, noch gröſser als viermal die Säulendicke. Will man aber im Peristyl Dorische Säulen anbringen, so nehme man den Model wie ich es im vierten Buche bey der Dorischen Bau-art vorgeschrieben habe, und ordne sie darnach, und nach der Aus-theilung der Dreyschlitze an.

FÜNFTES KAPITEL. Speisesäle — triclinia. — Säle — oeci. — Hörsäle — exedrae. — Bildersäle — pinacothecae. —

Speisesäle müssen doppelte Breite zur Länge haben. Was die Höhe betrifft, so gilt in Ansehung derselben bey allen länglichen Zimmern folgende allgemeine Regel: Man rechnet die Länge und Breite zusammen, und von der daraus entstehenden Summe giebt man der Höhe die Hälfte. Sind aber Hör- oder andere Säle ge-viert; so muſs man ihnen anderthalb Breiten zur Höhe geben.

Bildersäle sind, so wie die Hörsäle sehr geräumig anzu-legen.

Korinthische und viersäulige, auch sogenannte Ägypti-sche Säle müssen in Ansehung der Länge und Breite das so eben von den Speisesälen angegebene Verhältniſs haben; nur müssen sie der Säulenstellung wegen gröſser gemacht werden. Übrigens ist zwischen Korinthischen und Ägyptischen Sälen dieser Unterschied: Die Korinthischen haben einfache Säulen entweder auf einem Untersatze — podium — oder auf dem Fuſsboden; oben Unterbalken und Kranz entweder von Holz oder Weiſsstuck, und über dem Kranze eine nach einem gedruckten Bogen gewölbte Decke — curva lacunaria ad circinum delumbata.) — Bey den Ägypti-schen aber legt man auf die Säulen Unterbalken, und von diesen Unterbalken nach den umherlaufenden Wänden hinüber Balken; hier-auf aber Breter und ein Ästerich —pavimentum— unter freyem Him-mel, damit man rings umher gehen könne; dann stellt man auf die Unterbalken, senkrecht über die unteren Säulen, um ein Viertel klei-nere Säulen, über deren Unterbalken und Kranz man eine zierliche Felderdecke — lacunar, — und zwischen den oberen Säulen Fenster anbringt; woraus denn eine gröſsere Ähnlichkeit mit den Basili-ken, als mit den Korinthischen Speisesälen zu entspringen scheint.

Vitruvius does not mention the difference between either of them and the tetrastyle, because it may be supposed he thought it not likely to be mistaken, the very name of it determining the construction of it, so far as to signify it had but four columns; but the Corinthian as well as the Egyptian oecus must have had a range of columns around.#Newton’s Vitruv. Vol. II. p. 138.
SECHSTES KAPITEL. Säle — oeci — nach Griechischer Sitte.

Man macht noch eine Art der Säle, welche zwar in Italien nicht gewöhnlich sind, bey den Griechen aber Kyzikenische heiſsen. Sie werden gen Mitternacht gestellt, hauptsächlich — maxime — mit der Aussicht ins Grüne — viridia — und haben Thüren im Mittel. Sie müssen so lang und so breit seyn, daſs darin bequem zwey Ta-feln je zu drey Taſelbetten — triclinia — zu drey Personen gegen einander über stehen können, und rings umher der erforderliche Raum zur Aufwartung bleibe: und rechts und links müssen sie Fen-ster haben, deren Öffnung mit Fensterthüren versehen sind — lumina fenestrarum valvata, — damit man von den Tafelbetten durch die groſsen Fensteröffnungen ins Grüne sehen möge. Man giebt ihnen anderthalb Breiten zur Höhe.

Bey diesen Arten der Gebäude sind alle Verhältnisse anzubrin-gen, welche nur ohne Hinderniſs von Seiten des Orts angebracht werden können.

Wahrscheinlich weil sie zu Kyzikum, einer auf einer Insel des Propontis gelegenen Stadt, welche durch zwey Brücken mit dem festen Lande verbunden war, erfunden worden oder dort vorzüglich Mode waren. Von den Merkwürdigkeiten die-ses Orts siehe Plinius XXXVI, 22 u. ff. Beym jüngern Plinius II. 17. heiſsen diese Fenster fenestrae non minores valvis.

Die Fenster, wenn sie anders nicht durch hohe Mauern ver-finstert werden, sind leicht angeordnet; wofern es ihnen aber wegen Enge des Raumes oder wegen anderer Hindernisse an Lichte gebricht, so muſs man Genie und Scharfsinn anstrengen, um durch Hinzuse-tzung oder Hinwegnehmung Verhältnisse hervorzubringen, die, wenn sie gleich von der Regel abgehen, dennoch der Schönheit nicht nach-theilig sind.

SIEBENTES KAPITEL. Gegen welche Himmelsgegend die Gebäude gerichtet seyn sollen.

Ietzt will ich erklären, gegen welche Himmelsgegenden die verschie-denen Arten der Gebäude, in Ansehung des besondern Gebrauchs wozu sie bestimmt sind, gerichtet seyn müssen.

Die Winter-Speisesäle und Bäder müssen nach der Win-ter-Abendseite sehen, darum, weil man beym Gebrauche derselben des Abendlichts bedarf, und überdieſs auch die untergehende Sonne, indem sie gerade hinein scheint, Abends eine gemäſsigte Wärme darin verbreitet.

Wohnzimmer — cubicula — und Bibliotheken müssen gen Morgen liegen; denn der Gebrauch derselben erfordert Morgen-licht; ingleichen verstocken in solchen Bibliotheken die Bücher nicht, in denen aber, die gen Mittag und Abend liegen, werden sie durch Würmer und Feuchtigkeit verderbt, indem die feuchten Winde, welche aus diesen Himmelsgegenden kommen, nicht allein Würmer erzeugen und nähren, sondern auch Dünste verbreiten, wodurch die Bücher mit Schimmel beschlagen werden.

Frühlings - und Herbst-Speisesäle wende man gen Mor-gen; damit sie, wenn die Fenster verhängt werden, bis die groſse Hitze vorüber ist und die Sonne sich gegen Abend neigt, — um die Zeit temperirt seyn, wenn man sich ihrer zu bedienen pflegt.

Sommer- Speisesäle stelle man gen Mitternacht: weil diese Himmelsgegend niemals, wie die übrigen, während der Sonnenwende von brennender Hitze durchglühet wird, indem sie von der Sonne abgewandt liegt; sondern immer kühl, gesund und angenehm zum Gebrauch ist: Ingleichen Bildersäle und Werkstätten der Sticker — plumariorum textrinae — und Maler, damit die Farben derselben während der Arbeit wegen des stäten Lichts unverändert bleiben.

ACHTES KAPITEL. Anordnung der Häuser dem Stande der Besitzer gemäſs.

Nachdem man also auf die Richtung der Gebäude nach den Him-melsgegenden Rücksicht genommen hat, muſs man auch darauf Acht haben; auf welche Art in privat Häusern die Orte, welche für die eigene Person des Hausherrn, und wiederum die, welche zur Ge-meinschaft mit Fremden bestimmt sind, eingerichtet werden müssen.

Zu den Orten, die für des Hausherrn eigene Person bestimmt sind, steht nicht einem jeden, sondern nur denen, die dazu eingeladen werden, der Zutritt offen, und dergleichen sind die Wohn- Speise- und Badezimmer und andere zu ähnlichem Gebrauch.

Gemeinorte — communia loca — aber sind diejenigen, wohin es einem jeden, wer er auch sey, auch ungebeten zu gehen frey steht, z. B. Vorplatz —vestibulum, Hof, Peristyl und so dergleichen.

Leute von gemeinem Stande nun bedürfen weder prächtige Vor-plätze, noch Tabline, noch Höfe; weil sie wohl anderen die Aufwar-tung machen, diese aber von anderen ihnen nicht wieder gemacht wird.

Bey denenjenigen, welche mit Feldfrüchten handeln, sind an der Stelle der Vorplätze Ställe und Läden anzulegen; im Hause selbst aber Gewölbe — crypta, — Speicher — horrea, — Vorrathskammern — apothecae — und andere Behältnisse, welche mehr zur Verwah-rung der Früchte, als zur Zierlichkeit dienen.

Wechsler und Staatspächter — Publicani — brauchen bequemere und schönere, jedoch vorzüglich vor Dieben gesicherte Häuser; Ge- richtspersonen aber, und Advocaten zierlichere, und die zu zahlreichen Versammlungen geräumig sind.

Was wir unter Vorplatz — vestibulum— eigentlich zu verstehen haben, sagt uns A. Gellius ausdrücklich B. XVI. K. 5. “Diejenigen, welche ehedem groſse Häu-ser erbaueten, lieſsen vor der Thüre einen freyen Platz, welcher zwischen der Haus-thüre und der Straſse mitten inne lag. Hier hielten sich diejenigen, welche dem Herrn des Hauses ihre Aufwartung zu machen kamen, auf, bevor sie vorgelassen wurden; und standen also weder auf der Gasse, noch befanden sie sich im Hause selbst.” — Ich halte dafür, daſs diese Vorplätze verschieden waren. Gewöhnlich mochten sic wohl mit unseren so genannten Schloſshöfen Ähnlichkeit haben. Zuweilen konnte aber auch wohl ein Portik vor dem Hause darunter verstanden werden, so wie die Vorhallen der Tempel. Auch nennt Vitruv B. VII., Vorrede, wirklich einmal das Pronaos vestibulum. Ich lese mit Perrault: hi aliis officia praestant ambiendo, neque ab alüs ambiuntur. Siehe die im vorhergehenden dritten Kapitel (IV) angeführte Stelle aus Dou Juan Andres Reisen.

Allein der Adel, der bey Verwaltung der Ehrenstellen und Obrig-keitlichen Ämter den Bürgern allerley Dienste zu erweisen hat, be-darf königlicher Vorplätze, stattlicher Höfe und sehr weitläuftiger Peristyle und Lustwälder mit breiten Gängen, um seiner Würde das geziemende Ansehen zu geben; überdieſs Bibliotheken, Bildersäle, Basiliken, welche den öffentlichen Gebäuden keineswegs an Pracht zu weichen brauchen, da in diesen Häusern öfters sowohl öffentliche Berathschlagungen gehalten, als auch privat Rechts - und Schieds-sprüche ertheilt werden.

Wenn nun auf solche Weise die Häuser dem Stande eines jeden Hausherrn angemessen, so wie es im ersten Buche in Ansehung des Schicklichen vorgeschrieben worden ist, eingerichtet sind; so ist nichts daran auszusetzen, weil nichts an ihrer Bequemlichkeit und Zweck-mäſsigkeit fehlt.

Also müssen aber nicht allein die Stadt - sondern auch die Landhäuser beschaffen seyn; nur daſs in der Stadt die Höfe zu-nächst den Hausthüren zu seyn pflegen, da auf dem Lande in den städtischen Landhäusern — pseudourbana — zuerst die Peristyle kom- men, und dann die Höfe, welche rings umher mit Ästerichen ver-sehene Säulengänge haben, aus welchen man auf Kampfplätze — pa-laestra — und Alleen sieht.

Die Zimmer der Häuser zu Pompeji sind sehr klein gemeiniglich von 10 zu 12 oder 14 zu 18 Fuſs, (auſser einem, das 30 Fuſs lang und 15 breit war) gemeinig-lich ein viereckichter Hof, in welchen die Fenster gehn, (überhaupt gehn die Fenster nicht leicht nach der Straſse zu) und in der Mitte des Hofs ein Brunnen, oder ein Behältniſs für das ablaufende Regenwasser. Rund um den Hof geht gemeiniglich ein Portico. In den Zimmern ist nichts von Holz als die Thür und Fenster; der Fuſsbo-den Mosaik, Wand und Decke gemalt, und zwar mit sehr mannichfaltigen Farben. Zwey bis drey Stockwerke haben die Häuser. S. Hamiltons Aufsatz von den neuesten Entdeckungen zu Pompeji.
Siehe am Ende dieses Buchs als Beylagen 1 und 2 die Beschreibungen des Plinius zweyer seiner Landhäuser, und Beylage 3 des M. Varro Beschreibung sei-nes Landgutes und Vogelhauses bey Casinum. Da sie die einzigen Denkmäler die-ser Art sind, welche uns aus dem Alterthume übrig geblieben, und woraus wir uns von den Villen der Alten einen Begriff machen können, so glaube ich, gehören sie als eine schickliche Erläuterung hieher. Im Jahre 1775 grub man zu Pompeji an der Stelle, wo eine ländliche Villa stand, auſser der Stadt. Nach der Gartenseite zu gieng an d@m Gebäude hin ein bedeckter Säulengang, oben darauf eine Terrasse, durch die man in die Zimmer im obern Stock-werk kam. An der Hinterseite der Villa stand die Wohnung des Verwalters, mit einem eigenen Eingange; hier fand man viel Wirthschaftsgeräthe. Von der ganzen Villa hat der König den Riſs aufnehmen lassen, und dieser steht in der Folge des Werks vom Herkulanum noch zu erwarten. Siehe Sir W. Hamiltons Aufsatz von den neuesten Entdeckungen zu Pompeji im vierten Bande der Archaeologia or miscellaneous Tracts relating to antiquity, published by the Society of antiqua-rians of London. “Nahe an dem öffentlichen Platze der Stadt Herculanum lag eine Villa oder ein Landhaus nebst zugehörigem Garten, welche sich bis an das Meer erstreckte. Überhaupt ist zu merken, daſs das Gebäude dieser sowohl als anderer Villen an diesem und andern benachbarten Orten, nebst andern Wohnungen, nur von einem einzigen Gestocke gewesen. Diese Villa schloſs einen groſsen Teich ein, welcher 252 Neapel-sche Palmen lang und 27 breit war, und an beyden Enden war derselbe in einen hal-ben Zirkel gezogen. Rund umher waren, was wir Gartenstücke nennen, und dieser ganze Platz war mit Säulen von Ziegeln, mit Gips übertragen, besetzt, deren 22 an einer und an der längsten Seite standen, und 10 in der Breite. Oben aus diesen Säu-len giengen Balken bis in die Mauer, die um den Garten gezogen war, und dieses machte eine Laube um den Teich. Unter derselben waren Abtheilungen zum Waschen oder Baden, einige halb rund und andere eckicht, wechselsweise. Zwischen den Säu-len standen Brustbilder, und wechselsweise mit denselben weibliche Figuren von Erz. Um die Mauer des Gartens umher von auſs@n war ein schmaler Wasserkanal geleitet. Aus dem Garten führte ein langer Gang zu einer offenen runden Loggia, oder Som-mersitze am Meere, welche 25 Palmen vom Ufer erhöhet war, und von d@m langen

Ich habe nunmehr, meinem Vorsatze gemäſs, so gut ich ge-konnt habe, kürzlich die Beschaffenheit der Stadthäuser angegeben: Itzt will ich von den Landwirthschaftlichen Gebäuden — aediſicia rusticarum expeditionum — handeln, und will zeigen, wie sie zum Gebrauch am bequemsten zu stellen und einzurichten sind.

Gahge gieng man vier Stufen zu dem runden Platze hinauf, wo oben ein schönes Pa-viment oder Estrich von Marmo Africano und von Giallo Antico war. Es besteht dasselbe aus 22 Umkreisen, die sich gegen den Mittelpunkt verjüngen, von keilförmig gehauenen und abwechselnden Steinen, in deren Mitte eine groſse Rose ist, und die-net itzt zum Fuſsboden im zweyten Zimmer des Herculanischen Museums. Es hält 24 Römische Palmen im Durchmesser. Um diesen Fuſsboden gieng eine Einfassung von weisem Marmor von anderthalb Neapelschen Palmen breit, welche beynah einen halben Palm höher lag. — Auſser der Bibliothek war in dieser Villa, so viel ich habe erfahren können, ein kleines völlig dunkeles Zimmer, etwa von fünf Palmen lang, nach allen Seiten, und an 12 Palmen hoch, welches mit Schlangen bemalt war, wor-aus zu schlieſsen wäre, daſs es zu dem Eleusinischen geheimen Aberglauben gedient hätte, welches ein schöner Dreyfuſs von Erz, den man hier fand, wahrscheinlich macht.” Siehe Winkelmanns Sendschreiben von den Herculanischen Entdek-kungen, Seite 27. u. f. “Zu Gragnano, oder in dem alten Stabiä fand sich eine Villa oder Landhaus, welche in den mehresten Stücken der Herculanischen ähnlich war. Mitten im Gar-ten war ein Teich von vier gleichen Abtheilungen, über welche eben so viel kleine Brücken von einem Bogen giengen. Um den freyen Platz umher waren auf der einen Seite zehen Gartenstücke; auf der andern Seite 10 Kammern zum Waschen oder Baden, welche wie im Herculano halb rund und eckicht wechselsweise folgten. Diese Kam-mern sowohl, als jene Felder waren durch eine Laube bedeckt, welche so wie jene gemacht war, und vorwärts auf eben solchen Säulen ruhete. Um den ganzen Garten war ein Wasserkanal an der innern und äuſsern Seite der Mauer geleitet.” Siehe ebend. S. 29. “Die Lusthäuser oder Villen der verschütteten Städte, die nicht auf einer Höhe, wie die zu Pompeji lagen, waren am Meere gebauet, und in dasselbe hineingeführt, nicht bloſs zur Lust, und um die kühle Luft der See besser zu genieſsen, sondern wie es scheint, auch zur Gesundheit. Dieses zu glauben veranlassen mich die Trümmer von sechs oder sieben Lusthäusern zwischen dem Hafen vom alten Antium, und der Stad@ Nettuno, in einer Weite von anderthalb Milien gelegen. Von diesen Gebäuden liegen die Mauern zur Zeit der Flut, welche in diesem Meere alle 12 Stunden kommt, nicht über ein paar Palmen vom Wasser bedeckt, und in der Ebbe, Nachmittags und gegen Abend, auch in langen Tagen, bey der Sonnen Aufgang, kann man dieselbe@
trocken umgehen. Es wäre noch itzo ein Plan von denselben aufzunehmen, so deutlich zeiget sich die Anlage derselben, sonderlich von einem Lusthause unmittelbar an dem Hafen von Astura (acht Meilen jenseit Nettuno), welches eine Villa gewesen, die für einen groſsen Hofstaat geräumlich genug war. Daſs aber diese Gebäude auch vor Alters eben so weit im Meere gelegen gewesen, wird deutlich durch zwey dicke Mauern, welche als ein Damm von dem flachen und sandichten Ufer bis an die Gebäude selbst in das Meer hineingeführt sind. Die Absicht der Anlage dieser Lusthäuser ist ohne Zweifel die gesunde Luft, die durch das beständige Schlagen der Wellen bewegt und dadurch gereinigt wird, und die Wirkungen des Mittagswindes weniger empfindlich macht; wie denn diejenigen, welche auf dem Damme des Hafens zu Porto d’Anzo wohnen, keine Ungemächlichkeit in der groſsen Hitze empfinden, da hingegen die auf dem Ufer selbst leben, selten im Sommer von Fiebern frey bleiben. Die Villa des Cicero bey Astura lag im Meere, wie er selbst sagt, und Lucullus bauete bey Bajä Wohnungen von seiner Villa bis in das Meer hinein, wie noch itzo die Trümmern im Wasser bezeugen. Das Lusthaus, welches im Herculano entdeckt worden, lag an der See. Was insbesondere die Lusthäuser bey Pompeji betrifft, so sind bisher zwey ent-deckt. Das erste welches man ausgrub, ist entfernter von der Stadt, als das andre, und war dermaſsen übel zugerichtet, daſs man unterlassen hat, die Arbeit fortzusetzen, und itzo sind die Trümmer davon durch den gesunkenen und nachgefallenen Schutt meh-rentheils wiederum bedeckt. — Die zweyte Villa, welche näher an der Stadt gelegen ist, war bey meinem Daseyn noch nicht völlig entdeckt. Der innere Hof derselben ist ein und dreyſsig Neapelsche Palmen lang, und in zwey gegenüber stehenden Zimmern an den Ecken dieses Hofes sind zwey herrliche Musaische Werke gefunden, welche diese Entdeckung sehr merkwürdig machen. — Wir wissen, daſs Kaiser Claudius bey Pompeji eine Villa hatte, wo ihm ein Sohn mit Namen Drusus starb, welchen eine Birne erstickte, die dieses Kind in die Höhe warf, um dieselbe mit dem Munde zu fangen. Vermuthlich ist eins von den beyden gedachten Landhäusern für diese Villa zu halten.” Siehe Winkelmanns Nachrichtea von den neuesten Her-culanischen Entdeckungen. S. 22 u. f.
NEUNTES KAPITEL. Theorie der Landwirthschaftlichen Gebäude.

Zuerst muſs man, wenn man Landhäuser — villa — anlegt, eben so, wie es im ersten Buche bey Anlage einer Stadt vorgeschrieben worden ist, auf die Gesundheit der Gegend sehen.

Die Gröſse derselben muſs der Gröſse des dazu gehörigen Acker-landes und dem Ertrage an Früchten entsprechen.

Die Gröſse der Wirthschaftshöfe — cohors — ist nach der An-zahl der Stücke Vieh, und der Joche Ochsen, die darauf zu halten sind, zu bestimmen.

Der Küche weise man in dem Viehhofe am wärmsten Orte ihren Platz an. Dicht daran lasse man die Ochsenställe — bubi-lia — stoſsen, deren Krippen gegen den Herd und gegen Morgen zu richten sind, indem die Ochsen durch den Anblick des Feuers und Lichts nicht rauh werden; daher auch die Landleute, die der Wir-Kung der Weltgegenden nicht unkundig sind, behaupten, die Ochsen müssen nie anders, als gegen Sonnenaufgang stehen. An Breite aber müssen die Ochsenställe weder weniger als zehn, noch mehr als funfzehn Fuſs halten: Ihre Länge muſs so beschaffen seyn, daſs auf jedes Joch Ochsen nicht weniger als sieben Fuſs kommen.

Ingleichen müssen die Bäder — balnearia — neben der Küche liegen; weil also die Zubereitung eines ländlichen Bades nicht mit groſsen Weitläuftigkeiten verknüpſt ist. Auch die Ölkelter — tor-cular — sey zunächst der Küche, indem die Zubereitung der Oliven also am bequemsten ist. Gleich daneben befinde sich der Weinkel-ler — vinaria cella, — dessen Fenster nach Mitternacht gehen müssen, weil sonst, wenn sie nach einer andern Gegend gerichtet sind, wo die Sonne hinein scheinen kann, der Wein im Keller durch die Hitze trübe und schal wird. Der Ölkeller — olearia cella — aber ist so zu stel-len, daſs er sein Licht von Mittag oder sonst von einer andern war-men Himmelsgegend erhalte; denn das Öl darf nicht gefrieren, son-dern muſs durch gemäſsigte Wärme beständig flüssig erhalten wer-den. Die Gröſse derselben ist nach der Menge der Oliven zu be-stimmen, und nach der Anzahl der Fässer — dolia, — die, wenn sie vom gröſsten Gehalt, d. i. von zwanzig Amphoren — cullearia — sind, einen Durchmesser von vier Fuſs haben müssen. Was die Kel-ter — torcular — selbst betrifft, so muſs sie, falls die Presse nicht geschroben, sondern vermittelst eines Preſshaspels — vectis — oder eines Preſsbaums — praelum — zugezogen wird, nicht unter vierzig Fuſs lang angelegt werden, damit der Haspeler — vectiarius — den erforderlichen Raum erhalte: Die Breite darf nicht unter sechzehn Fuſs seyn, wenn die Arbeiter bey ihren Verrichtungen sich frey und ungehindert sollen bewegen können: Sollen aber zwey Pressen — pra@-lum — Platz haben, so gebe man der Breite vier und zwanzig Fuſs.

Ich lese mit Perrault und mehreren: agricolae regionnm periti.
Die dolia der Alten hatten die Gestalt eines runden Kürbis. Die kleineren Gefäſse amphorae, waren beynahe walzenförmig, so daſs das untere Ende spitz zugeht, und oben hatten sie zwey Henkel. Im Herculano und zu Pompeji sind verschie-dene mit angemalter Schrift gefunden worden. Diese Gefäſse waren unten spitz um sie in die Erde fest zu stellen, und man hat auch zu Pompeji einige in Löchern eines platten Gewölbes in einem Keller stehen gefunden. S. Winkelmanns Send-schreiben von den Hercul. Entdeck. S. 46. u. f.

Die Schaf- und Ziegenställe — ovilia et caprilia — müssen von der Gröſse seyn, daſs auf jedes Thier nicht unter fünftehalb und nicht über sechs Fuſs kommen.

Die Kornspeicher — granaria — sind hoch und gen Mit-ternacht anzulegen; denn alsdann kann das Getreide sich nicht so leicht erhitzen, sondern wird vom Nordwinde abgekühlt, und hält sich desto länger. Die übrigen Himmelsgegenden aber erzeugen den Kornwurm — curculio — und die übrigen Insekten, welche dem Ge-treide schädlich zu seyn pflegen.

Die Pferdeställe — equilia — müssen zumal auf dem Lande an sehr warme Örter, nur nicht so, daſs sie auf den Herd sehen, gestellt werden; denn wenn sich der Pferdestall nahe beym Feuer befindet, so werden die Pferde straubig.

Ingleichen ist es nicht undienlich, im Freyen, auſserhalb der Küche, gen Morgen Krippen — praesepia — hinzustellen; denn wenn die Ochsen an heitern Wintertagen Morgens im Sonnenscheine daran gefüttert werden, so werden sie davon ungemein glänzend.

Die Scheuern — horrea, — die Heu - und Futterböden — fenilia et farraria, — die Mahl - und Backhäuser — pistrina — müssen auſser dem Gehöfte — extra villam — angelegt werden, um dieses desto mehr vor Feuersgefahr zu bewahren.

Newton macht hier folgende Anmerkung: This sentence suggests an idea that the term culina did not always, and does not here, signify that particular apartment which we call the kritchen, for it is not probable that stalls for cattle should ever have been placed within such an appartment. It seems likely that it signiſies the farm-yard or court, and also the whole pile of buildings relative to the farm, that may have been disposed around it: such a court is mentioned by the writers on the re rustica, and called chors culina. Ich kann aber dieser Meinung nicht beytreten.

Will man auf den Landhäusern irgend etwas vorzüglich ge-schmackvoll anlegen; so muſs man sich dazu der oben zur Auffüh-rung der Stadtgebäude festgesetzten Verhältnisse bedienen; jedoch nur also, daſs hier immer die Schönheit dem landwirthschaftlichen Nutzen untergeordnet sey.

Überhaupt bey allen Gebäuden ist dafür zu sorgen, daſs sie hell seyn. In Ansehung der Landhäuser ist dieses nicht schwer zu bewir-ken, indem auf dem Lande nicht leicht eines Nachbars Wand im Wege steht; allein in der Stadt, wo die Höhe der gemeinschaftlichen — paries communis — Wände, oder enger Raum der Erleuchtung hin-derlich werden können, ist in dieser Rücksicht folgendes zu beob-achten: Man ziehe auf der Seite, woher man das Licht zu nehmen hat, eine Schnur von der äuſsersten Höhe der Mauer, welche im Wege zu stehen scheint, bis nach dem Orte herab, welcher zu er-leuchten ist: Erblickt man, indem man längst der Schnur hinauf visirt, ein groſses Stück hellen Himmels; so wird das Licht ohne Hinderniſs in den Ort fallen können: Trifft das Auge aber auf Bal-ken, Sturze oder Böden; so muſs der Ort oberhalb geöffnet und das Licht von oben hineingelassen werden.

Überhaupt merke man nur, daſs überall, wo man freyen Him-mel sehen kann, Fenster anzubringen sind: so werden die Gebäude schon hell seyn. Insonderheit aber bedarf man des Lichts nicht allein in den Speisesälen und übrigen Zimmern; sondern aueh in den Gängen — itinera — und auf den Rampen — clivus — und Treppen; weil sonst hier öfters die sich begegnenden und Gepäck tragenden Leute gegen einander anzulaufen pflegen.

Um dasjenige, was Vitruv hier von den Landgütern vorgetragen hat, theils mit genugsamer Autorität zu bestätigen, theils in mancher Rücksicht auch vollständiger zu machen, — füge ich, am Ende dieses Buchs, die Beylagen 4 u. f. aus dem M. Varro und dem Columella bey. Es gereicht dem Vitruv eben nicht zur Ehre, daſs er hier, gar nicht an dem rechten Orte, nur beyläufig von der Erleuchtung der Gebäude handelt.

Nach bestem Vermögen habe ich nunmehr die bey uns ge-bräuchliche Anordnung der Gebäude erläutert; so daſs darüber den Bauverständigen keine Dunkelheit übrig bleiben wird: Itzt will ich kürzlich die Art vortragen, wie die Griechen ihre Gebäude ein-zurichten pflegen, auf daſs man auch hiemit bekannt sey.

ZEHNTES KAPITEL. Einrichtung der Häuser der Griechen.

Die Griechen bauen anders, als wir. Höfe — atria — sind bey ihnen nicht üblich; sondern gleich hinter der Hauptthüre machen sie einen schmalen Gang — iter, — auf dessen eine Seite sie den Pferdestall, auf die andere die Wohnung des Pförtners — cella ostiarii, — hinten vor aber die Hinterthür — janua interior — stellen. Dieser Raum zwischen den beyden Thüren heiſs Griechisch θυρωρεῖον. Darauf tritt man in das Peristyl. Das Peristyl hat auf drey Seiten Säulengänge; auf der Seite aber, die gen Mittag ge-richtet ist, zwey weit von einander abstehende Eckwandpfeiler — antae. — Über diese werden Unterbalken gelegt, und zwey Drit-tel des Raums zwischen den Eckwandpfeilern werden dem Raume nach innen zu gegeben. Dieser Ort heiſst bey einigen προστὰς, bey andern παστὰς (Vorhaus.) Hieher wird hinterwärts der groſse Sal gestellt, worin die Hausfrau mit den Wollespinnerinnen zu sitzen pflegt; zur Rechten und Linken dieses Vorhauses — Prostas — aber stehen Zimmer, deren eines das Schlafzimmer — thalamus — und das andere das Vorzimmer — amphithalamus oder antithala-mus — genannt wird. Rings umher an den Säulengängen sind die alltäglichen Speise- und Wohnzimmer, ingleichen die Gesin-dewohnungen — cellae ſamiliaricae. — Dieser Theil des Hauses heiſst Gynäconitis (d. i. Weiberwohnung.)

Es ist völlig dasselbe, was wir Hausflur heiſsen. Übrigens ist die Hausflur der Griechen von der Flur der Römer — fauces — darin unterschieden, daſs das θυρω-ρεῖον eine Hinterthür hat, die fauces der Römer aber nicht.

Hiemit wird ein anderes Haus verbunden, das ein gröſseres Peristyl hat, worin entweder alle vier Seiten des Säulenganges einan-der an Höhe gleich sind, oder die Eine, die gen Mittag gerichtet ist, höhere Säulen hat als die übrigen; in welchem letzteren Falle denn das Peristyl ein Rhodisches Peristyl genannt wird. Die-ses Haus hat einen stattlichen Vorplatz — vestibulum, — ein eige-nes prächtiges Portal, und die Säulengänge des Peristyls sind mit Gyps und Stuk, und mit getäfelten Decken geziert. An den Säulen-gängen liegen gen Mitternacht Kyzikenische Speisesäle und Bilder-säle; gen Morgen Bibliotheken; gen Abend Gesellschaftszimmer — exedrae; — gen Mittag aber so groſse gevierte Säle, daſs darin be-quem vier Tafeln mit ihren Tafelbetten stehen können, ohne daſs es an geräumigem Platze zur Aufwartung und zu den Schauspielen — ludi — fehle. In diesen Sälen werden die Gastmäler der Männer gehalten; denn es ist bey den Griechen nicht Sitte, daſs die Weiber mit speisen. Dieses Peristyl des Hauses aber heiſst Andronitis (Männerwohnung,) weil sich die Männer darin ohne der Weiber Darzwischenkunft aufhalten.

Die Griechen pflegten ihre Gastmäler durch Gesang, Saitenspiel und Tanz und allerley belustigende Vorstellungen zu erheitern. Verschiedene antike Basreliefs bezeu-gen diese Gewohnheit.

Überdieſs werden zur Rechten und Linken kleine Häuser er-bauet mit eigenen Thüren und Speise- und Schlafzimmern, um die ankommenden Fremden nicht in das Peristyl, sondern in diese Gast-gebäude — hospitalia — einzunehmen. Denn, als die Griechen noch im Wohlstande lebten und reichlich mit Glücksgütern versehen waren, bereiteten sie für die Gäste, die zu ihnen kamen, nicht bloſs Speise- und Schlafzimmer, sondern auch eine Vorrathskammer. Den ersten Tag luden sie sie zu sich zu Gaste; den folgenden aber schick-ten sie ihnen Hühner, Eier, Gemüse, Obst und dergleichen ländliche Kost mehr; weswegen auch die Maler diejenigen Gemälde, die der-gleichen Dinge, als den Gästen geschickt wurden, vorstellen, Gast-geschenk-Stücke — xenia — zu nennen pflegen. Ein Fremder war also bey seinem Gastfreunde wie in seinem eigenen Hause, weil seine Freyheit in diesen Gastgebäuden auf keine Weise eingeschränkt wurde.

Zwischen dem Peristyl und den Fremdenhäusern befinden sich Gänge — itinera, — welche mesaulae (d. i. Zwischenhöfe, Zwi-schengänge) heiſsen; weil sie zwischen zwey Höfen mitten inne liegen. Wir Römer nennen sie andrones; wiewohl dieſs wunder- lich ist, weil es gar nicht mit der Griechischen Bedeutung des Worts übereinstimmt, da die Griechen bloſs die Speisesäle für Mänuer, wohin kein Frauenzimmer kommt, andrones nennen. Inzwischen solcher uneigentlichen Benennungen giebt es mehrere, z. B. Xystus, Prothy-rum, Telamones und dergleichen. Denn Xystos ist nach der Griechi-schen Bedeutung ein sehr breiter Säulengang, wo sich die Athleten zur Winterszeit üben; bey uns aber heiſsen Xysti die offe-nen Spaziergänge — hypaethrae ambulationes, — welche die Griechen Paradromides nennen. Prothyra heiſst im Griechischen der vor der Hauptthüre befindliche Vorplatz — vestibulum; — wir nennen aber prothyra was die Griechen diathyra (d. i. Schranken vor der Thüre, Befriedigung) heiſsen. Ferner, wenn irgend männliche Bild-säulen Sparrenköpfe oder das Karnieſs tragen, so nennen wir sie Telamonen, wiewohl der Grund dieser Benennung keineswegs aus der Geschichte herzuleiten ist; die Griechen aber nennen sie Atlanten, weil Atlas, der Geschichte nach, als den Himmel tra-gend vorgestellt wird; denn vermöge seines durchdringenden Geistes und seiner groſsen Wissenschaft erforschte er zuerst den Lauf der Sonne und des Mondes, sammt der Gestirne Auf- und Untergang, und der Welt Bewegung um ihre Achse, und lehrte dieses die Men-schen: daher er von Malern und Bildhauern zum Andenken dieser Wohlthat als den Himmel tragend gebildet wird; seine Töchter aber die Atlantiden, die wir Vergilien, die Griechen aber Plejaden nennen, durch Sternbilder, die ihren Namen tragen, verewiget wor-den sind. Inzwischen, nicht um eine Veränderung der Benennungen und des Redegebrauchs zu veranlassen, merke ich dieses hier an; sondern bloſs, damit es den Philologen nicht unbekannt sey.

Vitruv zeigt sich hier eben nicht als ein groſser Etymologist. Zwischenhof bedeutet nicht einen Gang zwischen zwey Höfen; sondern einen Hof, der mitten zwi-schen zwey Gebäuden oder Wänden inne liegt.

Und so habe ich Anweisung gegeben, wie die Gebäude nach Italiänischer und nach Griechischer Sitte anzuordnen sind; und habe der einzelnen Gattungen Verhältnisse und Ebenmaaſs bestimmt!

Nachdem ich bereits von der Schönheit und von dem Schick-lichen gehandelt habe, so will ich nun zur Festigkeit übergehen und die Art und Weise, wie dauerhafte Gebäude, die ein hohes Alter erreichen, zu errichten sind, vortragen.

EILFTES KAPITEL. Dauerhaftigkeit der Gebäude.

Gebäude, die man auf ebenem Boden — plano pede — aufführt, wer-den zuverlässig von langer Dauer seyn, wenn der Grund dazu nach den, in den vorhergehenden Büchern in Ansehung der Stadtmauer und der Theater gegebenen Anweisungen gelegt wird.

Will man aber unterirdische Gewölbe — hypogea concameratio-nesque anlegen, so muſs der Grund derselben noch dicker, als die obern, darauf zu stehen kommenden Mauern gemacht werden, und die oberen Wände, Pfeiler und Säulen müssen senkrecht auf die unter@ gestellt werden, damit sie insgesammt auf das Mittel des Massives — solidum — treffen; denn wofern die Lasttragenden Wände oder Säulen schief stehen, so ist keine Dauerhaftigkeit möglich. Überdieſs wird es sehr dienlich seyn, zwischen das Mauerwerk und die Sturze und Balken längst den Pfeilern und Eckwandpfeilern Pfosten zu stel-len: Denn, wenn auf die Sturze und Unterbalken das Mauerwerk drückt, so biegen sie sich im Mittel und zerbrechen, und ihr Bruch — lysis — macht, daſs auch die Mauer berstet; wenn aber Pfosten darzwischen gestellt und mit Keilen verbunden werden — subcu-neati, — so halten diese den Druck von den Sturzen und Balken ab, und schützen diese vor Beschädigung. Ingleichen verfertige man zur Erleichterung der Mauern Bogen aus keilförmigen Steinen, deren Fugen — conclusurae — nach dem Mittelpunkte laufen: Denn schlieſst man über den Unterbalken und über den Enden der Sturze Bogen aus keilförmigen Steinen; so wird sich erstlich das Holz nicht biegen, da es der Last endlediget ist; und zweytens, sollte es ja mit der Zeit schadhaft werden, so kann es, ohne daſs Stützen — ſulturae — zu veranstalten sind, ausgebessert werden.

d. i. Souterrains.

Ferner müssen bey Gebäuden, wo über Pfeilern Bogen aus keilför-migen Steinen geschlossen werden — quae pilatim aguntur aediſicia et @uneorum divisionibus fornices concluduntur, — deren Fugen — coag- menta — alle nach dem Mittelpunkte gehen — die äuſsersten Pfeiler stärker gemacht werden; damit sie Kraft zum Widerstande haben, wenn die keilförmigen Steine von der Last der Mauer gedrückt, durch die Fugen nach dem Mittelpunkte dringen und die Kämpfer — in-@umbae — auseinander treiben — extrudere. Wenn daher die Eck-pfeiler von beträchtlicherer Stärke sind, so werden sie die Spannung des Bogens aushalten, und dem Gebäude Festigkeit verleihen.

Hat man hierauf alle nöthige Aufmerksamkeit gewendet, so muſs man nicht minder genau Acht haben, daſs ja alle Mauern senkrecht stehen, und sich weder auf die eine, noch die andere Seite neigen.

Die allergröſste Sorgfalt aber ist auf den Grundbau — substru-ctio — zu verwenden, weil dabey die Erdmasse — terrae congestio — zu unendlichem Ungemache Anlaſs zu geben pſlegt, indem diese nicht immer von demselben Gewicht, wie im Sommer, seyn kann; sondern zur Winterszeit durch die Menge des eingezogenen Wassers an Gewicht und Gröſse zunimmt, und alsdann das sie einschlieſsende Mauerwerk sprengt und aus einander treibt. Diesem Ungemache vorzubeugen, hat man erstlich, verhältniſsmäſsig mit der Gröſse der Erdmasse, die Dicke des Mauerwerks zu bestimmen. Dann lege man von auſsen Strebepfeiler oder Gegenstützen — anterides sive erismae — an, die so weit von einander abstehen, als der Grundbau hoch wer-den soll, aber mit dem Grundbaue gleiche Stärke haben. Unterwärts lasse man sie, um so viel als die bestimmte Dicke des Grundbaues beträgt, hervortreten; dann aber nach und nach sich einziehen, bis sie oberwärts gerade noch so weit hervorspringen, als die Dicke des Werks beträgt. Überdieſs müssen von innen gegen das Erdwerk — terrenum — gleichsam Zähne — dentes — in Verbindung mit der Mauer sägeförmig — serratim — aufgeführt werden; so daſs jeder Zahn so weit aus der Mauer hervorragt, als des Grundbaues Höhe betragen soll, und so dick, als die Mauer ist. Endlich an den äuſser-sten Ecken gehe man von dem innern Winkel aus, und mache zu bey-den Seiten desselben, in der Entfernung der Höhe des Grundbaues ein Merkmal; und ziehe von dem Einen zu dem Andern dieser Merkmale in der Diagonallinie eine Mauer, welche wieder durch eine andere vom Mittel aus mit dem Winkel zu verbinden ist. Also werden die Zähne nebst den Diagonalmauern die Erdmasse nicht mit der ganzen Gewalt gegen die Mauer drücken lassen; sondern durch Widerstand des Druckes Kraft schwächen, und dadurch die Mauer verstärken.

Mit Einem Worte — bey Bogenstellungen. d. i. das, zwischen den Grundmauern eingeschlossene Erdreich. Barbaro übersetzt: Dal basso tanto habbiano di piede, quanto esser deve grosso il fondamento, ma poi a poco a poco inalzandosi si rastremino tanto, che di sopra siano cosi grosse, quanto è grosso il muro dell’ opera che si fa. — Newton also: Their projection at bottom is also to be equal to the thickneſs of the foundation- wall; from thence diminishing gradually, till at the top they may be as prominent as the thickneſs of the work. In der Anmerkung sagt er zur Erläuterung: This passage (which is indeed vague and doubtful) may be under-stood to signify, that the anterides should project at the top of the foundation no more than is sufficient to receive the thickneſs of the work of the superstructure with its projecting pilasters etc. as shewn in Fig. LXII. by the profile of the ante-@ides F. G. In this sense Barbaro has understood it; and that this is the true sense, the determinate manner in which the quantity of the projection at bottom and the diminution from thence upward is expressed, and in which all the copies agree, renders it highly probable. Newton’s Vitr. Vol. II. p. 147.

Dieſs meine Anweisung, wie Gebäude ohne Fehler aufzuführen, und welche Vorsichten gleich von Anfang an dabey zu gebrauchen sind! — denn, was die Belegung mit Ziegeln und die Abbindung des Zimmer- und Lattenwerks betrifft, so sind sie minder wichtig; indem die etwa dabey vorgefallenen Fehler gar leicht wieder gut zu machen sind. — Dieſs die Vorschriften wie das, was der Festigkeit unfähig zu seyn scheint, zu befestigen und anzulegen ist!

In Ansehung der Baumaterialien, so hängt es nicht vom Bau-künstler ab, welcher er sich bedienen wolle; theils, weil nicht allent-halben alle Arten der Materialien vorhanden sind, wie im vorherge-henden Buche dargethan worden ist; theils, weil dem Bauherrn die freye Wahl zusteht, ob er mit gebrannten Steinen, mit Bruchsteinen oder mit Werkstücken will bauen lassen. Der Beyfall, der einem Gebäude gegeben wird, ist daher in dreyerley Rücksicht zu betrach-ten: Erstlich in Rücksicht der Handarbeit, zweytens der Pracht, und drittens der Anordnung. Wenn nehmlich an einem Werke keine Kosten@ erspart sind, und es sich durch die möglichste Pracht unter-scheidet, so ist der gemachte Aufwand zu loben: Ist ein Werk mit äuſserster Genauigkeit in der Arbeit aufgeführt; so gebührt das Lob dem Werkmeister: Zeichnet sich aber ein Werk durch Schönheit der Verhält@isse und Ebenmaaſs aus; so gehört der Ruhm einzig dem Baukünstler.

Ein Baukünstler darf übrigens zuverlässig auf Ruhm rechnen, wenn er weder der Werkleute noch selbst der Idioten Rath ver-schmähet; denn alle Menschen und nicht bloſs der Baukünstler allein haben die Fähigkeit, das Schöne zu empfinden; nur ist zwischen die-sem und dem Idioten dieser Unterschied, daſs Letzterer eher keinen Begriff von einer Sache sich bilden kann, als bis er sie ausgeführt vor Augen sieht; anstatt daſs Ersterer, sobald er die Idee davon in seinen Gedanken erzeugt hat, sich auch sogleich, bevor er noch Hand ans Werk legt, bestimmt vorstellen kann, wie sie in Rücksicht der Schönheit, des Gebrauchs und des Schicklichen beschaffen seyn werde.

Nachdem ich so deutlich, als ich nur gekonnt, dasjenige, was ich bey Aufführung der Privatgebäude für dienlich halte, und wie sie erbauet werden müssen, vorgetragen habe: So will ich in dem folgenden Buche von dem zierlichen und dauerhaften Putze — expolitio — derselben handeln.

ERSTE BEYLAGE. DES C. PLINIUS CÄCILIUS SECUNDUS XVII. BRIEF DES II. BUCHS. Plinius dem Gallus Gruſs.

Sie wundern sich, wie mein Laurentinum, oder, wenn Sie lieber wollen, mein Laurens, mir sowohl gefällt? Sie werden aufhören, sich zu wundern, wenn Sie die Annehmlichkeit dieses Landhauses, die bequeme Lage desselben und den weiten Umfang der Küste kennen.

Bekanntermaaſsen haben a. Scamozzi in seiner idea dell’ Architettura uni-versale, l. 3. c. 12. b. Félibien Des Avaure, in Les Plans et les Descriptions de deux des plus belles maisons de campagne de Pline etc. Paris 1699. 8. c. Robert Castell, in the Villas of the Ancients illustrated, London 1728. Fol. d. Krubsa-cius in seinem wahrscheinlichen Entwurfe von des jüngern Plinius Landhause und Garten. Leipzig 1760. Beschreibungen und Risse der Landhäu-ser des Plinius herausgegeben, welche ich alle zur Hand gehabt habe. Schon Ges-ner hat in seiner Ausgabe des Plinius geäuſsert, daſs bey aller Eleganz weder Félibien noch Castell in ihrer Anordnung dieser Landhäuser genau mit der Beschreibung des Plinius übereintreffen, sondern hie und da, der Eine so, der Andere anders davon abweichen; ja zuweilen auch den Text ganz unrichtig verstehen. Von Scamozzi und Krubsacius läſst sich dasselbe behaupten. Übrigens, so umständlich auch des Plinius Beschreibung seiner Landhäuser ist, so kann es dennoch nicht fehlen, daſs nicht jede Einbildungskraft sich ein anderes Bild davon entwerfe; und welche kann mit Grunde behaupten, daſs das Ihrige das rechte sey?

Es liegt siebzehn Meilen von Rom; so daſs man nach vollendeten Geschäften noch mit dem Schlusse des Tages da eintreffen kann.

Man gelangt auf mehr als Einem Wege dahin; denn sowohl die Laurentische, als die Ostische Straſse führt nach dieser Gegend; allein Erstere muſs man beym vierzehnten, Letztere bereits beym eilften Meilensteine wieder verlassen. Aus beyden kommt man auf einen zum Theil sandigen Weg, der zum Fahren ziemlich beschwerlich und langweilig, jedoch zu Pferde kurz und gemächlich ist. Die Aussicht ist auf dem Einen sowohl, als auf dem Anderen mannichfaltig; denn bald drängt sich der Weg durch vorliegende Wälder, bald erstreckt er sich über weite freye Wiesen. Hier sind viele Heerden Schafe, Pferde und Rinder, die der Winter vom Gebirge vertrieben hat, und die von der fetten Weide und der Frühlingswärme glänzen.

Das Landhaus ist zum Gebrauche geräumig genug, ohne von kost-barer Unterhaltung zu seyn.

Im Vordertheile desselben befindet sich ein zwar wirthschaft-licher, aber doch nicht schmutziger Hof — atrium frugi: — Dann läuft in der Gestalt des Buchstaben O ein Säulengang umher, welcher einen kleinen artigen Platz — area — einschlieſst, und eine herrliche Zu- flucht bey schlechtem Wetter ist, da er durch Glasfenster — specularia — und noch mehr durch das überhängende Dach wohl verwahrt wird.

Wir haben im Deutschen eine schätzbare Übersetzung der Briefe des Plinius, von E. A. Schmid, 1782; gleichwohl habe ich beyde folgende Briefe von neuem übersetzt. Wem daran gelegen ist, der wird bey Vergleichung leicht meine Gründe finden. Laurentinum und Laurens heiſst beydes Laurentisch, (d. i. Gut oder Landhaus) von der Stadt Laurentum in Latien. In einer kleinen Entfernung von San Lorenzo ist ein Ort, Namens Paterno, wo einige Schriftsteller das Lauren-tinum des Plinius hinsetzen. Übrigens von der im Jahre 1714 durch Jo. Maria Lancisius verkündigten Auferstehung des Laurentinums hat bisher, so viel ich weiſs, weiter nichts verlautet. Von tausend zu tausend Schritten standen auf den Römischen Landstraſsen Mei-lensteine, welche durch eine darauf befindliche Zahl die Entfernung von dem vergol-deten Meilensteine — milliarium aureum — anzeigten, welchen August vor dem Tempel Saturns auf dem Markte hatte errichten lassen. Da aber auf dem ver-goldeten Meilenpfeiler die Zahl I. stand, so waren der eilfte und der vierzehnte Mei-lenstein nicht mehr als 10 und 13 Meilen von jenem Hauptmeilenzeiger, und also von Rom, entfernt. Siehe unten B. X. K. 14. Anmerk. d. i. oval.

Dem Mittel dieses Säulenganges gegenüber ist ein anderer lustiger Hof — cavaedium: — Darnach ein ziemlich schöner Speisesal — tri-clinium, — der bis an den Strand hinaus geht, und so oft der Südwestwind — Africus — das Meer in Bewegung setzt, von den bereits gebrochenen äuſsersten Wellen bespült wird. Auf allen Seiten hat er Thü-ren, oder Fenster so groſs als Thüren, und also von beyden Seiten und von vorn die Aussicht gleichsam auf drey Meere; von hinten aber auf Hof — cavaedium, — Säulengang, Platz — area, — noch einmal Säulengang, Wirthschaftshof — atrium, — Wald und Gebirge in der Ferne.

Diesem Speisesale zur Linken liegt etwas zurückgezogen ein groſses Zimmer — cubiculum amplum: — Dann noch ein kleineres — minus, — welches Ein Fenster der aufgehenden und Eins der unter-gehenden Sonne öffnet. Letzteres sieht ebenfalls auf das darunter lie-gende Meer, zwar etwas mehr von fern, jedoch um desto sicherer.

Durch dieses Zimmers und jenes Speisesals Stellung — objectus — wird ein Winkel eingeschlossen, worin die lautersten Sonnenstrahlen sich verfangen, und durch den Wiederschein noch mehr erhitzen. Dieſs ist der Winterplatz — hibernaculum, — dieſs auch der Übungsplatz — gymnasium — der Meinen. Da schweigen alle Winde, auſser denen, die Gewölke heraufführen, und eher des Orts Heiterkeit, denn Gebrauch rauben.

An diesen Winkel schlieſst sich ein Zimmer von elliptischer Form — cubiculum in apsida curvatum — an, dessen Fenster dem Laufe der Sonne folgen. In der Wand ist, wie in den Bibliotheken, ein Schrank angebracht, welcher Bücher enthält, die nicht bloſs Einmal, sondern recht oft zu lesen sind.

Ein offenbarer Beweiſs, daſs die Alten Glasfenster kannten, ist, daſs man in der Villa zu Pompeji, in den Zimmern im obern Stockwerke Glasscheibenstöcke fand. Siehe Hamiltons Aufsatz von den Entdeckungen zu Pompeji. “Die Antiquarien waren zeither darin uneinig, ob die Alten Gläser in ihren Fenstern gehabt, oder nicht; gemeiniglich glaubt man das Letztere, und daſs sie nur gewisse Steine, specularia genannt, gebraucht, und auch diese nicht gewöhnlich gehabt, sondern daſs die Fenster offen gewesen. Allein jetzt hat man zu Pompeji Gläser in einem Fenster entdeckt, die ich noch darin eingesetzt sah, wie man sie gefunden, ohne etwas mehr als das Holz geändert zu haben, welches durch die Feuchtigkeit gelitten hatte; wiewohl selbst dieſs beweiſst, daſs der Gebrauch davon nicht sehr gemein war.” Don Juan Andres Reisen durch Italien. I. Theil. S. 305.

Daran hängt ein Schlafgemach — dormitorium membrum — vermittelst eines darzwischen liegenden Ganges — transitus, — der, schwe-bend — suspensus — und getäfelt, die gesammelte Hitze auf eine heil-same Art temperirt und hie und dorthin vertheilt und verbreitet.

Der übrige Theil dieser Seite des Hauses ist für die Sklaven und Freygelassenen bestimmt; dennoch sind die meisten Zimmer so nett, daſs sie Gastzimmer abgeben könnten.

Auf der anderen Seite ist ein schönes Putzzimmer — cubicu-lum politissimum: — Darauf folgt ein Gemach, das ich nicht weiſs, ob ich es ein groſses Zimmer oder einen kleinen Speisesal — coe-natio — nennen soll, das aber vorzüglich durch Sonne und Meer erheitert wird.

Darhinter ist ein Zimmer mit einem Vorgemache — cubicu-lum cum procoetone, — das in Rücksicht der Höhe zu einer Sommerwoh-nung, in Rücksicht der Verwahrung aber, zu einer Winterwohnung die-nen kann; denn es ist vor allen Winden gesichert. Mit demselben ist noch ein anderes nebst einem Vorgemache, durch eine gemein-schaftliche Wand — communis paries — verbunden.

Darauf folgt des Bades — balineum — geräumiges Kühlzim-mer — cella frigidaria, — in dessen einander gegenüber stehende Wände zwey Badewannen — baptisterium — sich so vertiefen, daſs sie fast drauſsen stehen — velut ejecta. — Sie sind über@lüssig groſs, um darin in der Nähe, wenn man Lust hat, schwimmen zu können.

Daneben liegt das Salbezimmer — unctuarium, — der Ofen — hypocaustum, — und der Einheitzeplatz des Bades — propni-geon balnei; — worauf zwey Kammern — cellae — folgen, die mehr zierlich denn prächtig sind, und mit denen äuſserst künstlich das warme Bad — calida piscina — verbunden ist, woraus die Badenden die Aus-sicht auf das Meer haben.

Nahe dabey ist der Ballsal — sphaeristerium, — welcher gegen die heiſse Nachmittagssonne gerichtet ist.

Hinter demselben erhebt sich ein Thurm — turris, — in dessen Untergeschosse zwey Folgen von Zimmern — diaetae — befindlich sind, eben so viele im mittleren, und im oberen ein Speisesal — coenatio — mit der herrlichsten Aussicht auf das ausgebreitetste Meer, die ausgedehn-teste Küste und die reitzendsten Landhäuser.

Es ist noch ein anderer Thurm da. Hierin ist ein Zimmer — cubiculum, — in welchem die Sonne auf- und untergeht: hernach eine groſse Vorrathskammer — lata apotheca — nebst Speicher — horreum: — und darunter ein Speisesal — triclinium, — der bloſs das Brausen und Getöse des ungestümen Meeres hört, wiewohl auch dieſs nur schwach und ersterbend; aber in den Garten und in die Allee — gestatio — sieht, welche den Garten einschlieſst.

Diese Allee — gestatio — ist mit Buchsbaum — buxus — oder, wo dieser fehlt, mit Rosmarin — rosmarinus — besetzt; denn, wo der Buchsbaum von Gebäuden geschützt wird, da kommt er gut fort; wo er aber dem Winde und Wetter und, wenn auch nur von fern, der Meeresfeuchtigkeit ausgesetzt ist, da geht er aus.

Zunächst der Allee liegt im innern Bezirke ein junger schattiger Rebengang — vinea, — in welchem man auch mit bloſsen Füſsen weich und gemächlich gehen kann.

Der Garten steht voller Maulbeer- und Feigenbäume, woran der Boden eben so fruchtbar, als unfruchtbar an anderen Bäumen ist. Des Anblicks desselben, der dem des Meeres im geringsten nicht nachgiebt, genieſst ein vom Meere entlegener Speisesal — coenatio remota a mari. — Dieser wird von hinten zu von zwey Folgen von Zimmern — diaetae — eingefaſst, vor deren Fenstern des Landhauses Vorplatz vestibulum, und der Küchengarten — hortus pinguis et rusticus — liegen.

Von hier erstreckt sich eine gewölbte verschlossene Gale-rie — cryptoporticus, — die fast das Ansehen eines öffentlichen Gebäudes hat. Auf beyden Seiten derselben sind Fenster; nach dem Meere hin die meisten, nach dem Garten einzelne, und wechselsweise wenigere. Ist das Wetter heiter und still, so stehen sie alle insgesammt offen; ists aber hier oder dort windig, ohne Beschwerde nur die auf der Seite, wo kein Wind weht.

Ganz oben, im obersten Stocke ist das Zimmer, worin die Sonne auf- und untergeht: Im mittleren Stocke die Vorrathskammer nebst Speicher: und im untersten der Speisesal. Siehe im vorhergehenden Buche K. 8. S. 28 Anm.

Vor der Galerie ist ein offener Spaziergang — xystus — von Veilchen düftend. Die darauf liegende Sonnenhitze wird noch durch den Wiederschein von der Galerie vermehrt. Diese schützt überdieſs, indem sie die Sonne fängt, vor dem Nordostwind und hält ihn ab; weshalb es denn darhinter eben so kalt, als warm davor ist. Ingleichen wehrt sie dem Südwestwinde und bricht und zähmt also die entgegengesetztesten Winde auf verschiedenen Seiten. Dieſs ihre Annehmlichkeit im Winter! Noch gröſsere besitzt sie im Sommer; denn vormittags kühlt sie den offenen Spaziergang, nachmittags die Alleen sammt dem zunächstliegenden Theil des Gartens, mit ihrem Schatten, der, je nachdem der Tag zu- oder ab-nimmt, bald kürzer, bald länger hier und dorthin fällt. Sie selbst aber ist gerade alsdann am allermeisten frey von Sonne, wann diese ihr am heiſsesten auf die Firste — culmen — scheint. Dazu wird sie bey offe-nen Fenstern von den Westwinden durchstrichen, und ist daher niemals wegen fauler stockender Luft ungesund.

Am Ende des offenen Spazierganges und der Galerie ist ein Garten-haus — horti diaeta, — worin ich ganz verliebt, ja, in der That verliebt bin. Ich habe es selbst angelegt. Es ist eine Sonnenstube — helio-caminus — darinn, welche auf der einen Seite das Offenstück, auf der andern das Meer, auf beyden aber die Sonne; ferner eine Thür in ein Nebenzimmer, und ein Fenster in die Galerie hat.

Der Seite nach dem Meere zu gegenüber, öffnet sich im Mittel der Wand ein sehr zierliches Kabinet — zotheca, — welches, je nachdem man die Glasthüren — specularia — mit den Vorhängen — vela — zu-oder aufmacht, bald an das Zimmer angesetzt, bald davon abgesondert wird. Es faſst nebst zwey Stühlen — cathedra — ein Ruhebett , des- sen Fuſsende gegen das Meer, die Lehne gegen Landhäuser, und das Kopfende gegen den Wald gerichtet ist; und unterscheidet so viele ver-schiedene Aussichten durch eben so viele Fenster, und vermischt sie zu-gleich.

Ein Schlafzimmer — cubiculum noctis et somni — ist damit ver-bunden, wo man nicht der jungen Sklaven Lärm, nicht des Meeres Getöse, nicht des Sturmes Brausen, nicht des Blitzes Leuchten, ja nicht einmal das Tageslicht vernimmt, auſser bey geöffneten Fenstern. Der Grund dieser so tiefen und ungestörten Stille ist ein Gang — andron, — der zwischen der Mauer des Zimmers und des Gartens liegt, in welcher Schluft sich jeder Schall verliert. Unter diesem Zimmer ist ein kleiner Ofen — hypo-caustum — angebracht, welcher vermittelst einer Klappe die Wärme, nach Bedürfniſs, heraufsendet oder zurückhält.

Canape.

Darauf erstreckt sich ein Zimmer mit einem Vorgemache nach der Sonne hin, empfängt diese gleich beym Aufgange und behält sie (wiewohl schräg) bis nachmittags.

Begebe ich mich in dieses Gartenhaus, so dünke ich selbst mich von meinem Landhause abwesend: Insbesondere gewährt es mir zur Zeit der Saturnalien groſses Vergnügen, wenn der übrige Theil des Hauses von der an diesen Tagen herrschenden Ausgelassenheit und von dem festlichen Getümmel wiederhallt; denn ich störe alsdann eben so wenig die Fröhlichkeit der Meinen, als sie mein Studieren.

Allen diesen Vortheilen und Annehmlichkeiten geht nichts ab, als Springwasser — aqua saliens; — jedoch sind Brunnen vorhanden oder vielmehr Quellen, denn sie brechen auf der Oberfläche der Erde hervor. Überhaupt ist dieses Seeufer von wunderbarer Beschaffenheit: Wo man nur die Erde aufgräbt, da kommt einem gleich Wasser entgegen gequollen, das rein und hell und, der Nähe des Meeres ungeachtet, nicht im minde-sten salzig ist.

Brennholz reichen die nahen Waldungen im Überfluſs. Mit den übrigen Bedürfnissen versieht Ostia. Ein genügsamer Mann ist auch mit dem zufrieden, was das Dorf ihm bietet, das nur durch Ein Landhaus davon getrennt ist, und worin man drey Miethbäder — balinea merito-ria — findet: eine groſse Bequemlichkeit, wenn die gar zu plötzliche Ankunft, oder der zu kurze Aufenthalt, das Bad zu Hause zu heitzen, widerrathet.

Die Küste ist in einer reitzenden Abwechselung bald mit aneinander hangenden, bald mit einzelnen Landhäusern geschmückt, welche wie viele Städte aussehen, man erblicke sie nun vom Meere, oder vom Strande, der zuweilen bey langer Stille locker, öfters aber von den häufigen anschla-genden Wellen fest ist.

Die Saturnalien, ein Fest zu Ehren des Gottes Saturn, währten drey, vier und mehrere Tage. Sie begannen den 19. December. Die Sklaven hatten alsdann die Erlaubniſs, als Herren zu handeln; es durfte kein Krieg erklärt, kein Verbrecher ver-urtheilt werden. Es war ein Fest der Muſse und allgemeinen Freude, zum Andenken der goldnen Zeit in Italien unter Saturns Regierung.

Das Meer ist eben nicht reich an köstlichen Fischen; jedoch lie-fert es vortrefliche Schollen und Meerkrebse. Auch fehlt es meinem Landhause keineswegs an den Erzeugnissen des Mittellandes, am allerwenig-sten an Milch; denn das Vieh kommt von der Weide hieher, wenn es Was-ser und Schatten sucht.

Scheine ich Ihnen nun nicht mit Recht diesen Landsitz vorzugsweise zu schätzen, zu bewohnen und zu lieben? Warlich, sie müssen allzu städtisch seyn, wenn Ihnen nicht die Lust ankommt, ihn einmal zu sehen! O wenn sie Ihnen doch ankäme! Bey so vielen und groſsen Vorzügen mei-nes Landhäuschens würde Ihr Besuch demselben dennoch bey mir zur aller-gröſsten Empfehlung gereichen. Leben Sie wohl!

ZWEYTE BEYLAGE. DES C. PLINIUS CÄCILIUS SECUNDUS VI. BRIEF DES V. BUCHS. Plinius dem Apollinaris Gruſs.

Ich erkenne mit Dank Ihre Aufmerksamkeit und Vorsorge, daſs Sie auf die Nachricht, ich würde diesen Sommer auf mein Tuscisches Land-gut gehen, mir davon abrathen, weil Sie die Gegend für ungesund halten.

In der That ist die ganze Tuscische Seeküste nichts weniger, als der Gesundheit zuträglich; allein mein Gut liegt weit abwärts vom Meere; ja, sogar unter dem Apennin, dem gesündesten der Gebirge.

Doch um Ihnen desto mehr alle Besorgniſs meinetwegen zu beneh-men, so will ich Ihnen das Klima — temperies coeli, — der Gegend Lage, und des Landhauses Annehmlichkeit schildern. Möchte diese Beschreibung nur Ihnen eben so angenehm zu lesen, als mir zu schreiben seyn!

Der Abt Delille giebt in den Anmerkungen hinter seinem Gedicht Les Jar-dins, eine zierliche, wiewohl oft fehlerhafte Übersetzung des gröſsten Theils dieses Briefes. Man setzt dieses Landgut gewöhnlich oberhalb Tifernum Tiberinum, itzt città di Castello, wo Plinius auf eigene Kosten einen Tempel erbauet hat. Siehe dessen Briefe l. IV. e. 1.

Das Klima ist im Winter kalt und frostig, und den Myrten - Öl-und anderen Bäumen, welche eine beständige Wärme erfodern, zuwider: jedoch den Lorber duldet es, und bringt sogar sehr glänzenden hervor: nur zuweilen tödtet es ihn; wiewohl nicht öfter als in der Gegend um Rom. Der Sommer ist überaus mild. Immer ist die Luft in Bewegung; doch weit mehr durch gelinde Lüftchen als durch Wind. Daher sieht man hier viele alte Leute. Man findet junge Männer, deren Groſs- und Elterväter noch am Leben; hört alte Geschichten und Gespräche aus der Vorzeit, und glaubt sich, wenn man hieher kommt, in einem anderen Jahrhundert geboren.

Das Land bietet einen sehr schönen Anblick dar. Denken Sie sich ein unermeſsliches Amphitheater, dergleichen nur die Natur allein zu bilden vermag: Eine weite ausgedehnte Fläche von Bergen eingeschlos-sen: Die Gipfel der Berge mit hohen, bejahrten Wäldern bedeckt, welche zahlreiches und mancherley Wild enthalten. Von hier zieht sich Unterholz — caeduae silvae — das Gebirge hernieder: Darzwischen liegen fette Erdhügel, worauf man keinen Stein findet, wenn man ihn schon suchen wollte, welche auch den ebensten Feldern nicht an Frucht-barkeit weichen, und eine reichliche, nur etwas spätere, aber vollkommen reife Ärnde geben. Unter diesen breiten sich Weingärten nach allen Seiten aus und geben der Gegend weit und breit ein gleichförmiges An-sehen. Am Ende und äuſsersten Rande derselben wachsen Gesträuche; dann folgen Wiesen und Felder. Die Felder können bloſs mit groſsen Stieren und äuſserst starken Pflügen geackert werden; so aus-nehmend zäh ist der Boden: Er wirft, wenn er aufgerissen wird, so groſse Erdschollen, daſs er nur durch neunmal Umpflügen zu bändigen ist. Die Wiesen sind blumenreich und glänzen von Thau, wie von Edelgestei-nen. Sie tragen Klee, auch andere Kräuter, die beständig so zart und weich und frisch sind, als ob sie nur eben hervor gesprossen wären. Le-bendige Quellen wässern sie. Trotz der Fülle des Wassers entsteht gleich-wohl nirgends Sumpf; weil der Boden abhängig ist, und alle Feuchtig-keit, die er erhält und nicht einzieht, in die Tiber gieſst. Dieser Fluſs durchschneidet das Gefilde im Mittel. Er ist schiffbar, und führt alle Feldfrüchte zur Stadt; doch bloſs im Winter und Frühjahr: Im Sommer wird er ganz niedrig und legt, da sein Bett austrocknet, den Namen eines groſsen Stromes ab; im Herbst erst nimmt er denselben wieder an. Ein groſses Vergnügen würden Sie empfinden, wenn Sie die Gegend von einem Berge übersähen. Keine wirkliche, sondern eine herrlich gemahlte idea-lische Landschaft — formam ad eximiam pulchritudinem pictam — wür-den Sie vor Augen zu haben glauben: So viel Mannichfaltigkeit und Mahlerey — descriptio — ergötzt den Blick überall, wo er hinfällt.

Das Landhaus, das unten am Fuſse eines Hügels liegt, hat eine Aussicht, als ob es oben auf der Spitze stände; denn die Anhöhe erhebt sich so sanft und allmählig, daſs man getäuscht wird, und sich oben be-findet, bevor man noch gemerkt hat, daſs man aufsteige. Im Rücken hat es den Apennin, aber ziemlich entfernt. Von daher wehen auch beym heitersten, stillsten Wetter Lüfte, jedoch sind sie weder scharf, noch ungestüm; sondern der Weite des Weges wegen, matt und gelinde. Gröſs-ten Theils sieht es gen Mittag: Um sechs Uhr Sommers, Winters etwas früher, ladet es, so zu sagen, die Sonne in einen breiten und verhältniſs-mäſsig langen Säulengang — porticus — ein. Es hat viele Abtheilun-gen — membra, — worunter auch ein Hof — atrium — ist, nach Sitte der Alten .

Vor dem Säulengange ist ein offener Spaziergang — xystus — in verschiedene Beete — species — getheilt, die mit Buchsbaum einge- faſst. Darauf senkt sich schräg ein Rasenstück — pulvinus — hinab, worauf allerley Thiere, die sich gegenseitig ansehen, von Buchsbaum vor-gestellt sind. Itzt eine Breite Acanthus, der weich und, ich möchte fast sagen, gewässert ist. Diesen umgiebt ein Gang — ambulatio, — der zu beyden Seiten mit niedern und mannichfaltig geschnittenen Hecken — viridia — besetzt ist. Hinter diesem läuft, in Gestalt einer Renn-bahn — circus, — eine Allee — gestatio — um vielförmigen Buchs- baum und niedrig gezogene Zwergbäume — humiles et retentae manu arbu-sculae — her. Das Ganze ist mit einer Wand — maceria — verwahrt@ welche stufenweis gesetzter Buchsbaum deckt und verstekt. Eine Wiese liegt darhinter, nicht minder durch Natur, als alles obige durch Kunst sehenswerth: Weiterhin Felder — campi — und viele andere Wiesen und Gebüsch — arbusta.

d. i. zu Mittage. d. i. nach der Sitte der alten Tuscier oder Etrusker. Was unter einem Toskanischen Hofe zu verstehen sey, lehrt Vitruv im dritten Kapitel des vorhergehenden Buchs. Obige Beschreibung eines Römischen Gartens ist die einzige, die auf uns ge-kommen ist. “Es wurde lange, ehe die Gartenkunst ausgebildet wurde. Die berühmten schwe-benden Gärten der Babylonier waren unstreitig Obst- und Küchengärten. Sie bestanden aus künstlichen Erhöhungen, die unten auf Pfeilern ruheten, oben aber in dem aufgetragenen Erdreich mit Bäumen bepflanzt, in verschiedene Absätze vertheilt, und durch eine Wasserkunst befeuchtet wurden. So waren eben auch die gerühmten Gär-ten oder Paradiese der Perser wahrscheinlich nur Fruchtgärten. Selbst bey den Griechen bekamen die Gärten noch keine Vollkommenheit, und sie wurden theils mit Obstbäumen, theils mit hohen schattigen Platanen bepflanzt, um darunter umher zu gehen, und waren bisweilen mit Statüen geschmückt, sonst aber hatten sie weder eine sorgfältige Anlage, noch einige Abwechselung und Zierde. Erst bey den Römern erreichte die Gartenkunst ihre Höhe. Dieses Volk fing an schon in den letzten Zeiten der Republik den Luxus auſserordentlich zu lieben, und dieser muſste sich, so wie überall, auch in den Gartenanlagen zeigen. Ihre Liebe zum Landleben verursachte, daſs sie nicht nur Gärten nahe bey der Stadt anlegten, sondern auch ihre Villen und Landgüter bekamen eine Gartenähnliche Anlage. Die Gärten aber konnten noch keinen Anspruch auf Lustgärten machen. Man sah Küchengewächse und Obstbäume darin, und alles war zum ökonomischen Gartenbau eingerichtet. Die einzige Zierde bestand in Blumen@ in Violen, Levkojen, Rosen, Hyacinthen, Lilien, weiter aber war hier nichts von einer Anlage und Einrichtung zum Vergnügen anzutreffen. Dieses fand man um die Villen oder Landhäuser der Römer. Sie benutzten einen groſsen Theil der dazu gehörigen Ländereyen zu Gartenanlagen, sie verzierten dieselben und legten angenehme Spazier-gänge an. Die Gärten, Wiesen, Felder, Weinberge, Pflanzungen von Ölbäumen, Wäl-der und Thiergärten, welche um die Villa herumlagen, waren so zusammen verbunden, daſs sie ein schönes Ganzes ausmachten. Hin und wieder sah man kleine Tempel, Mo-numente und Lusthäuser. Flüsse durchwässerten die Fluren, Teiche und groſse Was-serstücke unterbrachen die Landpartien. Hügel und Berge wechselten mit ebenen Gegenden ab, Gebüsche und Wälder mit freyen Plätzen, und überall zeigten sich die schönsten Aussichten. So wie aber bey den Römern die Baukunst bald in Verfall kam, und in schlechtem Geschmacke ausgeführt wurde, so hatte die Gartenkunst ein gleiches Schicksal. Auch hier arteten die Römischen Künstler bald nach den Zeiten des Augu-stus, in Künstleyen und Spielereyen aus; auch hier wurde das Groſse vernachlässiget und die Schönheit in Kleinigkeiten gesucht. Die Hecken wurden zierlich beschnitten, und von Buchsbaum verschiedene Figuren von Thieren und andere Formen vorgestellt; man pflanzte Namen und andere verschiedene Dinge davon, und brachte noch mehr der-gleichen Spielereyen an. Diese schönen Villen wurden aber endlich durch die Zeit, durch Erdbeben, durch Vulkane, und durch die Verwüstungen der Barbaren zerstört.” Siehe Encyklopädie der bürgerlichen Baukunst von C. L. Stieglitz, Art. Garten. Siehe auch in Walpole’s Anecdotes of Painting in England dessen His-tory of modern Taste in Gardening. Ein Circus bestand aus zwey langen parallelen Seiten von stufenweise stei-genden Sitzen, welche sich an einem Ende vermittelst eines Bogens, am anderen aber geradlinig schlossen; im Mittel erstreckte sich der Länge nach eine Mauer — spina, — worauf Tempel, Altäre, Obelisken und Statuen u. s. w. und an den beyden äuſsersten Enden Kegelsäulen — metae — standen. Durch diese Mauer im Mittel, und dadurch daſs der Circus unten nicht offen, sondern in einer geraden Linie durch die daselbst befind-

Am Einen Ende des Säulenganges tritt ein Speisesal — tricli-nium — hervor, aus dessen Thüren man das Ende des offenen Spaziergan-ges und in der Ferne die Wiese, eine groſse Strecke Feldes aber aus den Fenstern sieht. Auf der Einen Seite hat man die Aussicht auf die Seite des offenen Spazierganges und den vorspringenden Theil des Landhauses; auf der anderen, auf das Gebüsch und die laubigen Wipfel der daneben liegenden Reitbahn — hippodromus.

Ohngefähr gegen das Mittel des Säulenganges zieht sich eine Folge von Zimmern — diaeta — ein wenig zurück. Diese umgeben einen kleinen Platz — areola, — der von vier Platanen beschattet wird. Zwischen diesen springt in einem Marmorbecken — labrum — Wasser, das die umherstehenden Bäume und den darunter liegenden Boden mit sanftem Thaue erfrischt.

Es befindet sich in dieser Folge von Zimmern ein Schlafzimmer — cubiculum dormitorium, — welches dem Tageslichte, so wie jedem Ge-schrey und Geräusche unzugänglich ist; und daran stöſst das gewöhn- liche Speisezimmer für Freunde — quotidiana coenatio ami-corum.

lichen carceres verschlossen war, unterschied er sich vom Stadium der Griechen. Übrigens diente bekanntermaſsen der Circus zu allerley öffentlichen Spielen und Jagden, aber vorzüglich zu Wettrennen zu Wagen, zu Pferde und zu Fufse. Siehe Onuphrii Panvinii Veronensis de Ludibus Circensibus, libri II. etc. Venetiis 1500 in fol. Nach der Beschreibung, welche Plinius weiter unten von der Reitbahn — hippodromus — macht, scheint sie vollkommen, mit dem Stadium der Griechen (s. oben B. V. K. 11. Anmerk.) überein zu kommen. Auch Plautus erwähnt des Hippodromus und der Palästra, (Bacch. 3. 3. 27.); wodurch es sich bestätiget, daſs hippodromus und stadium zuweilen gleichbedeutend gewesen seyn, weil das Sta-dium, wie wir oben gesehen haben, der Palästra eigen war. Sonst pflegten die Griechen den Circus hippodromus zu nennen. Wenigstens heiſst der Circus zu Constanti-nopel nirgends anders als Hippodromus; siehe dessen Trümmer beym Onuphrius Panvinius a. a. O. pag. 61. Und Pausanias VI. K. 20. in der Beschreibung von Olympia, erwähnt sowohl eines Stadiums, als eines Hippodromus; aus seiner Beschrei-bung des Letzteren aber vermag ich mir keinen auschaulichen Begriff zu bilden.

An jenem kleinen Platze — areola — liegt noch ein anderer Säulengang, welcher die nehmliche Richtung als der vordere hat. Auch noch ein Zimmer liegt da, das vom nächsten Platan grün und schat-tig, und bis auf die Zocke — podio tenus — mit Marmor geschmückt ist. Eine Mahlerey, welche Zweige und darauf sitzende Vögel vorstellt, giebt dem Marmor an Anmuth nichts nach. Darunter erblickt man einen kleinen Springbrunnen — fonticulus, — in dessen Becken — cra-ter — rings umher mehrere Strahlen aus kleinen Wasserröhren — siphun-culi — ein angenehmes Geplätscher verursachen.

Am anderen Ende des (vordersten) Säulenganges tritt einem, wenn man vom Speisesale — triclinium — herkommt, ein sehr groſses Zimmer — amplissimum cubiculum — entgegen, dessen Seitenfenster hier auf den offenen Spaziergang, dort auf die Wiesen sehen, zuvor aber auf ein Wasserstück — piscina, — welches, da es gleich unter den Fenstern liegt, sie erheitert, und eben so sehr durch sein Geräusch, als durch seinen Anblick ergötzt; denn das von der Höhe herabstürzende Was-ser wird schäumend in einem marmornen Becken aufgefangen. Dieses Zimmer ist im Winter warm, weil die Sonne von mehreren Seiten hin-ein scheint. Es ist ein Ofen — hypocauston — damit verbunden, der an trüben Tagen durch seine hineingelassene Wärme die Sonne ersetzt.

Von hier kommt man durch des Bades groſses munteres Ausklei-dezimmer — apodyterium — in ein Kühlzimmer — cella frigida-ria, — worin ein geräumiges, schattiges Schwimmbad — baptisterium — befindlich. Will man noch geräumiger oder lauer schwimmen, so ist auf einem Platze — area — ein groſser Wasserbehälter — piscina; auch gleich dabey ein Brunnen — puteus, — um sich wieder abzuküh-len, wenn man der Wärme überdrüſsig ist.

An das Kühlzimmer stöſst ein Mittelzimmer — cella media, — das sehr mild von der Sonne erwärmt wird: noch mehr aber das warme Badezimmer — cella caldaria; — denn es springt hervor. In Letzteres gehen drey Stufen — descensiones — hinunter; deren zwey im Sonnen-scheine liegen; der dritten fehlt zwar die Sonne, doch nicht das Licht.

Ich weiſs nicht, ob ich mich irre, wenn ich mir dieses Zimmer so vorstelle: daſs dessen Wände mit Marmor überlegt, die Decke gemahlt, und im Mittel des Fuſsbodens ein Springbrunnen befindlich war?

Über dem Auskleidezimmer liegt der Ballsal — sphaeristerium, — welcher mehrere Gattungen der Übungen zuläſst und deshalb mehrere Abtheilungen — circulus — hat.

Dicht neben dem Bade — balineum — ist eine Treppe — scalae, — die zu einer gewölbten verschlossenen Galerie — cryptoporti-cus — führt, vorher aber erst zu drey Wohnungen, deren Eine auf den kleinen Platz, worin die vier Platanen stehen; die Andere auf die Wiese; die Dritte auf die Weingärten sieht, so daſs sie insge-sammt nach eben so verschiedenen Himmelsgegenden als Aussichten ge-richtet sind.

Am obersten Ende der Galerie ist ein von der Galerie selbst abgeschnittenes Zimmer, das auf die Reitbahn, die Wein-gärten und die Berge sieht. Daran stöſst ein Zimmer, das sehr ge-gen die Sonne gewendet ist, zumal im Winter. Von hier beginnt die Folge von Zimmern — diaeta, — welche die Reitbahn mit dem Land-hause verbindet. Dieſs die Aus- und Ansicht (der Galerie) von vorn!

Auf der Seite scheint diese gewölbte Sommergalerie — aestiva cryptoporticus, — da sie hoch liegt, die Weingärten nicht bloſs zu sehen, sondern zu berühren.

Im Mittel derselben ist ein Speisesal — triclinium, — der aus den Thälern des Apennins eine sehr gesunde Luft erhält; übrigens durch die sehr groſsen Fenster die Weingärten, durch die Thüren ebenfalls die Weingärten, jedoch erst durch die Galerie hindurch, so zu sagen herein läſst. Auf der Seite dieses Speisesals, wo keine Fenster sind, ist eine geheime Treppe — scalae secretiore ambitu — angebracht, wohin-auf alles, was zum Gastmale dienlich ist, getragen wird.

An der Galerie unterstem Ende ist ein Zimmer, dem die Galerie selbst eine nicht minder angenehme Aussicht, als die Weingärten gewähret.

Unter derselben ist eine andere Galerie, welche einer Grotte — subterranea porticus — ähnlich ist. Im heiſsesten Sommer er- starrt man darin vor Kälte; denn, mit ihrer eigenen Luft zufrieden, ver-miſst sie eben so wenig die äuſseren Lüfte, als sie sie zuläſst.

Ich interpungire also: Post, latissimis fenestris vineas, valvis aeque vineas, sed per cryptoporticum, quasi admittit.

Hinter beyden Galerien beginnt da, wo der Speisesal aufhört, ein Säulengang, welcher vormittags winterhaft, nachmittags aber sommer-haft ist. Er führt in zwey Folgen von Zimmern — diaetae, — deren Eine aus vier, die Andere aus drey Zimmern besteht, welche, je nach-dem die Sonne sich wendet, entweder Sonne oder Schatten haben.

Diese so anmuthige Anordnung des Hauses wird noch weit von der Reitbahn — hippodromus — übertroffen. Diese ist im Mittel offen, und stellt sich den Augen derer, die hinein treten, gleich ganz dar. Platanen fassen sie ein, von Epheu bekleidet; so daſs sie oben von eigenem, unten von fremdem Laube grünen. Der Epheu umschlingt Stämme und Zweige, läuft von Baum zu Baume fort, und verbindet diese durch seine Ranken. Zwischen inne steht Buchsbaum. Auſserhalb, hinter dem Buchsbaume, ziehen sich Lorbern umher und vermählen mit der Platanen Schatten den Ihren.

Am Ende krümmet sich der gerade Gang der Reitbahn — rectus hippodromi limes — in einen halben Zirkel — hemicyclus — und verändert also das Ansehen. Mit Cypressen besetzt und bedeckt, ist er des dichteren Schattens wegen dunkler und schwärzer. Die hinteren Kreisgänge — circulus, — deren es mehrere giebt, genieſsen des hell-sten Tags; daher wachsen sogar Rosen hier, und wechselt eine liebliche Sonnenwärme mit der Kühle der Schatten ab.

Sind diese verschiedenen, mannichfaltig sich windenden Gänge — varium et multiplex curvamen — zu Ende: so kommt man wieder in einen geraden Weg; oder vielmehr nicht in Einen, son-dern in mehrere, die durch dazwischen liegenden Buchsbaum entstehen. Hier breitet sich ein kleines Grasstück — pratulum — darzwischen: Dort stöſst man auf Buchsbaum in tausenderley Gestalten ge-zogen, zuweilen auch in Buchstaben, die bald des Herrn, bald des Gärtners Namen nennen: Weiter hin erheben sich wechselsweise, itzt Ke-gelsäulen — meta, — itzt runde Kugeln — poma: — Ja, mitten in diesem zierlichen Gartenstücke — in opere urbanissimo — trifft man auf einmal ein künstliches, gleichsam hineingetragenes Feldstück — illati ruris imitatio — an, das auf beyden Seiten mit Platanen geziert ist: Darhinter hin und wieder gewässerten, ringeligen Acanthus: Dann noch mehr Figuren und noch mehr Namen.

Am Ende oben ist ein Tafelbett — stibadium — aus weiſsem Marmor, von einem Weinstocke überwölbt, den vier Carystische Säulen tragen. Aus dem Bette springt, gleichsam durch die darauf lie-gende Last heraus gedrückt, Wasser durch kleine Röhren — si-phunculi — hervor. In einem ausgehölten Steine wird es aufgefangen und in einem Marmorbecken gesammelt; und es flieſst so unvermerkt wie-der ab, daſs das Becken stets voll bleibt, ohne je überzulaufen. Vortisch — gustatorium — und eigentliche Mahlzeit — gravior coenatio — werden auf den Rand (des Beckens) gestellt; den Nachtisch — levior coenatio — aber läſst man in Gefäſsen, gleich kleinen Schiffchen oder Vögeln gestal-tet, umherschwimmen. Gegenüber spritzt ein Springbrunnen — fons — V@asser in die Luft, nimmt es aber auch wieder zu sich; denn, nachdem es in die Höhe getrieben worden, fällt es in sich selbst zurück, und durch verbundene Öffnungen — hiatus — wird es eingesogen und erhoben.

Dem Tafelbette gerade über ist demselben ein Zimmer entgegen gekehrt, und verleihet demselben eben so viel Zierde, als es von ihm ent-lehnt. Es glänzt von Marmor: Die Thüren treten ins Grüne hervor: Auch die oberen und unteren Fenster sehen allenthalben ins Grüne.

Ein kleines Kabinet — zothecula — zieht sich in eine Vertie-fung zurück; gleichsam dasselbe und zugleich ein anderes Zimmer! Hier ist ein Ruhebett — lectus — und obgleich Fenster auf allen Seiten sind, so wird das Licht dennoch durch Schatten verdunkelt; denn ein sehr üppiger Weinstock umschlingt das ganze Gebäude und klimmt bis zum Gipfel empor. Man glaubt hier im Walde zu liegen, nur daſs man nicht, wie im Walde, vom Regen getroffen wird. Hier auch entspringt eine Quelle und versiegt zugleich.

An mehrere Orte sind marmorne Bänke — sedilia — hinge-stellt, welche denen, die vom Spazierengehen ermüdet, nicht minder als ein Zimmer, angenehm sind. Neben diesen Bänken sind kleine Quel-len; indem durch die ganze Reitbahn, vermittelst gezogener Röhren, Bäche — rivi — rieseln, die überall folgen, wohin sie nur des Künstlers Hand leitet; und also bald diese, bald jene Partie, bald alle insgesammt verschönern.

Ich bilde Vortisch nach der Analogie mit Nachtisch. Einer Erklärung be-darf es nicht. Ich lese mit Weglassung des in vor cubiculum, also: mox zothecula refugit, quasi cubiculum idem atque aliud.

Ich würde schon längst den Schein allzu groſser Umständlichkeit zu vermeiden gesucht haben, wäre es nicht gleich vom Anfange an mein Vorsatz gewesen, in meinem Briefe mit Ihnen alle Winkel zu durchlau-fen; und schmeichelte ich mir nicht, daſs Ihnen das nicht mühsam zu lesen, was Ihnen nicht mühsam zu sehen seyn würde, zumal da Sie, so oft es Ihnen beliebt, im Lesen abbrechen, den Brief weglegen, und so gleich-sam vom Gehen ausruhen können. Freylich bin ich dabey auch ein wenig meiner Liebhaberey nachgehangen; denn ich fühle mich zu dem hingezo-gen, was ich gröſsten Theils selbst angelegt, oder wenigstens vollendet habe. Überhaupt aber — denn warum sollt’ ich gegen Sie meine Meinung nicht frey äuſsern, sie mag nun richtig oder irrig seyn? — halte ich es für eines Schriftstellers erste Pflicht, immer den Titel seines Werks vor Augen zu haben, und sich zum öftern zu fragen, was eigentlich sein Zweck beym Schreiben sey? Er kann sicher seyn, daſs, so lange er bey seiner Materie bleibt, er nicht weitschweifig ist; höchst weitschweifig aber, so bald er sie verläſst, und etwas Fremdes herbey zieht. Sie sehen, in wie vielen Versen Homer des Achilles, und Virgil des Äneas Waffen beschrieben; gleichwohl sind beyde kurz, weil beyde nur das thun, was sie angekündiget. Sie sehen, wie Aratus auch die kleinsten Gestirne ausspähet und zusammen liest, und dennoch sich in den Schran-ken hält; eben, weil dieſs bey ihm nicht Ausschweifung, sondern das Werk selbst ist. Wenn nun auf gleiche Weise ich — um Kleines mit Groſsem zu vergleichen — indem ich Ihnen mein Landhaus ganz vor Augen zu stellen suche, nicht auf Abwege gerathe; sondern bloſs was zu meinem Zwecke dient, sage: So ist nicht meine Beschreibung, sondern das beschriebene Landhaus weitläuftig. Doch ich kehre zurück, von wo ich ausgieng; damit ich nicht nach meinem eigenen Ausspruche mit Recht zu tadeln sey, wenn ich so lange bey einer Ausschweifung verweile.

Sie wissen nun den Grund, warum ich meine Tuscische Villa, meinen Tuskulanischen, Tiburtinischen und Pränestinischen Landgütern vorziehe. Ja, auſser dem, was bereits erwähnt worden, ge-nieſse ich daselbst noch einer tiefern, trägern und um eben deswillen harmlosere Muſse: Keine Nothwendigkeit zwingt mich die Toga anzule-gen: Kein Client wohnt in der Nähe. Alles ist ruhig und still, ein Umstand, der nicht weniger zur Gesundheit der Gegend zu rechnen ist, als heiterer Himmel und reine Luft. Da befinde ich mich sowohl an Geist, als an Körper vorzüglich wohl; denn ich übe jenen im Studieren, und diesen auf der Jagd. Auch die Meinigen sind nirgends gesünder; bis jetzt we-nigstens habe ich von denen, die ich mit mir dahin genommen habe — Verzeihung der Rede! — noch niemand daselbst verloren. O möchten doch die Götter auch für die Zukunft mir diese Freude, und dem Orte diesen Ruhm erhalten! Leben Sie wohl!

DRITTE BEYLAGE. Landgut des M. Terentius Varro unweit von Casinum, und Vogelhaus — ornithon — daselbst. S. dessen fünftes Kapitel des dritten Buchs von der Landwirthschaft.

Unterhalb der Stadt Casinum ist ein Fluſs, der durch mein Land- gut flieſst. Er ist hell und tief, hat steinerne Ufer; und Brücken führen darüber von einem Theile des Landguts zum andern. Dessen Breite be-trägt sieben und funfzig Fuſs; die Länge neunhundert funfzig Fuſs, in gerader Linie von dem Eilande, das ganz unten am Flusse liegt, wo noch ein anderes Gewässer hinein fällt, bis ganz oben an den Fluſs hinauf, wo sich das Museum befindet.

Längst den Ufern desselben erstreckt sich ein Gang unter freyem Himmel — ambulatio sub dio — zehn Fuſs breit.

Bey folgenden Übersetzungen aus dem Varro habe ich die Gesnerische Ausgabe der Scriptorum rei rusticae, welche D. J. A. Ernesti im Jahre 1773 zu Leipzig in zwey Quartbänden veranstaltet hat, zur Hand gehabt. Wir haben zwar bereits des Varro Landwirthschaft von einem J. F. Mayer, Pfarrer zu Kupfer-zell, und Mitgliede verschiedener gelehrten Gesellschaften, (Neue Auflage, Nürnberg 1781.) ins Deutsche übersetzt; allein es ist wohl nicht leicht eine Übersetzung mit mehr Flüchtigkeit, wo nicht gar Unkunde der Sprache der Urschrift verfertiget worden, als diese. Übrigens, was des Varro Ornithon insbesondere betrifft, so habe ich die Vorstellungen, welche P. Ligorio, R. Castell, J. M. Gesner, und A. von Seg-ner davon gegeben haben, mit aller Aufmerksamkeit geprüft, auch in so fern genutzt, als sie mir dem Grundtexte gemäſs zu seyn schienen. Äuſserste Stadt des Volskischen Gebiets im nördlichen Latium, jenseit des Liris. Der Liris.

Abwärts von diesem Gange, nach dem Felde zu, liegt das Vogel-haus — ornithon, — auf beyden Seiten rechts und links von hohen Wän-den — maceriis — eingeschlossen.

Der Raum zwischen diesen Wänden, welchen das Vogelhaus einnimmt, hält in der Breite acht und vierzig Fuſs, und ist gleich einer Schreibtafel — tabula litteraria — mit einem Knopfe — capitulum — ge-staltet. Wo er viereckig, hält er an Länge zwey und siebzig Fuſs; wo er aber wegen des Knopfes rund ist, sieben und zwanzig Fuſs. Ingleichen ist so, daſs gleichsam unten am Rande dieser Tafel ein Gang — ambu-latio — gezogen, nach dem Vogelhause zu ein Luststück — plumula — angelegt, in dessen Mittel sich Käfiche — caveae — befinden, welche in den innern Platz — area — führen.

Gleich beym Eingange sind auf den Seiten rechts und links Säu-lengänge — porticus — angebracht, welche vorn steinerne Säulen und dazwischen Zwergbäume — arbusculi humiles — haben; indem sie oben, von der Wand bis zum Unterbalken — epistylium, — und auf der Seite, vom Unterbalken bis zu dem Säulenstuhl — stylobate, — von einem hänfnen Netze — retis canabina — bedeckt werden. Diese sind mit Vögeln aller Art angefüllt, denen das Futter durch das Netz gegeben wird, und das Wasser in einer schmalen Rinne — rivulus — zuflieſst.

Zunächst der innern Seite des Säulenstuhls erstrecken sich zur Rech-ten und Linken bis zum obersten Ende des gevierten Platzes hinauf, zwey, in der Mitte von einander geschiedene, schmale, ab-lange Wasserstücke — piscinae — längs den Säulengängen hin.

Zwischen diesen Wasserstücken bleibt bloſs ein Fuſssteig — semita — nach dem runden Gebäude — tholus, — welches auſserhalb des gevier-ten Platzes liegt, und eine auf Säulen ruhende Kuppel ist, wie am Tempel des Catulus, nur anstatt der Mauern mit Säulen.

Auſserhalb dieser Säulen ist ein Lustgebüsch — silva manu sata, — von hochstämmigen Bäumen bedeckt, so daſs das niedere Gehölz dagegen absticht: das Ganze umgeben hohe Wände.

Zwischen des runden Gebäudes äuſseren Säulen, welche von Stein, und den gleich vielen innern, welche von Tannenholz und dünn sind — ist ein Zwischenraum von fünf Fuſs in der Breite. Zwischen den äuſseren Säulen befinden sich, anstatt der Mauern, Netze aus Sai-ten — reticuli e nervis, — so daſs man in das Gebüsch, auch alles was darin ist, sehen, kein Vogel aber hindurch kommen kann: Zwischen die inneren Säulen ist, anstatt der Mauer, ein Vogelgarn — rete aviarium — gespannt.

Zwischen diesen und den äuſseren ist stufenweis über einander gleichsam ein kleines Theater — theatridion — für die Vögel an- gelegt. Auch springen über allen Säulen häufig Sparrenköpfe — mu-@uli — hervor, und geben Sitze für die Vögel ab.

Innerhalb der Netze befinden sich allerley Arten der Vögel, vor-züglich Singvögel, z. B. Nachtigallen und Amseln, welche vermittelst einer Rinne — canaliculus — getränkt und unter das Garn hinweg gefüttert werden.

Unter dem Säulenstuhle ist ein Stein — lapis — Einen und dreyvier-tel Fuſs — pes et dodrans — höher, als ein daneben befindliches Tafel-lager — falere, — welches wieder zwey Fuſs höher, als ein rundes Wasserbecken — stagnum — und fünf Fuſs breit ist, so daſs die Gäste zwischen den Polstern — culcitae — und den Säulen umher gehen können. Das runde Wasserbecken — stagnum — mit einem fuſs-breiten Rande und einem kleinen Eilande — parva insula — im Mittel, liegt unten zwischen dem Tafellager.

Rings um das Tafellager her sind unterwärts, gleich Schiffstellen — navalia, — Äntenställe — anatium stabula — ausgehölt.

Auf dem Eilande erhebt sich eine kleine Säule — columella, — worin eine Welle — axis — befindlich, welche statt eines Tisches ein Rad mit Speichen — rota radiata — trägt, so daſs unten am Rande, wo die Felgen — orbile — zu stehen pflegen, sich ein holes Bret, gleich einer Pauke — tympanum, — rings umher zieht, drittehalb Fuſs breit, und eine Querhand dick. Dieses Rad wird von einem einzigen Knaben, wel-cher aufwartet, so gedrehet, daſs alles zusammen, Essen und Trinken zugleich aufgesetzt und vor alle Gäste gebracht werden kann.

Unter des Tafellagers Erhöhung — suggestus, — worüber Decken — peripetasmata — gebreitet zu seyn pflegen, kommen die Änten hervor und schwimmen in dem Wasserbecken, woraus ein Kanal — rivus — in die beyden erwähnten Wasserstücke — piscinae — geht, so daſs die Fische hinüber und herüber schlüpfen.

Siehe oben B. V. K. 3. die erste Anmerk. Anstatt et navalia lese ich ut navalia etc.

Auch ist dafür gesorgt, daſs sowohl kalt als warm Wasser aus der hölzernen Scheibe — orbis — oder Tische, so sich, wie ich bereits gesagt habe, an der Spitze der Speichen — in primis radiis — befindet, den Gästen zuflieſse, sobald sie angebrachte Hähne — epitonium s. episto-nium — umdrehen.

Innerhalb unter der Kuppel — tholus — drehet sich bey Tage Luci-fer, bey Nachte Hesperus also am Rande der Halbkugel — he-misphaerium — umher, daſs er durch seine Bewegung die Stunden anzeigt.

Im Mittel um den Nabel — cardo — der Kuppel steht der Kreis der acht Winde — orbis ventorum octo, — wie zu Athen in der Uhr — horologium — welche Cyrrhestes verfertiget hat: Und ein daselbst hervor ragender Zeiger — radius — wird vom Nabel — cardo — aus so bewegt, daſs er im Umkreise den Wind berührt, welcher eben wehet, damit man dieses innen wissen möge.

Hieraus erhellet, daſs Varro’s Uhr zugleich Wasser- und Sonnenuhr war. Siche Vitruv I. 6.
VIERTE BEYLAGE. Des M. VARRO a. XI. Kapitel des I. Buchs von der Landwirthschaft. Landhaus.

Aus nicht genugsamer Erwägung der Gröſse ihres Guts — fundus — haben viele gefehlt, und verhältniſsmäſsig das Landhaus — villa — zu klein oder zu groſs erbauet. Das Eine und das Andere ist gegen die gute Wirthschaft: Denn sind die Gebäude gröſser, als das Gut sie erfordert, so kosten sie zu viel zu erbauen und zu unterhalten; und sind sie kleiner, so pflegen die Erzeugnisse umzukommen. Auſser allem Zweifel ist es daher, daſs auf einem Gute, wo viel Weinbau ist, der Weinkeller — cella vinaria, — wo aber viel Getreidebau, die Scheuern geräumig anzulegen sind.

Da des Varro drey Bücher von der Landwirthschaft unter des Alter-thums übrigen Schriften dieses Inhalts den ersten Rang einnehmen, so habe ich auch vorzüglich aus denselben die hierher gehörigen Stellen gewählt. Wer aber mehr über diesen Gegenstand bey alten Schriftstellern nachzulesen Lust hat, der sehe Cato I. 4. 14. 15. Columella I. 2 — 6. Plinius den älteren XIX. 19. Palladius I. 7 — 9.

Bey Erbauung des Landhauses ist hauptsächlich dahin zu sehen, daſs im Bezirke desselben, oder doch wenigstens so nahe als möglich dabey, Wasser vorhanden sey; vorzüglich Quellwasser, wo nicht, Brunnenwasser. Fehlt es aber überhaupt an lebendigem Wasser, so sind bedeckte Cister-nen für die Menschen, und freie Tröge — lacus — für das Vieh anzulegen.

b. XII. Kapitel. Stellung des Landhauses.

Vornehmlich muſs man sich bemühen, das Landhaus an den Fuſs eines waldigen Berges zu stellen, wo es ausgebreitete Weiden — pastio — giebt; so daſs es gegen die gesundesten Winde gerichtet ist.

Das Landhaus, welches gegen den Sonnenaufgang zur Zeit der Tag-und Nachtgleiche liegt, hat die beste Stellung; weil es im Sommer Schatten und im Winter Sonne hat.

Wird man gezwungen, nahe bey einem Flusse zu bauen, so muſs man dem Hause ja nicht die Richtung gegen den Fluſs geben; sonst würde es im Winter heftig kalt und im Sommer ungesund seyn. Auch muſs man es von sumpfigen Örtern abwenden , sowohl aus angeführ- ten Ursachen, als auch weil, wenn der Morast austrocknet, gewisse kleine, den Augen nicht sichtbare, Insecten entstehen, welche in der Luft durch Nase und Mund mit eingeathmet werden, und schwere Krank-heiten anrichten.

Fundanus. Wenn einem nun aber ein solches Gut in einer Erbschaft zufällt, was läſst sich da machen, um der Pest vorzubeugen?

Agrius. Dieſs kann ich sogar beantworten: Man muſs es ver-kaufen, sollte es auch für ein Spottgeld seyn; oder, geht dieſs nicht an, sich dessen begeben.

Ich lese avertendum anstatt advertendum.

Scrofa. Ferner ist zu vermeiden, daſs das Landhaus nicht nach Gegenden sehe, woher ungesunder Wind zu wehen pflegt: Noch ist es in ein tiefes Thal zu stellen, sondern lieber auf einer Höhe anzulegen; weil die Winde diese bestreichen und, wenn ja schädliche Dünste sich hinauf ziehen, sie gar bald wieder verwehen; überdieſs auch ein Ort, der den ganzen Tag von der Sonne beschienen wird, auch deſshalb gesün-der ist, weil die Insecten, die etwa die Nachbarschaft zeugt und dahin sendet, falls sie nicht vom Winde vertrieben werden, bald vor Dürre — aritudo — umkommen; auch sind die Gieſsbäche, welche von plötz-lichen Platzregen entstehen, auch die Räuberbanden den Bewohnern der Gründe und Tiefen gefährlich, weil sie sie unversehens überfallen und um desto leichter zu Grunde richten mögen; da man auf Anhöhen vor beiden weit mehr gesichert ist.

c. XIII. Kapitel. Wirthschaftsgebäude.

Schafställe, so wie Kuhställe sind so anzulegen, daſs sie im Winter warm seyn.

Behältnisse zur Aufbewahrung des Weins und Öls, ingleichen der dazu erforderlichen Gefäſse, sind unten auf flacher Erde — in plano — anzulegen; Behältnisse aber zur Aufbewahrung trockener Erzeugnisse, als Wicken — faba — und Heu auf Böden — tabulatum.

Die Wohnung des Gesindes ist so einzurichten, daſs dieses, von Arbeit, Frost oder Hitze ermüdet, sich durch Ruhe gemächlich wie-der erquicken möge.

Der Verwalter — vilicus — muſs am Eingange wohnen, damit er wissen möge, wer Nachts ein - und ausgehe und was er trage; zumal wenn kein Pförtner da ist. Vor allen Dingen aber ist dahin zu sehen, daſs er die Küche in der Nähe habe; weil darin im Winter noch vor Tage vieles verfertiget, gekocht und genossen wird.

Ich lese: Ovilia faciunda stabula, ita ut bubilia, sunt ubi hieme possint esse calidiora.

Für die Wagen — plaustrum — und das übrige Geräth — instru-mentum, — dem der Regen schadet, sind im Hofe — cohors — hin-länglich groſse Schoppen — tectum — zu verfertigen; denn, wenn diese Sachen bloſs verschlossen, aber unter freyem Himmel stehen, so sind sie zwar vor Dieben gesichert, werden aber von der Witterung verdorben.

Auf einem groſsen Gute — fundus — ists am füglichsten, zwey Höfe — cohortes — zu haben. In dem inneren — interior — lasse man das Regenwasser aus der Dachrinnne — compluvium — in ein Wasser-behältniſs — lacus — fallen, und lasse dieses zwischen den Säulenstühlen — stylobatae — eine Art von Teich — semipiscina — bilden, welcher den Ochsen, wann sie im Sommer von dem Felde kommen, zur Tränke und Schwemme dienen möge; ingleichen den Gänsen und Schweinen, wann sie von der Weide zurückkehren: In dem äuſseren — exterior — muſs ein Wasserbehältniſs — lacus — seyn, worin Feigbohnen — lupi-num — zu wässern sind und alle übrige Dinge, welche durch das Ein-weichen in Wasser zum Gebrauche desto geschickter werden. Bestreuet man diesen äuſsern Hof häufig mit Stroh und Spreu, so gewinnt man dadurch, indem es vom Vieh unter die Füſse getreten wird, manches Fuder Mist für den Acker.

Bey dem Landhause muſs man zwey Mistgruben — sterquili-nium — haben, oder wenigstens Eine mit zwey Abtheilungen, in deren Eine man den frischen Mist aus dem Hofe trägt; aus der Anderen aber den alten auf das Feld holt; denn der frische Mist ist nicht so gut, als der, welcher bereits in Fäulniſs übergegangen ist. Auch ist die Mistgrube die beste, welche sowohl von der Seite als von oben, durch Sträuche und Buschwerk vor der Sonne geschützt ist; denn die Sonne muſs ja nicht vorher die Gauche — succus — ausziehen, weil diese den Boden am besten düngt. Erfahrne Landwirthe leiten daher, wenn sie es irgend möglich machen können, Wasser in die Mistgrube; weil die Gauche dadurch befördert wird. Einige stellen auch den Abtritt — sellae fami-liaricae — darüber.

Der Text lautet also: Vilici proxime ianuam cellam esse oportet, eumque scire, qui introeat aut exeat noctu, quidve ferat: praesertim si ostiarius est nemo. Hr. Pfarrer J. F. Mayer, zu Kupferzell übersetzt dieses folgendermaaſsen: “Der Keller soll bey der Kammer des Schaffners seyn, denn dieser muſs wissen, wer Nachts aus - oder eingeht, und was man daraus holt. Wenn kein Pförtner auf dem Hofe ist, ist dieses um so viel nöthiger.” Nach diesem einzigen Beyspiele, denke ich, wird man mich entbinden, mein oben gefälltes Urtheil von dieser Übersetzung noch durch andere Belege zu rechtfertigen. Anstatt fit ministra fundo, welches gar keinen Sinn giebt, lese ich, fimum mini-strat fundo.

Ferner ist ein Gebäude zu errichten, worin man die gesammte Erndte des Guts unterbringen kann, und welches einige einen Schauer — Feld-schoppen, nubilarium — nennen. Dieses ist an die Tenne — area, — worauf das Getreide gedroschen wird, zu setzen. Dessen Gröſse stehe mit der des ganzen Guts in Verhältniſs. Auf der Seite nach der Dresch-tenne hin, sey es offen, damit man das Getreide nicht allein leicht zum Ausdreschen hinauf, sondern auch, bey einem einfallenden Regenschauer, geschwind wieder herunter schaffen könne: Auf der Seite aber, wo es am besten vom Winde durchstrichen werden kann, muſs es Fenster haben.

Fundanius. Zuverläſsig ist ein Gut weit einträglicher, wenn man sich bey Anlegung der Gebäude mehr nach der Wirthschaftlichkeit der Alten, als nach der herrschenden ausschweifenden Üppigkeit richtet. Jener Augenmerk war das Nützliche; anstatt daſs man itzt bloſs den Lüsten fröhnet. Ihre Landgüter — villae rusticae — waren daher weit kostbarer, als ihre Landhäuser — villae urbanae — welches itzt fast umgekehrt ist. Damals lobte man ein Gut, wenn es mit einer guten ländlichen Küche versehen war, mit geräumigen Ställen — praesepiae, — mit Wein-und Ölkeller, die mit der Gröſse des Guts in Verhältniſs und dessen Ästerich nach dem Mittel zu abhängig (damit bey Unglücksfällen der Wein nicht verloren gienge, weil öfters der Most, wenn er in den Keller kommt und zu gähren anfängt, sowohl in Spanien die Tonnen — orcae, — als in Italien die Fässer — dolia — zu sprengen pflegt); desgleichen wenn nichts von allem übrigen fehlte, was zum Feldbaue erforderlich ist: Itzt hingegen bestrebt man sich bloſs, recht weitläuftige und nette Landhäuser zu haben, welche mit denen eines Metellus und Lucul-lus, diesen verderblichen Vorbildern des Publikums, wetteifern mögen. Daher versäumt man nie, die Sommerspeisesäle gegen den kühlen Mor-gen, die Winterspeisesäle aber gegen den warmen Abend zu legen; da vielmehr die Alten, gegen die letztere Gegend die Fenster des Ölkellers, und gegen die erstere die Fenster des Weinkellers zu richten pflegten; weil der Wein gern ein kaltes, allein das Öl ein warmes Lager liebt: Ingleichen spähet man nach Hügeln, um darauf, wenn sonst nichts daran hindert, das Landhaus zu stellen.

Siehe Plinius, IX. 80.
d. XIV. Kapitel. Befriedigung.

Itzt will ich von der Befriedigung — septum quod tutandi causa fit — des ganzen Guts oder auch nur eines Theils desselben, reden. Es giebt vier Gattungen der Befriedigung: Die natürliche, ländliche — agrestis, — kriegerische — militaris — und künstliche — fabri-lis. — Eine jede derselben begreift wieder mehrere Arten unter sich.

Die natürliche Befriedigung ist ein, aus gesäeten und ein-gewurzelten Gesträuchen und Dornen bestehender, lebendiger Zaun, welcher die brennende Fackel des muthwilligen Wanderers nicht fürch-ten darf.

Die ländliche Befriedigung ist ein todter Zaun aus schlech-tem Holze. Man verfertiget denselben theils aus Pfählen, welche entweder dicht neben einander gestellt und mit Reisern durchflochten werden, oder weit von einander zu stehen kommen und Löcher haben, wodurch zwey bis drey Stangen — longurius — gesteckt werden; theils aus abge-stutzten in die Erde gelassenen Bäumen.

Die dritte Gattung, die kriegerische Befriedigung besteht aus einem Graben und Walle — agger. — Der Graben ist der Absicht gemäſs, wenn er alles Regenwasser in sich faſst, oder mit einem Gefälle — fastigium — versehen ist, um es vom Gute abzuleiten. Was den Wall betrifft, so ist dieser gut, wenn er entweder nach innen zu an dem Graben liegt, oder so hoch ist, daſs man ihn nicht leicht ersteigen kann. Diese Gattung der Befriedigung pflegt an Landstraſsen gemacht zu wer-den, auch an Flüssen. Neben der Salzstŕaſse — via salaria — im Crustuminischen, trifft man an verschiedenen Orten an einander hängende Wälle mit Gräben an, um die Felder vor dem Flusse zu schützen. Einige werſen auch bloſs Wälle ohne Gräben auf, und nennen sie Mauern — muri, — wie im Reatinischen.

Die vierte und letzte Gattung, die künstliche Befriedigung, besteht aus einer Wand — maceria. — Ihrer giebt es ohngefähr vier Arten; denn man macht sie aus Feldsteinen, wie im Tuskulanischen; aus Brandsteinen — lateres coctiles, — wie im Gallischen; aus unge-brannten Steinen — lateres crudi, — wie im Sabinischen; und end-lich aus Lehm und Kieselsteinchen, zusammen in Formen gefüllt, wie in Spanien und im Tarentinischen.

e. XV. Kapitel. Grenzscheidung.

Überdieſs werden die Grenzen eines unbefriedigten Guts — prae-dium — am besten durch angepflanzte Bäume bezeichnet und gesichert, damit das Gesinde mit den Nachbaren nicht in Zank gerathe, und ein Grenzstreit entstehe, welchen der Richter schlichten muſs.

Sie nahm vor der Porta Collina ihren Anfang; und hatte den Namen, weil darauf das Salz ins Sabinische gefahren wurde. Siehe Plin. d. älteren 31. 41. Crustumium oder Crustumerium eine Stadt im Sabinischen, itzt Marcigliano Vecchio. Reate, Stadt im Sabinischen, heut Rieti, im Kirchenstaate. “Ja, werden nicht in Afrika und Spanien Wände von Erde, (welche man Formenwände nennt, weil sie mehr in eine Form, die aus zwey auf beyden Seiten

Einige setzen rings umher Fichten, wie meine Frau im Sabini-schen; andere Cypressen, wie ich auf dem Vesuv; andere Ulmen, wie viele im Crustuminischen.

Der Ulmbaum, wo er fortkommt, wie in erwähnter Gegend, welche flach ist, geht zu diesem Zwecke allen übrigen vor; denn er ist überaus nutzbar, indem er nicht allein die Hecke hält, und ganzer Körbe Trau-ben pflegt, sondern auch den Schafen und Kühen ein sehr angenehmes Laub darbietet, und Reiser hergiebt zu Zäunen, und zur Feuerung fül den Herd und Backofen.

Scrofa. Also, wie gesagt, ein Landwirth hat vorzüglich auf vier Dinge zu achten: Auf die Lage — forma — des Guts, die Beschaffen-heit des Bodens, die Gröſse des Ackerlandes, und die Berichtigung der Grenze.

angelegten Bretern besteht, gestopft, als eigentlich erbauet werden) mit der Zeit so hart, daſs ihnen weder Regen, noch Wind noch Feuer etwas anhaben kann und sie fester sind als irgend ein Bruchstein? Noch heutiges Tags schaut Spanien die Warten Hannibals und die lehmernen Thürme, welche er auf die Gipfel der Berge setzen lieſs.” Siehe den ältern Plinius B. 35. K. 48. Auch s. Palladius I. 34. Die Mauren in Spanien haben ähnliche Wände verfertigt, wovon noch Überbleibsel vor-handen sind: The characteristics of the Moorish military architecture — a wall built by means of square forms of wood, into which a mortar, composed of pebbles mixed with a strong cement, is run, and left a certain time to harden; then the boards are taken away, but the marks remain, and give the wall an appearance of regular masonry. Swinburue’s travels through Spain p. 91.
FÜNFTE BEYLAGE. DES LUCIUS JUNIUS MODERATUS COLUMELLA II. KAPITEL DES I. BUCHS von der Landwirthschaft. Ideal eines Landgutes.

Wollte die Glücksgöttin meine Wünsche unterschreiben, so hätte ich ein Gut von gesunder Lage, fruchtbarem Boden; ein Theil in der Ebene; ein anderer Theil auf Hügeln, sanft abhängig gegen Morgen oder Mit-tag; hier gebauetes Feld, dort rauhe Waldung; in der Nachbarschaft das Meer, oder ein schiffbarer Fluſs zur Aus - und Einfuhre der Früchte und Waaren.

Die Ebene, in Wiese und Ackerfeld, in Weiden - und Rohrplätze eingetheilt, läge am Wohnhause.

Das Werk zu krönen, setze ich dieses herrliche Gemählde eines vollkommenen Landhauses aus dem Columella, gleichsam als eine schöne Schluſsvignette hieher. Übrigens besitzen wir eine klassische Übersetzung der zwölf Bücher von der Landwirthschaft dieses Schriftstellers, von M. C. Curtius, Professor in Mar-burg. Sie ist 1769 zu Hamburg und Bremen in zwey Bänden in 8. erschienen.

Der Hügel einige wären frey von Bäumen und dienten bloſs zu Saat-lande — wiewohl das Getreide besser auf mäſsig trockenen und fetten Flä-chen als auf Abhängen geräth; weſshalb auch hochliegende Kornfelder Flä-chen haben, nur ganz sanft abhängig, und so viel als möglich dem ebenen Lande ähnlich seyn müssen. Andere Hügel wären mit Ölbäumen und Reben nebst den erforderlichen Pfählen bekleidet. Noch andere böten Holz und Steine, wenn etwa die Noth zu einem Baue zwänge, ingleichen Hutung für das Vieh dar; und lieſsen zugleich Bäche auf Wiesen, Gär-ten und Weidengebüsch herabrinnen, und hin und wieder lebendige Quel-len hervorspringen.

Noch weniger sollte es an Herden groſsen und kleinen Viehs fehlen, die auf der Flur und in den Büschen weideten.

Jedoch ein so glücklich begabtes Gut, als ich da wünsche, ist äuſserst selten, und höchst wenigen vergönnt. Ihm zunächst steht das Gut, welches die meisten der erwähnten Eigenschaften vereint; und nicht zu verachten ist schon dasjenige, welches nur nicht gar zu wenige davon besitzt.

DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST SIEBENTES BUCH.
VORREDE.

Ein weiser und nützlicher Gebrauch der Alten war es, ihre Gedan-ken in Schriften für die Nachwelt aufzubewahren, damit sie nicht verloren giengen, sondern von Zeitalter zu Zeitalter verbessert, ver-mehrt und aufs neue verzeichnet, durch die Länge der Zeit endlich stufenweise bis zum Gipfel der Vollkommenheit gelangten. Groſsen, ja unendlichen Dank sind wir ihnen daher schuldig, daſs sie aus Miſsgunst dieses nicht unterlassen; sondern vielmehr sorgfältig alle ihre Kenntnisse jeder Art niedergeschrieben und der Nachwelt über-liefert haben. Denn, wofern sie es nicht gethan hätten, so wüſsten wir weder was in Troja sich zugetragen; noch was Thales, De-mokrit, Anaxagoras, Xenophanes und andere Naturforscher mehr über die Natur der Dinge gedacht; noch was Sokrates, Plato, Aristoteles, Zenon, Epikur und andere Philosophen den Menschen als Zweck des Lebens empfohlen hätten. Auch wäre es uns unbekannt geblieben, was Crösus, Alexander, Darius und andere Könige für Thaten, und auf welche Art sie sie verrich-tet haben; hätten nicht unsre Vorfahren nach Sichtung der Nach-richten, der Nachwelt zur Kenntniſs, diese Begebenheiten schriftlich aufbehalten.

Gleichwie nun aber diese des Dankes, so sind dagegen jene des Tadels würdig, welche die Schriften anderer stehlen und für ihre eigenen ausgeben. Allein diejenigen, welche, ohne selbst etwas lesenswerthes geschrieben zu haben, bloſs darin Ruhm suchen, ande-rer Leute Schriften neidischerweise zu verunglimpfen; die verdienen nicht nur Rügung, sondern, ihrer Gottlosigkeit wegen, sogar Strafe. In der That weiſs man auch, daſs die Alten ernstlich dergleichen Verfahren geahndet haben; und es ist hier der Ort, einige in solchen Fällen gesprochene Urtheile, welche auf uns gekommen sind, anzu-führen.

Als die Attalischen Könige, aus groſser Liebe zu den Wis- senschaften, eine vortreffliche Bibliothek zum öffentlichen Gebrauch und Vergnügen zu Pergamus anlegten; so wetteiferte, von gleicher Liebhaberey beseelt, Ptolemäus mit ihnen aus allen Kräften, eine ganz ähnliche zu Alexandria zu stiften. Nachdem er dieſs mit der gröſsten Emsigkeit ins Werk gerichtet, glaubte er dennoch nicht genug gethan zu haben, wenn er nicht auch gleichsam den Samen zur ferneren Vermehrung derselben ausstreuete. Er widmete daher den Musen und dem Apoll Spiele, wobey, wie bey den Wettkämpfen der Ringer, für die Sieger der wettstreitenden Schrift-steller Preise und Ehrenbezeigungen ausgesetzt wurden. Als nun, dieser getroffenen Anordnung zufolge, die Spiele heran naheten; so kam es darauf an, unter den Gelehrten Richter zur Austheilung der Preise zu wählen. Schon hatte der König ihrer sechs aus der Stadt erwählt, und war wegen der Wahl eines tauglichen Siebenten ver-legen; da wandte er sich an die Aufseher der Bibliothek und fragte sie, ob sie niemand wüſsten, der dazu brauchbar wäre? Diese schlugen einen gewissen Aristophanes vor, der sich täglich auf der Bibliothek einfände und mit gröſstem Fleiſse und Eifer alle Bücher nach der Reihe durchläse. Ihr Vorschlag wurde genehmiget; nachdem also bey der Versammlung zu den Spielen den Richtern ihre besondere Sitze bestimmt worden, wurde sammt den übrigen auch dieser Aristophanes aufgerufen und er nahm den ihm angewiese-senen Platz ein.

d. i. die Könige zu Pergamus in Mysien, Attalus I, Eumenes II, Atta-lus II, und Attalus III. Unter ihnen ist vorzüglich Eumenes als der Stifter der berühmten Pergamenischen Bibliothek anzusehen, welche, nach Plutarch im Leben des M. Antonius, aus 200000 Bänden bestand. Des Eumenes und des Ptolemäus Philadelphus in Ägypten Eifersucht bey Anlegung ihrer Bibliothe-ken, gab, da Letzterer die Ausfuhr des Ägyptischen Papiers verbot, zur Erfindung des Pergaments Anlaſs. S. Plinius XIII. 21. d. i. Ptolemäus Philadelphus, König in Ägypten. Die Bibliothek soll, nach Seneca, de tran. anim. 9, aus 400000 Bänden, nach A. Gellius B. VI. K. 17. aber, aus 700000 Bänden bestanden haben. Sie stand in der Gegend von Alexandria, welche Bruchion genannt wurde, im Museum, nahe bey der königlichen Burg. In dem Kriege, den Julius Cäsar mit den Alexandrinern führte, verbrannte sie. M. Antonius schenkte nachmals der Cleopatra die ganze Pergamische Bibliothek, welche in das Serapeum gebracht, und mit demselben im Jahr 389 nach C. Geb. das Opfer der Glaubenswuth der Christen wurde. Es ist ein Mährchen des Abul-pharagius, welches Gibbon (the history of the decline and fall of the Roman Empire, Vol. the fifth, p. 342 etc. 4. edition) gründlich widerlegt, daſs sie im J. C. 640. bey Eroberung der Stadt Alexandria von Amrou, auf Befehl des Kalifen Omar zur Feuerung in die öffentlichen Bäder der Stadt sey gegeben worden. Es sey mir erlaubt, die Reflexion hier anzuführen, womit Gibbon seine Untersuchung des Schicksals der Alexandrinischen Bibliothek schlieſst: I sincerely regret the valuable libraries which have been involved in the ruin of the Roman empire, but when I seriously compute the lapse of ages, the waste of ignorance, and the calamities of war, our treasures, rather than our losses, are the object of my surprise. Many curious and interesting facts are buried in oblivion; the three great histo-rians of Rome have been transmitted to our hands in a mutilated state, and we are deprived of many pbeasing compositions of the lyric, iambic, and dramatic poetry of the Greeks. Yet we should gratefully remember, that the mischances of time and accident have spared the classic works to which the suffrage of anti-quity had adjudged the first place of genius and glory: the teachers of ancient knowledge, who are still extant, had perused and compared the writings of their predecessors; nor can it fairly be presumed that any important truth, any useful discovery in art or nature, has been snatched away from the curiosity of modern ages.

Die Reihe des Wettstreits traf zuerst die Dichter. Sie lasen ihre Gedichte vor, und das gesammte Volk gab den Richtern das, was ihm wohl gefiel, durch Zeichen zu erkennen. Als diese nun besonders um ihre Meinung befragt wurden, so sprachen die übrigen sechs einstimmig demjenigen den ersten Preis zu, welcher beym Volke den meisten Beyfall erhalten, und dem zunächst darauf Folgenden den zweyten; Aristophanes aber war der Meinung, derjenige, welcher dem Volke am allerwenigsten gefallen hätte, müſste für den Ersten erklärt werden. Sowohl der König als sämmtliche Anwesende wurden über diesen Ausspruch höchst ungehalten. Aristophanes stand also auf und bat um Erlaubniſs reden zu dürfen. Als alles schwieg, zeigte er, von allen Mitbewerbern um den Preis sey bloſs dieser Einzige selbst Dichter; was die übrigen vorgelesen hätten, wäre nichts als fremdes Eigenthum; Richtern aber gezieme es nicht gestoh-lene, sondern selbst verfertigte Gedichte zu krönen. Hierauf nahm er, seinem Gedächtnisse vertrauend, während daſs das Volk verwundert, der König aber zweifelhaft harrte, aus den verschiedenen Schränken eine groſse Menge Bücher heraus, hielt sie mit den vorgelesenen zusam-men und überführte die Verfasser der letzteren des begangenen Dieb-stahls. Da lieſs der König sie sogleich als Diebe anklagen, und schickte sie, als sie verurtheilt waren, mit Schimpf und Schande fort; den Aristophanes aber beschenkte er sehr reichlich, und setzte ihn über die Bibliothek.

Einige Jahre nachher kam Zoilus, welcher den Beynamen Homersgeiſsel (Homeromastix) angenommen hat, aus Mace- donien nach Alexandria und las dem Könige seine Schriften gegen die Ilias und Odyssee vor. Als Ptolemäus sah, wie darin der Dichter Vater und aller Gelehrsamkeit Meister abwesend durchgezo-gen; wie er, dessen Schriften die Bewunderung aller Völker sind, ungebührlich gemeistert wurde: So gab er ihm aus Unwillen gar keinen Bescheid. Lange wartete Zoilus im Königreiche, endlich aber, von Mangel gedrückt, erschien er wieder demüthig vor dem Könige und bat, ihm etwas zu schenken. Da soll ihm Ptolemäus geantwortet haben: “Da Homer, der vor tausend Jahren verstorben, noch immer viele Tausend Menschen erhalte; so müsse um so viel-mehr er, der sich rühme noch ein gröſser Genie zu seyn, nicht allein sich, sondern auch noch viele andere zu ernähren im Stande seyn. Und zuletzt wurde er als Vatermörder verurtheilt und hingerichtet; nur wird die Todesart verschieden erzählt. Einige sagen, Phila-delphus habe ihn an das Kreuz schlagen lassen: Andere, er sey zu Chius gesteiniget; und noch andere zu Smyrna lebendig verbrannt worden. Es sey ihm aber das Eine oder das Andere wider-fahren, es war verdiente, gerechte Strafe; denn derjenige, welcher Abwesende richtet, die sich nicht verantworten können, scheint nichts anders zu verdienen.

Ich meines Theils, o Cäsar, ich stelle dieſs Werk nicht an das Licht nachdem ich fremde Titel verändert und meinen eigenen Namen untergeschoben habe; noch ist es meine Absicht, die Gedan-ken anderer zu tadeln um den Meinigen dadurch Lob zu erwerben: Vielmehr weiſs ich allen Schriftstellern unendlichen Dank, welche von Alters her weder Kopf noch Fleiſs gespart haben, um, der Eine in diesem, der Andere in jenem Fache, Materialien in Fülle zu bereiten. Gleich wie aus reichhaltigen Quellen schöpft man aus ihnen, wendet das Brauchbare zu seinem eigenen Zwecke an, und gewinnt also nicht allein Stoff, sondern auch Zeit; ja, auf dergleichen Ge-währsmänner bauend, darf man weiter gehen, und neue Gedanken wagen. Ich folge daher auch den Fuſsstapfen meiner Vorgänger, und benutze was sie, zu meinem Vorhaben dienliches, vorgearbeitet haben; bleibe jedoch nicht dabey stehen, sondern gehe auch darüber hinaus.

Ich lese mit Salmasius nonnulli Chii in eum etc.

So hat zuerst Agatarchus zu Athen, als Äſchylus seine Trauerspiele schrieb, die Scene gemahlt und darüber eine Abhand-lung — commentarius — hinterlassen. Hiedurch veranlaſst, haben Demokrit und Anaxagoras über dieselbe Materie geschrieben: wie nehmlich Gegenstände dem Auge nach Verhältniſs der Entfer-nung, bey einem gegebenen Gesichtspunkte — centrum, — der Natur gemäſs durch Linien dargestellt werden müssen; damit durch bestimmte Bilder unbestimmter Gegenstände in der Scenenmahlerey Gebäude vorgestellt werden, und auf einer geraden, ebenen Flä-che gezeichnete Gegenstände hier zurückweichend — abscedentia, — dort herausspringend — prominentia — erscheinen mögen. Dann hat Silenus ein Buch über das Dorische Ebenmaaſs herausgegeben: Über den Dorischen Tempel der Juno zu Samos, Theodorus: Über den Ionischen der Diana zu Ephesus, Ktesiphon und Metagenes: Über den Ionischen Tempel der Minerva zu Priene, Phileos. Ferner über den Dorischen Tempel der Minerva zu Athen auf der Burg, Iktinus und Karpion: Theodorus der Phoceer über die Kuppel — tholus — zu Delphi: Philo, über der Tempel Ebenmaaſs und über das Zeughaus — armamenta-rium, — das im Hafen Pyräeus war: Hermogenes über den Ionischen Tempel der Diana zu Magnesia, welcher ein Pseudo-dipteros, und des Bacchus zu Teos, welcher ein Monopte-ros ist: Ferner Argelius über das Korinthische Ebenmaaſs und den Ionischen Tempel des Äskulap zu Tralles, den er auch eigenhändig erbauet haben soll: Über das Mausoleum, Satyrus und Phyteus, die wahrlich höchst glücklich zu preisen sind, daſs Meister, deren Kunst ewiger Ruhm und unvergängliche Blüte zuer-kannt wird, durch ihre Erfindungen das Werk derselben verherr- lichet haben; denn es theilten sich in die vier Fronten und wett-eiferten mit einander in Verzierung und Vollendung des je von einem jeden gewählten Theils, die Künstler Leochares, Bryaxes, Sko-pas, und Praxiteles, nach einigen auch Timotheus, und ihrer Arbeit hohe Vollkommenheit hat dem Gebäude gleichen Ruhm mit den sieben Wunderwerken der Welt erworben.

Requeno (Saggi etc. Vol. I. p.41 etc.) möchte diese Stelle also verstehen: Agatarchus habe bloſs Nachrichten von seiner Art zu verfahren bey Verfertigung der perspektivischen Mahlerey der Scene geschrieben; und habe nachher den Demokrit und Anaxagoras aufgemuntert, nach seinen Datis in eigenen Schriften die Grund-regeln der Perspektive mathematisch zu entwickeln und festzusetzen. — Inzwischen diese Erklärung hält keine genaue Prüfung aus; denn das ex eo des Vitruvs bezieht sich auf commentarius, nicht aber auf Agatarchus; sonst müſste es ab e@ heiſsen. Das heiſst nach unsrer Art zu reden: sie haben über die Perspektive geschrieben. Man sehe was Lessing im 9-12ten seiner Briefe antiquarischen Inhalts von der Perspektive der Alten sagt; und urtheile selbst, ob, nach obiger Definition der Perspektive, den Alten die Perspektive abzusprechen sey, oder nicht. Theodor, des Rhökus Sohn, lebte ungefähr 700 Jahre vor C. G. Beyde erbaueten den berühmten Tempel der Juno zu Samos wieder, der sich von den Zeiten der Argonauten herschrieb und von den Persern abgebrannt worden war. Theodor legte auch zu Samos ein Labyrinth an (Plin. XXXIV. 19. §.22.) und zu Sparta errichtete er ein Gebäude, das Skias (d. i. Schatten) hieſs, und zu den Volksver-sammlungen bestimmt war (Pausanias III. 12.) Auch war er ein geschickter Bild-ner. Er soll die Kunst erfunden haben, das Eisen zu schmelzen, und Statüen daraus zu gieſsen. Plinius (VII. 57.) nennt ihn auch den Erfinder des Winkelmaaſses, der Setzwage, des Dreheisens, und des Nagels. Ktesiphon (andere lesen Chersiphron) und dessen Sohn Metagenes waren aus Kreta und lebten ungefähr 550 Jahr vor C. G. Über den von ihnen erbaue-ten Dianentempel zu Ephesus siehe bald unten mehr. Auch siehe von ihnen unten B.X. K.6. Oben B.I. K.1. wird er Pythius genannt. Weiter unten kommt ein Phy-teus als Baumeister des Mausoleums vor. Wahrscheinlich ist er mit dem hier Erwähn-ten Ein und derselbe. Welches aber von den drey verschiedenen Namen der eigent-liche, wahre sey, läſst sich nicht mit Zuverläſsigkeit bestimmen. Vielleicht keiner; denn viele schreiben auch Pytheus. Übrigens heiſst Priene heut Samson Kalesi. Von den Ruinen des Tempels siehe The Ionian antiquities, Chap. II. Iktinus, ein Zeitgenosse des Perikles, erbauete mit dem Kallikrates das Parthenon auf der Burg zu Athen; siehe davon the antiq. of Athens by Stuart, Vol.II. Chap. 1. Auſserdem war Iktinus noch Baumeister des berühmten Tem-pels der Ceres und Proserpina zu Eleusis; ingleichen des Tempels Apolls des Helfers bey Phigalia in Arkadien; (siehe Pausanias B. VIII. K.41.), wovon noch Trümmer übrig sind. S. Chandlers Travels in Greece, pag. 296. Von Karpion ist weiter nichts bekannt. Ich finde hievon weiter keine Nachricht. Philo, ein Zeitgenosse des Demetrius des Phalereers, war nicht allein Baumeister des Zeughauses zu Athen, sondern machte auch den, von Iktinus zu Eleusis erbaueten Tempel der Ceres und Proserpina zu einem Prostylos. Er soll auch das Theater zu Athen erbauet haben. Einige halten ihn für den Philo von Byzanz, von dem ein Traktat über die Kriegsmaschinen vorhanden ist. Hermogenes, war aus Alabanda in Karien gebürtig. Siehe was Vitruv oben B.III. K.2. ingleichen B.IV. K.3. zu Anfange von ihm sagt. Die Zeit, wann er gelebt hat, ist unbekannt. Monopteros wird hier nicht in der eingeschränkten Bedeutung genommen, worin es oben B.IV. K. 7. von Peripteros unterschieden wird; sondern Vitruv gebraucht es hier vielmehr als gleichbedeutend mit Peripteros, nehmlich um dadurch einen Tempel anzuzeigen, der ringsumher mit Einem Flügel — Pteron — d. i. mit Einer Reihe Säulen umgeben ist. Siehe oben Buch III. K. 2. S. 128. Anmerk. Man setzt ihn ungefähr in das Jahr 550 u. f. vor C. G. Heyne (Ant. Aufsätze I. S.233.) hält dafür, es sey wohl nicht zu zweifeln, daſs der Pythis des Plinius (1.36. c.4. s.9.) eben der sey, den Vitruv hier Phy-teu@ schreibt. Da indeſs Plinius den Pythis nicht als Baukünstler, sondern bloſs als den Meister der marmornen Quadriga nennt, welche ganz oben auf dem Mauso-leo stand; so weiſs ich nicht, ob nicht dennoch von Rechts wegen einiger. Grund zu zweifeln übrig bleibe.
“Des Skopas Zeitgenossen und Nebenbuhler seines Ruhms waren Bryaxis, Timotheus und Leochares. Ich muſs zu gleicher Zeit von ihnen reden, weil sie gemeinschaftlich die erhobene Arbeit an dem Denkmale des Mausolus des klei-nen Königs von Karien, der im zweyten Jahre der 106 Olympiade (353. J. vor C. G.) starb, verfertigten — caelare —. Daſs dieses Gebäude unter die sieben Wunder der Welt gerechnet wird, ist hauptsächlich diesen Künstlern beyzumessen. Es erstreckt sich auf der Süd- und Nordseite 63 Fuſs. In den Fronten ist es kürzer. Der ganze Umfang beträgt 411 Fuſs. Seine Höhe ist 25 Ellen und es wird von 36 Säulen umgeben. Sie hieſsen es Pteron — Säulengang —. Die erhobene Arbeit gen Mor-gen machte Skopas, gen Mitternacht Bryaxis, gen Mittag Timotheus und gen Abend Leochares. Bevor sie noch fertig waren, starb die Königin Artemisia, (im J. 351. vor C. G.) welche dieſs Gebäude ihrem Gemahle zum Andenken aufführen lieſs. Jedoch die Künstler, die es für ein Denkmal ihres eigenen Ruhms und der Kunst hielten, giengen nicht eher ab, bis es ganz vollendet war; und noch heutiges Tags dauert der Wettkampf ihrer Hände fort. Es kam auch noch ein fünfter Künstler hinzu. Dieser stellte über den Säulengang — Pteron, — von gleicher Höhe mit demselben, eine Pyramide, zu deren kegelförmigen Spitze 24 Stufen emporführen. Oben steht eine marmorne Quadriga von Pythis Arbeit. Mit diesem Aufsatze beträgt die Höhe des ganzen Gebäudes 140 Fuſs” S. Plinius B.XXXVI. K.4. §.9. Es ist offenbar, daſs in den in vorhergehender Stelle angegebenen Zahlen der Länge und des Umfangs des Mausoleums ein Fehler beſindlich sey; denn wenn jede der zwey langen Seiten 63 Fuſs betrugen, also beyde zusammen 126 Fuſs; die beyden Fronten aber kürzer waren: So konnte der ganze Umfang nicht 411 Fuſs ausmachen. Ich überlasse es den Baukünstlern diesem Irrthum abzuhelfen. Mr. Poinsinet de Sivry in seiner prächtigen Ausgabe und Übersetzung des Plinius in XII. Quartbänden, liest anstatt LXIII. pedes CLXIII. und sagt Theil XI. S.390. Anmerk.43. On a la jus-qu’à présent sexagenos ternos pedes, 63 pieds, mais il est évident, par le tableau du circuit total, qui est de 411 pieds, que les deux cotés longs avoient

Auſserdem haben noch viele weniger berühmte Schriftsteller Vorschriften abgefaſst: z. B. Nexaris, Theocydes, Demophilos, Pollis, Leonides, Silanion, Melampus, Sarnacus, Eu-phranor; ingleichen haben viele über die Mechanik geschrieben, z. B. Kliades, Architas, Archimedes, Ktesibios, Nym- phodorus, Philo aus Byzanz, Diphilos, Demokles, Cha-ridas, Polyidos, Phyros, Agesistrates.

Aus den Schriften aller dieser insgesammt habe ich das zu mei-ner Absicht Brauchbare herausgezogen und Ein Ganzes daraus zusam-mengesetzt; und dieſs zwar hauptsächlich deſswegen, weil ich bemerkt habe, daſs in diesem Fache von den Griechen sehr viel, von uns aber desto weniger geschrieben worden ist. Denn nur erst Fussitius hat ein vortreffliches Buch über solche Materien heraus-gegeben; nachher Terentius Varro unter neunen von den Wis-senschaften Eins von der Baukunst; und endlich Publius Septi-mius ihrer zwey: Mehr Schriftsteller in diesem Fache sind mir bisher nicht bekannt geworden, ungeachtet es unter unseren alten Mitbür-gern groſse Baukünstler gegeben hat, welche gewiſs auch zierlich hätten schreiben können. So legten z. B. zu Athen die Architekten Antistates, Kalläschros, Antimachides und Porinos, den Grund zu dem Tempel des Olympischen Jupiter, welchen Pisi-stratus bauen lieſs; nach des Pisistratus Tode aber blieb der Bau, wegen der Unruhen in der Republik, unvollendet liegen; bis endlich, wohl vierhundert Jahre nachher, König Antiochus die Kosten dazu herzugeben versprach: Und da führte ein Römischer Bürger, Cossutius, die geräumige Zelle, die doppelte Säulenstellung umher — columnarum circa dipteram collocationem, — die verhältniſsmäſsige Einrichtung der Unterbalken und des übrigen Gebälks — epistyliorum et caeterorum ornamentorum, — mit der gröſsten Kunst und Wissen-schaft auf das meisterhafteste aus; so daſs dieses Werk nicht nur allgemein gepriesen, sondern auch unter den wenigen vorzüglich prachtvollen genannt wird. Denn nur an vier Orten giebt es mit Marmor prangende Tempel, deren Namen der Ruf als Muster verherrlicht hat; weil sie, wegen Vollkommenheit der Erfindung sowohl als der Ausführung, selbst im Götterrathe — in deorum sessi-monio, — Bewunderung verdienen. Nehmlich zu Ephesus den Tempel der Diana von Ionischer Gattung, welchen Ktesiphon von Gnosus mit seinem Sohne Metagenes anſieng, nachmals aber Demetrius, ein Diener der Diana, und Peonius von Ephesus, vollendet haben sollen: Zu Milet, den Tempel des Apollo, gleichfalls Ionischer Ordnung, und von demselben Peonius und Daphnis aus Milet erbauet; Zu Eleusis den Tempel der Ceres und ProserpinaIctinus bauete erst die ungeheuer groſse Zelle im Dorischen Stil, ohne äuſsere Säulen, zu desto gröſserer Bequem-lichkeit beym Opfern; als aber nachmals Demetrius Phalereus Oberbefehlshaber zu Athen ward, so stellte Philon Säulen vor die vorderste Fronte des Tempels, machte ihn also zu einem Prostylos, und gab, indem er also die Vorhalle — vestibulum — vergröſserte, nicht allein den Einzuweihenden gemächlichen Raum, sondern auch dem Gebäude das stattlichste Ansehen: Endlich zu Athen den Tempel des Olympischen Jupiter, den, wie eben gedacht worden ist, nach überaus ansehulichen Modeln, und nach Korinthischen Verhält-nissen, Oossutius zu erbauen unternommen haben soll.

chacun 163 pieds, ce qui donne 326 pour le circuit de ces deux cotés, abstrac-tion faite des deux faces. Présentement nous trouverons que le circuit des deux faces, pareillement isolé, donne cent onze pieds, c’est à dire que chacun des deux faces de la largeur avoit cinquante-cinq pieds et demi. Ainsi ce mausolée étoit un quarré-long très, prolongé, dont la longueur, comparée à la largeur, étoit comme le nombre 163, comparé au nombre cinquante-cinq et demi. Mr. Poinsinet de Sivry, hat sich hier sehr verrechnet. Geben die zwey langen Seiten die Summe von 326 Fuſs, der Umfang aber 411 Fuſs; so bleiben, nach meiner Rechnung, für die schmalen Seiten nicht 111 Fuſs, sondern nur 85 Fuſs, also für jede derselben nicht mehr als 42 {1/2} übrig. Welch ein Verhältniſs 42 {1/2} Fuſs der Breite, zu 326 Fuſs der Länge! Und zu diesem ganzen Umfange nur 36 Säulen! — Meiner Einsicht nach ist nicht sowohl die Fuſszahl der Länge als die des Umfanges zu verbessern. In Ansehung der Bestimmung des Zeitalters des Skopas siehe Winkelmanns Gesch. der Kunst, Wien. Ausg. S.655. — Dessen Anmerk. über die Bauk. der Alten S.28. Martini, von den Sonnenuhren der Alten S.87 u. f. Heyne’s antiq. Aufs. I. 230 u. f. und Stieglitz, Gesch. der Baukunst der Alten S. 236 u. f. Ich bin sehr geneigt, mit Letzterem zwey Künstler dieses Namens anzunehmen. Deren ältere, ein Architekt, bereits Olymp. 87. als Künstler berühmt war, bey Wiedererbauung des Olymp. 95. abgebrannten Tempels zu Ephesus eine Säule verfertigte, und in Olymp. 96. den Tempel zu Tegea erbauete: der jüngere aber in der 106. Olymp. das Mausoleum mit verzieren half. Newton liest Diades nach Handschriften. Ich lese quadringentis, anstatt ducentis. Folgende Bemerkung des Meursius, de Athenis Atticis Lib. I. cap. 10 — 12. 850. welche ich der gütigen Nachweisung des Herrn Doktor C. L. Stieglitz zu Leipzig verdanke — giebt mir diese Verbesserung an die Hand: Annis ducentis post) in illis verbis mendum est, nam a Pisi-strato ad Antiochum anni sunt circiter quadringenti, itaque reseribe, annis CD post. So lese ich, anstatt dipteron. Vitruv spricht hier von dem Tempel der Diana zu Ephesus, welchen Ktesi-phon erbauet hatte, als ob er zu seiner Zeit noch gestanden hätte; allein er irrt sich. Dieser Tempel, den Xerxes verschonte, ward vom Herostrat in Brand gesteckt; aber die Verehrer der Göttin waren so brennend in ihrem Eifer, daſs sie durch seine Unthat gewannen. Man begann einen neuen noch prächtigern Bau; und als Alexan-der der Groſse nach Ephesus kam, wünschte er, ihn der Göttin zu weihen, und versprach unter dieser Bedingung, alle Kosten zu stehen; aber die Epheser lehnten das königliche Anerbieten ab. Der Baumeister war eben der kühne Geist, der den Vorschlag that, wenn er diese Arbeit geendigt hätte, den Berg Athos in eine Statüe dieses Königs umzuschaffen — Dinokrates. — Der nun erbauete Tempel ward, an Gröſse und Reichthum, für den ersten in Ionien gehalten. Er war auf ein Basement von 10 Stufen erhöht, 420 Fuſs lang, und 220 breit. Von den Säulen, die 60 Fuſs hoch waren, hatten Könige 127 geschenkt. 36 waren mit Bildhauerarbeit geschmückt, und Eine darunter von der Hand des Skopas. Die Ordnung war Ionisch, und der Tempel hatte 8 Säulen in Fronte. Die gebrochenen Thüren oder Pforten hatten 4 Jahre lang in Leim gelegen, und waren aus stark polirtem Zypressenholz gemacht, welches vier Generationen hindurch dazu aufgespart war. Diese wurden 400. Jahre nachher, vom Mutianus so frisch und schön gefunden, als wären sie neu gewesen. Die Decke war von Zedernholz, und die Stiegen, um auf das Dach zu kommen, aus einem ein-zigen Weinstamme gemacht, und legten von der dauerhaften Natur dieses Holzes ein Zeugniſs ab. Der ganze Altar war gewissermaſsen mit Praxiteles Werken ange-füllt. Die Schenkungen waren unschätzbar, und unter ihnen befand sich ein Gemählde des Apelles, das Alexandern mit dem Donner bewaffnet vorstellte und für wel-ches er 20 Talente Goldes bekommen hatte. Das Gebäude war so wunderbar groſs in seiner Zusammensetzung, und so prächtig verziert, daſs es das Werk von mehr als menschlichen Wesen zu seyn das Ansehn hatte. Die Sonne, sagte man, beschien in ihrem ganzen Laufe keinen Gegenstand von gröſserer Vortrefflichkeit, und keinen, der mehr Bewunderung verdiente. Zu Gallienus Zeiten im J. C. 262. wurde dieser Tem-pel von Gothen, die jenseit der Donau wohnten, und wovon eine Parthie unter dem Raspa über den Hellespont gieng und das Land verheerte geplündert und verbrannt; (S. Trebellii Pollionis Gallieni duo. c. VI.); und ganz ohne eine Spur zurückzulassen ist er wie ein Phantom verschwunden; denn alle Reisende haben bisher die Stelle die-ses Gebäudes umsonst gesucht. Siehe Chandlers Reisen in Klein - Asien K. 38 und 39. Siehe Ionian Antiquities; denn von diesem Tempel nebst dem der Minerva zu Priene, ingleichen von dem des Bacchus zu Teos, sind die Überbleibsel in diesem Werke bekannt gemacht. Der mystische Tempel zu Eleusis war vom Ictinus, dem Baumeister des Parthenon, entworfen. Perikles hatte die Aufsicht beym Bau. Er war von der Dorischen Ordnung, und die Zelle so groſs, daſs sie die Versammlung eines Theaters fassen konnte. Die Säulen auf dem inwendigen Fuſsboden, nebst ihren Kapitälen waren von Koräbus gesetzt. Metagenes von Xypeta fügte die Architrave und die Pfeiler über denselben hinzu, welche das Dach trugen. Ein anderer vollendete das Gebäude. Dieſs war ein Tempel in Antis, oder ohne äuſsere Säulen, die den Platz für die Opferthiere eingenommen hätten. Unter Demetrius dem Phalereer bekam er die Gestalt eines Prostylos; denn Philo, ein berühmter Baumeister, erbauete eine Vorhalle, die dem Ganzen mehr Würde gab, und den Eingang bequemer machte. — Die Breite der Zelle beträgt auf 150 Fuſs; die Länge, den Pronaos und die Halle

Gleichwohl finden sich von Cossutius nirgends Schriften, und eben so wenig von Cajus Mutius, der gleichfalls über dergleichen Materien hätte schreiben können, da er mit gröſster Wissenschaft bey Erbauung des Marcellischen Tempels der Ehre und Tapferkeit sowohl die Zelle als die Säulen und das Gebälke vollkommen nach den Verhältnissen und Regeln der Kunst eingerichtet hat; ein Werk, das, wenn es aus Marmor wäre und also mit der Feinheit der Kunst, Kostbarkeit und Pracht der Materie vereinbarte, nicht minder unter die ersten und herrlichsten Gebäude gesetzt zu werden verdiente.

mitgerechnet, 216 Fuſs; der Durchmesser der Säulen, die 6 Zoll hoch, von dem Fuſse der Schäfte gerieft sind, macht 6 Fuſs 6 Zoll und drüber. Der Tempel war ein Decastylos, oder hatte zehn Säulen in der Fronte, die gegen Osten sah. Der Peribo-lus, das ist, der mit einer Ringmauer eingeschlossene Vorhof, der ihn gegen Nordosten und gegen Süden umgab, maſs 387 Fuſs in der Länge von Norden gegen Süden und 328 in der Breite von Osten gegen Westen. An der westlichen Seite schloſs er sich in einer geraden Linie an die Winkel des westl. Endes vom Tempel. S. Chandlers Reisen in Griechenland. K. 42. Ich nehme die Leseart des F. Piranesi, (Raccolta de’ Tempj antichi, prima parte; p. 9. della dichiarazione del tempio dell’ Onore e della Virtù) Marcellianae anstatt Marianae cellae an; Siehe oben B.III. K. 1. S. 120. Anmerk. i). Übrigens zweifle ich sehr, daſs der in genanntem prächtigem Werke vom Piranesi beschrie-bene und auf 7 Kupfertafeln abgebildete Tempel wirklich der hier erwähnte, vom Mutius erbauete Tempel der Ehre und Tapferkeit sey. Denn des Piranesi Tempel ist ein Prostylos, da hingegen des Mutius Tempel vom Vitruv, oben B.III. K. 1. ausdrücklich als ein Beyspiel eines Peripteros angeführt wird. Er scheint aus gebrannten Steinen, vielleicht bloſs mit marmornen Säulen und Unterbalken aufgeführt gewesen zu seyn.

Da es nun sowohl unter unseren alten, als noch lebenden Bau-künstlern sehr viele eben so groſse, als unter den Griechen giebt; jedoch nur wenige unter ihnen Lehrbücher der Baukunst heraus-gegeben haben: So will ich nicht, gleich ihnen, schweigen; sondern will zu allem und jedem in besonderen Büchern Vorschriften ertheilen.

Nachdem ich im sechsten Buche zur Einrichtung der Privat-gebäude Anleitung gegeben; will ich nun in diesem siebenten von der Auszierung — expolitiones, — wie sie Schönheit mit Dauer vereinigen könne, handeln.

ERSTES KAPITEL. Verfertigung des Ästrichs — ruderatio. —

Zuerst will ich bey Verfertigung des Ästrichs, welches bey der Auszierung den ersten Platz einnimmt, anfangen, und will zeigen, wie dabey mit groſser Geſlissenheit und Vorsicht für Festigkeit gesorgt werden müsse.

Ist ein Ästrich auf der ebenen Erde — plano pede — zu machen — ruderare, — so untersuche man, ob der Boden auch durchaus fest sey? In diesem Falle ebene man denselben und trage die Ästrich-masse — rudus — sammt der Unterlage — statumen — auf; allein ist er überall, oder hie und da aufgefüllt, so ramme man denselben erst sehr sorgfältig fest.

Ist aber das Ästrich auf Fuſsböden in Gestöcken — in contigna-tionibus — zu verfertigen, so ist aufmerksam dahin zu sehen, daſs ja keine Mauer darunter gezogen sey, welche bis ganz hinan reiche; sondern bloſs eine solche, worüber der Fuſsboden — coaxatio — frey hängt; weil sonst, wofern die Mauer bis dicht an denselben hinauf geführt worden ist, sobald die Balken im Fuſsboden eintrocknen, oder sich werfen oder senken, das Mauerwerk aber fest bleibt, rechts und links daneben das Ästrich nothwendig aufreiſsen muſs. Inglei-chen ist Acht zu haben, daſs die speiseichenen Breter — axes escu-lini — nicht mit gemeineichenen vermischt werden; weil die gemein-eichenen, so bald sie Feuchtigkeit anziehen, sich werfen und Risse in das Ästrich machen. Inzwischen, dafern keine speiseichene Breter vorhanden sind, und man aus Mangel gezwungen ist, sich gemein-eichener zu bedienen, so verfahre man folgendermaſsen: Erstlich lasse man sie sehr dünne schneiden, denn je weniger Stärke sie haben, desto fester können sie durch hineingeschlagene Nägel befestiget wer-den, und dann nagele man die äuſsersten Seiten eines jeden Bretes mit zwey Nägeln auf jeden Balken des Fuſsbodens fest auf, damit es sich nirgends werfen und die Ecken empor heben könne. Zirn-eichene, büchene und äscherne — farnus — Breter aber sind ohne alle Dauer.

Der Zusammenhang zeigt, daſs hier im Texte eine Negation zu viel ist; ich lese daher ne quis paries, qui exeat ad summum, anstatt qui non exeat.

Ist der breterne Boden vollendet, so bestreue man ihn, wofern kein Farnkraut — filex — vorhanden ist, mit Spreu — palea, — um das Holzwerk vor des Kalkes Ätzkraft zu schützen. Sodann verfer-tige man darauf die Unterlage — statuminare — aus Steinen, die nicht kleiner als handvöllig seyn dürfen. Nachdem die Unterlage gemacht, so überziehe man sie mit einem Mengsel von Ziegelschutt und Kalk — ruderare: — wird eine frische Masse — rudus novum — hinzu genommen, so mischt man zu drey Theilen gestoſsener Steine Einen Theil Kalk; ist sie aber schon einmal gebraucht worden — rudus redi-vivum, — so muſs sich die Mischung wie fünf zu zwey verhalten. Wenn diese Masse ausgebreitet ist, so lasse man sie von ihrer zehn Leuten — decuria hominum — mit hölzernen Handrammen — vectis — fleiſsig stampfen — pinsere — damit sie fest werde; man höre jedoch nicht eher mit Stampfen auf, als bis sie nicht mehr als drey Viertel der anfangs gehabten Dicke behält. Hierüber verbreite man sodann den Kern — nucleus, — der aus einer Mischung von drey Theilen Ziegelmehl zu zwey Theilen Kalk besteht; und richte es also ein, daſs das ganze Ästrich nicht dünner, als sechs Zoll werde. Endlich auf den Kern lege man, nach Schnur und Richtscheit, mit aller Genauigkeit das Pflaster — pavimentum — aus viel - oder würfelför-migen Platten — sive sectilibus, seu tesseris. — Nachdem diese einge-setzt worden sind, und beym Einsetzen das Gefälle — fastigia — erhalten haben, so reibe man sie so ab — fricare, — daſs bey den Vielförmigen kein Höcker — gradus — an den Ovalen — scutulum, — Dreyecken, Rauten; Sechsecken — favus — anzutreffen; sondern trotz der Fugen die ganze Oberfläche glatt und eben sey; bey den Würfelför-migen aber alle Ecken — angulus — gleich seyn, und nirgends emporste-hen; so lange jedoch nicht die Ecken insgesammt ganz gleich abge-ebenet sind, ist auch die Abreibung — fricatura — noch nicht vollkom-men. Auch das Tiburtinische Ährenförmige Pflaster aus Brandsteinen — testacea spicata Tiburtina i. e. pavimenta — ist mit Fleiſse zu verfertigen, damit es weder Lücken — lacuna — noch Höcker — tumulus — habe; sondern vollkommen dicht und nach dem Richtscheite abgerieben sey. Nachdem das Pflaster abgerieben, geschlif-fen und polirt, so siebe man Marmorstaub darüber oder gebe ihm eine Decke — lorica — von Kalk oder Sand.

Unter freyem Himmel aber muſs der Fuſsboden vorzüglich tüch-tig — idoneus — gelegt werden; sowohl weil die Balken, sie mögen nun vor Feuchtigkeit quellen, oder vor Trockenheit schwinden, oder sich werfen und senken — immer sich bewegen und demselben dadurch Schaden zufügen; als auch, weil ihn Frost und Reif nicht ganz lassen. Da es nun die Noth erfordert, ihn so dauerhaft, als nur möglich zu machen; so ist dieses folgendermaſsen anzufangen. Nachdem der erste breterne Boden gelegt worden, lege man quer darüber noch einen andern, nagele diesen gleichfalls fest, und gebe also den unteren Balken einen doppelten Panzer — loricatio. — Dar-auf mische man zur frischen Ästrichmasse ein Drittel gestoſsener Brandsteine und thue je zu fünf Theilen dieser, in der Pfanne — mor-tarium — enthaltenen, Mischung zwey Theile Kalk hinzu. Nun mache man die Unterlage, trage diese Masse darauf, und stampfe sie so lange, bis sie nicht dicker als Einen Fuſs ist; alsdann überziehe man sie mit dem Kern, nach oben gegebener Anweisung, und belege diesen mit einem Pflaster aus groſsen würfelförmigen Platten zwey Zoll dick, welches je auf zehn Fuſs ein Gefälle — fastigium — von zwey Zoll hat. Also mit Genauigkeit verfertiget und gehörig abge-rieben, wird es völlig fehlerfrey seyn. Damit jedoch der Mörtel — materies — zwischen den Fugen nicht von dem Froste leide, so sättige man ihn jährlich gegen den Winter mit Ölhäfen — fraces; alsdann läſst er weder Frost noch Reif eindringen.

Siehe Abbildungen in archit. di Rusconi, p. 99. Bey den Italiänern heiſst diese Art zu pflastern a spina di pesce. Die Steine werden auf die hohe Kante so gegen einander gelegt, daſs sie immer ein Dreyeck bil-den, fast wie die Körner in der Ähre, oder die Gräthen am Rückgrathe eines Fisches. Eine Vorstellung davon siehe bey Rusconi, archit. pag. 99. n.9. Auch in Fea’s storia delle arti del disegno etc. T.III. Tav.XII. D.

Glaubt man jedoch noch sorgfältiger verfahren zu müssen, so lege man zweyfüſsige Dachsteine über die Ästrichmasse so in Mörtel ein, daſs alle Fügen oben zolltiefe Rinnen — canaliculi — behalten, welche mit einander in Verbindung stehen, und die man mit Kalk, der mit Öl angemacht worden ist, ausgieſst und reibt, damit die Fugen recht dicht und fest geschlossen werden; der Kalk legt sich auf diese Art in den Rinnen an, und läſst, so bald er erhärtet, weder Wasser noch sonst etwas anders durch die Fugen hindurch. Ist dieses Pflaster vollendet, so überziehe man es mit dem Kern, der mit Ruthen — virgis — fest zu schlagen ist; über diesen aber lege man alsdann, entweder aus groſsen Platten würfelförmig, oder aus Brandsteinen ährenförmig — ex spica testacea, — das obere Pflaster, mit einem Abhange nach obiger Anleitung. Ein auf solche Weise verfertigter Fuſsboden wird sicher nicht leicht schadhaft werden.

ZWEYTES KAPITEL. Wässern — maceratio — des Kalks zum Weiſsstuck — ad albaria opera. —

Wir verlassen nunmehr die Sorge für den Fuſsboden, und gehen zu der für den Weiſsstuck über. Dieser geräth gehörig, wenn man die besten Kalksteine — glebae calcis — aussucht und lange Zeit, bevor sie gebraucht werden sollen, wässert, damit diejenigen darunter, welche im Ofen nicht hinlänglich gebrannt sind, durch das langwie-rige Wässern ausgähren und sich völlig auflösen; denn wenn der Kalk, bevor er ganz durchgewässert ist, frisch gebraucht wird, so treibt er, nachdem er aufgetragen worden, Blasen, weil er verborgene rohe Klümper — calculus — enthält, welche denn bey der Arbeit mit einmal durchwässert werden, sich auflösen und die Politur — politio-nes — der Bekleidung — tectorium — verderben.

Die Römer löschten, oder vielmehr wässerten ihren Kalk folgendermaſsen: Sie schütteten ihn in ein Loch und deckten ihn mit vielem Sande zu. Diesen feuchteten sie mit Wasser an, und hielten ihn beständig feucht, dergestalt, daſs sich der darunter befindliche Kalk auflösen konnts, ohne zu verbrennen. Hernach lieſsen sie den Kalk zwey oder drey Jahre ruhen, und erhielten alsdann eine sehr weiſse Masse, die so fett und klebrig war, daſs man nur mit vieler Mühe einen Stock heraus ziehen konnte. S. Milizia’s Grundsätze der bürgerlichen Baukunst. 3. Theil, S. 24.

Hat man gehörige Sorgfalt für das Wässern getragen, so ist auf folgende Weise zu erforschen, ob der Kalk zur Verarbeitung vollkom-men zubereitet sey? Man nehme eine Mauerkelle — ascia — und, gleichwie man das Holz beschlägt — dolare, — so beschlage man mit dieser Kelle — asciare — den, im Loche — lacus — gewässerten Kalk: Bleiben an der Kelle Klümper hängen, so ist er nicht zur Genüge angemacht: Zieht man die Kelle trocken und rein wieder heraus; so ist dieſs ein Zeichen, daſs er kraftlos — evanidus — und dürstig — siticulosus — ist: Klebt er aber am Eisen wie Leim; so beweist dieſs, daſs er nicht allein fett und gehörig gewässert, sondern auch in jeder Rücksicht gut angemacht ist. Alsdann kann man die Ge-rüste — machina, — bereiten, und zur Anlage der gewölbten Decken — camerae — in den Zimmern schreiten, wenn diese anders nicht mit Felderdecken — lacunaria — geziert sind.

DRITTES KAPITEL. Gewölbte Decken — camerae — Bekleidung — tectoria opera. —

Man wölbe die Decken nach folgender Methode. Man lege Latten, und zwar cypressene Latten, weil die tannenen durch Fäulniſs und Zeit leicht verderben, parallel — directus, — aber nicht weiter als zwey Fuſs von einander; gebe ihnen die Form des Gewölbes; befe-stige sie mit vielen eisernen Nägeln an die Decke vermittelst Bänder — catenae, — welche jedoch aus solchem Holze seyn müssen, dem weder Fäulniſs, noch Zeit, noch Würmer schaden, z. B. Buchsbaum, Wachholder, Ölbaum, Steineiche — robur, — Cypresse, und derglei-chen mehr; nur nicht gemeine Eiche — quercus, — weil diese sich wirft, und in die Werke, wozu sie gebraucht worden, Risse macht.

Wenn die Latten also gelegt sind, so binde man mit Bindfaden — tomex — aus Spanischem Spartgrase — spartum — zerquetschtes Griechisches Rohr — harundines Graecae tusae — nach Beschaffenheit der Gestalt des Gewölbes darauf. Ingleichen überziehe man das Ge-wölbe oberhalb mit Mörtel, das heiſst, mit Kalk, welcher mit Sande vermischt ist; damit, wenn etwa durch die obere Decke — contigna-tio — oder durch das Dach Feuchtigkeit hindurch tröpfelt, solche abgehalten werde. Ist jedoch kein Griechisches Rohr vorhanden, so nehme man dünnes Sumpfrohr und winde daraus mit Bindfaden Seile — mataxa — von erforderlicher Länge und gleicher Dicke, nur muſs an jedem Gebinde Ein Knoten vom anderen nicht weiter als zwey Fuſs entfernt seyn: — und diese Seile binde man, wie oben ist vorgeschrieben worden, mit Bindfaden an die Latten, und häfte sie mit hölzernen Pflöcken — cultelli — an. Alles übrige richte man nach obiger Anweisung ein.

Ist das Gewölbe solchergestalt angelegt und berohrt, so berappe man — trullissare — dessen untere Seite — imum coelum, — putze sie eben mit feinem Kalkmörtel — arena — ab — dirigere — und polire — polire — sie nachmals mit Kreide oder Marmor. So bald das Gewölbe polirt ist, so ist ein Gesims — corona — darunter hin-zuziehen; dieses muſs aber äuſserst dünn und subtil seyn; denn, ist es plump so hält es nicht, sondern wird durch seine eigene Schwere herabgedrückt: auch muſs kein Gips dazu genommen, sondern es durchaus aus durchgesiebtem Marmor — excretum marmor — verfer-tiget werden; weil sonst die ganze Masse nicht gleichmäſsig trocke-nen kann, da der Gips sehr früh trocken wird. Ingleichen ist bey den Gewölben die Einrichtung der Alten zu vermeiden; weil die weit auslaufenden Gesimse durch ihr überhängendes Gewicht gefährlich sind. Übrigens giebt es glatte — purus — und mit erhabener Arbeit gezierte — caelatus — Gesimse. In Zimmern, worin Feuer oder viele Lichter zu setzen, müssen sie glatt seyn; damit sie desto leich-ter abgewischt werden können: Allein in Sommergemächern und in Hörsälen — exedra, — wo kein Gebrauch des Feuers Statt findet, und also weder Rauch noch Ruſs — fuligo — zu fürchten ist — sind sie mit erhabener Arbeit zu verzieren. Aller Weiſsstuck — opus album — wird, wegen der Zärtlichkeit der Farbe, vom Rauche nicht nur aus dem Hause selbst, sondern auch aus fremden Häusern be-schmutzt.

Ich lese tomice anstatt tomicae.

Ist das Gesims vollendet, so berappe man die Wände sehr grob; putze sie aber nachher, wann die Berappung fast trocken ist, derge-stalt mit feinem Kalkmörtel — deformentur directiones arenati — ab, daſs die Breite nach Schnur und Richtscheit; die Höhe nach dem Bleilothe; die Winkel aber nach dem Winkelmaaſse eingerichtet wer-den, denn nur also wird sich die Bekleidung gut zu den Gemählden — picturae — schicken: und fängt dieser Abputz zu trockenen an, so wird noch ein zweyter und dritter gemacht. Je mehr dieser Ab-putz von feinem Kalkmörtel Grund hat, um desto fester und dauer-hafter wird auch die Bekleidung werden.

Nachdem, auſser der Berappung, nicht weniger als drey Auf-träge — corium — von feinem Kalkmörtel — arena — gemacht wor-den; so überziehe man die Wände mit einem Teige aus grob ge- stoſsenem Marmor — marmoreum granum, — der also anzumachen ist, daſs er beym Untereinanderkneten nicht an der Kelle — rutrum — hängen bleibe, sondern daſs man diese allemal ganz rein wieder aus der Pfanne — mortarium — heraus ziehe. Ist dieser Überzug fertig, so mache man, bevor er völlig trocken geworden ist, einen zweyten etwas feinern; und nachdem man diesen dicht geschlagen und wohl gerieben, einen dritten noch feinern. Sind auf solche Weise die Wände mit drey Aufträgen von feinem Kalkmörtel und mit eben so vielen von Marmorstuck versehen, so sind sie nicht allein vor Ris-sen und anderen Gebrechen gesichert; sondern sie werfen auch, wenn sie mit Stöcken dicht geschlagen und mit hartem Marmorstaube geschliffen, zugleich aber beym Poliren mit Farben überzogen wer-den, einen schimmernden Glanz von sich.

Wenn die Farben mit Fleiſs über die nasse Bekleidung ge- zogen werden — udo tectorio sunt inducti, — so gehen sie darum nicht ab, — non remittunt, — sondern bleiben beständig; weil der, im Brennofen seiner Feuchtigkeit beraubte, und dadurch porös und trocken gewordene Kalk, dürstig alles in sich zieht, was ihn berührt; und mit dem Samen oder den Grundtheilen, welche aus anderen Massen — potestas — ihm beygemischt worden, im Trockenen so vollkom-men zu Einem festen Körper wird, daſs, wie mannichfaltig auch immer die Mischung seyn mag, das Ganze dennoch bloſs aus dessen eigener Substanz zu bestehen scheinet. Eine gehörig verfertigte Be-kleidung wird daher weder mit der Zeit rauh, noch läſst sie, wenn sie abgewischt wird, die Farbe fahren — remittere, — diese müſste denn nicht sorgfältig genug, oder auf die trockene Bekleidung — in arido — aufgetragen worden seyn.

Siehe unten Kap. 6. Ich lese marmoris grano firmo levigatae, anstatt candore, welches gar kei-nen Sinn giebt; denn was kann die Weiſse zum Glätten, Schleifen oder Abziehn beytragen? Ich stimme dem Abate Requeno in Folgendem bey: Il signor Marchese Galiani interpretando questo capitolo 3. di Vitruvio fallò, allorchè scrisse (nota IV.) ”Gli antichi avevano due modi di dijungere su le mura; uno a Cresco, udo tec-torio, l’altro a secco, in arido”. Non parla mai Vitruvio di dijungere udo tectorio, ma di colorire udo tectorio. Gli Sbianchizzini coloriscono or col bianco, or col rosso, inducunt colores tectoriis; ma non dipingono. Und auf vorhergehendem Blatte: De’ colori diversi, con cui si tingevano gli intonachi ancor freschi, debbons indubitabilmente intendersi le parole di Vitruvio colores udo tectorio cum diligenter sunt inducti etc. Che la preparazione poi degli intonachi per dipingere, della quale solamente parla Vitruvio in questo capitolo, richiedesse anti-camente la operazione di colorire o con rosso, o con giallo, o con altro colore gli
intonachi prima che questi si rasciugassero, oltre dircelo Vitruvio in questo capit. 3. De tectoriis operibus, le antiche pitture dell’ Ercolano ce lo dimostrano. Queste, allorchè accidentalmente si scrostano, ci scoprono sotto le vaghe figure il colore medesimo del campo. Chiamo per testimonj Winkelmann e gli Accademici dell’ Ercolano, i quali vedendo, che lavandosi coll’ acqua alcuni quadri andavano via tutti i colori delle figure, e che restava il campo d’un sol colore liscio, bello ied uniforme nelle antiche pareti, conchiusero, che le pitture d’ Ercolano fossero state dipinte a secco da’ Romani sopra intonaco colorito a fresco. I testimonj dunque di Vitruvio, al cap. 3. debbono intendersi della preparazione de’ coloriti intonachi destinati per dipingere o figure, o paesi, o ornati; de’ colori dunque or gialli, or neri, or turchini con cui coprivansi anticamente li freschi intonachi, s’ in-tende il testo Colores udo tectorio, cum diligenter sunt inducti, ideo non remittunt, sed sunt perpetuo permanentes; e l’ altro teste Itaque tectoria, quae recte sunt facta, neque vetustatibus fiunt hor-rida, neque cum extergentur remittunt colores, nisi si parum diligenter et in arido fuerint inducti. Dal rimanente Vitruvio pre-scrive la colla da rimescolarsi co’ colori nelle pitture degli intonachi surreferiti; prescrive in oltre la biacca fatta dal piombo nell’ aceto: cose tutte incompatibili co’ veri freschì. Siehe Saggi etc. di Requeno T.I. p. 190-193. nota a.

Wenn die Bekleidung nun nach obiger Vorschrift gemacht wird, so erhält sie Festigkeit, Glanz und Dauer: giebt man ihr aber nur Einen Auftrag von feinem Kalkmörtel, und Einen von gestoſsenem Marmor; so hat sie, ihrer Dünne wegen, zu wenig Festigkeit und zerspringt leicht; auch bekommt sie, wegen nicht zureichender Stärke, durch das Poliren nicht den rechten Glanz. Gleichwie ein silberner Spiegel, der aus einem dünnen Bleche gemacht ist, nur einen trüben und matten Glanz hat; hingegen ein anderer aus einer starken Masse, seiner Dicke wegen, einer vollkommenen Politur fähig ist, und daher, wenn man hinein sieht, das Bild hell und deutlich zurück wirft: Eben also wird auch die Bekleidung, die aus einer allzu dünnen Masse verfertiget worden, nicht allein rissig, sondern auch gar bald blind — evanescere; — hingegen nimmt diejenige, welche aus starken, festen Lagen von feinem Kalkmörtel und Marmorstuck besteht, und mit Sorgfalt geschlagen und polirt worden ist, nicht allein den schim-merndsten Glanz an, sondern wirft auch, wenn man sich darin spie-gelt, das Bild in aller Bestimmtheit zurück.

Die Griechischen Stuckarbeiter — tectores — begnügen sich nicht mit dieser Methode, die Bekleidung fest zu machen; sondern nachdem sie in der Mörtelpfanne — mortarium — Sand und Kalk vermischt haben, nehmen sie ihrer zehn Leute und lassen mit hölzernen Hand-rammen — vectis — diesen Mörtel stampfen — pinsare; — und wenn er also um die Wette — ad certamen — durchgekneten worden ist, dann erst bedienen sie sich desselben. Einige hauen daher von alten Wänden diese Krusten — crustae — ab und bedienen sich derselben zu Feldern — abacus — an den Wänden der Zimmer. Eine in der- gleichen Felder oder Spiegel — speculum — eingetheilte Bekleidung pflegt mit einem erhabenen Rahmen — prominentes expressiones — eingefaſst zu werden.

Galiani irrt sehr, wenn er hier die Worte non modo fiunt nitentia, sed etiam imagines expressas aspicientibus ex eo opere remittunt, durch non solo si fanno nitidi, ma anehe rapresentano chiare agli spettatori le immagini dipintevi — übersetzt.

Soll aber Fachwerk — cratitü — mit einer Bekleidung überzo-gen werden, so ist, — da diese unfehlbar über den Ständern — arrecta-rü — und Riegeln — transversarü — Risse bekommen würde, indem solche, sobald sie bekleibt werden — luto liniuntur, — nothwendig von der eingezogenen Feuchtigkeit quellen, hingegen beym Trok- kenen wieder schwinden und also Risse in der Bekleidung hervor-bringen — um dieses zu vermeiden, folgendermaſsen dabey zu ver-fahren:

Nachdem die ganze Wand bekleibt worden, so benagele man sie über und über vermittelst breitköpfiger Nägel — clavus musca-rius — mit Rohr, hierauf bekleibe und berohre man sie noch einmal, habe aber dabey Acht, daſs, wenn die erste Berohrung in der Quere geschehen, die zweyte nach der Länge gemacht werde; und sodann ziehe man, nach obiger Vorschrift, den Kalkmörtel — arenatum — und Marmorstuck, d. i. die ganze Bekleidung darüber. Nach solcher vorhergegangenen doppelten und kreutzweisen Berohrung wird die Bekleidung weder sich abblättern — segmina facere, — noch springen.

Daſs unter Abaken hier wirkliche Felder, oder Platten, Tafeln, Vier-ecke zu verstehen seyn, ist aus Folgendem zu ersehen, da Vitruv dieses Wort durch das dabey gesetzte speculum erklärt. In der nehmlichen Bedeutung kommt es auch im nächsten Kapitel vor. Nicht anders ist es gleichfalls beym Plinius in fol-genden Stellen zu verstehen: “Zu Abaken bedient man sich nur des marmorartigen Ochers, weil der darin enthaltene Marmor der Bitterkeit des Marmor widersteht. B. XXXIII. 56. Und” Abaken gefallen nicht mehr, noch die in den Zimmern ver-borgenen groſsen Bergstücke: wir fangen auch an mit Steinen zu mahlen” (lapide pin-gere schlage ich anstatt lapidem pingere zu lesen vor; denn bekanntermaſsen ist hier von Mussivarbeit die Rede.) B. XXXV. 1. Ich verbessere diese Stelle aus Obigem (B.II. K.8.) und lese: necessario tur-gescunt recipientes humorem.
VIERTES KAPITEL.

Bekleidung an feuchten Orten. Verzierung der Bekleidung überhaupt, und in Winterspeisesälen insbesondere. Griechischer Fuſsboden in den Winterspeisezimmern.

Ich habe gezeigt, nach welcher Methode die Bekleidung an trockenen Orten zu machen sey: Itzt will ich Anweisung geben, auf welche Weise an feuchten Orten die Bekleidung eingerichtet werden müsse, um dauerhaft und fehlerfrey zu seyn.

Zuerst muſs man die Zimmer im Untergeschosse — conclavia quae plano pede fuerint — ohngefähr drey Fuſs hoch vom Fuſsboden, anstatt des Kalkmörtels — arenatum — mit gestoſsenen Brandsteinen berappen und dann abputzen, damit dieser Theil der Bekleidung nicht von der Feuchtigkeit leide. Ist aber eine Mauer durchaus feucht, so weiche man etwas zurück, und führe, so weit davon entfernt als die Umstände es zulassen, noch eine andere, dünnere auf; zwischen diesen beyden Mauern aber ziehe man, etwas unter der waagrechten Linie des Zimmers, eine Rinne — canalis, — deren Mundlöcher — nares — ins Freye gehen; lasse auch, indem man in die Höhe mauert, oberwärts Luftlöcher — spiramenta, — denn wenn die Feuch-tigkeit nicht, sowohl unten als oben, durch dergleichen Öffnungen Ausgang findet, so greift sie ebenfalls die neue Mauer an. Dieſs gethan, so berappe man die Mauer mit gestoſsenen Brandsteinen, putze sie alsdann ab, und gebe ihr die polirte Bekleidung.

Verstattet jedoch der Raum nicht eine zweyte Mauer zu errich-ten, so mache man dennoch die Rinne mit den ins Freye gehenden Mundlöchern; sodann lege man zweyfüſsige Dachziegel mit dem Einen Ende auf den Rand der Rinne, dem anderen Ende aber stelle man von zweydrittelfüſsigen — bessalis — Brandsteinen Pfeiler — pila — unter — substruere, — so daſs je zweyer Dachziegel Ecken auf Einem Pfeiler ruhen; auch lasse man die Dachziegel von der Mauer nicht mehr als eine Querhand — palmus — abstehen: Hier-auf führe man von denselben bis oben an die Decke aufeinander ge-stellte Schluſsziegel — tegulae hamatae — hinan; die aber inwen- dig wohl auszupichen sind, damit sie kein Wasser annehmen; auch unten und oben, über der gewölbten Decke, Luftlöcher haben müs-sen: Alsdann weiſse man sie mit Kalk, der in Wasser eingerührt ist — calce ex liquida aqua dealbentur, — damit der Anwurf von Ziegel-mehl darauf hafte; denn, da sie im Ofen ganz ausgedörrt sind, so können sie, ihrer Trockenheit wegen, die Berappung weder anneh-men, noch fest halten, wofern nicht Kalk dazwischen kommt, um beyde Materien mit einander zu verbinden und zu vereinbaren. Nach voll-brachter Berappung putze man, anstatt mit Kalkmörtel, wiederum mit Ziegelmehl ab, und mache sodann alles übrige zur Bekleidung Gehö-rige, nach oben gegebener Anweisung.

Sowohl Perrault, als Galiani und Ortiz ziehen die Worte ex una parte — ex altera parte nicht, wie Sinn und Zusammenhang es erfordern, auf tegulae, son-dern auf canalis. Sie können daher aus dem Vitruv gar nicht klug werden; auch stimmen ihre Kupfer nicht mit der Vitruvischen Beschreibung überein. — Newton hat diese Stelle wie ich erklärt. Siehe oben B. III. K.3. S. 147. Anm. k.

Was die Verzierung der Bekleidung — ornatus politionis — be-trifft, so muſs sie, um schicklich zu seyn, der Beschaffenheit und Bestimmung des Orts entsprechen.

Zu Winterspeisesälen taugt weder diese Composition, noch groſse Historienmahlerey — megalographia, — noch an den Gewölben feine Stuckaturarbeit — coronarium opus; — weil dieses alles vom Rauche des Feuers und vom häufigen Ruſse der Lichter verdirbt: Hier sind über der Zocke schwarze, wohlgeschlagene und polirte Fel-der — abacus — mit wechselnden berggelben — silaceus — oder zin-noberrothen — miniaceus — Streifen — cuneus — anzubringen: Man mache das Gewölbe ohne alle Zierrathen — purus, — aber polirt: Es wird auch nicht miſsfällig seyn, sich eines solchen Fuſsbodens zu bedienen, als die Griechen in ihren Winterwohnungen — hiberna-cula — zu haben pflegen, und welcher nichts weniger als kostbar, aber äuſserst nützlich anzulegen ist.

Man gräbt nehmlich unterhalb der wagrechten Linie des Speise-saals — triclinium — ohngefähr zwey Fuſs tief; rammt den Boden fest, und überzieht ihn entweder mit der Ästrichmasse — rudus — oder belegt ihn mit einem Brandsteinern Pflaster, von einem solchen Ge-fälle — ita fastigatum, — daſs eine Rinne mit Mundlöchern anzu-bringen ist. Sodann schüttet man darauf Kohlen; stampft diese fest; zieht einen Mörtel aus groben Sande — sabulo, — Kalk und Loder-asche — favilla — in einer Dicke von einem halben Fuſs nach Richt-scheit und Setzwage darüber; schleift die oberste Fläche mit einem Wetzsteine ab — cote despumare: — Und man hat den schönsten schwarzen Fuſsboden!

Welche Composition? Ich vermuthe, daſs im Texte entweder etwas fehle, oder verfälscht sey. Vielleicht soll auch wohl die Bekleidung hier verstanden werden. Newton übersetzt: In wintertricliniums, neither these ornaments nor paintings are proper. Ich verstehe unter cuneus eigentlich den Raum zwischen zwey Abaken. Die Form desselben hieng von der Form der Letzteren ab. — I understand it in this case — sagt Newton p. 162. — to signify either ornaments in general, or some particular sort in use at that time.

Vermöge einer solchen Beschaffenheit des Fuſsbodens trockenet bey den Gastmälern der Griechen alles, was aus den Bechern gegos-sen, oder aus dem Munde ausgeworfen wird, so wie es nur darnie-der fällt, unmittelbar ein: auch erkälten sich die Bedienten bey der Aufwartung nicht, wenn sie gleich barfuſs gehen.

FÜNFTES KAPITEL. Mahlerey in den Gebäuden.

Zu den übrigen Zimmern, nehmlich zu den Frühlings- Herbst- und Sommerzimmern, wie auch zu den Höfen — atrium — und Peristy-len, waren bey den Alten wahre Abbildungen wahrer Gegenstände eingeführt.

Die Mahlerey bildet alles ab, was wirklich vorhanden ist oder doch seyn kann, z. B. Menschen, Gebäude, Schiffe, und andere Dinge mehr; sie nimmt sich die Gestalt und die wahren Umrisse der Dinge zum Muster, und bildet sie ähnlich nach. Es ahmten daher die Alten, welche die Auszierungen — expolitiones — erfanden, zuerst die bunten Marmortafeln, womit die Wände belegt werden, nach. Hernach lieſsen sie Kränze — corona — und berggelbe — silaceus — oder zinnoberrothe — miniaceus — Streifen — cuneus — mit einander abwechseln. Endlich machten sie solche Fortschritte, daſs sie sogar Gebäude mit hervortretenden Säulen und Giebeln vorstellten; an offenen Orten, z. B. in Hörsälen — exedra, — wo es geräumige Wände giebt, Prospekte tragischer, komischer, oder satyrischer Scenen mahl-ten: die Spaziergänge — ambulationes — aber, ihrer ausgedehnten Länge wegen, mit mancherley Landschaften — topia, — mit Vorstel-lungen wirklicher Gegenstände zierten; denn man findet Hafen abge-bildet, Vorgebirge, Gestade, Flüsse, Quellen, Kanäle — Euripus, — Tempel, Haine, Gebirge und Herden mit ihren Hirten; an einigen Orten auch groſse Historien — megalographia, — worauf Bilder oder ausführliche Geschichten der Götter vorgestellt sind; ingleichen Tro-janische Schlachten, Ulysses Reisen durch mancherley Länder — topia, — und dergleichen Gegenstände mehr; alles und jedes aber ganz auf die nehmliche Weise, wie es in der Natur wirklich vor-handen ist.

Man sieht, Vitruv giebt uns hier in kurzem die ganze Geschichte der Wand-mahlerey. Er erzählt uns, wie sie bey den Alten (antiqui, veteres) von der Nachah-mung bunter Marmortafeln sich nach und nach bis zur historiirten Landschaft erhoben habe; aber zu seinen Zeiten (nunc) zu einer geschmacklosen Vorstellung fantastischer Miſsgeburten herabgesunken sey. Wie ist dieses mit dem zu vereinigen, was wir über diesen Gegenstand im Pli-nius finden? Ludius — sagt dieser B.XXXV. K.37. — welcher zur Zeit des vergötterten Augusts lebte, war der erste Erfinder einer sehr angenehmen Wandmahlerey. Er mahlte Landhäuser, Säulengänge, und Landschaften — topiaria opera — Haine, Wäl-der, Hügel, Wasserstücke — piscina, — Kanäle, Flüsse, Gestade, wie man es wünschte, wobey er mancherley Figuren von Spazierengehenden, oder Reisenden zu Schiffe, zu Esel, oder zu Wagen anbrachte: Auch Fischereyen stellte er vor, und Vogelherde, Jagden, und Weinlesen: Herren von Adel mahlte er, wie sie nach Landhäusern, welche einen morastigen Zugang haben, auf dem Nacken gemietheter Weiber zitternd und zagend hinüber getragen werden; und mehr dergleichen launige und mit vielem Salze

Allein diese Mahlerey, wobey die Alten wirkliche Dinge zum Vorbilde wählten, findet heut zu Tage, nach einer ungereimten Mode, keinen Beyfall mehr.

Itzt bemahlt man die Bekleidung lieber mit Undingen, als mit wahren Abbildungen wirklicher Gegenstände. Anstatt der Säulen stellt man Rohrstängel — calami — dar; anstatt der Giebel — fa- stigia — geriefte Häklein — harpaginetuli striati — mit krausem Laubwerke und Schnörkeln — volutae; — ingleichen Leuchter — can-delabra, — welche Tempelchen tragen, über deren Giebel aus Wur-zeln und Schnörkeln mehrere dünne Stängel — coliculi — sich erhe-ben, worauf, wider alle Vernunft, kleine Figuren — sigilla — sitzen; auch auf Stängeln blühende Blumen, aus denen halbe Figuren hervor-gehen, welche bald mit Menschen-, bald mit Thierköpfen versehen sind: Lauter Dinge, dergleichen es weder giebt, noch geben kann, noch jemals gegeben hat. Ein Beweiſs, daſs die Herrschaft der neuen Mode und Trägheit unsre Afterkunstrichter ganz und gar mit dem wahren Schönen in der Kunst unbekannt gemacht habe! Denn wie ist es wohl möglich, daſs ein Rohrstängel in der That ein Dach tra-gen könne, oder ein Leuchter einen kleinen Tempel sammt den Ver-zierungen des Giebels? Wie kann ein dünner zarter Stängel eine sitzende Figur empor halten? Oder wie vermögen aus Wurzeln und Stängeln, theils Blumen, theils halbe Figuren hervorzuwachsen? Gleich-wohl sieht jedermann solche Ungereimtheiten mit Augen, und, weit gefehlt sie zu tadeln, findet man sogar Vergnügen daran: ja, niemand fällt es nur ein, zu überlegen, ob auch irgend dergleichen etwas seyn könne oder nicht? Der Geist, von dem verdorbenen Geschmacke angesteckt, vermag selbst nicht mehr gut zu finden, was die Gesetze des Schicklichen vorschreiben.

gewürzte Einfälle. Er war es auch, der zuerst im Freyen Seestädte darstellte, welche einen überaus anmuthigen Anblick gewährten, obgleich er sich höchst wenig dafür bezahlen lieſs. Ruhm indessen ist bloſs der Tableau-Mahler Antheil. Auch hierin erscheint das Alterthum zu seinem Vortheile. Kein Mahler verschwendete je seine Kunst an Zimmern, die nur des Hausbesitzers Eitelkeit schmeicheln; noch überhaupt an Häu-sern, die, an Einen Fleck gebunden, bey Feuersgefahr nicht hinweg geschafft werden können. Protogenes begnügte sich mit einem schlechten Häuschen in einem klei-nen Garten. Kein Gemählde zierte des Apelles Wandbekleidung. Man fand kein Belieben, ganze Wände zu bemahlen. Die Kunst wachte bloſs für Städte. Ein Mahler war des ganzen Erdkreises gemeinschaftliches Eigenthum.” Es erhellt hieraus, daſs Vitruv die seltsame fantastische Gattung der mahleri-schen Verzierungen, welche er hier zu tadeln anfängt, für eine Erfindung der Mahler seiner Zeit gehalten habe. Gab es also frühere Beyspiele dieser Verzierungsart auf Hetrurischen und Griechisch-Römischen Kunstwerken, so waren sie ihm unbekannt. Übrigens wurden diese Verzierungen zu Ende des funfzehnten, und zu Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, als sie zuerst in den verschütteten unterirdischen Zimmern alter Gebäude zu Rom entdeckt worden waren, mit dem Nahmen Grotesken belegt. Nachher fing man an, sie mit den Arabesken, d. i. mit jenen Blumenzügen, Laub-werke, und Vorstellungen nur lebloser Dinge, deren sich die Araber zu ihren Verzie-rungen zu bedienen pflegten, zu vermischen; und endlich sind Arabesken und Gro-tesken, trotz ihres wesentlichen Unterschieds, Synonyme geworden. Man sehe davon Sulzers Allgemeine Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, Art. Groteske. Über die Arabeske von Herrn A. Riem, in der Monatschrift der Berliner Akademie der Künste, B.I. St. 6u.f. Von Arabes-ken, im Teutschen Merkur vom Jahre 1789. B.I. S. 120.ff. — Über den Gebrauch der Grotesken und Arabesken (von Herrn Doktor Stieglitz) Leipz. 1790. 8. Über die Groteske; Einladungsblätter von J. D. Fiorillo; Göttingen, 1791. 8. d. i. dünne, magere Säulen, die nicht das gehörige Verhält@iſs haben, sondern so schmächtig wie Rohrstängel sind.
d. i. Giebel, die nach krummen und ausgeschweiften Linien, welche den Haken gleichen, gearbeitet waren, und viele hohle Streifen zur Verzierung hatten. Erläu-ternde Beyspiele aller hier erwähnten Ausschweifungen des Geschmacks findet man in den Pitture d’ Ercolano Tomo I. N. XXXIX-XLIV. wo architektonische Fantasien abgebildet sind, womit die Künstler die Wände bemahlet, ohne daſs sie sich vorge-setzt hätten wirkliche oder mögliche Gebäude vorzustellen.

Nichts desto weniger verdient keine Mahlerey Beyfall, welche der Warscheinlichkeit zuwider ist: ja, wenn sie auch mit noch so groſser Kunst verfertiget wäre, so kann sie dennoch nicht für schön gelten, wofern sie nicht also angeordnet ist, daſs die gesunde Ver-nunft darin keinen Anstoſs findet. Z. B. Apaturius aus Alabanda mahlte einst zu Tralles äuſserst künstlich die Scene des kleinen Theaters, welches Ecclesiasterium heiſst. Er stellte darauf, an-statt der Säulen, Centauren-Statuen, welche das Gebälk trugen, vor; ingleichen runde Kuppeln — tholorum rotunda tecta, — hervorsprin-gende Giebelecken — fastigiorum versurae, — mit Löwenköpfen ge-zierte Kornischen: Alles insgesammt Dinge, welche mit der Dach-traufe eines Hauses sich in gleichem Verhältnisse beſinden. Diesem ungeachtet brachte er darüber noch einen oberen Aufsatz — episce-nium — an, worauf er wiederum Kuppeln, Vorhallen, halbe Giebel, zusammt der ganzen mannichfaltigen Verzierung des Daches abbil-dete. Wegen des darin herrschenden Kontrasts — asperitatis causa — fiel beym ersten Anblicke diese Scene allen ausnehmend wohl in die Augen, und es fehlte wenig, so hätte sie allgemeinen Beyfall erhal-ten; als mit einmal der Mathematiker Licinius hervortrat und sprach: “Man hält die Alabander in bürgerlichen Angelegenheiten zwar für ziemlich gescheid; übrigens aber gänzlich für geschmacklos, und das bloſs wegen eines geringen Verstoſses gegen das Schickliche; denn alle ihre Statuen in der Kampfschule — gymnasium — stellen lauter gerichtliche Redner, die aber auf dem Markte lauter Scheiben-werfer, Wettläufer und Ballspieler vor. Da nun eine so unschick-liche, den Örtern so ganz unangemessene Stellung der Bildsäulen dem Rufe dieser Stadt öffentlich einen Flecken angehängt hat: So laſst uns ja auch in Acht nehmen, daſs uns diese Scene des Apatu-rius nicht zu Alabandern oder Abderiten mache! Denn wer von Euch errichtet je auf Ziegeldächern Häuser, Säulen oder Giebel? Auf Gebälke wird dergleichen wohl gesetzt; allein niemals auf Zie-geldächer! In der Mahlerey aber loben, was nicht in der Wahrheit be-stehen kann, hieſse ja uns ebenfalls den Städten beygesellen, welche wegen eines gleichen Fehlers für geschmacklos sind erklärt worden. Hiegegen wuſste Apaturius nichts einzuwenden; sondern er nahm die Scene weg und änderte sie der Wahrheit gemäſs um; nach wel-cher Veränderung sie unbedingten Beyfall erhielt. Wollten doch die unsterblichen Götter, daſs heut zu Tage Licinius aufs neue in das Leben käme, um jenem Aberwitze zu steuern, und jene abgeschmackte Mode in der Wandmahlerey abzustellen! Unterdessen wird es nicht zur Unzeit seyn, hier anzuzeigen, woher jener falsche Geschmack über den ächten die Oberhand erhalten hat.

Der Beyfall, den sonst die Alten bey dergleichen Arbeiten durch Fleiſs und Kunst zu erwerben suchten, den erhält man heut zu Tage durch Farben und Prunk; denn derselbe Ruhm, den ehedem des Künstlers geschickte Hand dem Gemählde verlieh, wird heut zu Tage demselben der Kosten wegen zu Theil, welche der Bauherr darauf verwandt hat. Wer unter den Alten ging nicht mit dem Zinnober — minium — eben so sparsam als mit Medizin um? Heut zu Tage hingegen überzieht man fast allgemein ganze Wände damit. Das-selbe gilt vom Berggrün — chrysocolla, — vom Purpur — ostrum — und vom Ultramarin — armenium; — bloſs weil alle diese Farben, wenn sie gleich nicht mit Kunst aufgetragen werden, dennoch unge-mein ins Auge fallen; und weil ihrer Kostbarkeit wegen gewöhnlich in den Contrakten — lex — besonders ausgemacht wird, daſs sie von dem Bauherrn — dominus, — nicht aber von dem Unternehmer — re-demptor, — geliefert werden müssen.

Nach Maaſsgabe meiner Fähigkeit in der Überredungskunst habe ich nun alles angewandt, den schlechten Geschmack in der Wand-mahlerey zu verbannen. Itzt will ich von den verschiedenen Zu- bereitungen — apparationes, — so wie sie nach der Reihe vorkom-men, reden, und zwar zuerst vom Marmor, da ich bereits zu An-fange vom Kalke gehandelt habe.

SECHSTES KAPITEL. Zubereitung des Marmors zum Stuck — tectorium opus. —

Der Marmor wird nicht in allen Ländern auf gleiche Art erzeugt; sondern man findet ihn an einigen Orten in Schollen — glebae— von einem durchsichtigen Korne — mica, — gleich dem Salze. Diese werden klein gestoſsen und gemahlen, und sind vorzüglich zu dem Stuck und der Stuckaturarbeit — coronarium opus — brauchbar. Wo dergleichen aber nicht vorhanden sind, da nimmt man die Marmor-brocken — caementa marmorea — oder Abgänge — assulae, — welche die Arbeiter in Marmor — marmorarü — bey ihrer Arbeit erhalten, zermalmt sie in eisernen Mörsern — pila, — siebt sie durch, und macht davon drey Sorten, mit deren gröbster nebst Kalk man, nach obiger Vorschrift, den Auftrag von feinem Kalkmörtel — arenatum — zuerst überzieht; nachher mit der folgenden, und endlich mit der dritten und allerfeinsten. Nachdem diese Aufträge geschehen, und der Stuck durch fleiſsiges Reiben geglättet worden ist; so sorge man für die Farben, daſs diese sich recht glänzend darauf ausneh-men. Ihre Eintheilung und Zubereitung ist wie folgt.

Nach meiner Einsicht hat Vitruv in dem Vorhergehenden gegen den damals herrschenden schlechten Geschmack in der Wandmahlerey überhaupt geeifert. Er sagt es nicht allein hier und kurz zuvor ausdrücklich; sondern er führt auch die Liebe zu kostbaren und pralenden Farben, ingleichen den Mangel an Fleiſs und Kunst, als Ursache davon an. Aus diesen Gründen kann ich unmöglich dem Hrn. Fiorillo beypflichten, welcher in angeführter Abhandlung über die Grotes-ken dafür hält: Vitruv scheine hauptsächlich die Eingriffe zu tadeln, welche man mit diesen Mahlereyen in das Gebiet und die Regeln der edeln und reinen Bau-kunst that, wie davon einige der Herkulanischen Gemählde Beweise geben.
SIEBENTES KAPITEL. Natürliche Farben — colores nativi. —

Einige Farben erzeugen sich an gewissen Orten, und werden gegra-ben: Andere werden durch Mischung, Zusammensetzung und Berei-tung verschiedener Stoffe hervorgebracht, so daſs sie, gleich jenen, zum Mahlen dienen.

Zuerst werde ich von denen handeln, welche sich von selbst erzeugen und gegraben werden. Dergleichen sind:

Das Berggelb — sil, — welches die Griechen Ochra nennen. Man findet es an vielen Orten, selbst auch in Italien; allein das beste war das Attische, welches aber deshalb gegenwärtig ausge-gangen ist, weil die Athener ihre Silberbergwerke durch eine groſse Menge Sklaven baueten und, wenn sie, bey Aufsuchung des Sil-bers, unter der Erde Gruben — specus — machten, und von ohn-gefähr auf eine Ocherader — vena — stieſsen, solche eben so emsig verfolgten und bearbeiteten, als ob es ein Silbergang gewesen wäre; und, da sie hiedurch Berggelb in Fülle erhielten, selbiges sogar auch zum Anstriche der Gebäude — politio operum — verbrauchten.

Der Röthel — rubrica. — Er wird an vielen Orten häufig gegraben; jedoch der beste nur an wenigen, z. B. in Pontus zu Sinope, in Ägypten, und in Spanien auf den Baleari- schen Inseln, ingleichen auf Lemnos, welche Insel der Senat und das Volk zu Rom den Athenern zum Nieſsbrauch überlassen haben.

Das Parätoner Weiſs — Paraetonium. — Dieses hat von dem Orte selbst, wo es gegraben wird, seinen Nahmen. Eben also verhält es sich mit dem Meliner Weiſs — Melinum, — weil ein Bergwerk — metallum — auf der Cycladischen Insel Melos daran sehr reichhaltig seyn soll.

Die grüne Kreide — creta viridis. — Auch sie wächst an mehreren Orten, die beste aber zu Smyrna. Letztere wird von den Griechen Theodotion — nach dem Theodotus, auf dessen Gute sie zuerst entdeckt worden ist — genannt.

Das Operment — auripigmentum, — welches auf Griechisch Arsenikon heiſst. Es wird in Pontus gegraben.

Siehe Plinius B.XXXV. K. 13. Da der gute Röthel nur an wenigen Orten gegraben wurde, so fehlt vermuth-lich hier die Benennung des Orts, wo er in Ägypten angetroffen wurde. “Der Lemnische Röthel, sagt Plinius B. XXXV. K. 14. wird nicht anders als besiegelt verkauft, daher sie auch Sphragis, d.i. Siegelerde, heiſst.” Mehr von der Lemnischen Erde siehe in Lessings Kollektaneen, Art. Siegelerden. Parätonium war eine Stadt mit einem Hafen in Ägypten, welche nach dem Strabo von einigen auch Ammonia genannt wurde. Nach dem Plinius XXXV. 18. hielt man das Parätoner Weiſs für einen durch Schlamm konsolidirten Meerschaum, weil man kleine Muscheln darin antraf.

Das Sandarach — Sandaraca. — Es giebt davon an mehre-ren Orten Bergwerke, das beste aber in Pontus nahe am Flusse Hypanis. An anderen Orten, z. B. auf der Grenze zwischen Magnesia und Ephesus, gräbt man hin und wieder schon ganz zubereitetes Sandarach aus, das man weder zu mahlen, noch zu sieben braucht, und doch so fein ist, als ob es geflissentlich mit der Hand zerstoſsen und durchgesiebt wäre.

ACHTES KAPITEL. Zinnober — minium. — (Gewinnung und Benutzung des Quecksilbers — argentum vivum.—)

Eine natürliche Farbe ist ferner der Zinnober, wovon ich itzt ausführlich handeln will.

Der Zinnober soll zuerst auf den Cilbianischen Gefilden der Epheser entdeckt worden seyn; und Gewinnung sowohl, als Bereitung desselben ist in der That sonderbar genug.

Plinius B.XXXIII. K.37. sagt: “Theophrast sagt, 90 Jahre, bevor Praxi-bulus zu Athen Archont war, — welcher Zeitpunkt ungefähr mit dem 249 Jahre Roms übereinstimmt — sey der Zinnober von einem Athener, mit Nahmen Kallias, erfunden worden, welcher hoffte, aus dem rothen Sande, der sich in Silberbergwerken fand, Gold schmelzen zu können, aber Zinnober daraus erhielt. Er sagt, man habe denselben dazumal auch schon in Spanien gefunden, aber hart und sandig: Auch bey Kolchi, auf einem unersteiglichen Felsen, von dem man ihn mit Schleudern herab geworfen habe. Letzterer sey jedoch unächt. Den besten Zinnober aber fände man oberhalb Ephesus in den Cilbianischen Feldern. Der Sand habe eine Scharlachfarbe,

Man gewinnt ein Erz — gleba — (welches Anthrax d. i. Berg-zinnober genannt wird, bevor es vermittelst der erforderlichen Be-handlung zu Zinnober wird) aus einer Ader, die eisenfarbig oder vielmehr bräunlich — subrufus — aussieht, und mit einem rothen Sande umgeben ist. Wenn es gebrochen wird, so flieſst, bloſs durch das Schlagen mit dem Brechhammer — ferramentum, — Quecksilber in Tropfen heraus, welche von den Bergleuten — fossor — gesam-melt werden.

Diese ausgeförderten Erze werden in der Hütte — officina — wegen Fülle der Feuchtigkeit in den Ofen gebracht, und geröstet; wo denn der Dampf — ſumus, — der durch die Hitze aufsteigt, wenn er sich auf den Ofenherd — solum furni — gesetzt hat, als Queck-silber sich wieder zeigt.

Nachdem die Erze wieder aus dem Ofen genommen, so wer-den die zurückbleibenden Tropfen, welche ihrer Kleinheit wegen nicht gesammelt werden können, in ein Gefäſs mit Wasser gekehrt, wo sie sogleich zusammen rinnen und sich mit einander vereinigen.

werde zerrieben, das Pulver geschlemmt, und der Bodensatz abermals gewaschen. Man habe eine doppelte künstliche Zubereitung. Einige machten gleich Zinnober nach der ersten Wäsche; der Zinnober von der zweyten Wäsche aber sey der beste.” Und Kap. 40. “Juba sagt, der Zinnober wachse in Karmania: Timagenes, auch in Äthiopien. Aber aus keinem von beyden Ländern erhalten wir ihn, und überhaupt fast nirgends anders her als aus Spanien. Der berühmteste kommt aus der Sisopo-nensischen Landschaft in Bätika (— heut zu Tage Almaden, das letzte Dorf in La Mancha, das nur durch einen Bach vom Königreiche Kordova geschieden wird. Siehe Travels through Spain etc. by Dillon p. 232.) Das dasige Zinnoberberg-werk ist vom Römischen Volke verpachtet; aber es wird ein äuſserst wachsames Auge darauf gehalten. Es dürfen die Erze nicht dort geröstet und bereitet werden. Sie wer-den nach Rom geschickt, und der Gang wird versiegelt, sobald jährlich ungefähr 10000 Pfund ausgefördert worden sind. Zu Rom werden sie durch Schwemmen geläu-tert. Der Verkaufspreis des Zinnobers ist durch ein Gesetz bestimmt; ein Pfund darf nicht über 70 Sesterzen kosten. Inzwischen wird er auf mancherley Art verfälscht; daher der groſse Gewinn der Pächter!”

Vier Sester — sextarius — Quecksilber wiegen hundert Pfund. Thut man es in ein Gefäſs, und legt einen hundertpfündigen Stein darauf, so bleibt dieser oben schwimmen und kann durch sein Ge-wicht das Quecksilber weder niederdrücken, noch zerquetschen, noch zertrennen. Nimmt man den hundertpfündigen Stein herunter, und legt dafür ein Skrupel Gold darauf, so schwimmt dieses nicht oben, sondern geht zu Grunde. Ein Beweiſs, daſs es bey der Schwere nicht auf die Gröſse des Gewichts, sondern auf das eigenthümliche Gewicht der Masse ankommt!

Man benutzt das Quecksilber sehr bequem zu vielerley; denn ohne dasselbe z. B. kann weder Silber noch Erz gehörig vergoldet werden: und ist Gold in ein Zeug gewirkt, das durch die Länge der Zeit zu einem anständigen Gebrauche unscheinbar geworden ist; so wirft man dieses in einen irdenen Tiegel; brennt es zu Asche; schüttet diese Asche in Wasser, wozu man Quecksilber thut, wel-ches sofort jedes Goldkörnchen an sich zieht und es nöthigt, sich mit ihm zu vereinbaren; gieſst darauf das Wasser ab; thut die Masse in ein Tuch, drückt dieſs mit Händen: und das flüssige Quecksilber preſst sich durch die engen Zwischenräume des Tuches hindurch; das gediegene Gold aber bleibt in einem Klumpen darin zurück.

NEUNTES KAPITEL. Bereitung — temperatura — des Zinnobers. (Rest der natürlichen Farben.)

Ich kehre itzt zur Bereitung des Zinnobers zurück.

Nachdem man jene Erze geröstet, stöſst man sie in eisernen Mörsern, und mahlt sie, und nachdem sie durch häufiges Schwem-men — lotio — und Schmelzen von der Unreinigkeit — stercus — befreyet d. i. geläutert worden, wird die Farbe daraus zum Vor-schein gebracht. So bald aber der Zinnober herausgetrieben — emis-sus — legt er, wegen der Trennung vom Quecksilber, seine natür-lichen Eigenschaften ab, und wird zärtlicher Natur und schwach an Kraft. Wenn man sich daher desselben zum Putz der Beklei-dung in Zimmern bedient, so behält er seine Farbe unveränderlich; allein an offenen Orten, d. i. in Peristylen, oder in Hörsälen — exe-dra, — oder an anderen dergleichen Orten, wo Sonne und Mond hinein scheinen können, verdirbt er sogleich als er von den Strahlen derselben getroffen wird; er verliert Stärke und Lebhaftigkeit der Farbe und wird schwarz. Dieſs erfuhr, unter anderen, auch der Schreiber Faberius: Er wollte sein Haus auf dem Aventin sehr zierlich ausgemahlt haben, und lieſs alle Wände im Peristyl mit Zin-nober anstreichen; nach vier Wochen aber sahen diese so unansehn- lich und buntscheckig aus, daſs er sie mit einer anderen Farbe über-mahlen lassen muſste.

Ich schalte hier, nach den Vatikanischen Handschriften, welche Galiani ver-glichen hat, relictis stercoribus ein Diese und die vorhergehende Stelle K. 5. S. 112. lassen mich glauben, daſs die exe-drae nach den Säulen zu offen, d. i. ohne Wand, gewesen seyn mögen.

Wer jedoch mehr Sorgfalt darauf verwenden und den Zinno-beranstrich dauerhauft machen will, der lasse erst die angestrichene — expolitus — Wand trockenen, und überziehe sie dann vermittelst eines Borstpinsels — seta — mit Punischem am Feuer zerlassenem Wachse, das mit etwas Öl angemacht ist; darauf mache er dieses Wachs sammt der Mauer, vermittelst Kohlen in einem eisernen Bek-ken, sehr warm bis es schwitzt und sich über und über gleich ver-theilt; nachher bohne er das Ganze mit Wachslicht — candela — und reinen leinenen Lappen — linteis puris subigere, — gleich wie man mit den nackten marmornen Bildsäulen zu verfahren pflegt. Dieſs heiſst auf Griechisch Kausis (d. i. das Brennen;) und ein solcher Überzug von Punischem Wachse gestattet weder daſs Mond-schein noch Sonnenstrahlen die Farbe des Anstriches hinweglecken.

Cera Punica, sagt Requeno, è la cera ordinaria delle api, preparata, o imbiancata col nitro, e coll’ acqua salsa del mare o coll’ acqua marina artificiale. Nach dem Plinius B. XXI. K. 49. wird es also bereitet: “Das so genannte Punische Wachs ist das beste — — — Es wird auf folgende Art zubereitet: Man lüftet das gelbe Wachs unter freyem Himmel zum öftern. Darauf läſst man es in Seewasser, welches aus der Tiefe geschöpft und mit Salpeter versetzt ist, sieden. Beym Sieden schöpft man mit einem Löffel die Blume, d. i. die weiſseren Theile, davon ab, und gieſst diese in ein Gefäſs, worin ein wenig kaltes Wasser ist. Hierin kocht man sie allein abermals mit Seewasser, und läſst sie abkühlen. Nachdem dieſs dreymal gesche-hen, läſst man sie auf einer binsenen Horde unter freyem Himmel in Sonnen - und Mondschein trockenen. Der Letztere bleicht eigentlich nur; der Erstere aber trocknet, und um das Schmelzen zu verhindern deckt man ein feines leinenes Tuch@ darüber. Das Allerfeinste erhält man, wenn man es nach dem Sonnen noch einmal kocht. Das Punische Wachs ist zur Arzeney sehr brauchbar. Wird es mit Papierasche versetzt, so wird es schwarz; mischt man aber Ochsenzunge — anchusa — darunter, so wird es roth. Auch zu verschiedenen Farbenstoffen mischt man es, zum Mahlen, zu sonst man-cherley nützlichem Gebrauch, ingleichen zu einem schützenden Überzug für Wände und Waffen — d. h. Schilde, Panzer und Beinharnische. — “ Würde durch die Worte des Plinius B. 33. K. 40. postea candelis subigatur ac deinde linteis puris, sicut et marmora nitescunt, der Sinn der obigen Stelle nicht ganz zuverläſsig bestimmt: so würde mich vielleicht die Autorität des Don Vinc. Requeno verführt haben, sie anders zu erklären. Le candele, (sagt er S. 279. des ersten Theils seiner Saggi sul ristabilimento dell’ antiea arte de’ Greci e Romani Pittori, Parma 1787.) servivano accese a riscaldare con l’ una mano la cera della pittura frattanto che con l’ altra armata de’ pannolini si sfregara e ripuliva la parte, che era stata scaldata. Man überzog die Bildsäulen im Freyen mit Wachs, theils um sie vor dem Nach-theile zu verwahren, welche sie vom Regen und Schnee leiden könnten; theils auch um sie für das Auge markigter zu machen. Siehe Saggi etc. di Requeno Vol. I. p. 318. “Wer die Kunst mit Wachs zu mahlen und die Mahlerey einzubren-nen erfunden habe, ist nicht bekannt,” sagt Plinius XXXV. 39. Im 41. Kapitel des-selben Buchs sagt er ferner: “Von der enkaustischen Mahlerey gab es bekann-termaſsen von Alters her zwey Arten; die Eine mit Wachs, die Andere in Elfenbein mit dem Griffel — cestro — oder Grabstichel — vericulo; — bis man die Flotten zu mahlen anfieng. Da kam die Dritte Art hinzu, wobey man das Wachs am Feuer zer-gehn läſst und sich des Pinsels bedient: Eine Mahlerey, welche an den Schiffen nicht im Geringsten weder von der Sonne, noch vom Seewasser, noch vom Winde leidet.” Dieses und obige Stelle Vitruvs, ist alles, was wir Erläuterndes von der enkaustischen Mahlerey bey den Alten finden; indessen, so unzureichend immer diese Nachrichten sind, so haben sich dennoch Gelehrte der kultivirtesten Nationen beei-fert, daraus diese verlorene Kunst wieder herzustellen. Ein Verzeichniſs dieser um die Kunst verdienten Männer siehe in der neuesten, durch Herrn von Blankenburg besorgten, Ausgabe der Sulzerschen Theorie der schönen Künste, hinter dem Art. Enkaustisch. Ist gleich das Bestreben derselben nicht ganz und gar mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt worden; so ist es doch auch nicht ganz fruchtlos gewesen. Die erste Art der enkaustischen Mahlerey bleibt immer noch ungewiſs. Vielleicht war sie, wie Tomaselli (della cerografia, Verona 1785.) glaubt, eine Pastellmahle-rey, wobey der Unterschied bloſs darin bestand, daſs man, statt der Pastellstifte, Wachs-stifte nahm. In Ansehung der zweyten Art, nehmlich in Ansehung der enkaustischen Mahle-rey in Elfenbein, bleibt uns der Zweifel übrig, ob man sich dabey des Wachses bedient habe, oder nicht? Im ersten Falle wissen wir gar nicht, was wir uns besonders dabey

Die Fabrik — officina, — welche sich bey den Bergwerken der Epheser befand, ist gegenwärtig nach Rom verlegt worden; weil man Zinnoberhaltende Adern in einigen Gegenden Spaniens ent-deckt hat. Die Erze aus diesen Gruben werden nach Rom gebracht, und die Staatspächter lassen sie bereiten. Es steht diese Fabrik zwi-schen der Flora und des Quirinus Tempel.

denken sollen; im letzten und mir wahrscheinlichen Falle aber brannte man in Elfen-bein, mit der Spitze eines in Feuer glühend gemachten Griffels den Umriſs u. s. f. des vorzustellenden Gegenstandes ein Die glücklichsten Versuche zur Wiederherstellung der dritten Art der enkausti-schen Mahlerey sind von dem Abt Requeno, einem Spanier, gemacht worden, siehe dessen schon mehrmals angeführte Saggi sul ristab. etc. T. I. II. Parma 1787. Auch der verstorbene Hofr. Reifenstein zu Rom hat sich sehr darum verdient gemacht. Höchstwahrscheinlich bestand sie darin, daſs man theils mit Wachs, das gefärbt und am Feuer aufgelöſst war, mahlte und sich dabey des Pinsels bediente; theils die Gemählde, ingleichen die gemahlten und ausgetrockneten Wände mit warmem, gebleichtem und mit etwas Öl vermischtem Wachse, wie mit einem Firniſs bestrich, hernach mit einem bren-nenden Lichte oder mit Kohlfeuer zum schwitzen brachte, und sodann abrieb und bohnte. Diese Wachsmahlerey ersetzte den Griechen und Römern gewissermaſsen den Mangel der Ölmahlerey. Der Hauptvorzug, den sie vor der Ölmahlerey haben soll, ist die längere Dauer; sonst sollen die Wachsgemählde ein härteres Ansehen haben, und einen gewis-sen unangenehmen Glanz, der sich von dem Wachse nicht trennen läſst; auch soll das Glaciren in der Wachsmahlerey nicht glücklich zu bewerkstelligen seyn. Diesemnach steht wohl nicht zu befürchten, daſs jemals durch sie die Ölmahlerey werde verdrängt werden. Übrigens scheint es, — wie auch Herr Böttiger in seiner Abhandlung über die Enkaustik (s. Journal der Moden u. s. f. Oktober 1794) bemerkt, als ob Vitruv hier die angegebene Art, ein Gemählde oder einen Farbenanstrich mit Wachse zu überziehn, besonders causis nenne, zum Unterschied von der Enkaustik. Aller-dings wäre alsdann des Saumaise Vorschlag causis in Encausis zu verändern (s. Exer-eit. in Solin. p. 164. a. F.) unstatthaft.

Der Zinnober wird durch darunter gemischten Kalk verfälscht. Will man versuchen, ob er ächt sey; so verfahre man wie folgt: Man nehme Eisenblech — lamna ferrea, — lege von dem Zinnober hinauf, schiebe es ins Feuer und lasse es darin glühend werden; sobald aber der Zinnober durch die Glut sich entfärbt und schwarz wird, so ziehe man das Blech wieder aus dem Feuer heraus. Nimmt nun der Zinnober beym Erkalten seine vorige Farbe wieder an, so ist dessen Ächtheit bewährt; bleibt er aber schwarz, so ist dieſs ein Beweiſs, daſs er verfälscht ist.

Mehr weiſs ich vom Zinnober nicht anzuführen.

Das Berggrün — chrysocolla — kommt aus Macedonien; man gräbt es an solchen Orten, die sich in der Nachbarschaft von Kupfer-bergwerken — aerarium metallum — befinden.

Der Indig — Indicum — zeigt, gleich dem Zinnober, durch seinen Namen seinen Geburtsort an.

Heiſst auch grüner Kupferocher, Schiefergrün, Berglasur. Siehe davon unten im 14. Kapitel. Nehmlich der Lateinische Name Minium, welcher von dem Flusse Minio in Spa-nien hergeleitet wird. Inzwischen wurde ja der Zinnober zuerst in dem Ephesi-schen Gebiete entdeckt? Richtiger drückt sich Justinus B. XLIV. K. 3. aus, indem er sagt, der Überfluſs an Zinnober — minium — in Galläcien, habe dem benachbarten Flusse den Namen gegeben.
ZEHNTES KAPITEL. Künstliche Farben — factitii colores. — Schwarz — atramentum. —

Ich gehe itzt zu den Farben über, welche durch besondere Behand-lung und Anmachung anderer Stoffe entstehen.

Zuerst will ich vom Schwarz handeln, dessen Gebrauch in der Mahlerey unentbehrlich ist; und will die sicheren Methoden ange-ben, nach welchen es die gehörige Güte erhält.

Man erbauet einen Ort, gleich einem Laconicum, und bekleidet ihn mit feinem, wohlgeschliffenem Marmorstuck. Davor stellt man einen kleinen Ofen — fornacula, — dessen Röhre — nares — in das Laconicum geht; dessen Loch — praefurnium — aber sehr sorg-fältig verschlossen wird, damit die Flamme nicht herausschlägt. In diesen Ofen legt man Harz — resina. — Indem des Feuers Gewalt dieses verzehrt, so treibt sie den Rauch durch die Röhre in das Laconicum, wo dieser sich an die Wände und die gewölbte Decke als Ruſs anlegt, welchen man einsammelt, und welcher, theils mit Gum-mibrey — gummi subactum — versetzt, zu Schreibetinte — atramentum librarium — dient, theils mit Leime angemacht, von den Stuckarbei-tern zum Anstriche der Mauern gebraucht wird.

Inzwischen, falls erwähnte Materialien nicht bey der Hand seyn sollten, so kann man sich folgendermaſsen aus der Noth helfen, um nicht durch Warten die Arbeit aufzuhalten: Man zünde Reisholz oder Kühnspäne an; sobald sie zu Kohle gebrannt, lösche man diese ab, reibe sie mit Leim in einer Pfanne — mortarium: — und man erhält ein Schwarz, das im Anstriche sich gar nicht übel ausnimmt.

Siehe oben B. V. K. 10.

Ingleichen nehme man getrocknete Weinhefen, brenne sie in einem Ofen, und reibe sie mit Leim: Auch diese werden im Anstriche ein sehr angenehmes Schwarz geben; ja, je besser der Wein, wovon man die Hefen nimmt, um desto mehr nähert sich auch das auf solche Art nachgemachte Schwarz der Tusche — Indicum.

EILFTES KAPITEL. Schmalte — caeruleum — und gebrannter Zinnober — usta. —

Die Bereitung der Schmalte wurde zuerst in Alexandria erfun-den: Nachmals legte Vestorius auch zu Puteoli eine Fabrik davon an.

Es ist zu verwundern aus welchen Dingen und auf welche Art Schmalte verfertiget wird: Man reibt Sand mit Salpeterstaub — flos nitri — so klein, daſs einigermaſsen ein Mehl daraus entsteht; dieſs wird zu groben Feilspänen — scobs — von Kupfer — aes cyprium — gemischt und besprengt, damit es sich klümpere — conglomerari; darauf macht man daraus mit den Händen Bälle — pila — und drückt diese so fest, daſs sie bald trocken werden; sobald sie aber trocken sind, thut man sie in einen irdenen Krug — urceus — und setzt diesen Krug in einen Ofen. Hier wird Kupfer und Sand von der Gewalt des Feuers so durchglühet, daſs sie sich verglasen — coarescere, — indem sie gegenseitig sich ihre Feuchtigkeit mittheilen und ihre Selbst-ständigkeit ablegen, und, nachdem also durch die gewaltige Hitze ihre eigenen Bestandtheile verzehrt worden, zur Blaufarbe oder Schmalte werden.

Plinius sagt B. XXXV. K. 25. “daſs die Tusche aus Indien komme, die Ver-fertigung derselben aber ihm unbekannt sey.” — Wir bekommen die feine Tusche aus China, wo sie aus dem Ruſs, der sich bey dem Brennen des Öls von dem Ölret-tigsamen in weiten darüber gestellten Trichtern ansetzt, mit Gummi verfertiget wird. Siehe Funke’s Naturgeschichte und Technologie 2ter B. S. 359 u. 765. Bloſs um den Schein des Anmaſslichen zu vermeiden, unterdrücke ich hier was die Erkennt-lichkeit mir zum Lobe dieses vortrefflichen, höchstnützlichen Buchs, welches ein Hand-buch aller Stände seyn sollte, zu sagen eingiebt.

Den gebrannten Zinnober, der sehr zur Bekleidung benutzt wird, bereitet man folgendermaſsen: Man läſst ein Stück guten Zinno-bers im Feuer glühend werden, kühlt es mit Weineſsig ab, und so-fort ist es in Pupurfarbe verwandelt.

ZWÖLFTES KAPITEL. Bleyweiſs — cerussa, — Grünspan — aerugo — und künstlicher Sanda-rach, d. i. Mennig — sandaracha, i. e. factitia. —

Es ist hier der Ort von Zubereitung des Bleyweiſses und des Kupferroſts — aerugo, — den wir Grünspan — aeruca — nen-nen, zu handeln.

Die Rhodier stecken Reisholz in Fässer, auf deren Boden sie Essig gieſsen; legen auf das Reisholz Bleymassen — plumbea massa; decken sodann die Fässer mit Deckeln zu, damit die Ausdünstung — spiramentum — des Essigs nicht heraus könne; machen sie nach Verlauf einer gewissen Zeit wieder auf, und ſinden alsdann die Bley-massen in Bleyweiſs verwandelt.

Da confecta, welches im Lateinischen steht, sich auf nichts bezieht, und keinen Sinn giebt: So lese ich confectis, und stelle so Sinn und Construction wieder her.

Auf eben dieselbe Art, nur vermittelst Kupferbleche — lamellae aereae, — verfertigen sie den Kupferrost, welcher Grünspan heiſst.

Verkalkt man Bleyweiſs in einem Brennofen, so verändert es durch die Hitze seine Farbe und wird (künstlich) Sandarach, d. i. Mennig. Eine zufällig entstandene Feuersbrunst hat die Menschen dieſs gelehrt: und solcher Sandarach taugt weit mehr, als der natürliche, welcher in Bergwerken gewonnen wird.

DREYZEHNTES KAPITEL. Purpur — ostrum. —

Itzt will ich vom Purpur handeln, welcher von allen Farben die kostbarste, aber auch dem Auge die allerangenehmste ist. Man nimmt denselben aus einer Meerschnecke — conchylium marinum, — welche nicht minder als alle übrige Gegenstände in der Natur die Bewun-derung der Beobachter erregt, indem sie nicht an allen Orten, wo sie gezeugt wird, die nehmliche Farbe hat; sondern solche natür-licherweise nach dem Sonnenlaufe schattirt —temperare. — Es spie- len daher die, welche in Pontus und Galatien gelesen werden, wegen der mitternächtlichen Lage dieser Länder, in das Schwärzliche — ater: — die an den Orten zwischen Mitternacht und Abend, in das Grünliche — lividus: — diejenigen, welche man in den äquinoctial-Morgen - und Abend - Gegenden sammelt, in das Violete — violaceo colore: — allein die, welche in den mittäglichen Gegenden gefangen wer-den, sind entschieden roth — rubra potestate; — und dergleichen rein rothe ſindet man gleichfalls auf der Insel Rhodus und an mehreren der Sonnenbahn so nahe liegenden Orten.

Nehmlich, im Hafen Piräeus bey Athen, wie Plinius B. XXXV. 20. uns lehrt; wo übrigens, was hier beym Vitruv künstlicher Sandarach heiſst, usta genannt wird.

Nachdem man diese Meerschnecken eingesammelt, schneidet man sie rings umher mit einem Eisen — ferramentum — ein; aus welchem Einschnitte dann der Purpursaft — purpurea sanies — Tropfenweise heraus läuft, welcher sofort in einer Pfanne — mortarium — gerieben und zubereitet wird.

Weil der Purpur aus den Schalen — testa — solcher Meer-schnecken genommen wird; so nennen wir ihn Ostrum.

Da er Salzwasser — salsugo — enthält, so wird er bald durstig — siticulosus, — wofern er nicht mit Honig umgossen wird. .

Mit Ab. Fea lese ich Galatia, anstatt Gallia. Though the dye obtained from that testaceous fish called the murex was thought to have been lost, it seems to be known on the coasts of England, France, Spain, and the West- Indies, though neglected on account of the great trouble and expence. See Padre Feijoo Theat. critico, tom. 6. disc. 4. According to Gage, they find a shellfish in the seas of the Spanish West- Indies, which perfectly resembles the antient purpura, and in all probability is the same. Cloth of Sego-via dyed with it, used to sell for 20 crowns the ell, and none but the greatest@ Spanish lords wore it. Don Antonio di Ulloa also gives a particular account of this fish, and the use made of it in America. See the gentleman’s magazine, for October and November, 1753. Siehe Travels through Spain, with a view to illustrate the Natural History and Physical Geography of that Kingdom. etc. by John Talbot Dillon etc. London, 1780. Letter III. p. 19. n. (a)
VIERZEHNTES KAPITEL. Noch andere künstliche Farben (aus dem Gewächsreiche.)

Man bereitet auch Purpurfarbe aus Kreide, welche mit Krappwurzel — rubiae radix — und Waid — hysginum — gefärbt worden ist.

Nicht minder bereitet man auch aus Blumen verschiedene Farben. So werfen die Färber, wenn sie das Attische Berggelb — sil Atticum — nachmachen wollen, getrocknete Lackviolen — viola — in ein Ge-fäſs und lassen sie mit Wasser am Feuer kochen; darauf, wenn sie gar — temperatum — sind, thun sie sie in ein leinen Tuch und drücken mit den Händen das von denselben gefärbte Wasser heraus; fangen dieſs in einer Pfanne auf; gieſsen davon auf Eretrische Kreide, welche sie damit reiben: Und verfertigen also eine Farbe, welche dem Attischen Berggelb gleichkommt.

Indem sie auf gleiche Weise die Heidelbeere — vaccinium — zubereiten, und mit Milch vermischen, machen sie ein schönes Pur-purroth.

Diejenigen, welche sich der Kostbarkeit wegen des Berggrüns nicht bedienen können, färben Schmalte mit einem Kraute, welches Streichkraut — lutea — heiſst, und erhalten dadurch ein lebhaftes Grün.

Man streitet sehr darüber, was eigentlich hysginum gewesen sey? Ich trete der Meinung derer bey, welche es für Waid (sonst isatis oder glastum oder guasdum) halten. Sie scheint mir darum wahrscheinlich, weil Waid, der eine blaue Farbe giebt, mit Kreide und Krapp eine ins violet fallende Purpurfarbe hervorbringt. Galiani fällt bloſs deſshalb in den Irrthum, zu glauben, daſs hysginum roth färbe, weil er infecta creta rubiae radice et hysgino, unrecht durch col sugo di radice di robbia o d’ isgino übersetzt. Von der Stadt Eretria auf Euböa S. Plinius XXXV. 21.

Dergleichen Farben heiſsen Tinkturen — infectiva.

Wegen Mangels an Indig — color Indicus — versetzt man auch noch Selinusische oder Anularische Kreide und Waid, — vitrum, — welches die Griechen Isatis heiſsen, mit einander, und macht damit den Indig nach.

In diesem Buche habe ich die Methode angegeben, wie dauer-hafte Auszierung und zierliche Mahlerey zu verfertigen ist. Ferner habe ich darin von den besonderen Eigenschaften aller Farben gehandelt: Es ist also die Theorie aller zu den Gebäuden erforderlichen Vollkom-menheiten in ihrem ganzen Umfange in diesen sieben Büchern enthalten.

Im folgenden Buche wird das Wasser mein Gegenstand seyn. Ich werde Anweisung geben, wie es, an Orten, wo keines vorhanden, zu finden ist: auf welche Weise man es leitet, und wodurch bewährt wird, ob es gesund und gut sey.

Nach Plinius XXXV. 30. wurde die Anularische Kreide aus Kreide gemacht, worunter gläserne Gemmen, dergleichen das gemeine Volk in Ringen zu tragen pflegte, gemischt wurden. Daher auch ihr Name Ringkreide. Die Handschriften und J. Sulpicius lesen: vitroque, quod Graeci insatim vocant, inficientes etc. Mit Ortiz lese ich, anstatt dieses insatim, (wofür Jocun-dus und andere ohne alle Autorität Hyalon lesen) isatin, d. i. Waid, womit auch noch heut zu Tage der Indig nachgemacht wird. Plinius B. XXXV. K. 27. charakterisirt den Indig in folgenden Worten ganz richtig: “Der Indig kommt aus Indien, und ist ein Schlamm, der sich von der gegore-nen Indigpflanze absondert, und zu Boden setzt. Wenn er getrocknet ist, und gerieben wird, ist er schwarz; aber bey der Auflösung in Wasser zeigt er eine herrliche Farbe, welche ein Gemisch von Purpur und Blau ist. — — Die, welche ihn verfälschen, färben Taubenmist mit wahrem Indig; oder sie färben auch Selinusische oder Anu-larische Kreide mit Waid — vitrum. — Man probirt den Indig auf glühenden Kohlen, wo der ächte eine vortreffliche purpurne Flamme giebt, dessen Rauch aber einen Seegeruch hat.” Anstatt ad dispositionem @irmitatis, welches im Originale befindlich ist, aber weder mit dem Inhalte dieses Buchs übereinstimmt, noch einen reinen Sinn giebt, lese ich expolitionum firmitates.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST ACHTES BUCH.
VORREDE.

Thales von Milet, einer der sieben Weisen, hielt das Wasser für den Grundstoff aller Dinge: Die Priester der Perser, die Magier, das Wasser und das Feuer: Euripides, des Anaxago-ras Zuhörer, welchen die Athener den Philosophen der Bühne nann-ten, die Luft und die Erde; Letztere, glaubte er, sey vermittelst des Regens von der Luft befruchtet worden, und habe also Men-schen und Thiere aller Art empfangen und geboren; Alles, was sie gezeugt habe, kehre, nachdem es durch die unwiderstehliche Gewalt der Zeit aufgelöſst worden, wieder zu ihr zurück; so wie auch das, was von der Luft erzeugt worden, wieder zum Luftkreise — regio coeli — zurückkehre; nichts vergehe, sondern alles werde durch Auflösung nur verändert und sinke wieder in seinen Urstoff zurück.

Pythagoras aber, Empedokles, Epicharmus und andere Naturforscher und Philosophen setzen folgende vier Grundstoffe aller Dinge fest: Luft, Feuer, Wasser und Erde; deren mannichfaltige Verbindung mit einander nicht allein die, jeder besonderen Gattung angemessene Gestalt, sondern auch deren eigenthümliche Beschaffen- heiten hervorbringe. Man bemerkt allerdings, daſs nicht allein alles, was entsteht, aus ihnen gezeugt wird; sondern selbst auch, daſs nichts ohne ihre Einwirkung — potestas — gedeihet, wächst und besteht. Es kann der Körper ohne Fülle der Luft nicht leben, weil er derselben beständig zum Ein - und Ausathmen bedarf: Ist nicht Wärme in gehörigem Verhältnisse vorhanden; so gebricht es an Lebensgeistern — spiritus animalis, — an Zeugungsvermögen — erectio @irma, — an Verdauungskraft: Werden des Körpers Glieder nicht mit irdischer Speise genährt; so schwinden sie, weil ihnen der Bey-satz des irdischen Grundstoffes abgeht: Entzieht man dem leben-den Wesen endlich die Feuchtigkeit; so wird es blutlos und dürre und vertrocknet aus Mangel am Elemente des Wassers.

Siehe oben B.I. K.4. und B.II. K. 2.

Das göttliche Wesen hat daher dasjenige, was dem Menschen unentbehrlich ist, keineswegs selten und kostbar gemacht, gleich den Perlen und dem Golde und Silber nebst anderen Sachen, welche weder Körper noch Natur fordert; sondern es hat vielmehr alles, was zur Erhaltung des Lebens unumgänglich nothwendig ist, über die ganze Welt in Überfluſs ausgegossen, so daſs es überall beständig vorräthig ist. Bedarf nun der Körper irgend dergleichen etwas, so ist es bey der Hand. So ist die Luft zum Ersatze des fehlenden Athems bestimmt: Sonnenhitze und das erfundene Feuer helfen dem Mangel natürlicher Wärme ab und sichern das Leben: Der Erde Früchte, welche selbst überspannten Begierden einen Vorrath von Speisen darreichen, beköstigen und ernähren unaufhörlich alles was lebt: Und das Wasser, das nicht bloſs zum Tranke, sondern noch zu unendlich vielen Dingen nützt, gewährt um desto angenehmere Dienste, da sie nichts kosten; weſshalb auch die Ägyptischen Prie-ster — anzuzeigen, daſs alles bloſs durch die Kraft des Wassers bestehe — Wasser mit einem Kruge schöpfen, dieses mit heiliger Andacht zum Tempel tragen, hier mit gen Himmel emporgehabenen Händen zur Erde niederfallen, und der göttlichen Milde für dessen Erfindung danken.

Da nun sowohl Naturforscher, als Philosophen und Priester der Meinung sind, daſs alles durch die Kraft des Wassers bestehe; so halte ich dafür, nachdem ich in den sieben vorhergehenden Büchern die Theorie der Gebäude vorgetragen habe, ich müsse nun in diesem von der Methode, wie Wasser zu entdecken sey, handeln; inglei-chen von dessen besonderen Eigenschaften nach der verschiedenen Beschaffenheit der Orte, und auf welche Weise es zu leiten und zu probieren sey; denn wir bedürfen desselben höchst nöthig sowohl zum Leben als zum Vergnügen und täglichen Gebrauche.

Ich lese: itaque cum hydria tegunt aquam, quae ad templum aedemque casta religione refertur, tunc in terra procumbentes, manibus ad coelum sublatis, de inventione ejus gratias agunt divinae benignitati. Alle Ausgaben fangen hier das erste Kapitel an; allein es scheint mir offenbar, daſs der folgende Absatz noch zur Vorrede gehöre, weil dadurch nicht allein diese ihre gehörige Vollendung erhält; sondern auch das nächste Kapitel einer überflüſsigen Einlei-tung entlediget wird.
ERSTES KAPITEL. Aufsuchung des Wassers.

Die Aufsuchung des Wassers kostet keine Mühe, wo lebendige Quellen am Tage vorhanden sind. Wo dergleichen aber nicht von selbst aus der Oberfläche der Erde entspringen, muſs man unter der Erde nach ihrem Ursprunge graben, und sie sammeln. Zu die-sem Zwecke beobachte man Folgendes: Erstlich lege man sich vor Aufgang der Sonne an den Orten, wo man nachsuchen muſs, platt auf die Erde nieder; stelle und stütze das Kinn auf den Boden und schaue also über die Fläche der Erde hin. Da auf solche Weise das Kinn fest steht, so kann der Blick sich nicht höher erheben, als er soll; sondern bestreicht in waagerechter, stäter Richtung die Gegend. An den Orten nun, wo man sich kräuselnde — se concris-pantes — Dünste aufsteigen sieht, da schlage man ein; denn dieses Merkmal, welches man nie an einem trockenen Orte beobachten wird, ist untrüglich.

Ferner merke man beym Nachsuchen auf die Beschaffenheit der Orte. Schon daraus läſst sich abnehmen, wo Wasser vorhan-den ist. In kreidigem Boden sind die Adern weder tief, noch reich-haltig, noch von gutem Geschmacke. Im Staubsande — sabulo solu-tus — sind sie gleichfalls sparsam, in der Tieſe aber schlammig und unlieblich. Im schwarzen Erdreiche trift man bloſs einen Schweiſs — sudores — und geringe Tropfen an, welche sich zur Winterszeit vom Regen sammeln und an dichten und festen Stellen zusammen flieſsen: Sie haben den besten Geschmack. Im Kiessande — glarea — finden sich nur mäſsige und ungewisse Adern: Auch sie sind von vorzüglichem Geschmacke. Im männlichen Sande — sabulo mascu-lus, — im gemeinen Sande — arena — und im Carbunkel, giebt es gewissere und beständigere Adern, ebenfalls von gutem Geschmacke. Der Rothstein — saxum rubrum — ist reichhaltig an sehr gutem Was-ser; nur daſs es in dem Raume zwischen den Adern — intervenia — verrinnt und versiegt. Noch reichhaltigere Adern giebt es am Fuſse von Gebirgen und in Kieselfelsen: Diese sind auch kälter und gesünder. Allein in Quellen in der Ebene ist das Wasser salzig, schwer, lau und unlieblich; auſser wenn es aus Gebirgen unter der Erde wegläuft und mitten auf der Fläche entspringt: und wird es hier gar noch von Bäumen beschattet, so ist es vollkommen so lieblich, als in Bergquellen.

Auſser den angeführten Kennzeichen der Orte, worunter Was-ser zu finden ist, gehört auch dieses hieher: wenn irgendwo von selbst Binsen wachsen, oder wilde Weiden — salix erratica, — Erlen, Keuschbäume — vitex, — Rohr, Epheu und dergleichen Gewächse mehr, welche schlechterdings ohne Feuchtigkeit weder hervorwach-sen noch fortkommen. Es pflegen zwar dergleichen auch in Lachen — lacuna — sich zu befinden, welche tiefer als das übrige Land lie-gen, und worin das Regenwasser von den Äckern zusammenſlieſst und den ganzen Winter über, auch wohl noch länger, ohne zu ver-siegen stehen bleibt: Allein solchen ist nicht zu trauen; sondern bloſs in solchen Gegenden und Orten ist nachzusuchen, wo es keine Lachen giebt, und die erwähnten Gewächse ungesäet, ganz von selbst wachsen.

An Orten, wo dergleichen Merkmale nicht anzutreffen sind, hat man folgendermaſsen zu verfahren: Man grabe ein Loch in die Erde drey Fuſs lang und breit, und nicht unter fünf Fuſs tief, und gegen Untergang der Sonne setze man umgestürzt ein inwendig mit Öl ausgestrichenes kupfernes oder bleyernes Gefäſs — scaphium — oder Becken, was zuerst bey der Hand ist, hinein. Darauf decke man die Grube — fossura — oben mit Rohr oder Laub zu, und schütte Erde darauf; eröffne sie aber nicht eher wieder als den andern Tag. Finden sich alsdann Tropfen oder ein Schweiſs in dem Ge-fäſse; so ist Wasser an dem Orte anzutreffen.

Oder man stelle ein ungebranntes irdenes Geschirr in die Grube, und bedecke dieses auf die nehmliche Art: Falls Wasser an dem Orte befindlich ist, wird bey Eröffnung das Geschirr feucht, oder gar von der Nässe aufgelöſst seyn.

Auch kann man einen Flausch Wolle in die Grube legen. Ver-mag man an folgendem Tage daraus Wasser zu drücken, so ist dieſs ein Zeichen, daſs auch eine Ader davon an dem Orte vorhanden sey.

Ingleichen, setzt man eine wohl zurechtgemachte und mit Öl gefüllte Lampe brennend, aber bedeckt, in das Loch; und man findet sie am folgenden Tage, ungeachtet noch Öl und Dacht — ellychnium — vorräthig ist, verlöscht und mit Feuchtigkeit überzogen, so zeigt dieses gleichfalls an, daſs Wasser an diesem Orte vorhanden sey; denn Wärme zieht allemal die Feuchtigkeit an sich.

Im Originale steht zwar et postero die non erit exucta; ich berichtige die Stelle aber aus Palladius IX. tit. VIII. wo obiger Versuch fast mit Vitruvs Worten beschrieben ist, und lese et postero die erit extincta. Auch Plin. XXXI. 27. sagt, si lucerna sine defectu olei restincta — — Daſs im Vitruvischen Auszuge si lucens fuerit inventa gelesen wird — bezeugt nur, daſs dieser Auszug ohne gros-ses Nachdenken verfertiget sey. Gelegenheitlich bemerke ich, daſs gegenseitig auch Palladius an diesem Orte hier aus dem Vitruv zu berichtigen sey. Anstatt locus, ubi supradicta signa repereris, fodiatur etc. muſs gelesen werden: — signa non repereris.

Endlich, wenn man an diesem Orte Feuer anmacht, und es steigt, sobald die Erde erwärmt und erhitzt wird, daraus ein nebe-lichter Dunst auf; so ist daselbst ebenfalls Wasser befindlich.

Hat man diese Versuche angestellt, und die angegebenen Merk-male gefunden: so senke man an dem Orte einen Brunnen ab — puteus est deprimendus, — und trifft man auf eine Wasserquelle, so grabe man noch mehrere Brunnen da herum, und vereinige sie alle mit einander durch eine unterirdische Höhle.

Übrigens sind die Quellen vorzüglich in Gebirgen und in mit-ternächtlichen Gegenden zu suchen. Sie sind dort lieblicher, gesün-der und reichhaltiger; weil sie abwärts von der Sonnenbahn liegen, auch viele buschichte Bäume und die Berge selbst mit ihrem Schat-ten verhindern, daſs die Sonnenstrahlen nicht gerade in die Erde einzudringen und die Feuchtigkeit herauszuziehen vermögen. Es sammelt sich auch das Regenwasser vornehmlich in den Bergthä-lern, und hält der Schnee sich dort, wegen der Dichtigkeit der Wälder, im Schatten der Bäume und Berge desto länger; und schmilzt er endlich, so sintert das Thauwasser durch die Erdlagen hindurch, bis es unten zum Fuſse des Gebirges gelangt, wo es denn als eine sprudelnde Quelle hervorbricht.

In Ebenen hingegen kann es keine Wasseradern geben; oder giebt es auch dergleichen, so können sie doch nicht gesund seyn. Die heftige Sonnenhitze, der ganz und gar kein Schatten entgegen steht, zieht alle Feuchtigkeit der Fläche an sich: und, kommt den-noch eine Wasserader zum Vorschein; so nimmt der ungehinderte Luftzug die zartesten, reinsten und gesundesten Theilchen davon hinweg und verwehet sie in den Dunstkreis, und nur die schwe-ren, harten, unlieblichen Theilchen bleiben in der Quelle zurück.

ZWEYTES KAPITEL. Regenwasser.

Das Regenwasser ist deſswegen am gesündesten, weil es aus einer Auswahl der allerleichtesten und feinsten Theilchen aus allen Quellen besteht, welche, vermittelst der Bewegung der Luft geläutert, vom Sturme zusammen gedrückt, in Tropfen auf die Erde herabfallen.

Es regnet nicht so häufig in der Ebene, als im Gebirge und in dessen Nachbarschaft. Die Ursache ist diese: Die Dünste, welche beym Aufgange der Sonne von der Erde aufsteigen, treiben, nach welcher Himmelsgegend sie auch ziehen, die Luft vor sich hin. In-dem sie sich fort bewegen, lassen sie hinter sich eine Leere, welche sofort von zuströmender Luft wieder ausgefüllt wird. Diese herzu-strömende Luft treibt hinwiederum die vor ihr herziehenden Dünste und erzeugt also, nach Beschaffenheit der Umstände, sanfte Lüfte — spiritus, — Windstöſse — impetus — oder Stürme — undae crescentes ventorum. — Überall aber, wo der Wind wehet, entführt er aus den Quellen, Flüssen, und Sümpfen und aus dem Meere, wann die Son-nenhitze darauf ruhet, Dunstbläschen und bildet oben in dem Luft-kreise Wolken daraus. Stoſsen nun die Wolken, im Kampfe mit dem Luftstrome, gegen Gebirge, so zerplatzen sie ihrer Fülle und Schwere wegen, und ergieſsen sich also in Regen auf die Erde.

Daſs Dünste, Nebel und Feuchtigkeit aus der Erde entstehen, scheint daher zu rühren, weil diese sowohl groſse Hitze und heftige Winde, als auch starke Kälte — refrigerationes — und eine groſse Menge Wassers in sich hält. Wenn es Nachts nun kalt wird, so erhebt sich der Wind in der Finsterniſs, und von feuchten Orten stei-gen Gewölke empor, bis die Strahlen der aufgehenden Sonne den Erd-kreis treffen, und die von ihnen erwärmte Luft von der Erde die Feuchtigkeit sammt dem Thau in die Höhe zieht. Dieses läſst sich durch ein Beyspiel aus den Bädern erläutern. Es giebt bekannter-maſsen über dem Gewölbe der warmen Badezimmer — caldarium — keine Quellen; sondern die darin befindliche Luft — coelum — zieht, sobald sie vom Feuer im Ofen erhitzt wird, die wässerigen Dünste vom Fuſsboden an; erhebt sie, da die Hitze beständig in die Höhe steigt, mit sich bis zur gewölbten Decke, und hält sie da, weil sie leicht sind, ohne sie wieder hernieder sinken zu lassen, so lange empor, bis sie eine so groſse Menge gesammelt hat, daſs sie sie ihrer Schwere wegen nicht mehr zu halten vermag, sondern sie auf die Köpfe der Badenden herabtropfen lassen muſs.

Ganz auf gleiche Weise nun zieht auch die äuſsere Luft — coe-lestis aer, — sobald sie durch die Sonne erwärmt worden ist, allent-halben die Feuchtigkeit an sich und gesellt sie den Wolken zu; denn es dünstet die Erde, wenn sie erhitzt ist, nicht anders als der mensch-liche Körper bey groſser Hitze aus. Zum Beweise hievon dienen die Winde. Diejenigen, welche aus sehr kalten Gegenden kommen, wie der Nordwind und Nordostwind, sind im höchsten Grade trocken. Der Südwind aber und andere, welche von der Sonnenbahn herwe- hen, sind äuſserst feucht und bringen beständig Regen; bloſs weil sie ganz erhitzt aus heiſsen Gegenden kommen, überall alle Feuch-tigkeit auflecken, mit sich fortnehmen und den mitternächtlichen Ländern zuführen.

Anstatt propter brevitatem lese ich propter levitatem. Der Grund fällt von selbst in die Augen.

Daſs diesem also sey, bezeugen die Quellen der Flüsse, deren die meisten und gröſsten, wie auf den Landkarten — chorographiae — und in den Erdbeschreibungen zu sehen ist, gen Mitternacht ent-springen: Als erstlich in Indien, der Ganges und Indus, auf dem Berge Caucasus: In Syrien der Tyger und Euphrat: In Asien und Pontus, der Borysthenes, Hypanis, Tanais. In Colchis, der Phasis: In Gallien, der Rhodan: In Belgien, der Rhein: Diesseits der Alpen, der Timavus und Po: In Ita-lien, die Tyber: In Maurusien, das bey uns Mauritanien heiſst, auf dem Berge Atlas, der Dyris. Nachdem dieser gen Mit-ternacht entsprungen, läuft er westwärts bis in den See Eptabolus. Hier verändert er seinen Namen und heiſst Nigir. Wenn er aus dem See Eptabolus wieder heraustritt, verbirgt er sich unter öden Gebirgen; läuft dann südwärts und fällt in den See Colon, von welchem Meroe, ein Königreich in Süd-Äthiopien umzingelt ist. Endlich, nachdem er diesen Sumpf wieder verlassen hat, windet er sich — se circumagens per etc. — zwischen den Flüssen Astasoba und Astabora und noch anderen mehr hindurch und gelangt durch Gebirge zum Wasserfalle, wo er sich herunterstürzt, nordwärts fort-strömt bis er zwischen Elephantis und Syene und den Theba-ischen Gefilden Ägypten erreicht und Nil genannt wird. Daſs die Quellen des Nils wirklich in Mauritanien entspringen, läſst sich hauptsächlich daraus abnehmen, daſs es auf der anderen Seite des Bergs Atlas noch andere Quellen giebt, welche nach dem westlichen Ocean hin laufen, und worin gleichfalls Ichneumons, Krokodile und andere dergleichen Thier- und Fischarten, nur keine Fluſspferde — hippopotamus — befindlich sind.

“Daneben (d.i. neben Ägypten) an der Küste liegt Syrien, ehemals eines der gröſsten Länder, welches nach mehreren Beynamen abgetheilt war. Wo es an Arabien stöſst, hieſs es das Palästinische, Jüdische, das Tiefe — Coele — und endlich das Phönicische. Landeinwärts hieſs es das Damascenische; weiter gegen Mit-tag das Babylonische; zwischen dem Euphrat und Tiger das zwischen Flüs-sen liegende — Mesopotamia; — jenseits des Taurus das Sophenische, dies-seits das Komagenische; jenseits Armenien das Adiabenische, ehemals Assy-rische, und wo es mit Cilicien grenzt, das Antiochische. Dessen Länge zwi-schen Cilicien und Arabien beträgt 470,000. Schritt; dessen Breite von Seleucia Pie-ria bis Zeugma, eine Stadt am Euphrat, 175,000. Schritt. Einige machen eine genauere Eintheilung und sagen, das Phönizische werde von Syrien umgeben, und die Seeküste Syriens begreife das Idumäische, Jüdische, Phönizische und das eigentliche Syrien. Das ganze davor liegende Meer heiſst das Phönizische.” S. Plinius V. 13. Ich führe diese Stelle bloſs in der Absicht an, um den Vitruv gegen Perrault und Galiani zu rechtfertigen, welche beyde ihn des Irrthums theils be- theils entschul-digen, und in allem Fall anstatt Syria lieber Assyria lesen möchten. Alle diese drey Flüsse befinden sich, nach der neuern Geographie, in Europa. Borysthenes ist der Nieper: Hypanis, der Bog: und Tanais, der Don. Diodor von Sicilien B.I. K. 33. und Plinius B.V. K. 10. geben Meroe als eine vom Nil selbst gebildete Insel an. In der That ist sie nur eine Halbinsel; siehe die bey Bruce’s Reisen in das Innere von Afrika, nach Abyssinien an die Quellen des Nils befindliche Landkarte vom Laufe des Nils. Elephantis, Syene und die Thebaischen Gefilde lagen in Ober- Ägy-pten. Elephantis, oder auch Elephantine, eine Insel im Nil, worauf vor Zei-ten eine Stadt gleiches Namens gestanden hat, heiſst heut zu Tage Ell - Sag. Syene, eine Stadt am östlichen Nilufer, führt itzt den Namen Essuaen. Unter den The-baischen Gefilden, oder der Thebais, verstanden die Alten das mit Äthiopien grenzende Ober- Ägypten; von der Stadt Theben, oder Diospolis — bekannt durch die hundert Thore, — beym heutigen Luxor und Carnac, also genannt. Die merkwürdigen Alterthümer, die von Pococke und Norden an diesen Orten noch angetroffen worden sind, und welche, auſser denen auf der Insel Philä (Ell-Heiff) und noch anderen wenigen nebst den Pyramiden, Obelisken und dem Möris-See fast die einzigen bekannten sind, aus denen wir uns einigermaſsen einen anschauen-den Begriff von der Baukunst der alten Ägypter bilden können — verdienen in Pococke’s Description of the East, und in Norden’s Travels in Egypt and Nubia, betrachtet zu werden. Für uns Neuere verbirgt der Nil sein Haupt nicht mehr. Der erste Europäer, welcher als Augenzeuge uns die Nilquellen beschrieben hat, ist aller Wahrscheinlich- keit nach der thätigste und klügste aller Portugiesischen in Abyssinien je einge-drungenen Geistlichen P. Pays. Nach einer bey Athanasius Kircher (Oedip. Syntagm. I. c. VII. p. 57.) aufbewahrten umständlichen Nachricht, soll er schon im Jahre 1618. den 21 April die Nilquellen gesehen haben. Der erste Europäer aber, wel-cher die Nilquellen nach astronomischer Beobachtung bestimmt und die dritte Quelle, von welcher Pays nichts sagt, zugleich beschrieben hat, ist der Engländer James Bruce (im Jahre 1770. im November.) Dieser giebt nehmlich der Hauptquelle 36° 55′ 30″ östlicher Länge vom Meridian zu Greenwich, und 10° 59′ 25″ nördlicher Breite. S. Berichtigungen u. Zusätze zu Bruce’s Reisen u.s.f. S. 136 u. f. Die 3 Quellen des Nils liegen in Abyssinien in der Provinz Gojam im Distrikte Geesch. “Der Ort, wo diese Quellen liegen, ist ein groſser Sumpf; sie selbst aber entspringen aus kleinen Rasenhügeln, welche die Form eines Altars haben. Der Hügel der Hauptquelle ist 3 Schuh hoch und nicht völlig 12 Fuſs breit; er besteht aus festem Rasen, wird beständig in gutem Stande erhalten und ist von einem seichten Graben umgeben, der das Wasser aufnimmt und nach Osten zu abführet. Dieses ist der Altar, auf welchem die Agars ihre gottesdienstlichen Ceremonien verrichten. Die beyden ande-ren Altäre bestehen gleichfalls aus festem Rasen, sind aber einen Schuh niedriger als der Hauptaltar, und nur drey Schuhe breit. Das Wasser hatte den Altar der dritten Quelle fast ganz aufgelöſst; es stand in beyden Quellen bis an den Rand, und lief in kleinen schnell rieselnden Bächen nach den Graben der Hauptquelle, wo es vereinigt mit ihrem Wasser seinen Weg weiter fort nahm. — Der Nil nimmt von seinen Quel-len seinen Lauf mitten durch den Sumpf, kommt in die Ebene von Goutta, nimmt auf einem Wege von 20 Meilen eine Menge Quellen, Bäche und Flüsse auf, geht in einer Strecke von sieben Meilen durch den See Tzana, ohne die Farbe seines Stroms (d.i. die blaue Farbe; denn Nil bedeutet in der Landessprache blau) zu verlieren und sich mit dem See zu vermischen, kommt in die Landschaft von Dara, hierauf nach Begemder und Amhara, und schlieſset endlich, indem er ganz nach seinen Quel-len wieder zurückkehrt, und nur noch 62 Meilen davon entfernt ist, durch einen Cir-kel die Provinz Gojam ein. Hier fängt er schon an tief und reissend zu werden, und man kann ihn nur zu gewissen Jahrszeiten durchwaden. Er enthält hier schon eine Menge Krokodille. Sein Lauf geht jetzo nach den Grenzen des Gongas, wo er auf eine hohe Bergkette stöſst, durch welche er sich seinen Weg mit Gewalt bahnt, und einen 280 Fuſs hohen Wasserfall bildet. Der Nil passirt jetzt Sennaar, eine Menge

Da man nun auf den Landkarten — descriptio orbis terrarum — sieht, daſs die gröſsten Flüsse alle in Norden entspringen, und daſs die mittäglichen Afrikanischen Länder unter der Sonnenbahn die Feuchtigkeiten im Innern verborgen halten, und nicht viel Quellen und selten Flüsse haben: So folgt, daſs die Quellen gegen Norden, und Nordosten die allerbesten sind; es sey denn, daſs sie über schwe-feligen, alaunigen, oder harzigen Boden gehen; denn alsdann verän-dern sie sich und nehmen — ihr Wasser sey nun warm oder kalt — einen schlechten Geruch und Geschmack an. Übrigens ist die Wärme dem Wasser von Natur nicht eigen; sondern wenn das kalte Wasser in seinem Laufe auf brennend heiſse Stellen kommt, so wird ihm da die Wärme mitgetheilt und es geht aus der Ader unter der Erde ganz heiſs hervor. Es bleibt aber darum nicht lange also; sondern erkaltet in kurzer Zeit wieder: Wäre es jedoch von Natur warm, so würde sich dessen Wärme nicht wieder verlieren. Inzwischen Geschmack, Geruch und Farbe, welche das Wasser einmal annimmt, legt es nie wieder ab; weil sich diese ihm, wegen der vielen Zwischenräume — raritas, — ganz einverleiben.

von weiſsen Arabern bewohnter Städte, vereiniget sich mit dem Tacazze, hierauf mit dem Astaboras, kommt nach Korti, der ersten Stadt in dem Barabra, oder König-reiche Dongola, gelangt nach Moscho; stöſst auf eine Kette Berge, über die er herabstürzt und den siebenten Wasserfall, Jan Adel genannt, bildet; passirt zwey kleine Ägyptische Garnison- Städte Ibrim und Deir, kommt in die Landschaft der Kennous, bildet den achten Wasserfall, und nimmt endlich seinen Lauf durch Ägyp-ten.” S. Cuhn’s Auszug aus Bruce’s Reise u.s.f. Seite 318 u.f. Auch Pharaonsratze, genannt. Ein in seinem äuſseren Wesen dem Iltis ähn-liches Thier in Ägypten und Ostindien. Es sucht die Krokodileyer im Sande auf und verzehrt sie. Das Hippopotamus heiſst auch Nilpferd, weil es sich ehemals besonders häufig um den Nil aufhielt. Man sieht es jetzt überhaupt selten und am Nil fast gar nicht mehr, weil es eine groſse Furcht vor dem Feuergewehr hat und durch dessen öfteren Gebrauch dort vertrieben worden ist. Es ist das gröſste Landthier nach dem Elephanten; kann aber auch unter dem Wasser leben. Mit dem Pferde hat es nicht die geringste Ähnlichkeit, als eine beynahe wiehernde Stimme. Mehr davon siehe in Funke’s Naturgeschichte und Technologie 1. Theil, S. 146.
DRITTES KAPITEL. Eigenschaften einiger Quellen.

Es giebt einige warme Quellen, deren Wasser vom besten Geschmack und so angenehm zu trinken ist, daſs man dabey weder das Quell-wasser der Camönen, noch das Marcische Springwasser ver- miſst. Sie entstehen von Natur auf folgende Weise. Wenn durch Alaun, oder Harz, oder Schwefel im Innern der Erde sich ein Feuer entzündet; so macht dieses alles Erdreich um sich her glühend, über sich aber treibt es einen heiſsen Dampf empor. Trifft es sich nun, daſs Quellen süſsen Wassers darüber entspringen, so macht der dage-gen schlagende Dampf diese kochen und sie quellen unverdorben an Geschmack hervor.

Vor dem Capenischen Thore zu Rom. Die Quelle entsprang in einer finstern Höhle, im Mittel eines Hains, welcher von dem Numa den Camönen geweihet worden war. “Nach dem lauten Urtheil unsrer Stadt ist das Marcische Wasser unter allen Wassern auf der Welt in Absicht auf Kälte und Gesundheit, das beste, und gehört mit zu den übrigen Göttergeschenken Roms. Ehedem hieſs dieses Wasser das Au-fejische, die Quelle selbst aber die Pitonische. Es ent@pringt auf den äuſsersten Bergen der Peligner, flieſst durch der Marser Gebiet und durch den Fucinischen See und richtet seinen Lauf gerade auf Rom. Darauf stürzt es sich in einen unterir-dischen Gang, zeigt sich wieder in der Tiburtinischen Gegend und wird dann auf Schwibbögen in einer Weite von neun tausend Schritten nach Rom geleitet. Ancus Marcius, einer von den Königen, kam zuerst auf die Gedanken, es in die Stadt zu leiten. Nachher Q. Marcius Rex, als Prätor. M. Agrippa stellte die Wasser-leitung wieder her.” Also Plinius XXXI. 24. Da aber unterm Ancus Marcius das Römische Reich sich bey weitem noch nicht bis zu den Pelignern erstreckte;

Aber es giebt auch kalte Quellen, welche keinen guten Geruch und Geschmack haben. Sie entspringen tief unter der Erde, gehen durch brennend heiſse Stellen hindurch, kommen aber erst, nachdem sie noch weit unter der Erde fortgelaufen sind und sich wieder abgekühlt haben, an Geschmack, Geruch und Farbe verdorben, zu Tage hervor: Als auf dem Tiburtinischen Wege der Albula Fluſs; und im Ardeatischen Gebiete die kalten Quellen von gleichem Geruche mit den sogenannten Schwefelbrunnen — ſontes sulphu-rati; — und an anderen Orten mehr. Ob diese gleich aber kalt sind, so scheinen sie dem Ansehen nach dennoch zu sieden; denn, indem sie unten in der Tiefe auf eine brennendheiſse Stelle kommen, wo Feuer und Wasser beym Zusammentreffen einander bekämpfen, so nehmen die Wasseradern von dem heftigen Geprassel eine Menge Luft ein, welche sie aufschwellt, mit Heftigkeit forttreibt, und also verursacht, daſs sie aufwallend und Blasen werfend hervor sprudeln. Sind dergleichen Quellen nicht am Tage; sondern entweder in Fel-sen oder eine andere Masse eingeschlossen: So treibt der Druck der Luft sie durch enge Adern bis zum Gipfel der Hügel in die Höhe, und läſst sie da hervorbrechen. Glaubt man nun aber, man könne oben auf diesen Hügeln Wasserquellen haben und erweitert die Adern; so findet man sich betrogen. Denn, gleichwie ein küpfer-nes Geschirr, das nicht bis oben an den Rand, sondern bloſs zwey Drittel seines Gehalts mit Wasser angefüllt und mit einem Deckel zugedeckt ist, sobald es des Feuers heftige Hitze empfindet, selbige sogleich dem Wasser mittheilt; dieses aber, indem es, wegen seiner Zwischenräume — raritas — die Hitze einnimmt und davon anschwellt, nicht allein das ganze Geschirr erfüllt, sondern vermittelst seines Dam-pfes den Deckel aufhebt und höher emporsteigend überläuft; allein, sobald es vom Deckel befreyet ist und in die freye Luft ausdampft, gleich wieder zu seiner vorigen Höhe hinabsinkt: Eben also steigt auch das Wasser der enge eingeschlossenen Quellen, vermittelst der Luft Gewalt aufwallend, in die Höhe; sobald aber dessen Adern erweitert werden, so daſs die in den Zwischenräumen der flüssigen Masse enthaltene Luft verſliegen kann; so nimmt es sofort die, seiner Schwere angemessene waagrechte Lage wieder an.

auch mit dessen damaliger Gröſse die Kosten einer solchen Wasserleitung in keinem Verhältnisse stehen: So sind die Gelehrten einig, daſs Plinius sich geirrt habe, wenn er hier den Ancus Marcius als den Urheber der Marcischen Wasserleitung nennt; um so mehr, da Frontin (Art. 4.) ausdrücklich sagt: “Vierhundert und ein und vierzig Jahre nach Erbauung der Stadt begnügten sich die Römer bloſs mit dem Wasser, das sie aus der Tiber, aus Brunnen, und aus Quellen schöpften.” Und fer-ner Artikel 7:” Im Jahre 608. nach Erbauung der Stadt, unter dem Consulate des Ser. Sulpitius Galba und des L. Aurelius Cotta, gab der Senat dem Mar-cius, welcher damals Prätor Peregrinus war, den Auftrag, die Appische und die Anio- Wasserleitung, welche durch die Länge der Zeit wandelbar geworden, auch unerlaubter Weise von Privatpersonen abgeleitet worden waren, auszubessern und zu vindiciren. Und weil wegen Vergröſserung der Stadt auch ein gröſserer Wasservorrath erforderlich schien, wurde demselben zugleich vom Senate Befehl ertheilt, Rom durch irgend eine beträchtlichere Wasserleitung mit mehrerem Wasser zu versorgen. Mar-cius leitete hierauf das Wasser herbey, welches nach ihm das Marcische heiſst. Wir lesen beym Fenestella, daſs zu diesen Werken ihm 804 Sestertien (d.i. 2,510000 Rthlr.) angewiesen worden sind.” — Ja, was noch mehr ist, Buch XXXVI. K. 24. §. 9. zeugt Plinius selbst wider sich, indem er sagt: “Doch wir wollen die, einer wahren Schätzung nach, noch unübertroffenen Wunderwerke des Q. Marcius Rex beschrei-ben. Dieser erhielt vom Senate den Auftrag, die Appische, die Anio- und die Tepulische Wasserleitung zu repariren, und legte auch noch eine ganz neue an, welche nach seinem Namen benannt und, ungeachtet er Gänge durch Berge trieb, gleichwohl noch während seiner Prätur vollendet wurde. u. s. f.” Galiani macht hier folgende Anmerkung: Albula è quel fiumicino, che sgorga a tre miglia da Tivoli, e forma un mediocre laghetto detto i bagni di Tivoli. Quest’ acqua genera una spuma, o crusta, la quale resta a galla, e forma diverse isolette fin con dell’ erbe, ed arbuscelli; le quali spinte, dal vento cambiano fre-quentemente sito, e sono perciò dette isole natanti. Le pietre Tiburtine, comu-nemente in Roma dette Trevertino, ivi si cavano. E chi non le crederebbe un deposito, o una concrezione della medesima acqua. Fu quest’ acqua una volta in uso per gli baqui, frequentati fin anche da Augusto e da Nerone. Benchè fussero, e sieno comunemente dette Solfurce, sono più tosto aluminose, come le credette Galeno, Celio Aureliano, e le sperimentò il Baccio, de Thermis, cap.9.lib. V.

Alle warme Quellen sind Gesundbrunnen — aqua medicamen-tosa: — weil sie von den Materien, worin sie im Durchlaufen gekocht werden, mancherley heilsame Eigenschaften annehmen. So helfen die Schwefelhaltigen Quellen — sulphurosi fontes — wider Nervenkrankheiten, indem sie vermittelst der Hitze die schädlichen Säfte im Körper erst in Bewegung setzen und dann vertreiben: Die Alaunhaltigen — aluminosi — stellen die von dem Schlagflusse — para-lysis — oder irgend einer anderen Krankheit gelähmten Glieder wie-der her, indem sie erwärmen und vermittelst der entgegen gesetzten Kraft ihrer durch die offenen Poren — venae — eindringenden Wärme die Verkältung heben, wodurch sofort wieder die alte Gelenksam-keit der Glieder bewirkt wird: Die harzigen — bituminosi — endlich heilen, wenn sie getrunken werden, innere Schäden des Körpers, indem sie purgiren.

Es giebt eine Art kalten Wassers, welches Salpeter enthält — nitrosus; — als zu Pinna Vestina, zu Cutiliä und anderer Orten mehr. Wenn es getrunken wird, so purgirt es und ist zugleich von heilsamer Wirkung gegen den Kropf — struma.

An Orten, wo Gold- Silber- Eisen- Kupfer- Bley- und and re Bergwerke sind, da giebt es zwar häufige Quellen; allein sie sind meistentheils ungesund. Ihr Wasser ist gewöhnlich von ganz entge-gen gesetzten Eigenschaften, als das warme Wasser der schwefeligen, alaunigen und harzigen Quellen. Wofern man es trinkt, so pflegt es beym Durchgange durch den Körper, indem es sich durch die Adern verbreitet, auf die Nerven und Gelenke — artus — zu fallen, sie auf-zutreiben und zu verhärten; die Nerven, nachdem sie aufs Äuſserste aufgetrieben, ziehen sich durch die Länge der Zeit endlich zusammen und so werden die Menschen davon contract — neuricus — oder podagrisch, weil die feinen Gefäſse durch sehr harte, dichte und kalte Unreinigkeiten verstopft sind. Eine Art solchen Wassers giebt es, deren Adern eben nicht sehr klar sind, daher ein Schaum, wie Rahm — flos, — und einem purpurnen Glase an Farbe gleich, oben darauf schwimmt. Man sieht sie vorzüglich zu Athen, wo die Springbrunnen von dergleichen Orten und Quellen her sowohl in die Stadt selbst, als auch in den Hafen Piräeus geleitet sind, weſs-wegen auch niemand daraus trinkt, und sie bloſs zum Waschen und sonst zu anderem Gebrauche dienen. Das Trinkwasser aber nimmt man aus Ziehbrunnen und vermeidet also jene böse Wirkung. Zu Trözen ist dieſs jedoch nicht möglich, weil dort schlechterdings kein anderes Wasser, als was solche ungesunde Quellen — cibdeli — geben, zu finden ist; daher denn auch in dieser Stadt alles, oder doch der gröſse Theil an den Füſsen leidet. Zu Tarsus in Cilicien hinwiederum ist ein Fluſs, Namens Cydnos, welcher die Schmer-zen der Podagristen, welche die Füſse darin baden, lindert.

Es giebt noch mehrere Gattungen Wassers von besonderen Eigen-schaften: als in Sicilien ist der Himera Fluſs, der nicht weit von seinem Ursprunge sich in zwey Arme theilt, deren Einer Etrurien gegen über ausſlieſst und ungemein süſs schmeckt, weil er durch einen süſsen Boden läuft; der Andere aber, dessen Lauf durch eine Gegend geht, wo Salz gegraben wird, einen salzigen Geschmack hat. Desgleichen giebt es in der Parätonischen Landschaft, und da, wo der Weg nach dem Tempel des Hammon geht, auch am Berge Casius auf der Ägyptischen Grenze — morastige Seen, welche so salzig sind, daſs auf ihrer Oberfläche das Salz fest wird. Auch noch an mehreren Orten giebt es Quellen, Flüsse und Seen, welche darum, weil sie durch Salzgruben gehen, nothwendig salzig werden. Andere hingegen, welche durch fette Erdlagen flieſsen, brechen ganz ölig hervor: als zu Solö, einer Stadt in Cilicien, der Liparis Fluſs; diejenigen, welche darin schwimmen oder baden, werden bloſs vom Wasser geölt. Ingleichen ist in Äthiopien ein See, welcher die darin Badenden mit Öle überzieht: Ein anderer ist in Indien, der bey hei-terem Wetter eine groſse Menge Öls von sich giebt. Ferner ist zu Carthago eine Quelle, auf deren Oberfläche ein Öl schwimmt, das wie geriebene Citronenschale — scobs citreus — riecht, und womit man die Schafe zu schmieren pflegt.

Ich lese mit Fea: contra Etruriam, anstatt contra Aetnam; weil diese Lese-art, mit dem wahren Laufe des Flusses übereinstimmt. Übrigens standen in Anse-hung des Himera Flusses die Alten in einem Irrthume, dessen sich auch Vitruv hier schuldig macht, und welcher in folgender Stelle aus Bartels Briefen über Kalabrien und Sizilien, 2. Th. S. 18 u.f. nicht allein gerügt, sondern auch berichtiget wird: “Vall di Noto faſst in einem Umkreise von 260 Millien den südöstlichen Theil der Insel in sich: gegen Osten macht der Fluſs Giarretta die Grenze, gegen Süden der Fluſs Salso, der bey Alicata ins Libysche Meer flieſst. In der alten Geschichte hieſs dieser Fluſs Himera, daher entstand der Irrthum, daſs man beyde Flüsse für Einen und denselben hielt, der von Süden bis Norden Sizilien durchschnitte, und also zwo Inseln aus dem Lande bildete. Es wird Ihnen indessen bekannt seyn, wie wenig gegründet diese Meinung ist, und wie weit von einander entfernt die Quellen beyder Flüsse sind. Es dämmt sich eine grosse Bergreihe zwischen ihnen, die vor dem das Gebirge Nebrodes oder Maro genannt ward, jetzt aber bey den Sizilianern Madunia heiſst. An ihrem südöstlichen Abhange, 20 Millien vom nördlichen Ufer der Insel, hat der Salso Fluſs, einer der gröſsten Siziliens, seinen Ursprung: der Termini Fluſs hingegen entspringt am nordwest-lichen Abhange dieser Gebirge und flieſst ins Tyrrhenische Meer. Der salzige Geschmack des Wassers, der von den vielen in dieser Gegend befindlichen Salzgruben herrührt, gab dem Flusse den heutigen Namen. Schon bey den Alten erhielt er durch diese Eigenschaft einen Beynamen. Diodorus Siculus z.B. nennt ihn den salzigen Fluſs.”

Auf Zacynth und um Dyrrachium und Apollonia giebt es Quellen, worin mit dem Wasser eine groſse Menge Theer — pix — aus der Erde hervorspringt.

In Babylonien schwimmt auf der Oberfläche eines Sees, der von einem sehr groſsen Umfange ist und Limne-Asphaltitis heiſst, ein flüssiges Erdharz, aus welchem nebst Brandsteinen, Semiramis die Ringmauern Babylons erbauet hat.

Ingleichen sind bey Joppe in Syrien und in dem Nomadi-schen Arabien Seen von ungeheurer Gröſse, welche groſse Stücke Erdharz auswerfen, die von den Anwohnern aufgelesen werden. Man darf sich hierüber nicht wundern, denn es giebt dort häufig Gruben, worin hartes Harz gewonnen wird: Wenn nun das Wasser mit Ge-walt durch das harzige Erdreich hindurch bricht; so reiſst es von dem Harze mit sich fort, scheidet sich aber, wenn es zu Tage aus-flieſst, wieder davon und setzt es ab.

Siehe oben Buch I. Kap. 5. Seite 41. Note q) Perrault, der sich bey Numidae nichts weiter, als den Namen der Nation in Afrika dachte, übersetzt das Arabia Numidarum des Textes durch l’ Arabie proche de l’ Afrique. La Numidie, sagt er in einer Note, “étant assez éloignée de toute les Arabies pour faire qu’ elle ne puisse signiſier ici autre chose que l’ Afrique qui étoit anciennement nommée du nom de quelqu’ une de ses provinces comme de la Libye et des autres.” Galiani übersetzt wörtlich: L’ arabia de’ Numidi ohne dabey etwas anzumerken. — Nach Plinius B. V. K. 2. hieſsen Numidae bey den Griechen Nomades, weil sie der Weide wegen, ihren Standort immer veränderten, und ihre Zelte d.i. Häuser, auf Wagen mit sich herumführten. Vitruvs Arabia Numidarum ist kein anders, als des Plinius Arabia Nomadum, dem See Asphal-

Auch liegt in Kappadocien, auf dem Wege von Mazaka nach Tuana, ein groſser See. Legt man Rohr oder sonst derglei-chen etwas, mit dem Einen Ende in diesen See: so ist Tags darauf, wenn man es wieder heraus nimmt, dieses Ende versteinert; das andere hingegen, welches auſser dem Wasser geblieben ist, hat seine eigenthümliche Beschaffenheit behalten.

Bey Hierapolis in Phrygien kochen heiſse Quellen in Menge auf. Man leitet sie in Kanälen um Gärten und Weinberge. Nach Verlauf eines Jahres sind sie zu einer Steinrinde erhärtet. So-dann führt man jährlich rechts und links von Erde Einfassungen auf; läſst aufs neue diese Wasser hinein laufen; und verfertiget also vermittelst solcher Rinden die Befriedigungen der Felder. Nach meiner Einsicht geht dieses folgendermaſsen natürlich zu: An den Orten, wo jene Wasser entspringen, ist in dem Erdreiche ein Saft von einer gerinnenden Beschaffenheit vorhanden. Quillt nun diese Substanz mit dem Wasser vermischt aus der Erde hervor; so wird sie durch die Wärme der Sonne und der Luft zu bestehen — con-gelari — genöthiget; wie dieſs ebenfalls in den Buchten — areae salinariae — mit dem Salze geschieht.

tites gegen Morgen gelegen (B.V. K. 15.), dessen Bewohner er B. VI. K.30. Noma-des Arabiae nennt, und sagt, daſs sie über den Sceniten in der Gegend, welche der Euphrat umflieſst, bis zu den Wüsten Syriens, wo er sich gegen Mittag wendet und die Palmyrenischen Einöden verläfst, wohnen. — Newton übersetzt: Arabia of the Numidians — und macht die Anmerkung dabey: A part of Arabia formerly possessed by the Numidians, an African people inhabiting the Shore of the Mediterranean Sea, near Algiers. Siehe Chandlers Reisen in Klein- Asien S. 325 u. f. der Deutschen Übersetzung.

Andere Quellen sind wieder, wegen der bittern Säfte des Bodens, worin sie entspringen, ganz bitter. Als in Pontus der Hypanis Fluſs. Er flieſst von seinem Ursprunge an fast vierzig Meilen und ist vom süſsesten Geschmacke; darauf aber gelangt er, 160 Meilen von seinem Ausflusse, zu einem Orte, wo sich ein Quellchen mit ihm vermischt, das, so äuſserst klein es auch ist, dennoch von der Stelle an, wo es hinein fällt, den ganzen groſsen übrigen Strom bitter macht. Die Bitterkeit dieser kleinen Quelle rührt davon her, daſs sie durch Erdlagen flieſst, worin Sandarach gegraben wird.

Daſs diese Verschiedenheit des Geschmacks vermittelst der be-sonderen Eigenschaften des Erdreichs entstehe, sehen wir auch an den Früchten. Wofern nicht die Wurzeln der Bäume oder Wein-stöcke oder anderer Gewächse den Saft zur Erzeugung der Früchte aus des Bodens besonderen Eigenschaften zögen; so würden auch überall, in allen Ländern, die Früchte von einerley Geschmack seyn. Wir bemerken aber, daſs die Insel Lesbos Protyrer - Wein; Mäo-nien Katakekaumener; Lydien Meliter; Sicilien Mamertiner; Campanien Falerner; Terracina und Fundi Cäcuber; und noch andere Orte mehr unzählige andere Arten Weine von ganz ver-schiedenen Eigenschaften zeugen. Es müssen also wohl nothwendig des Bodens Säfte sammt ihrem eigenthümlichen Geschmack in die Wurzeln eindringen, und nicht allein dem Holze Nahrung geben; sondern auch bis zum Wipfel empor s@eig@n und den Früchten des Orts und der Gattung eigenen Geschmack mittheilen. Gesetzt aber, des Erdbodens Säfte wären nicht verschieden von einander, noch ungleichartig: So würde es auch nicht bloſs in Syrien und Ara-bien wohlriechende Röhre, Binsen und Kräuter geben, oder Sträuche und Bäume, welche Weihrauch oder Pfefferkörner — piperis baccae — oder Myrrhen tragen; noch würde bloſs zu Kyrenä der Lasersaft in Steckenkraute — ferula — gezeugt werden; sondern überall in der ganzen Welt würde alles von einerley Art wachsen. Diese Verschie-denheiten aber nach den Gegenden und Orten entstehen bloſs vom Klima. Der nähere oder fernere Abstand der Sonne bewirkt den Unterschied der Erdsäfte, deren mannichfaltige Beschaffenheit sich auch nicht bloſs in eben erwähnten Dingen äuſsert; sondern selbst in dem kleinen und groſsen Vieh; denn auch unter diesem würde kein so groſser Unterschied Statt finden, wofern nicht in jeder Gegend die besondere Beschaffenheit des Erdbodens von der Kraft der Son-nenstrahlen bestimmt würde. So sind z. B. in Böotien die Flüsse Kephysus und Melas; in Lucanien der Cratis; in der Land-schaft von Troja der Xanthus; in dem Gebiet der Klazomenier, Ery- threer und Laodikeer andere Quellen und Flüsse: Wenn zu densel-ben die Schafe zur Begattungszeit täglich zur Tränke getrieben wer-den; so fallen, wie weiſs sie immer selbst seyn mögen, dennoch ihre Jungen hier falb — leucophaeus, — dort braun — pullus — und ander-wärts rabenschwarz — coracino colore; — weil die eigene Beschaf-fenheit des Wassers, indem sie in den Körper eindringt, ihre beson-dere Eigenschaft darin fortpflanzt. Darum sollen auch die Ilier, weil im Trojanischen Gefilde zunächst dem Flusse alle Rinder roth — rufus — und die Schafe falb geboren werden, den Fluſs Xanthus (d. i. den Blonden) benannt haben.

Nehmlich in den Buchten am Meere, welche dazu eingerichtet sind, daſs das Seewasser sich darin aufhalten und verdünsten muſs; wodurch das Meer- oder Bojsalz erhalten wird. Vielleicht Teufelsdreck oder stinkender Asant (assa foetida.) Siehe davon Plinius B.XIX. K. 15 u.f. Von den Menschen Skamandros genannt und Xanthos im Himmel. Homer Ilias XX, 73. der Stolbergischen Übers Im Jahre 1787 hat Herr Le Chevalier in der Ebene von Troja bey Bunarba-schi, einem Türkschen Dorfe, die vom Homer (Ilias XXII. 144. etc.) beschriebenen aber bisher unbekannten Quellen dieses Flusses, und, in der Nähe dabey, die Stelle von Troja entdeckt. Siehe davon die höchst interessante Beschreibung der Ebene von Troja mit einer auf der Stelle aufgenommenen Charte u. s. w. von Hrn. Le Chevalier u. s. f. Aus dem Englischen übersetzt und mit Vorrede, An-

Man findet sogar auch tödtliche Wasserarten. Diese erhalten ihr Gift, indem sie durch schädliche Erdsäfte hindurch flieſsen. So, sagt man, sey zu Terracina eine Quelle gewesen, welche die Nep-tunische geheiſsen: ein jeder, der unvorsichtiger Weise daraus ge-trunken, sey davon gestorben; weshalb sie denn vor Alters zugewor-fen worden sey. Auch bey Kychri in Thracien ist ein See, der nicht allein die, welche daraus trinken, sondern auch die, welche darin baden, tödtet. Ingleichen entspringt in Thessalien eine Quelle, der kein Thier sich nur nähern, geschweige daraus trinken darf; an deren Ufer jedoch ein Baum befindlich ist, der purpurfarben blühet. Nicht minder vereinigen sich in Macedonien, an dem Orte wo Eu-ripides begraben liegt, zwey Bäche, welche von der rechten und linken Seite des Grabmals herkommen: An dem Einen pflegen die Wanderer sich zu lagern und daraus bey ihrem Mittagsmale zu trin-ken, so gut ist dessen Wasser! Dem Anderen aber, auf der anderen Seite des Grabmals nähert sich kein Mensch, weil sein Wasser tödt-lich seyn soll. Ferner ist in Arkadien eine Landschaft, welche No-nakris heiſst; hier tröpfelt in den Gebirgen aus einem Felsen ein sehr kaltes Wasser, welches Styxwasser — stygos hydor — ge- nannt wird. Es bleibt in keinem Gefäſse weder von Silber noch Kupfer, noch Eisen; sondern zersprengt es und läuft aus. Bloſs ein Mauleselhuf mag es fassen und halten; und in einem solchen soll es auch Antipater durch seinen Sohn Iollas nach der Provinz, wo Alexander war, geschafft und den König damit hingerichtet haben. Auf den Alpen, in dem Reiche des Cottus, ist ein Was- ser, wovon ein jeder, der es nur kostet, auf der Stelle todt nieder-fällt. Im Falisker Gebiete aber, an der Campanerstraſse, auf dem Cornetus-Felde, ist ein Hain, worin eine Quelle entspringt, in welcher man ganz deutlich Gerippe von Unken — anguis — Eidech-sen und anderen Schlangen sieht.

merkungen und Zusätzen des Hrn. Hofrath Heyne begleitet. Mit vier Charten. Leipzig 1792. 8. Diese Ableitung des Namens Xanthus spricht für des Doctors Clarke Mei-nung: daſs der Name, den die Gelehrten dem Flusse gegeben haben, vom Homer als der göttliche, und der Name des gemeinen Sprachgebrauchs als der mensch-liche angegeben worden sey. Aus dem Plinius B. IV. K. 14. und XXXI. K. 19. erhellt, daſs diese Quelle Orkos hieſs. “In der Gegend des Thessalischen Tempe, sagt er B. 31. K. 19, ist ein Wasser, dessen Anblick jedem ein Schrecken verursacht; und man sagt, daſs es Erz und Eisen zernage. Es flieſst, wie ich bereits gesagt habe (B. IV. K. 15.) nur eine kleine Strecke fort; und merkwürdig ist es, daſs ein wilder Schotenstrauch, der beständig purpurfarbene Blüten trägt, diese Quelle mit seinen Wurzeln einfassen soll.” Im IV. Buche K. 15. aber fährt er, nachdem er Tempe und den Peneus beschrie- ben hat, also fort: “Er (Peneus) nimmt den Orkos auf, vermischt sich aber nicht mit demselben; sondern trägt ihn, wie Homer sich ausdrückt, nur eine kleine Strecke, wie Öl auf ihm schwimmend, fort, und setzt dann, sich weigernd dieſs verdammte und von den Furien erzeugte Gewässer seinem Strome einzuverleiben, denselben wie-der ab.” Ich lese dextra ac sinistra monumenti advenientes duo rivi concurrunt, ad unum accumbentes viatores etc. Indem ich das Comma, welches gewöhnlich erst hin-ter unum steht, hinter concurrunt setze, und ad anstatt in lese, erhält diese Stelle, vermittelst des Gegensatzes ad unum — ad rivum autem, — die Deutlichkeit, welche ihr bisher fehlte. Übrigens gedenkt auch Plinius B. 31. K. 19. der obenerwähnten Bäche. Siehe Plinius B. 2. K. 106. B. 30. K. 53. und B. 31. K. 19. Siehe Justin. XII. 14.

Es giebt auch Sauerbrunnen — acidae venae fontium, — als im Lyncestischen, in Italien, bey Velina; in Campanien bey Teanum, und anderen Orten mehr. Ihr Wasser hat die Tugend, daſs wenn es getrunken wird, es den Blasenstein, der sich im menschlichen Körper erzeuget, vertreibt. Es scheint mir dieses auf solche Weise natürlich zuzugehen: Ein scharfer, saurer Saft befindet sich im Erd-reiche, wodurch jene Wasser flieſsen, und theilt denselben seine Säure mit: Wenn sie nun in den Körper kommen, so lösen sie jeden Absatz anderer Wasser, und jede Verhärtung, die sie darin antreffen, auf. Daſs dergleichen Dinge aber durch Säuren aufgelöſst werden, sieht man aus Folgendem: Legt man ein Ey einige Zeit lang in Essig, so erweicht sich dessen Schale und löſst sich auf. Ferner, legt man Bley, das doch sehr dehnbar — lentus — und schwer ist, in ein Gefäſs über Essig, und bedeckt und verkleibt das Gefäſs; so löſst das Bley sich auf und wird zu Bleyweiſs: Verfährt man auf gleiche Weise mit Kupfer, welches noch von einer festern Beschaffenheit ist; so wird es zerfressen und in Grünspan verwandelt; Ja Perlen und Kieselsteine, welche weder Eisen noch Feuer an und für sich zu zerlegen vermag, springen dennoch und lösen sich auf, sobald sie von Feuer durchglühet und mit Essig besprengt werden. Sehen wir dergleichen nun vor unseren Augen sich eräugnen, so können wir auch füglich schlieſsen, daſs vermittelst der Schärfe des Safts durch Säuren ebenfalls die am Steine Leidenden ganz natürlich kurirt werden können.

Noch giebt es Quellen, welche gleichsam mit Weine vermischt sind. Eine dergleichen befindet sich in Paphlagonien: Wer daraus trinkt, wird auch ohne Wein trunken.

Zu Equiculi in Italien, und auf den Alpen im Lande der Meduller, giebt es eine Art Wassers, welche denen, die es trinken, dicke Hälse macht.

In Arkadien liegt eine sehr bekannte Stadt Klitori, in deren Gebiet aus einer Höle ein Wasser flieſst, wovon denen, welche es trinken, der Wein zuwider wird. Neben der Quelle ist in Stein eine Inschrift in Griechischen Versen gehauen des Inhalts: Diese Quelle tauge nicht allein nicht zum Baden, sondern sey auch dem Weinstocke schädlich, weil Melampus an derselben durch Opfer des Prötus Töchter von ihrer Raserey gereiniget und sie wiederum zu Verstande gebracht habe. Hier ist die Inschrift selbst (übersetzt):

Treibt am Mittag, o Hirt, Dich zusammt der wolligen Herde Zu des Klitorischen Quells duftender Höle der Durst:

So magst Du mit dem Nasse zwar Deine Begierde wohl stillen, Auch der Najaden Chor sicher vertrauen Dein Vieh;

Aber, gewarnt, steig ja nicht in die Fluten zum Bade!

Dein bemächtigt sich sonst Scheu des erfreulichen Weins. Fliehe, fliehe den Quell, den Hasser des Saftes der Traube!

Des Amithaons Sohn reinigte einsten von Wuth Prötus Töchter in ihm; zog mit den Geheilten gen Argos; Kehrte jedoch zu dem Sitz in dem Gebirge zurück.

Ich darf nicht erst erinnern, daſs obige Inschrift weder mit dem was kurz zuvor Vitruv, noch was Ovid, Verwandl. XV. 321. ff. und Plinius XXX. 13. von der Quelle sagen, übereinstimmt. Aber anzeigen muſs ich, daſs sowohl diese als die beyden folgenden Griechischen Inschriften in den Handschriften Vitruvs feh-len; aber aus dem Isigonus, einem alten Schriftsteller, der vom Wasser geschrie-ben hat, wieder hergestellt worden sind. Bey Newton finde ich jedoch angemerkt:

Auf der Insel Chios ist eine Quelle, welche die, welche unvor-sichtigerweise daraus trinken, dumm macht. Auch hier ist eine In-schrift eingehauen des Inhalts: Angenehm sey zwar das Wasser zu trinken, aber es versteinere des Trinkers Sinn. Hier sind die Verse (übersetzt):

Kühlend ist zwar und lieblich zu trinken das Wasser der Quelle; Aber es wandelt in Stein plötzlich des Trinkenden Sinn.

Zu Susa, der Hauptstadt des Persischen Reichs, ist eine Quelle, welche macht, daſs denen, die daraus trinken, die Zähne ausfallen. Hier ist gleichfalls eine Inschrift, welche sagt: Zum Baden sey zwar das Wasser vortrefflich; allein dem, der es trinke, fallen die Zähne darnach aus. Auch diese Inschrift ist Griechisch und lautet (über-setzt) also:

Fremdling, Du schauest ein scheuslich Gewässer! Du badest die Glieder Sonder Gefahr in der Flut dieses erfrischenden Quells;

Aber trinkst Du vor Durst sein flüssiges Silber hinunter, Netzest den äuſsersten Rand auch nur der Lippen damit:

Augenblicklich entfallen dem Munde die schneidenden Zähne Selbst an der Malmenden Statt bleiben nur Hölen zurück.

I have however seen them in two very ancient manuscripts of Vitruvius, in the British Museum.
VIERTES KAPITEL. Besondere Eigenschaften einiger Orte und Quellen.

An einigen Orten giebt es sogar Quellen, welche den dort Einge-bornen vortreffliche Singestimmen geben; als zu Tharsus, Mag-nesia und anderen dergleichen Orten mehr.

Zwanzig Meilen von Zama, einer Stadt in Afrika, welche König Iuba mit einer doppelten Ringmauer umgeben und wo er sein Resi-denzschloſs erbauet hat, liegt das Städtchen Ismuk, dessen Län- dereyen von einer unglaublich eigenen Beschaffenheit sind; denn, obgleich Afrika allerley giftige Thiere, zumal Schlangen, erzeugt und ernährt: so giebt es dennoch dergleichen ganz und gar nicht in dem Gebiete dieses Städtchens; und bringt man welche von anderwärts dahin, so sterben sie sogleich. Ja, nicht bloſs dort an Ort und Stelle; sondern überall wohin man Erdreich aus dieser Gegend bringt, äus-sert sich dieselbe Wirkung. Auch auf den Balearischen Inseln soll das Erdreich von gleicher Beschaffenheit seyn; allein vorerwähntes Land hat auch eine andere, noch merkwürdigere Eigenschaft, von welcher ich folgendermaſsen Kenntniſs erhalten habe: Cajus Julius, des Masintha Sohn, dem das ganze Gebiet des Städtchens zuge- hörte, diente unter Cäsars Vater und lag einst bey mir im Quar-tiere. Beym täglichen Umgange unterhielten wir uns viel von wis-senschaftlichen Gegenständen. Unter anderen fiel eines Tages auch unser Gespräch auf die Kraft und die Eigenschaften des Wassers, und bey dieser Gelegenheit erzählte er mir: Die Quellen dieses Lan-des seyn von einer solchen Beschaffenheit, daſs alle dasige Eingebo-renen davon die schönsten Singestimmen hätten. Man pflege daher jenseit des Meeres wohlgestaltete Sklaven — catastus — und Sklavin-nen aufzukaufen, und diese mit einander zu verheirathen, um von ihnen Kinder zu erhalten, deren Stimme und Gestalt gleich vortreff-lich wäre.

Ich kann nicht begreifen, wie aus Obigem der Abt Requeno in folgender Stelle schlieſsen könne, daſs Vitruv ein Afrikaner, aus Ismuk gebürtig, sey. E pre-valuto l’ opinione fra i più accreditati Litterati essere Vitruvio autore del secolo d’ Augusto, come prova il Marchese Galiani nelle note della Vita di Vitruvio: le ragioni sono fortissime: la lezione però di Vitruvio medesimo mi persuade o ch’ egli visse lontano da Roma nel secolo d’ oro d’ Augusto, o ch’ egli sia alquanto posteriore ad Augusto. Qualor mi si conceda, che Vitruvio sia stato Africano nativo d’ Ismuc, come pare dalle sue parole al libro VIII. c.4. e abbia per molti anni dimorato nella sua patria, poco m’ importa che venga collocato nel secolo d’ Augusto. v. Saggi etc. tomo I. p.146. nota (a.) Perrault und Galiani haben die Worte des Grundtextes cuius agrorum regiones incredibili finitae sunt terminatione, offenbar miſsverstanden, indem Ersterer übersetzt: autour du quel s’étend une campagne d’une grandeur incroyable etc. Letz-terer aber: il cui territorio ha una vastissima estensione. Die Gröſse des Territo-riums dieses Städtchens war nicht der Grund, daſs es so sehr von dem übrigem Afrika verschieden war; wohl aber die besondere Beschaffenheit seines Erdreichs. Termi-natio bedeutet hier nicht Grenze, sondern eigene Beschaffenheit, Charak-ter. Auch Newton übersetzt fälschlich: Whose territories have an incredible extent. So lese ich mit Galiani in dessen Leben Vitruvs S. XXIII. Anmerk. anstatt Masinissae. Es läſst sich allerdings auf keine Weise erklären, wer jener C. Julius, Masinissae filius, könnte gewesen seyn? da Masinissa viel zu lange todt war, als dafs noch einer seiner Söhne sich mit Vitruv über wissenschaftliche Gegenstände hätte unterhalten können. Hingegen ist es sehr wahrscheinlich, daſs hier wohl die Rede von einem Sohne desjenigen Masintha seyn könne, von wel-chem Sueton, Julius 71. sagt: Julius Cäsar habe diesen edeln Jüngling so eifrig gegen den König Hiemsal vertheidiget, daſs er, in der Hitze des Wortwech-sels dem Sohne des Königs Juba in den Bart gefahren sey; ihn, den Masintha, als er für einen Vasallen des Letzteren erklärt worden, denen die ihn in Verhaft ge-nommen, hinweggerissen und in seinem Hause lange Zeit verborgen, ja endlich, als nach vollendeter Prätur er nach Spanien gieng, in seiner Sänfte mit sich genommen habe, Angesichts aller derer welche ihm das Geleit gaben, und trotz des hellen Scheins der Fackeln der Lictoren.

Die Natur hat eine so groſse Verschiedenheit in Dinge einerley Art zu legen gewuſst, daſs der menschliche Körper, der nur zum Theil aus Erde besteht, dennoch vielerley Arten Feuchtigkeit, als Blut, Milch, Schweiſs, Harn, Thränen, enthält. Findet nun bey einer so geringen Masse Erde, schon eine so groſse Mannichfaltigkeit der Säfte statt; so ist gar nicht zu verwundern, wenn bey der ungeheuern Gröſse des Erdkreises unzählige verschiedene Säfte vorhanden sind, welche sich dem Wasser, das durch ihre Adern flieſst, mittheilen, und mit demselben aus der Erde hervorquellen; daher denn, trotz der Einheit des Wassers, wegen des Unterschieds der Orte, der be-sonderen Eigenschaften der Gegenden, und der Ungleichartigkeit des Erdreichs, so mancherley verschiedene Quellen entstehen.

Einige der hier vorgetragenen Gedanken sind mir eigen, andere habe ich in Griechischen Schriften gelesen, deren Verfasser Theo-phrast, Timäus, Possidonius, Hegesias, Herodot, Aristi-des und Metrodorus sind. Diese haben mit groſsem Scharfsinne und unendlicher Geflissenheit in ihren Schriften dargethan, daſs so-wohl die Verschiedenheiten der Orte, als die Eigenschaften der Was-ser von dem Klima der Länder herrühre. Ihren Grundsätzen ge-mäſs habe ich in diesem Buche so viel, als mir nöthig dünkt, von der Verschiedenheit des Wassers beygebracht; damit man vermittelst dieser Anweisung desto leichter die besten Quellen auswählen könne, deren Wasser mit Vortheil zum Gebrauche nach Haupt - und Land-städten zu leiten ist; denn nichts in der Welt ist unentbehrlicher, als Wasser. Alle und jede Thiere, denen es an Korn fehlt, mögen sich das Leben noch mit Früchten oder Fleisch, oder Fischen, oder sonst mit anderen Dingen erhalten; allein nicht Thier noch Speise mag ohne Wasser weder entstehen, noch sich erhalten, noch zubereitet werden. Es ist daher von der allergröſsten Wichtigkeit, weder Mühe noch Fleiſs zu sparen, um gesunde Quellen zu suchen und zu wählen.

Anstatt disparibus, lese ich paribus, weil sonst kein vernünftiger Sinn her-auskommt.
FÜNFTES KAPITEL. Bewährung der Wasser.

Man probirt und bewährt das Wasser folgendermaſsen:

Ist es ein am Tage flieſsendes Wasser, so beobachte man mit vieler Aufmerksamkeit, bevor man es zu leiten anfängt, die körper-liche Beschaffenheit — membratura — der in der Nähe wohnenden Menschen. Sind diese stark, von frischer Gesichtsfarbe, und leiden weder an Fuſskrankheiten noch an triefenden Augen: so ist das Wasser bewährt.

Ist aber die Quelle erst neu aufgegraben, so bespritze man ein Geschirr von Korinthischem oder anderem guten Erze mit dem Was-ser: und macht es keinen Flecken darauf, so ist es sehr gut. Auch lasse man dergleichen Wasser in einem Kessel abkochen; darauf sich setzen und endlich ablaufen; findet sich nun alsdann weder Sand noch Schlamm auf dem Boden; so ist es gleichfalls bewährt. Fer- ner ist es ein Zeichen von gutem, gesundem Wasser, wenn ein, darin ans Feuer gesetztes, Gemüse geschwind kocht. Nicht minder erweiset ein Wasser dadurch sich als rein und äuſserst gesund, wenn es in seiner Quelle klar und durchsichtig aussieht, und überall, wo es flieſst, weder Moos noch Binsen zeugt; noch sonst Unrath zurückläſst.

SECHSTES KAPITEL. Wasserwägen — Libratio aquarum. —

Itzt will ich Anweisung geben, wie das Wasser nach den Wohnun-gen und Städten zu leiten sey.

Das Erste, was man dabey zu thun hat, ist das Abwägen — perlibratio.

Man wägt — librare — entweder vermittelst der Absehen (Visiere) — dioptrae, — oder der Wasserwaage — libra aquaria, — oder der Grundwage — chorobates; — jedoch am allerzuverlässig-sten geschieht es vermittelst der Grundwage, weil die Absehen und Wasserwagen trügen.

Die Grundwage besteht aus einem auf 20 Fuſs langen Richt-scheite — regula, — woran an beyden Enden sich gleichgearbeitete Schenkel — ancones — befinden, welche nach dem Winkelhaken — ad normam — daran gefügt sind, nebst Querhölzern, welche zwi-schen dem Richtscheite und diesen Schenkeln eingezapft und mit senkrechten, nach dem Bleylothe gezogenen Linien, auch auf jeder Seite mit einem Perpendikel — perpendiculum, — der von dem Richt- scheite herabhängt, versehen sind. Wenn das Richtscheit gerichtet wird, und diese Perpendikel spielen genau auf jene senkrecht gezo-genen Linien ein; so zeigen sie den wagrechten Stand — librata collocatio — desselben an. Verhindert aber der Wind, daſs die Per-pendikel still stehen, und auf einen bestimmten Punkt treffen kön-nen; so ist oben auf dem Richtscheite eine Rinne zu machen, 5 Fuſs lang, 1 Zoll breit, und {1/2} Zoll tief. In diese Rinne gieſse man Was-ser; und berührt dieses überall gleich derselben obersten Rand, so ist der wagrechte Stand ausgemacht. Bedient man sich nun einer solchen Grundwage beym Abwägen, so findet man das Gefälle — fastigium — ganz zuverlässig.

Vielleicht wird jemand, der des Archimedes Schriften gele-sen hat, einwenden: Mit Wasser könne man unmöglich richtig abwägen; weil, nach jenem, das Wasser keinen wagrechten Stand, sondern eine sphäroidische Figur — sphaeroides schema — und denselben Mittelpunkt mit dem Erdkreise habe. Allein, das Was-ser sey nun flach oder sphäroidisch, so muſs es in einer horizon-talen Lage des Richtscheits durchaus an beyden Enden der Rinne gleich hoch stehen: In einer schrägen Lage des Richtscheits aber wird es am höhern Ende der Rinne nie bis oben an den Rand gehen; weil, auf welch eine Grundfläche man auch Wasser hin-gieſsen mag, nothwendig dessen rechtes und linkes Ende, trotz der Geschwulst oder des Bogens im Mittel, wagrecht gegen einander stehen müssen.

Eine sphäroidische Figur, ein Sphäroid, entsteht aus der Umdrehung einer halben Ellipse um ihre Achse. In der Physik wird dieser Name beybehalten, wenn auch gleich die Figur von der elliptischen Gestalt in etwas abweicht. S. Physikalisches Wörterbuch u.s.f. von Gehler, Art. Sphäroid.

Die Abbildung einer solchen Grundwage befindet sich zu Ende des Buchs.

Je gröſser das Gefälle — fastigium — ist, um desto geschwin-der flieſst das Wasser. In vorkommenden Zwischentiefen aber sind Unterbaue — substructiones — anzubringen.

SIEBENTES KAPITEL. Wasserleitung — Ductus aquae. — Cisternen. Signinisches Werk.

Man leitet das Wasser auf dreyerley Art: Nehmlich entweder in einem Gerinne — rivus — durch gemauerte Wasserläufe — canales structiles; — oder in bleyernen oder irdenen Röhren.

Siehe dergl. in Perrault’s, Galiani’s, Newton’s und Ortitz’s Vitruv. Die Griechen haben die Wasserleitungen erst durch die Römer kennen gelernt. Alle Wasserleitungen in Klein-Asien und Griechenland sind erst zur Zeit der Römi-schen Kayser entstanden. Nach dem Frontin aber — der vom Kaiser Nerva zum Oberaufseher der Was-serleitungen bestellt war, und der uns über dieselben ein klassisches Werk (Sex. Julii Frontini de aquaeductibus Urbis Romae Commentarius, studio Joannis Poleni. Patavii 1722. 4.) hinterlassen hat — begnügten sich die Römer bis zum 441. Jahre der E. R. mit dem Wasser, welches sie aus der Tiber, aus Brunnen und aus Quellen schöpften. Erst alsdann leitete der Censor Appius Claudius Crassus, der auch die Appische Straſse anlegte, zuerst das Appische Wasser zur Stadt. Zu Fron-tins Zeiten befanden sich bereits neun Wasserleitungen zu Rom: Nehmlich, die Appi-sche, Alt- Anio-, Marcische, Tepulische, Julische, Jungfern-, Alsieni-tische (hieſs auch Augustische,) Claudische und Neu- Anio- Wasserleitung. Ihre Zahl nahm nachmals so sehr zu, daſs Procopius ihrer vierzehn angiebt. Nebst den Chausseen und den Kloaken hielt Dionysius von Halikarnaſs Buch 3. die Wasserleitungen für die allerkostbarsten Werke, worin sich die Gröſse des Römischen

Bey gemauerten Wasserläufen wird erfordert, daſs das Mauerwerk auf das allerstärkste aufgeführt und daſs die Sohle des Gerinnes — solum rivi — genau abgewäget werde, so daſs das Gefälle auf hundert Fuſs nicht unter einem halben Fuſs betrage. Auch müssen solche Wasserläufe überwölbt werden — confornicari, — damit nicht die Sonne das Wasser treffe.

Reichs am sichtbarsten offenbare. Auch Frontin sieht sie als Merkmale der Römi-schen Gröſse an (Art. 119. pag. 204.); und in gerechter Bewunderung derselben wirſt er (Art. 16. pag. 58.) die Frage auf: Ob man es wohl wagen könne, mit ihnen, mit diesem eben so ungeheuern als höchstnützlichen Wasservorrathe, jene müſsige Ägypti-sche Pyramiden, oder die hochgepriesenen aber unnützen Gebäude der Griechen zu vergleichen? Plinius aber sagt B.XXXVI. K. 24. §. 10. bey Gelegenheit der Wasser-leitungen: “Betrachtet jemand mit Aufmerksamkeit jene Fülle der Wasser zum öffent-lichen Gebrauche in Bädern, Bassins, Häusern, Kanälen, Gärten, Lusthäusern, Land-gütern; jene durch weite Strecken fortgeführte hohe Bogen; jene durchgrabene Berge; jene ausgefüllte Thäler: So wird er gestehen, daſs nichts bewundernswürdigers in der ganzen Welt sey.” Übrigens siehe von den Wasserleitungen: Raffaele Fabretti, de Aquis et Aquaeductibus Urbis Romae. Montfaucon IV. p.2. l.I. c.9. Le rovine del Castello dell’ Acqua Giulia etc. colla di chiarazione di uno de’ celebri passi del Commentario Frontiniano e sposizione della maniera con cui gli antichi Romani distribuivano le acque per uso della città di Gio. Batista Piranesi. Eine Wasserleitung, welche von Trajan erbauet seyn soll, und noch vollkommen unversehrt ist, befindet sich zu Segovia in Spanien. Siehe eine Abbildung derselben in Travels through Portugal and Spain in 1772. and 1773. by R. Twiſs. p.82. Swinburne Travels through Spain, Letter XLIV, beschreibt diese Wasserleitung also: The first object in Segovia that attracts the eye, is the Aque-duct; as the road from Ildefonso runs near it a considerable way through the suburbs. It is perfectly well preserved, and does not seem leakly in any part. From the first low arches to the reservoir in the town, its length is two thousand four hundred Spanish feet; its greatest height (in the Plaza del Azopejo at the foot of the walls) is one hundred and four; it is there composed of a double row of arches, built of large square stones, without mortar, and over them a hollow wall of corser materials for the channel of the water, covered with large oblong flags. Of the lower range of arcades, which are fifteen feet wide by sixty five high, there are forty-two. The upper arches are one hundred and nineteen in number; their height twenty-seven Spanish feet, their breadth seventeen; the transversal thickneſs or depth of the piers eight feet. This Aqueduct is not only an admi-rable monument of antiquity for its solidity and good mason’s work, which have withstood the violence of so many barbarians, and the inclemencies of the seasons

Wenn die Wasserleitung bis zur Stadt gelangt ist, so lege man ein Wasserschloſs (einen Halter) — Castellum — an; und mit diesem Wasserschlosse verbinde man zur Aufnahme des Wassers einen drey-fachen Einfang (Röhrkasten) — triplex immissarium; — auch führe man aus dem Schlosse drey gleich vertheilte Röhren — fistulae — in diese Kasten — receptaculum, — welche dergestalt untereinander in Verbindung stehen, daſs aus den beyden äuſsersten das überflüſsige Wasser in den mittleren tritt. In dem mittleren Kasten bringe man die Ableitungsröhren nach allen Bassins — lacus — und Springbrun-nen — salientes — an: In dem Einen der Seitenkasten, die nach den Bädern — balneae, — woraus dem Volke eine jährliche Einnahme erwächst: In dem Anderen aber die nach den Privathäusern. Auf solche Weise kann es dem gemeinen Wesen niemals an Wasser fehlen, da niemand es ihm zu entziehen vermag, weil dessen Ablei-tungsröhren vom Anfange an, aus ihrem eigenen Kasten ausgehen. Eine solche besondere Abtheilung der Röhrkasten rathe ich auch noch aus dem Grunde an, damit diejenigen, welche nach ihren Häusern zum Privatgebrauche Ableitungsröhren führen, durch eine den Staatspächtern dafür zu entrichtende Abgabe — vectigal — zur Unterhaltung der Wasserleitung mit beytragen mögen.

during so many ages, but also wonderfully beautiful and light in its design. I do not think the Pont du Gard equal to it in elegance of proportions. Antiquaries have not agreed upon the epocha of its erection; some attribute it to the time of Trajan, and others are willing for the honour of their country to give the credit to Hercules. The Romans certainly were the builders of it, but no inscription leads to the knowledge of the precise period of their empire, in which it was con-structed.

Falls sich zwischen der Quelle und der Stadt Gebirge befinden, so ist also zu verfahren:

Man treibe durch das Gebirge eine Grube — specus — hindurch, deren Gefälle nach obiger Anweisung abzuwägen ist; und besteht das Gebirge aus Tof oder Gestein, so haue man gleich darin den Wasserlauf; ist die Sohle — solum — aber Erde oder Sand, so mauere und wölbe man die Grube aus und führe alsdenn die Wasser darin fort. Übrigens muſs alle hundert und vierzig Fuſs — actus — ein Wetterschacht — puteus — auf dieselbe niedergesenkt werden.

Bey Röhrleitungen von Bley — sin fistulis plumbeis duce-tur — muſs man gleich bey der Quelle selbst ein Wasserschloſs anle-gen. Darauf sind von diesem Wasserschlosse bis zu dem in der Stadt die Röhren — fistulae — aus Platten — lamnae, — welche mit der Menge des Wassers in Verhältniſs stehen, zu führen. Die Röh-ren dürfen nicht kürzer als zehn Fuſs gegossen werden. Eine hun-dertzöllige — centenaria fistula — muſs bey solcher Länge 1200 Pfund wiegen; eine achtzigzöllige — octogenaria, — 960 Pfund; eine funf-zigzöllige — quinquagenaria, — 600 Pfund; eine vierzigzöllige — quadragenaria, — 480 Pfund; eine dreyſsigzöllige — tricenaria, — 360 Pfund; eine zwanzigzöllige — vicenaria, — 240 Pfund; eine funfzehnzöllige — quinumdenum, — 180 Pfund; eine zehnzöllige — denaria, — 120 Pfund; eine achtzöllige — octonum, — 96 Pfund; und eine fünfzöllige — quinaria, — 60 Pfund. Das Maaſs der Röh- ren wird nach der Anzahl der Zolle benannt, welche die Platten, bevor sie krumm gebogen werden, in der Breite halten: und so heiſst eine Röhre, welche aus einer 50 Zoll breiten Platte verferti-get wird, eine funfzigzöllige Röhre, und so weiter in Anse-hung der übrigen. Dieſs die Einrichtung einer bleyernen Röhr-leitung!

Ich nehme Perraults Verbesserung an, und lese puteique ita sint facti, uti inter duos sint actus bini; denn auch Plinius sagt l.XXXI. 31. si cuniculo veniet, in binos actus lumina esse debebunt.

Trift es sich, daſs die Quelle zwar in Ansehung der Stadt das gehörige Gefälle hat; daſs aber die darzwischen liegenden Berge nicht von einer Höhe sind, welche hinderlich seyn könnte; so sind in den Zwischentiefen genau abgewägte Unterbaue anzulegen — sub-struere, — gleichwie bereits bey den gemauerten Gerinnen oder Kanälen erwähnt worden sind; oder man kann auch, falls der Um-weg — circuitio — nicht zu groſs ist, die Röhren um das Gebirge herum führen. Wofern die Thäler aber von groſser Ausdehnung sind, so leite man die Röhren am Abhange hernieder — in declinato loco cursus dirigentur; — unten in der Tiefe aber mache man einen nicht hohen Unterbau, so daſs eine sehr lange Horizontalebene — libramentum — entstehe. Diese wird der Bauch — venter, — bey den Griechen aber κοιλία, genannt. Wenn darauf das Wasser zu dem gegenüber liegenden Hügel gelangt, so wird es daselbst, weil es in der langen Strecke des Bauches allmählig anschwillt, bis oben auf den Hügel hinauf getrieben — exprimere: — Allein legt man unten im Thale weder Bauch noch waagrechten Unterbau, sondern bloſs ein Knie — geniculus — an; so zersprengt der Druck des Was-sers die Röhren. Auch müssen im Bauche Luftlöcher — colum-narium — angebracht werden, um die Gewalt der eingeschöpften Luft zu brechen. Eine nach dieser Methode eingerichtete Röhrlei-tung von Bley, ist die allerbeste, das Wasser bergabwärts, um Gebirge herum, durch Gründe, und bergaufwärts zu leiten. Von groſsem Vortheil aber wird es zugleich seyn, wenn, nachdem das Gefälle von der Quelle bis zur Stadt abgewägt worden ist, alle 24000 Fuſs — inter actus ducentos — Wasserschlösser angelegt wer-den; damit man, wenn die Röhren irgendwo schadhaft werden, nicht nöthig habe das ganze Werk umzustören, sondern gleich die schadhafte Stelle ausfinden könne. Nur müssen diese Wasserschlös-ser weder bergabwärts — in decursu, — noch unten im Bauche — in ventris planitie, — noch bergaufwärts — in expressionibus, — noch überhaupt im Thale — in vallibus; — sondern auf ununterbrochener Ebene — in perpetua aequalitate — angebracht werden.

Frontin sagt Art. 24. 25: “Der Model des Wassers wurde Anfangs nach Zol-len oder Unzen bestimmt. Nachmals führte man die Bestimmung desselben nach Quinarien ein. Einige geben hievon den Agrippa zum Urheber an: Andere sagen, Vitruv habe es durch die Bleygieſser — plumbarii — zu Rom Mode gemacht. Erstere leiten die Benennung daher, weil die fünf alten dünnen Model, wonach man ehedem das Wasser, wenn es klein war, vertheilte, als Punkte, (puncta s. den Index) zusam-men in eine einzige Röhre eingeschlossen wurden. Letztere aber (welche nehmlich dem Vitruv sammt den Bleygieſsern diese Mode zuschreiben) leiten sie daher, weil eine Bleyplatte fünf Zoll in der Breite halte, bevor sie krumm gebogen werde; wodurch denn jener Model der Röhre entstehe. Inzwischen ist dieſs unbestimmt, weil die Bley-platte beym Krummbiegen innerhalb enger, als auſserhalb wird. Es scheint mir daher weit wabrscheinlicher, daſs die Benennung quinaria vielmeht von dem Durchmesser zu {5/4} (quinque quadrantum) entstanden sey; denn dieses Verhältniſs findet auch in den folgenden Modeln bis zur Vicenaria statt; indem der Durchmesser beym Aufstei-gen immer um Ein Viertel zunimmmt: als senaria, eine Röhre von {6/4} im Durchmesser; septenaria, von {7/4} im Durchmesser, und so weiter bis zu vicenaria.” Siehe zur Erläu-terung Tav. XIX. Fig. III. in Piranesi’s Rovine del Castello dell’ acqua Giulia etc.

Allein will man mit geringeren Kosten Wasserleitungen anle-gen, so verfertige man sie auf folgende Weise:

Man mache gebrannte, thönerne Röhren — tubuli — nicht unter 2 Zoll dick und an dem Einen Ende spitzig — lingulati, — daſs eine in die andere geht und sich genau einschlieſst. Sodann vergieſse man die Fugen der Zusammenfügung mit lebendigem Kalk, welcher mit Öle angemacht worden ist; und da, wo sowohl die bergab-wärts kommenden als die bergaufwärts gehenden Röhren mit der Horizontalebene des Bauches — libramentum ventris — Winkel machen, bilde man ein Knie aus einem durchbohrten rothen Steine, in wel-chen hier, wo der Hügel sich neigt, die letzte herabkommende und die erste Röhre des Bauches; und dort, wo der Hügel sich erhebt, des Bauches letzte und die erste aufwärts gehende Röhre einpassen.

Nachdem die Röhren sowohl in der Ebene, als bergab - und aufwärts der Abwägung gemäſs gelegt worden sind, ist auch dafür zu sorgen, daſs sie nicht aus ihrer Lage gehoben werden mögen; denn es pflegt ein so heftiger Wind sich in den Wasserleitungen zu erzeugen, daſs er sogar die Kniesteine zersprengt, wenn man nicht gleich Anfangs bey der Quelle das Wasser gemach und sparsam einläſst, auch jedes Knie oder jeden Bug — versurae — durch Bän-der — alligationes — befestiget, oder mit Lastsand — saburra — beschwert. Im Übrigen ist alles, wie bey den bleyernen Röhren, einzurichten. Das Einzige ist noch zu beobachten, daſs beym ersten Einlassen des Wassers in die Röhrleitung Loderasche — favilla — mit hineingethan werde, um die Fugen, wo sie etwa nicht genug-sam vergossen sind, damit zu verstopfen.

Die Vortheile thönerner Röhrleitungen bestehen darin, daſs erstlich jedermann das, was daran schadhaft wird, ausbessern kann; und dann, daſs auch das Wasser daraus weit gesünder ist, als das aus bleyernen Röhren. Bley kann unmöglich gesund seyn; weil es das Bleyweiſs erzeugt, welches dem menschlichen Körper schädlich seyn soll. Denn da das, was aus demselben erzeugt wird, schäd-lich ist, so ist wohl kein Zweifel, daſs es nicht auch selbst unge- sund sey. Zum Beweise können uns die Bleygieſser dienen, welche über den ganzen Körper bleich aussehen, bloſs weil der Dampf, welchen das Bley, wenn man es schmilzt, von sich giebt, sich auf die Glieder des Körpers wirft, und darin, vermöge seiner täglich zunehmenden Wirkung, alle Kraft des Geblüts verzehrt. Meiner Einsicht nach darf also ein Wasser, das gesund seyn soll, nicht in bleyernen Röhren geleitet werden. Daſs aus irdenen Röhren aber das Wasser auch besser schmecke, zeigt der tägliche Gebrauch an, da jedermann, wenn er gleich noch so hohe mit Silbergeräthe besetzte Prachttische — vasorum argenteorum mensae — hat, dennoch, um des reineren Geschmacks willen, bloſs irdenen Trinkgeschirrs sich bedient.

Falls keine Quellen, woraus Wasser zu leiten, vorhanden sind, muſs man Brunnen graben. Beym Brunnengraben aber darf man nicht ohne Nachdenken zu Werke gehen. Man muſs mit groſser Aufmerksamkeit und Sorgfalt die natürliche Beschaffenheit des Orts beobachten; weil es gar viel und mancherley Erdarten giebt. Gleich-wie alle übrige Dinge, besteht auch die Erde aus vier Grundstoffen; nehmlich aus sich selbst, aus Wasser — daher die Quellen, — aus Feuer — daher Schwefel, Alaun, Harz — bitumen, — und endlich aus Luft — daher die Wetter — spiritus. — Kommen böse Wetter (oder Schwaden) — spiritus graves — aus dem löcherigen Raum zwi-schen den Lagen und Flötzen der Erde — intervenia ſistulosa terrae — in das Brunnenloch und fallen darin die Brunnengräber an: so ver-setzen diese schädlichen Dünste ihnen den Athem so, daſs diejenigen, welche nicht gleich an die frische Luft gebracht werden können, auf der Stelle ersticken. Diesem kommt man nun auf folgende Art zuvor: Man läſst eine brennende Lampe in die Grube hinab: bleibt sie bren-nen, so kann man ohne Gefahr einfahren: Erlischt sie aber im dicken Dunste; so gräbt man zur Rechten und Linken des Brunnens Zug-löcher — aestuarium, — welche eben so den Wetterwechsel, wie die Nasenlöcher das Athemholen, bewirken. Ist alles dieſs gehörig beob-achtet worden und man bis zum Wasser gelangt: so ist die Quelle mit einer Mauer einzufassen — sepire structura; — dabey jedoch sich in Acht zu nehmen, daſs auch die Adern nicht verstopft werden.

Allein, wofern der Boden hart ist, oder überhaupt unten keine Wasserquellen zu finden sind: so muſs man in Cisternen aus Signi-nischem Werke — opus Signinum — von Dächern und anderen erhabenen Orten das Regenwasser auffangen.

Das Signinische Werk wird folgendermaſsen bereitet: Man schafft sehr reinen und rauhen Sand an, und bricht Kiesel zu Stük-ken, deren keines mehr als Ein Pfund wiegen darf. Darauf ver-mischt man in der Mörtelpfanne — mortarium — sehr strengen Kalk mit dem Sande in der Maaſse, daſs fünf Theile Sand’s auf zwey Theile Kalk’s kommen; und schüttet zugleich auch die Bruchstücke mit hinein.

Mit dieser Masse überziehe man die Wände der Grube, welche wagrecht in die erforderliche Tiefe abgesenkt ist; und stampfe — cal-care — den Überzug mit hölzernen Stöſseln — vectis, — welche mit Eisen beschlagen sind. Nachdem man die Wände also gestampft hat, räume man das im Mittel befindliche Erdreich hinweg, ebene die Sohle wagrecht mit dem Grunde der Wände und gieſse darauf aus der nehmlichen Mörtelpfanne und schlage ein Ästrich von bestimm-ter Dicke.

Kann man solcher Cisternen zwey oder drey neben einander anlegen; so daſs die Wasser aus der Einen in die Andere sintern können — percolationibus transmutari possint: — So wird dadurch desto besser für die Gesundheit gesorgt; denn der Schlamm mag also sich absetzen, wodurch denn das Wasser lauterer wird, und ohne allen Geruch seinen Wohlgeschmack behält. Wofern jedoch dieſs nicht möglich ist, muſs man Salz hinein werfen, und so das Wasser läutern.

So habe ich nun nach bestem Vermögen in diesem Buche von des Wassers Eigenschaften und Verschiedenheiten, wie auch von der Methode, es zu leiten und zu probiren, gehandelt: Im folgenden soll die Gnomonik, d. i. die Theorie der Uhren, mein Gegenstand seyn.

DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST NEUNTES BUCH.
VORREDE.

Die alten Griechen haben den herrlichen Athleten, welche in den Olympischen, Pythischen, Isthmischen und Nemeischen Spielen den Sieg davon tragen, höchst ehrenvolle Belohnungen bestimmt. Mit dem Siegskranze gekrönt, und einem Palmzweig in der Hand wer-den sie nicht allein in der Versammlung gelobpriesen; sondern wenn sie wieder nach ihrer Heimath zurückkehren, werden sie auch mit Siegsgepränge, auf vierspännigen Wagen sitzend, in alle Städte und in ihr Vaterland eingeführt, und sie genieſsen Zeit ihres Lebens einer bestimmten Pension vom Staate.

Wenn ich dieſs bedenke, so wundere ich mich, wie man nicht auch den Schriftstellern gleiche oder gar noch gröſsere Ehrenbezei-gungen wiederfahren läſst, da sie allen Jahrhunderten und allen Völ-kern so unendliche Wohlthaten erweisen. Ein Gebrauch, der aller-dings der Einführung weit eher würdig gewesen wäre! Denn machen doch die Athleten nur ihren eigenen Körper durch ihre Leibesübun-gen stärker: Anstatt daſs die Schriftsteller nicht bloſs ihre eigene, son-dern die allgemeine Geistesvervollkommnung durch die Schriften beför-dern, welche sie zum Unterricht und zur Schärfung des Verstandes verfertigen. Was hilft es wohl der Welt, daſs Milo von Crotona nicht überwunden worden ist, und daſs es andere dergleichen Sieger mehr gegeben hat, welche so lange als sie gelebt haben, bey ihren Mitbürgern berühmt gewesen sind? Die Lehren hingegen eines Pythagoras, eines Demokrits, eines Plato’s, eines Aristoteles und anderer Weltweiſsen mehr, bringen, wenn sie täglich mit emsi-gen Fleiſse bearbeitet werden, nicht allein den Mitbürgern dersel-ben, sondern allen Völkern überhaupt immer neue frische Früchte. Ein jeder, der von den zartesten Jahren an sich mit diesem Vorrathe von Wissenschaft nährt, bildet dadurch seinen Verstand zur Weisheit, und wird für sein Vaterland ein Lehrer guter Sitten, der Gerech-tigkeit und der Gesetze, ohne welche kein Staat bestehen kann.

In Ansehung so groſser Wohlthaten, welche dem Menschenge-schlechte sowohl im Einzelnen, als im Allgemeinen aus der Schrift-steller Klugheit erwachsen, sollten, meiner Meinung nach, diesen nicht nur Palmzweige und Kränze gereicht; sondern Triumphe sogar sollten ihnen zuerkannt, und sie selbst sollten unter die Zahl der Götter versetzt werden. Als Beyspiele darf ich nur einzelne, von mehreren zur Gemächlichkeit des Lebens gemachten, nützlichen Erfin-dungen einiger wenigen derselben anführen: und alle Welt, die darüber nachdenkt, wird eingestehen, daſs solchen Männern billig die allerhöchsten Ehrenbezeigungen zukommen. Mit Einem aus der Fülle äuſserst praktischer Sätze des Plato nebst dessen Erklärung, mache ich den Anfang.

(I.) Soll der Quadratinhalt eines Platzes oder eines Feldes von gleichen Seiten ins Gevierte, verdoppelt werden: so ist die Auflö-sung dieser Aufgabe weder durch irgend eine Zahl, noch durch Multi-plication herauszubringen, sondern ist bloſs durch eine methodische Beschreibung von Linien zu ſinden. Man sehe hier den Beweis:

Hier fängt gewöhnlich das erste Kapitel dieses Buchs an; allein Inhalt und Zusammenhang, ingleichen das, was Vitruv selbst zu Ende des gewöhnlichen dritten Kapitels sagt, zeigen genugsam, daſs die Vorrede erst da zu Ende gehet. Ich gehe also von der bisherigen Abtheilung der Kapitel ab, und fange dieses neunte Buch erst mit dem gewöhnlichen vierten Kapitel an; bemerke jedoch zwischen Klammern die alte Eintheilung der Kapitel.

Ein Quadrat, welches zehn Fuſs lang ist, hält hundert Flächen-fuſs. Soll nun dieses verdoppelt und eine gleichseitige Ebene von zweyhundert Quadratfüſsen dargestellt werden: So fragt es sich, wie groſs die Seite des neuen Quadrats zu nehmen sey, damit es der verlangten Verdoppelung entspreche? Dieſs kann aber durch keine Zahl gefunden werden; denn nähme man die Zahl vierzehn an, so würde diese mit sich selbst multiplicirte Zahl 196 Fuſs; die Zahl funfzehn aber, 225 Fuſs geben. Da nun dieses durch keine Zahl auszumachen ist: So ziehe man in dem 10 Fuſs langen und breiten Quadrate von einem Winkel zum andern eine Diagonallinie, wodurch es in zwey gleiche Dreyecke, jedes zu 50 Flächenfüſsen getheilet wird. Nach der Länge dieser Diagonallinie beschreibe man darauf ein gleichseitiges Viereck; so wird sich ſinden: Daſs, gleichwie das kleine Viereck vermittelst der Diagonallinie zwey Dreyecke, jedes zu 50 Fuſs, enthält; also ihrer vier von gleicher Gröſse und von glei-cher Zahl der Füſse in dem groſsen Vierecke begriffen seyn werden.

Dieſs des Plato gefundene Verdoppelung des Quadrats vermittelst gezogener Linien — grammicis rationibus, — wie unten stehende Figur — schema — zeigt.

Fig. 10.

(II.) Gleichermaſsen giebt uns Pythagoras die Erſindung des Winkelmaſses — norma — ohne Beyhülfe eines Künstlers an. Ja, die Tischler — fabri — vermögen kaum einmal mit gröſster Mühe dem Winkelmaſs die genaueste Richtigkeit zu geben; aus seiner Theorie aber geht eine Methode hervor, solches auf das allervollkommenste zu verfertigen. Man nimmt nehmlich drey Lineale — regula, — das Eine zu drey, das Andere zu vier, und das Dritte zu fünf Fuſs. Diese setzt man so zusammen, daſs sie sich einander mit den äuſsersten Enden berühren; wodurch sie denn die Figur — schema — eines Dreyecks begränzen und das genaueste Winkelmaſs bilden. Denn beschreibt man nach der Länge eines jeden dieser Lineale ein Quadrat: so wird das mit den dreyfüſsigen Seiten neun Fuſs Flächeninhalt begreifen; das mit den vierfüſsigen, sechzehn: und endlich das mit den fünffüſsigen, fünf und zwanzig Fuſs; so daſs die Summe der Füſse des Flächeninhalts der beyden Quadrate mit drey- und vierfüſsigen Seiten, der Zahl der Füſse des Flächen-inhalts des einzigen Quadrats mit fünffüſsigen Seiten gleich ist.

Fig. 11. Verfertigung des Winkelmaſses.
Siehe Fig. 11.

Man erzählt, Pythagoras soll diese seine Erfindung für eine Eingebung der Musen gehalten, und diesen dafür Dankopfer geschlach-tet haben.

Dieser Lehrsatz ist nicht allein überhaupt bey vielen Dingen und Maſsen nützlich, sondern auch noch insbesondere mit Vortheil im Bauen bey Anlegung der Treppe anzuwenden, um den Stufen die bequemste wagrechte Lage — temperatae graduum librationes — zu geben. Denn, theilt man die Höhe, vom untersten wagrechten Fuſsboden bis zum ersten Gestocke, in drey Theile; so erhalten an fünfen derselben die Treppenwangen — scapi scalarum — die gehö-rige Länge und Lehne — inclinatio. — Man miſst sodann vier gleich groſse Theile als jene drey Theile der Höhe vom untersten wagrechten Fuſsboden bis zum ersten Gestocke sind, unten von der senkrechten Linie an, ab, und legt hierauf die Grundstücke der Wangen — inferiores calces scaporum. — Dieſs ist die allerbequem- ste Einrichtung der Stufen und der Treppe selbst. Auch dieses wird unten durch eine Zeichnung erläutert.

This problem of Pythagoras, as well as that of Plato foregoing, is foun-ded on the 47th. proposition of the first book of Euclid, by which it is demonstra-ted, that, the square of the hypothenuse of any right angled triangle is equal to the sum of the squares of the two sides. Newton’s Vitruv p.200. Vol.II. By this means the tread of the steps will be to the rise as 4 to 3, so that if the tread be a foot broad, the rise will be nine inches, which the moderns in general think too much. We now universally fix half a foot, or thereabout, as the standard for the rising of the steps in convenient staircases: although we often deviate therefrom in particular cases; and a foot is as generally conside-red as the proper breadth of the tread; so that the breadth or tread of our steps

(III.) Unter des Archimedes Menge bewundernswürdiger und mancherley Erſindungen aber, scheint mir die folgende bey wei-tem die sinnreichste.

Als Hiero zu Syracus wegen seines Wohlverhaltens zur königlichen Würde erhoben wurde, wollte er in irgend einen Tem-pel den unsterblichen Göttern eine goldene Krone als Weihgeschenk verehren. Er wird mit einem Goldschmiede wegen der Verfertigung derselben einig, und wägt ihm das Gold dazu genau zu — ad sacoma appendit. — Zur bestimmten Zeit bringt der Künstler sein vollen-detes Werk. Der König ist mit der Arbeit zufrieden, findet auch das Gewicht richtig; allein kurz darauf verlautet, es sey dennoch Gold dabey untergeschlagen, und an dessen Statt gleich viel Silber an Ge-wicht beygemischt worden.

are to their height or rise, as 2 to 1, and are therefore much leſs steep than those of the ancients. Newton’s Vitruv. Vol. II. p.200. Siehe Fig. 12.
Fig. 12. Verhältniſs der Treppen.

Hiero hielt sich dadurch für compromittirt und ward sehr ungehalten: da er jedoch nicht weiſs, wie er mit Zuverlässigkeit hin-ter den Betrug kommen könne; so ersucht er den Archimedes, es auf sich zu nehmen und darüber nachzudenken.

Während der Zeit nun, daſs dieser sich mit der Sache trägt, kommt er einmal von ohngefähr ins Bad, und bemerkt, als er in die Wanne — solium — steigt, daſs gerade so viel Wassers überflieſst, als er Raums darin mit seinem Körper einnimmt. Da hat er den gesuchten Aufschluſs! Flugs springt er voller Freuden aus der Wanne wieder heraus, läuft nackend, wie er ist, nach Hause, und hört nicht auf im Laufen laut zu rufen: gefunden, gefunden! — “εῦρηκα, εῦρηκα!”

Itzt, erzählt man, nahm er, in Folge der gemachten Entdeckung, zwey Massen von gleichem Gewicht mit der Krone, die Eine von Gold, die Andere von Silber: füllte ein groſses Gefäſs bis an den obersten Rand mit Wasser an, und hieng die silberne Masse hinein; worauf gerade so viel Wassers überfloſs, als Raums diese darin ein-nahm. Sodann nahm er die Masse wieder heraus und goſs das über-geflossene Wasser, nachdem er es zuvor gemessen hatte, wieder hin-ein, so daſs das Gefäſs ebenfalls wie vorher bis an den obersten Rand voll war. Nun berechnete er, wie viel von einem gegebenen Maſse Wassers einem gegebenen Gewichte Silbers entspreche. Dieſs ausge-macht, hieng er gleichfalls die goldne Masse in das volle Gefäſs und maſs, nachdem er sie wieder herausgenommen, wiederum das über-geflossene Wasser; wo er denn fand, daſs nicht so viel als vorher, sondern um so viel weniger als bey gleichem Gewichte die Gold-masse kleiner als die Silbermasse ist, übergelaufen sey. Hierauf füllte er das Gefäſs abermals mit Wasser an und hieng die Krone selbst hinein: und es ergab sich, daſs mehr Wassers überfloſs, als bey der Goldmasse von gleichem Gewichte. Aus dem, was bey der Krone mehr an Wasser übergelaufen war, als bey der Goldmasse, fand er nun durch Berechnung das Gewicht des dem Golde beygemischten Silbers, und so lag der Betrug des Goldschmiedes klar am Tage.

Man erinnere sich ferner des Scharfsinnes eines Architas von Tarent, und eines Eratosthenes von Cyrenä. Wie mancher-ley nützliche Erſindungen für die Menschheit haben diese beyde nicht mit Hülfe der Mathematik gemacht! Ich geschweige der groſsen Ehre, welche sie sich durch ihre übrige Erfindungen erworben haben, und gedenke bloſs der allgemeinen Bewunderung, welche sie durch ihren Wetteifer erregten, als jeder von ihnen auf eine eigene Art die Aufgabe aufzulösen suchte, welche Apoll durch sein Orakel zu Delos gegeben hatte — den Cubicinhalt seines Altars zu verdoppeln, um den Bewohnern des Eilandes die Götter zu versöhnen. Archi- tas fand die Auflösung vermittelst der Halbcylinder — hemicylin-drus; Eratosthenes aber vermittelst des Mesolabium - In-struments.

Mit welchem Vergnügen vernimmt nicht all dergleichen jeder Liebhaber der Wissenschaften! Ja, muſs nicht natürlicher Weise ein jeder, der nur einigermaſsen über die Wirkungen der Dinge nach-zudenken gewohnt ist, über solche Erſindungen in Erstaunen gera-then? Bey dieser Gelegenheit kann ich mich nicht verhindern, die hohe Bewunderung zu äuſsern, welche ich selbst für Demokrits Bücher über die Natur der Dinge fühle; so wie für dessen Werk, χειροτόνητον betittelt, worin er die, von ihm selbst bewährt gefunde-nen Erfahrungen mit seinem Petschierringe, in roth Wachs gedrückt, besiegelt hat.

Es herrschte nehmlich die Pest auf Delos.

Da nun die Werke jener Männer immer, nicht nur zur Ver-besserung der Sitten, sondern überhaupt zu jedem gemeinnützigen Gebrauch vorhanden sind; die Vorzüge der Athleten hingegen nach kurzer Zeit sammt ihren Körpern wieder verschwinden: So können die Athleten auch nicht, weder selbst während ihrer schönsten Blüte, noch durch ihre Nachkommenschaft, noch auch durch ihre Lehren, gleich wie die Gelehrten durch die Früchte ihres Nachdenkens, der Welt nützen.

Jedoch getrost! Wiederfährt auch schon, so wenig dem vorzüg-lichen Charakter, als den Lehren der Schriftsteller, die gebührende Ehre: So schwingt sich dennoch ihr Geist, den Blick beständig in die höhern Regionen der Luft gerichtet, von selbst auf den Stufen des Gedächtnisses zum Himmel; und also nöthigen sie der Nachwelt auf unvergängliche Zeiten die Kenntniſs nicht nur ihrer Meinungen, son-dern selbst ihrer Gestalt auf. So trägt jeder ächte Liebhaber der schö-nen Wissenschaften des Dichters Ennius Bild, wie das Bild eines Got-tes, heilig in seiner Brust mit sich herum; und Verehrer der Gedichte des Accius haben nicht allein dessen schönste Verse, sondern selbst dessen Gestalt stets gegenwärtig. So werden auch viele, welche nach uns leben, mit Lucrez gleichsam von Angesicht zu Angesicht über der Dinge Natur, und mit Cicero über die Redekunst, sich zu unterhalten wähnen: So werden viele der Nachkommen mit Varro über die Lateinische Sprache Unterredungen zu halten glauben. Nicht minder wird mancher Philologe bey seinem Studium Griechischer Schriftsteller, oft sich mit ihnen in vertrautem Gespräche dünken. Endlich, zu der Zeit, wann längst schon die Körper weiser Schriftsteller verweset sind, grünen und blühen ihre Aussprüche noch: Bey Berathschlagungen, bey Unterredungen stehen sie in weit höherem Ansehen, als die aller Anwesenden: Sie sind es, die den Aus-schlag geben.

Erhellt aus dieser Stelle nicht offenbar, daſs Vitruv ein Zeitgenosse des Lucrez, Cicero und Varro war?

Auf solche Gewährsmänner mich stützend, o Cäsar, und mit Hülfe solcher Lehrer und Rathgeber habe ich diese Bücher geschrie-ben. In den sieben ersten handle ich von den Gebäuden, und im achten von dem Wasser; im folgenden aber werde ich die Gno-monik vortragen, das heiſst: ich werde zeigen, wie in der Welt die gnomonischen Verhältnisse durch die Sonnenstrahlen vermittelst des Zeigers — gnomon — Schattens entdeckt worden sind, und wie Letzterer sich strecke und sich verkürze.

Siehe Abhandlung von den Sonnenuhren der Alten. Aufgesetzt und durch Denkmale des Alterthums erläutert von G. H. Martini u.s.f. zu Leip-zig 1777. Diese gelehrte Abhandlung verbreitet viel Licht über diese Materie. Ihr verdanke ich manche Belehrung, welche mir bey Übersetzung dieses Buchs sehr wohl zu statten gekommen ist. Aus ihr habe ich auch in der Folge mehrere nütz-liche Notizen angeführt.
(IV) ERSTES KAPITEL. Sphäre. Planeten.

Es ist in der That eine Wirkung göttlicher Anordnung, welche in jedem Beobachter die gröſste Verwunderung erregen muſs, daſs in der Nachtgleiche der Schatten des Zeigers — gnomon — von anderer Länge zu Athen, von anderer zu Alexandria, von anderer zu Rom, und endlich von anderer zu Placentia und an anderen Orten des Erdkreises ist. Nach Verschiedenheit der Orte sind also auch die Uhren — horologium d. i. Stundenverkünder — sehr ver-schieden. Denn nach der Gröſse der Nachtgleiche - Schatten werden die Figuren der Analemmen — analemmatorum formae — verzeichnet, mit Hülfe welcher man, nach Verhältniſs der Orte und des Schattens der Zeiger, die Stunden andeutet.

Ein Analemma ist eine, aus Beobachtung des Sonnenlaufs und des, vom kürzesten Tage — bruma — an zunehmenden Schattens, er-fundene theoretische Figur, vermittelst welcher man sich, mit Hülfe eines architektonischen Verfahrens und einiger Zirkelbeschreibungen, einen Begriff von der Beschaffenheit der Welt — mundus — zu bil-den gelernt hat.

Die Welt — mundus — heiſst der ganze Inbegriff — conceptio — aller natürlichen Dinge sammt dem gestirnten Himmel. Letzterer drehet sich beständig um Erde und Meer auf den Endpunkten — car-dines extremi — der Weltachse. Es hat nehmlich die schaffende Natur es also geordnet — architectari, — daſs daselbst solche Endpunkte als Bewegungspunkte — centra — angebracht sind, Einer über Erde und Meer oben im Himmel noch hinter den beyden Bären, und der Andere auf der entgegen gesetzten Seite unter der Erde in den mittäglichen Gegenden. Auch hat sie um diese Endpunkte als um Ruhepunkte, kleine Kreise — orbiculi — wie mit dem Dreheisen — tornus — gemacht, welche auf Griechisch Poloi, heiſsen, und an welchen der Himmel sich unaufhörlich umwälzet.

In das Mittel ist die Erde nebst dem Meere ganz natürlich als Mittelpunkt gesetzt, indem die Natur es also eingerichtet hat, daſs der Nördliche Bewegungspunkt hoch über die Erde erhaben, der Süd-liche aber tief unter dieselbe hinab gesenkt und von derselben verdun-kelt sey.

Schräge zwischen diesen beyden aber, und gegen Mittag geneigt, ist ein Kreis, gleich einem breiten Gürtel — zona, — mit zwölf Zei- chen gebildet, welche durch die Stellung der Sterne natürliche Bil-der vorstellen, in zwölf gleiche Theile abgetheilt sind, und leuch-tend mit dem Himmel und den übrigen Gestirnen rings um Erde und Meer den Kreislauf vollbringen. Diese Zeichen insgeſammt sind zu ihrer gesetzten Zeit theils sichtbar, theils unsichtbar; da immer ihrer sechs bey der beständigen Umwälzung des Himmels oberhalb der Erde, die übrigen sechs aber unterhalb der Erde, und von dem Schatten derselben verdunkelt, sich befinden. Der Grund, warum immer ihrer sechs oberhalb der Erde erscheinen, liegt darin, daſs, so viel als an dem letzten Gestirn durch den abwärts gehenden Schwung des Himmels unter der Erde verborgen wird, eben so viel durch den entgegen gesetzten Schwung des Himmels nothwendig wieder an dem gegenüber stehenden Gestirn über der Erde zum Vorschein kommt. Denn Eine und dieselbe Kraft und Nothwendigkeit bringt beydes, sowohl Aufgang als Niedergang hervor.

Galiani macht aus dem Deponens architectari fälschlich ein Passivum. Nach Gellius in folgender Stelle B.III. 10., giebt auch M. Varro im ersten Buche seiner Bilder (hebdomades) dem Worte Poloi diese Bedeutung, welche mit der gewöhnlichen so wenig übereinkommt: “Circulos quoque ait (i. e. M. Varro) in coelo circum longitudinem axis septem esse; e quîs duos minimos, qui axem extimum tangunt, πόλους appellari dicit; sed eos in sphaera, quae κρικώτη vocatur, propter brevitatem non inesse. Anstatt delata lese ich lata.

Dieser Zeichen nun sind zwölf an der Zahl, und ein jedes nimmt ein Zwölftheil des Himmels — mundus — ein. Sie drehen sich be-ständig von Morgen gegen Abend. Durch sie hindurch laufen, in einer entgegen gesetzten Richtung, Mond, Merkur, Venus, die Sonne selbst, ingleichen Mars, Jupiter und Saturn, staffel- weise über einander und jeder in seiner eigenen engeren oder wei-tern Bahn, von Abend gegen Morgen am Himmel.

Der Mond vollendet in acht und zwanzig Tagen und ohnge-fähr einer Stunde seinen Umlauf um den Himmel. Die Zeit, binnen welcher er zu dem Zeichen, von welchem er ausgieng, wieder zurück-kehrt, heiſst ein periodischer Monat — lunaris mensis.

Die Sonne legt den Raum eines Zeichens, welcher ein Zwölf-theil des Himmels ausmacht, innerhalb eines Monats zurück. Um nun durch alle zwölf Zeichen zu gehen und wieder zu dem Zeichen, bey welchem sie ihren Lauf anfieng, zu gelangen, braucht sie zwölf Monat. Dieser Zeitraum heiſst ein Jahr. Den Kreis also, welchen der Mond dreyzehn Mal in zwölf Monaten durchläuft, den legt die Sonne in eben so viel Monaten Ein Mal zurück.

Dieſs sind die sieben Planeten oder Irrsterne der Alten, auf die man in dec Astrologie sah, und von denen die Tage der Woche benannt sind.

Merkur und Venus, welche sich um die Sonnenstrahlen dre-hen, und also die Sonne selbst, als Mittelpunkt, mit ihrer Laufbahn umkränzen, sind wegen der besonderen Beschaffenheit ihrer Kreise zuweilen rückgängig — regressus retrorsum faciunt, — zuweilen aber stehen sie sogar in den himmlischen Zeichen still. Daſs sich dieses also verhalte, sieht man vornehmlich an Venus, welche, wenn sie der Sonne nachfolgt, und nach dem Untergange derselben hellleuch-tend am Himmel erscheint, Abendstern — vesperugo — heiſst; zu an-deren Zeiten aber, wenn sie vor der Sonne her geht, und vor Tage aufgeht, Morgenstern — Lucifer — genannt wird. Demnach verwei-len sie zuweilen mehrere Tage länger in Einem Zeichen und treten ein ander Mal um desto geschwinder in ein Anderes. Obgleich sie nun aber nicht gleich viele Tage in einem jeden Zeichen zubringen; so erhält dennoch ihr Lauf im Ganzen gleiche Dauer, indem sie eben so viel, als sie vorher verweilten, nachher durch verdoppelte Schnelligkeit wieder einbringen; denn nur also ist es möglich, daſs, trotz ihres Verweilens in einigen Zeichen, sie nichts desto weniger, sobald sie sich der Nothwendigkeit des Verzugs entlediget haben, zur gehörigen Zeit ihren Umlauf vollenden.

Merkur vollbringt seine Bahn am Himmel auf folgende Weise. Nach dreyhundert sechzig Tagen ist er durch alle himmlische Zeichen hindurch gelaufen und steht wieder auf dem Punkte, von welchem er bey Anfange seines Kreislaufes ausgieng. Im Durchschnitt genom-men hält er sich in jedem Zeichen ohngefähr dreyſsig Tage auf.

Venus durchläuft im Durchschnitte, den Aufenthalt, welchen sie durch die Sonnenstrahlen leidet, mitgerechnet, den Raum eines Zeichens in vierzig Tagen. Was sie eigentlich in jedem Zeichen weniger als vierzig Tage zubringt, das holt sie durch ihren Still- stand — statio — nach, und macht auf diese Art die angegebene Summe der Tage voll. Nachdem sie denn in 485 Tagen ihre ganze Laufbahn vollendet hat, tritt sie wieder in das Zeichen, von welchem sie aus-gegangen ist.

Der Sinn verlangt 40 anstatt 30, wie überall gelesen wird.

Mars legt ohngefähr binnen 683 Tagen die sämmtlichen Zei-chen zurück, und gelangt so wieder dahin, wo er Anfangs seinen Lauf begann. Läuft er auch gleich in einigen Zeichen etwas geschwin-der, so erhält durch seinen Stillstand darum dennoch jene Tagszahl ihre völlige Richtigkeit.

Jupiter bewegt sich mit ruhigeren Schritten der Umdrehung des Himmels entgegen. Er braucht 360 Tage um Ein Zeichen zu durchlaufen, und also 11 Jahre und 323 Tage ehe er wieder in das Zeichen kommt, worin er vor zwölf Jahren war.

Saturn, welcher 29 Monat und einige wenige Tage bedarf um Ein Zeichen zu durchlaufen, kehrt also erst nach 29 Jahren und ohn-gefähr 160 Tagen, in das Zeichen zurück, worin er 30 Jahr zuvor stand. Darum daſs er am wenigsten vom Rande des Himmels absteht, hat er eine desto weitere Laufbahn und scheint daher langsamer.

Alle diejenigen Planeten, deren Bahnen die Sonnenbahn um-schlieſsen, bewegen sich, zumal wenn sie mit der Sonne im Gedritt-scheine sind — cum in trigono fuerint, quod is inierit, — nicht vor-wärts, sondern werden rückläufig und stehen so lange still, bis die Sonne die Aspecten verändert und in ein anderes Zeichen tritt. Nach der Meinung einiger geht dieſs also zu: Wenn die Sonne, sagen sie, sich gar zu weit entfernt, so gebricht es der Bahn der Planeten an Licht, und sie werden irre in ihrem Wege und aufgehalten. In-zwischen, dieser Meinung stimme ich nicht bey. Das Licht der Sonne ist hell und sonder Abnahme überall am ganzen Himmel sichtbar, wie wir dieſs selbst dann offenbar sehen, wenn die Planeten rück-läufig sind und stillstehen. Da unser Gesicht es nun in einer sol-chen Ferne wahrzunehmen vermag; wie sollten wir glauben, daſs jene Götter, die leuchtenden Gestirne, blind dafür seyn könnten! Viel-mehr erkläre ich mir die Sache also:

Nach einer mir vom Hrn. M. Martini gütigst mitgetheilten glücklichen Ver-besserung ist anstatt quo minus quadragenos dies in singulis signis patitur zu lesen quod minus etc. Das patitur erklärt er, wie mir scheint, sehr richtig durch durat, perdurat; wie bey Columella in der Redensart lupinum positum in granario patitur annum.

Die Wärme ruft alles hervor und zieht es an sich. Gleichwie wir vermittelst der Wärme das Getreide aus der Erde in die Höhe wachsen; nicht minder auch wässerige Dünste aus den Quellen zu den Wolken im Regenbogen aufsteigen sehen: Eben also zieht auch der Sonne Hitze, wenn sich ihre Strahlen in Trigonalgestalt verbrei-ten, die ihr folgenden Planeten an sich, und läſst die vor ihr her-gehenden, indem sie sie gleichsam zügelt oder zurück hält, sich nicht fort bewegen, sondern zwingt sie, zu ihr zurückzukehren und in das Zeichen eines anderen Triangels zu treten.

Wirft man mir ein, woher es komme, daſs die Sonne derglei-chen Zurückhaltungen durch ihre Wärme eher im fünften Zeichen von sich bewirke, als im zweyten und dri@en, die ihr doch näher sind? So antworte ich: Die Sonne versendet ihre Strahlen am Him-mel in Linien, die ein gleichseitiges Dreyeck bilden; das ist aber weder mehr noch weniger, als bis zum fünften Zeichen von ihr. Verbreiteten sich hingegen die Sonnenstrahlen durch die ganze Welt in der Runde und nicht in Linien, welche die Gestalt eines Dreyecks bilden; so würden sie alles, was in der Nähe wäre, entzünden, wie auch der griechische Dichter Euripides bemerkt zu haben scheint; denn er sagt: Die Sonne entzünde das Ferne, und erwärme mäſsig das Nahe. Seine eigenen Worte im Schauspiele Phaëthon sind folgende:

Καἰει τὰ πόῤῤω, τὰ \’δ ἐγγὺς εὔκρα\’τ ἔχει.

Da nun die Sache selbst, die Theorie und das Zeugniſs eines alten Dichters dasselbe beweisen: So halte ich auch dafür, daſs über die-sen Gegenstand sich nichts anders denken lasse, als was ich so eben vorgebracht habe.

Jupiter, dessen Laufbahn zwischen Mars und Saturn be-findlich ist, hat einen gröſsern Kreis zu durchlaufen, als Ersterer, und einen kleineren, als Letzterer. Auch scheinen die übrigen Plane-ten, je weiter sie vom äuſsersten Himmel abstehen und je näher ihr Umlaufskreis der Erde liegt, um desto geschwinder zu laufen; weil einer immer einen engeren Kreis, als der andere zurück zu legen hat, und daher um so öfter vor dem Oberen vorüber geht. Man setze sieben Ameisen auf eine Töpferscheibe — rota. — Um den Mittelpunkt dieser Scheibe mache man, vom Mittel aus bis an den äuſsersten Rand derselben, gleich viele stufenweise zunehmende Hohl-kehlen — canales. — In diesen lasse man jene in der Runde umher laufen, indem man die Scheibe in entgegengesetzter Richtung umdre-het. Gleichwie nun die Ameisen trotz der entgegengesetzten Umdre-hung ihre Bahn vollenden, und die, welche zunächst dem Mittel-punkte sich befindet, weit geschwinder ihren Kreislauf zurücklegt, als die oben am Rande, ob diese gleich eben so geschwind sich be-wegt, weil Letztere einen weit gröſsern Umkreis zu durchlaufen hat: Eben also vollbringen auch die glänzenden Planeten ihre Laufbahnen dem Laufe des Himmels entgegen; werden aber zugleich auch durch des Himmels Umwälzung täglich einmal mit im Kreise herumgeführt.

Der Grund, warum einige Planeten temperirt, andere heiſs, und wieder andere kalt sind, scheint darin zu liegen, daſs alles Feuer die Flamme über sich empor treibt. Indem also die Sonne ihre Strahlen über sich schieſst, macht sie den Äther in der Gegend der Bahn des Mars glühend; daher wird dieser von der Sonnenhitze heiſs: da Saturn hingegen, der zunächst dem äuſsersten Ende des Himmels sich befindet, und an die Eisgefilde angränzt, sehr kalt; Jupiter aber, dessen Bahn zwischen beyder Kreisen mitten inne liegt, weder zu warm noch zu kalt ist, sondern der gehörigen Temperatur genieſst.

Bisher habe ich vom Gürtel — zona — mit den zwölf Zeichen nebst den sieben Planeten; ingleichen von der Letzteren entgegengesetzter Bewegung und Bahn; wie auch von der Theorie und von der Zeit, nach und in welcher sie aus einem Zeichen in das andere überge-hen und ihren Kreislauf vollbringen, — dem, von meinen Lehrern erhaltenen Unterricht gemäſs gehandelt: Nunmehro will ich vom zu-und abnehmenden Lichte des Mondes, der Überlieferung der Alten gemäſs, reden.

Berosus, der aus der Gemeine oder Nation der Chal- däer nach Asien gieng, auch eine Schule eröffnete, lehrte: Der Mond sey ein Ball — pila, — dessen eine Hälfte hell — candens — die andere aber himmelblau — caeruleo colore — sey. Wenn er in seinem Laufe unter die Sonne komme, so werde von den Strahlen und der Hitze derselben dessen helle Hälfte wegen der Neigung — proprietas — des Lichts zum Lichte angezogen und er wende sich zu derselben hin. Indem er nun also, nach der Sonnenscheibe hin-gerichtet, über sich schaue, so sey dessen untere, lichtlose Hälfte, wegen der Ähnlichkeit mit der Luft, unsichtbar; weil, da er senk-recht unter den Sonnenstrahlen stehe, alles Licht sich bloſs auf die obere Halbkugel einschränke. Dieſs nenne man Neumond — luna prima. — Entferne er sich wieder von der Sonne gegen Morgen, so verliere sich allgemach die Wirkung derselben, und er fange an den alleräuſsersten Theil seiner hellen Seite, gleich einer höchst fei-nen Linie, der Erde zu zeigen; alsdann heiſse er der zweyte Mond — luna secunda — und, bey täglich je weiter fortgehender Wendung, so fort von Tage zu Tage der dritte und vierte Mond — tertia et quarta luna, — bis hin zum siebenten Tage, da die Sonne im Abend, der Mond aber zwischen Morgen und Abend im Mittel des Himmels — also um die Hälfte des Himmels von der Sonne entfernt stehe und genau die Hälfte seiner hellen Seite der Erde zukehre. Liege aber der ganze Weltraum zwischen Sonne und Mond; und blicke die Sonne in Westen bey ihrem Untergange nach dem aufgehenden Monde zurück: dann habe diese, wegen dessen zu groſser Entfernung von ihren Strahlen den Einfluſs auf ihn verlo-ren; und am vierzehnten Tage leuchte seine ganze kreisrunde helle Seite auf die Erde hernieder. Die übrigen Tage nehme dessen helle Scheibe täglich, bis zur Vollendung des periodischen Monats, vermit-telst seiner Umdrehung und seines von neuem nach der Sonne hin-gezogenen Laufs wieder ab; und so bestimme der Wechsel seines Lichts die Zahl der Tage eines Monats.

Berosus, der Astronome, ist nicht mit Berosus dem Historiker zu verwechseln, wie von vielen geschieht. Letzterer, ein Priester des Belus, der eine Geschichte der Chaldäer in drey Büchern abfaſste und dem Syrischen Könige Antio-chus Soter zueignete — war zwar auch aus Babylon gebürtig, aber erst unter Alexanders des Groſsen Regierung geboren, und lebte also gegen 300 Jahr vor C. G. und 450 Jahr nach Erbauung der Stadt Rom: Anstatt daſs Ersterer, Berosus der Sternkundige, 200 Jahr und drüber vor jenem lebte. Plinius B. VII. K. 37. berichtet, daſs die Athener ihm, wegen seiner göttlichen Vorhersagungen (gewisser Himmelsbegebenheiten) öffentlich im Gymnasium eine Statüe mit vergolde-ter Zunge errichtet haben. Und eben derselbe führt B. VII. K. 57. aus ihm als einen Beweis des uralten Gebrauchs der Buchstaben an: Es wären bey den Babyloniern astronomische Beobachtungen von 480 Jahren auf gebackenen Steinen verzeichnet gewe-sen. Pausanias B. X. K. 12. gedenkt einer Wahrsagerin mit Namen Sabba, und sagt, ihr Vater solle Berosus und ihre Mutter Erymanthis gewesen seyn, und sie werde von einigen die Babylonische, von andern die Ägyptische Sibylle genannt. Justinus Martyr erzählt: Diese Babylonische Sibylle sey aus ihrem Vaterlande nach Cumä in Italien gegangen, woher sie auch die Cumänische Sibylle heiſse; und habe dem letzten Römischen Könige Tarquinius Superbus die bekannten Weissagungsbücher verkauft. Nach Martini, (s. dessen Abhand-lung von den Sonnenuhren der Alten S. 45) läſst sich daher annehmen: Berosus der Astronome habe ohngefähr in der 35 Olympiade oder 640 Jahre vor C. G. sich aus seinem Vaterlande nach Kos oder Koa begeben und seine Schule daselbst eröffnet. Von ihm können die Karier die ihnen beygelegte Sterndeuterey erlernt, und die Ionier, Thales und die anderen leicht ihre Sternkunde erhalten haben. Auch siehe unten K. 4. (VII.) “Die Chaldäer sind von den ältesten Babyloniern, und machen in der Eintheilung des Staats ohngefähr die nehmliche Klasse aus, als die Priester bey den Ägyptern. Sie, zum Dienst der Götter geordnet, bringen ihre ganze Lebenszeit mit philosophiren zu, und sind durch ihre Sternkunde sehr berühmt. Sie legen sich auch stark auf die Wahrsagerkunst, sagen das Zukünftige vorher, und versuchen es durch Entsündigungen, Opfer und andere Zaubermittel manches Übel abzuwenden und manches Gute zu bewirken. Sie besitzen auch eine Kenntniſs von der Wahrsagung aus dem Vogelflug, und legen Träume und Wunderzeichen aus; so wie sie auch Opferbesichtigung mit Genauigkeit anstellen, und in dem Ruf stehen, daſs sie hier-aus das Zukünftige richtig errathen. Alle diese Künste aber werden bey ihnen auf andere Art erlernt, wie bey den Griechen, von denen die sich darauf legen. Denn bey den Chaldäern wird diese Art von Philosophie in der Familie fortgepflanzt, und der Sohn lernt sie von dem Vater, und ist dabey von allen übrigen Staatsdiensten frey u. s. w.” Siehe Diodors Bibliothek der Geschichte II. B. K. 29. S. 253 ff. der Stroth’schen Übersetzung. Auch siehe weiter unten K.4. (VII.) d.i. Klein-Asien.

Der Mathematiker Aristarchus von Samos hingegen führt mit groſsem Scharfsinne in seiner Theorie über denselben Gegenstand folgende Gründe des Mondwechsels an:

Siehe von ihm unten Anmerkung t)

Es ist bekannt, sagt er, daſs der Mond kein eigenthümliches Licht hat, sondern einem Spiegel gleich ist, und bloſs durch den Schein der Sonne leuchtet. Auch durchläuft der Mond unter allen sieben Planeten diejenige Bahn, die nicht allein am allernächsten an der Erde, sondern auch die allerkleinste ist. Alle Monate nun, bleibt er, wenn er unter die Sonnenscheibe kommt, den ersten Tag verfin-stert, bis er wieder aus ihren Strahlen heraustritt; und heiſst, so lange er bey der Sonne ist, der Neumond — luna nova. — Den folgen-den Tag, wo er der zweyte Mond heiſst, entfernt er sich so weit von der Sonne, daſs der äuſserste Rand seiner Scheibe sichtbar wird. Wenn er innerhalb drey Tage sich von der Sonne entfernt hat, nimmt sein Licht zu. Indem er täglich fortfährt sich je mehr und mehr zu entfernen, steht er endlich am siebenten Tage ohngefähr um die Hälfte des Himmels von der untergehenden Sonne ab und leuchtet zur Hälfte, da nur der gegen die Sonne gerichtete Theil erleuchtet ist. Am vierzehnten Tage aber beträgt sein Abstand von der Sonne die ganze Weite des Himmels: da geht er auf, wenn die Sonne unter-geht, und wird voll — plena; — weil er in einem Zwischenraume vom ganzen Himmel der Sonne gegenüber steht, und seine ganze Scheibe von ihren Strahlen beschienen wird. Am siebzehnten Tage neigt sich der Mond, wenn die Sonne aufgeht, zum Untergange. Am zwey und zwanzigsten Tage steht der Mond beym Aufgange der Sonne ohngefähr im Mittel des Himmels, und dessen nach der Sonne hingekehrter Theil ist hell; alles übrige dunkel. Auf diese Weise setzt der Mond täglich seinen Lauf fort, kehrt ohngefähr am acht und zwanzigsten Tage unter die Sonnenstrahlen zurück, und voll-bringt also den Monat.

Itzt will ich erklären, wie die Sonne in jedem Monate ein Zei-chen durchläuft und Tage und Stunden verlängert und verkürzt.

(V.) ZWEYTES KAPITEL. Lauf der Sonne durch die zwölf Zeichen.

Beym Eintritte in das Zeichen des Widders macht die Sonne, nachdem sie ein Achtel desselben durchlaufen, die Frühlings-Nacht-gleiche — aequinoctium vernum.

Sie rückt darauf weiter fort, bis zum Schwanze des Stiers und zu dem Siebengestirne — Vergiliae, — woraus die obere Hälfte des Stiers hervorragt; steigt nach und nach über die Hälfte des Himmels herauf und geht in die mitternächtliche Hälfte ihrer Bahn über. Itzt tritt sie aus dem Stiere in die Zwillinge beym Auf-gange des Siebengestirns; steigt noch höher über die Erde empor — magis crescit supra terram — und verlängert die Tage. Aus den Zwillingen geht sie in den Krebs, der den kleinsten Raum am Himmel einnimmt; und sobald sie ein Achtel desselben zurückge-legt, macht sie die Sonnenwende — solstitiale tempus.

Fortgehend in ihrem Laufe erreicht sie nunmehro des Löwen Kopf und Brust, welche zu dem Krebs gerechnet werden; vermin-dert aber bey ihrem Austritte aus der Brust des Löwen, und aus des Krebses Bezirke, indem sie sich durch die übrigen Theile des Löwen fortbewegt, sowohl des Tages als ihres Tagzirkels — circina-tio — Länge so, daſs ihr Lauf völlig dem, als sie in den Zwillin-gen stand, gleich ist. Darauf geht sie aus dem Löwen in die Jung-frau über, verkürzt jedoch, im Fortrücken nach dem Schoſse des Gewandes derselben, ihren Tagzirkel dergestalt, daſs er dem im Stiere gleicht. Aus der Jungfrau endlich nimmt sie ihren Weg durch den Schooſs, welcher den ersten Theil der Wage ausmacht; und macht im Achtel der Wage die Herbst-Nachtgleiche — aequi-noctium autumnale. — Hier ist ihr Tagkreis dem im Widder gleich.

Nun tritt die Sonne beym Untergange des Siebengestirns in den Skorpion, und vermindert im allmähligen Hinabsinken zu den mittäglichen Theilen, die Länge der Tage. Wenn sie den Skorpion wieder verläſst, begiebt sie sich in den Schützen — sagit-tarius,— bey dessen Schenkeln — femina — ihr Tagkreis sich noch mehr verengt; von des Schützen Schenkeln aber, welche schon mit zu dem Steinbocke gehören, bis zu dem Achtel des Steinbocks, durchläuft sie den allerkleinsten Raum am Himmel. In diese Zeit fällt die Winter-Sonnenwende, welche wegen der Tagskürze bruma heiſst, so wie die kürzesten Tage dies brumales genannt werden.

Nachher, beym Austritte aus dem Steinbocke, geht die Sonne in den Wassermann — aquarius — über und setzt dem Tage wie-der zu, indem sie ihn an Länge dem Tage des Schützen gleich macht. Aus dem Wassermanne tritt sie in die Fische. Alsdann wehet der Westwind, und ihr Lauf gleicht dem im Skorpion.

So läuft die Sonne durch die himmlischen Zeichen; und so verlängert und verkürzt sie zur bestimmten Zeit die Tage und Stunden!

Nunmehro will ich von den übrigen Sternbildern, welche sich zur Rechten und Linken des Thierkreises, am nördlichen und süd-lichen Theile des Himmels, befinden, sowohl in Rücksicht ihres Standes, als ihrer Gestalt, handeln.

(VI.) DRITTES KAPITEL. Nördliche Sternbilder.

Der groſse Bär — septentrio,— bey den Griechen Arktos oder Helice genannt, hat den Bärenhüter — custos — hinter sich.

Nicht fern davon steht die Jungfrau, an deren rechten Schul-ter ein sehr heller Stern glänzt, der bey uns (Römern) Provin-demia major, bey den Griechen aber Protrygetes genannt wird. Noch klarer als dieser ist jedoch die Kornähre — spica,— ingleichen der Stern, welcher, Letzterer gegenüber, mitten zwischen den Knien des Bärenhüters steht, und Arcturus heiſst.

Vor dem Kopfe des groſsen Bären, schräg vor den Füſsen der Zwillinge, ist dem Fuhrmanne sein Standort oben auf der Spitze des Einen Horns des Stieres angewiesen. Auf des nehmlichen lin-ken Hornes Spitze, zu des Fuhrmanns Füſsen, sieht man einen Stern, der den Namen des Fuhrmanns Hand führt; auf des-sen linken Schulter aber die Böcke — haedi — und die Ziege — capra.

Über dem Stiere und dem Widder ist Perseus, der sich rechts bis unter die Base des Siebengestirns, links bis unter des Widders Kopf erstreckt, und mit der rechten Hand sich auf der Kassiopea Bild stützt, mit der linken aber das Gorgonische Haupt bey den Haaren über dem Fuhrmann und unter der Andromeda Füſsen hält.

Die neueren Astronomen nennen ihn Vindemiatrix. So lese ich mit Philander, anstatt species. Ich mache mit Galiani zwischen humero und Tauri einen Punkt.

Die Fische erstrecken sich neben Andromeda, von ihres Lei-bes bis zu des Pegasus — equus — Mitte. Der sehr helle Stern, wel-cher unten am Bauche des Pegasus sich befindet, steht zugleich mit auf der Andromeda Kopfe

Der Andromeda rechte Hand liegt auf dem Sternbilde Kas-siopea, die linke auf dem nördlichen Fische.

Der Wassermann steht über des Pegasus Kopfe, so daſs des Letzteren Ohren — auriculae — dessen Knie berühren. Den mitt- lern Stern hat der Wassermann mit dem Steinbocke gemein.

Hoch darüber steht der Adler und der Delphin; und neben diesen der Pfeil. Hierauf kommt der Schwan — volucris,— des-sen rechter Flügel des Cepheus Hand nebst Scepter berührt, der linke auf Kassiopea ruht, der Schwanz aber die Füſse des Pegasus bedeckt.

Galiani has changed Aurigam, in the text, to Taurum, because he says ”Perseus holds the Gorgon’s head over Taurus, nor over Auriga.” This is true, if we consider the north pole as te upper part, as Galiani seems to have done; but as Perseus is disposed with his feet upon Auriga, and his head westward, the west, with respect to him, may be considered as the upper part, and Auriga may be said to be below him; consequently Perseus, in that view, holds the Gorgon’s head over Auriga. This may be the view in which Vitruvius has conceived it, and in this view the text is just, and the alteration of Galiani erroneous. Newton’s Vitruv Vol. II. 212. Diese Stelle ist äuſserst verderbt. So lese ich mit Galiani, anstatt ungulae. Auch hier folge ich Galiani und lese, anstatt Cassiopeae, — Aquarii; und für capricorni, — capricorno.

Es folgen sodann der Schütze, der Skorpion, die Wage; ferner die Schlange, welche mit des Maules äuſserster Spitze an die Krone gränzt.

Der Ophiuchus (Schlangenträger) hält die Schlange im Mit-tel mit den Händen, indem er mit dem linken Fuſse den Skorpion auf die Stirn tritt. Gegen die Mitte des Kopfs des Ophiuchus ist der Kopf des sogenannten Knienden — Nixus in genibus, Genicu-latus — gerichtet. Beyder Scheitel sind durch zwey darin befind- liche helle Sterne um desto kenntbarer. Der Fuſs des Knienden steht auf dem Schlafe des Drachen, der sich zwischen den bey-den Bären, den so genannten Septentrionen, hindurch schlingt. Etwas abseits krümmt sich der Delphin.

Dem Schnabel des Schwans gegenüber steht die Leier.

Zwischen den Schultern des Bärenhüters und des Knienden — geniculatus — glänzt die Krone.

Im nördlichen Polarkreise befinden sich die beyden Bären, den Rücken gegen einander, aber die Brust abwärts gekehrt. Bey den Griechen heiſst der kleine, Cynosura; und der groſse, Helice. Ihre Köpfe sind nach entgegen gesetzten Seiten gerichtet; ihre Schwänze aber gegenseitig nach den Köpfen; denn beyde tra-gen sie aufrecht. Der Stern, welcher der Polarstern — polus — heiſst, ist der vorzüglich helle Stern am Ende des Schwanzes des kleinen Bären. Übrigens streckt sich, wie bereits gesagt worden ist, der Drache zwischen beyder Schwänzen hin; denn er schmiegt sich um den Kopf des groſsen Bären, der ihm am näch-sten ist; zu gleicher Zeit aber schlingt er sich auch um den Kopf der Cynosura; darauf dehnt er sich dicht unter der Letzteren Füſsen aus, erhebt sich endlich sich krümmend und windend, und beugt sich von dem Kopfe des kleinen bis wieder zur Schnautze und dem rechten Schlafe des groſsen Bären hin. Ferner stehen auf des kleinen Bären Schwanze die Füſse des Cepheus.

d. i. Herkules. Ich versetze und ändere die Worte des Textes mit Galiani, um einen Sinn zu erhalten, folgendermaſsen: Utrorumque enim superando eminent in summo: e qua stella, quae dicitur polus, plus elucet circum caudam minoris septentrionis: per caudas eorum, uti dictum est item serpens est porrecta; namque etc.

Gerade über dem Scheitel des Widders sind die Sterne, welche den gleichseitigen Triangel bilden.

Es werden auch manche Sterne des kleinen Bären und des Cepheus miteinander verwechselt.

Nachdem ich also die, dem Aufgange zur Rechten zwischen dem Thierkreise und den beyden Bären befindlichen, Sternbilder beschrieben habe; will ich nun von denen handeln, welche dem Aufgange zur Linken gen Mittag von der Natur gestellt worden sind.

Bey dieser Beschreibung der Gestalt des Drachen darf man ganz und gar nicht an die heutige Vorstellung desselben denken. Man sehe C. Julii Hygini de descrip-tionibus formarum coelestium lib. III. Auch Arati Phaenomena. Um den Vitruv keine Ungereimtheit sagen zu lasssen, nehme ich des Bar-baro folgende höchst freye Versetzung der Worte des Textes an: ibique ad sum-mum cacumen insuper arietis signum sunt stellae etc. Galiani has here again altered the text, changing Cassiopeiae to Cephei: for he having translated confusae by communes, making the text say “there are many stars common both to Septentrio Minor and Cepheus,” he was obliged to change the name of the constellation to make the text agree with his idea. But as the word confusae may bear the meaning I have given it (scat- tered,) the text may, without any imputation of error, remain unaltered. Newton’s Vitruv. Vol. II. p.215.
(VII.) VIERTES KAPITEL. Südliche Sternbilder.

Erstlich steht unter dem Steinbocke der südliche Fisch — piscis austrinus,— welcher nach des Wallfisches Schwanze hinsieht. Von diesem bis zum Schützen ist ein leerer Raum.

Das Weihrauchfaſs — thuribulum — steht unter des Skorpions Stachel.

Des Centaurs Vordertheil nähert sich der Wage und dem Skorpion und hält in den Händen das Sternbild, welches bey den Astronomen die Bestie —bestia — heiſst.

In die Länge an der Jungfrau, dem Löwen, und dem Krebse hin erstreckt sich die Wasserschlange — anguis. — Sie krümmt sich durch ein ganzes Heer von Gestirnen, schlingt sich in der Gegend des Krebses zusammen, und sperrt dann ihren Rachen gegen den Löwen auf. Mitten auf ihrem Körper steht der Becher — crater. Ihr Schwanz, worauf der Rabe sitzt, windet sich nach der Hand der Jungfrau hin. Alle Sterne auf ihrem Rücken sind von gleicher Gröſse.

Unterwärts, in der Biegung des Unterleibes der Wasserschlange, nach dem Schwanze hinwärts, steht der Centaur.

Zunächst dem Becher und dem Löwen ist das Schiff, Argo genannt. Finster ist das Vordertheil; aber Mast und Gegend um das Steuer sind sichtbar. Dieses Schiff, oder vielmehr dessen Hin-tertheil hängt mit dem Hunde vermittelst der Spitze dessen Schwan-zes zusammen.

Die heutigen Sternkundigen nennen es den Wolf.

Der kleine Hund steht hinter den Zwillingen, dem Kopfe der Wasserschlange gerade gegenüber. Der groſse Hund folgt hinter dem kleinen her.

Unten schräg vor befindet sich Orion. Der Stier tritt ihn mit der Klaue. Er hält in der Linken den Schild; die Keule schwingt er in der Rechten zu den Zwillingen empor. Neben dessen Füſsen setzt der (groſse) Hund in geringer Entfernung dem Hasen nach.

Unter dem Widder und den Fischen ist des Wallfisches Standort.

Von seinem Kamme verbreitet sich nach den beyden Fischen hin sehr ordentlich ein leichter Fluſs — ſusio — von Sternen. Dieſs Sternbild heiſst auf Griechisch Hermedone d. i. das Band; denn gleich einem Bande flattert es in einem weiten Umfange zu den Fischen hin, und hängt vermittelst eines geschlungenen Knotens an des Wallſisches Kamme.

Endlich strömt in des Eridanus Gestalt ein Sternenfluſs daher. Dessen Quelle entspringt unter dem linken Fuſse Orions; das Was-ser aber, welches der Wassermann ausgieſst, läuft zwi-schen dem Kopfe des südlichen Fisches, und des Wallfisches Schwanze.

Ich habe nunmehro Stand und Gestalt der, von der schöpferi-schen Natur an den Himmel gesetzten, Sternbilder nach des Phi-losophen Demokrits Lehre vorgetragen. Inzwischen habe ich bloſs derjenigen Erwähnung gethan, deren Auf - und Niedergang innerhalb unsers Gesichtskreises liegt. Denn gleichwie beyde Bären, bey ihrer Umdrehung um den Endpunkt der mitternächtlichen Axe, nicht untergehen, das heiſst, nicht unter die Erde sinken: Eben also gehen auch diejenigen Gestirne, welche sich um den, vermöge des Himmels Neigung unter der Erde verborgenen, Endpunkt der mittäglichen Axe drehen, nicht auf, das heiſst, gehen nicht über die Erde hervor; daher uns denn ihre durch die vorstehende Erde verdeckte Gestalten unbekannt sind. Zum Beweise hievon dienet der Stern Canopus, den wir nur aus den Nachrichten der Kauf-leute kennen, welche bis in die entferntesten Gegenden Ägyptens, die zunächst an der Welt Ende gränzen, gereist sind.

Ich lese mit anderen: pressus ungula tauri; manu laeva clypeum, clavam altera ad geminos tollens. Newton liest folgendermaſsen: pressus ungula tauri, manu laeva tenens; clavam altera ad geminos tollens.

Ich habe darum so genau von des Himmels Umwälzung — per-volitantia — um die Erde, und von der Stellung der zwölf Zeichen wie auch der nördlichen und südlichen Gestirne gehandelt; weil auf dieser Umdrehung des Himmels und auf dem, derselben entge-gengesetzten Laufe der Sonne durch die himmlischen Zeichen, ingleichen auf dem Nachtgleiche - Schatten des Zeigers — gnomon — die Verzeichnung der Analemmen beruhet.

Das Übrige der Sternkunde — astrologia, — nehmlich welchen Einfluſs die zwölf himmlischen Zeichen und die fünf Planeten sammt Sonne und Mond in die Schicksale der Menschen haben; sey den Lehrbüchern der Chaldäer überlassen! Ihnen ist die Nativitäts-stellerkunst — genethliologiae ratio — eigen, vermöge welcher sie aus der Gestirne Stellung vergangene und zukünftige Begebenheiten weis-sagen können. Die Erfindungen, welche sie uns in ihren Schriften hinterlassen haben, zeugen vom Genie, vom Scharfsinne und von der Gröſse derjenigen, welche von der Nation der Chaldäer abstammen. Berosus war der Erste derselben, der sich in der Insel und Stadt Kos niederlieſs und daselbst eine Schule eröffnete. Ihm folgte sein Schüler Antipater, ingleichen Achinapolus. Letzterer erfand sogar die Kunst, nicht aus der Geburts - sondern aus der Empfängniſs - Stunde die Nativität zu stellen.

Siehe oben dieses Buchs 1. Kapitel. S. ebendas.

Die philosophische Sternkunde aber, welche die Weltordnung nebst den Ursachen der Bewegungen, d. i. nebst den Kräften womit die Weltkörper auf einander wirken, lehrt — gründeten zuerst Thales von Milet, Anaxagoras von Klazomene, Pytha-goras von Samos, Xenophantes von Kolophon, und De-mokrit von Abdera. Ihre Beobachtungen wurden von Eudo-xus, Euktemon, Kallippus, Meto, Philippus, Hippar-chus, Aratus und anderen mehr benutzt, und zur Verfertigung astronomischer Tafeln — parapegmata — angewendet, worauf sie der Gestirne Auf - und Niedergang, ingleichen die Witterung bemerkten, und sie der Nachwelt mit dazu gehöriger Erläute- rung hinterlieſsen. Die Wissenschaft dieser Männer ist in der That bewundernswürdig. Sie haben die zukünftigen Veränderungen der Witterung mit einer Genauigkeit vorhergesagt, als ob sie ihnen durch göttliche Eingebung offenbart worden wäre. In Ansehung aller dieser Sachen also kann man sich vollkommen sowohl auf ihre Sorgfalt, als auf ihre Kenntniſs verlassen.

Parapegma hieſs eine eherne Tafel, welche zu allerley öffentlichen Bekannt-machungen an eine Säule u. s. f. geschlagen wurde. Irre ich? oder sehen wir hier die ersten Spuren der vieljährigen Kalender? Übrigens lese ich obige Stelle theils nach Turnebus, theils nach Salmasius, theils nach A b. Fea und theils auch nach Einer der Vatikanischen Handschriften, welche Galiani verglichen hat, folgendermaſsen: — — Democritus Abderites, rationes quibus natura rerum gubernaretur, quemadmodum quosque effectus habeant, excogitatas reliquerunt. Quorum inventa secuti, siderum ortus et occasus tempestatumque signiſicatus Eudoxus, Euctemon, Callippus, Meto, Philippus, Hipparchus, Aratus caeterique ex astrologia para-pegmatorum disciplinas invenerunt et eas posteris explicatas reliquerunt.
(VIII.) FÜNFTES KAPITEL. Schatten des Zeigers zur Zeit der Nachtgleiche zu Rom und an einigen anderen Orten. Verzeichnung der Sonnenuhren.

Aus den Beobachtungen vorerwähnter Männer müssen wir sowohl die Methode Sonnenuhren zu verfertigen abstrahiren, als auch die monat-liche Verkürzung oder Verlängerung der Tage — depalatio — erklären.

Wenn die Sonne in der Zeit der Nachtgleiche in dem Widder oder in der Wage steht, so ist in der Polhöhe von Rom der Schat-ten {8/9} des Zeigers lang; zu Athen aber {3/4} des Zeigers; zu Rhodos {5/7}; zu Tarent {9/11}; zu Alexandria {3/5}; kurz nach Verschiedenheit des Orts ist von Natur auch in der Nachtgleiche der Schatten des Zeigers verschieden. Es ist darum überall, wo eine Sonnenuhr ver-zeichnet werden soll, zuvor erst der Nachtgleiche-Schatten zu ſinden.

Ist, z. B. die Länge des Schattens, wie zu Rom, {8/9} des Zeigers; so ziehe man eine Linie auf einer ebenen Fläche, und im Mittel errich-te man senk - und winkelrecht — πρὸς ὀρθὰς — eine Andere, welche der Zeiger — gnomon — heiſst. Von der Linie der ebenen Fläche bis zur Spitze des Zeigers messe man mit dem Zirkel 9 gleiche Theile ab; und da, wo des neunten Theils Zeichen ist, stelle man den Zir-kel in A, öffne ihn bis B, in der Linie auf der ebenen Fläche, und beschreibe einen Kreis, welcher die Mittagslinie — meridiana cir-einatio — heiſst. Darauf nehme man von den 9 Theilen, welche von der ebenen Fläche bis zur Spitze des Zeigers abgemessen worden sind, ihrer 8 und verzeichne sie auf der Linie in der ebenen Fläche bis C. Diese Linie wird der Nachtgleiche-Schatten des Zeigers seyn: und aus dem Punkte C ziehe man nach des Kreises Mittelpunkte A eine Linie; so wird man den Nachtgleiche - Sonnenstrahl erhalten.

Fig. 13. Analemma. L N P K M E v A S G O G X @ H F B R C T

Itzt stelle man den Zirkel in den Mittelpunkt des Kreises, öffne ihn bis zur Linie in der ebenen Fläche, und nehme die gleiche Ent-fernung von derselben — aequilatatio, — bezeichne sie durch die Punkte E zur Linken und I zur Rechten in der Peripherie — extrema linea circinationis — und ziehe dann von diesen durch den Mittel-punkt eine Linie, so, daſs dadurch der Kreis in zwey gleiche Hälften getheilt wird. Diese Linie nennen die Mathematiker den Horizont — horizon.

Hiernächst nehme man den funfzehnten Theil der ganzen Cir-cumferenz, stelle den Zirkel in den Punkt F der Peripherie, wo diese vom Nachtgleiche - Sonnenstrahle durchschnitten wird, bemerke zur Rechten und Linken die Punkte G und H, und ziehe sodann durch diese aus dem Mittelpunkte zwey Linien zu den Punkten T, R in der Linie auf der ebenen Fläche: So wird die Eine (Obere) der Win-ter- und die Andere (Untere) der Sommer-Sonnenstrahl seyn.

Diesemnach werden die beyden Punkte E und I, in welchen die durch den Mittelpunkt gehende Linie die Peripherie schneidet, einander gegenüber stehen; und G und H gegenüber, wird K und L; aber C und F und A gegenüber N seyn.

Darauf ziehe man Durchmesser von G zu L, und von H zu K. Der Untere wird das Sommer- der Obere aber das Wintertheil bestimmen. Diese Durchmesser theile man im Mittel M und O in gleiche Theile, bemerke die Punkte und ziehe durch selbige und durch den Mittelpunkt A eine Linie bis zur Peripherie in die Punkte P, Q (Diese Linie wird winkelrecht — πρὸς ὀρθὰς — dem Nacht-gleiche-Sonnenstrahl stehen, und heiſst in der Mathematik Axeaxon. —) und nachdem man den Zirkel wieder in die Punkte M und O gestellt und bis zum Ende der Durchmesser erweitert hat, beschreibe man zwey Halbzirkel, deren Einer für den Sommer und der Andere für den Winter seyn wird.

Hierauf bezeichne man die Punkte, wo diese Parallellinien die Linie, welcher der Name Horizont beygelegt wird, durchschnei-den, zur Rechten mit S, zur Linken mit V; und ziehe vom Ende des Halbzirkels, wo der Buchstab G steht der Axe eine Parallele nach dem linken Halbzirkel, wo sich der Buchstab H beſindet. Diese Paral-lellinie heiſst die Sehne (— lacotomus — Segment, Zirkelabschnitt). Und nun stelle man den Zirkel in den Punkt X, wo der Nachtgleiche-Sonnenstrahl diese Sehne durchschneidet; öffne ihn bis an den Punkt H, wo der Sommer-Sonnenstrahl die Peripherie durchschneidet; und beschreibe den Monatskreis, welcher manacus benannt wird, und den Abstand des Sommer-Sonnenstrahls vom Nachtgleiche - Sonnen-strahle zum halben Durchmesser hat. So ist die Verzeichnung eines Analemma’s vollendet!

Dieſs gethan, so kann man bey Verzeichnung der Sonnenuhren — in subjectionibus — mit Hülfe solcher Analemmen leicht für alle Monate die Tagesstunden abtheilen. Denn wie vielerley und man- cherley Uhren man auch erfinden möge; so müssen sie dennoch alle insgesammt nach derselben künstlichen Methode verzeichnet werden; weil, welche Gestalt und Anlage sie auch haben, ihre Wirkung immer Eine und dieselbe seyn muſs; nehmlich, daſs durch sie der Tag so-wohl in den Nachtgleichen als in den Sonnenwenden in zwölf gleiche Theile getheilt werde. Wenn ich dieſs unterlasse, so geschieht es nicht aus Trägheit, sondern lediglich aus Besorgniſs durch allzu groſse Weitläuftigkeit zu miſsfallen.

Fig. 14. Sonnenuhr für die Polhöhe Roms. Horizont. Mittagslinie Sommer Nachtgleiche = Wintersonnenstral Zeiger Sonnenstral Schne Sonnenstral Linie auf einer ebenen Fiaeche. ♊ @ ♋ @ ♌ ♍ ♎
Siehe Fig. 14.
Die alten Völker hatten anfänglich nur natürliche Stunden, wenn ich so sagen darf; d. i. sie theilten den natürlichen Tag, im Sommer, wie im Winter, in zwölf gleiche Theile ab. Die Abtheilung des bürgerlichen Tags in vier und zwanzig gleiche Stunden, welcher wir noch folgen, war ihnen nicht gänzlich unbe-kannt; und sie nannten dieselben Äquinoctialstunden, weil Tag und Nacht, zu den Zeiten der Äquinoctien, vollkommen gleich sind: folglich jedes zwölf gleiche Stun-den hat, die zusammen die Summe von vier und zwanzig ausmachen. Es giebt auch noch alte Kalender, woraus dieses sehr deutlich erhellet. Im gemeinen Leben richtete man sich aber doch nicht nach dieser, sondern nach der ersten Abtheilung. Jeder Tag, jede Nacht, sie mochten lang oder kurz seyn, hatte zwölf Stunden; und diese wurden länger oder kürzer, nachdem der Tag und die Nacht zu- und abnahmen. Folglich waren die Tagesstunden im Sommer länger, und im Winter kürzer, als die Nacht stunden. Auf diese verschiedene Länge der Tagesstunden zielen Römische Schrift-steller nicht selten: und wir werden sie niemals richtig auslegen, wenn wir sie nach unsrer gegenwärtigen Verfassung verstehen. Und solche veränderliche Länge der Tagesstunden muſste der Meister einer Sonnenuhr nie aus den Augen lassen: er muſste sie so einrichten, daſs ihr Zeiger, jeden Tag im Jahre, die zwölf längern oder kürzeren Stunden, unveränderlich und gleich richtig andeutete, wie sie bey der Verän-derlichkeit des Schattens nothwendig seyn muſsten. Denn, wenn der Schatten des Gnomons, oder Zeigers, so lang ist, daſs er auf dem Äquator gleichsam einhergeht, welches in den Äquinoctien geschieht, wo die Sonne, im Frühling, ins Zeichen des Wid-ders, und im Herbst, ins Zeichen der Wage tritt: so macht er die zwölf Stunden des Tags den zwölf Nachtstunden vollkommen gleich. Im Winter, wann die Sonne in einer schiefern Richtung gegen uns steht, fällt der Schatten innerhalb des Bogens, wel-cher den Äquator vorstellt, und also in den Raum zwischen dem Äquator und Win-terwendekreis, in welchem die schon kleinen Bogen zwischen den Stundenlinien, nach dem Verhältnisse ihrer Entfernung von dem Äquator, immer kleiner werden. Weil nun der Schatten des Zeigers, so wie sich die Sonne selbst vom Äquator entfernt, auch desto kleinere Bogen zwischen den Stundenlinien durchlaufen darf: So müssen nothwendig die Tagesstunden ebenſalls immer kürzer werden, bis zuletzt der Schatten auf den Bogen des Winterwendekreises selbst fällt; und folglich muſs mehr Zeit unter die zwölf Nachtstunden zu vertheilen übrig seyn; und diese müssen deſswegen länger,

Übrigens will ich noch anzeigen, von wem jede verschiedene Art und Verzeichnung der Uhren erfunden worden ist. Ich selbst kann weder neue Erſindungen machen, noch die Anderer für meine eigenen ausgeben; darum bleibe ich bey den alten stehen und nenne ihre Urheber.

(IX.) SECHSTES KAPITEL. Verschiedene Arten der Uhren, und Erſinder derselben.

Den aus einem Quadersteine ausgehöhlten und unten nach der Pol- höhe — ad enclima — abgeschnittenen Halbkreis — hemicyclium, — soll der Chaldäer Berosus erfunden haben:

als die Tagesstunden werden. Im Sommer hingegen, wenn sich die Sonne unserm Zenith immer mehr nähert, und in einer vertikalern Richtung gegen uns stehet, pflegt der Schatten des Gnomons, wenn er wieder über den Äquator gegangen ist, im Raume zwischen diesem und dem Sonnenwendekreis stets längere Stunden anzudeuten. Denn je näher die Stundenlinien diesem kommen, desto mehr entfernen sie sich von einander, desto länger werden die Bogen zwischen ihnen, und desto mehr Zeit braucht folglich der Schatten, um von einer Stundenlinie zur andern zu kommen. Aus diesem Grunde müssen, um diese Zeit, die zwölf Tagesstunden auch länger seyn, als die Nachtstunden. Fängt die Sonne nachmals wieder an, sich vom Sommerwende-kreis zurück zu ziehen, und dem Äquator zu nähern: so muſs auch der sie gleich-sam begleitende Schatten des Gnomons, indem er sich dem Äquator selbst mit nähert, die Stunden minder lang machen, ja vielmehr wieder verkürzen, wenn sich die vom Sommerwendezirkel rückwärts schreitende Sonne, der andern Seite des Äquators nähert; weil der Schatten sich alsdann, in gleichem Verhältnisse, dem Äquator mit nähert, wo die Stundenlinien immer näher zusammen kommen. — Und hieraus wird man begrei-fen, daſs die Alten in einer Sonnenuhr dieser Art, und von der einfachsten Einrich-tung, ein Werkzeug, oder einen Maſsstab hatten, worauf sie die richtigste Abtheilung, und sogar die Ungleichheit, nebst dem Ab - und Zunehmen der zwölf Tagesstunden, durch alle Zeiten des Jahrs, wahrnehmen konnten.” Siehe Martini a. a. O. S. 66 u. f.
Jakob Ziegler hat ein besonderes Werkchen von der Sonnenuhr nach des Berosus Erſindung geschrieben und ihre Einrichtung erklären wollen. (De cano-nica organi sphaerae a planetis operatione, welches sowohl seinem 1531. zu Basel gedruckten Commentar über den Plinius, S. 351. angehängt, als auch besonders abge-druckt und vom Marchese Poleni seinen Exercitatt. Vitruvian. 1741. S. 275 — 281. ganz einverleibet ist.) Ich verweise aber niemand darauf. Denn nach der Ver-gleichung seines Ideals mit den Vitruvischen Worten, finde ich, daſs der Ausdruck, excavatum ex quadrato, aus einem Quaderstein ausgehöhlt, nicht darauf passet. Es ist nicht sowohl im Quaderstein ausgehöhlt als vielmehr auf einen, nach dem Klima, d. i. nach der Polhöhe, gehauenen Quaderstein hingestellt. Seine Zeichnung ist schon deswegen unrichtig, obgleich Weidler (Histor. Astronom. c. III. §. 11. p 34.) und andere darauf verweisen. Vielleicht würde sich auch nie-mand jemals einen angemessenen Begriff von dieser Berosischen Erfindung machen können, wenn nicht ein, der Kunstgeschichte günstiges Schicksal gewollt hätte, daſs in unserem Jahrhunderte etliche uralte Sonnenuhren, die der Vitruvischen Schilderung gänzlich entsprechen, aus dem Schutte gegraben werden sollten. Die Erste ward im J. 1741. auf dem Tusculanischen Berge, aus den Ruinen einer Villa, welche sehr wahrscheinlich das Ciceronische Tusculan gewesen ist, hervorgezogen, in einer italiänischen Abhandlung beschrieben und durch Zeichnungen erläutert. (D’ una antica villa scoperta sul dosso del Tusculo, e d’ un antico orologio a Sole, trà le rovine della medesima ritrovato, dissertazioni due, composte dal P. Gio. Luca Zuzzeri, della comp. di Giesù. Venezia 1746.)” (Siehe die Beschreibung und Zeichnung dieser Tusculanischen Sonnenuhr in Martini’s Abhandl. u. s. f. Seite 49 — 55. und Kupfertafel I. Fig. I. u. II.) “Wenige Jahre nach dieser Entdeckung, wurde eine ganz ähnliche Sonnenuhr zu Castelnuovo im Kirchenstaate ausgegraben; und der damals lebende Papst, Benedikt XIIII. lieſs sie, im J. 1751. im Capitol aufstellen. — Im Jahre 1751. ward zu Rignano, nicht weit von Castelnuovo, noch eine ausgegraben. Diese wird zu Rom, im Hause Lucatelli aufbehalten, und ist der vorhergehenden abermals ganz gleich. Beyde sind aus gemeinem Traventinstein gehauen: und in ihrer sphäri-schen Aushöhlung sind die Stundenlinien, der Äquator, und die beyden Wen-dezirkel ebenfalls angegeben. (Le Pitture d’ Ercolano, Tom. III. p. 377. le note 130. 131. 133.) — Eine andere, von allen vorigen in etwas verschiedene Sonnenuhr

Den Nachen — scaphe, — oder die Halbkugel — hemi-sphaerium — Aristarchus von Samos; eben derselbe auch den Teller auf einer ebenen Fläche — discus in planitia:

dieser Art ward im J. 1762. zu Pompeji wieder ans Licht gebracht, sogleich in einer gedoppelten Ansicht, von vorn und im Profil, gezeichnet, als Schluſsleiste des dritten Bandes der Herkulanischen Gemählde angebracht, und daselbst S. 337. n. 129. beschrieben.” S. Martini a. a. O. S. 48 — 56. Eine zu Athen befindliche antike Sonnenuhr siehe in Stuart’s ant. of Athens. Vol. II. p. 29. und in Newton’s Vitruvius Fig. LXX. Vol. II. Siehe oben B. I. K. I. S. 23. Anmerk. Ein groſser Mathematiker, Zeitgenosse des Stoikers Kleanthes, und des Zeno Nachfolger in der Alexandrinischen Schule. Er lebte um die 129 Olympiade, oder 264 Jahr vor C. G. confer Weidler. hist. Astron. c. VI. §. 4. p. 127. sqq. “Dessen ersten zwo Erfindungen Skaphe oder Skaphion (auch diesen Namen findet man) und Hemisphärium, haben ihre Benennungen bloſs der äuſserlichen Gestalt zu verdanken. Jene mochten mit kleinen Kähnen, diese mit halben Sphären, eine groſse Ähnlichkeit haben. Folglich hat-ten sie nicht weniger, als die Berosische, eine Vertiefung; nur mit diesem Unter-schiede, daſs sie sich auf allen Seiten wieder erhoben, und also einen Rand bekamen. Dergleichen kahnförmige oder halbsphärische Sonnenuhr wurde vermuthlich auf Säulen, bald horizontal, bald vertikal gestellt und befestiget. Wenigstens steht sie so auf dem von Winkelmann angeführten und beschriebenen Gefäſse (Monu-menti antichi etc. p. 203.) (s. Fig. VII. hinter Martini’s Abhandl. u. s. f.) und auf dem alten, vormals in Ravenna befindlichen Sonnenzeiger, den man Herkules Horarius hieſs, weil ein Herkules diese Uhr auf den Schultern trug. (s. Fig. VIII. a. a. O.) Betrachtet man die Zeichnungen dieser Denkmäler des Alterthums, so lehrt der Augenschein, daſs sie nicht nur die Gestalt eines Kahns oder Hemisphä-riums haben, und also der Vitruvischen Beschreibung entsprechen; sondern daſs sie auch eine vertikale Stellung, und den Zeiger nicht in der Mitte, sondern ganz am obern Rande haben. Sie zeigen zugleich, daſs ebenfalls Stundenlinien auf solchen Werkzeugen gezogen waren. Spuren von Äquinoctien und Solstitien zeigen sich wenigstens auf diesen beyden nicht; es folgt aber darum nicht, daſs dieselben auf gar keinem wären gezeichnet worden. — Von der dritten Erfindung des Samischen Ari-starchs, welche Vitruv discum in planitia nennt, wissen wir nichts Wesentliches und Eigenes zu melden. Vermuthlich zeichnete sie sich bloſs dadurch aus, daſs sie, ohne einige Vertiefung, bloſs auf einer Ebenfläche, entworfen und ausgeführt war. Hatte sie diese Einrichtung, so läſst sich ihre Gestalt leicht denken; hatte sie sie

Das Spinnengewebe — Arachne — der Astronome — astro-logus — Eudoxus; nach anderen Apollonius:

Den Plinthus, oder das Deckenfeld — lacunar, — derglei-chen im Flaminischen Circus steht, Skopas von Syrakus:

nicht, so kann niemand, ohne ein Original, oder eine Originalzeichnung, eine Vor-stellung davon geben. Über Muthmaſsungen kann man die Sache nicht treiben.” Martini a. a. O. S. 98 u. f. Der Knidier Eudoxus, ein geschickter Astronome, Meſskünstler und Arzt, lebte ungefähr 400 J. vor C. G. und war ein Zeitgenosse des Plato, Aristoteles, Thucydides, Xenophons und anderer berühmter Männer, conf. Weidler. l. c. c. V. §. 19. p. 93. sq. — Ich glaube, eine Sonnenuhr, wie Eudoxus erfand, habe nicht nur auf einer ebenen Fläche, sondern auch in einer sphärischen Verhöhlung gezeichnet werden können. Und wahrscheinlich legte ihr Erfinder die letztere zum Grunde, weil er sie in den bereits vorhandenen Sonnenuhren schon fand. Zum Beweise meiner Meinung, lege man nur die erste Zeichnung der Tusculanischen zum Grunde. Auf dieser theile man die sechste Stundenlinie LEM in 6 Theile, so daſs 3 zwischen LE, und 3 zwischen EM fallen; wovon jene, beym Zunehmen des Tages, auf die Monate Jänner, Hornung, März, und beym Abnehmen auf den October, November, December, diese hingegen, ebenfalls beym Zunehmen, auf den April, May und Junius, beym Abnehmen aber auf den Julius, August und Sep-tember, sich beziehen. In gleiche 6 Theile schneide man alle übrige Stundenli-nien: sodann ziehe man zwischen jeden zween Punkten zwoer Stundenlinien, zum Beysp. der sechsten und fünften, ingleichen der sechsten und siebenten, ferner der 5. und 4. der 7. und 8. u. s. f. gerade Linien; so wird man ein Netz bekommen, das einer Spinnewebe sehr ähnlich seyn wird. Verfuhr Eudoxus auf solche Weise; so durfte er sich von der ersten Einrichtung nicht sonderlich entfernen, und lieferte zugleich eine Sonnenuhr, worauf man, auſser den Tagesstunden auch den Monat, worinnen man lebte, abnehmen konnte. Das Ideal (Fig. V.) kann solches einiger-maſsen erläutern.” Martini a. a. O. S. 85. Vom Apollonius siehe etwas weiter unten bey Gelegeheit der köcherförmi-gen Sonnenuhr. Vielleicht brachte er die Eudoxische Erfindung auch nur zu einer gröſsern Vollkommenheit und Richtigkeit. Daſs dieser Skopas von Syrakus von dem Bildhauer Skopas aus Paros ganz verschieden sey, ist wohl auſser Zweifel, da ihn das Vaterland selbst unterschei-det, und sonst nichts sich denken läſst, das auf den Verdacht leiten könnte, als ob

Das Prostahistorumena (für die Polhöhe berühmter Orte) Parmenion:

er einerley mit demselben sey. Siehe Heynens Antiq. Aufs. I. S. 233. Übri-gens lesen andere Scopinas, da es denn sehr wahrscheinlich wird, daſs derselbe Scopinas von Syrakus hier gemeint sey, dessen Vitruv bereits oben B. I. K. 1. unter anderen groſsen Geometern, Astronomen und Mathematikern erwähnt hat. — “In Ansehung dessen neuer Gattung von Sonnenuhren, Plinthium oder Lacunar vom Vitruv genannt; so bekam sie diesen Namen unfehlbar von ihrer äuſserlichen Ge-stalt. Baldus (in lex. voc. Vitruv. p. 88.) glaubt, Sonnenuhren dieser Art wären auf einer horizontal liegenden Marmorplatte, welche die Gestalt eines Mauerziegels gehabt, verzeichnet gewesen, und hätte deswegen Plinthium geheiſsen. Mit dieser Idee kann er nur den folgenden Vitruvischen Ausdruck, sive lacunar, welcher eine Vertiefung anzeigt, und doch eine Erläuterung des erstern seyn soll, nicht vergleichen; und möchte folglich sive laterem, anstatt sive lacunar, lesen. Eine unnöthige Ände-rung des Textes! In der Baukunst heiſst lacunar oft so viel, als laquear: und bedeutet eine Decke oder Wand, von Gyps oder Täfelwerk, worein vertiefte Felder, fast wie Nischen, gearbeitet sind; oder auch selbst eine solche Vertiefung. Folglich sind tecta lacuata nichts anders, als laqueata, das ist, Decken, worinnen dergleichen tiefere viereckige Felder stehen. Vermittelst dieser Idee wird man sich, wo nicht einen vollkommenen, doch einigen Begriff, von des Skopas, oder Skopinas Erfin-dung machen können. S. Martini a. a. O. S. 92 u. s. f. Wir finden nicht, wer dieser Künstler gewesen, noch wann und wo er gelebt habe. — Das Prostahistorumena muſste unstreitig eine leichte Maschine zum Tragen seyn, die man von einem Orte zum anderen bringen konnte. Ferner muſste sie, wie eine Scheibe gedrehet und der Breite des Ortes gemäſs, gestellt werden können: widrigenfalls hätte der Zeiger die Stunden nicht richtig angedeutet. Wahr-scheinlich ist diejenige alte im Römischen Gebiete gefundene Sonnenuhr aus Bronze, die der P. Gianfrancesco Baldini (Saggi di dissertazioni accademiche publi-camente lette nell’ Accademia Etrusca di Crotona, Tom. III. Diss. 7. p. 185 u. f.) etwas Ähnliches, oder gar eine Sonnenuhr dieser Art (siehe Beschreibung und Zeich-nung derselben bey Martini a. a. O. S. 128. Fig. X.) s. Martini a. a. O. S. 101. u. f.

Das Prospanklima (für alle Polhöhen,) Theodosius und Andreas: Patrokles das Pelecinon (zweyschneidige Beil): Dionysiodor, den Kegel: Apollonius, den Köcher, — Pharetra.

Beyde Männer sind heut zu Tage wenig bekannt, und es läſst sich nichts Bestimmtes über sie sagen. Ihre allen Polhöhen angemessene Maschine muſs eben-falls eine bewegliche Scheibe, worauf die Stundenlinien gezeichnet waren, gehabt haben, damit der Zeiger eine Stellung erhielt, wie es die Breite eines jeden Orts, wo man sie brauchen wollte, unumgänglich erforderte. Um eben dieser Ursache willen, muſs sie leicht und bequem zum Fortbringen gewesen seyn; daſs man sie vielleicht auf Reisen bey sich führen, und, im Fall der Noth, sogleich hinstellen konnte. Wird aber hieraus nicht begreiflich, daſs sie der vorhergehenden ziemlich ähnlich seyn muſste? S. Martini, S. 104. Ist dieſs der berühmte Bildhauer Patrokles, der Nacheiferer des Phidias, so hat er nach Plinius B. XXXIV. K. 19. in der 95 Olympiade gelebt, und nach Pausanias ist Kroto seine Geburtsstadt und Katyllus sein Vater gewesen. Die von ihm erfundene Sonnenuhr hatte das Ansehen eines zweyschneidigen Beils. Zuzzeri hat eine Erfindung dieser Art aus dem Lambecius genommen und nach-gezeichnet, und aus dessen Schriften ist sie bey Martini a. a. O. Fig. VI. ent-lehnt. Diese Zeichnung widerlegt verschiedene Muthmaſsungen und Verbesserungen des Vitruvischen Textes, welche von vielen gewagt, und von Baldus und de Laet angeführt worden sind. Vielleicht ist dieſs der Mahler Dionysidorus aus Kolophon, der Schüler des Kritias, den Plinius B. XXXV. K. 39. §. 42. und B. XXXIV. K. 19. §. 25. in Verzeichnissen von Künstlern nennt, die sich an Ruhm gleich waren, aber keine auſserordentliche Stücke verfertiget hatten. Seiner Erfindung gab er die Gestalt des Kegels. Wahrscheinlich der Pergäische Apollonius. Dieser gleich groſse Geo-meter und Astronome lebte ungefähr 230 oder 240 Jahr vor C. G. Die Ähnlichkeit seiner Erfindung mit einem Köcher ist ganz unstreitig die Ursache ihrer Benennung gewesen. Wie sie aber eingerichtet gewesen, läſst sich nicht errathen.

Auch noch andere Gattungen der Sonnenuhren sind sowohl von den erwähnten, als auch von verschiedenen anderen Künstlern erfun-den worden; als die Gonarche, das Engonaton und das Anti-boreum.

Auch haben verschiedene zu Reise-Sonnenuhren zum An-hängen — viatoria pensilia — Anweisung gegeben. Man kann sie nach der gegebenen Anleitung leicht nachmachen — subjectionem in-venire, — sobald man sich nur auf Verzeichnung des Analemma’s ver-steht.

Die Namen dieser drey Erfindungen geben nicht das geringste Licht über ihre Einrichtung. Ihre Ableitung läſst sich sogar, weil sie nicht griechisch geschrie-ben sind, nicht wohl errathen. Die beyden ersten können eben sowohl von γόνυ, das Knie, als von γωνία, der Winkel herstammen. Vielleicht war Gonarcheweil ἀρχὴ, der Anfang, und folglich das Äuſserste, Oberste heiſsen kann — eine Sonnenuhr, die entweder oben auf einem Knie, oder auf einer kleinen und an der Ecke eines Hauses oder Gebäudes hervorstechenden Erhöhung, dergleichen man an alten Gebäuden mit Wappen oder dergleichen sieht, gezeichnet und ausgeführt war. Zu dem Engonaton kann die Benennung des Sternbildes Engonasis, Griechisch ὀ ἐν γόνασιν, Anlaſs gegeben haben. Dieses stellte den Herkules auf den Knien (ἐν γόνασι) mit einem Drachen streitend vor. Hatte der Meister die Sonnenuhr nach diesem Vorbilde auf dem in der Hand des Knienden sich emporhebenden, und mit dem oberen Theil des Halses sich krümmenden Drachen (s. Hygini Poet. astron. l. III. p. 79.) verzeichnet; so konnte sie Engonaton heiſsen, weil sie ein Herkules ἐν γόνασι, knieend trug. (s. Pitt d’ Ercol. Pref. T. III. p. X. n.9.) — Von der dritten Erfindung Antiboreum ist weder etwas zu errathen, noch zu sagen. Vielleicht ist das Wort gänzlich falsch. S. Martini a. a. O. S. 106 u. f. Die erste Spur, daſs die Alten Uhren bey sich trugen, erblickt man in einer Stelle des komischen Dichters Bato, welche Athenäus aufbehalten hat. Dieser gehört schon unter die Verfasser der neuen Komödie in Griechenland: und wir haben von ihm mehr nicht, als einzelne Bruchstücke. Unter seinen dramatischen Aufsätzen war einer Androphonos betittelt: und darinnen sagte jemand zu einem anderen höchst miſstrauischen Menschen: “Trägst Du doch, gleich vom Morgen an, die Flasche mit umher, und giebst auf das Öl darin so Achtung, daſs man denken sollte, Du trügest einen Sonnenzeiger, nicht eine Flasche, bey Dir.” — S. Mar-tini S. 124.
Es ist nicht bekannt, welches Volk die Sonnenuhren zuerst erfunden habe. Die gröſste Wahrscheinlichkeit ist jedoch für die Babylonier. Wenigstens haben von ihnen, nach Herodot, die Griechen den Schattenzeiger oder Sonnenweiser und die zwölf Theile des Tags erlernet. Berosus (um d. J. 640. vor C. G.) hatte unfehlbar schon in Chaldäa gewisse Erfindungen gesehen, und daher Gelegenheit genom-men, seine Sonnenuhr nachzubilden. Sein Aufenthalt auf der Insel Kos oder Koa, macht es höchst wahrscheinlich, daſs er sie auch in der Hauptstadt dieses Eilandes zuerst aufgestellt habe. Athen hatte eine Sonnenuhr von seiner Erfindung, wie wir oben Seite 221. Anmerk. ersehen haben; man weiſs aber nicht, weder wann, noch durch wen es solche bekommen habe. Auch noch eine andere war daselbst am Windthurme des Andronicus Kyrrhestes (siehe oben B.I. K. 6. S. 45 u. f. die Anmerkungen.) Sparta hatte wenigstens Eine Sonnenuhr, sie mag nun des Anaximanders oder Anaximenes Anstalt gewesen seyn. (Siehe Martini a. a. O. Seite 74 f. und 79 f.) Und so haben vermuthlich alle etwas wichtige Städte, sowohl des eigentlichen Griechenlandes, als anderer Landschaften, die von Griechen bewohnt wurden, nach und nach dergleichen Maschinen in ihren Mauern aufstellen können. Endlich erhielt auch Rom fast 500 Jahre nach seiner Erbauung, eine solche Sonnenuhr. Hören wir darüber den Plinius B. VII. K. 60.” Auch diese Erfindung kam spät nach Rom. In den zwölf Tafeln wird bloſs des Auf- und Untergangs der Sonne gedacht: Erst einige Jahre nachher wurde auch der Mittag hinzugesetzt. @— Plinius irrt sich; A. Gellius B. XVII. K. 2. führt aus der ersten der XII Ta-feln Stellen an, wo der Mittag (meridies) ausdrücklich genannt wird. Auch sagt Censorin: In den XII Tafeln werden keiner Stunden gedacht, wie nachmals geschah; wohl aber des Vormittags; weil nehmlich damals der Tag durch den Mittag in zwey gleiche Hälften getheilt wurde.) “Ein öffentlicher Diener (accensus) der Consulen rief ihn ab, wann er die Sonne vom Rathhause aus zwischen der Red-nerbühne und dem Gesandtenhause (Graecostasis) erblickte: Wann sie sich von der Mänischen Säule gegen das Gefängniſs hinabneigte, verkündigte er die letzte Stunde. Inzwischen geschah dieſs nur an heiteren Tagen, bis zum ersten Punischen Kriege. Die erste Sonnenuhr (solarium horologium) zu Rom soll, nach des Fabius Vestalis Berichte, L. Papirius Cursor 11 Jahr vor dem Kriege mit dem Pyr-rhus, als er den, vom seinem Vater gelobten Tempel des Quirinus einweihete, neben

Von denselben Schriftstellern ist auch die Kunst Wasseruh-ren zu verfertigen, ersonnen worden. Der allererste Erfinder der- selben ist Ktesibius von Alexandria, dem man auch die Ent-deckung des Gases — spiritus naturales, — oder der luftförmigen Stoffe — pneumaticae res — zu danken hat. Gewiſs ist es für Lieb-haber wissenswerth, wie er auf diese Erfindungen gerathen ist.

demselben aufgestellt haben. Allein er meldet weder Einrichtung noch Meister dieser Sonnenuhr, noch woher sie nach Rom gebracht worden, noch bey wem er diese Nach-richt gefunden habe. M. Varro hingegen berichtet: Die erste Sonnenuhr zum öffent-lichen Gebrauche habe im ersten Punischen Kriege der Consul M. Valerius Mes-sala auf einer Säule neben der Rednerbühne aufgerichtet: Nach Eroberung der Stadt Catina (itzt Catania) in Sicilien sey sie, 30 Jahre später als die Nachricht von der Papirischen lautet, von dort im Jahre Roms 491. herüber gebracht worden. Ungeachtet die Linien mit den Stunden nicht richtig übereinstimmten, richtete man sich dennoch 99 Jahre darnach, bis nehmlich Q. Marcius Philippus, gleichzeitiger Censor mit L. Paulus, eine andere, welche mit mehr Genauigkeit eingerichtet war, daneben stellte: ein Geschenk, das man unter allen seinen Censorischen Gebäuden, vorzüglich mit Dank annahm. Jedoch selbst damals waren bey trübem Wetter die Stunden ungewiſs, bis zum nächsten Lustrum. Da theilte Scipio Nasica, des Länas College, zuerst vermittelst des Wassers die Nächte eben so wie die Tage in Stunden ein. Er stellte diese Uhr (horologium) unter ein Dach und weihete sie im Jahre Roms 595. (158 Jahre vor C. G.) ein. So lange war der Römer Tagesmaaſs unbestimmt!” — Von Rom, wo es bald mehrere Sonnenuhren gab, verbreitete sich der Gebrauch derselben nicht allein in andere Städte, sondern auch in die Landhäuser der Reichen (Siehe die Beschreibung der Sonnenuhr auf des Varro Landgute unweit Casinum, oben Buch 6. dritte Beylage am Ende.) So gut, so richtig aber dergleichen Sonnenuhren, in gröſsern und kleinern Städ-ten, auch seyn mochten; so stunden sie dennoch nur an Einem, oder an wenigen Orten; so daſs man entweder selbst hingehen, oder jemand schicken muſste, um die wahre Tageszeit zu erfahren. Wohlbemittelte Leute thaten das Letztere, und unter-hielten zu solchem Ende einen eigenen Bedienten — Stundenherold; oder hatten wenigstens jemand an sich, der ihnen, für ein gewisses Geld, die verschiedenen Stunden täglich meldete. Wir ſinden in griechischen und römischen Schriftstellern, Spuren dieser sehr üblichen Gewohnheit. Nach und nach scheint sie aus dem bür-gerlichen Leben in die Tempel übergegangen zu seyn. Auch da waren Personen angestellt, die wenigstens einigen Gottheiten, durch Rufen oder Trompetenblasen gewisse Stunden anzeigen muſsten. Vermuthlich stammte Letzteres aus den Kriegs-gebräuchen her; denn in Feldzügen wurden die verschiedenen Nachtwachen durch ein Zeichen auf der Trompete angegeben. Von kleinen Marktflecken aber, und von

Ktesibius, eines Barbiers Sohn zu Alexandria, zeichnete sich durch Kopf und Fleiſs unter allen seines Gleichen vortheilhaft aus, und stand im Rufe, die mechanischen Wissenschaften zu lieben. Einst wollte er in seines Vaters Barbierstube einen Spiegel so auf-hängen, daſs er, vermittelst eines verborgenen Gewichts, an einer Schnur leicht auf und nieder gezogen werden könnte, und bewerk-stelligte dieses auf folgende Art:

Er befestigte ein hölzernes Gehäuse — canalis — oben am Balken und brachte darin Rollen — trochlea — an. Über dieses Ge-häuse zog er eine Schnur bis in die Ecke — in angulum, — wo er eine enge Röhre — tubulus — anlegte, in welche er eine an der Schnur befestigte Bleykugel laufen lieſs. Indem das Gewicht durch die enge Röhre hinlief, drückte es die eingeschlossene Luft, und trieb im jähen Herniederlaufen aus der untern Mündung die dicht zusam-mengepreſste Luft mit Heftigkeit ins Freye heraus, wodurch vermöge des Zusammenstoſsens und Berührens ein heller Schall entstand.

Dörfern ist es doch nicht glaublich, daſs auch in allen diesen Sonnenuhren aufge-stellt waren. Ihre Bewohner muſsten immer noch den Stand der Sonne beobachten, und den Schatten messen, wenn sie die Zeit des Tages ungefähr bestimmen, oder die einbrechende Nacht verkündigen wollten. Hierauf ist Rücksicht zu nehmen, um aus solchen Stellen alter Schriftsteller, wo von 6, 7, zehnschuhigen Schatten die Rede ist, nicht gleich zu schlieſsen, daſs in ihren Tagen noch keinerley Art von Uhren vorhanden gewesen sey. Er lebte unter dem Ägyptischen Könige Ptolemäus Evergetes oder Physkon, fast 140 Jahre vor C. G. Scipio Nasica war sein Zeitgenosse.

Augenblicklich begriff Ktesibius, daſs die gedrückte Luft, so wie die plötzliche Ausbreitung derselben, die Ursache dieses Schalls oder Lauts war. Er wendete diese Wahrnehmung an, und so erfand er erst Wasserorgeln — hydraulicae machinae, — nachher Druckwerke — expressiones aquarum, — Automaten, Maschinen aus Hebel oder Radwelle zusammengesetzt — porrecti rotundationisque machinae, — sammt allerley Arten artiger Erſindungen mehr, worunter auch die Wasseruhren — horologium ex aqua waren.

Es ist zu bemerken, daſs Vitruv sich nie des Worts Clepsydra von den Wasseruhren bedient. Bey den Griechen hatte zwar, nach dem Suidas, Clepsydra auch die Bedeutung des astronomischen Instruments, das zum Stundenmaaſse dienet; allein es scheint mir fast, als hätten die Römer damit bloſs das Gefäſs mit einem engen Loche im Boden benannt, welches man in den Griechischen, und seit dem dritten Consulate des Cn. Pompejus, auch in den Römischen Gerichten mit einem bestimmten Maaſse Wassers anzufüllen und bey den Reden der Sachwalter zum Zeitmaaſse zu gebrauchen pflegte: War das Wasser ausgetröpfelt, so muſste auch die Rede zu Ende seyn. Dieſs war gar keine künstlich zusammengesetzte Maschine. Man bediente sich derselben auch im Lager, um darnach die Länge oder Dauer der Wachen abzumessen. — Die Einführung der eigentlichen Wasseruhren zu Rom erhellt aus Anmerk. 8. Seite 33. Aus dem Alterthume ist keine einzige auf uns gekommen. Mehrere Schriften über die Wasseruhren der Alten findet man angeführt in Fabricii Bibliograph. antiquaria. p. 1011. Man hat sie auch ehemals zu astro-nomischen Beobachtungen anwenden wollen; Schriftsteller, die in dieser Absicht davon gehandelt haben, findet man in Riccioli almagest. novo I. p. 117. angeführt. Das Werkzeug, welches wir jetzt unter dem Namen der Wasseruhr haben, ist erst im vorigen Jahrhundert erfunden worden. Es ist eine Walze mit vielen innern Abtheilungen oder Kammern, welche sich, indem das Wasser aus einer Kammer in die andere läuft, um ihre Axe drehet, woran sie mit einem Faden in einem Gestelle, an welchem die Stundenzahlen durch Versuche bestimmt sind, hängt. Das fortrin-nende Wasser verändert sehr langsam den Schwerpunkt der Walze, wodurch die Bewegung fast eben so, wie bey der von den Chinesern erfundenen Quecksilberpuppe, erfolgt. (Siehe Beyträge zur Geschichte der Erfindungen, von J. Beck-mann, ersten Bandes zweytes Stück; 9.)

Die Wasseruhren werden folgendermaſsen verfertiget: Man bohrt ein Loch — cavum — durch eine Goldplatte oder einen Edelstein; weil diese beyde Materien weder durch das durchlaufende Wasser abgenutzt werden, noch Rost ansetzen, der die Öffnung verstopft. Indem das Wasser durch dieses Loch immer gleichmäſsig hindurch läuft, hebt es einen umgekehrten Nachen — scaphum inversum, — von den Künstlern der Gork — Phellos — oder die Pauke — tym-panum — genannt, in die Höhe. Auf denselben ist ein Richtscheit — regula — gestellt, nebst umgehenden Rädern — versatilia tym-pana — mit gleich weit von einander abstehenden Zähnen — denti-culi — versehen. Diese Zähne greifen in einander; treiben so Einer den Andern fort, und bewirken eine abgemessene — modicus — Be-wegung — motio — und Umdrehung. Auſserdem sind noch andere Richtscheite nebst noch anderen, auf gleiche Weise bezahnten — den-tatus — Rädern angebracht, welche zwar alle nur durch Eine Kraft bewegt werden, aber verschiedene Wirkungen und Bewegungen im Umdrehen hervorbringen; denn sie bewegen kleine Statüen, drehen Kegelsäulen um, lassen ovale Steinchen — calculi aut ova — fallen, blasen Trompeten, und was dergleichen Nebenzierrath — parerga — mehr sind. Die Stunden verzeichnet man entweder auf einer Säule oder auf einem Pilaster — parastatica, — und läſst sie durch eine kleine Statue, die unten heraus kommt, den ganzen Tag über mit einer Ruthe anzeigen. Die Angabe aber der ab- und zuneh-menden Stunden pflegt man vermittelst Keile, welche man, an jedem Tage eines jeden Monats, entweder einsteckt oder hinweg-nimmt, zu bewerkstelligen. Dabey sind die Behältnisse — praeclu-sio — zur Wasserökonomie also einzurichten: Man lasse zwey Ke- gelsäulen — meta, — die Eine dicht — solidus, — die Andere hohl drechseln — ex torno perficere, — so daſs Erstere genau in Letztere einpasse, und daſs Ein und dasselbe Richtscheit sie lockerer oder fester in einander drücken und auf diese Weise den Auslauf des Wassers ver-zögern oder beschleunigen könne.

Wahrscheinlich um durch einen Hall die Stunden anzuzeigen, gleich der Wasseruhr des Hippias, von welcher Lucian spricht. S. oben B. V. Kap. 10.

Dieſs die Theorie und der Mechanismus der Wasseruhren für den Winter!

Will aber beym Wechseln der Keile das Ab- und Zunehmen der Tage nicht gehörig zutreffen, weil die Keile leicht Irrthümer ver-anlassen; so verfahre man also: Man verzeichne mit Hülfe eines Ana-lemma’s die Stunden sammt den Linien der Monate schräg auf einer kleinen Säule, und richte die kleine Säule so ein, daſs sie sich drehe. Bey dem beständigen Umdrehen derselben vor der kleinen unten her-auskommenden Statue, wird diese alsdann mit der Ruthe die Stunden-länge jedes Tages in einem jeden Monate richtig anzeigen.

Es giebt noch eine andere Art Winterwasseruhren, welche Ana-porika (d. i. zurückgehende) heiſst, und auf folgende Weise verfer-tiget wird.

Man stellt die Stunden aus Kupferdraht, mit Hülfe des verzeich-neten Analemma’s, vom Mittelpunkte abstehend, ihrer Ordnung nach, in die Fronte; macht in Letzterer rings umher Kreise, welche die Zeit-längen der Monate bestimmen; und hinter dem Kupferdrahte wird eine Scheibe — tympanum — angebracht, worauf der Himmel und der Thierkreis mit den zwölf himmlischen Zeichen vorgestellt sind, und in einem Abstande vom Mittelpunkte die Linien, welche eines jeden Zeichen Raum bald gröſser, bald kleiner bezeichnen. Hinten aber, am Mittel der Scheibe wird eine drehbare Welle — axis versatilis — befestiget, und eine dünne küpferne Kette darum gewunden, an deren Einem Ende der Gork — Phellos — oder die Pauke — tympanum — welche vom Wasser getragen wird; an dem andern Ende aber ein Gegen-gewicht von Sande — sacoma saburrale, — gleicher Schwere mit dem Gorke, hängt. Um wie viel nun vom Wasser der Gork empor gehoben wird; um so viel drehet das niedersinkende Sandgewicht die Welle, und diese wieder die Scheibe herum: Die Umdrehung der Scheibe aber macht, daſs hier — alias — ein gröſserer, dort — alias — ein klei-nerer Theil des sich ebenfalls herumdrehenden Thierkreises die Be-schaffenheit der Stunden den Jahrszeiten gemäſs angiebt. Denn in jedem Himmelszeichen sind so viele Löcher gebohrt, als in jedem Mo-nate Tage enthalten sind; der Knopf — bulla — aber des hineinge-steckten Stifts vertritt auf der Uhr gleichsam die Stelle der Sonne, bezeichnet die Stundenlänge, und durchläuft, indem er von einem Loche — terebratio — in das andere gesteckt wird, den ganzen Mo-nat. Gleichwie nun die, durch die Sternbilder wandelnde Sonne Tage und Stunden verlängert und verkürzt; eben so bildet auch der durch alle Punkte gegen die Bewegung des Mittelpunkts der Scheibe einhergehende Stiftsknopf auf der Uhr, indem er zu gewissen Zeiten durch weitere, zu anderen durch engere Räume fortgerückt wird, den monatlichen Verhältnissen gemäſs, die Tage und Stunden.

In Ansehung der Ökonomie — administratio — des Wassers, nehm-lich wie selbiges zweckmäſsig zu vertheilen, ist also zu verfahren:

Hinter der Fronte der Uhr, im Innern derselben, lege man einen Hälter — castellum — an, in den das Wasser durch eine Röhre fällt, und der unten mit einem Loche — cavum — versehen ist. Man löthe an dieses Loch eine küpferne Trommel — tympanum — an, welche gleichfalls mit einem Loche — foramen — versehen ist, wo-durch das Wasser aus dem Hälter hinein laufen kann. In diese Trommel aber schlieſse man eine andere kleinere ein, und befestige sie ver-mittelst wohlgedreheter Zapfen und Pfannen — cardinibus, masculo et femina — so fest an einander, daſs die kleinere Trommel, indem sie in der gröſseren umgeht, sich gleich wie ein Hahn — epistomium, — klamm und langsam drehet. Man bezeichne am innern Rande der gröſseren Trommel in gleichweiten Zwischenräumen 365 Punkte: und mache auf der äuſsersten Circumferenz der kleineren Scheibe — orbiculus — ein Züngelchen — lingula, — dessen Spitze nach jenen Punkten hinweise. Hauptsächlich aber muſs das Loch in der kleinen Scheibe, wodurch das Wasser aus derselben wieder in die groſse Trom-mel zurückläuft, so angebracht werden, daſs es auch wirklich zur Ökonomie beytrage. Nehmlich: Auf der gröſsern Trommel Rande sind die himmlischen Zeichen vorgestellt; sie selbst aber ist völlig unbeweglich. Ganz oben auf derselben steht der Krebs; ganz unten senkrecht darunter, der Steinbock; zu des Beobachters Rechten die Wage; zur Linken der Widder; und die übrigen Zeichen so zwischen jene vertheilt, wie wir sie am Himmel erblicken. Steht nun die Sonne im Steinbocke, so strömt, während daſs das Züngelchen an der gröſsern Trommel Rande täglich einen Punkt des Steinbocks nach dem andern berührt, in die kleinere Scheibe senkrecht ein groſses Gewicht Wassers ein, das vermöge seines eigenen Drucks geschwind durch der kleinen Scheibe Loch in das, zu dessen Aufnahme bestimmte Becken getrieben wird; da es aber flugs wieder ersetzt wird, durch sein Eilen die Tages - und Stundenlänge verkürzt. Rückt aber, vermittelst des täglichen Umtriebes der kleinen Trommel das Züng- lein in den Wassermann; so strömt das Wasser nicht mehr senkrecht durch die Löcher ein. Bey dessen minder heftigem Zuflusse muſs also auch dessen Ausfluſs langsamer von Statten gehen: Darum je we-niger schnell es in das Becken springt, um desto mehr verlängert es das Maaſs der Stunden. Steigt darauf das Zünglein durch die Punkte des Wassermanns und der Fische, gleichsam stufenweise, bis zum Ach-tel des Widders in die Höhe; so springt aus dem Loche der klei- nen Scheibe das Wasser gemäſsigt, und giebt die Stunden der Nacht-gleiche. Bey fernerem Umdrehen der Scheibe gelangt aus dem Wid-der durch des Stiers und der Zwillinge Raum das Zünglein zu den allerhöchsten Punkten, zu dem Achtel des Krebses: Das Loch der kleinen Scheibe erhält dadurch eine sehr erhabene Stellung; dabey ver-liert das Wasser seinen Nachdruck, und springt also langsamer und bildet durch seinen Verzug die langen Stunden der Sommersonnen-wende. Vom Krebse neigt sich nun wieder das Zünglein abwärts, und wandelt durch den Löwen und die Jungfrau zum Achtel der Punkte der Wage hin: Indem es so wieder zurück kehrt, läuft es nach und nach geschwinder und kürzt die Stunden ab, so daſs es in dem benannten Punkte der Wage wiederum die Stunden der Nachtgleiche hervorbringt. Endlich senkt sich durch den Skorpion und den Schü-tzen das Zünglein, und mit ihm das Loch, tiefer und tiefer, bis es zu-letzt wieder, nach vollendetem Umlaufe, das Achtel des Steinbocks erreicht; da denn das Wasser aufs neue mit äuſserster Schnelligkeit springt, und also die kürzesten Stunden des Winters zurückbringt.

Galiani scheint mir von Vitruvs Vorstellung nicht einen ganz klaren Begriff gehabt zu haben. Der Ausdruck cardo masculus et femina erklärt sich von selbst, wenn man sich erinnert: daſs cardo bey den Alten aus einer Kapsel nebst einer Platte bestand. Diese Kapsel lief nehmlich dergestalt auf der Platte, daſs wenn erstere unten eine halbe Kugel hatte, in der Platte eine hohle Vertiefung war, in welcher der convexe Theil lief; und wenn die Kapsel unten offen war, so hatte die Platte eine erhobene Halbkugel, die genau in die Öffnung der Kapsel paſste. Siehe Winkelmanns Sendschr. von den Herkul. Entdeckungen S. 53. Anstatt et servat administration@m, lese ich ut serviat administrationi Wodurch nehmlich die Umdrehung der Scheibe beschleunigt wird. Daſs anstatt maioris, wie gewöhnlich gelesen wird, hier minoris stehen müsse, erhellt daraus, daſs kurz zuvor ausdrücklich gesagt worden, die gröſsere Trom-mel sey unbeweglich. Ich lese discedunt anstatt descendunt; und anstatt aquae vehementi cursu, lese ich aquae minus vehementi cursu. Der Sinn erfordert durchaus also. Hier hat Perrault in seiner Übersetzung einige Zeilen ausgelassen. Er läſst die Zunge der kleinen Scheibe gleich in den Krebs rücken, ohne sie zuvor, wie doch Vitruv thut, durch den Widder zu führen und so die Stunden der Nacht-gleiche zu bezeichnen.

So habe ich nach bestem Vermögen die Theorie der Ver-zeichnung und der Verfertigung der zum Gebrauche allerbequemsten Uhren entworfen. Bloſs die Maschi- nenlehre ist nun noch vorzutragen übrig. Von ihr werde ich also, um mein Werk über die Baukunst vollständig zu machen, in folgen-dem Buche handeln.

Von dem Ursprunge unsrer heutigen Uhren mit Rädern und Schlag-werken siehe Beckmanns Beyträge zur Geschichte der Erfindungen ersten Bandes zweytes Stä.ck, I. — Desselben Bandes drittes Stück, I. Und zweyten Bandes viertes Stück, I.
DES MARCUS VITRUVIUS POLLIO BAUKUNST ZEHNTES BUCH.
VORREDE.

Es soll von Alters her in einer groſsen, berühmten Griechischen Stadt, zu Ephesus, ein zwar hartes, jedoch höchst gerechtes Ge-setz vorhanden seyn, vermöge dessen jeder Baukünstler, der ein öffentliches Gebäude übernimmt, gehalten ist vorher zu bestimmen, wie hoch sich die Kosten davon belaufen werden; auch bey Über-gabe des Anschlags — aestimatio — diesen vor Gericht bis zur Been-digung des Baues mit seinem ganzen Vermögen zu verbürgen. Kom-men nach vollbrachtem Baue die Kosten mit der gemachten Schä-tzung genau überein, so wird der Baumeister mit groſsen Ehrenbe-zeugungen belohnt: Übersteigen sie den Anschlag nur um ein Vier-tel, so wird dieses aus der Kämmerey zugeschossen, ohne daſs er bestraft wird: Allein beträgt der Überschuſs mehr als ein Viertel, so muſs der Unternehmer solchen aus seinem Vermögen ersetzen.

Wollten doch die unsterblichen Götter, ein ähnliches Gesetz wäre, nicht nur in Ansehung der öffentlichen, sondern auch der Privatgebäude, dem Römischen Volke gegeben worden! So könn-ten Pfuscher — imperiti — nicht so ungestraft freveln: so würde sich keiner, als der sich eine gründliche Wissenschaft in der Kunst erworben hätte, für einen Architekten ausgeben: so würden die Bauherren — patres familiarum — nicht zu so überschwenglichen Ausgaben verleitet werden, daſs sie nöthig hätten Haus und Hof darüber zu verlassen: so würden die Baukünstler, aus Furcht vor der Strafe, sich desto ernstlicher angelegen seyn lassen, die Kosten auf das allergenaueste zu überschlagen: und die Bauherren würden alsdann im Stande seyn, mit der dazu zurückgelegten Summe, oder mit etwas mehr den Bau glücklich hinaus zu führen.

Wer bey einem Baue sich auf Vierhundert (Thaler) Kosten gefaſst macht; der giebt zu dessen Vollendung wohl noch mit Ver-gnügen Einhundert (Thaler) her: Aber, soll er noch ein halb Mal so viel, oder gar noch mehr nachschieſsen; so fällt ihm das zu schwer, Hoffnung und Muth verläſst ihn, er sieht sich durch die gemachten Ausgaben zu Grunde gerichtet, und — der Bau bleibt liegen. Ein höchst unangenehmer Vorfall! nicht nur bey den Ge-bäuden, sondern auch bey den Fecht - und Scenischen Spielen — munera — obrigkeitlicher Personen auf dem Markte und auf der Bühne, welche weder Aufschub noch Verzug leiden, und noth-wendig zur bestimmten Zeit fertig seyn müssen, so daſs es an nichts fehlt, weder an Sitzen für die Zuschauer, noch am übergespannten Segeltuche — velum, — noch am erfoderlichen theatralischen Ma- schinenwesen. Freylich aber gehört auch dieſs zu vollbringen unge-mein viel Klugheit, Nachdenken, Kopf und Geschicklichkeit dazu. Denn ohne Mechanik, ohne andere mannichfaltige gründliche und schwer zu erwerbende Kenntnisse ist dergleichen nicht ins Werk zu richten möglich.

Siehe oben Buch V. K. 1. S. 201. Zur Erläuterung führe ich hier folgende zwey Stellen aus Römischen Schrift-stellern an. — “In Nachahmung des Campanischen Luxus, — sagt Valerius Maximus Buch 2. Kap. 4. §.6. — hat zuerst Q. Catulus die Sitze der Zuschauer vermittelst eines Schirms — umbraculum — von Segeltuch bedeckt.” Und Plinius der Ältere sagt B. 19. K. 5. 6.: “Leinwand, gleich Kleidern, zu färben hat man zuerst auf Alexanders des Groſsen Flotte versucht, als der-selbe den Indus beschiffte, und dessen Anführer und Hauptleute bey einem Treffen auf solche Weise die Schiffe von einander unterschieden, und die Ufer staunten, als der Wind in bunte Segel blies. Mit einem purpurfarbenen Segel kam und floh Kleo-patra mit M. Antonius bey Actium: Es war dieses das Kennzeichen des Admi-ralschiffs. Nachher gebrauchte man der (purpurfarbenen) Segeltücher bloſs zur Beschirmung der Theater. Q. Catulus verfiel zu allererst auf diese Erfindung, als er das Capitol einweihete. Carbasinische Leinwand soll in der Folge, der Erzäh-lung nach, Lentulus Spinter in den Apollinarischen Spielen zuerst über das

Bey so bewandten Umständen nun wäre es wohl sehr füglich, wenn, vor Übernehmung solcher Werke, alles dazu Erforderliche mit gröſster Sorgfalt und Genauigkeit berechnet würde.

Da jedoch weder durch Gesetz noch Sitte hiefür gesorgt ist, und gleichwohl die Prätoren und Ädilen jährlich, der Spiele wegen, allerley Gerüste zu errichten haben; so scheint es mir zweckmäſsig, o Kaiser, da ich in den vorhergehenden Büchern von den Gebäu-den gehandelt habe, in diesem Buche, womit ich das ganze Werk zu beschlieſsen gedenke, die Grundsätze der Mechanik vorzutragen.

Theater gespannt haben. Bald nachher überspannte damit der Dictator Cäsar den ganzen Römischen Markt, und die heilige Straſse von seinem Hause an bis hin zum Capitolinischen Berge; welches noch mehr Bewunderung als die Fechterspiele selbst erregt haben soll. Auch ohne Spiele zu geben beschattete nachmals Marcellus, Augusts Schwestersohn von der Octavia, als er Ädil und sein Oheim zum eilf-tenmale Consul war, am ersten August vermittelst Segeltücher den Marktplatz, bloſs um denselben für die rechtenden Parteyen gesünder zu machen. Welch eine Verän-derung der Sitten seit Cato, dem Censor, der den Vorschlag that, den Markt mit spitzen Steinen zu pflastern. Vor kurzem wurden auch himmelblaue gestirnte Segeltücher vermittelst Taue über das Amphitheater des Kaisers Nero gezogen. Rothe Segeltücher beschirmen noch unsere Höfe, und schützen den Rasen vor der Sonne. Sonst ist die weiſse Farbe allgemein beliebt.
ERSTES KAPITEL. Maschine — machina. — Instrument — organon. —

Eine Maschine ist eine feste Verbindung von Holzwerk, inson-derheit um schwere Lasten damit zu bewegen, welche auf eine künstliche Art vermittelst der Kreisbewegung, welche die Griechen κυκλικὴν κίνησιν nennen, in Bewegung gesetzt wird.

Es giebt deren drey Gattungen. Die erste heiſst Steigma-schine oder Steige — scansorium, — Griechisch ἀκροβατικόν: Die zweyte, Luftmaschine — spiritale, — Griechisch πνευματικόν: Die dritte, Zieh - oder Hebemaschine — tractorium, — Grie-chisch βάναυσον.

Die Steige ist ein Werkzeug, welches aus aufrechtstehenden Bäumen — tigna statuta, — durch dazwischen befindliche Querhöl-zer oder Sprossen — transversarii — verbunden, besteht, vermittelst desselben ohne Gefahr in die Höhe zu steigen und gemachte Zurü-stungen zu beschauen.

Die Luftmaschine ist ein Werkzeug, woraus die Luft mit Hülfe des Druckwerks getrieben wird und so auf eine einfache Weise — organicws — allerley Schalle — plagae — und Stimmen angiebt.

Die Zieh - oder Hebemaschine endlich ist eine Maschine Lasten damit fortzuziehen, oder in die Höhe zu heben.

Die Steigmaschine hat sich weniger einer künstlichen Einrich-tung, als der Kühnheit zu rühmen. Sie besteht bloſs aus den Pflöcken — catenatio — und Sprossen, wodurch die Leiterstangen zu verbinden sind, aus dem Gelenke — plexa colligatio — und aus der Stütze — erismatum fulctura. — Die Luftmaschine hingegen erreicht nur durch viel darauf verwendeten Scharfsinn ihren künst-lichen Zweck. Die Zieh - oder Hebemaschine aber bringt die aller-gröſsten und nützlichsten Wirkungen hervor, wenn sie mit Klug-heit gebraucht wird.

Einige derselben werden auf eine zusammengesetzte — mecha-nicws, — andere auf eine einfache Weise — organicws — in Bewe-gung gesetzt.

Zwischen einer Maschine — machina, Rüstzeug — und einem Instrumente — organum, Werkzeug — scheint mir überhaupt fol-gender Unterschied zu seyn: Die Maschine wird durch mehrere Leute, oder durch gröſsere Kraft zu der bestimmten Absicht in Bewegung gesetzt; als, die Balliste, und die Öl - und Weinpresse: Das Instrument hingegen wird nur durch Einen Mann, der damit umzugehen weiſs, zu seinem Zwecke gehandhabt; als der Skorpion und die Springfeder — anisocyclum. — Beyde aber kommen darin überein, daſs sie zum Gebrauch höchst nothwendig sind, weil sonst alles äuſserst ungemächlich von statten gehen würde.

Die Mechanik selbst ist von der Natur der Dinge erfunden und von dieser Meisterin und Lehrerin uns in der Umdrehung des Himmels gelehrt worden. Man betrachte nur die Beschaffenheit des Laufs der Sonne, des Monds und der fünf Planeten — quinque stellae, — und man wird finden, daſs wenn ihre Umdrehung nicht nach den Gesetzen der Bewegung eingerichtet wäre, wir weder Licht noch reife Früchte auf der Erde haben würden. Unseren Vor-fahren leuchtete dieſs ebenfalls ein: Sie nahmen sich daher die Natur zum Muster, ahmten ihre göttliche Werke nach, und mach-ten also Erfindungen, welche nicht wenig zur Gemächlichkeit des Lebens beytrugen. Hier halfen sie sich durch zweckmäſsige Ma-schinen, dort durch Instrumente; und was sie einmal zum Gebrauch für nützlich erkannt hatten, waren sie bemüht durch Fleiſs, Kunst und mit Scharfsinn abgezogenen Regeln nach und nach zu vervoll-kommnen. Man werfe nur einen Blick auf die ersten Erfindungen des Bedürfnisses, z. B. auf die Kleidung, wie, vermittelst des ein-fachen Verfahrens — organica administratio — mit dem Weberbaume — tela, — aus dem Einschlagen des Eintrags — subtegmen — in den ausgespannten Aufzug — stamen — ein Gewebe entstanden ist, das den Körper nicht nur deckt und schützt, sondern auch ziert und schmückt. Auch an Speise würden wir nicht Überfluſs haben, wäre nicht Joch und Pflug für die Ochsen und das übrige Zugvieh erfun-den worden. Ohne Kelter nebst dazu gehörigem Kreuzhaspel — sucula, — Preſsbaum — praelum — und Hebel, würden wir des Öls und des Safts der Reben entbehren. Und wie wären derglei-chen Dinge von einem Orte zum andern zu schaffen, wofern weder Wagen — plaustrum, — noch Karren — sarracum — zu Lande; noch Schiffe zu Wasser erfunden worden wären? Die Erfindung endlich der Wage und des Gewichts sichert das Leben in wohleingerichte-ten Staaten vor Betrug und Vervortheilung.

Die siebenfache Zahl der Planeten ist schon von den Chaldäern festgesetzt worden; Ptolemäus hingegen und Theon haben Sonne und Mond nicht mit unter die Planeten gezählt. Überhaupt gelangten die Griechen erst spät zur Kennt-niſs der Planeten. Nach Seneka (phys. Unters. VII. 3.) ahndete Demokrit erst,
daſs es mehrere Irrsterne gebe; er gab davon aber weder Zahl noch Namen an. Eudoxus — 400 Jahre vor C. G. — brachte zuerst die Lehre von 5 Planeten aus Ägypten nach Griechenland hinüber.

So giebt es noch unzählige andere Maschinen, deren ich aber weiter nicht erwähne, da sie beständig bey der Hand sind; als Räder, Blasebälge — ſollis — der Schmiede, offene vierräderige Wa-gen — rheda, — zweyräderige Halbewagen — cisium, — Dreheisen — tornus — und dergleichen, deren Gebrauch zur gröſsten Bequem-lichkeit allgemein eingeführt ist. Nur von solchen, welche nicht so üblich, will ich handeln, um sie desto bekannter zu machen.

ZWEYTES KAPITEL. Hebezeug — machina tractoria. — Flaschenzug von drey Rollen — tri-spastos. — Flaschenzug von fünf Rollen — Pentaspastos. —

Zuerst will ich bey denen Maschinen anfangen, welche bey Errich-tung der Tempel und anderer öffentlichen Gebäude unumgänglich nothwendig sind. Man verfertiget sie auf folgende Weise:

Man errichtet drey Rüstbäume — tigna, — deren Stärke mit der zu hebenden Last in Verhältniſs steht; und heftet sie oben so mit einem Bolzen — fibula — zusammen, daſs man sie unten aus einander stellen kann, nachdem man zuvor um das oberste Ende der Rüstbäume Seile — ſunes — gelegt, und diese ringsumher ver-theilt hat, damit sie Erstere aufrechtstehend erhalten. Zuoberst wird ein Kloben — trochlea, — von einigen auch Flasche — recha-mus — genannt, angebunden. Dieser Kloben enthält zwey um ihre Achsen bewegliche Rollen — orbiculus. — Über die obere wird das Zugseil — ductarius funis — gezogen; darauf herniedergelassen und unten um die Rolle eines unteren Klobens — trochlea inferior — geführt; wieder aufwärts um die unterste Rolle des obern Klobens gezogen; von da zum untersten Kloben zurückgebracht und an des-sen Gehänge oder Ring — foramen — das Ende befestiget: Das andere Ende des Zugſeils aber nimmt man einstweilen nach dem Fuſse der Maſchine hin. Hier ſchlägt man an die äuſseren Kanten der ausein-ander gesperrten Rüstbäume Zapfenlager — chelonia — an, und legt einen Haspel mit den Enden hinein, daſs er leicht darin laufe. Die-ser Haspel muſs zunächst den Enden zwey Löcher haben, die so ein-gerichtet sind, daſs Hebel hindurch gesteckt werden können; und an die unterste Flasche — rechamus — muſs eine eiserne Zange — forcipes — gebunden werden, deren Kneipen — dentes — in Gruben, welche in die Steine gehauen sind, greifen. Darauf befe-stiget man jenes andere Ende des Zugseils an den Haspel: Da nun dieser vermittelst der durchgesteckten Hebel umgedrehet wird; so wickelt das Seil sich darum, wird gespannt, und hebt also Lasten in die Höhe und setzt sie an den erforderlichen Ort.

Diese Maschine heiſst ein Trispast, d. i. Flaschenzug von drey Rollen oder Scheiben. Enthält aber der unterste Kloben zwey Rollen, und der oberste ihrer drey, so heiſst dieſs ein Pentaspast d. i. Flaschenzug von fünf Rollen oder Scheiben.

So lese ich mit Philander und Perrault, anstatt forfices. Da mehrerwähntermaſsen die Abtheilung der Kapitel nicht vom Vitruv selbst herrührt: so habe ich kein Bedenken getragen, der Ordnung und des Zusammenhangs wegen, obige, nach dem Zeichen dieser Anmerkung folgende, Sätze aus dem folgen-den Kapitel herüber zu nehmen.
DRITTES KAPITEL. Ein anderes Hebezeug.

Sind Maschinen zu gröſsern Lasten zu veranstalten; so braucht man nur dazu gröſsere und stärkere Rüstbäume zu nehmen, und diese gleichfalls oberwärts vermittelst eines Bolzens zu befestigen, unten aber mit einem Haspel zu versehen. Dieſs gethan, lasse man die Zugseile — ductarii ſunes — schlaff hangen; die Haltseile — reti- nacula — aber schlinge man verlohren um die Arme der Maschine — scapulae machinae, — und, wenn nichts vorhanden ist, woran sie nachmals befestiget werden können, so grabe man zu diesem Zwecke rings umher Pfähle schräg in die Erde ein, und ramme diese fest — ſistucatione solidentur. — Oben an der Maschine befestige man an ein Tau — rudens — einen Kloben, und ziehe zugleich von dem-selben Orte aus ein Seil nach einem Pfahle hin, woran ein Kloben befestiget ist; lasse dieses Seil um die Rolle des Klobens herumge-hen, führe es wieder hinauf zu dem, oben an die Maschine befe-stigten Kloben; lasse es um dessen Rolle ebenfalls herumlaufen, und ziehe es dann wieder hinunter nach dem, unten an der Maschine befindlichen, Haspel und befestige es daselbst. Itzt lasse man den Haspel vermittelst der Hebel umdrehen: Und die Maschine, wie groſs sie auch sey, wird ohne alle Gefahr sich gleichsam von selbst aufrichten. Darauf vertheile man ringsumher die Haltseile und befe-stige sie an die Pfähle; mit den Flaschenzügen aber und dem Zug-seile verfahre man nach obiger Anweisung.

So lese ich mit Philander und Galiani anstatt des gewöhnlichen antarii oder antani.
VIERTES KAPITEL. Noch ein anderes Hebezeug.

Kommen bey einem Baue an Gröſse und Gewicht Riesenlasten — colossicotera onera — vor, so darf man sich dazu des Haspels nicht bedienen; sondern, gleichwie sich der Haspel auf den Zapfenlagern — chelonia — bewegt, so lasse man darauf eine Welle — axis, — welche im Mittel mit einer groſsen Scheibe — tympanum, — von einigen Rad — rota, — von den Griechen aber ἀμφίρευσις oder περί-τροχον genannt versehen ist, laufen. Auch werden bey dieser Maschine die Kloben anders, als bey den vorhergehenden, einge-richtet: Sie haben nehmlich, sowohl unten als oben, doppelte Reihen Rollen; dabey wird das Zugseil durch das Gehänge oder den Ring — foramen — des untersten Klobens dergestalt hindurch gezogen, daſs dessen beyde Enden, wenn es angespannt wird, gleich seyn; und mit einem kleinen Stricke — resticula — wird es alsdann so dicht und fest hier zunächst dem untersten Kloben angebunden, daſs es weder zur Rechten noch zur Linken weichen kann. Dar-auf werden die beyden Enden aufwärts, und von auſsenher über die untersten Rollen des obersten Klobens gezogen; gehen wieder niederwärts, und von innenher über die Rollen des untersten Klo-bens; wieder aufwärts und oben rechts und links von auſsenher über die obersten Rollen des obersten Klobens, und von da endlich zu den beyden Seiten des Rades hin, wo sie an die Welle befesti-get werden. Auſserdem wird ein um das Rad gewundenes anderes Seil nach einer Winde — ergata — hingeführt. Indem diese umge-trieben wird, drehet sich zugleich das Rad mit der Welle um, wodurch die Zugseile gespannt werden und also allmählig die gröſs-ten Lasten ohne Gefahr aufziehen. Will man aber lieber das Rad sehr groſs machen und es anstatt der Winde von innen oder auſsen von Menschen durch Treten umtreiben lassen, so wird derselbe Zweck desto leichter erreicht.

Aus dem Folgenden erhellt, daſs im untersten Kloben nur Eine Reihe Rol-len nöthig ist. Es hat sich also entweder Vitruv hier unrichtig ausgedrückt, oder es ist die gewöhnliche Leseart falsch. Auch finde ich die doppelte Reihe Rollen im untersten Kloben weder im Rusconi, noch Perrault, noch Galiani ver-zeichnet.
FÜNFTES KAPITEL. Polyspast — Polyspastos. —

Es giebt noch eine Art von Hebemaschinen, die ziemlich künstlich und zum geschwinden Gebrauche bequem ist, deren sich aber nur erfahrene Leute bedienen können.

Sie besteht aus einem aufgerichteten Rüstbaume — tignum quod erigitur, — welcher auf allen vier Seiten vermittelst Haltseile befestiget wird. Unter den Haltseilen werden zwey Untersätze — chelonia — angenagelt, woran man mit Stricken einen Kloben bindet: unter die-sem Kloben aber wird ein Richtscheit ohngefähr zwey Fuſs lang, sechs Zoll breit, und ihrer vier dick angebracht. Die Kloben müssen drey Reihen Rollen neben einander — tres ordines orbiculorum in latitu-dine — haben; denn man legt oben um die Maschine drey Zug- seile. Man läſst diese niederwärts nach dem untersten Kloben von innen um die obersten Rollen gehen; dann aufwärts nach dem ober-sten Kloben, von auſsen über die untersten Rollen; wieder nach dem Untersten, von innen um die mittleren Rollen; wieder nach dem Obersten, über die mittleren Rollen; noch einmal nach dem Unter-sten um die alleruntersten Rollen, und nach dem Obersten über die allerobersten Rollen und von da endlich nach dem Fuſs der Maschine.

Eine Abbildung siehe in Leupold, theatrum machinarium Tab. XXXV. ſig.III. und in Contignationes ac pontes Nicolai Zabaglia, una cum quibus-dam ingeniosis praxibus etc. Romae 1743.

Hier bringt man einen dritten Kloben an, den die Griechen ἐπάγων, wir aber Leitflasche — artemon — nennen. Man befesti-get diese Leitflasche an den Fuſs der Maschine. Sie enthält drey Rollen neben einander, worüber die Zugseile gezogen und dann Men-schen zum Ziehen gegeben werden. Drey Reihen Menschen können auf diese Art ohne Winde eine groſse Last geschwind in die Höhe heben. Man nennt diese Art von Maschine ein Polyspast; weil sie vermittelst der vielen Rollen sowohl die Leichtigkeit als die Geschwindigkeit befördert. Der Eine Rüstbaum, woraus sie besteht, führt den Vortheil mit sich, daſs man ihn zuvor nach Belieben rechts oder links neigen kann, um die Last an die gehörige Stelle wieder niederzulassen.

Die hier beschriebenen Maschinen insgesammt werden nicht nur beym Bauwesen, sondern auch zur Beladung und Entladung der Schiffe gebraucht, einige stehend, andere liegend auf beweglichen Krahnständern — carchesium versatile.

Galiani’s Zeichnung Tab. XXV. fig. I. stimmt hiemit nicht überein; wohl aber die des Newton, fig. LXXVI.

Desgleichen werden auch ohne Errichtung von Rüstbäumen, bloſs vermittelst auf der Fläche, nach derselben Methode angelegter Seile und Kloben, die Schiffe aufs Land gezogen.

SECHSTES KAPITEL. Ktesiphons Ziehmaschine.

Es ist zweckmäſsig, hier auch der sinnreichen Erfindung des Kte-siphons, die Säulenschäfte aus dem Marmorbruche — lapicidina — nach dem Dianentempel zu Ephesus zu schaffen, zu gedenken.

Wegen der Schwere der Last und wegen des weichen Bodens wagte es Ktesiphon nicht, sich dazu der Wagen zu bedienen, weil er fürchtete, daſs die Räder versinken — devorari — möchten; er verfuhr daher folgendermaſsen: Er zimmerte vierzöllige — trientalis — Hölzer, stellte deren zwey in die Quer zwischen die beyden anderen, welche die ganze Länge eines Säulenschafts hatten, und fügte und ver-band sie zusammen. Darauf lieſs er eiserne Bolzen — chodaces oder cnodaces — wie Zapfen — subscus — in die beyden äuſsersten Enden des Säulenschafts, und goſs sie mit Bley ein — implumbare; — schlug in die Querhölzer Ringe — armillae, — welche um die Bolzen paſs-ten, und steckte, zur Befestigung, durch dieser Bolzen Öffnung am äuſsersten Ende eichene Niete — baculi ilignei. Die Bewegung der in den Ringen gehenden Bolzen war so frey, daſs, als man Och-sen vor das Gestell spannte, beym Anziehen derselben der Säulen-schaft, indem er sich um die in den Ringen laufenden Bolzen wälzte, ohne Aufhören fortrollte.

Perrault und Newton machen hieraus Stangen, die Ochsen daran zu span-nen; Galiani aber und Ortiz, Sprossen oder Steifen zwischen den vordersten Ecken des Gestells, dessen Befestigung doch bereits durch die Worte complectit et compegit hinlänglich angegeben worden ist.

Nachdem auf diese Art alle Säulenschäfte fortgeschafft waren, und nun auch der Transport der Unterbalken bevorstand, wendete Ktesiphons Sohn, Metagenes, diese Erfindung auch auf die Fortschaffung der Unterbalken — epistylia — an. Er machte nehm-lich Räder, ohngefähr von zwölf Fuſs; faſste in das Mittel dieser Räder die beyden Enden der Unterbalken ein, und versah sie, jener Methode gemäſs, mit Bolzen und Ringen. Indem nun Ochsen an dem aus vierzölligen Hölzern bestehenden Gestelle zogen, so drehe-ten die in den Ringen laufenden Bolzen die Räder um, und die gleich Wellbäumen in den Rädern befindlichen Unterbalken gelangten auf die nehmliche Art, wie die Säulenschäfte, ohne allen Verzug zu dem Gebäude.

Noch einer andern von Ktesiphon bey Gelegenheit dieser Unterbalken gemach-ten Erfindung, welche zwar dessen Erfindungsgeiste, wie mir scheint, so groſse Ehre eben nicht macht, gedenkt Plinius B. XXXVI. 21. “Das allergröſste Wunder ist, wie er (Ktesiphon, oder wie Plinius ihn nennt, Chersiphron) Unterbalken von solcher Schwere in die Höhe zu heben vermocht hat. Er bewerkstelligte es dadurch, daſs er bis über die Kapitäle der Säulen gemach sich erhebende Berge von lauter mit Sand gefüllten Körben aufführen lieſs; darauf die unteren nach und nach ausleerte, bis jedes Stück sich allmählig in sein Lager senkte. Die meiste Schwie-rigkeit machte ihm die Oberschwelle der Thüre. Sie war die allergröſste Masse, und wollte sich nicht einfugen; worüber der Künstler in solche Verzweiflung gerieth, daſs er sich das Leben nehmen wollte. Nachts aber, vom Nachsinnen ermüdet, schlummerte er ein; da soll im Schlafe ihm die Göttin, deren Tempel er bauete, erschienen seyn, und ihn durch die Versicherung, daſs sie den Stein bereits selbst zurechtgelegt habe, wieder zum Fortleben ermuntert haben. Am folgenden Tage hatte wirklich der Stein seine gehörige Lage — wahrscheinlich hatte dessen eigene Schwere sie bewirkt.”

Beyspiele zur Ktesiphonischen Ziehmaschine können die Walzen — cylindrus — abgeben, womit man in den Kampfschulen — palaestra — die Gänge — ambulationes — eben zu machen pflegt. Jedoch würde man auch auf diese Art den vorgesetzten Zweck nicht erreicht haben, wofern nicht erstlich die Nähe des zum Tempel ge-weiheten Platzes — fanum — zu statten gekommen; denn von dem Steinbruche bis dahin sind nicht über achttausend Fuſs; und dann auch keine Höhe dazwischen gewesen wäre; denn der Boden ist durchaus eben.

Zu meiner Zeit aber borst im Tempel das Fuſsgestell des Colos-salischen Apolls vor Alter. Man fürchtete die Bildsäule möchte herabstürzen und zerbrechen, und lieſs also in dem nehmlichen Mar-morbruche ein neues Fuſsgestell hauen. Ein gewisser Paconius warf sich zum Unternehmer auf. Das Fuſsgestell war 12 Fuſs lang, 8 Fuſs breit, und 6 Fuſs hoch. Aus Eigendünkel, um es nicht auf des Metagenes Weise an Ort und Stelle zu bringen, lieſs Paco-nius sich einkommen, nach derselben Theorie eine Maschine von einer anderen Art zu verfertigen. Er machte nehmlich Räder unge-fähr von 15 Fuſs, schloſs des Steines Enden darin ein, und ver-band diese beyden Räder rings um den Stein her durch zweyzöllige — sextantalis — Quersprossen so, daſs eine Sprosse von der anderen nicht weiter als Einen Fuſs abstand. Darauf wand er um diese Sprossen ein Seil und spannte Ochsen daran. So wie diese das Seil fortzogen, wickelte sich dieses zwar ab und drehete zugleich die Räder um; allein die Schwierigkeit war, daſs die Maschine keine gerade Linie im Fortrollen hielt, sondern bald dahin bald dorthin vom Wege abwich und beständig von neuem gerichtet werden muſste. Bey dem unaufhörlichen Hin - und Herziehen setzte denn Paconius so viel Geld zu, daſs er bankerott darüber ward.

Ich nehme Chandlers Verbesserung millia pedum, für millia passuum an. Siehe dessen Reise in Klein - Asien S. 193. Note *) Aus der Art und Weise wie Vitruv hier vom Locale des Tempels zu Ephe-sus spricht, und aus den beyden folgenden Anekdoten, die er erzählt, möchte ich fast schlieſsen, daſs er selbst an Ort und Stelle gewesen wäre: und so hätte er denn doch die Meisterstücke der Griechischen Baukunst anschaulich, und nicht bloſs aus Büchern, kennen können!
SIEBENTES KAPITEL. Entdeckung des Ephesischen Marmorbruchs.

Hier muſs ich eine kleine Ausschweifung machen und erzählen, wie dieser Marmorbruch entdeckt worden sey.

Es lebte in dieser Gegend ein Hirt mit Namen Pixodorus. Gerade als die Epheser den Gedanken hatten der Diana einen Tem-pel aus Marmor zu erbauen, und sich berathschlagten, ob sie Pari-schen, Prokonnesischen, Herakleischen, oder Thasischen Marmor dazu wählen sollten? treibt dieser seine Schafe aus, und eben weidet des-sen Herde an dieser Stelle, als zwey Widder im Streite auf einander stoſsen, sich aber verfehlen, und Einer derselben in der vollen Kraft des genommenen Anlaufs mit den Hörnern dermaſsen gegen den Felsen anrennt, daſs ein Stück davon absprang, welches sehr weiſser Marmor war. Flugs soll Pixodorus seine Schafe auf dem Ge- birge gelassen und mit diesem Stücke Marmor nach Ephesus gelaufen seyn, in dem Augenblicke als man im besten Rathschlagen war. Sogleich wurden ihm Ehrenbezeigungen decretirt; man ver-änderte dessen Namen Pixodorus in Evangelus (guter Bote); und bis auf den heutigen Tag muſs alle Monate eine obrigkeitliche Person — magistratus — sich an diesen Ort begeben, um ihm ein Opfer zu bringen; unterläſst sie es aber, so wird sie bestraft.

Ich lese marmore, anstatt colore. Der Grund bietet sich von selbst dar. d. i. auf dem Berge Prion bey Ephesus. Er ist ein unerschöpfliches Maga-zin von Marmor gewesen. Die Marmorbrüche sind in den Eingeweiden des Bergs
ACHTES KAPITEL. Wirkung der geraden und der Zirkellinie in den Heb - und Ziehmaschinen.

Ich habe nunmehr so viel, als mir nöthig scheint, von der Einrich-tung der Heb - und Ziehmaschinen gehandelt.

Die Bewegung und Kraft derselben werden durch Verbindung zweyer ganz von einander verschiedenen und ungleichartigen Dinge erzeugt, welche daher als der Grund dieser beyden Wirkungen an-zusehen sind. Eins ist die gerade Linie — porrectum, — und das Andere die Zirkellinie — rotunditas, rotundatio. — Erstere nennen die Griechen εὐθεῖαν, und letztere κυκλωτήν. Es vermag in der That weder ohne Zirkellinie eine geradlinigte Bewegung, noch ohne gerade Linie eine Kreisbewegung irgend eine Last aufzuheben. Ich will dieſs zu erläutern suchen.

mit zahllosen Irrgängen, und weiten, stillen, tröpfelnden Höhlen durchbrochen. In frühern Zeiten hatte Prion den Nahmen Lepre Akte, und ein Theil hinter dem Prion hieſs, noch als Strabo schrieb, der Rücken von Lepre. Siehe Chand-ler’s Reisen in Klein - Asien S. 177. Es ist hier nicht das erste Mal, daſs sowohl Perrault als Galiani Magi-stratus fälschlich durch der Magistrat übersetzen. Bekanntlich hieſs magistratus den Römern wohl 1) ein obrigkeitliches Amt; 2) eine obrigkeitliche Person; aber das Collectivum, der Stadtrath, das Rathskollegium hieſs es ihnen niemals

Man steckt, als Bewegungspunkte — centrum, — Achsen oder Bolzen — axiculi — durch die Rollen — orbiculus — und setzt sie in den Kloben — trochlea — ein; und ein rings um diese Rollen geschlagenes Seil, welches man gerade nach dem Haspel — sucula — hinzieht und da befestiget, macht, daſs die Last in die Höhe geht, indem der Haspel vermittelst der Hebebäume umgetrieben wird. Des Haspels äuſserste Enden — cardines — liegen gleichfalls als Be-wegungspunkte gerade — porrecti — in den Zapfenlagern — chelo-nia: — gerade stecken auch die Hebebäume in dessen Löchern: aber im Kreise — ad circinum — werden die Enden, wie Dreheisen — tor-nus, — herumgetrieben, und also bewirken sie die Aufhebung der Last.

Eine gleiche Bewandtniſs hat es mit dem eisernen Hebel — vectis. — Indem man ihm zum Bewegungs - oder Ruhepunkte — centrum — eine gerade Unterlage — pressio, — welche bey den Griechen Hypomochlion heiſst, giebt; und dessen Zunge — lingua — unter die Last schiebt; dessen Kopf — caput — aber nur durch die Kraft eines einzelnen Mannes niederdrücken läſst: hebt man mit Hülfe dieses Hebels eine Last empor, welche eine Menge Hände nicht zu bewegen im Stande sind. Der Grund hievon ist: weil der untere Theil des Hebels, welcher unter der Last steckt, nicht so weit von der Unterlage, das heiſst, von dem Ruhepunkte absteht, als der Kopf oder der lange Theil des Hebels; wenn daher der Hebel an Letzte-rem im Kreise bewegt wird, so zwingt er vermittelst des Druckes eine sehr groſse Last mit der Kraft weniger Hände im Gleichgewicht zu stehen — examinare.

Ist ferner des eisernen Hebels Zunge unter die Last geschoben, und dessen Kopf wird, anstatt niederwärts, in entgegengesetzter Rich-tung, aufwärts gedrückt; so gielt der, gegen den Erdboden sich stü-tzenden Zunge der Erdboden für die Last, die Kante der Last aber für die Unterlage: Auf solche Weise bändigt denn der Hebel, ob er gleich aufwärts gedrückt wird, dennoch der Last Gewicht; wiewohl bey weitem nicht so leicht, als wenn er niederwärts gedrückt wird. Wenn hingegen die unter der Last befindliche Zunge des Hebels zu-weit über die Unterlage — hypomochlion — hinüberreicht, so daſs des Kopfs Abstand von dem Ruhepunkte geringer ist: So vermag der Hebel nicht die Last aufzuheben; weil, nach obiger Anleitung, dieſs nur alsdann möglich ist, wenn sich die Abwage — examinatio — beym Hebel also verhält, daſs der Abstand dessen Kopfs vom Ruhe-punkte lang, der Abstand der Last aber kurz ist.

Alle diese Sätze lassen sich vermittelst derjenigen Wage — tru-tina, — welche Schnellwage — statera — heiſst, erweisen. Nehmlich, da die Schere — ansa — zunächst dem Ende, woran die Schale — lan-cula — hängt, als Ruhepunkt angebracht ist; das Gegengewicht — aequi-pondium — aber, am längern Arme des Wagbalkens — scapus — von Einem Punkte zum Andern kann verschoben werden, und je weiter es vom Ruhepunkte entfernt wird, desto mehr Moment erhält; so daſs es, wenn es ganz an das äuſserste Ende gerückt wird, selbst einer ihm ganz ungleichen Last das Gleichgewicht halten kann: So kann ebenfalls, vermöge des durch ihre weite Abwage — libratio, examinatio — vom Ruhepunkte erhaltenen Moments — momentum, — eine äuſserst geringe Kraft eine weit gröſsere Last sanft und allmählig von unten sich empor zu heben zwingen.

Anstatt etiam pari, welches dem Sinne zuwider ist, lese ich et impari. Ich mache bey perficit ein Kolon und ziehe die Worte per scapi libratio-nem etc. zum Nachsatze, weil der Sinn dadurch vollständiger wird.

Gleichergestalt wendet der Steuermann, indem er des Steuers Kollerstock — ansa, — von den Griechen οἴαξ genannt, hält, ein sehr groſses, mit einer ungeheuern Last von Waaren und Gütern belade-nes Lastschiff mit Einer Hand, vermöge des durch den Abstand vom Ruhepunkte entstehenden Moments, das er nach den Regeln seiner Kunst bewegt. Ein Schiff aber, dessen Segel in des Mastes Mittel aufgespannt sind, vermag nicht schnell zu segeln. Sind hingegen die Segelstangen — antennae — bis ganz oben an die Spitze des Mast-baumes hinaufgezogen, so fährt das Schiff mit groſsem Ungestüm daher; weil die Segel nicht zunächst dem Fuſse — calx — des Ma-stes, der als Ruhepunkt anzusehen ist, sondern in weiter Entfernung davon, ganz oben am äuſsersten Ende, den Wind einfangen. Gleich-wie nun der unter die Last gesteckte Hebel, wenn die Kraft gegen das Mittel zu auf ihn wirkt, sehr widersteht — durior est — und nicht niedersinkt — incumbere; — hingegen, wenn die Kraft oben am Kopfe angebracht ist, leicht die Last aufhebt: Eben so ist auch die Kraft der im Mittel des Mastes befestigten Segel gering; da im Gegen-theil die ganz oben an der Spitze des Mastbaumes befindlichen und also weit von dem Ruhepunkte abstehenden Segel, nicht etwa bey stärkerem, sondern bey Einem und demselben Winde, vermöge der an der äuſsersten Spitze wirkenden Kraft, das Schiff sehr schnell fort zu gehen nöthigen. Auch die Ruder, welche mit Seilen — strophae — an Nägel — scalmus — befestiget sind und mit Händen gezogen wer-den, treiben das Schiff mit so groſser Gewalt fort, daſs es mit dem Vordertheile die Fluten durchschneidet; wenn die Schaufeln — palma — weit von dem Ruhepunkte abstehen und in das Meer hinaus reichen.

Die Lastträger — phalangarii, — die zu sechs — hexaphori — oder vier — tetraphori — sehr groſse Lasten tragen wollen, suchen ebenfalls des Tragbaums — phalanga — Mittel, als dessen Schwer-punkt auf, damit also das Gewicht der unzertheilten Masse der Last zu gleichen Theilen auf ihre Nacken vertheilt werde; und beschrän-ken darauf dieses Mittel des Tragbaums mit Nägeln, damit die dar-ein gehenkten Tragriemen sich weder nach der Einen noch der an-deren Seite verrücken; weil, wenn sie sich aus dem Mittelpunkte verschieben, der Nacken desjenigen Trägers, dem sie sich nähern, Überlast erhält, so wie bey der Schnellwage da Übergewicht entsteht, wo sich die Zunge — examen — hinneigt.

Diesen Grundsätzen gemäſs ziehen auch die Zugthiere gleich, wenn die Riemen genau im Mittel um das Joch des Gespannes — subjugia — geknüpft. Allein sind die Zugthiere einander un- gleich an Kräften, und geschieht dem Schwächern zuviel durch das Stärkere; so hilft man Ersterem dadurch, daſs man den Jochriemen verschiebt und so dessen Antheil des Joches verlängert. Der Grund, sowohl beym Tragbaume als beym Joche liegt darin: Sobald sich der Riemen nicht mehr im Mittel befindet, sondern verschoben wird; so wird dadurch der Theil, nach welchem er aus dem Mittelpunkte hinrückt, kürzer, der andere aber länger: Beschriebe nun um den Punkt, wohin der Riemen geschoben worden ist, jedes der beyden äuſsersten Enden einen Zirkel; so würde der Zirkel des längern Theils gröſser, und der Zirkel des kürzern Theils kleiner seyn: Die kleinen Räder aber leiden gröſsere Reibung und haben eine schwerere Bewe-gung — duriores et difficiliores habent motus — als die groſsen; also ist auch, sowohl beym Tragbaume als beym Joche, an dem Theile, dessen äuſserstes Ende vom Ruhepunkte einen kürzern Abstand hat, schwerer zu tragen oder zu ziehen, als an dem anderen, dessen äuſser-stes Ende weiter vom Ruhepunkte entfernt ist.

Das Joch der Alten war ein an die Deichsel befestigtes Querholz, welches auf dem Nacken der nebeneinander gespannten Pferde u. s. f. ruhete. d. i. die unter Einem Joche gehenden Zugthiere; siehe das Wörterbuch.

Und so beruhet nicht allein bey angeführten Beyspielen alle Bewegung und Wirkung auf dem Verhältnisse der geraden und der Zirkellinie zum Ruhepunkte; sondern auch Karren — plostrum, — Wagen — rheda, — Schöpfräder — tympanum, — Räder, Schnecken — cochlea, — Skorpionen, Balisten, Pressen — proelum — können nicht anders, als vermittelst dieses Verhältnisses der geraden und der Zirkellinie zum Ruhepunkte in Bewegung gesetzt werden und ihre beabsichtigte Wirkung hervorbringen.

NEUNTES KAPITEL. Maschinen, Wasser zu schöpfen. Schöpfräder — tympanum. — Eimerkunst.

Nunmehr will ich von den zum Wasserschöpfen erfundenen Ma-schinen und von den verschiedenen Arten ihrer Verfertigung handeln.

Ich fange beym Schöpfrade — tympanum — an. Dieses hebt zwar das Wasser nicht hoch, schöpft aber sehr schnell eine groſse Menge aus.

Man drechselt oder richtet nach dem Zirkel einen Wellbaum — axis — zu, beschlägt dessen Enden mit Eisen, stellt um dessen Mittel ein aus Bretern zusammengeschlagenes Rad — tympanum, — und legt diesen Wellbaum auf Pfähle — stipes, — die da, wo dessen Enden aufliegen, gleichfalls mit Eisen beschlagen werden. In dem Innern des Rades zieht man acht breterne Zwischenwände von dem Wellbaume bis zu des Rades äuſseren Umfang, und theilt also den innern Raum gleich ab. Die Stirn — frons — verschlägt man rings umher mit Bretern; läſst jedoch halbfüſsige Öffnungen — aperturae — darin zum Einschöpfen des Wassers; ingleichen macht man auf der Einen Seitenfläche — ex una parte, — nächst am Wellbaume — secundum axem, — in jeder Abtheilung ein Loch — columbarium.

Nachdem man diese Maschine wie ein Schiff getheert hat — picare, — läſst man sie durch das Auftreten von Menschen umtrei-ben. Mit den Öffnungen an der Stirn schöpft sie alsdenn das Was-ser ein, und gieſst es durch die Löcher zunächst an der Welle wie-der aus. Stellt man hierunter einen hölzernen Trog — lacus, — der mit einer Rinne versehen ist; so kann man also eine groſse Menge Wassers in Gärten zum Begieſsen oder Wässern, oder in Salzgruben zum Temperiren leiten.

Ist aber das Wasser höher zu heben, so kann man diese Ma-schine folgendermaſsen verändern:

Man macht ein Rad an der Welle von einer Gröſse, die der erforderlichen Höhe angemessen ist. Auf den äuſsersten Umfang die-ses Rades befestiget man ringsumher viereckte Kasten — modioli, — die mit Pech oder Wachs auszugieſsen sind. Wenn nun das Rad durch das Auftreten von Menschen umgetrieben wird, so werden die Kasten voll in die Höhe gehoben; gieſsen aber beym Hernie-dergehen das eingeschöpfte Wasser von selbst in den Hälter — castel-lum — wieder aus.

Die Erklärung und Vorstellung dieses Schöpfrades in D. Eberhards Hydro-technik S. 121. Tab. XV. Fig. 1. stimmt nicht mit Vitruvs Worten überein. Herr D. Eberhard denkt sich die Welle als einen hohlen Cylinder, mit eben so vielen Abtheilungen als das Rad. Auch Jocundus, Barbaro und Leupold, Theatr. mach. hydr. T.I. p.31. Tab. XII. n. 10. denken sich die Welle als hohl.

Allein soll man das Wasser an noch höhere Orte hinauf schaf-fen, so darf man nur über die Welle eines solchen Rades eine dop-pelte eiserne Kette schlagen, welche bis in die Tiefe hinabreicht, und woran küpferne Eimer — situlus — zu drey Maaſs — congialis — hangen. Die Umwälzung des Rades drehet zugleich diese Kette auf der Welle um und bringt die Eimer in die Höhe, welche dann, wenn sie über die Welle empor kommen, nothwendigerweise um-stürzen und das heraufgebrachte Wasser in den Hälter ausgieſsen müssen.

ZEHNTES KAPITEL. Noch ein anderes Schöpfrad. Wassermühle.

Auch in Flüssen legt man Schöpfräder nach oben gegebener Anwei-sung an. An die Stirn werden nur Schaufeln — pinnae — geheftet. Diese gehen fort, indem der Strom dagegen schlägt, und treiben das Rad um: Die Kasten schöpfen zugleich das Wasser ein und bringen es in die Höhe. Ohne von Menschen getreten zu werden, bloſs vom Flusse umgetrieben, leisten also solche Räder die nöthi-gen Dienste.

Die Abbildungen dieser Maschine (Eimerkunst) in Jocundus Ausgabe, und in Rivius Ubersetzung Vitruvs; ingleichen in Leupolds theatr. mach. hydraul. gehen alle darin von Vitruvs Beschreibung ab, daſs sie die Ketten um das Rad selbst, anstatt wie Vitruv ausdrücklich sagt, um die Radewelle, schlagen. Barba-ro’s und Perrault’s auch Newton’s, Abbildungen stimmen in dieser Rücksicht genauer mit dem Vitruv überein.

Auf gleiche Weise werden auch die Wassermühlen — hydro-mylae — getrieben. Ihr Wasserrad ist völlig eben so beschaffen, auſserdem aber ist an das Eine Ende der Welle noch ein bezahntes Rad — tympanum dentatum — befestiget, welches vertical auf der schmalen Seite — in cultrum — steht, und sich mit dem Wasserrade zugleich umdrehet. Ferner ist neben diesem verticalen Rade ein gleichfalls bezahntes horizontales gröſseres Rad angebracht, an dessen Achse oben die Haue — ferrea subscus — befestiget ist, welche den Läufer — mola — trägt. Die Zähne des verticalen Rades grei-fen in die des horizontalen Rades ein, und ihre Bewegung treibt den Läufer um. Über dieser Maschine hängt der Rumpf oder Trich-ter — infundibulum, — worein das Getreide geschüttet wird, welches denn aus demselben zwischen die Mühlsteine fällt, wo es ver- mittelst der gedachten Umwälzung zu Mehl zermalmet wird.

So lese ich mit Turnebus, Salmasius und Perrault u. s. f. anstatt hydraulae. Ich behalte die in allen Handschriften befindliche Leseart maius bey. Ubri-gens denke ich mir unter den beyden Rädern Stirnräder. “Ein Paar Uberbleibsel alter Römischer Mühlsteine hat man zu Adel in Yorkshire zu Anfang dieses Jahrhunderts gefunden, wovon Thornby (Philosoph. transact. n. 282. p. 1285. und Philos. trans. from the year 1700 to the year 1720 abridg’d by Henry Iones, London 1731. 4. V.2. p.38.) eine Nachricht gegeben hat. Der Eine Stein ist zwanzig Zoll breit, in der Mitte dicker als am Rande, also auf der Einen Seite convex gewesen. Der Andere hat dieselbe Bildung; aber am Rande diejenige Dicke gehabt, welche der Erstere nur am Mittelpunkte hatte, und auf Letzterem hat man noch Einkerbungen erkannt.” Siehe Beyträge zur Geschichte der Erfindungen von J. Beckmann 2ten Bandes 1tes Stück. 1. S. 10. Einige haben dem Mithridates die Ehre der Erfindung der Wassermühlen zuschreiben wollen; weil Strabo B. 12. erzählt, daſs neben dessen Residenz eine Wassermühle gewesen sey: Allein mit Gewiſsheit läſst sich wohl hieraus weiter nichts schlieſsen, als daſs schon damals, wenigstens in Asien, Wassermühlen bekannt gewesen seyn. Jedoch haben wir über die Erfindung der Wassermühlen von dem Antipater, welcher, wie Salmasius sehr wahrscheinlich behauptet, zur Zeit des Cicero gelebt hat, folgendes artige griechische Epigramm: “Höret auf, euch zu bemühen, ihr Mädchen, die ihr in den Mühlen arbeitet! Jetzt schlaft und laſst die Vögel der Morgenröthe entgegen singen; denn Ceres hat den Najaden befohlen, eure Arbeit zu verrichten. Diese gehorchen, werfen sich auf die Räder, treiben mächtig die Wellen und durch diese die schwere Mühle.” Es ist zu verwundern, daſs man der so vortheilhaften Erfindung der Wassermüh-len nicht öfter bey den Alten gedacht findet. Auſser dem Vitruv in obiger Stelle, erwähnen ihrer gleichsam nur mit Einem Worte im Vorbeygehn Plinius der Ältere B. 18. K. 23. — molere rotis quas aqua verset. — und Palladius B. 1. K. 42. — ut aquariis molis, sine animalium vel hominum labore, frumenta fran-gantur. “Kurz vor dem August — sagt Pomponius Sabina in seinen Anmerkun-gen über Virgils moretum, wozu er sich eines vollständigern Exemplars des Servius, als bisher gedruckt worden ist, bedient hat — zu der Zeit der Griechen (was heiſst das?), als die Schwiebbogen (der Wasserleitungen) eingestürzt waren, sind zu Rom zuerst an der Tiber Wassermühlen angelegt worden.” Also schon bey ihrer ersten Einführung zu Rom, standen, so wie nachmals, die Wassermühlen daselbst an den Kanälen, die das Wasser nach Rom führten; und da dieses Wasser von vielen Handwerkern und zu mancherley Gebrauch genutzt wurde, so wurde verordnet, daſs bey dessen Vertheilung die Mühlen allemal vorgehen sollten. Die meisten lagen unten am Berge Janiculus. Da sie von so wenig Wasser getrieben wurden, so werden sie vermuthlich nur wenig gefördert haben, und hierin, vornehmlich aber in der groſsen Anzahl Sklaven und in deren wohlfeilen Unterhaltung, wird wohl der Grund liegen, daſs diese herrliche Erfindung nicht gleich mehr genutzt worden ist, und sofort die mühseligen Hand-und Roſsmühlen verdrängt hat, auch nicht geschwin-der zur Vollkommenheit gelangt ist. Als aber die Einführung des Christenthums die Sitten verbesserte, wurden die Sklaven seltner, und Ausonius, der unter Theo-dosius dem Groſsen, gegen Ende des dritten Jahrhunderts, lebte, meldet ausdrück-lich, daſs man zu seiner Zeit aufgehört habe, sogar Verbrecher zur Sklaverey zu ver-dammen und Mühlen durch Menschen treiben zu lassen. Öffentliche Wassermühlen kommen inzwischen erst unter Honorius und Arcadius vor, und die ältesten Gesetze, die derselben gedenken, — um das Jahr 398 — zeigen deutlich, daſs sie damals noch eine neue Anstalt gewesen, die man durch öffentlichen Schutz sichern
EILFTES KAPITEL. Wasserschnecke oder Wasserschraube — cochlea. —

Es giebt auch eine Art von Schnecken, die eine groſse Menge Was-sers schöpft, aber nicht so hoch hebt, als ein Rad. Ihre Einrich-tung ist folgende:

Es wird ein Holz — lignum — genommen, welches so viel Zoll stark, als Fuſs lang ist. Dieses wird nach dem Zirkel geründet. An dieser Spindel äuſsersten Enden wird der Umfang, vermittelst des Quadranten — tetrans, — in vier, oder, vermittelst des Octan-ten — octans, — in acht Theile abgetheilt; die Linien aber werden so gezogen, daſs wenn die Spindel in einer Fläche wagrecht steht, die Linien beyder Enden senkrecht auf einander treffen. Von diesen Linien werden darauf von Einem zum anderen Ende die passenden perpendikulär Linien gezogen, so daſs sie ein Achtel des Umfangs der Spindel von einander abstehen; und damit die Spindel gleich-wie in der Runde, also auch in der Länge in gleiche Theile abge-theilt sey, so schneidet man die in die Länge gehenden Linien kreutzweis durch, und bezeichnet jeden Durchschnitt — decussatio — mit einem Punkte.

muſste, und Befehle zu dieser Absicht wurden noch gegen Ende des fünſten Jahr-hunderts von Zeno erneuert und geschärft. Es ist auch werth angemerkt zu wer-den, daſs man im ganzen Justinianischen Gesetzbuche nicht des Fachbaums oder Sicherpfahls gedacht findet, der doch in allen neuern Gesetzen vorkömmt, und der da, wo viele Mühlen in Einer Reihe an einerley Strom liegen, so häufige Streitig-keiten veranlaſst. Durch die, von Belisaire im Jahr 536. erfundenen Schiffmüh-len endlich, wurde der Gebrauch der Wassermühlen ungemein erweitert, und sie sind seit der Zeit niemals wieder auſser Gebrauch oder in Vergessenheit gekommen; viel-mehr sind sie bald über ganz Europa bekannt geworden. Es ist nicht wahrscheinlich, daſs schon die Römer Windmühlen gehabt haben, da Vitruv da, wo er alle bewegende Kräfte nennt (s. B.IX. K. 6. (IX.) und B.X. K. 1. 13.), auch der Anwendung des Windes gedacht, aber nicht ein Wort von Müh-len gesagt hat, so wenig als Seneca (natur. quaest. lib. 5. c. 18.) und Chrysosto-mus (in psalm. 134.), die beyde die Vortheile des Windes erzählt haben. Nach dem Suidas hieſs der Gott der Mühlen Eunostus. Gori will ihn auf einer antiken Gemme erkennen, worauf eine männliche meist nackende Figur geschnit-ten ist, welche in der linken Hand eine Korngarbe, und in der rechten ein Werk-zeug hält, welches nach aller Wahrscheinlichkeit eine Handmühle seyn soll. (Siehe Beckmanns Beytr. zur Gesch. der Erfindungen a. a. Orte.)

Dieſs mit aller Genauigkeit — emendate — gethan, wird ein dün-nes weidenes, oder keuschbaumenes — vitex — Richtscheit genom-men, mit Theer beschmiert und auf den ersten Durchschnittspunkt genagelt; darauf schräg zu den folgenden Durchschnittspunkten der geraden und krummen Linien geführt, und so weiter nach der Reihe von einem Durchschnittspunkte zum andern gewunden und darauf angenagelt, bis es von dem ersten Durchschnittspunkte, wo dessen Anfang befestiget ist, zu dem Achten gelangt, wo dessen Ende gleichfalls fest gemacht wird. Auf solche Weise durchläuft es in der Schräge eben so viel Räume und Theile der Spindel, als es in der Länge bis zum achten Punkt zurücklegt.

Nachdem man auf die nehmliche Weise durch alle Räume in der Länge und Runde schräg von Durchschnitt zu Durchschnitt Richtscheite gewunden und darauf befestiget hat: so entstehen, ver-möge der acht Abtheilungen des Umfangs, eben so viele gewundene Rinnen — canales — vollkommen den natürlichen Windungen einer Schnecke ähnlich.

Auf dieser Spur geht man weiter, und nagelt auf diese Richt-scheite noch ihrer so viele andere, die ebenfalls zuvor mit Theer bestrichen sind, auf; bis endlich der Durchmesser dem Achtel der Länge gleich ist.

Um dieses Gewinde — involutio — wird alsdann zur Bedeckung ein Mantel von Bretern geschlagen, welchen man mit Theer sätti-get und darum eiserne Reifen legt, damit ihn die Gewalt des Was-sers nicht zersprenge. Die beyden Enden der Spindel aber werden mit Eisenblech wohl verschlagen und mit eisernen Bolzen — stilus — versehen.

Zur Rechten und Linken dieser Wasserschnecke stellt man dann Pfähle, auf deren obersten Enden man zu beyden Seiten Querhöl-zer befestiget; bringt darin eiserne Ringe an, in welche man die Bolzen steckt: Und so vermag die Maschine von Menschen durch Treten umgetrieben zu werden.

Ihre Stellung muſs so schräg seyn, daſs sie dem rechtwinklich-ten Pythagorischen Dreyecke — trigonum orthogonium — ent- spricht. Man theilt nehmlich die Länge der Schnecke in fünf Theile, und erhebt das Eine Ende der Schnecke so hoch, als drey dieser Theile; es bleiben also ihrer vier zu der untersten Mündung — rares — Abstande von der senkrechten Linie. Die Art und Weise, wie dieses einzurichten sey, ist aus der Abbildung am Ende des Buchs zu ersehen.

Und so habe ich alle zur Erhebung des Wassers dienende Maschi-nen — organon, — welche aus Holz verfertiget werden, nebst der Art ihrer Verfertigung, und der verschiedenen Weise, wie sie zu unsäglich vielen Bequemlichkeiten zu gebrauchen sind, so deutlich und faſslich als mir möglich gewesen ist, beschrieben, um die Kennt-niſs derselben zu befördern.

Siehe oben B.IX. Vorrede S. 186. Die Erſindung der oben beschriebenen Maschine wird gewöhnlich dem Archi-medes zugeschrieben; daher ihre Benennung Archimedische Wasserschraube! Nach anderen soll jedoch diese Maschine schon den Älteren Ägyptern zur Austrock-nung ihres vom Nil überschwemmten Landes gedient haben. Eine Abbildung dersel-ben siehe in Leupolds theatr. mach. hydraul. P.I. Tab. XV.
ZWÖLFTES KAPITEL. Ktesibische Maschine oder doppeltes Druckwerk.

Nunmehr muſs ich von der Ktesibischen Maschine reden, welche das Wasser sehr hoch in die Höhe bringt.

Sie wird aus Kupfer gemacht, und besteht aus zwey Stiefeln oder Kolbenröhren — modioli gemelli, — welche nicht weit von einander stehen, und zwey gabelförmige Kropfröhren oder Gur-geln — ſistulae furcillae figura — haben, die mit einander zusam-menhängen, indem beyde in das Mittel eines Windkessels — cati-num — gehen.

In dem Windkessel werden auf die oberen Öffnungen — nares — der Kropfröhren oder Gurgeln Klappenventile — axes, — vermittelst eines feinen Gewindes — coagmentatione subtili, — befestiget; diese verschlieſsen die Mündung der Kropfröhren, und lassen das nicht wieder zurück, was mit Hülfe der Luft — spiritus — in den Wind-kessel hineingetrieben worden ist. Oben wird der Windkessel mit einem Deckel — penula, — in Gestalt eines umgekehrten Trichters, versehen, welcher wohl eingefügt und vermittelst eines Bolzens — fibula — mit einem Niete — cuneus — an den Windkessel befesti-get wird, damit er durch den Druck der Luft und des Wassers nicht abgeworfen werde: und mitten aus diesem Deckel erhebt sich die eingelötete, so genannte, Steigröhre — tuba.

Die Stiefel haben unter der unteren Mündung der Kropfröhre oder Gurgel, ein Klappenventil auf der Öffnung der Saugröhre unten im Boden. Durch die obere Öffnung der Stiefel werden massive Kolben — embolus masculus — welche auf der Drechselbank abgedre-het und mit Öl beschmiert, vermittelst der Kolbenstangen — regula — aber an Hebel befestiget sind, gestoſsen. Diese werden wiederho-lentlich wechselsweise auf und nieder bewegt. Wenn itzt der, in die Höhe gezogene Kolben durch das Ventil Luft und Wasser einge-sogen hat, so preſst er, wann er wieder hernieder gedruckt wird, beydes zusammen, weil es durch das nun verschlossene Ventil nicht zurück weichen kann, und treibt das Wasser, mit Hülfe der Aus-dehnungskraft der Luft, durch die Kropfröhre in den Windkessel. Hier wird dadurch die Luft an den Deckel gedrängt; dehnt sich aber nach dem Drucke wieder aus, und preſst das Wasser so, daſs es durch die Steigröhre hoch in die Luft spritzt. Also wird das Wasser aus einem Hälter in der Tiefe zu einem hochliegenden Spring-brunnen erhoben.

Jedoch nicht allein diese Erfindung des Ktesibius ist ihrer Vortreflichkeit wegen berühmt; sondern noch mancherley andere, welche, vermöge der vom Wasser zusammengepreſsten Luft, der Natur ähnliche Wirkungen hervorbringen: Als Amseln, welche sin-gen, indem sie sich bewegen: und in Flaschen eingeschlossene Männ- chen — engibata, — welche, sobald sie trinken, zu tanzen anfan- gen; und dergleichen mehr zur Kurzweil für Auge und Ohr. Was mir darunter wirklich nützlich und brauchbar geschienen hat, habe ich ausgewählt, und theils im vorhergehenden Buche unter den Uhren; theils in diesem unter den Druckwerken — expressiones aquae — davon Erwähnung gethan. Wer aber neugierig ist, auch die übrigen, nicht sowohl zum Nutzen als zum Vergnügen dienen-den, Erfindungen näher zu kennen, der mag sie in den Werken des Ktesibius selbst aufsuchen.

Hieher gehörige Erläuterungen und Abbildungen siehe in D. Eberhards Beytr. zur Mathes. Applic. in Gehlers phys. Wörterbuche: und in Leupolds Theatr. mach. hydr. T. 1. C. 12. T. 2. C. 10. Den Gebrauch dieser Maschinen zu Feuerspritzen scheint Vitruv nicht zu ahnden.
DREYZEHNTES KAPITEL. Wasserorgel — hydraulica. —

Von der Einrichtung der Wasserorgel will ich jedoch nicht unter- lassen, so kurz und bestimmt als es mir nur mit Worten möglich ist, einen Begriff zu geben.

Auf ein Fuſsgestell — basis — von festem Holze wird eine küp-ferne Wasserlade — arca — gestellt; ingleichen werden auf diesem Fuſsgestelle zur Rechten und Linken leiterförmig verbundene Stän-der — regula — errichtet, zwischen welchen man küpferne Stiefel anbringt. Diese Stiefel haben auf und niedergehende Böden — fun-duli ambulatiles, — welche auf der Drechselbank wohl abgedrehet, im Mittel mit eisernen Stangen — ancones — versehen, vermittelst Ge-lenke — verticulum — mit Hebeln verbunden, und mit raucher Haut — pellibus lanatis — überzogen sind: Oben aber im platten Deckel beſinden sich ungefähr dreyzöllige Löcher, nahe bey welchen an Ge-lenke befestigte küpferne Delphine im Maule an Ketten hangende Becken oder Glocken — cymbala — halten, welche sie unterhalb der Löcher der Stiefel hinablassen — chalare.

Diese Erfindung des Ktesibius scheint mir ganz dieselbe, welche wir heut zu Tage Cartesianische Männchen, oder Täucher, oder Teufel nennen. Welche nehmlich auch eine Erfindung des Ktesibius war, wie Vitruv bereits B. IX. K.6. (IX.) Seite 229. gesagt hat. Eine Abbildung davon siehe in Newton’s etc. Vol. II. fig. LXXXVIII.

Innerhalb der Wasserlade befindet sich der Dämpfer — pni-geus — gleich einem umgekehrten Trichter. Unter demselben stehen kleine Klötze — taxilli — von ungefähr drey Zoll, worauf dessen unterer Rand — ima labra — wagrecht mit dem Boden der Lade ruhet: Oben aber auf dessen Halse — cervicula — trägt eine wohl-verwahrte Windlade — arcula — die Kanzelle — caput, — welche auf Griechisch κανὼν μουσικὸς heiſst, und worin, der Länge nach, so viele Kanäle — canales — gemacht werden, als die Orgel Stimmen hat, nehmlich, wofern sie vierstimmig — tetrachordos — ist vier; sechs-stimmig — hexachordos, — sechs; achtstimmig — octochordos, — acht. Jeder dieser Kanäle ist durch einen Hahn — epistomium — verschlossen, welcher mit einem eisernen Schlüssel — manubrium — versehen ist. Werden diese Schlüssel umgedrehet, so eröffnen sie die Mündungen der Windlade in die Kanäle.

In der Decke der Kanzelle sind, der Breite nach, so viel Löcher ge-macht, als senkrecht darüber Öffnungen — nares — in dem Pfeifen-stocke oben, welcher auf Griechisch πίναξ heiſst, sich befinden: Zwi-schen dem Pfeifenstocke aber und der Kanzelle — canon — werden, auf gleiche Weise durchlöcherte und (damit sie desto leichter hin und her geschoben werden mögen) mit Öl bestrichene Schieber — regulae — angebracht, welche Register — pleuritides — genannt werden, und je nachdem sie vor oder rückwärts geschoben werden, diese Löcher — terebrationes — verschlieſsen, jene öffenen.

An diese Register sind eiserne Federn — choragium — befes- tiget, welche mit den Tasten — pinnae — in Verbindung stehen. Vermittelst des Niederdrückens der Tasten werden die Register gezo-gen, und der Wind — spiritus — dringt aus den Kanälen in die Löcher des darüber befindlichen Pfeifenstocks, auf welchen das Pfei-fenbret — regula — geleimt ist, in dessen Löchern — annuli — die Mündungen aller Orgelpfeifen — lingulae organorum — stecken.

Von den Stiefeln gehen Kropfröhren bis zum Halse des Däm-pfers, so daſs sie mit dessen Öffnung in die Windlade — arcula — in Verbindung stehen. Die Öffnung des Dämpfers aber ist mit einem wohlgedrechselten Klappenventil — axis — versehen, welches, wenn Wind — anima — in die Lade gepumpt worden ist, sie verschlieſst und diesen nicht wieder zurückläſst.

Werden nun die Hebel aufwärts gedrückt, so treiben die Kol-benstangen die Böden der Stiefel niederwärts: die an Gelenke befe-stigten Delphine lassen dann die im Maule haltenden Becken oder Glok-ken hernieder sinken und füllen also den leeren Raum der Stiefel wieder mit Luft an. Heben darauf die mit Kraft emporgezogenen Stangen die Böden in den Stiefeln wieder in die Höhe: so verschlieſsen sie nun mit den Becken oder Glocken die oberen Löcher, und treiben zugleich durch ihren Druck die eingeschlossene Luft in die Kropf-röhren, von welchen sie zu dem Dämpfer und durch dessen Hals in die Windlade gebracht wird. Bey fortgesetzter heftigen Bewegung der Hebel dringt endlich die Menge der zusammen gepreſsten Luft durch die Öffnung der Hähne und erfüllt die Kanäle mit Winde. Es entsteht also, wenn die Tasten mit den Händen niedergedrückt wer-den und durch das Vor- oder Rückwärtsschieben der Register die Löcher bald öffnen, bald verstopfen, eine groſse Mannichfaltigkeit von Tönen, woraus man, nach den Regeln der Musik, allerley Modu-lationen zusammen setzen kann.

Turnebus und Baldus wollen lieber lesen cnodaces, Bolzen, Nagel, Stifte. Ich lese mit Perrault pnigei cervicibus, anstatt ligneis cervicibus. Ich lese wieder mit Perrault pnigea anstatt lignea.

Ich habe mir alle ersinnliche Mühe gegeben, diese so dunkele Sache möglichst deutlich und faſslich zu beschreiben. Trotz dem be-hält sie gleichwohl ihre Schwierigkeit; und ich bin vielleicht dennoch nur denen verständlich, die sonst schon Kenntniſs hievon haben. Den Mängeln der Beschreibung wird indessen der Anblick der Sache selbst leicht abhelfen und jedermann wird dann mit mir überein-stimmen, daſs diese Erfindung so sinnreich als künstlich sey.

VIERZEHNTES KAPITEL. Wegmesser.

Ich will nunmehro zur Beschreibung einer sehr brauchbaren Erfin-dung übergehen, welche uns von den Alten mit groſser Sorgfalt über-liefert worden ist, und vermittelst welcher man zu Wagen oder zu Schiffe wissen kann, wie viel Meilen Wegs man zurückgelegt hat. Sie verhält sich folgendermaſsen.

Die Römische Meile begriff 1000 Schritte, jeden zu fünf Fuſs gerechnet; oder acht Römische Stadien von 125 Schritt. Setzt man mit Eisenschmidt (de pon-deribus et mens. vet.) das Verhältniſs des alten Römischen Fuſses zum Pariser wie 1324, 5 zu 1440, oder wie 883 zu 960, so findet man die Röm. Meile = 4600 Pari-ser Fuſs oder 766 {3/5} Toisen. Zwanzig solcher Meilen rechnete man für eine Tagereise.

Es müssen die Wagenräder vier Fuſs im Durchmesser halten, so daſs jedes Rad, indem es auf dem Boden seine Umdrehung von einem bestimmten Punkte seines Umfangs anfängt, wenn es nach vollbrachtem Umlaufe wieder zu diesem Punkte zurückkehrt, genau 12 {1/2} Fuſs Weges zurückgelegt habe. Dieſs veranstaltet, so befestige man an die Radenabe — rotae modiolus, — nach innen zu ein Rad — tympanum, — auf dessen Umfangs Stirne ein Zahn empor steht: Oben aber an den Wagenkasten — capsum rhedae — schlage man fest ein Gehäuse — loculamentum — an, welches mit einem Drehrade — tympanum versatile — auf die schmale Seite — in cultro — gestellt und an eine kleine Welle befestiget, versehen ist. Auf der Stirne dieses Rades mache man gleich weit von einander abstehende Zähne, vierhundert an der Zahl, in welche der Zahn des unteren Rades greift: und in die Seite dieses oberen Rades setze man auch noch einen Zahn ein, der über die anderen Zähne hinaus ragt. Hierüber bringe man noch ein drittes Rad horizontal an, das gleich jenem bezahnt ist, sich ebenfalls in einem Gehäuse befindet, und in dessen Zähne der in des zweyten Rades Seite eingesetzte Zahn greift. In dieses Rad mache man so viel Löcher, als man ungefähr Meilen in einer Tagereise machen mag — mehr oder weniger schadet auch nichts; thue in jedes dieser Löcher ein rundes Steinchen; in das Futteral — theca — oder Gehäuse — loculamentum — dieses Rades aber mache man nur ein einzelnes Loch mit einer Röhre, wodurch die im Rade steckenden Steinchen, wenn sie darauf kommen, in den Wagenkasten und in ein untergestelltes küpfernes Gefäſs einzeln fallen können. Da nun das fortgehende Wagenrad das unterste Rad — tympanum — mit sich umdrehet und dessen Zahn bey jedesmaliger Umdrehung in die Zähne des darüber stehenden zweyten Rades zu greifen und Einen derselben fort zu treiben zwingt: So geschieht, daſs, bey vierhundert Umdrehungen des untersten Rades, das zweyte Rad nur Einmal umläuft, und daſs dessen in die Seite eingefügter Zahn nur Einen Zahn des hori-zontalen dritten Rades fortrückt. Wird also vermittelst vier hundert-maliger Umdrehung des untersten Rades nicht mehr als Eine Umdre-hung des zweyten Rades bewirkt: So wird auch der zurückgelegte Weg gerade 5000 Fuſs, das ist 1000 Schritt ausmachen. Es zeigt daher ein jedes herabfallende Steinchen durch seinen Schall an, daſs eine Meile vorüber sey; die Zahl aber der unten im Gefäſse gesam-melten Steinchen bestimmt die Summe der in der Tagereise gemach-ten Meilen.

Ich lasse mit Perrault und Galiani et sextantis weg. Schon Jocundus edit. Venet. 1511. liest XII S. wie Perrault vorschlägt. Nehmlich zwischen dem Wagenrade und dem Wagenkasten. Bey den Alten war der Wagenkasten immer auf der Achse fest und unbe-weglich.
Meíne Übersetzung der Vitruvischen Beschreibung eines Wegmessers weicht von der, in der Beylage I. 1. zum 1. Theile der Reisen des Herrn Nicolai gegebenen Übersetzung dieser Beschreibung und von der beygefügten Abbildung des Wegmessers darin ab: a. Daſs ich mir das unterste Rad nicht in, sondern auf der Nabe, zwischen dem Wagenkasten und dem Wagenrade, denke; weil ich nicht allein glaube dieses in den Vitruvischen Worten in rotae modiolo ad partem interiorem tym-panum stabiliter includatur, zu finden; sondern mir auch schlechterdings nicht vor-stellen kann, wie sich in der Nabe ein Rad befinden könne ohne zwischen der Achse und der Nabe bey Umdrehung des Wagenrades zerrieben zu werden. Rivius über-setzt: “Dann soll man an das Holz mitten im Rad das die Sparren tragt, dadurch die Achſs gehet, die Nab genannt, hinten ein Scheyben antrehen, die ein fürgehenden Zahn hat.” — Daniel Barbaro: “allhora nel moggetto della ruota alla parte di dentro sia fermamente rinchiuso un timpano, il quale fuore della fronte dell sua ritondezza porgi un eminente dentello.” Perrault: “Au moyen de la rouë il faut attacher fermement un tympan qui ait une petite dent qui excède la circon

Auf gleiche Weise, nur mit geringen Veränderungen erreicht man denselben Zweck zu Schiffe.

Man stöſst nehmlich durch die beyden Seiten des Bords eine Welle und befestiget an deren auſser dem Schiffe hervorragenden Enden Räder von vier Fuſs im Durchmesser, an der Stirne rings umher mit Schaufeln versehen, welche in das Wasser hinab reichen. Ferner setzt man auf das Mittel der Welle mitten in das Schiff ein Rad mit einem sich aus dessen Umfange erhebenden Zahne. Hier bringt man ein Gehäuse an, worin ein Rad ist mit vierhundert gleich weit von einander abstehenden Zähnen, in welche der Zahn des an der Welle befindlichen unteren Rades eingreift: und zugleich setzt man in die Seite einen anderen Zahn ein, der über dessen äuſseren Umfang hinausragt. Darüber verschlieſst man in ein anderes Gehäuse ein horizontales auf gleiche Weise bezahntes Rad, in dessen Zähne der, in die Seite des zweyten auf der schmalen Seite — in cultro — stehen-den Rades eingezapfte Zahn eingreift, bey jedesmaliger Umdrehung Einen Zahn dieses horizontalen Rades forttreibt, und so das horizontale Rad umdrehet. Endlich macht man in dieses horizontale Rad Löcher, worein man runde Steinchen thut; nur Ein Loch aber in das Futteral — theca — oder Gehäuse dieses Rades, nebst einer Röhre, wodurch die Steinchen, so wie der Widerstand aus dem Wege geräumt ist, nach und nach in ein küpfernes Gefäſs mit einem Schalle hinabfallen.

ference.” Galiani: “alla parte interna del mozzo della ruota s’incastra fermo un tamburo il quale abbia un dente sollevato da sopra la fronte del suo giro.” b. Daſs ich dem zweyten Rade, dem Texte gemäſs, ein Gehäuse, oder eine Kapsel, oder Büchse — loculamentum — gebe. c. Daſs ich den langen Zahn des zweyten Rades nicht horizontal, nicht mit der Achse dieses Rades parallel, sondern auf dieselbe perpendikulär stelle, und über die an der Stirne befindlichen Zähne hinausragen lasse — prominens extra dentes; — Rivius, Barbaro, Perrault, und Galiani stimmen mit mir überein: und d. daſs ich eben deſswegen und weil Vitruv ausdrücklich sagt eadem ratione den-tatum, mir das dritte Rad gleichfalls als ein Stirnrad, nicht aber als ein Kamm- oder Kronrad, wie es in der Abbildung angegeben ist, vorstelle. Auſserdem sind in erwähnter Beylage der Reise des Herrn Nicolai noch sehr lesenswerthe Nachrichten von alten und neueren Wegmessern anzutreffen. Siehe dergleichen auch in J. Beckmanns Beyträgen zur Geschichte der Erfin-dungen 1. Bandes 1. St. II. und 2. Bandes 3. St. VI. Newtons Vorstellung des Vitruvischen Wegmessers fig. LXXXIX. und XC. stimmt mit meiner Auslegung vollkommen überein; nur daſs er den, über die anderen Zähne hinausragenden Zahn des zweyten Rades auf die Stirne des Rades zu setzen scheint, wodurch natürlicher Weise das Eingreifen des Zahns des ersten Rades in die 400 Zähne des zweyten Rades gestört würde. Vitruv sagt ausdrücklich, daſs dieser lange Zahn in die Seite des zweyten Rades eingesetzt werden müsse. Dieſs kann auch geschehen, und der Zahn kann darum doch perpendikular gestellt werden; er muſs unterwärts nur gleich einem Winkelhaken gestaltet seyn.

Das Schiff werde nun vermittelst der Ruder oder des Windes fort-getrieben, so drückt das entgegenstehende Wasser gegen die in das-selbe hinabreichenden Schaufeln, stöſst sie fort und drehet so mit Hülfe derselben die Wasserräder um. Im Herumgehen drehen diese wieder die Welle um, und die Welle das unterste Rad, dessen her-umgehender Zahn bey jedesmaligem Umgange Einen Zahn des zwey-ten Rades forttreibt und also auch dieses allmählig umdrehet. Das horizontale Rad aber wird je mit dem vierhundertsten Umlaufe der Wasserräder, welchen die Schaufeln bewirken, Einmal vermittelst des in dasselbe greifenden Zahnes, welcher in die Seite des zweyten ver-ticalen Rades eingezapft ist, fortgerückt. So oft nun durch das Her-umdrehen des horizontalen Rades ein Steinchen auf das Loch im Gehäuse kommt, rollt es durch die Röhre hinab, und deutet denn durch Schall und Zahl die, während der Fahrt zurückgelegten Mei-len an.

So viel von der Einrichtung der Maschinen, die in Zeiten des Frie-dens und der Ruhe zum Nutzen und Vergnügen verfertiget werden!

FUNFZEHNTES KAPITEL. Katapulten und Skorpionen.

Itzt folgen die Maschinen, welche zum Schutz vor Gefahr und zur Vertheidigung der Wohlfahrt erfunden worden sind, nehmlich die Skorpionen, Katapulten und Balisten. Ich werde von ihrer Einrich- tung und denen dabey zu beobachtenden Verhältnissen handeln, und fange bey den Katapulten und Skorpionen an.

Die Römischen Schriftsteller verwechseln diese Wurfmaschinen mit einander. Vitruv läſst in Folgendem die Skorpionen und Katapulten Pfeile, und die Balisten Steine schieſsen: also ebenfalls Cicero (Tusc. quaest. II.), Valerius Maximus (l. I.), und Lucilius und Sisenna beym Nonius Marcellus. Julius Cäsar aber (de bello civ. II. 2.) wirft mit den Balisten Balken von 12 Fuſs, die vorn mit eisernen Spitzen versehen sind; und Vegetius (IV. 22.), inglei-chen Ammianus Marcellinus (l. XXIII.) eignen gleichfalls den Balisten Pfeile zu. Vegetius (am a. O.) nennt unter den Kriegsmaschinen die Katapulta überhaupt gar nicht; dafür erwähnt er eines Onagers, womit Steine abgeworfen werden. Der Skorpion aber ist ihm mit manubalista, Armbrust, gleichbedeutend, und er läſst damit kleine dünne Pfeile abschieſsen. Ammianus Marcellinus hinwiederum ver-wechselt Skorpion und Onager mit einander, und wirft mit beyden Steine ab. Herr Rambach macht zwar in Potters griechischer Archäologie S. 208. die Anmerkung: “Die Griechen haben den Hauptunterschied zwischen den Wurfma-schinen durch die Worte εὐθύτονα und παλίντονα ausgedrückt. Die ersteren waren Maschinen mit zween Armen, mit welchen Pfeile und Steine vermittelst eines halben Cylinders oder Laufs, worauf man sie legte, horizontal und nach dem Kernschuſs abgeschossen wurden, und sie hatten nur eine Sehne. Die παλίντονα hatten nur Einen Arm, mit einem Behältnisse an dem einen Ende desselben (gleich einem Löffel,) worein man Steine oder andere Sachen legte, die dann nach dem Bogenschusse oder viel-mehr nach der Parabel abgeworfen wurden. Die allgemeinen Benennungen, womit man diese beyden verschiedenen Arten von Maschinen bezeichnet hat, sind καταπέλται, λι{θο}βόλοι oder πετροβόλοι; bey den Römern Catapultae und balistae. — — — Das καταπελτικὸν bedeutete zwar bey den Griechen, im allgemeinen Sinne, bisweilen den ganzen Train aller Wurfmaschinen, von welcher Art sie auch immer seyn mochten; mit der Zeit aber blieb der Name καταπέλται denen Maschinen eigen, die εὐ{θύ}τονα

Das ganze Verhältniſs dieser Maschinen hängt von der gegebenen Länge des damit abzuschieſsenden Pfeiles ab.

waren; so wie die λι{θο}βόλοι, oder balistae der Römer, παλίντονα waren.” — Inzwi-schen Vitruv stimmt damit nicht überein; da aus folgendem siebzehnten Kapitel erhellt, daſs auch die Balista zweyarmig gewesen sey. Bey so bewandten Umständen und da Vitruv die Figur seiner Wurfmaschinen nicht beschreibt, sondern schon als bekannt voraus setzt, gestehe ich frey, daſs ich nicht zu einer vollkommen bestimmten Vorstellung weder von der Katapulta, noch von der Balista der Alten habe gelangen können; so viel Mühe ich mir auch darum gege-ben habe. Der geneigte Leser sehe zu, ob er vielleicht glücklicher ist; hier sind meine gebrauchten Hülfsquellen: 1. Colonna Traiana etc. disegnata ed intagliata da P. Santi Bartoli n. 170. n. 202. n. 207. Ingleichen Columna cochlis M. Aurelio Antonino Augusto dicata etc. a P. Sancte Bartolo aere incisa. Tab.XIV. n. 2. 2. Fl. Vegetius de re militari l. II. c. 25. und l. IV. c. 22. 3. Ammiani Marcellini rerum gestarum l. XXIII. 4. Godeschalci Stewechii commentarius ad F. Vegetii Renati de re militari libros, ex officina Plantiniana Raphelengii M. D. CVI. p. 264-270. 5. Die verschiedenen Ausgaben und Übersetzungen Vitruvs; zumal Newton’s Englische Übersetzung. 6. Histoire de Polybe etc. par Folard T.II. p. 602 etc. 7. Potters Griechische Archäologie u.s.f. von Rambach 2r Th. S. 207-212. 8. Baumgärtners Kriegsschriftsteller der Griechen. 1r Th. S. 109 ff. 9. Memoires de l’académie royale de Berlin de l’année 1760. worin eine hieher gehörige Abhandlung Silberschlags enthalten ist, welche, trotz aller Weitläuftigkeit, bey weitem nicht alles Dunkle aufhellt, zumal in Rücksicht der Balisten. 10. Memoires critiques et historiques par Mr. Guischard T. IV. p. 87 etc. 11. L’ Antiquité expliquée par Montfaucon, T. IV. P.I. Pl. 78. 79. Obgleich Vitruv hier von den Katapulten und Skorpionen zu handeln ver-spricht, so redet er dennoch nur von Ersteren allein, weil ihm der Skorpion bloſs eine kleine Katapulta heiſst. Ich lese mit Ab. Fea: omnes proportiones eorum organorum ratiocinan-tur etc.

Der neunte Theil dieses Pfeils bestimmt in dem Kapitäle — capitulum — die Gröſse der Löcher, durch welche die gedreheten Sehnen — nervi — gespannt werden, welche die Arme der Katapulta festhalten sollen.

Die Höhe und Breite des Kapitäls dieser Löcher ist folgender-maſsen einzurichten: Man mache die Breter — tabulae, — welche sich zu oberst und zu unterst des Kapitäls befinden, und Parallelen — paralleli — heiſsen, von der Dicke eines Lochs, und von der Breite 1 {3/4}, ; an den äuſsersten Enden aber, 1 {1/2} Loches. Die Pilaster — parastatae — zur Rechten und Linken seyn, die Zapfen ungerechnet, vier Loch hoch, und fünf Loch dick: die Zapfen {3/4}. Von dem Loche bis zum mittleren Pilaster seyn gleichfalls {3/4} Loch. Die Breite des mittleren Pilasters sey 1 {1/4} Loch; die Dicke 1 Loch: Der Zwi- schenraum in dem mittleren Pilaster, worein der Pfeil gelegt wird, {1/4} Loch. Die vier Ecken, welche rings umher, auf den Seiten und vorn und hinten sind, benagele man mit Eisenbleche, oder beschlage sie mit kupfernen Bolzen oder Nägeln.

Das Kapitäl der Wurfmaschinen war ein rechtwinklichtes hölzernes Gestell, welches aus aufrechtstehenden Hölzern — parastatae — und aus zwey horizontalen Bretern — tabulae, paralleli — bestand. Siehe oben Buch I. K. 22. Vitruv bedient sich bey Bestimmung des Maaſses eigener Zeichen, woraus man nicht recht weiſs, was man machen soll, und welche der Eine so, der Andere anders erklärt. Kein geringes Hinderniſs klarer Begriffe von den beschriebenen Gegen-ständen! Ich folge dem Galiani, ohne übrigens zu glauben, daſs er das Räthsel gelöſst habe. Warum sind wohl diese Breter, oder Parallelen, an den äuſsersten Enden weni-ger stark zu machen, als in der Mitte? Diese Verschiedenheit der Stärke ist in New-ton’s Zeichnung nicht bemerkt; auch bekennt er n.2. daſs er sie nicht anzubringen wisse. Anstatt a foramine ad medianam parastatam item foraminis S 9. möchte Silberschlag lieber lesen: ad foramen mediae parastatae inserendis cardinibus item foraminis S 9. Man bemerke, daſs Vitruv nur von Einem mittleren Pilaster spricht, und in den, im Mittel desselben befindlichen, Zwischenraum von {1/4} Loch Breite, den Pfeil legt. Es ist also nicht dem Vitruv gemäſs, wenn man, wie auch Newton thut,

Die Länge der kleinen Rinne — canaliculus, — welche auf Grie-chisch Syrinx heiſst, sey 19 Loch: Die Länge der Richtscheite, Wan-gen — bucculae — von einigen genannt, welche zur Rechten und Lin-ken der Rinne angenagelt werden, ebenfalls 19 Loch; die Dicke aber 1 Loch. Noch werden zwey Richtscheite angenagelt, worin man einen Haspel — succula — anbringt, welcher 3 Loch lang und {1/2} Loch breit ist. Die Dicke dieser anzunagelnden Wange führt den Namen des Bänkchens — scamillum — oder, nach einigen, des Gehäuses — locu-lamentum, — und wird vermittelst schwalbenschwanzförmiger — secu-riclatus — Zapfen befestiget; die Höhe ist {1/2} Loch. Die Länge die-ser Wange — bucculae — 8 {1/2} Loch; die Dicke 9 Loch: Die Länge der Nuſs — epitoxis — {3/4} Loch; die Breite {1/4}. Der Drücker oder das Händchen — chele, cheira, manucla, — hält an Länge 3 Loch, an Breite und Dicke {3/4}. Der Rinne des Kolben — canalis ſundi — Länge ist 16 Loch; und der Durchmesser {3/4} Loch.

vier Pilaster annimmt. — Die Vorstellung der Wurfmaschinen aber auf der Columna Trajani stimmt eben so wenig mit der Vitruvischen Beschreibung als mit den neuern Vorstellungen überein. L’armure du chapiteau est enoncèe en ces termes — sagt Silberschlag. — C’ est afin que la violente tension des cordes ne brise, ni le péritrete (muſs heiſsen la piece de bois qui compose le haut du chapiteau; denn hiemit verwechselt Sil-berschlag S. 386. und 409. das Peritreton, welches ein Loch heiſst,) ni les para-strates des catapultes. Voyez Dissertation sur les trois principales machines deguerre des anciens etc. par Silberschlag. p. 389. des Mémoi-res de l’académie de Berlin de l’anné 1760. So lese ich anstatt suculae und scutulae; weil die Länge und Breite des Has-pels bereits kurz zuvor angegeben worden ist; die Länge und Dicke der Wange aber noch gar nicht.

Das Säulchen — columella — oder Fuſsgestell — basis — auf dem Boden 8 Loch: Die Breite der Plinthe, worauf das Säulchen steht, {3/4} Loch; die Dicke {1/6} und {1/4} Loch: Des Säulchens Länge sammt dem Zapfen 12 Loch; die Breite {3/4} Loch. Dessen drey Streben — capreoli — Länge 9 Loch, Breite {1/2} und Dicke {1/6} Loch. Des Zapfens Länge 1 Loch. Des Säulchens Knauflänge 1 {3/4}. Des Vorsteckers — anteſixum — Breite {1/2} {{1/4}/{1/2}} Loch; Dicke 1 Loch. Die hinterste kleinere Säule, wel- che auf Griechisch Antibasis, d. i. Gegenbasis, heiſst, 8 Loch; die Breite 1 {1/2} Loch; die Dicke {1/6} und {1/2}. Der Untersatz — subjectio — hält 12 Loch, und an Breite und Dicke eben so viel, als die kleine Säule selbst. Das Zapfenlager — chelonium — oder Küssen — pulvi-nus — auf der kleineren Säule 2 {1/2} Loch; 2 {1/2} Loch hoch, und 1 {3/4} breit. Die Ständer — carchesium — des Haspels 2 {1/2} Loch; 2 {1/2} Loch hoch, und 1 {1/2} breit. Das Querholz — transversarius — nebst Zapfen 10 Loch lang, 1 {1/2} breit und 10 Loch dick. Eines Arms Länge 7 Loch; und Dicke, an der Wurzel — ab radice — {1/12} und {1/6}, an der Spitze — in summo — {1/3} {1/6}. Die Krümme — curvatura — acht Loch.

Ich stelle mir, nach Vitruvs Beschreibung, die Katapulta hier, gleich einer Armbrust eingerichtet, vor. Newton, der epitoxis und canaliculus mit einander ver-wechselt, weiſs mit dem canalis fundi gar nicht wohin? Seine Vorstellung der Kata-pulta scheint mir überhaupt zu componirt. Die Versetzungen und Veränderungen des Textes, welche Silberschlag p. 396. hier vorschlägt, scheinen mir sehr willkührlich. At the top of the columella was a cylindric tenon, on which turned the chelonium, which was formed thus: — On a horizontal rectangular board two perpendicular rectangular sides were fixed to the right and left; and between these was another horizontal board, a little above the former. Through the middle of the two horizontal boards holes capable of receiving the tenon of the columella were bored. The two perpendicular sides were so far apart as to admit between them the breadth of the syrinx; which being introduced, an iron axis passed horizontally through the sides of the chelonium and those of the syrinx, con-necting together, and admitting the syrinx to turn vertically on the said axis: so that the whole catapulta could be elevated and declined to any direction: and, by the chelonium turning on the tenon of the columella, it could also be turned

Folgende Verhältnisse sind bey Verfertigung der Katapulten im Zusetzen oder Abnehmen zu beobachten:

Giebt man z. B. dem Kapitäle mehr Höhe, als die Breite beträgt (in welchem Falle es denn hochspannend — anatonus — genannt wird): so muſs man die Arme verkürzen, damit, je schlaffer die Span-nung — tonus, — wegen der Höhe des Kapitäls, ist, um desto hef- tiger der Arm, wegen seiner Kürze, zurück schnelle. Ist hingegen das Kapitäl nicht so hoch (in welchem Falle es tiefspannend — cata-tonus — heiſst): so müssen wegen der groſsen Schnellkraft — vehe-mentia — die Arme etwas verlängert werden, damit man sie leicht anziehen — ducere — könne. Denn gleichwie ein Hebel von vier Fuſs nur mit Hülfe von vier Leuten eine Last hebt, welche ein Hebel von acht Fuſs vermittelst zweyer Leute in die Höhe bringt: eben also werden auch die Arme, je länger, um desto leichter; je kürzer, um desto schwerer angezogen.

So viel von der Katapulten Beschaffenheit, Gliedern und Verhält-nissen!

horizontally to any direction required, and by these means be pointed against any intended object. Newton’s Vitr. Vol. II. p. 257. Nehmlich die Spannung der Seile, welche die Arme fest halten.
SECHZEHNTES KAPITEL. Balisten.

Die Balisten haben zwar einerley Zweck, aber mancherley und ver-schiedene Beschaffenheit; denn einige werden vermittelst Hebel oder Haspel, andere vermittelst Polyspaste, noch andere vermittelst Win-den, einige auch vermittelst Räder gespannt.

Aller und jeder Balisten Verfertigung aber beruhet auf dem gege-benen Verhältnisse der, von diesen Maschinen abzuwerfenden, Stein-last. Es können sich daher nur diejenigen damit abgeben, welche der Rechenkunst vollkommen kundig sind; denn die Seile, welche durch die Löcher im Kapitäle gezogen werden, und welche man vorzüglich aus Weiberhaar, aber auch aus Sehnen verfertiget, müs-sen an Stärke mit der Gröſse der von der Balista abzuwerfenden Steinlast eben so, wie bey der Katapulta mit der Länge des Pfeils, in Verhältniſs stehen.

Damit jedoch auch diejenigen, welche der Geometrie und Arith-metik unkundig sind, sich hievon unterrichten mögen, und bey Kriegsgefahr nicht erst nöthig haben, sich durch Nachdenken zu ver-säumen: So will ich hier dasjenige vortragen, was ich theils selbst durch Erfahrung bewährt gefunden, theils aber auch als zuverlässig von meinen Lehrern erlernt habe. In meinem Vortrage werde ich übrigens das Griechische Maaſs und Gewicht auf das bey uns übli-che zurückbringen.

SIEBZEHNTES KAPITEL. Verhältnisse der Balisten.

Eine Balista, welche einen zweypfündigen Stein werfen soll, muſs im Kapitäle das Loch zu 4 Zoll haben: einen 4pfündigen, zu 6 Zoll: einen 6pfündigen, zu 7 Zoll: einen 10pfündigen, zu 8 Zoll: einen 20pfündigen, zu 10 Zoll: einen 40pfündigen, zu 12 {1/2} {1/6} Zoll: einen 60-pfündigen, zu 13 {1/8} Zoll: einen 80pfündigen, zu 15 Zoll: einen 120pfün-digen, zu 1 Fuſs 1 {1/2} Zoll: einen 160pfündigen, zu 11 Fuſs: einen 180-pfündigen zu 11 Fuſs, 5 Zoll: einen 200pfündigen, zu 11 Fuſs, 6 Zoll: einen 210pfündigen, zu 11 Fuſs, 7 Zoll: einen 250pfündigen, zu 11 {1/2} Fuſs, 1 Zoll.

Nachdem die Gröſse des Lochs, welches auf Griechisch περίτρη-τον heiſst, bestimmt worden ist, so beschreibe man ein kleines Schild — scutula — von 2 {1/2} {1/6} Loch in der Länge und 2 {1/6} in der Breite: Man theile im Mittel die beschriebene Linie, und nach geschehener Theilung nehme man von den äuſsersten Theilen der Figur so viel ab, daſs sie eine Schmiege — obliqua deſormatio — erhalte, {1/6} der Länge und, wo die Biegung — versura — angeht, {1/4} der Breite; wo aber die Krümme — curvatura — ist, die Spitzen der Ecken hervor-laufen, und die Löcher sich wenden, ingleichen die Einziehung — contractura, — da lasse man sie um {1/6} der Breite nach einwärts zurück treten.

La livre Romaine est de douze onces, dont seize font notre livre d’Alle-magne. La Mine Attique, dont 80 font un grand talent et 60 un petit, avoit 100 dragmes. Le talent de 80 mines étoit égal à 83 livres et 4 onces. Donc la livre étoit d’une {1/2} once plus legere que la mine Attique. Les anciens Grecs aussi bien que les Romains divisoient le pié en 16 pouces; mais le pié Romain étoit plus court que l’Attique d’une semuncia, c’est à dire, de {2/3} de pouce. Voyez Mem. de l’académie de Berlin, 1760. p. 405. Da Vitruv bereits oben Buch I. K. 2. ausdrücklich gesagt hat, daſs die Grie-chen das Loch der Balista Peritreton nennen, so halte ich mich daran, und ver-

Das Loch muſs eben so länglich seyn, als der Pflock — epischis — dick ist. Sobald es verfertiget ist, beraspele man es rings umher, damit dessen äuſserster Umfang in einem Durchmesser von {1/2} und {1/10} Loch glatt werde. Darauf stelle man die Gehäuse — modioli — von 2 {1/4} Loch; 1 {3/4} Loch breit, und 1 {1/2} Loch dick, auſser das, was in das Loch gesteckt wird; am Ende aber 1 {1/16} Loch breit. Die Länge der Pilaster 5 {1/2} {1/16} Loch; die Krümme {1/2} Loch; die Dicke {1/3} und {1/9} Loch. Zur mittleren Breite setzt man so viel hinzu, als bey dem Loche in der Abbildung geschehen ist; nehmlich an Breite und Dicke 5 Loch, und an Höhe {1/4}. Das Richtscheit, welches auf dem Tische — mensa — ist, 8 Loch lang und {1/2} Loch breit und dick: Des Zapfens Länge 2 {1/6} Loch; Dicke 1 Loch: Die Krümme des Richtscheits {1/16} {1/5/16}. Das äus-sere Richtscheit eben so breit und dick: die Länge erhält man vermit-telst der Biegung der Schmiege — versura deformationis — selbst und vermittelst der Breite eines Pilasters zu des Richtscheits Krümme von {1/16} addirt. Die oberen Richtscheite sind den unteren gleich. Des Tisches Querhölzer — traversarii — {2/3} {1/16} Loch. Der Treppenwangen — climacidos scapi — Länge 13 Loch, Dicke {3/16}. Der mittlere Zwi-schenraum hält an Breite {1/4} Loch, an Dicke {1/8} {1/4/8}. Der Treppe ober-ster Theil, welcher dicht neben den Armen ist, und mit dem Tische zusammenhängt, wird der Länge nach in fünf Theile getheilt: Zwey derselben gebe man dem Gliede, welches die Grie-chen χηλὸν — Scheere — nennen, und dessen Breite {1/16}, Dicke {1/4} und Länge 3 {1/2} und {1/8} Loch beträgt; die hervorragenden Theile der Scheere — chele — halten {1/2} Loch; und der gebogene Plinthenvorsprung — plinthigonatus — {1/12} {1/4/12} Loch: Was aber hinwärts nach der Welle — axon, — die Querfronte — frons transversarius — genannt, liegt, betrage 3 Loch; der inneren Richtscheite Breite {1/16} Loch, die Dicke {1/12} {1/4/12}; der Rahmen — replum — der Scheere, welcher dem Schwal-benschwanze zur Decke — operimentum — dient, {1/4} Loch; der Trep-penwangen Breite {5/6}, Dicke {1/12} {1/4/12}; des Quadrats an der Treppe Dicke {5/12} Loch, und am Rande {1/16}. Der runden Welle Durchmes-ser sey dem der Scheere gleich, nur gegen die Zapfen — claviculae — betrage er {1/2} weniger {1/16}. Des kleinen Strebepfeilers — anteridion — Länge sey {1/12} und {3/4} Loch, unterste Breite {1/10} Loch, und oberste Dicke {1/4} und {1/16}.

werfe hier mit Philander die gewöhnliche Leseart, welche diese Griechische Benen-nung der scutula beylegt. Diese Stelle ist mir unverständlich. Ich weiſs nicht, welch eine Vorstellung ich mir von dem beschriebenen kleinen Schilde zu machen habe, noch wozu es gedient haben möge. Silberschlag erklärt nicht allein das Peritreton wieder falsch; son-dern fährt überhaupt so leicht über die ganze Stelle hin, als ob nicht die mindeste Schwierigkeit darin enthalten wäre. Anstatt epizygis lese ich epischis, dessen Vitruv sich in folgendem Kapitel von diesem Theile der Balista und Katapulta bedient, und es durch cuneus ferreus erklärt. Es war nehmlich der eiserne Pflock oder Zapfen im Loche, das dadurch gezo-gene Seil zu befestigen. Ich folge der Leseart des Turnebus: circumlevigentur extrema. Le barillet, en Grec χοινικὶς, est un cylindre creusé, qui soutient non seule-ment les cordes par l’epischis, mais qui sert aussi à les faire tourner. Les barillets des balistes médiocres étoient de cuivre; ceux des grandes, au témoignage de Héron, d’un bois très dur, armé de toutes parts de fer; et l’on travailloit ces pìeces avec beaucoup de soin. Um einen Sinn zu erhalten lese ich ad curvaturam anstatt et curvaturam. Man bemerke, daſs Vitruv hier ausdrücklich von Armen der Balista, in der mehreren Zahl, spricht. Diese Beschaffenheit der Balista hindert darum nicht, daſs sie nicht unter die παλίντονα, d. i. unter die Wurfmaschinen, welche im Bogen schossen, zu rechnen sey; denn die Maschine erhielt ja ihre Richtung durch die Basis, worauf sie stand.

Das Fuſsgestelle, welches die Griechen ἐσχάρα — Heerd — nen-nen, ist + + + Loch lang, und die Gegenbasis — antibasis — 4 Loch; die Dicke und Breite aber beyder insgesammt ist + + + Loch. In einer Höhe von {1/16} wird eine halbe Säule befestiget, deren Dicke und Breite 1 {1/2} Loch beträgt, die Höhe aber steht mit dem Loche nicht im Verhältniſs, sondern ist nach der Erforderniſs des Gebrauchs einzurichten.

Eines Arms Länge ist 6 Loch; die Dicke, an der Wurzel — in radice — + + + Loch, und an der Spitze — in extremis — {1/12} Loch.

Meiner Einsicht nach, sind dieſs die brauchbarsten Verhältnisse der Balisten und Katapulten. Itzt will ich versuchen, so gut als es sich schriftlich thun läſst, die Art und Weise anzugeben, wie diese Maschinen vermittelst der, aus Sehnen oder Haar gedreheten, Seile bezogen werden — temperari.

Ich gebe es auf, mir von den oben erwähnten Theilen der Balista eine deut-liche Vorstellung zu machen. Ich kann sie nicht zusammen reimen. Siehe zuvor K. 15., wo diese Gegenbasis am Katapultengestelle die hintere kleine Säule genannt wird.
ACHTZEHNTES KAPITEL. Beziehung — temperatura — der Balisten und Katapulten.

Man nimmt sehr lange Bäume und nagelt Zapfenlager — chelonia — darauf, worein man Haspeln legt. In dem mittleren Raum dieser Bäume macht man Ausschnitte. In diese Ausschnitte schlieſst man das Kapitäl der Katapulten ein, und befestiget es mit Keilen, damit es beym Spannen nicht rücke. Darauf schlägt man kupferne Gehäuse — modioli — auf das Kapitäl und stöſst eiserne Pflöcke — cuneoli ferrei, — bey den Griechen επισχις genannt, hinein. Nun steckt man die Enden der Seile — ansae rudentum — durch die Löcher des Kapitäls, zieht sie hindurch bis auf die andere Seite, befesti- get sie alsdenn an die Haspeln, drehet diese vermittelst der Hebel um, und spannt die Seile so, daſs sie beym Berühren mit den Hän-den beyde einen gleichen Ton angeben. Hierauf macht man sie endlich in den Löchern mit Keilen fest, damit sie nicht erschlaffen.

Durch jedes Loch giengen zwey Reihen Seile, worin der Arm eingeklemmt war; siehe kurz zuvor K. 16. und oben Buch I. K. 1. S. 18. Die Katapulten und Balisten hatten rechts und links ein Loch, das von oben herab durch das ganze Kapitäl hindurch gieng. Da nun aber das Kapitäl, auſser den aufrechten Pilastern, aus zwey horizontalen Bretern, den Parallelen, bestand, welche durch einen Zwischenraum getrennt waren: So befanden sich folglich auf jeder Seite des Kapitäls zwey, gerade untereinander stehende Löcher; und also eigentlich in der ganzen Maschine ihrer vier. Hier ist von den beyden unter einander stehenden Löchern der oberen und untern Parallele, auf Einer Seite der Maschine, die Rede. Der Grund hiervon ist hereits im 1. Kap. des I. Buchs angegeben. Perrault observes that “it is difficult to comprehend how ropes of eight inches thick, made of hair, should yield a tone sensible to the human ear.” This remark

Auf gleiche Weise zieht man die Seile auch durch das andere Loch hindurch und spannt sie vermittelst der Haspeln, bis sie völlig übereinstimmig klingen.

Also werden vermittelst Verkeilung — cuneorum conclusioni-bus — die Katapulten nach dem Urtheile eines musikalischen Ohrs bezogen.

NEUNZEHNTES KAPITEL. Belagerungs - Maschinen.

Nachdem ich von diesen Gegenständen nach meinen Kräften gehan-delt habe, so bleibt mir nur noch von den Maschinen zu reden übrig, deren man sich bey Belagerungen mit Vortheil sowohl zum Angriffe, als zur Vertheidigung zu bedienen pflegt.

Unter allen Belagerungs-Maschinen soll der Sturmbock oder Mauerbrecher — aries — zuerst erfunden worden seyn, und zwar auf folgende Weise.

Als die Karthager Gades belagerten, nahmen sie ein davor liegendes Kastell weg, welches sie zu schleifen für gut befanden. Da es ihnen aber an den, zum Schleifen erforderlichen, eisernen Werkzeugen fehlte; so nahmen sie einen Balken, hielten ihn mit Händen empor und stieſsen mit dessen Kopf unabläſsig oben gegen die Mauer, warfen so die obersten Lagen der Steine herab und fuhren dann nach und nach weiter fort, bis die ganze Verschan-zung zerstört war.

arose from his idea of these engines: he imagined that it was the whole compli-cation of twisted cords, that yielded the sound; whereas it was each separate cord of which that complication consisted. Newton’s Vitr. Vol. II. p. 266. D. i. in den Löchern der oberen und unteren Parallele des Kapitäls. Nehmlich durch das Loch auf der anderen Seite des Kapitäls. Siehe oben Buch I. K. 1. S. 18. Das heutige Cadix.

Diese Erfindung veranlaſste nachher einen Künstler aus Tyrus, Namens Pephasmenos, einen Mast aufzurichten und daran einen andern in die Quer, gleich einem Wagebalken — trutina, — zu hängen, den er hin und her schwang und so, vermittelst der heftigsten Stöſse, die Mauer der Gaditaner einstieſs.

Ketras von Chalkedon verfertigte aus Zimmerholz zuerst ein Fuſsgestell mit Rädern und schlug oben über Ständer und Joch-träger — juga — Bolen — varae —: Hierein hieng er den Sturm-bock und deckte Ochsenhäute darüber, zum Schutze derer, welche darinnen die Mauer schlagen muſsten. Weil sich diese Maschine aber sehr langsam fortbewegte, nannte er sie die Sturmbock-Schildkröte — testudo arietaria.

Dieſs waren die allerersten Staffeln der Erfindung solcher Art von Maschinen.

Als nachmals Philipp, des Amyntas Sohn, Byzanz bela-gerte, erfand Polyidus, ein Thessalier, ihrer mehrere und leichtere Gattungen. Schüler desselben waren Diades und Chereas, wel-che unter Alexander dienten.

Diades nennt in seinen Schriften als eigene Erfindungen: Erstlich bewegliche Thürme — turres ambulatoriae, — welche auch auseinander genommen und mit dem Heere fortgeführt wer-den konnten. Ferner den Mauerbohrer — terebra; — die Steig-maschine — ascendens machina, — vermittelst welcher man gera- deswegs — plano pede — eine Mauer ersteigen kann. Ingleichen den Mauerreiſser — demolitor, — der Rabe — corvus, — von einigen auch der Kranich — grus — genannt. Endlich einen Sturmbock auf Rädern, dessen Einrichtung er beschreibt.

Einen kleinern Thurm, sagt er, müsse man nicht machen, als 60 Ellen hoch, 17 breit; das Obertheil um {1/5} des Untertheils ver-jüngt; die Ständer unten im Thurme {3/4}, oben aber {1/2} Fuſs; auch müsse er von drey Stockwerken — tabulatum — seyn, deren jedes mit Fenstern versehen — fenestratus. — Der allerhöchste Thurm hingegen müsse 120 Ellen Höhe und 23 {1/2} Breite; des Obertheils Ver-jüngung gleichfalls um {1/5} des Untertheils; die Ständer unten aber zu 1. und oben zu {1/2} Fuſs haben. Einen Thurm von dieser Gröſse machte er von 20 Stockwerken; und um jedes Stockwerk zog er einen Umgang — circuitio — von 3 Ellen, mit rohen Fellen bedeckt, zur Beschirmung.

Die Sturmbock-Schildkröte wurde auf gleiche Weise verfertiget. Sie war 30 Ellen breit, und 16 hoch bis an den Giebel — fastigium. — Des Giebels Höhe war, von dessen Grundlinie — stratum — bis zur Spitze, 7 Ellen. Im Mittel des Dachs aber erhob sich ein kleiner Thurm nicht unter 12 Ellen breit, und 4 Stockwerk hoch. Auf das oberste Stockwerk wurden Skorpionen und Katapulten; in die unteren aber ein groſser Wasservorrath gestellt, zum Löschen, wenn etwa Feuer eingeworfen wurde. Unter der Beda-chung wurde die Sturmbocks - Maschine — arietaria machina, — welche auf Griechisch κριοδόκη heiſst, angebracht: Es wurde nehm-lich ein wohlgedrechselter Cylinder — trochus — hingelegt, und der Sturmbock hinauf gestellt; wo denn derselbe, durch Taue hin und her gezogen, groſse Wirkung hervorbrachte. Auch diese Maschine wurde, gleich wie der Thurm mit Häuten behangen.

Eine Abbildung eines solchen Thurms, jedoch nur von 10 Stockwerken, siehe beym Stewechius am a. O. pag. 254.

Des Mauerbohrers Einrichtung beschreibt er folgendermas-sen: Die Maschine glich einem Sturmdache — testudo. — Im Mittel war sie mit einer auf Strebepfeilern — orthostata — ruhenden Rinne, dergleichen man den Katapulten oder Balisten zu geben pflegt, ver-sehen, 50 Ellen lang, 1 Elle hoch; worin überzwerch ein Haspel ange-bracht wurde, vorn aber rechts und links zwey Kloben, vermittelst welcher ein, in der Rinne liegender, Balken, dessen Kopf mit Eisen beschlagen war, bewegt wurde. Unter der Rinne selbst waren Cylin-der — trochi — befestiget, welche ihr eine geschwindere und hefti-gere Bewegung verliehen. Über den darin liegenden Balken aber zog man, zur Bedeckung der Rinne, Bogen — arcus, — worüber die rohen Felle gehangen wurden, mit welchen man die Maschine bedeckte.

Den Raben —corax— hat er nicht für gut befunden zu beschreiben; weil er fand, daſs diese Maschine keine Wirkung her-vorbrachte.

Was die Steigmaschine — ascensus— auf Griechisch ἐπι- βάθρα, ingleichen die Schiffmaschinen zum Entern betrifft, so bemerke ich mit Leidwesen, daſs er zwar sie zu beschreiben ver-sprochen, allein das Versprechen nicht erfüllt hat.

Siehe eine Abbildung bey Newton, Fig. CXII. Vegetius B.IV. K.21, beschreibt eine dergleichen Maschinen, welche er tolleno (Hebemaschine) nennt, folgendermaſsen: “Es wird ein langer Balken tief in die Erde gesteckt. Oben auf dessen Spitze setzt man einen noch längeren Quer-balken just im Mittel, so daſs er im Gleichgewichte hängt, und dessen Eines Ende sich erhebt, wenn das Andere sich senkt. Man verfertiget sodann an dem Einen Ende aus Hürden oder Bretern ein Behältniſs, worein man einige Bewaffnete stellt. Indem man nun das andere Ende mit Stricken hernieder ziehen läſst, so werden von diesem emporsteigenden die Bewaffneten auf die Mauer gehoben.”

Nachdem ich bisher die Maschinen nach des Diades Anlei-tung beschrieben habe, will ich nunmehr auch dasjenige vortragen, was ich selbst in Ansehung derselben brauchbares von meinen Leh-rern erlernet habe.

ZWANZIGSTES KAPITEL. Schirmdach zum Grabenausfüllen. —Testudo ad congestionem fossarum.—

Das Schirmdach, dessen man sich eben sowohl beym Grabenausfül-len als bey der Annäherung der Mauer bedienen kann, ist folgen-dermaſsen zu verfertigen.

Man schlage ein Fuſsgestell, auf Griechisch ἐσχάρα, von 25 Fuſs ins Gevierte zusammen. Hierüber lege man vier Querbalken, welche man vermittelst zweyer anderen, welche {1/12} der Länge dick, und halb so breit sind, verbindet. Diese Querbalken lasse man ungefähr 1 {1/2} Fuſs von einander abstehen. In den Zwischenräumen bringe man unten kleine Bäume — arbusculae, — auf Griechisch ἁμαξόποδες, an, worin Räder, deren Achsen mit Eisen beschlagen sind, laufen. Diese kleinen Bäume müssen mit Zapfen versehen seyn, ingleichen mit Löchern, um vermittelst hindurchgesteckter Hebebäume sie drehen und also die Maschine vor und rückwärts, rechts oder links oder überzwerch, je nachdem es erforderlich ist, fortbewegen zu können.

Übrigens lese ich oben anstatt des gewöhnlichen accessus, lieber ascensus; weil diese Maschine kurz zuvor ascendens machina genannt wird.

Nach diesem lege man auf das Fuſsgestell zwey Balken, welche zu beyden Seiten 6 Fuſs überragen. An ihre hervorspringenden Enden zu beyden Seiten füge man andere 7 Fuſs hervortretende Balken, von derselben Dicke und Breite, als die in dem Fuſsgestelle. Auf diesem Gestelle errichte man aneinander gefügte Pfosten — postes com-pactiles, — ohne Zapfen 9 Fuſs hoch, 1 Fuſs und 1 Querhand auf allen Seiten dick, und Zwischenräume von {1/2} Fuſs zwischen sich habend. Oberhalb verbinde man diese durch aneinander geblattete Hauptbalken — intercardinatae trabes. — Auf die Hauptbalken setze man Streben — capreoli, — welche mit ihren Endpunkten in einan-der einschlieſsen, und sich 9 Fuſs hoch erheben: und über die Stre-ben lege man einen vierkantigen Balken zur Verbindung derselben. Übrigens halte man sie durch rings herum genagelte Seitenbalken — lateraria — zusammen, und decke sie mit Bretern, sonderlich mit palmbäumenen, wo nicht, doch mit Bretern aus sonst einem starken Holze, nur nicht aus Erlen oder Fichten, welche zerbrechlich und feuerfangend sind.

Um dieses breterne Dach —tabulatum— lege man darauf aus dünnen Ruthen dichtgeflochtene Hürden — crates, — und bedecke sodann die ganze Maschine rings umher mit äuſserst frischen und rohen Fellen, welche doppelt aufeinander genähet und mit Meergras — alga, — oder mit in Essig eingeweichter Spre@ ausgestopft sind, damit sie sowohl die Ballistenwürfe, als auch des Feuers Gewalt abhalten mögen.

Eine ziemlich treffende Abbildung der oben beschriebenen Maschine siehe in Architettura di G. A. Rusconi, secondo i precetti di Vitruvio, in Venezia 1590, pagina 143. Auch in Newton’s Vitr. Fig. CXIII.
EIN UND ZWANZIGSTES KAPITEL. Noch andere Schirmdächer.

Es giebt noch eine andere Art von Schirmdächern, welche übrigens völlig nach obiger Beschreibung eingerichtet ist, nur keine Streben — capreoli — hat; sondern dafür rings umher mit einer breternen Brustwehr — pluteus — und mit Zinnen — pinnae — versehen ist; ingleichen oben durch ein vorspringendes mit Bretern und Häuten benageltes Vordach verwahrt wird, über welches von Thon, worein Haare getreten sind, eine Lage von einer solchen Dicke gezogen ist, daſs Feuer der Maschine ganz und gar nichts anhaben kann. Der-gleichen Maschinen kann man, wenn es nöthig ist, sogar zu acht Rädern verfertigen, wofern es anders die Beschaffenheit des Orts zuläſst.

Diejenigen Schirmdächer, deren man sich beym Miniren — fo-dere — bedient, heiſsen auf Griechisch ὄρυγες, und haben übrigens alles, wie es oben beschrieben worden ist; auſser daſs ihre Fronten dreyeckig gemacht werden, damit der Schuſs nicht, wenn von der Mauer aus darauf geschossen wird, gerade dagegen treffe, sondern an den schrägen Seiten abgleite, und also die Minirer sich darin sicher und ohne Gefahr befinden mögen.

Es scheint mir nicht zweckwidrig, auch der Einrichtung des-jenigen Schirmdaches zu gedenken, welches Agetor aus Byzanz verfertiget hat. Es hatte ein Fuſsgestell 60 Fuſs lang und 18 breit. Die auf dem Gestelle errichteten vier Ständer — arrectaria — bestan-den aus zwey zusammengefügten Balken, jeder 36 Fuſs lang, 1 Fuſs und 1 Querhand dick und 1 {1/2} Fuſs breit. Die Maschine bewegte sich auf acht, am Fuſsgestelle befindlichen Rädern 6 {3/4} Fuſs hoch, 3 Fuſs dick, und aus drey Felgen zusammengesetzt, welche unter einander durch Klammern verbunden und mit kaltgeschmiedeten Schienen be-schlagen waren. Die Räder liefen in beweglichen Bäumchen — arbus-culae, amaxopodes.

Ferner erhoben sich von den Spannriegeln — transtra — des Gerüsts auf dem Fuſsgestelle, Pfosten 18 {1/4} Fuſs lang, {3/4} breit und {1/2} {1/6} dick, in einem Abstande unter einander von 1 {3/4} Fuſs. Hauptbalken 1 {1/4} breit und {3/4} dick, wurden darüber gelegt und dienten ihnen zur Verbindung. Hierauf wurden 12 Fuſs hohe Streben errichtet. Ein auf die Streben gelegter Balken diente den Streben zur Verbindung. Ingleichen wurden überzwerch Seitenbalken — lateraria — angeschla-gen, worauf ein Breterdach — contabulatio — genagelt wurde, wel-ches alles Untere beschirmte.

Noch ein anderes Breterdach erhob sich im Mittel auf kleinen Balken — trabeculae. — Hieher stellte man die Skorpionen und Kata-pulten.

Ferner wurden zwey aus aneinander gefügten Säulen bestehende Ständer — arrectaria compacta — aufgerichtet, 35 Fuſs lang, 1 {1/2} Fuſs dick, und 2 Fuſs breit; oben an den Köpfen durch einen angeblatte-ten — cardinatus — Querbalken, und im Mittel noch durch einen anderen, an die beyden Säulen — scapus — angeblatteten und mit eisernen Bändern beschlagenen Querbalken vereint. Auf diesen wurde wechselsweise Holz — materies — zwischen die Säulen und den Quer-balken gelegt, durchlöchert — trajecta — und vermittelst Untersätze — chelonia — und Kragsteine — ancones — befestiget. In diesem Holze befanden sich zwey gedrechselte Pflöcke — axiculi, — woran die Seile gebunden wurden, an welchen der Sturmbock herabhing.

Die Erklärung dieses Worts verdanke ich meinem Freunde, dem Herrn Doctor Stieglitz zu Leipzig.

Über dem Haupte derer, welche den Sturmbock zogen, war ein Schirmdach — pluteum — gleich einem Thürmchen verziert, ange- bracht, worin zwey Soldaten sicher schildern, und von dem, was beym Feinde vorgieng, Nachricht geben konnten.

Der Sturmbock war 106 Fuſs lang, unten 1 Fuſs und 1 Quer-hand breit, und 1 Fuſs dick. Vom Kopfende an verjüngte er sich bis zu Eines Fuſses Breite und {1/2} und {1/8} Fuſses Dicke.

Dieser Sturmbock hatte von hartem Eisen einen Schnabel — ros-trum, — wie die Kriegsschiffe zu haben pflegen; und von diesem Schnabel aus erstreckten sich vier, ungefähr 15 Fuſs lange, eiserne Bänder, welche auf das Holzwerk aufgenagelt waren. Vom Kopfe bis zum anderen Ende des Balkens aber waren vier achtzöllige Taue, gleich denen womit auf den Schiffen der Mastbaum an das Vorder-und Hintertheil befestiget wird, gezogen; und diese Taue waren in die Quer wieder mit anderen Seilen in Zwischenräumen von 1 Fuſs und 1 Querhand umwunden. Überdieſs war der ganze Sturmbock mit rohen Fellen umwickelt; und wo die Enden der Taue herabhingen, waren vier eiserne Ketten angemacht, welche ebenfalls mit rohen Fel-len umwickelt wurden.

Plutei — sagt Vegetius de re militari l. IV. c. 15. — heiſsen Sturmhauben ähnliche Schirmdächer, welche aus Weiden geflochten und mit Matratzen oder Fellen bedeckt werden. Sie stehen auf drey Rädern, deren Eins im Mittel und die beyden andern vorn angebracht sind. Vermittelst derselben können sie, wie Wagen, nach allen Seiten fortbewegt werden. Bey Belagerungen pflegt man sich derselben zu bedienen, um sich der Mauer unter ihrem Schutze zu nahen, mit Pfeilen, Schleu-dern und Wurfspieſsen die Vertheidiger aus den Basteien zu vertreiben, und Gele-genheit zu gewinnen Sturmleitern anzulegen.” — Man sieht inzwischen aus obiger Stelle Vitruvs, daſs die plutei, oder plutea, wie er schreibt, nicht immer Räder hatten, und auch noch zu anderem Gebrauche, z. B. wie hier zu einem Schilder-hause, dienten.

Ferner war eine Schiebebrücke — projectura — angebracht, welche fest aus Bretern zusammengefügt und mit straffen Kabeltauen benagelt war, auf welchen man leicht ohne auszugleiten zur Mauer hinüber gehen konnte.

Diese Maschine hatte sechserley Bewegung. Sie gieng vor und rückwärts, rechts und links seitwärts, streckte sich hoch empor, und zog sich auch wiederum ein. Bey Bestürmung der Mauer konnte sie bis zu 100 Fuſs erhoben werden; eben so viel bestritt sie indem sie rechts und links seitwärts auslief. Hundert Mann regierten sie. Sie wog 4000 Talente, das ist 480000 Pfund.

ZWEY UND ZWANZIGSTES KAPITEL. Vertheidigungs - Maschinen.

Ich habe, glaube ich, nun hinlänglich von den Skorpionen, Katapul-ten und Balisten, ingleichen von den Schirmdächern und Thürmen, von ihren Erfindern und von der Art ihrer Verfertigung gehandelt.

Von den Sturmleitern, Krahnen — carchesium — und dergleichen mehr, das wenig Kunst erfordert, habe ich nicht nöthig zu schreiben. Nicht allein pflegen die Soldaten sie von selbst zu verfertigen; son-dern sie sind auch weder allenthalben, noch immer von gleicher Be-schaffenheit zu gebrauchen. Nach dem Grade der Tapferkeit der Nationen ist auch ein Unterschied zwischen den Verschanzungen. Anderer Maschinen bedarf man gegen kühne und verwegene, ande-rer gegen fleiſsige und feige Feinde. Will aber jemand Aufmerk-samkeit auf meinen Vortrag verwenden; so wird er leicht im Stande seyn, aus den mancherley gegebenen Anweisungen eine geschickte Auswahl zu treffen, um ohne Hülfe etwas neues, das den jedesmaligen Bedürfnissen und Umständen angemessen ist, zusammen zu setzen.

Ich lese: Item habuerat projectur am ex tabulis arcte compactam etc. Ich halte diese projectura für eben dieselbe Art Brücken, welche Vegetius IV, 17. 21. Exostra nennt, und als eine Brücke beschreibt, welche aus zwey, durch geflochtene Weiden verbundenen, Balken bestand, welche plötzlich zwischen Thurm und Mauer geschoben wurden; so daſs die Soldaten aus dem Thurme nach der Mauer hinüber laufen und sich derselben bemächtigen konnten.

In Rücksicht der Vertheidigungs-Maschinen — repugnatoriae res — läſst sich keine schriftliche Anweisung geben, da der Feind seine Angriffs-Maschinen nicht nach unseren Regeln verfertiget. Hingegen lassen sich dessen Anschläge oft aus dem Stegreife, ohne alle Maschinen, vermittelst Gegenwart des Geistes vereiteln. Ein ähn-licher Vorfall soll sich bey den Rhodiern zugetragen haben.

Zu Rhodus lebte ein Baukünstler Namens Diognet. Ihm war, seiner Geschicklichkeit wegen, ein jährlicher Ehrengehalt ausge-setzt. Einst kam von Aradus ein gewisser anderer Baukünstler, mit Namen Kallias, dahin; hielt eine öffentliche Vorlesung — acro-asim fecit — und stellte darin das Modell —exemplum— einer Mauer auf, worauf er auf einen beweglichen Kranständer —carchesium ver-satile — eine Maschine stellte, vermittelst welcher er eine, gegen die Mauer rückende Helepolis ergriff, und über die Mauer her- über hob.

Stadt auf einer kleinen Insel in Phönizien. Belagerungsmaschine von erstaunlicher Gröſse, wovon sogleich mehr.

Als die Rhodier dieſs Modell sahen, bewunderten sie es so sehr, daſs sie sofort dem Diognet seinen bestimmten Jahrgehalt entzo-gen und diese Ehrenbezeugung auf den Kallias übertrugen.

Mittlerweile bekam Demetrius, der wegen seiner Hartnäckig-keit Poliorketes genannt wurde, den Einfall Rhodus zu be- lagern, und brachte zu diesem Zwecke den berühmten Baukünstler Epimachus, einen Athener, mit sich. Dieser errichtete eine Hele-polis mit ungeheuren Kosten und mit nicht geringerem Fleiſse und Arbeit. Sie war 125 Fuſs hoch, 60 Fuſs breit, und war so sehr mit Matratzen — cilicium — und rohen Fellen verwahrt, daſs sie einen, von einer Baliste dagegen geworfenen Stein von 360 Pfund aushalten konnte. Das Gewicht der Maschine selbst betrug 1360 Pfund.

Poliorketes heiſst eigentlich ein Städtebelagerer. Diodor von Sicilien, Buch 20. K.91. Seite 1537. des 5 Theils der Kaltwas-serschen Übers. giebt uns folgende umständliche Beschreibung dieser Helepolis des De-metrius Poliorketes: “Demetrius versah sich mit einer groſsen Menge Bauholz von allerley Art, und errichtete eine Maschine, die sogenannte Helepolis, die alle vorher gemachten an Gröſse weit übertraf. Die Grundlage war ein Viereck. Jede Seite beynahe funfzig Ellen lang, und aus viereckigen mit Eisen verbundenen Balken zusammen gesetzt. In dem mittleren Raume wurden Balken, ungefähr eine Elle weit von einander, durchgezogen, zu einem Standorte für diejenigen, welche die Maschine fortrücken sollten. Die ganze Last ruhete auf acht sehr starken und groſsen Rädern, deren Felgen zwo Ellen dick und mit dickem Eisenbleche beschlagen waren. Um die Maschine auf die Seite zu kehren, waren gewisse Drehwerkzeuge (antistreptes — wahrscheinlich dasselbe, was Vitruv arbusculae oder amaxopodes nennt) angebracht, vermittelst welcher dem Gebäude ohne Mühe jede Bewegung-gegeben werden konnte. An den Ecken standen Pfeiler, jeder nicht viel weniger, als 100 Ellen hoch, die sich so zusammen neigten, daſs, da das ganze Gebäude neun Stockwerke hoch war, das unterste 43, das obere aber neun Balken zur Unterlage hatte. Drey Seiten der Ma-schine wurden auswendig mit zusammen genageltem Eisenblech überzogen um sie vor den Feuergeschossen der Feinde in Sicherheit zu setzen. Jedes Stockwerk hatte an der Vorderseite Fenster, die in Ansehung der Form und Gröſse nach den Kriegsrüst-zeugen die abgeschossen werden sollten, eingerichtet waren. Alle Fenster waren mit

Nun baten die Rhodier den Kallias seine Maschine zu bewerk-stelligen und, seinem Versprechen gemäſs, die Helepolis über die Mauer zu heben: Allein er gestand sein Unvermögen; denn nicht jede Speculation ist gleich ins Werk zu richten möglich. Manches bringt allerdings im Groſsen die Wirkung hervor, welche es im klei-nen Modelle geäuſsert hatte: Manches aber leidet gar kein Modell, sondern läſst sich nur im Groſsen ausführen: Und noch manches scheint im Modelle höchst wahrscheinlich, und ist dennoch schlech-terdings im Groſsen nicht möglich zu machen, wie aus Folgendem zu ersehen ist: Man kann recht gut mit einem Bohrer ein halbzöl-liges, ein zölliges, und ein anderthalbzölliges Loch bohren: wollte man aber auf gleiche Weise ein querhandbreites Loch machen, so gieng dieſs nicht an; zu geschweigen ein Loch von {1/2} Fuſs oder drü-ber. Eben also geräth auch ein im Kleinen gemachter Versuch allen-falls noch im Mittelmäſsigen; keineswegs aber im Ganzgroſsen.

Als sich nun auf diese Weise die Rhodier getäuscht sahen, und der Feind hartnäckig beharrte, auch die Sturmmaschine bereits vol-lendet war: da faſsten sie nicht allein Ahndung der Knechtschaft und der Zerstörung ihrer Stadt; sondern auch Reue über die schmähliche Kränkung, welche sie dem Diognet angethan hatten: Sie warfen sich ihm also zu Füſsen und fleheten ihn um Rettung des Vaterlan-des an.

Läden versehen, die sich durch gewisse Maschinen aufziehen lieſsen, und den Sol-daten, die sich auf den Stockwerken mit Schieſsen beschäfftigten, zur Schutzwehr dien-ten. Denn sie wurden, um die Gewalt der auf sie geschleuderten Steine zu schwächen, mit Häuten überzogen und dann mit Wolle ausgestopft. Jedes Stockwerk hatte zwey breite Treppen, von denen die Eine zum Hinauftragen der nothwendigen Dinge, die Andere zum Herabgehen diente, damit alle Gesch@fte ohne Verwirrung verrichtet wer-den konnten. Zum Fortrücken der Maschine wurden aus dem ganzen Heere 3400 der stärksten Soldaten auserlesen. Ein Theil derselben stand innerhalb der Maschine, der andere aber an der Hinterseite, und so bewegten sie sie vorwärts, welches ihnen jedoch durch die künstliche Einrichtung derselben erleichtert wurde.” Die in Hist. de Polybe par Folard T. 2. p. 554. befindliche Abbildung der Helepolis ist nichts weniger als getreu.

Anfangs wollte er ihren Bitten nicht nachgeben; als aber die freygebornen Jungfrauen und Jünglinge samt den Priestern zu ihm kamen und Abbitte thaten, sagte er ihnen unter dem Bedinge seine Hülfe zu: Daſs, falls er die Maschine eroberte, sie sein eigen seyn sollte.

Dieſs ausgemacht, lieſs er die Mauer auf der Seite, wo die Ma-schine anrückte, durchbrechen, und befahl: Alles, was öffentlich oder in den Häusern der Bürger an Wasser, Mist und Koth vorhan-den sey, durch die gemachte Öffnung, vermittelst Rinnen, vor die Mauer hinaus zu schütten. Da nun die Nacht hindurch eine unge-heure Menge Wasser, Mist und Koth hinaus gegossen wurde, so konnte folgenden Tags die Helepolis sich der Stadtmauer nicht nähern, sondern versank im Moraste so tief, daſs sie weder vor - noch rück-wärts kommen konnte.

Demetrius erkannte nun durch Diognets Klugheit sein Vorhaben vereitelt, hob die Belagerung auf, und segelte mit seiner Flotte davon.

Itzt machten die Rhodier dem Diognet öffentliche Danksagun-gen, daſs er durch sein Genie die Stadt von der Eroberung befreyet hatte; und überhäuften ihn mit allen möglichen Ehrenbezeugungen und Beweisen ihrer Erkenntlichkeit. Er aber zog die Helepolis in die Stadt und stellte sie da öffentlich auf, mit der Inschrift:

Diognet dem Volke von der Beute zum Geschenk. So kommt es bey der Vertheidigung nicht sowohl auf Maschinen, als auf Überlegung an!

Ferner, als vor Chius der Feind auf der Flotte Sambuken zurüstete, warfen die Chier gleichfalls bey Nacht Erde, Sand und Steine ins Meer vor der Stadtmauer: Als nun mit des Tages Anbruche die feindlichen Schiffe anrückten, liefen sie auf die unterm Wasser entstandenen Sandbänke so fest auf, daſs sie sich weder der Mauer zu nahen, noch zurück zu ziehen vermochten; sondern mit Brandpfei-len — malleoli — beschossen und verbrannt wurden.

“Die Maschine, Sambuka genannt, — sagt Polybius VIII. 3 — ist also beschaffen: Man verfertiget eine Leiter welche 4 Fuſs breit und, wenn sie aufgerich-tet steht, so hoch als die Mauer ist. Beyde Seiten derselben werden mit Geländern versehen, welche von einem hohen Dache beschirmt werden. Darauf legt man sie auf die zusammengefügten Seiten zweyer mit einander verbundener Schiſfe, gleichfalls auf die Seite, so daſs sie weit über die Schiffsschnäbel hinausragt. An der Spitze aber der Mastbäume bringt man Kloben mit Zugseilen an. Sobald der Gebrauch es nun erfodert, so knüpft man die Seile vorn an die Leiter fest und läſst damit Leute, auf dem Hintertheile des Schiffes, die Maschine in die Höhe ziehn, indem zugleich andere, auf des Schiffes Vordertheile, sich mit Stangen und Hebebäumen bemühen zur Auf-richtung und Emporhaltung derselben beyzutragen. Nachdem man nun, vermittelst der Ruder auf den beyden äuſseren Seiten der Schiffe, sich dem Lande genahet, so sucht man die Schiffe welche die Maschine tragen, ganz dicht an die Mauer hinan zu trei-ben. Ferner ist oben an die Leiter ein Bret angefügt, welches von drey Seiten mit Sturmdächern beschirmt ist. Vier darauf postierte Mann kämpfen daselbst gegen die auf der Stadtmauer, welche das Anlegen der Sambuka zu verhindern trachten. Siegen jene und wird die Sambuka angelegt, so werfen sie die Hürden zu beyden Seiten weg, und springen in die Basteien und Thürme hinein. Andere folgen ihnen sofort auf der Sambuka nach, und zwar ohne alle Gefahr, da der Fuſs derselben unten auf beyden Schiffen aufsteht und mit Tauen befestiget ist. Übrigens führt diese Maschine sehr mit Recht den Namen Sambuka; weil, wenn sie aufgerichtet steht, die Figur des Schiffs und der Leiter, welche beyde nur Einen Körper ausmachen, der Figur des musikalischen Instruments, welches denselben Namen führt, gleichet.” Es gab aber noch eine andere Art von Sambuka. Diese war auf den Belagerungs-Thürmen üblich und stellte eine Zug- oder Fallbrücke vor. Vegetius IV. 21. beschreibt sie also: “Die Sambuka hat den Namen von ihrer Ähnlichkeit mit der Zither; denn, gleichwie die Saiten an der Zither, so verhalten sich an dem Balken, welcher neben den Thurm gestellt wird, die Seile, woran das Obertheil der Brücke über Kloben herabgelassen wird, so daſs es auf die Mauer niederfällt (descendat; also lese ich mit Stewechius, anstatt ascendat,) wo denn plötzlich aus dem Thurme Sol-daten hervorstürzen, darüber laufen, und die Stadtmauer erobern.”

Auch bey Belagerung von Apollonia dachten die Belagerer durch eine gegrabene Mine unvermuthet einzudringen. Es wurde den Apolloniern verrathen, die über diese Nachricht in die höchste Ver-wirrung geriethen. Sie wuſsten vor Furcht nicht, welche Maaſsre-geln sie ergreifen sollten, und lieſsen den Muth ganz sinken, da sie weder wuſsten wann, noch wo der Feind hervorbrechen würde. End-lich hatte Trypho, ein Alexandriner, welcher daselbst Baumeister war, den Einfall, innerhalb der Ringmauer mehrere Minen anzule-gen. Diese führte er bis ungefähr einen Pfeilschuſs weit jenseits der Stadtmauer, und hing in einem jeden Gang küpferne Gefäſse auf. Plötzlich ſingen in einer dieser Gruben, welche gerade über des Fein-des Mine war, die küpfernen Gefäſse von den Schlägen der eisernen Werkzeuge — ferramentum — wieder zu tönen an. Nun war die Rich-tung der Mine entdeckt, durch welche der Feind die Stadt zu über-fallen gedachte! Man bereitete sofort Kessel mit siedendem Wasser und Pech, ingleichen mit Menschenkoth und glühendem Sande, um die Feinde von oben herab damit zu überschütten. Nachts aber schlug man viele Löcher ein, goſs plötzlich obige Materialien hindurch, und tödtete alle in dem Werke befindliche Feinde.

Endlich, bey der Belagerung von Massilien wurden mehr als dreyſsig Minen gezogen. Die Massilier geriethen auf Verdacht, und gruben den ganzen Graben, welcher sich vor der Stadtmauer befindet, so tief aus, daſs darin nothwendig alle Minen ausgehen muſsten. An den Orten, wo kein Graben hatte gemacht werden können, gruben sie innerhalb der Mauer, dem Orte gegenüber, wo die Mine gezogen wurde, einen Schlund — barathrum — von sehr beträchtlicher Länge und Tiefe, gleich einem Bassin, aus; und füllten denselben mit Was-ser aus den Brunnen und dem Hafen an. So wie irgendwo eine Mine eröffnet wurde, so drang nun mit Gewalt eine groſse Menge Wassers hinein und riſs die Stützen nieder; so daſs alle diejenigen, welche sich darin befanden, sowohl durch das Wasser, als durch der Mine Einsturz, um das Leben kamen. Auch als der Mauer gegen-über ein Wall — agger — sollte aufgeführt werden, und bereits Bäume gefällt und eingeschlagen waren, von den Arbeitern auch schon Erdreich darzwischen aufgeworfen wurde — exaggerare: — steckten sie die ganze Schanze, vermittelst von Balisten darauf geworfener, glühender, eisernen Pfähle in Brand. Zuletzt, als die Sturmbock-Schildkröte gegen die Stadtmauer anrückte, um sie zu bestürmen, lieſsen sie ein Seil hernieder, warfen um den Sturmbock eine Schlinge, trieben vermittelst eines Rades eine Winde um, zogen des Sturm-bocks Kopfstück empor, und verhinderten also, daſs er die Mauer nicht berühren konnte. Mit Hülfe von Brandpfeilen und Balisten-schüssen zerstörten sie darauf die ganze Maschine.

Auf solche Weise wurden diese Städte, nicht allein ohne alle Maschinen, sondern sogar gegen Maschinen, einzig und allein durch das Genie ihrer Baukünstler von der Eroberung befreyet!

BESCHLUSS.

In diesem Buche habe ich nach Fähigkeit die Beschaffenheit aller Friedens - und Kriegsmaschinen, welche mir vorzüglich brauchbar scheinen, entwickelt; in den vorhergehenden neun Büchern aber alles, was nur im Allgemeinen und insbesondere zur Baukunst gehört, abge-handelt. Es sind also diese zehn Bücher ein Inbegriff aller Theile der Architektur.

ENDE DES VITRUVIUS BAUKUNST.
VITRUVISCHES WÖRTERBUCH.

In magna silva boni venatoris est, indagantem feras quam plurimas capere, nec cuiquam culpae fuit non omnes cepisse.

Columella, V. 1.

Abacus. III. 3. IV. 1. 7. Der Abacus, die Platte einer Säule, d. i. der Deckel oben auf dem Kapitäle. VII. 3. 4. Ein Feld, Compartiment, eine Abtheilung, an den Wänden der Zimmer.

Abaton. II. 8. Ein unzugänglicher Ort.

Abscedens. VII. Praef. Zurückwei-chend.

Abssantia. IX. 4. Abstand.

Acanthus. IV. 1. Bärenklau.

Aecessus. X. 19. Griechisch ἐπιβά-θρα; die Steigmaschine. Ich lese lieber ascensus; weil dem Vitruv diese Ma-schine kurz zuvor ascendens machina heiſst.

Acervatim. II. 8. Ohne Ordnung, unordentlich.

Acidae venae fontium. VIII. 3. Sauerbrunnen.

Acritudo. II. 9. Schärfe.

Acroasis. X. 22. Eine öffentliche Vorlesung.

Acrobaticon. X. 1. i. a. scansorium; eine Steige, eine Leiter, Treppe.

Acrolithos. II. 8. Statüe, an wel-cher nur die äuſsersten Theile, Kopf, Hände und Füſse, von Stein waren. Siehe Winkelmanns Gesch. d. K. Seite 15. der Dresdener Ausgabe.

Acro@eria. III. 5. Giebelzinnen, d. i. kleine Postemente an den Ecken (angu-laria), und auf der Spitze eines Giebels (mediana), Statüen, Tropäen, Vasen u. s. f. darauf zu setzen. V. 12. Hervorragende Landspitze, Erdzunge.

Actor. V. Praef. Schauspieler, Acteur.

Actus. VIII. 7. Ein Feldmaaſs von 150 Fuſs.

Acumen normae. III. 3. Spitze des Winkelmaaſses.

Adjectio. I. 6. Ein ansetzendes, an-legendes Arzneymittel. III. 2. Bauchung. i. a. entasis. — per scamillos impares. III. 3. V. 9. Erhöhung vermittelst unglei-cher Bänkchen. Siehe die Anmerkung.

Aditus. I. 2. Der Zugang, avenue.

Administratio aquae. IX. 6. (IX.) Die Ökonomie des Wassers.

Adumbratio. I. 2. Schattirte Zeich-nung.

Aedes sacrae. III. IV. 5. Tempel. media aedes. Hauptzelle.

Aedificatio. I. 3. Die Baukunst insbesondere.

Aedificia publica et privata. I. Praef. Öffentliche und privat Gebäude.

Aeolipila. I. 6. Windkugel.

Aequilatatio. IX. 5. (VIII.) Gleiche Entfernung zweyer Parallellinien von ein-ander.

Aequipondium. X. 8. Gegengewicht.

Aerarium, V. 2. Schatzhaus.

Aerarium metallum. VII. 9. Ku-pferbergwerk.

Aeruca. VII. 12. Grünspan.

Aerugo. VII. 12. Kupferrost.

Aes Cyprium. VII. 10. Kupfer.

Aesculus. vide Esculus. Speiseiche.

Aestimatio. X. Praef. Bauanschlag. Schätzung der Kosten.

Aestiva. VII. 3. 5. Sommerzimmer.

Aestuarium. VIII. 7. Zugloch, Wet-terschacht.

Africus. I. 6. Nordostwind. Vitruv schreibt eigentlich Aphricus.

Agger. V. 12. Damm im Hafen, See-damm, Molo.

Aggeri. II. 3. Sich kneten lassen. e. g. terrae quae facile aggeruntur.

Agrestes res. VI. 10. Hausmanns-kost; ländliche Kost, Speisen, so wie sie der Landmann täglich in seiner Haushal-tung zubereiten läſst.

Ahenum. V. 10. Kessel.

Alae. VI. 4. Alle Zimmer, die auf den Flügeln, d. i. Seiten des Hofes lagen.

Album oder

Albarium opus. V. 2. 10. VII. 2. 3. Weiſsstuck, ein Mörtel, der aus Kalk, etwas Gips, und ein wenig scharfen Flieſs-sand besteht, womit die Wände beworfen (berappt) und auch angeweiſset werden.

Albidus. Weiſslich.

Alias — alias. IX. 6. (IX.) hier — dort.

Alligare. II. 3. Verbinden, enlier.

Alligatio. VIII. 7. ein Band.

Alnus. II. 9. die Erle.

Altanus. I. 6. Süd - Drittel - Südwest-wind.

Alternis. X. 21. Wechselsweise.

Alveus. V. Praef. Bretspiel. V. 10. die Badewanne, das Behältniſs, worin man sich badete.

Alveolatus. III. 3. Ausgehöhlt, ver-tieſt.

Alumen. II. 6. VIII. 3. Alaun.

Aluminosi fontes. VIII. 3. Alaun-haltige Quellen.

Amaxopodes. X. 20. 21. i. a. arbu-sculae, Bewegliche Bäumchen, oder Zapfen mit Rädern. Beym Diodor von Sici-lien heissen sie antistreptes.

Ambulatio. VII. 5. Spaziergang, ein zum Spazieren bestimmter Ort. — inter arbores. V. 11. eine Allee. — hypaethra. V. 9. Unbedeckter Spaziergang, Offen-stück. Xystus.

Ambulatoria turris. X. 19. ein beweglicher Thurm.

Amphiprostylos. III. 1. Ein Tem-pel, der in der Vorder- und Hinteransicht vier und auf den Seiten keine Säulen hat-te. In Ansehung dessen ferneren Beschaf-fenheit ist zu beobachten, daſs er in der Vorderfronte noch mit hervor tretenden Eckwandpfeilern oder Anten, nebst einer Thüre versehen war, in der Hinterfronte aber nicht.

Amphireusis. X. 4. i. a. peritro-chium, Rad an der Welle.

Amphithalamus, oder antitha-lamus. VI. 10. Vorzimmer, Vorgemach.

Amphitheatrum. I. 7. Amphitheater.

Amussium. I. 6. eine waagrechte Scheibe.

Analemma. IX. 1. (IV.) Mathemati-sche Figur, welche eines Orts aufgenom-mene Polhöhe und Mittagslinie anzeigt.

Analogia. III. 1. i. a. proportio.

Anaporica. IX. 6. (IX.) d. i. die Zurückgehenden; eine Art von Winter-wasseruhren, welche am angeführten Orte näher beschrieben wird.

Anatonum capitulum. X. 15. ein hochspannend Kapitäl einer Katapulte; d. i. wann die Seile, worin die Arme ge-klemmt, lang sind.

Ancones. III. 3. VIII. 6. normae, des Winkelmaaſses Schenkel. IV. 6. i. a. pro-thyrides, Kragsteine, Consolen, Seiten-rollen, d. i. ein aus einer Mauer oben mehr als unten vorstehender Stein, der etwas tragen muſs. X. 13. Kolbenstan-gen.

Andron. VI. 10. Durchgang; Zwi-schenhof, Gang zwischen zwey Gebäu-den oder Wänden. i. a. Mesaula. Die Griechen aber verstanden darunter den Männer-Speisesaal.

Andronitis. VI. 10. Männerwoh-nung; der Theil des Hauses bey den Griechen, wo die Mannspersonen wohn-ten.

Angiportus. I. 6. eine Gasse, enge Straſse.

Anguis. VIII. 3. Unke, Schlange. IX. 4. (VII.) Wasserschlange, Sternbild.

Angulares pilae. VI. 11. Die Eck-pfeiler einer Bogenstellung.

Aniatrologicos, oder aniatrolo-getos. I. 1. Der Arzeneikunst nicht ganz und gar unkundig.

Anima. X. 13. Wind.

Anisocycla. X. 1. Springfedern, kriegrische Werkzeuge aus ungleichen Zirkeln bestehend, um Pfeile oder Stei-ne u. s. f. damit abzuschieſsen.

Annularia creta. VII. 14. Ring-kreide. Sie wurde aus Kreide gemacht, worunter gläserne Gemmen, dergleichen das gemeine Volk in Ringen zu tragen pflegte, gemischt wurden.

Annuli. IV. 3. Ringe am Wulste der Dorischen Säule.

Ansa. II. 8. Klammer. X. 8. Schee-re, worin der bewegliche Wagebalken schwebt. X. 8. Kollerstock des Steuers, d. i. das Holz, welches senkrecht auf dem horizontalen Balken des Steuerruders steht, vermittelst dessen derselbe bewegt wird (οἴαξ). X. 18. ansa rudentis, das Ende eines Seils.

Antae. III. 1. Anten, Eckwandpſei-ler. III. 1. In antis aedes, ein Tem-pel in antis, ist derjenige, der in der Fronte zwischen den beyden hervortreten-den Eckwandp@eilern der Zellenmauern zwey Säulen hat; und dessen Giebel über diesen Eckwandpfeilern und Säulen er-richtet ist.

Antarii funes. X. 3. Ich lese mit Philander und Galiani ductarii fu-nes, d. i. Zugseile.

Antefixum. X. 15. Vorstecker.

Antepagmentum. IV. 7. Alles was zum Zierrathe vorgenagelt wird, wahr-scheinlich, Verkleidung; siehe die An-merk. IV. 6. Die Einfassung, Beklei-dung der Oefnung der Thüren und Fen-ster. antepagmentum superius, i. a. super-cilium, der Sturz.

Anterides. X. 17. Strebepfeiler, Ge-genstützen. i. a. erismae. Stützen, die zu mehrerer Haltung an eine Mauer ange-bracht und mit selbiger verbunden wer-den, und öfters unten stärker. als oben sind.

Anteridion. X. 17. Kleiner Strebe-pfeiler.

Anthrax. VII. 8. Bergzinnober, d. i. Quecksilbererz, woraus Zinnober berei-tet wird.

Antibasis. X. 15. 17. Die Gegenbasis, die hinterste kleine Säule am Fuſsgestelle der Katapulten und Balisten.

Antiboreum. IX. 6. (IX.) eine un-bekannte Gattung von Sonnenuhren.

Antichuntes. V. 8. Wiederschallen-de, wiedertönende Orte.

Antiquus numerus. III. 1. i. a. numerus perfectus.

Apodyterium, Plinii Epist. l. V. 6. Das Auskleidezimmer im Bade.

Apophygis. IV. 7. Der Anlauf des Säulenstammes; nehmlich dessen Ein-beugung von seinem untersten Ende herauf, wodurch er dünner wird, als er am Fuſse ist. IV. 7. Der Ablauf, d. i. die Ausbeugung des Säulenstammes von seinem obersten Ende nach unten zu, wodurch er dünner wird, als er oben ist.

Apotheca. VI. 8. Jede Art Vorraths-Behältniſs, Magazin, Speicher oder Waa-renlager. (Glossarium manuale I. p. 298.) Aus apotheca ist das Italiänische boteca, und daraus das Franz. boutique entstanden.

Apothesis. IV. 1. Der Ablauf einer Säule.

Apparationes. VII. 5. Zubereitun-gen; d. i. die Handlungen des geschickt machen zu einem gewissen Zwecke.

Aquilo. I. 6. Nordostwind.

Ara. IV. 8. Altar.

Arachne. IX. 6. (IX.) Spinne, Art einer Sonnenuhr.

Araeostylos. III. 3. Fernsäulig.

Arbusculae. X. 20. siehe Amaxo-podes.

Arca. VI. 3. Sammelkasten, Wasser-fang. X. 13. Die Lade in der Wasser-orgel; Wasserlade. X. 21. lese ich an-statt habuerat projectura eius ex tabulis arcam, compactam etc. — habuerat projecturam ex tabulis arcte com-pactam etc.

Architectari. VII. Praef. IX. 1. (IV.) Bauen, errichten, aufführen, an-ordnen.

Architectura. I. 2. 3. 4.

Architectus. I. 1. VI. 11. Bau-künstler.

Arcus ferreus. V. 10. Eiserner Spriegel.

Area. I. 7. Baustätte, Platz. IX. Praef. Inhalt einer mathematischen Fi-gur, Flächen-Inhalt. area plana. II. 8. Grund@läche. area salinaria. VIII. 3. Salzbucht.

Arefacere. II. 1. Trocknen, trocken machen.

Arena. VII. 3. i. a. arenatum opus. arena fossitia. II. 4. Grubensand, ge-grabener Sand, Erdsand. arena marina. II. 4. Seesand, Meersand@ arena fluvia-tica. II. 4. Fluſssand.

Arenarium. II. 4. Sandgrube.

Arenatum opus. VII. 3. 4. 6. Auf-trag von feinem Kalkmörtel; heiſst auch arena schlechtweg. VII. 3.

Arenos@s. II. 6. Sandig.

Argentariae tabernae. V. 1. Wechslerläden.

Argentum viv@m. VII. 8. Queck-silber.

Argestes. I. 6, West - Drittel - Süd-westwind.

In arido (i. e. tectorio) colores in-ducere, VII. 3. Eine Bekleidung anstrei-chen, wann sie schon trocken ist. Irrig wähnt man gewöhnlich, es sey hier von der Mahlerey al secco, welche der Mahlerey al fresco entgegen gesetzt ist, die Rede.

Aries. I. 5. X. 19. Sturmbock, Mauer-brecher.

Armamentarium. VII. Praef. Zeug-haus.

Armenium. VII. 5. Ultramarin.

Arrectarii. II. 8. VII. 3. Ständer, bey hölzernen Gebäuden oder Wänden, das senkrecht stehende Bauholz.

Arsenicum. VII. 7. i. a. auripigmen-tum.

Artemon. X. 5. Leitflasche, d. i. der dritte Kloben, der zu den, bey dem Hebezeuge gewöhnlichen, beyden Kloben am Polyspast hinzu gefügt wird; ἐπάγων.

Arthritis. I. 6. Gicht.

Arundines. II. 1. Schilf.

Arx. II. 8. Gipfel, Spitz@.

As. III. 1. Die Einheit.

Ascendens machina. X. 18. Steig-maschine. s. accessus.

Ascensus. IV. 7, V. 6. Aufgang, Treppe. X. 19. Steigmaschine; siehe ac-cessus.

Ascia. VII. 2. Mauerkelle.

Asciare. VII. 2. mit einer Mauer-kelle behauen.

Asperitas. III. 2. VII. 5. Der Kon-trast, Gegensatz, das Abstechende.

Asperitas luti. II. 3. Magerkeit, Trockenheit des Lehms.

Asplenon. I. 4. Milzverzehrend; der Nahme eines Krauts, Milzkraut, Hirsch-zunge.

Asseres. VII. 3. Latten.

Assulae marmoreae. VII. 6. Mar-morabgänge.

Astragalus. III. 3. Der Reif, Ring, — ein erhabener halbrunder Ring, wel-cher oben die Säule umgiebt; bey andern heiſst er das Stäblein.

Astrologia. I. 1. IX. 4. (VII.) Stern-kunde, Astronomie. Der Unterschied zwischen Sterndeutekunst und Sternkun-de ist neu.

Astrologus. V. 6. (IX.) Sternkun-diger, Astronom.

Atlantes. VI. 10. i. a. Telamones, männliche Bildsäulen, welche Sparren-köpfe oder das Karnieſs tragen.

Atramentum. VII. 4. 10. Schwarze Farbe, Schwarz. librarium. VII. 4. Schreibetinte.

Atrium. VI. 3. (IV.) i. a. cavaedium, der Hof. Die Römischen Schriftsteller gebrauchen es auch für Peribolus, z. B. atrium libertatis, d. i. Vorhof der Frey-heit.

Atticurges. III. 3. Attisch.

Aula regia. V. 7. ein königlicher Pallast.

Auripigmentum. VII. 7. Operment, Auripigment; ein Arsenikerz, welches aus Arsenik, Schwefel und Erde besteht, ein blätteriges Gewebe und eine gelbe glänzende Farbe hat.

Auster. I. 6. Südwind.

Autumnalia. VII. 5. Herbstzimmer.

Axis. IV. 2. VII. 1. i. a. assis, ein Bret. axes secare, Breter schneiden. III. 3. axes volutarum, Säume der Schnecken. IX. 1. (IV.) Achse, z. B. der Säule u. s. w. X. 4. axis habens in medio tympanum. X. 6. axis in rota inclusus, Rad an der Welle, Radwinde. IX. 6. (IX.) Welle, Wellbaum. VI. 1. axis meridianus, süd-liche Weltachse. X. 12. Ventil, Klappen-ventil.

Axon. IX. 5. (VIII.) die Achse.

Baccae piperis. VIII. 3. Pfeffer-körner.

Bacillorum subactio. II. 4. das Schlagen mit kleinen Stöcken.

Ballista. I. 1. X. 16. 17. 18. eine Balista, eine groſse Kriegsmaschine zum Steinwerfen.

Balneae, und balnea. V. 10. Bad, Badehaus, Badezimmer.

Balnearia. VI. 9. Bad.

Balthei pulvinorum. III. 3. Pol-stergurte am Ionischen Kapitäle; d. i. das breite Band, womit die Küssen oder Pol-ster in der Mitte gleichsam enger zusam-men gebunden werden.

Banauson. X. 1. i. a. tractorium, Zieh - oder Hebemaschine.

Baptisterium. Plinii Epist. l. II. ep. 17. Schwimmbad.

Barathrum. X. 22. ein Schund, tie-fes Loch.

Barycephalus. III. 2. Plattköpfig.

Barycus. III. 2. Gedrückt.

Basilica. V. 1. eine Basilika, ein öffentliches Gebäude, welche zugleich zu einem Gerichtshause und zu einer Kauf-mannsbörse diente.

Basis. IV. 1. der untere Theil des Säulenschafts. Das, was wir Base, oder Säulenfuſs nennen, heiſst dem Vitruv spirae. X. 6. 13. 15. Fuſsgestell, Poste-ment.

Bes. III. 1. δίμοιρον. Zweydrittel. bes-salis laterculus, ein {2/3} Fuſs groſser Ziegel.

Besalterum. III. 1, ἐπιδίμοιρον, das Ganze und zwey Drittel.

Biforum. IV. 6. Zweyflüglich.

Bitumen. II. 6. Harz.

Boreas. I. 6. Nordost - Drittel - Ost-wind.

Brachia. I. 1. X. 15. u. f. Die Arme der Katapulten und Balisten.

Bruma. IX. 2. (V.) Der kürzeste Tag@ die Wintersonnenwende. brumales dies. IX. 2. (V.) die kürzesten Tage im Win-ter. brumalia tempora. VI. 1. zur Zeit, wann die Tage am kürzesten sind.

Bubilia. VI. 9. Ochsenställe.

Bucculae. X. 15. Die Wangen, d. i. zwey Richtscheite zur Rechten und Lin-ken der Rinne, worin der Pfeil auf der Katapulta liegt.

Bulla. IX. 6. (IX.) Knopf eines Stif-tes, Nagels.

Buxus. VII. 3. Buchsbaum.

Caecias. I. 6. Südost - Drittel - Ost-wind.

Caedere volutas. III. 3. Die Säu-lenschnecken aushölen.

Caelatus. VII. 3. Mit erhobener Ar-beit geschmückt.

Caementa. I. 5. II. 4. 7. 8. Bruch-steine, rauhe, unbearbeitete Steine, so wie sie aus den Steinbrüchen kommen. VII. 6. 7. — marmorea, Marmorbrocken; Stücke, die vom Marmor beym Bearbei-ten abspringen.

Caenacula. II. 8. Speisesaal.

Caeruleum. VII. 10. IX. 1. (IV.) Blaufarbe, Schmalte.

Calamus. VII. 5. Rohrstängel.

Calathus. IV. 1. ein Korb.

Calces scaporum. IX. 1. (II.) die Grundstücke der Treppen-Wangen.

Calculi. IX. 9. i. a. ova, welches @achzusehen ist.

Calculi calcis. VII. 2. Klümper im Kalke.

Calculosus. II. 3. Steinig.

Caldarium. VIII. 2. V. 10. War-mes Badezimmer; und gleich dar-auf, Kessel mit heissem Wasser, Calda lavatio, warmes Bad.

Calx. II. 5. Kalkstein, Kalk. — ex-tincta, gelöschter Kalk. — cocta, ge-brannter, lebendiger Kalk.

Camera. VII. 2. VIII. 7. Gewölbe, gewölbte Decke. i. a. concameratio. came-rae coelum. VII. 3. Der Himmel, die innere Seite des Gewölbes.

Camillum. X. 15. Ich lese dafür Scamillum, Bänkchen.

Canaliculi. IV. 3. Schlitze, Aushöh-lung, oder Rinnen des Triglyphen. VII. 1. Wasserrinne. X. 15. Rinne der Kata-pulta, Griechisch Syrinx.

Canalis. VII. 4. Kanal, Rinne. III. 3. Kanal, Rinne des Ionischen Knaufs, die zwischen dem Wulste und der Platte befindlich ist. IX. 1. (IV.) Hohlkehle. X. 15. — fundi. Kolbenrinne an der Katapulta.

Candelabrum. VII. 5. Leuchter.

Candens. IX. 1. (IV.) Hell, lichte.

Canon. X. 13. Kanzelle einer Wasser-orgel. i. a. caput. Kanal von hölzernen Bretern, der über die Windlade für jeden Klavis angebracht wird.

Canonica ratio. I. 1. V. 3. i. a. Harmonia, das kanonische Verhältniſs, d. i. die Theorie des Klanges. Siehe A. Gellii Noctes Att. Lib. XVI. cap. 18.

Cantherii. IV. 2. Die Sparren, d. i. starke Hölzer, welche auf den Enden der obersten Balken eines Hauses ruhen, schräge hinan gehn, und die äuſsere Decke des Daches tragen.

Canticum. V. Praef. Zwischenge-sang, in der Komödie.

Capitulum. I. 1. X. 17. Kapitäl der Kriegsmaschinen. IV. 3. Kapitäl der Tri-glyphen. III. 3. Kapitäl der Säule, der Knauf.

Capreoli. IV. 2. V. 1. X. 15. 20. 21. Kurze, schiefstehende Bauhölzer, eine Last tragen zu helfen, Träger, Tragebänder; welche, so ferne sie zugleich stützen, auch Stützbänder, Stützen; und so fern ihre Wirkung in einem Streben besteht, Strebebänder und Streben heiſsen.

Caprilia. VI. 9. Ziegenställe.

Capsum rhedae. X. 14. Wagen-kasten, Kutschenkasten.

Caput fontis. VIII. 1. Ursprung einer Quelle. X. 8. caput vectis, der Kopf, oder der lange Theil des Hebels. X. 13. caput hydraulicae, Griechisch ca-non musicus, die Kanzelle an der Wasser-orgel. III. 3. capita leonina, Löwenköpfe.

Carbas. I. 6. Ost - Drittel - Nord-ost- Wind.

Carbunculus. II. 4. 6. VIII. 1. Carbunkel, eine Sandart, welche aus einer Masse besteht, die weicher als Tof-stein und härter als Erde, durch unter-irdisches Feuer verkohlt wird. Sie hat den Namen von carbo, Kohle.

Carcer. V. 2. Gefängniſs.

Carchesium versatile. X. 5. 22. Beweglicher Krahnständer. X. 15. Stän-der. X. 22. Krahn.

Cardinatus. X. 21. Angeblattet: Wenn ein Holz mit seinem Ende an ein anderes von der Seite befestiget, und nicht eingezapft ist, sondern in letzterem nur ein Einschnitt gemacht beynahe auf die halbe Holzdicke, und das Ende des ersteren Holzes so gestaltet wird, daſs es in den Einschnitt paſst, so wird das ein-passende Ende ein Blatt genannt; und wenn solche Befestigung geschieht, pflegt man zu sagen, ein Holz ist an das an-dere angeblattet.

Cardines (axis) VI. @. IX. 1. (IV.) X. 20. Endpunkte (der Welt-achse.)

Cardo masculus et foemina. IX. 6. (IX.) Siehe die Anmerk.

Caries. II. 9. V. 12. Fäulniſs. VII. 3.

Carpinus. II. 9. Hagebuche, Hain-buche.

Caryatides. I. 1. Karyatiden, d. i. weibliche Statüen, welche anstatt der Säulen das Gebälk tragen.

Casa. II. 1. Hütte. Bauerhütte.

Castellum. VIII. 7. IX. 6. (IX.) X. 12. Wasserschloſs, Wasserhälter; Be-hältniſs, Wasser darin zu sammlen, i. a. dividiculum. Es ist ein Gebäude, worin die Wasser eines Aqueducts gesammelt, und von hier wieder besonders vermit-telst Röhren ausgetheilt werden. II. 9. castellum munitum. Kastell. Burg.

Castra stativa. VIII. 4. Stand-lager, Standquartier.

Castrare arbustum. II. 9. einen Strauch entgeilen.

Catacecaumenoi. II. 6. die Unter-brannten; Hügel in Mysien unweit von Philadelphia.

Catapulta. I. 1. X. 16. Katapulta, d. i. Groſse Kriegsmaschine, Pfeile damit abzuschieſsen.

Catatonum capitulum. X. 15. Tiefspannendes Kapitäl einer Katapulta, d. i. wann die Seile, welche die Arme halten, kurz sind.

Catechuntes. V. 8. Miſstönende Orte.

Catena. VII. 3. Band, d. i. Holz@ welches zwez andere Hölzer mit einander dergestalt verbindet, daſs sie in ihrem Stand und Lage bleiben müssen, und weder wanken noch weichen können. Daher das Band mit zwey Schwalben-schwänzen in die anderen Hölzer ein- greift, oder an dieselben mit Nägeln be-festiget oder eingezapft ist.

Catenationes. II. 9. X. 1. Pflöcke zum befestigen.

Cathetus. III. 3. Perpendiculär-linie, senkrechte Linie. Cathetum demit-@ere, eine Schwerlinie herabfallen lassen; eine Linie senkrecht ziehen.

Catinum. X. 13. der Windkessel an einem Druckwerke.

Cava aedium oder cavaedium. VI. 3. i. a. atrium, der Hof.

Cavus intersectionis. III. 3. Zwischentiefe zwischen zwey Zähnen.

Cauliculi oder coliculi. IV. 1. VII. 5. Stängel.

Caurus. I. 6. Nordwestwind.

Causis. VII. 9. das Brennen; also nannten die Griechen das Verfahren, wenn einem bereits verfertigten Gemählde oder Farbenanstrich übergestrichenes ge-schmolzenes Wachs vermittelst Kohlfeuer einverleibt wurde. Enkaustische Mahle-rey scheint davon unterschieden gewesen zu seyn.

Cedreum. II. 9. Cedernöl.

Cedrus. II. 9. die Ceder.

Cella. III. 1. IV. 4. Zelle, Inneres des Tempels. VI. 9. cella vinaria, Wein-keller. VI. 9. olearia, Ölkeller. VI. 9. cella cum penu, Vorrathskammer. VI. 10. cella ostiarii, des Pförtners Wohnung. VI. 10. cella familiarica, Gesindezimmer.

Centenaria fistula. VIII. 7. hun-dertzöllige Röhre.

Centrum. I. 2. VII. Prf. Augen-punkt, Gesichtspunkt, Hauptpunkt, III. 1. IX. 5. (VIII.) centrum circini, Schen-kel des Zirkelinstruments, der bey Be-schreibung eines Kreises in die Mitte ge-stellt wird und stehen bleibt, während daſs der andere sich rings herum drehet. III. 1. IX. 1. (IV.) Mittelpunkt. IX. 1. (IV.) X. 8. Ruhepunkt. Bewegungspunkt.

Cera punica. VII. 9. Punisches Wachs. Siehe die Anmerkung daselbst.

Ad Certamen. VII. 3. Um die Wette.

Cerostrata. IV. 6. Mit Horn ein-gelegt. Besser wird wohl clathrata, mit einem Gitter versehen, gelesen. Siehe die Anmerkung.

Cerrus. II. 8. eine Zirneiche.

Cerussa. VII. 12. Bleyweiſs.

Chalare. X. 13. Niederlassen.

Chalcidica. V. 1. Die Zimmer auf der Ecke einer Basilika, zu beyden Seiten des Tribunals. Siehe die Anmerk.

Chele oder cheira. X. 15. 17. Der Drücker an einer Katapulta oder Balista. i. a. manucla.

Chelonia. X. 2. 4. 8. 15. 18. Zap-fenlager, Zapfengerüste, worin die Zapfen einer Welle laufen. X. 5. 21. Untersatz.

Chodax oder cnodax. X. 6. Bol-zen, groſser eiserner Nagel oder Zapfen mit einem Loche an einem Ende, wo-durch ein Splint oder eine Schlieſse ge-steckt wird.

Choragi. V. 9. Chordirectors, Schau-spieldirectors, Balletmeister.

Choragia ferrea. X. 13. Eiserne Federn, Springfedern. Andere lesen cno-daces, Bolzen, Nagel, Stifte.

Chorobates. VIII. 6. Grundwage, eine Art von Wasserwage.

Chorographiae. VIII. 2. Land-karten.

Chors. VI. 9. Wirthschaftshof.

Chroma. V. 4. Die Chromatische Tonleiter.

Chrysocolla. VII. 5. 9. Berggrün.

Cibdelus. a. um. Falsch, unächt, das von auſsen zwar gut scheint, von in-nen aber nichts taugt. VIII. 3. cibdeli fontes. Ungesunde Quellen.

Cilicium. X. 22. Matratze; weil dergleichen besonders in Cilicien aus lan-gen Bockshaaren verfertiget wurden.

Circinationis linea. I. 6. Zirkel-linie. Kreislinie.

Circinus. Zirkel, das Werkzeug eine Zirkellinie zu beschreiben.

Circius. I. 6. Nordwest - Drittel-Westwind.

Circuitio. X. 19. Umgang, Gang auf welchem man um ein Gebäude oder Stockwerk herum gehen kann, Corridor. I. 3. In circuitionibus, in der Runde, in der Krümme.

Circulus. Plinii epist. l. V. 6. Ab-theilung in einem Ballspielhause. ibid. Kreisgang in einem Garten.

Circumsonantes loci. V. 8. Dumpfe Orte, dem Schalle nach.

Circus. I. 7. III. 2. IV. 7. Renn-bahn.

Cisium. X. 1. Zweyräderiger, halber Wagen.

Clathratae fores. IV. 6. Eine mit einem Gitter gezierte Thür.

Claviculae. X. 17. Zapfen.

Clavi muscarii. VII. 3. Nagel mit einem breiten Kopfe.

Clima. I. 1. i. a. inclinatio coeli, das Klima, die Himmelsgegend in Anse-hung der Witterung.

Climacis. X. 17. Treppe, Stiege.

Clivus. VI. 9. Rampe, Lehne, Ab-dachung.

Cloaca. I. 1. Kloak, Ort wo sich die Unreinigkeiten aus den Häusern sam-meln. V. 9. cloacae structiles, gemauerte Schleusen, Kanäle zur Ableitung der Un-reinigkeiten.

Clypeus. V. 10. Ein Deckel im La-conischen Schwitzbade, wodurch die Öf-nung des Gewölbes verschlossen oder ge-öſnet wird.

Cnodaces. X. 6. Siehe chodax.

Coagmentum. II. 3. IV. 4. VI. 11. Fuge, Ort wo zwey Körper an einander gefügt sind.

Coagmentatio. II. 9. Verbindung des Holzwerkes.

Coarescere. VII. 9. Sich verglasen.

Coaxatio. VI. 1. Breterner Boden.

Cochlea. V. 12. X. 8. 11. Wasser-schnecke, Wasserschraube — Schöpfma-schine. VI. 9. Schraube an einer Presse. cochlea torquere.

Coelias. VIII. 7. i. a. venter, Bauch einer Wasserleitung.

Coelum. VIII. 2. die Luft. VIII. Prf. coeli regio, Luftkreis.

Coelum camerae. VII. 3. S. camera.

Colligere. I. 6. Berechnen.

Colliquiae. VI. 3. Kehlrinnen, eine hohle Rinne, besonders diejenige Rinne welche zwey Dächer, die nach einem Winkel an einander treten, an dem Orte der Zusammentretung verursachen, worin bey Regenwetter das Wasser zu-sammen flieſst und herunter läuft.

Coliculi. VII. 3. Dünne Stängel.

Colossicoteros. III. 3. X. 4. ist der griechische Comparativus von collos-sicus, kolossalisch.

Columbaria. IV. 1. i. a. opae, cubilia, das Lager, die Löcher, worin die Balken und Latten liegen. X. 9. Loch, nahe an der Welle eines Schöpfrades.

Columella. X. 15. i. a. basis cata-pultae. Kleine Säule, das Fuſsgestelle der Katapulta.

Columen. IV. 2. Giebelsäule, Gie belspieſs, Giebelspitze, Dachspitze — eine senkrechte Stütze, Säule oder senkrechter Ständer, worauf der Firstbalken ruhet. IV. 7. steht es für culmen, der Firstbal. ken; wahrscheinlich bloſs durch Verse-hen des Abschreibers.

Columna. IV. 2. eine Säule — an-gularis. III. 3. Ecksäule. — mediana, mittlere Säule.

Columnarium. VIII. 7. Luftloch; ein stehendes Rohr bey Wasserleitungen, wodurch die beym Mundloche mit einge-schöpfte Luft wieder ausfahren kann. Es hat den Namen von seiner Ähnlichkeit mit einer Säule.

Comitium. II. 8. Das Comiti@m zu Rom, ein Versammlungsort des Volks.

Commensus. I. 3. VI. Praef. VI. 2. i. a. proportio, das gehörige Verhält-niſs.

Commentarii. I. 1. II. 8. VII. Praef. Schriftliche Aufsätze, Memoires.

Commissura. II. 9. Zusammen-fügung des Holzwerks.

Commoda. I. Praef. Besoldung. So sagt auch Frontin art. 118. ex fisco accipit commoda, wird besoldet.

Commodulatio. III. 1. Überein-stimmung.

Communia loca. VI. 8. Gemein-orte, d. i. Orte, wohin es einem jeden, wer es auch sey, auch ungebeten zu gehen frey steht. Dergleichen waren z. B. Vor-platz, Hof, Peristyl, etc. communia opera. IV. 8. Öffentliche Gebäude. communes parietes. I. 1. II. 8. VI. 9. Gemein-schaftliche Wände, d. i. die äuſseren Wände eines Gebäudes; sowohl dieje-nigen welche an der Gasse liegen, als die, welche an des Nachbars Besitzungen stoſsen; weil man die Einen mit dem Publico, die andern aber mit dem Nach-bar gemein hat. So kommt dieser Aus-druck auch in den Pandecten vor: Qui-dam Hibernus nomine, qui habet post horrea mea insulam, balnearia fecit se-cundum parietem communem; non @icet autem tubulos habere admotos ad parietem communem. De tubulis eo amplius hoc juris est, quod per eos flamma torretur paries. Digestor. lib. 8. tit. 2, 13. Auch Festus sagt: Insulae dictae proprie, quae non iunguntur com-munibus parietibus cum vicinis. Der Englische Übersetzer Vitruvs Newton, giebt pari@@es communes fälschlich durch common buildings.

Compactura. IV. 7. Fuge. IV. 7 trabes compactiles, zusammengekämmte Balken. X. 20. postes.

Compendium. VI. Praef. Gewinne. Profit.

Compluvium. VI. 3. Dachrinne.

Componere. VI. 5. Zusammenrech-nen; addiren.

Comportatio. I. 5. Zufuhre.

Compositio. Einrichtung.

Concameratio. II. 4. V. 10. Ge-wölbe, gewölbte Decke. V. 11. conca-merata sudatio. Das gewölbte Schwitz-bad. Siehe die Anmerkung.

Conceptio mundi. VI. 1. Das Weltgebäude.

Conclave. VI. 5. VII. 7. Zimmer. Gemach.

Conchylium marinum. VII. 13. Meerschnecke.

Conclusurae fornicationis. VI. 11. Fugen eines Schwibbogens. i. a. coag-menta.

Conclusio cuneorum. X. 18. Ver-keilung.

Conductor. I. 1. Entrepreneur; derjenige, welcher einen Bau für ein ge-wisses Geld zu verfertigen übernimmt. i. a. redemptor.

Confornicare. V. 5. VIII. 7. Wöl-ben. Uberwölben.

Congestio terrae. VI. 11. das zwischen den Grundmauern eingeschlos-sene Erdreich; die Erdmasse, Erdwerk. i. a. terrenum. III. 3. VII. 1. locus con-gestitius. ein lockerer Boden, der ausge-füllt worden, oder aus losen Steinen, oder beweglichem Sande besteht. X. 20. con-gestio fossarum, das Grabenausfüllen.

Congelari. VIII. 3. Bestehen, ge-stehen; von flüssigen Körpern, wann sie ihre Flüssigkeit verlieren.

Conglomerari. VII. 11. Sich klüm-pern.

Conisterium. V. 11. Sandbehälter, Ort in der Palästra, wo der Sand lag, wo-mit sich die Kämpfer bestreueten, nach-dem sie sich mit Öle gesalbt hatten.

Connivere. VII. 5. Mit halb ge-schlossenen Augen sehen. inertia mali judiees connivent artium virtutes, sie sehen das wahre Schöne in der Kunst nur mit (vor Trägheit) halb geschlosse-nen Augen an.

Conseptum templi. i. a. Peribo-@us. Ein mit einer Ringmauer einge-faſster Raum oder Platz um einen Tem-pel, Vorhof. i. a. atrium e. g. atrium libertatis.

Consonantes loci. V. 8. i. a. συνηχοῦντες. Einstimmende Orte, d. i. solche, worin die Stimme verstärkt und deutlich wird.

Consummare sumptus aedifi- @ii. einen Bauanschlag machen.

Consuetudo. I. 2. Gewohnheit, Sitte, Mode.

Contabulatio. X. 21. eine Bre-terdecke.

Contignatio. IV. 2. Boden, Ge-bälke, Stockwerk, d. i. Verbindung meh-rerer Stöcke, Balken. contignatus, mit Balken belegt.

Contra(cum accus.) III. 3. V. 1. X. 22. Gerade darüber. IV. 3. Gerade darunter.

Contracturae. III. 2. Einziehung, Verjüngung. contrahere, verjüngen, ein-ziehen.

Contrario. VIII. 1. Hingegen.

Converrere. VII. 8. Zusammen-kehren.

Conus. IX. 6. (IX.) Kegel; Art einer Sonnenuhr.

Coquere. II. 3. Ziegel brennen. VII. 2. 10. II. 5. Kalk brennen.

Copiae. VI. 10. Baumaterialien, d. i. alle Sachen, die zu Aufführung der Ge-bäude nöthig sind.

Corax. i. a. corvus, oder grus. X. 19. der Rabe oder Kranich, ein Mauer-reiſser.

Coracinus color. VIII. 3. Raben-schwarz.

Coriceum. V. 11. i. a. sphaeriste-rium. Ballsaal, d. i. Saal, der zum Ball-spiele bestimmt war. Siehe die Anmerk.

Corium. II. 3. Lage, Schicht, Reihe, VII. 3. Auftrag auf die Mauer.

Corona. II. 8. III. 3. IV. 3. Kranz-leiste, abhängende Platte, oder Kranz-leisten; groſses plattes Glied am Kranze oder bey einem jeden Hauptgesimse, als unterm Dache u. s. f. welches verhindert, daſs der Regen nicht an den untern Thei-len der Ordnung herunter laufen könne, sondern von da abträufen müsse. V. 2. VII. 3. Gesims, Einfassung, welche in den Zimmern zu oberst an den Wänden umher läuft. III. 3. der Kranz, der obere Theil des Hauptgesimses, des Ge-bälkes. VII. Kranz, der an Wänden Felder einfaſst.

Coronarium opus. VII. 4. 6. Stuckaturarbeit, d. i. figürliche Verzie-rung von erhabener Arbeit, die von Gips Kalk und Sand verfertiget, d. i. poussirt wird.

Corsae. IV. 6. Die Binden, d. i. äuſserste Streifen an Thüreinfassungen.

Corus. I. 6. Nordwest - Drittel-Nord-wind.

Corvus oder corax, auch grus. X. 19. der Rabe, oder Kranich, ein Mauer-reiſser.

Crassitudo coriorum. II. 8. Höhe der Steinlagen. — capituli. III. 3. Höhe des Kapitäls. — graduum. III. 3. Höhe der Stufen.

Cos. VII. 4. Wetzstein. cote despu-mare, abschleifen.

Crater. Plin. ep. V. 6. Becken einer Fontaine.

Crates. X. 20. Hürden.

Cratitii, sc. parietes. II. 8. VII. 3. Stockwerkswände, Bundwände, Fach-werk, d. i. Wände, die nicht massiv von Steinen, sondern nur von Holz aufge-führt sind. Sie waren aus hölzernen Schwellen, Stielen oder Säulen, Riegeln, Bändern und Rahmstücken zusammenge-setzt. Die Öffnungen zwischen diesen Hölzern, oder die Fächer, werden mit Backsteinen ausgemauert, oder mit Fach-holz und Lehm ausgefüllt.

Crepidines. IV. 6. Anwachsung, Vorstechung. Ausladung, Auslauf; d. i. das Hervorragen eines Bauzierraths vor dem andern.

Cretosus. II. 3. Kreidig.

Criodoche. X. 19. i. a. arietaria machina, Sturmbocksmaschine; ein Ge-stelle für den Sturmbock.

Crusta. II. 8. Kruste, Rinde, Schale, Lage.

Cryptae. VI. 8. Gewölbe zur Aufbe-wahrung allerley Waaren.

Cryptoporticus, Plin. ep. V. 6. verschlossene, gewölbte Gallerien. aestiva. subterranea.

Cubiculum. II. 8. Lager eines Steins. VI. 7. Zimmer.

Cubile. IV. 2. Lager, Loch, worin ein Balken liegt.

Cubitus. III. 1. Elle, Maaſs vom Ellbogen bis zur Spitze des Mittelfingers. Sie bestand aus sechs Querhänden oder vier und zwanzig Zoll.

Culcita. Varro III. 5. Polster, Ma-tratze.

Culearis oder culliaris. VI. 9. von dem Maaſse eines culleus.

Culleus, ein Maaſs von zwanzig Am-phoren.

Culina. VI. 9. Küche.

Culmen. VI. 2. V. 1. Firstbalken, d. i. der oberste Balken in einem Dache, in der Firste.

Cultelli lignei. VII. 3. Hölzerne Pflöcke.

In cultrum collocare X. 10. oder in cultro X. 14. Auf die hohe Kante, auf die schmale Seite legen, setzen.

Cunei. V. 6. Keilförmige Abtheilun-gen der Sitzreihen im Theater. VII. 4. 5. Raum zwischen den Feldern, womit die Wände verziert sind. Die Gestalt dessel-ben hängt von der Gestalt der Felder ab. X. 12. Niet.

Curare. I. 6. Heilen, kuriren.

Curculio. VI. 9. Der braune oder schwarze Kornwurm.

Curia. V. 2. Rathhaus. Versamm-lungsort zu Berathschlagungen.

In cursibus I. 1. VIII. 7 (vielleicht in decursibus) Bergabwärts.

Curvatura camerae. VII, 10. Ge-wölbe-Bogen, gewölbte Decke. X. 15. 17. Krümme.

Custos. IX. 3. (VI.) Bärenhüter, Bootes.

Cylindrus. X. 6. eine Wegwalze.

Cymatium. III. 3. IV. 1 Wulst der Ionischen Säule. III. 1. IV. 3. Kehlleiste, bey den Tischlern Kehlstoſs, d. i. ein Lei-sten, der aus einem auswärts und einem einwärts gehenden Zirkelstücke zusam-mengesetzt ist; dergestalt, daſs das aus-wärts gehende Zirkelstück das vordere, und das einwärtsgehende das innere des Leistens abgebe. Lesbium IV. 6. Lesbische Leiste, i. a. sima reversa. Do-ricum. IV. 6. Dorische Leiste. Hohlleiste. Glied der Baukunst, das in seiner Breite und Tiefe nach einem halben Zirkel oder auch nach einem Quadranten ausgehölt ist.

Cymbalum. X. 13. Becken. Glocke.

Cyziceni oeci, VI. 5. Cyzicener-Saal, mit langen bis auf die Erde gehen-den Thürfenstern; gegen Mitternacht ge-legen; die Aussicht in den Garten.

Dealbare VII. 4. Weiſsen, eine Wand oder Decke mit weiſser Tünche überziehen, und weiſs anstreichen, über-tünchen.

Decastylos. III. 1. Zehnsäulig.

Declinatio poli. IX. 5 (VIII.) Pol-höhe.

Decor. I. 2. Das Schickliche.

Decuria. VII. 1 hominum, ihrer zehn Leute. Anzahl von zehn Leuten.

Decursus. VIII. 7. Bergabwärts ge-hende Wasserleitung.

Decussatim. I. 6. Überzwerch, kreuzweis. Decussatio. I. 6. X. 11. Kreuzweiser Durchschnitt zweyer Linien. Decussis. III. 1. ein Zehner. Decussis sexis. III. 1. Die Zahl Sechzehn.

Deformare. I. 1. Abreiſsen, durch Zeichnen abbilden. Deformatio. I. 1. Abriſs, Zeichnung.

Deliquiae. VI. 3. Wasserrinnen.

Delphinus. X. 13 An der Wasser-orgel, eine Art von Hebel in Gestalt der Delphine.

Delumbare ad circinum. VI. 5. Nach einem gedruckten Bogen wölben.

Demolitor. X. 19. Mauerreiſser.

Denarius. III. 1. Zehner. Münze, welche Anfangs zehn, nachmals aber sechzehn eherne As galt. Denaria fistu-la. VIII. 7. Zelmzöllige Röhre, im Um@ fange.

Dentatum tympanum IX. 6. (IX.) X. 10. Bezahntes Rad, d. i. ein Rad, welches mit Zähnen, oder kurzen Stäben, Kämme genannt, entweder auf seiner Seiten- oder Stirnfläche versehen ist.

Dentes serrae. I. 5. Sägezähne.

Dentes forcipis. X. 2. Die Knei-pen einer Zange. VIII. 1. in dentes pro-cumbere. Vorwärts niederfallen, mit dem Angesicht zur Erde. VI. 11. muri. Beym Grundbaue, Mauern die in der Gestalt der Zähne einer Säge die beyden Stirn-mauern verbinden.

Denticuli. I. 2. IV. 2. III. 3. Zahn-schnitte. Kleine Zierrathen an dem Ban-de, der sich in Ionischen und Korinthi-schen Gebälken zwischen dem Friese und dem Kranzleisten befindet. IX. 6. (IX.) Zähne, Kämme, an den Rädern.

Depalatio. IX. 5. (VIII.) Die Ver-längerung und Verkürzung des Schat-tens des Stifts oder Zeigers auf der Son-nenuhr.

Deprimere puteum. VIII. 1. ei-nen Brunnen graben, absenken.

Descriptio. I. 6. Abriſs, Abbildung. descriptio aedificiorum in areis. Grund-riſs. VIII. 2. orbis terrarum. Landkarte. I. 6. ventorum. Windrose.

Designatio. I. 6. Abbildung. de-signare. I. 6. Abbilden.

Despumare cote. VII. 4. Abzie-hen. Abschleifen.

Destinare. V. 12. befestigen.

Detractio. I. 6. ein zehrendes, ab-nehmendes Arzneymittel.

Devorantur rotae. X. 6. die Rä-der versinken.

Dextans. III. 3. Zehn Theile von zwölfen, worein ein Ganzes getheilt wird.

Diaeta. Plinius ep. II. 17. V. 6. eine Wohnung, d. i. so viele Zimmer und Ge-mächer u. s. w. als zu einer eigenen Woh-nung gehören. Eine ganze Folge von Zimmern.

Diagonios. IV. 1. IX. Praef. (1) Diagonii linea. VI. 4. Diagonallinie, d. i. Linie, die von einem Winkel einer Figur quer durch sie hindurch bis zum gegenüber stehenden Winkel geht. Dia- gonalis linea auch diagonica. IX. Praef. (1.) VI. 3 linea diagoni.

Diagramma. V. 4. Tonleiter, Scala.

Diametros, diameter. X. 14. Durchmesser. V. 7.

Diapason. V. 4. Octave in der Musik.

Diapente. V. 4. Quinte in der Musik.

Diastylos. III. 2. Weitsäulig.

Diatessaron. V. 4. Quarte in der Musik.

Diathesis. I. 2 i. a. dispositio, Ein-richtung.

Diathyra. VI. 10. Heiſst bey den Griechen was die Lateiner durch prothy-ra ausdrücken, nehmlich Schranken, Be-friedigung vor der Thüre.

Diatoni. II. 8. i. e. utraque parte frontati. Durchbinder, Bindesteine, d. i. Steine, welche quer durch die Mauer gehen, so daſs sie auf beiden Seiten der Mauer gesehen werden können, und beyde Futtermauern mit einander verbin-den und zusammen halten.

Diatonon. V. 4. Die diatonische Tonleiter.

Diaulos. V. 11. Zwey Stadien im Umfange.

Diazomata. V. 7. Absätze im Thea-ter, i. a. praecinctiones.

Dichalcum. III. 1. Viertel - Obole, eine Münze.

Didoron. II. 3. Ich lese dafür Ly-dion. Siehe die Anmerkung.

Diezeugmenon. V. 4 Das getrennte Tetrachord, in der Musik.

Diesis. V. 3. Der erste hörbare Ton eines Instruments. V. 4. ein Vier-telton.

Digitus. III. 1. Zoll, ein Maaſs; deren 16 einen Fuſs und 24 eine Elle ausmachen.

Dimiron. III. 1. i. a. bes, Zwey-drittel.

Dioptrae. VIII. 6. Dioptern, Ab-sehen, Visiere, d. i. senkrecht gestaltene messingene Platten oder Bleche, an ma-thematischen Instrumenten, wodurch man visirt.

Dipechaice. I. 2. i. a. interscal-mium. Raum von einem zum andern Ruder.

Diplasion. III. 1. die doppelte Zahl sechs.

Diplinthii. II. 8. — parietes, Mauern, die zwey Ziegel dick sind.

Dipteros. III. 1. VII. Praef. Dop-pelflüglicht, d. i. ein Tempel der vorn und hinten 8 Säulen und eine zweyfache Säulenstellung auf den Seiten hat.

Directio oder directura. VII. 3. ebener Abputz.

Directus. VII. 3. Parallel.

Dirigere arena. VII. 3. Mit fei-nem Kalkmörtel eben abputzen.

Disdiapason. V. 4. Die Doppel-Octave, Decime - Quinte. Sie ist die Octave von der Octave, und verhält sich wie 4: 1.

Disparatio procreationis. II. 9. Die Entbindung der Leibesfrucht. Ge-burt des Kindes.

Displuviatum (cavaedium) VI. 3. ein traufloser Hof, d. i. wo die Traufe in den Ecken, dicht an der Wand, vom Dache bis zum Erdboden hernieder gelei-tet wird.

Dispositio. I. 2. i. a. Diathesis. Die Einrichtung, d. i. die schickliche Stellung aller Theile, und die dadurch in der Zusammensetzung bewirkte, dem Endzwecke des Gebäudes angemessene, Zierlichkeit. — Hin und wieder heiſst es auch so viel, als Anordnung.

Disrumpere. VII. 11. Sprengen.

Dissonantes loci. V. 8. Miſstö-nende Orte.

Distributio. I. 2. i. a. Oeconomia. Eintheilung, d. i. Fügliche Vertheilung der Materialien und des Platzes, ver-knüpft mit einer vernünftigen Wirth-schaftlichkeit beym Bauaufwand.

Dodrans. VII. 1. Dreyviertel; neun Theile eines As.

Dolare arborem, materiam. II. 9. VII. 2. Holz beschlagen, behauen.

Dolium. VI. 9. ein Faſs.

Dominicus sumtus VII. 5. Kosten, welche der Bauherr trägt.

Dominus. VII. 5. Bauherr; der-jenige, welcher ein Haus bauen läſst, i. a. paterfamilias.

Domus urbana. VI. 8. Stadtge-bäude.

Donicum. IX. 4. für donec, bis.

Doron. II. 3. i. a. Palmus. Die flache Hand, Querhand. item ein Geschenk.

Drachma. III. 1. Münze, sechs Obolen an Werth; oder 24 Dichalken oder Trichalken.

Ducere lateres. II. 3. Ziegel strei-chen, verfertigen.

Ductarius funis. X. 2. Zugseil.

Ecclesiasterium. VII. 5. Versamm-lungsort; ein kleines Theater zu Tral-les; minusculum theatrum.

Echea. I. 1. V. 5. Schallgefäſse, Theatervasen.

Echinus. IV. 3. 7. Der Wulst; in der Baukunst, ein Glied das nach einem un-terwärts laufenden Viertelszirkel gebau-chet ist. Unsre Werkleute nennen es einen Viertelstab.

Ecphora. III. 3. VI. 2. i. a. proje-ctura. Ausladung, Auslauf: Die Weite, um welche ein Glied oder Theil einer Säulenordnung vor dem Körper, wovon es ein Glied ist, vorspringt.

Effectus operis. I. 1. Die Aus-übung.

Elaeothesium. V. 11. i. a. unctua-rium. Salbezimmer im Bade.

Ellychnium. VIII. 1. Dacht. Licht-dacht.

Embates. I. 2. IV. 3. i. a. modulus. der Model, d. i. die Einheit, nach wel-cher in der Baukunst die verhältniſs-mäſsige Gröſse jedes, zur Verzierung die-nenden Theiles, bestimmt wird.

Emboli masculi. X. 12. Massive Kolben in einem Stiefel. Ein Kolben ist bey Saug- und Druckwerken ein cylin-drisches Stück, welches an eine Stange befestiget, und in einer Röhre auf- und abgeht, wenn das Saug- oder Druckwerk im Gebrauch ist. Bey erstern ist er hohl, und mit einem Ventil versehen; bey letz-tern aber ist er voll, und aus runden Scheiben von Leder zusammengesetzt, die oben und unten messingene Scheiben haben, welche das Leder zusammen halten.

Emendate. X. 11. Mit aller Genau-igkeit.

Emissarium. VIII. 7. Wasserablaſs. Ich behalte mit anderen die gewöhnliche Leseart immissarium, d. i. Einfang, — bey, weil es im Text ad recipiendum aquam immissarium heiſst.

Emplecton. II. 8. Eine Art von Mauerwerk, das Gefüllte genannt, weil der Raum zwischen zwey Stirnmau-ern entweder, wie bey den Griechen, mit gehörig verfertigtem Mauerwerke; oder, wie bey den Römern, mit unordentlich durch einander geworfenen zerbrochenen Steinen und Mörtel, ausgefüllt wurde.

Emporium. II. 8. Markt in einem Hafen, Stapel, Handelsplatz.

Encarpi. IV. 1. Fruchtschnüre, Fruchtgehänge, Fruchtband, Fruchtkranz — Zierrath in der Baukunst.

Enclima. IX. 6. (IX.) i. a. inclinatio coeli, die Polhöhe, Neigung des Äqua-tors gegen den Horizont, welche sich auf die verschiedene Breite der Erde und Ör-ter bezieht. Nach Martini von den Sonnenuhren u. s. w. S. 55. Anm. brauchen die Mathematiker, z. B. Pro-klus die Ausdrücke clima und enclima in Einer Bedeutung.

Encyclios disciplinae. I. 1. — do-@trinarum VI. Praef. Kreis, Umfang, Inbegriff, Kette, — Encyklopädie der Wissenschaften.

Engonaton. IX. 6. (IX.) eine Art von Sonnenuhr, siehe die Anmerk.

Engibata. X. 12. In Flaschen einge-schlossene Männchen, eine Erfindung des Ktesibius gleich der, welche wir Car-tesianische Teufel nennen.

Entasis. III. 2. adjectio quae fit in mediis @olumuis. Verstärkung in der Mitte der Säulen. Ausschweifung der Säule nach der krummen Linie. S. die Anmerk.

Epagon. X. 5. i. a. artemon, Leit-flasche; dritter Kloben am Fuſse eines Polyspast’s.

Ephebeum. V. 11. Jünglingsaal in der Palästra.

Ephecton. III. 1. Über sechs, d. i. @ieben.

Epibatae. II. 8. See- oder Schiffssol-daten.

Epidimoeros. III. 1. i. a. bes alte-rum.

Epigramma. VIII. 3. Inschrift, In-scription.

Epipentamoeros. III. 1. i. a. quin-tarium alterum. 1 {5/6}.

Episcenos. V. 7. und episcenium VII. 5. Oberster Übersatz der Scena.

Epischis. X. 17. i. a. cuneolus fer-reus, eiserner Zapfen oder Pflock auf dem Loche der Balista und Katapulta, zur Be-festigung des dadurch gezogenen Seils. Einige lesen dafür epizygis.

Epistylium. III. 1. 2. 3. IV. 3. Praef. V. 1. X. 6. Unterbalken, Archi-trave; der unterste Theil des Gebälks oder der Balken, welcher längst über die Säulen eines Gebäudes gelegt wird. Epi-stylia. I. 2. das ganze Gebälk. Epistylio-rum ornamenta. V. 1. 7. Die Kornische, der Kranz, das Hauptgesims.

Epistomium. IX. 6. (IX.) X. 13. Hahn, Werkzeug, wodurch man eine Röhre u. s. w. öffnen und verschlieſsen kann.

Epitithides. III. 3. Diejenigen Rinnleisten, welche man auf den Kranz des Giebels zu setzen pflegte, und wel-che um ein Achtel höher als der Kranz-leisten waren.

Epitoxis. X. 15. Die Nuſs, d. i. Kerbe, Rinne auf der Katapulta, worin die Sehne ruht und aus welcher sie her-ausgeschnellt wird.

Epitritos. III. 1. triens alterum (irrig tertiarium) d. i. 1 {1/3}.

Epizygis. X. 16. 17. S. epischis.

Eq@ilia. VI. 10. Pferdestall.

Equus. IX. 3. (VI.) Pegasus, das Sternbild.

Erectio firma. VIII. Praef. Steif-heit, Vermögen sich aufzurichten. Zeu-gungskraft.

Ergata. X. 4. eine Winde, Erdwin-de, eine perpendikulär stehende Winde, welche von einem Orte zum andern ge-bracht werden kann.

Erismae. VI. 11. X. 1. Strebepfeiler, Gegenstützen. i. a. anterides.

Erones. V. 12. Körbe.

Eschara. X. 17. 20. Fuſsgestelle. der Balista, oder des Schirmdachs.

Esculus. II. 9. Die Speiseiche oder kleine Eiche. Siehe die Anmerk.

Et für sive, oder: III. 2. Pleromatos enim ratio et columnarum circum aedem dispositio. VI. 9. vectibus et proelo. VII. 1. Incernatur marmor et supra loricae ex calce et arena inducantur. VII. 3. arenatum et marmor et omne tectorium inducatur. VIII. 7. de gnomo-nicis rebus et horologiorum rationibus. VIII. 7. quemadmodum in rivis et cana-libus dictum est. X. 9. moduli quadrati pice et cera solidati.

Etesiae. I. 6. West - Drittel - Nord-westwind.

Evangelus. X. 7. Guter Bote, der eine frohe Botschaft bringt.

Evanidus. II. 8. 10. Wandelbar, baufällig. , hinfällig. VII. 2. Kraftlos. VII. 3. Matt, schwach von Glanz.

Evanescere. VII. 3. Den Glanz verlieren, matt, blind werden.

Everganeae trabes. V. 1. Wohl-verbundene oder eingebundene Balken.

Euripus. VII. 5. Kanal.

Euronotus. I. 6. Süd-Drittel-Süd-ostwind.

Eurus. I. 6. Südostwind.

Eurythmia. I. 2. VI. 2. Überein stimmung, Wohlgereimtheit, d. i. Schön-heit, gefälliges Ansehen der Theile in der Zusammensetzung.

Eustylos. III. 2. Schönsäulig, in Rücksicht der Säulenweiten.

Eutheia. X. 8. i. a. porrectum, die gerade Linie.

Euthygrammus. I. 1. i. a. regula. Richtscheid, Lineal.

Euthytona. Horizontalschieſsende Wurfmaschinen.

Ex eo. X. 14. Daher.

Exactio. IV. 1. VI. 2. Vollendung. Vollkommenheit.

Examen. X. 9. Die Zunge an der Wage.

Examinare alicui rei. X. 8. Mit etwas im Gleichgewicht stehen.

Examinatio. X. 8. i. a. libratio@ die Abwage, d. i. die Entfernung sowohl der Last, als der Kraft, von dem Ruhe-punkte, der Abstand.

Excernere. II. 4. Aussieben. cribris. VII. 6. Durchsieben.

Excidere. VII. 3 Abhauen.

Excoquere. II. 6. V. 3. VII. 4. Ausdörren.

Excurrere. IV. 6. Hervortreten.

Exedrae. V. 11. VI. 5. VII. 5. 9. Hörsäle, d. i. groſse offene Säle an Säu-lengängen, mit Sitzen versehen, damit die Philosophen u. s. f. darin sitzend Un-terricht geben oder sich unterhalten konn-ten. VI. 10. Gesellschaftszimmer.

Exemplar pictum. VIII. 6. Ab-bildung.

Exemplum. VII. 5. Vorbild, Mus-ter. X. 22. Modell, körperliche Vor-stellung im Kleinen.

Eximere saxa. II. 7. Steine brechen.

Exisona. IV. 7. Ich lese mit Stuart εἴσοδοι, Zugang, Eingang. Siehe die An-merkung.

Exostra. Vegetius IV. 17. 21. i. a. projectura. Schiebebrücke.

Expeditionum rusticarum aedi-ficia. VI. 8. Landwirthschaftsgebäude.

Expertiones. VIII. 5. i. a. expe-rimenta.

Explicare. VI. 6. Anordnen, regu-liren.

Expolitiones. VI. 11. VII. Praef@ 1. 5. Putz, Auszierung. i. a. politiones.

Expolitus. VII. 9. Angestrichen.

Expressiones. IV. 4. der zwischen den Fugen hervor gedrungene Mörtel. VII. 3. ein Rahmen, Leiste. I. 1. VIII. 7. IX. 6. (IX.) X. 12. Das Aufwärtstrei-ben des Wassers. Druckwerk, i. a. ex-pressus. VIII. 7.

Exprimere. VIII. 8. Das Wasser aufwärts, in die Höhe treiben.

Exstruere parietem. eine Mauer aufführen.

Extinguere calcem. II. 5. Kalk löschen.

Extrema linea circinationis. IX. 5. (VIII.) Peripherie, Circumferenz eines Zirkels.

Extrudere. I. 5. VI. 11. Heraus-drängen, heraustreiben.

Faber. II. 1. Meister, Künstler von vorzüglicher Geschicklichkeit. — aera-rius. II. 7. Meister im Guſs.

Fabrica. I. 1. VI. Praef. Aus-übung, Praxis.

Factitius color. VII. 10. gemacht, künstlich, durch Kunst hervor gebracht.

Fagus. II. 9. Buche, Buchbaum.

Falere. Varro III. V. i. a. stiba-dium, ein Tafellager, Kanape darauf bey Tische zu liegen. Speisesopha.

Familiaricae cellae. VI. 10. Ge-sindestuben.

Fanum. X. 6. Der zu einem Tempel einer Gottheit geweihete Platz; von fa-nare, weihen, heiligen. VI. 1. Der Tem-pel, das Gebäude selbst. fana aedificare.

Farctura. II. 8. Fülle, d. i. Schutt, womit der Raum zwischen zwey Futter-mauern gefüllt wirk.

Farnus. VII. 1. eine Äsche. Mihi videbatur farni vox orta ex corruptione quadam librarii, qui fraxinum cum nollet integre scribere franum posuit, e quo deinde levi transpositione farnus ortus est. Vel quod magis fere placet, labente aevo franum etiam dixere fraxi-num, e quo Gallorum etiam fréne ortum est. Vide Gesnerum in Pallad. I. 9. 3.

Fartaria. VI. 9. Getreideböden. Futterböden.

Fascia. III. 3. Der Streifen; ist eine der Länge nach gemachte Abtheilung des Unterbalkens. — prima, Unterstreifen. — secunda oder media, Mittelstreifen. — tertia, Oberstreifen.

Fasciculi ex virgis alligati. II. 9. Reisbündel, Faschinen.

Fastigatus. VII. 4. Mit einem Ge-fälle versehen, d. i. abhängig, damit die Feuchtigkeit ablaufen könne.

Fastigium. III. 3. Giebel, Fronti-spiz, Fronton, das ist, das obere Ende der Mauer eines Tempels u. s. f. welches in ein Dreyeck zugespitzt ist, dessen Grundlinie das Hauptgesims ausmacht. VII. 1. und VIII. 6. Das Gefälle, d. i. die nach und nach zunehmende Neigung einer Fläche oder eigentlich eines Strom-betts eines flieſsenden Wassers; oder die Höhe um wie viel ein flüssiger Körper fällt, das ist zu sagen, um wie viel das Strombett eines flieſsenden Wassers sich in einer gewissen Weite dem Mittelpunkt der Erde genähert, und von der wahren Horizontallinie des ersten Orts, wo man das Gefälle anrechnen will, an den zwey-ten Ort, bis wohin man das Gefälle zu nehmen hat, abgewichen ist. S. libratio aquarum.

Fauces. VI. 3. (IV.) Die Flur, Hausflur, der Raum des Hauses gleich nach der Hausthür. Bey den Römern war die Flur ein Theil des Hofs, (atrii) weil sie keine Hinter - oder Hofthür hatte.

Favi. VII. 1. Sechseckige Steinplat-ten im Pflaster, gleich den Zellen in den Wachsscheiben der Bienen.

Favilla. VII. 4. VIII. 7. Loder-asche, glühende Asche.

Favonius. I. 6. Westwind.

Femina. IX. 6. (IX.) Die Pfanne, worin sich der Zapfen herumwendet.

Femur. IV. 3. i. a. merus, Schenkel der Triglyphen, oder Steg, d. i. die Erhö-hung zwischen den Schlitzen.

Fenestrarum lumina valvata. VI. 6. Fenster deren Öffnung mit Fen-sterthüren versehen ist. Gewöhnlich heiſsen dergleichen Fenster Balcon-fenster.

Ferramentum. X. 22. Eisernes Werkzeug jeder Art. VII. 2. Mauer-kelle. VII. 8. Brechhammer, eine Art von Picken oder Hacken.

Ferula. VIII. 3. Steckenkraut.

Fibula. I. 5. X. 2. 3. 12. Bolzen, groſser runder Nagel, der an dem einen Ende einen Kopf, an dem andern aber eine hinlängliche Öffnung hat, ein Splint vorzustecken.

Fictilis. VIII. 7. irden, aus Thon.

Figlinum opus. V. 10. Aus Thon gebrannte Platten; Fliese.

Figura. VII. 5. Riſs, Abriſs, Abbil-dung.

Filex. VII. 1. Farnkraut.

Fines corporum. V. 5. Umrisse, Contours.

Finitio. III. Praef. Definition.

Firmitas. I. 5. VI. 10. 11. Dauer-haftigkeit, Festigkeit.

Fistuca. VII. Ramme.

Fistucatio. III. 3. X. 3. das Ram-men. — solidare fistucationibus. Fest-rammen.

Fistula. VI. 3. VIII. 7. Röhre. fistulae furcillae figura. X. 12. Gabel-förmige Kropfröhren, oder Gurgeln am Druckwerke.

Fistulosus. II. 5. Löcherig.

Flos. IV. 1. Blume am Korinth. Ka-pitäle im Mittel der Fronte der Platte. IV. 7. eine Blume, welche oben auf die Kuppel gesetzt wurde; dergleichen sieht man auf der so genannten Laterne des Demosthenes zu Athen. VIII. 3. Rahm. flos nitri. VII. 11. Salpeter-staub oder - Blüte, ein zarter Salpeterbe-schlag, der sich wie der Frost an den Wänden anlegt.

Fodina. VII. 7. Bergwerk. — ar-genti, Silberbergwerk.

Folia. IV. 1. Die Akanthusblätter am Korinthischen Kapitäl.

Foliatura. II. 9. Laub. Blätter.

Follis. X. 1. Blasebalg.

Foramen trochleae. X. 2. Das Gehänge, der Haken oder Ring eines Klobens, oder einer Flasche.

Fores. IV. 6. Hölzerne Thür, wo-mit eine Thüröffnung verschlossen wird. valvatae. Thür mit Einem Flügel. bifo-res. Flügelthüre. quadrifores. Kreutz-weis gebrochene Thür.

Forma. I. 6. Figur, Zeichnung, Ab-bildung, Riſs. i. a. schema. II. Praef. Schöner Wuchs. II. 8. Rahmen. for-macei parietes Plin. l. XXXV. 48. Wel-lerwände, Lehmwände, Formenwände. i. e. luto inter formas (Formen) clauso. vide Pallad. I. 34.

Fornacula. VII. 10. Kleiner Ofen.

Fornax. II. 5. Brennofen.

Fornicationes. VI. 11. Gewölbe. Bogen. — cuneorum divisionibus. Bogen aus keilförmigen Steinen.

Forum. V. 1. Markt, d. i. Platz zum Verkauf allerley Waaren, ingleichen zum Gerichtshalten u. s. w. Siehe die An-merkung.

Fossura. VIII. 1. Grube.

Fossor. VII. 8. Bergmann.

Fraces. VII. 1. Ölhäfen.

Fragilis. II. 9. Spröde, zerbrech-lich.

Fraxinus. II. 9. Äsche.

Fricare. VII. 1. Reiben, abreiben.

Fricatura. VII. 1. Abreibung.

Frigida lavatio. V. 11. Kaltes Badezimmer, λουτρόν.

Frigidarium. V. 11. Abkühlungs- zimmer. Kühlzimmer. cella frigidaria. Plin. Caec. II. 17.

Frons aedificii. Die Fronte, Façade, Ansicht eines Gebäudes. — denticuli. die Breite des Zahns. — rotae. X. 9. Stirn, d. i. äuſserer Umfang eines Rades.

Frontes. II. 8. Futtermauern; d. i. Mauern, womit eine andere bekleidet oder gefüttert wird; oder in diesem Falle eigentlich die zwey Mauern, welche die Fülle enthalten.

Frontati utraque parte. i. a. Diatoni. II. 8. Durchbinder, Binde-steine, welche quer durch die Mauer gehen, so daſs sie auf beyden Seiten der Mauer gesehen werden können, indem sie beyde Futtermauern mit einander ver-binden.

Fuligo. VII. 3. 4. 10. Ruſs.

Fulmina. IV. 3. Donnerkeile, Aus-zierung, den Strahlen des Blitzes gleich, auf der untern Fläche des Kranzleistens.

Fulturae. VI. 11. Stütze.

Fundatio. III. 3. Grundgraben, d. i. die zu dem Grunde eines Gebäudes in die Erde gegrabene Öffnung.

Fundamenta. I. 5. Grund, Mauer-werk in der Erde.

Fundus. VII. 7. Grundstück, Gut. X. 15. Der Kolben an der Katapulta, vermittelst wessen die Sehne aus der Nuſs gedrückt wird.

Funduli ambulatiles. X. 13. Kol-ben, die im Stiefel auf und nieder gehen.

Funes ductarii. X. 2. 3. Zugseile.

Furca. II. 1. Gabelholz, Holz mit zwey Armen in Gestalt einer Gabel.

Fusterna. II. 9. Knorrenstück, obe-res Stück einer Tanne, ohngefähr in der Höhe von 20 Fuſs, woran die Äste be-findlich.

Fusus. X. 6. Sprosse, Stab.

Gallicus. I. 6. Nord - Drittel - Nord-ostwind.

Gelicidia. II. 7. VII. 1. Frost.

Genera columnarum. i. a. symme-triae, mores, rationes, instituta. Säulen-gattung, Säulenart, Säulenordnung.

Genethliologiae ratio. IX. 4. (VII.) die Nativitätstellerkunst, d. i. die Kunst aus jemandes Geburtsstunde dessen Schicksale vorher zu sagen.

Geniculus. VIII. 7. ein Knie in der Wasserleitung; ein Bug, eine Ecke wo zwey Röhren unter einem Winkel zusam-men kommen.

Gerusia. II. 8. Altmännerhaus, Unter diesem Namen haben die Sarder den Pallast des Crösus abgelebten Bür-gern als einen Zufluchtsort angewiesen.

Gestatio. Plin. Caec. II. ep. 17. eine Allee.

Glarea. II. 4. Kies, Kiessand.

Glebae marmoris. VII. 6. Mar-morschollen. VII. 2. calcis, Kalksteine. VII. 8. Erze; jede Erd - oder Steinart, welche Metall oder Halbmetall enthält.

Glutinum. VII. 10. Leim.

Gnomonice. I. 3. i. a. horologio-rum ratio, die Gnomonik, Kunst Son-nen - und andere Uhren zu machen.

Gnomon. I. 6. X. passim. Zeiger, Weiser.

Gonarche. IX. 6. (IX.) Eine Art von Sonnenuhr. Siehe die Anmerk.

Gradationes. V. 3. Stufenerhö-hung im Theater; die sich stufenweise über einander erhebenden Sitzreihen.

Gradus. III. 3. Stufen. V. 3. Sitze im Theater. VII. 1. Höcker, empor ste-hende Erhöhungen, Ungleichheiten auf einem sonst ebenen Körper.

Grammatica. I. 1. Philologie im weitläuftigen Sinn. Siehe die Anmerk.

Grammaticus. I. 1. Was die Rö-mer damit für einen Begriff verbanden erhellt aus folgender Stelle Suetons (de illustr. gramm. IV.) Appellatio Gramma-ticorum Graeca consuetudine invaluit: sed ini-tio Literati vocabantur. Cornelius quoque Ne-pos, in libello, quo distinguit literatum ab erudito, literatos quidem vulgo appellari, ait, eos, qui aliquid diligenter, et accurate, scien-terqae possint, aut dicere, aut scribere: caeterum proprie sic appellandos poetarum interpretes, qui a Graecis γραμματικοὶ nominentur; eosdem Lite-ratores vocitatos. Messala Corvinus, in qua-dam epistola ostendit, non esse sibi, dicens, rem cum Furio Bibaculo, nec cum Sigida quidem, aut Literatore Catone: significat enim haud dubie Valerium Catonem, poetam simul, grammaticum-que notissimum. Sunt, qui literatum a literatore distinguant, ut Graeci Grammaticum a Gramma-tista, et illum quidem absolute, hunc mediocriter doctum existiment, quorum opinionem Orbilius etiam exemplis confirmat. Nam apud majores, ait, cum familia alicujus venalis produceretur, non te-mere quem literatum, in titulo, sed literato-rem inscribi solitum esse: quasi non perfectum, sed imbutum. Veteres Grammatici et Rhetoricam docebant: ac multorum de utraque arte commen-tarii feruntur, secundum quam consuetudinem posteriores quoque, existimo, quamquam iam discretis professionibus, nihilo minus vel retinuisse, vel instituisse et ipsos quaedam genera institutio-num, ad eloquentiam praeparandam, ut proble-mata, paraphrases, elocutiones, ethologias, atque alia hoc genus, ne scilicet sicci omnino atque aridi pueri Rhetoribus traderentur: quae quidem omitti iam video, desidia quorundam et infantia: non enim fastidio putem. Me quidem adolescen-tulo, repeto, quendam, Principem nomine, alter-nis diebus declamare, alternis disputare, nonnul-lis vero mane disserere, post meridiem, remoto pulpito, declamare solitum. Audiebam etiam, memoria patrum, quosdam e Grammatici statim ludo transisse in forum, atque in numerum prae-stantissimorum patronorum receptos. Clari pro-fessores, et de quibus prodi possit aliquid dun-taxat a nobis, fere hi fuerunt: etc. etc.

Grammicus. IX. Praef. (I.) Aus Linien bestehend. deformatio grammica, ein Riſs, eine Zeichnung.

Granarium. VI. 9. Kornbehältniſs, Speicher.

Granum marmoreum. VII. 3. Ge-stoſsener Marmor.

Graphis. I. 1. Zeichnen. Zeichen-kunst.

Graphicoterus. IV. 4, Zierlich; fein.

Gravitudo. I. 6. Der Schupfen.

Grumus. II. 1. Haufen Erde. VIII. 3. Hügel.

Grus. X. 19. i. a. corvus demolitor.

Gummi subactum. VII. 10. Gum-mibrei.

Guttae. IV. 3. Tropfen. Kleine Zier-rathen der Dorischen Ordnung. Nehmlich unter jeden Dreyschlitz kommen sechs solche Tropfen in Form abgestutzter Ke-gel; auch werden dergleichen an dem Kinne der Kranzleiste angebracht.

Gymnasium. I. 7. VI. Praef. VII. 5. i. a. palaestra V. 11. Siehe die Anmer-kung.

Gynaeconitis. VI. 10. Weiberwoh-nung bey den Griechen.

Gypsum. VII. 3. Gips.

Haeresis. V. Praef. Sekte.

Hamatae tegulae. VII. 4. Schluſs-ziegel, platte Ziegel, auf beyden langen Seiten mit einem erhabnen Rande, der von der Seite angesehen die Gestalt eines Haken (hama) hat.

Harmonia. V. 3. 4. VI. 1. i. a. cano-nica ratio. Harmonik, der Theil der theo retischen Musik, der die brauchbaren Töne und ihr Verhältniſs gegen einander festsetzt.

Harpaginetuli. VII. 5. Häklein, kleine Haken; von harpago.

Harundines graecae. VII. 3. Grie-chisches Rohr.

Helepolis. X. 22. Belagerungsma-schine von erstaunlicher Gröſse.

Helices. IV. 1. Schnörkel; die klei-neren Schnecken am Korinthischen Ka-pitäle.

Heliocaminus. Plin. Caec. II. 7. Sonnenstube.

Hemicyclium. IX. 5. (VIII.) 6. (IX.) Halbzirkel.

Hemicylindrus. IX. Praef. (III.) Halbcylinder.

Hemiolium. III. 1. i. a. sesquialte-rum. 1 {1/2}.

Hemisphaerium. IX. 6. (IX.) Halbkugel. V. 10. Kugelgewölbe; Kes-selgewölbe, Kuppel.

Hemitonium. V. 4. ein halber Ton.

Hemitriglyphus. IV. 3. Halbtri-glyph, halber Dreyschlitz.

Hermedone. IX. 4. (VII.) Das Band, ein Sternbild.

Hexachordos. X. 13. i. e. hydrau-lica, eine sechsstimmige Wasserorgel.

Hexaphori. X. 8. Sechsträger, da ihrer sechs eine Last tragen.

Hexastylos. III. 2. Sechssäulig — ein Tempel der in der Fronte sechs Säu-len hat.

Hibernaculum. VII. 4. Winterge-mach, Winterwohnung. Winteraufent-halt.

Hippodromus. Pl. Caec. V. 6. Reit-bahn. Siehe die Anmerk.

Homotoni. I. 1. Die Einklänge; Name der Seile in der Katapulta, welche die Arme festhielten. Sie muſsten alle gleich straff gespannt seyn, so daſs sie ins-gesammt, wenn sie berührt wurden, mit einander im Einklange waren.

Horizon. VI. 1. IX. 5. (VIII.) Horizont.

Horologium. VIII. 7. IX. passim. Stundenverkünder, Uhr, es sey Sonnen-oder Wasseruhr.

Horreum. VI. 8. 9. Speicher, Vor-rathshaus, Scheuer.

Hospitalia. VI. 10. Gastgebäude, Fremdenhäuser. V. 7. Die beyden Thü-ren der Scene, zu Seiten der Hauptthüre.

Humeri pronai. IV. 7. Die Schul-tern der Vorhalle eines Tempels. Siehe die Anmerkung.

Hyalon. VII. 14. Ich lese dafür mit Ortiz isatin. Waid. S. d. Anmerk.

Hydraulicae machinae. I. 1. IX. 6. (IX.) X. 12. Wasserorgel.

Hydraulae. X. 10. lies hydromylae.

Hypate. V. 4. Der obere oder höchste Ton. Siehe B. VI. S. 10 Anmerk.

Hypaethrus. I. 2. Unbedeckt. V. 9. Hypaethra ambulatio. Offener Spazier-gang. i. a. Xystus. ohne Dach. Hypae-thros. III. 1. Ein Tempel, vorn und hin-ten zehnsäulig; rings umher eine dop-pelte Säulenstellung; im Innern eine dop-pelte Reihe Säulen über einander, (also einen Portik unten und oben), den mitt-leren Raum aber unbedeckt; und sowohl in der Vorder - als Hinterfronte eine Thür.

Hyperthyris, Hyperthyrum. IV. 6. Fries, über der Thüre. hyper-thyra. IV. 6. Alle Verzierungen über der Thüre, auſser dem Sturz; also Fries und Kranz.

Hypocaustum, Hypocausis. V. 10. Ofen; er befand sich bey den Alten unterm Fuſsboden der Zimmer.

Hypogea. VI. 11. Gewölbe unter der Erde. Souterrains, Kellergeschoſs.

Hypomochlium. X. 8. i. a. pressio. In der Mechanik, Unterlage; dasjenige was den Ruhepunkt eines Hebels trägt oder hält, so daſs sich der Hebel zwar um denselben drehen, nicht aber auf und abwärts weichen kann.

Hyposcenium. S. Jul. Pollux, Ono-masticon IV. 19. Unterbühne, welche unter der Zocke der Bühne lag, und ge-gen die Zuschauer zu mit Säulen und Statüen verziert war.

Hypothyron. VI. 6. Thüröffnung, Thür im Lichten. — Ingleichen, Sohl-stück oder Unterschwelle einer Thüre.

Hypotrachelium. III. 2. 3. Säulen-hals; das glatte Glied der Säule zwischen dem Rinken und Kapitäl.

Hysginum. VII. 14. Waid; färbt blau. Siehe die Anmerk.

Ianua. VI. 8. 10. Hausthür. Haupt-thür — interior VI. 10. Hinterthür, Hof-thür.

Ichneumon. VIII. 2. Pharaonsratze.

Ichnographia. I. 2. Grundriſs, Riſs, welcher die Eintheilung eines Plat-zes im Grunde zeigt.

Idea. I. 1. i. a. species. Bauriſs.

Idoneus. VII. 1. Angemessen, tüch-tig.

Iejunitas tegularum. VII. 4. Trockenheit.

Imagines. VI. 4. Ahnenbilder.

Imbecillum vinum. VI. 9. Schaler Wein.

Imbricata caementa II. 8. lieſs implicata. Imbrices heiſsen übrigens Doppelschluſssteine.

Immissarium. VIII. 7. Einfang. Röhrkasten, i. a. receptaculum. Ein bey dem Wasserschlosse beſindlicher, und da-mit durch Röhren verbundener Kasten, aus welchem das Wasser der Wasserlei-tung seiner verschiedenen Bestimmung gemäſs vertheilt wurde.

Impages. IV. 6. Leist an der Thüre.

Imperitus. X. Praef. ein Pfuscher.

Impetus. VI. 3. Umfang. So sagt Lucrez V. 201. impetus coeli ingens, und Creech erklärt es durch ambitus.

Impluvium. VI. 3 (IV.) Der unbe-deckte mittlere Hofraum.

Inambulationes. I. 3. Ort zum Spazierengehen, Spaziergang, Promenade.

Inaurare. VII. 8. Vergolden.

Incernere. VII. 1. Sieben, Durch-sieben.

Incertum. II. 8. i. a. antiquum scil. genus structurae. Das ungewisse Mauer-werk. Es bestand aus Bruchsteinen, die so wie sie aus dem Bruche kamen über einander gelegt wurden. Alberti ver-gleicht dieses Mauerwerk dem Straſsen pſlaster.

Inclinationes coeli. I. 1. Klima, VI. 1. Polhöhe.

Incumbae. VI. 11. Kämpfer, d. i. Simswerk an den Nebenpfeilern einer Bogenstellung, worauf der Bogen ruhet, (incumbit).

Indagator umbrae. I. 6. i. e. gno-mon und σκιαθήρας, Schattenspürer, Son-nenzeiger, Zeiger, Weiser.

Indicum. VII. 9. 10. 14. Indig, In-digo. VII. 10. Chinesische Tusche. S. Anmerk.

Infectiva. VII. 14. Tinkturen; d. i. aus Kräutern gezogene Farben.

Infernas. i. e. abies II. 9. Unter-meer - Tanne; d. i. die am Gestade des Tyrrhener - Meers wächst.

Infundibulum. X. 13. Trichter. X. 10. Rumpf, hölzerner, viereckter Trichter in den Mühlen, wodurch das Getreide auf den Stein fällt.

Ingressus operis. I. 1. X. 1. Praxis, Ausübung.

Insidentes paludes. Tiefliegende, stehende Sümpfe.

Insulae. I. 6. Mehrere an einander gebauete, freystehenden, isolirte Häuser, d. i. die auf allen Seiten an Gassen liegen, so daſs man rings umher gehen kann. Stadtquartiere.

Insuper, cum accus. IV. 7. X. 20. cum ablat. V. 1. X. 21. Auf.

Intercardinatae trabes. X. 20. An einander geblattete Balken. Siehe car-dinatus.

Intercolumnium. III. 2. IV. 3. Zwischenweite zwischen den Säulen, Säu-lenweite. Sie wird von der Mitte oder den Achsen der Säulen gerechnet.

Intergerini parietes. Plin. XXXV. 49. Zwischenwände, die zwi-schen den Auſsenwänden beſindlichen Wände.

Interpensiva. VI. 3. Stichbalken, d. i. Querbalken, die zwischen andern Balken winkelrecht eingezapft werden.

Interscalmium I. 2. Raum von einem zum andern Ruder auf den Schif-fen. Scalmi. X. 8. waren runde Hölzer, Nägel, woran die Ruder giengen.

Intersectio. i. a. μετοχὴ III. 3. Ausschnitt zwischen zwey Zähnen. Zwi-schentiefe.

Intertignium. IV. 2. i. a. metopa, Zwischentiefe, Raum zwischen zwey Balken.

Intervenium. II. 6. 10. VIII. 1. 7. Raum zwischen den Adern.

Intervertere. IV. 3. Vertheilen.

Intestinum opus. IV. 4. V. 2. VI. 3. Tischlerarbeit.

Introrsus. VI. 3. (IV.) der Gegen-satz von in transverso; also in die Länge.

Inversurae. V. 8. Wendungen.

Involutio. V. 11. Schraubengewinde.

Isatis. VII. 14. Waid. i. a. vitrum.

Isodomum. II. 8. Das gleiche Mau-erwerk der Griechen, worin alle Stein-lagen von gleicher Höhe.

Iter. I. 5. contignatum. Steg von Bal-ken. VI. 9. 10. Gang, Corridor. II. 1. V. 6. 7. Eingang, Thür itinerum super-cilia, Oberschwellen der Thüren. Itinera versurarum, Seiteneingänge, Seitenthü-ren auf der Bühne.

Iudicium. II. 1. IV. 1. VII. 5. Ge-schmack.

Iugum. X. 19. Ioch, Querbalken, Iochträger.

Iugumentare. II. 1. Ständer mit Blattstücken errichten; Stockwerkswän-de, Fachwerk verfertigen.

Iunctura. IV. 2. Fuge.

Iuniperus. II. 9. VII. 3. Wachhol-derbaum.

Labrum. V. 10. Badewanne, Wasser-becken, X. 9. Wassertrog.

Laconicum. V. 10. VII. 10. Schwitz-stube, dergleichen bey den Lacedämo-niern Mode war.

Lacotomus. IX. 5. (VIII.) Sehne eines Zirkelabschnitts, Segment, Zirkel-abschnitt.

Lacuna. VII. 1. Lücke. VIII. 1. eine Lache.

Lacunaria. IV. 3. VII. 2. Felder der untern Fläche des Kranzleistens. VII. 2. Felderdecke, Plafond.

Lacus. VIII. 7. Wasserbecken. VII. 2. Kalkloch.

Lamna. VII. 9. VIII. 6. Blech.

Lancula. X. 8. Wageschaale.

Lapicidina. II. 6. Steinbruch. X. 6. 7. Marmorbruch.

Larix. II. 9. Lärchenbaum.

Laser. VIII. 3. Lasersaft, vielleicht Teufelsdreck oder stinkender Asant.

Lateraria. X. 20. 21. Seitenbalken.

Later. II. 3. 8. Ein ungebrannter Ziegel. lateres cocti. Brandsteine, Back-steine, gebrannte Steine — crudi, unge-brannte Ziegel. lateritius paries. II. 8. Ziegelmauer, Mauer aus ungebrannten Ziegeln.

Laxamentum. VII. Praef. Raum, Geräumlichkeit.

Lentus. VIII. 3. Dehnbar. — plum-bum.

Lesbium cymatium. IV. 6. Kehl-leiste.

Leucopheus color. VIII. 3. Falb.

Levigatio. VII. 1. Das Glätten, Schleifen.

Levitas luti. II. 3. Fettigkeit, Zähheit des Lehms.

Lex. I. 1. VII. 5. Kontrakt, Vertrag, freywillige Verbindung zu gegenseitigen Pflichten.

Libonotus. I. 6. Südwest - Drittel-Südwind.

Libra, libella. VII. 3. Setzwage. Bleywage. Horizontalwage. Schrotwage. ad libellam wagrecht, horizontal. libra aquaria. VIII. 6. Wasserwage.

Libramentum. VII. 4. VIII. 7. Horizontalebene. ad libramentum. V. 7. VIII. 7. Horizontal, wagrecht.

Librare. VIII. 6. Wägen, abwägen. Die Abweichung einer Fläche von der wahren horizontalen Linie zu bestim-men suchen. In librata planitie. VIII. 7. in wagrechter Fläche.

Librarius, VIII. 7. Pfündig, von der Schwere eines Pfundes.

Libratio aquarum. VIII. 6. Wasser-wägen, Nivelliren. Diesen Namen führt jede Operation, durch welche man findet, um wie viel der eine von zwey entlege-genen Punkten über oder unter der ver-längerten Horizontalebene der andern liegt, oder wie weit die zwey Horizontal-ebenen, welche durch beyde Punkte gehen, lothrecht von einander abstehen. Man nennt diesen lothrechten Abstand das Gefälle von einem Punkte zum andern. VI. 1. libratio terrae. Wagrechte Stellung der Erde.

Lichanos. V. 4. Ton d in der Musik. Lichanos hypaton enharmonice C x — chromatice Cis.

Liminares trabes. VI. 3. (IV.) Grenzbalken, welche die Decke des Zim-mers ausmachen.

Linea. V. 2. Schnur, Richtschnur. ad lineam II. 3. nach der Schnur.

Lingua vectis. X. 8. Die Zunge oder das kurze Ende des Hebels.

Lingulati tubuli. VIII. 7. Röhren, die an dem Einen Ende enger, als am an-dern sind, damit sie in einander gefügt werden mögen.

Linire. II. 8. bekleiben. VIII. 3. luto. — mit Lehm bekleiben.

Lividum. VII. 13 Grünlich.

Loca publica. Öffentliche Gebäude. Locus. I. 7. Baustätte. locus communis. II. 8. Gemeinort, Ort der dem Publiko zugehört.

Locator. I. 1. Verdinger, Bauherr.

Loculamentum. X. 14. 15. Gehäu-se, Kapsel, Büchse.

Logeum. V. 8. i. a. pulpitum. Die Zocke der Bühne.

Lorica. II. 8. Schutzmauer. VII. 1. 9. Überzug, Decke, i. a. loricatio.

Lotio. VII. 9. Das Schwemmen, Waschen der Erze.

Lumen hypothyri. IV. 6. Thür-öffnung, die Thür im Lichten.

Lumina. V. 1. Beleuchtung. Fenster.

Lunaris mensis. IX. 1. (IV.) Pe-riodischer Monat, d. i. die Zeit binnen welcher der Mond den ganzen Umkreis der Ekliptik durchläuft.

Lutea. VII. 14. Streichkraut, ein gelbfärbendes Kraut.

Lutrum. V. 11. i. a. frigida lavatio. Kaltes Badezimmer.

Lutum. II. 1. Lehm.

Lydion. II. 3. Ziegel 1 {1/2} Fuſs lang und 1 Fuſs breit. Gewöhnlich, aber irrig, wird didoron dafür gelesen. Siehe die Anmerkung.

Lysis. III. 3. V. 7. i. a. cymatium, unda. Kehlleiste. VI. 11. Auflösung, Bruch.

Maceratio calcis. VII. 2. Wäs-sern, Löschen des Kalks. macerare cal-cem, VII. 2. wässern, löschen.

Maceria. Plin. Caecil. V. ep. 6. eine Wand.

Machina. VII. 2. Das Gerüste, Bau-gerüste. X. 1. Maschine, Rüstzeng.

Machiuatio. IX. 6. (IX.) X. Praef. Das Maschinenwesen.

Macrìtas arenae. II. 4. Magerkeit des Sandes.

Malleoli. X. 22. Brandpfeile, d. i. Bündlein mit Pech und Schwefel über-zogenen Wergs, welche brennend an ei-nem Pfeile abgeschossen wurden, um Schiffe u. s. w. in Brand zu stecken.

Manacus. IX. 5. (VIII.) Monats-kreis. circulus menstruus.

Manubrium epistomii. X. 13. Der Schlüssel, Wirbel, Zapfen eines Hahns.

Manucla. X. 15. i. a. chele. Das Händchen, die Scheere an einer Katapulta.

Ad manum. VI. 2. Bey der Hand.

Marcescere. II. 9. Verstocken.

Marmorarius. VII. 6. Arbeiter in Marmor.

Masculus. IX. 6. (IX.) Der Zapfen einer Welle.

Massa plumbea. VII. 12. IX. Pr. (III.) Bleymasse.

Mataxa. VII. 3. ein Seil, Schnur.

Materies et Materia. II. 1. 9. VII. 3. Bauholz. materiem caedere. II. 9. Bauholz schlagen, fällen.

Materiare aedificium. V. 12. Aus Holz erbauen, Holzwerk in einem Gebäude anbringen.

Materiatio. IV. 2. Holzwerk, Zim-merwerk.

Materiatura. IV. 2. Bearbeitung des Bauholzes.

Maxime. VI. 6. Hauptsächlich, vor-züglich; nicht aber, wie es Perrault und Galiani geben, mehrentheils.

Mechanicws. X. 1. auf eine zusam-mengesetzte Weise.

Medicamentosa aqua. VIII. 3. Gesundbrunnen.

Medulla. II. 9 Mark eines Baums.

Megalographia. VII. 4. 5. Ge-schichtmahlerey.

Melinum. VII. 7. Meliner Weiſs.

Membra. Theile eines Gebäudes.

Meniana. V. 1. Logen, offene Gal-lerien. V. 8. Balkons, Austritte von groſsen Fenstern.

Mentum coronae. IV. 3. Das Kinn des Kranzleisten.

Meridiana (circinatio, linea) IX. 5. (VIII.) Mittagskreis — Linie.

Merus. IV. 3. i. a. femur. Schenkel eines Dreyschlitzes.

Merulae. X. 12. Amseln.

Mesaula. VI. 10. Durchgang, Zwi-schenhof, Zwischengang, schmaler Gang zwischen der Männer - und Gastwohnung bey den Griechen. i. a. andron.

Mese. V. 4. Der mittlere Ton; siehe die Anmerkungen.

Mesolabium. IX. Pr. (III.) Instru-ment, womit man die zwey mittleren Proportionallinien zwischen zwey andern gegebenen finden kann.

Meta. I. 6. II. 1. Kegelsäule, Ziel-kegel.

Metallum. VII. 7. 9. Grube, Berg-werk.

Metoche. III. 3. i. a. intersectio. Ausschnitt zwischen zwey Zähnen, Zwi-schentiefe.

Metopa. IV. 2. 3. Raum zwischen zwey Dreyschlitzen und zwischen zwey Zähnen, Zwischentiefe. i. a. intertignium.

Mica. VII. 6. Korn, kleiner runder Körper.

Miniaceus. VII. 6. Zinnoberroth.

Ministratio. VI. 9. Herbeyschaf-fung, Zubereitung.

Minium. VII. 8. Zinnober.

Modice. Nach verjüngtem Maſsstabe.

Modicus. IX. 6. (IX.) Abgemessen.

Modiolus. X. 9. Kasten am Schöpf-rade. X. 12. Stiefel, d. i. Kolbenröhre eines Druckwerks. X. 14. Rade - Nabe. X. 18. Gehäuse des Seils in der Kata-pulta.

Modulus. IV. 3. Model, d. i. die Einheit nach welcher in der Baukunst die verhältniſsmäſsige Gröſse, jedes, zur Verzierung dienenden Theils, bestimmt wird. Der Model ist keine bestimmte Gröſse, wie ein Fuſs oder eine Elle, son-dern unbestimmt.

Modulatio. V. 9. Modelmaaſs. V. 4 Klang. genera modulationum. Klang-geschlechter.

Moenia. II. Praef. Ringmauer, Stadt-mauer. I. 7. VIII. 4. Stadt.

Mola. X. 10. Mühlstein, Läufer.

Momentum. X. 8. Moment, d. i. das Produkt einer bewegenden Kraft am Hebel in ihre Entfernung vom Ruhe-punkte.

Monas. i. a. singularis res. Einheit.

Monopteros. IV. 17. Einflügel; d. i. ein runder Tempel mit Säulen rings umher, ohne Zelle. VII. Praef. i. a. Peripteros.

Monotriglyphos. IV. 3. Einzel-ner Triglyph.

Monumentum. II. 7. Grabmal.

Morbus Venerius. II. 8. Liebes-krankheit.

More Graeco. Im Griechischen Geschmacke; nach Griechischer Mode.

Mortarium. V. 12. Trog. VII. 1. 3. VII. 10. VIII. 7. Mörtelpfanne.

Motio. IX. 6. (IX.) Bewegung.

Mundus. IX. 4. (VII.) u. s. f. Der Himmel.

Municipium. VIII. 4. Municipal-stadt, Landstadt; d. i. die ihre eigene Gesetze und Obrigkeit und zugleich das Römische Bürgerrecht hatte.

Munitio. II. 9. X. 22. Schanze, Befestigung.

Murus. I. 5. VIII. 4. Stadtmauer, Ringmauer.

Muscarii clavi. VII. 3. Breit-köpfige Nägel.

Mutuli. IV. 1. 2. Sparrenköpfe, ein hervorstehender Zierrath unter der Kranz-leiste des Dorischen Gebälks; dessen Ur-sprung von den hervorstehenden Dach-sparren herzuleiten ist.

Myrrhae glebulae. VIII. 3. Myr-rhen.

Naos en Parastasin. III. 1. die Griechische Benennung eines Tempels in Antis. Siehe aedes in antis.

Nares canalis. VII. 4. X. 11. Mündungen, Mundlöcher einer Rinne. VII. 10. — fornaculae. — einer Ofen-röhre.

Nativi colores. VII. 7. Natür-liche, ursprüngliche Farben.

Navalia. V. 12. Schiffstellen, Ort wo die Schiffe ihren Stand haben. Einige wollen es durch Zeughaus geben; allein ich kann ihnen nicht beystimmen. Siehe auch thesaurum Fabro - Gesneria-num.

Nervicus oder neuricus. VIII. 3. Contract.

Nete. V. 4. Der letzte Ton.

Nitrum. VII. 11. Salpeter.

Nodus. VII. 3. Knoten.

Norma. IX. Praef. IX. 11. Win-kelmaaſs, Winkelhaken. VII. 3. ad nor- mam, Winkelrecht, im rechten Winkel, nach dem Winkelhaken.

Nubilarium. Varro I. 13. Schauer, Feldschuppen.

Nucleus. VII. 1. 2. Der Kern der Anstrichmasse, d. i. das Feinste und Rein-ste dieser Materie.

Numerus perfectus. III. 1. i. a. antiquus. Vollkommene Zahl.

Obolus. III. 1. Eine Griechische Kupfermünze, {1/6} Drachma an Werth.

Ochra. VII. 7. i. a. sil. Ocher, Berggelb.

Octastylos. III. 2, Achtsäulig.

Octans. X. 11. ein Octant. abge-theilter Bogen eines Zirkelausschnitts von 45 Graden.

Octochordos. X 13. Wasserorgel von acht Stimmen.

Octogenaria fistula. VIII. 7. Achtzigzöllige Röhre (im Umfange.)

Octogonum. I. 6. Achteck.

Octonum. VIII. 8. Achtzöllige Röhre.

Oculus volutae. III. 3. Schnek-kenauge, ist in den Schnecken der Ioni-schen Säulen mitten inne eine kleine Zir-kelfläche, woran sich der umlaufende Saum der Schnecke anfängt.

Odeum. V. 9. Odeum, ein kleines bedecktes Theater, zu poetischen und musikalischen Wettstreiten.

Oeci. VI. 5. 10. Säle, Salons.

Oeconomia. I. 2. i. a. dispositio.

Offensio. V. 3. Anstoſs.

Officina. III. Praef. Werkstätte. VII. 8. Hütte, d. i. die zum Bergbaue über der Erde gehörigen Gebäude, in wel-chen das aus derselben geförderte Erz ge-pocht, gewaschen, geschmelzt, oder ver-arbeitet wird. VII. 9. Fabrik.

Officinator. VI. 11. Werkmeister.

Olearia. VI. 9. i. e. cella. Ölkeller.

Olea. VII. 3. Ölbaum.

Opa. IV. 2. i. a. cubile. Lager, worin sowohl die Balken als Latten liegen.

Operculum. VII. 12. Deckel.

Operimentum. X. 17. Decke.

Opera communia. IV. 8. Öffent-liche Gebäude.

Operis ingressus. I. 1. X. 1. — effectus. I. 1. Praxis, Ausübung.

Ophiuchus. IX. 3. (VI.) Schlan-genträger, Sternbild.

Optice. I. 1. Optik.

Opus albarium. V. 2. 10. VII. 2. 3. Weiſsstuck.

arenatum. VII. 3. 4. 6. Auf-trag von feinem Kalkmörtel. i. a. arena.

fabrile. Zimmerarbeit.

figlinum. V. 10. Fliesen.

intestinum. IV. 2. V. 2. VI. 3. Tischlerarbeit.

marmoratum. VII. 3. Mar-morstuck.

tectorium. VII. 3. Bekleidung. V. 10. VII. 6. Marmorstuck.

reticulatum. II. 8. Netzför-miges Mauerwerk.

signinum. II. 4. V. 11. VIII. 7. Signinisches Werk, eine Art von Tar-ras, Traſs oder Traſsstein, woraus Anstriche verfertiget wurden.

topiarium. V. 8. Landschafts-gemählde.

Orbiculus. V. 2. 8. Rolle, oder Scheibe in einem Kloben.

Orchestra. V. 6. Das Orchester, der von den Sitzstufen und der Zocke der Bühne eingeschlossene Raum im Theater.

Ordinatio. Gr. ταξις. I. 2. Anord-nung.

Ordinaria structura. VII. 8. Gewöhnliches Mauerwerk.

Ordo. I. 2. 7. i. a. ratio, genus ope-ris. III. 1. IV. 7. in ſine. Ordnung, Säulenordnung. ordo columnarum. III. 1. Eine Reihe Säulen.

Organicus. IX. Praef. (III.) Me-chanisch.

Organicws. i. a. organice. X. 1. Auf eine einfache Weise.

Organon. X. 1. Instrument, Werk-zeug. X. 11. Maschine. X. 13. Orgel-pfeife.

Ornamenta columnarum. IV. 2. Das Gebälk.

epistyliorum. V. 1. 7. Kranz, Kornische. VII. Praef. das Gebälk.

Ornatus. V. 7. Decoration der Bühne. VII. 4. — politionis. Verzie-rung der Bekleidung.

Ornithiae. I. 6. Ost - Drittel - Süd-ostwind.

Ornithon. Varro II. 5. Voliere, Vo-gelhaus.

Orthogonius. X. 11. Rechtwink-licht.

Orthographia. I. 2. Aufriſs, Stand-riſs. Abriſs eines Gebäudes, wie solches von Auſsen wenn man nahe davor steht, gesehen wird.

Orthostatae. II. 8. X. 19. Stre-bepfeiler.

Oryges. X. 21. Schirmdächer beym Miniren.

Ostiarius. VI. 10. Pförtner, Thür-steher.

Ostium. VI. 4. Hauptthür, Haus-thür.

Ostrum. VII. 5. 13. Purpur.

Ova. IX. 9. Andere lesen tona. Ovale Steinchen bey den Wasseruhren, welche durch ihr Herabfallen in ein eher-nes Becken die Stunden vermittelst eines Halls andeuteten.

Ovilia. VI. 9. Schafställe.

Palaestra. V. 11. VI. 8. Kampf-schule. i. a. gymnasium. S. die Anmerk.

Palatio. II. 9. Pfahlwerk, der aus Pfählen bestehende Grund eines Gebäu-des, Rost.

Paleae. II. 3. VII. 1. X. 20. Spreu.

Palintona. Im Bogen schieſsende Wurfmaschinen. X. Anm.

Pallor. VI. 7. Schimmel.

Palma remi. X. 8. die Schaufel des Ruders.

Palmipedalis. X. 20. Von der Gröſse eines Fuſses und einer Querhand.

Palmus. II. 3. III. 1. i. a. doron. Eine Querhand, eine Palme; Maaſs von vier Zoll. Sechs Querhände machten eine Elle. (eubitus.)

Pandare. II. 9. VI. 11. Sich wer-fen; vom Holze, wenn es seine Gestalt in etwas verliert, zusammen dorrt, krumm wird, aus den Fugen geht, oder gar Ritze bekommt.

Pandatio. VII. 1. Das Werfen des Holzes.

Paralysis. VIII. 3. Der Schlag, lähmende Gicht.

Paraetonium. VII. 7. Parätoner-Weiſs.

Paradromides. V. 11. VI. 10. i. a. Xysti. Offenstück. i. a. hypaethrae ambulationes.

Parallelos linea. V. 6. IX. 5. (VIII.) Parallel - Linie.

Paralleli. X. 15. i. a. tabulae. An der Katapulta, die horizontalen Breter, welche sich zu oberst und zu unterst der Kapitäls beſinden.

Paramese. V. 4. Ton zunächst dem Mittleren. Siehe die Anmerk.

Paranete. V. 4. Ton zunächst dem Letzten.

Parapegmata. IX. 4. (VII.) Astro-nomische Tafeln, worauf der Gestirne Auf-und Niedergang, ingleichen die Witte-rung für eine bestimmte Reihe von Jah-ren bemerkt war. Uberhaupt hieſs para- pegma eine kupferne Tafel, welche zu allerley Bekanntmachungen öffentlich an-geschlagen wurde.

Parastatae. V. 1. Pilaster, d. i. viereckige Stützen, Pfeiler, welche von den gemeinen Pfeilern darin verschieden sind, daſs sie, nach Beschaffenheit der Ordnung, wozu sie gehören, dieselben Verhältnisse und Verzierungen bekommen, die die Säulen haben; nur werden sie nicht eingezogen oder verjüngt wie die Säulen Sehr selten werden sie freyste-hend angetroffen. X. 15. Die aufrecht stehenden Hölzer in dem Kapitäle der Katapulten und Balisten.

Parastatica. IX. 6. (IX.) idem.

Parerga. IX. 6. (IX.) Nebenzierrath.

Parhypate. V. 4. Ton zunächst dem Obersten.

Parietes communes. I. 1. II. 8. VI. 9. Gemeinschaftliche Wände, d. i. äuſsere Wände eines Gebäudes. Siehe com-munis.

medii. V. 2. die inneren Wände, d. i. die Wände innerhalb des Gebäudes.

Passus. X. 14. Schritt, wird zu fünf Fuſs gerechnet. pedum millia quin-que, i. e. passus mille.

Paterfamilias. VI. Praef. 8. Bau-herr, Hausherr.

Pavimentum. VII. 1. 4. Fuſsbo-den, Pflaster.

Pectinatim. I. 5. Kammförmig.

Pelecinon. IX. 6. (IX.) Art von Sonnenuhr in Gestalt eines zweyschneidi-gen Beils.

Pensio. X. 8. Gewicht, Last.

Pendens coaxatio. VII. 1. Hän-gewerk.

Pentadoron. II. 3. Ein Ziegel, der fünf Querhände ins Gevierte hält.

Pentamiron. III. 1. i. a. quinta-rium. Fünfsechstel.

Pentaspastos. X. 2. Pentaspast, d. i. Flaschenzug von fünf Rollen oder Scheiben. Mechanisches Werkzeug aus zwey Kloben oder Flaschen zusammenge-setzt, deren unterste zwey Rollen, die oberste aber ihrer drey enthält.

Penula. X. 12. Deckel des Wind-kessels.

Percolare. VIII. 2. Durchseihen.

Percolari. VIII. 1. Durchsintern, durchsiekern.

Perfectio operum. Aufführung der Gebäude.

Periacti. V. 7. i. a. spatia ad orna-tus. Drehraum; Ort, wo die dreyecki-gen Drehmaschinen auf der Bühne stan-den; Raum zu den Dekorationen. S. die Anmerkungen und Beylage aus dem J. Pollux.

Peribolus. Der mit einer Ring-mauer umgebene Vorhof eines Tempels. conseptum, atrium templi.

Perichuntes. V. 8. i. a. circum-sonantes loci. dumpfe Orte.

Perimetros. V. 6. Peripherie, Cir-cumferenz, Umfang.

Peripteros. III. 1. (Ringsumher-flügel.) Ein Tempel, rings umher mit einer einfachen Säulenstellung, in den Fronten sechs Säulen.

Peristylium. V. 11. VI. 3. (IV.) Ein Peristyl, d. i. ein gevierter oder ab-langer mit Säulen umgebener Platz. VI. 10. — Rhodiacum, ein Rhodisches Peri-styl, wo die gegen Mittag gekehrte Seite höhere Säulen hat, als die drey übrigen Seiten.

Peritretum. I. 2. X. 17. Loch in dem Kapitäle der Balista.

Peritrochium. X. 4. i. a. amphi-reusis. Rad an der Welle.

Perlibratio aquarum. VIII. 6. i. a. libratio. Das Wasserwägen, Nivel-liren.

Perpendiculum. VIII. 6. Perpen- dikel, beweglicher Faden oder Schnur mit einem Gewichte. ad perpendicu-lum. II. 8. Perpendikulär, senkrecht.

Perpetuitas. II. 9. Eine Strecke Landes.

Perones. V. 12. lies erones.

Pervolitantia mundi circa ter-ram. IX. 4. (VII.) Umwälzung des Himmels um die Erde.

Pes. III. 1. Fuſs, Maaſs von 16 Zoll, oder 4 Querhänden.

Phalanga. X. 8. Tragebaum, starke Stange, eine Last vermittelst derselben zu tragen. Phalangarii. X. 8. Lastträger.

Pharetra. IX. 6. (IX.) Eine Art von Sonnenuhr in Gestalt eines Köchers.

Phellos. IX. 6. (IX.) In einer Was-seruhr der Gork, ein umgekehrter Nachen, oder eine Pauke.

Philologae res. VI. Praef. Sachen welche den Liebhaber der Wissenschaften interessiren. Wissenschaftliche Gegen-stände.

Philotechnae res. VI. Praef. Kunstsachen.

Phthisicus. II. 9. Schwindsüch-tiger.

Phthongos. V. 4. i. a. sonitus, ein Ton.

Physiologia. I. 1. Die Naturlehre. Physik.

Picare. VII. 4. Auspichen. X. 9. Theeren.

Pila. II. 8. V. 1. 11. VI. 11. Pfei-ler. VII. 6. Mörser. V. 10. VII. 11. IX. 1. (IV.) Ball, Kugel.

Pilatim. VI. 11. Von Pfeiler zu Pfeiler. aediſicia quae pilatim agun-tur etc. Bogenstellungen.

Pinacotheca. VI. 5. Bildersaal, Bildergallerie.

Pinax. X. 13. Pfeifenstock einer Was-serorgel.

Pinnae. X. 10. Schaufeln an einem Wasserrade, d. i. Breter, worauf das An-schlagewasser fällt und das Rad in Bewe-gung setzt. X. 13. Klaves, Tasten an der Orgel. X. 21. Zinnen, creneaux.

Pinsare. VII. 3. Pinsere. VII. 1. Stoſsen, stampfen.

Pinsatio. VII. 1. Das Stoſsen.

Pinus. II. 9. Fichte.

Piscina. Plin. Caec. V. ep. 6. Ein Wasserstück.

Pistrinum. VI. 9. Mahl - und Back-haus.

Pix. VIII. 3. Theer.

Planitia. VII. 3. IX. 5. (VIII.) Fläche, Ebene.

Plano pede. I. 5. V. 11. VII. 1. X. 9. Auf gleichem Boden, auf ebener Erde; conclavia quae plano pede fuerint. VII. 4. Zimmer im Untergeschosse.

Planus. glatt, flach.

Plastica. I. 1. Bildnerkunst.

Plastes. I. 1. Bildner.

Platanones. V. 11. Platanenwäld-chen, Lustgebüsch.

Platea. I. 6. Straſse.

Pleuritides. X. 13. Die Register in einer Orgel.

Pleuritis. I. 6. Seitenstechen.

Plinthigonatus. X. 17. Geboge-ner Plinthenvorsprung.

Plinthis. Plinthus. II. 8. i. a. later, ein Ziegel. III. 2. 3. u. s. w. Plinthe, Tafel, d. i. das unterste vier-eckige Glied am Säulenfuſse, welches einem Ziegel gleicht. IV. 3. Der Dori-sche Abacus, oder Platte. IX. 6. (IX.) Art Sonnenuhr.

Plostrum. X. 8. ein Wagen, Kar-ren.

Plumarius. VI. 7. Ein Sticker, ver-muthlich weil die Stickerey anfangs haupt-sächlich die Pflaumfedern nachahmte. So heiſsen Plumae auch: 1) goldene oder purpurne, federförmige Figuren, womit man die Gewänder zierte. 2) Eiserne, federförmige Bleche, woraus, gleichwie aus schuppenförmigen Blechen, die squa-mae hieſsen — Panzer verfertiget wur-den. 3) Luststücke im Garten. Pluma-riorum textrina. VI. 7. Stickerwerk-statt.

Plumbarii artifices. VIII. 7. Bleyarbeiter.

Plumbo vincire. II. Löthen.

Pluteus. Pluteum. IV. 4. V. 1. 7. 10. Geländer, Brustlehne, Balüstrade. X. 21. Brustwehr. X. 21. Schirmdach. Siehe die Anmerk.

Pneumaticae res. IX. 6. (IX.) i. a. spiritus naturales. Luftförmige Stoffe, Gas.

Pneumaticon. X. 1. i. a. spiritale. Luftmaschine.

Pnigeus. X. 13. Dämpfer, ein Werk-zeug in der Wasserorgel, gleich einem umgekehrten Trichter.

Podium. III. 3. Untersatz, fortlau-fendes Postament. V. 7. VII. 4. Zocke, Sokel. zocco, socle.

Polire. VII. 3. Poliren.

Politura. VII. 1. Polierung.

Politus. II. 8. glatt gehauen.

Poli. IX. 1. (IV.) i. a. orbiculi. die Polarkreise. Siehe Noctes attic. A. Gellii III. 10. Auch siehe Martini von den Sonnenuhren der Alten, Seite 20. 21. — Polus. IX. 3, (VI.) der Polar-stern.

Politiones. VII. 2. die Politur. VII. 4. 7. politiones i. a. tectoria. die Beklei-dung. VII. 7. 9. politio, Putzanstrich.

Polygonia turris. I. 5. Vieleckiger Thurm.

Polyspastos. X. 5. 16. Polyspast, Hebemaschine mit vielen Rollen.

Populus alba. II. 9. Weiſse Pap-pel. — nigra. Schwarze.

Porrectum. X. 8. Gerade Linie.

Porticus. I. 1. V. 9. 11. VI. 10. Portik, Säulengang, Säulenlaube, Säulen-stellung, Halle.

Portus. II. 8. V. 12. Hafen.

Postes. VI. 11. Pfosten.

Posticum. III. 1. Hinterthür. III. 1. Hinterfronte, Hintertheil, Hinterhalle eines Tempels.

Potestas. II. 6. VII. 3. Masse. VIII. Praef. Einwirkung.

Praecidere. V. 7. Vor einer Sache einen Ausschnitt machen, vorn weg-schneiden.

Praecinctiones. V. 3. i. a. diazo-ma. Absätze der Sitzerhöhung in den Theatern.

Praeclusiones aquarum. IX. 6. (IX.) Wasserbehältnisse in den Wasser-uhren.

Praefurnium. V. 10. VII. 10. Ofen-loch.

Praelum. VI. 9. Preſsbaum. X. 1. 8. Presse.

Praeseminatio. II. 9. Leibes-frucht.

Pressio. X. 8. i. a. Hypomochlion. Unterlage eines Hebels. X. 8. Druck.

Principia rerum. II. 2. Elemente, Urstoffe, Uranfänge, Grundstoff, erste Be-standtheile der Dinge. — aedium. III. 1. i. a. genera aedium. IV. Praef.

Probationes aquarum. VIII. 5. Bewährung des Wassers, Probe des Was-sers.

Proclinatio. V. 11. Abhang, Bö-schung. Abdachung.

Procoeton. Plin. Caec. II. 17. Vor-zimmer.

Projectura. III. 2. 3. Ausladung, Auslauf, i. a. ecphora. X. 21. i. a. exo-stra. Schiebebrücke.

Prolixus. II. 9. Langfädenig.

Prominens. VII. Praef. Heraus-springend.

Prominentes expressiones. VII. 4. Erhabene Rahmen, Leisten.

Pronaos. IV. 7. V. 1. Vorhalle des Tempels, d. i. eigentlich der Raum zwi-schen den Anten und der Tempelmauer. III. 1. wird zur Vorhalle auch das Pte-roma mitgerechnet.

Propnigeum. V. 11. Einheitzplatz, Heitzgemach.

Proportio I. 1. das gute Verhältniſs.

Proprietas luminis ad lumen. IX. 1. (IV.) Neigung, Sympathie des Lichts zum Lichte.

Propria loca. VI. 8. Orte, Theile des Hauses die bloſs für des Hausherrn eigene Person bestimmt sind.

Proscenium. V. 6. Vorscenen, Bühne; Ort wo die Acteurs spielten.

Proslambanomenos. V. 4. In der Musik der Ton A.

Prostahistorumena. IX. 6. (IX.) Sonnenuhr des Parmenions, für die Pol-höhe berühmter Orte.

Prosorthas. IX. 5. (VIII.) senk-und winkelrecht.

Prospanclima. IX. 6. (IX.) Son-nenuhr für alle Polhöhen.

Prostas. VI. 10. Vorhaus, Vorge-bäude.

Prostylos. III. 1. Tempel, gleich dem in antis, nur noch mit einer davor stehenden Reihe von 4. Säulen versehen.

Prothyrides. IV. 6. i. a. ancones. Kragsteine, Consolen, Seitenrollen.

Prothyra. VI. 10. i. a. Diathyra. Schranken, Befriedigung vor der Thür. Die Griechen aber verstehen ein vestibu-lum der Römer darunter.

Provindemia major. IX. 3. (VI.) Vindemiatrix, Protrygetes, Stern über der rechten Schulter der Jungfrau.

Pseudisodomos. II. 8. Das un-gleiche Mauerwerk, d. i. worin die La-gen ungleich hoch gemacht werden.

Pseudodipteros. III. 1. Falsch doppelflüglig; d. i. ein Tempel, der gleich dem Dipteros eingerichtet ist, mit Weg-lassung der zweyten, zunächst den Tem-pelmauern stehenden Säulenreihe.

Pseudoperipteros. IV. 7. ein fal-scher Pteripteros, d. i. ein Tempel, der gleich dem Pteripteros eingerichtet ist, nur daſs die Zellenmauern bis an die Zwi-schenweiten des Säulenganges (pteroma: ) hinan gerückt sind, und also die Zelle um so viel erweitert worden ist, als die Mauern hinaus gerückt worden sind.

Pseudourbana aedificia. VI. 8. Städtische Landhäuser.

Pteroma. III. 2. IV. 4. 7. i. a. colum-narum circum aedem dispositio. Säulen-stellung rings um die Zelle her.

Pterygoma. X. 17. lies plinthigonatus.

Publicani. VI. 8. Staatspächter.

Pullus. VIII. 3. Braun.

Pulpitum. V. 6. Zocke der Vor-scene, der Bühne. Ich würde es durch die vordere Wand des Prosceni-ums, übersetzen, wenn es, nach dem Pollux, nicht auch noch eine Unter-bühne (phyposcenium) gegeben hätte, welche unter der Zocke der Bühne lag, und nach den Zuschauern zu mit Säulen und Statüen geschmückt war.

Pulvinatum capitulum. I. 2. III. 3. IV. 1. Polsterkapitäl; das antike Ionische Kapitäl, welches aus zwey paral-lelen Küssen oder Rollen besteht, die in der Mitte mit einem breiten Bande enger zusammen gebunden, und vorne mit Schnecken oder Voluten geziert sind.

Pulvinus. V. 10. Sitz im Bade. V. 12. Grundmauer. Plin. Caec. V. ep. 6. Rasenstück.

Pulvis Puteolanus. II. 6. Puz-zolanerde.

Pumex (Pompejanus.) II. 6. Bims-stein. i. a. spongia.

Puncta. Frontinus XXV. 115. mo-duli exiles. Dünne Röhren.

Purus. IV. 3. VII. 3. Leer, schlicht, ungeschmückt, glatt.

Pustulas emittere. VII. 2. Blasen treiben.

Puteus. VII. 7. Wetterschacht, Luft-loch einer durch einen Berg gehenden Wasserleitung; weil es sich wie ein Brun-nen von der Oberfläche des Berges in die Tiefe hinab senkt. Denn Plin. XXXI. 31. heiſst es lumen. d. i. Tageschacht.

Puteum fodere, deprimere. VIII. 1. einen Brunnen graben, absenken.

Pycnostylos. III. 2. Engsäulig, dichtsäulig.

Pyra. II. 9. Scheiterhaufen.

Quadrae. III. 3. Grundstein, das unterste vierkantige Stück eines Säulen-stuhls, das Unterstück, die Platte. III. 3. Riem, Riemlein, Plättlein, ist an Säu-lenordnungen das kleinste unter geraden perpendikulären Gliedern, und dient vor-nehmlich zwey gerundete Glieder, auch wohl groſse gerade von runden Gliedern zu unterscheiden.

Quadragenaria fistula. VIII. 7. Vierzigzöllige Röhre.

Quadrans. III. 1. Ein Viertel.

Quadratum saxum. IV. 4. II. 7. 8. Quadersteine, Werkstücke.

Quadratum. VII. 1. Viereck, Raute. IX. Praef. (I.) Qnadrat, gleichseitiges Viereck.

Quadrifluviis disparatur. II. 9. wird in vier Klüfte getheilt.

Que, i. a. sive e. g. V. 8. per cen-trumque. V. 10. Laconicum sudationes-que. VI. Praef. sine litteratura ency-clioque doctrinarum omnium. VI. 11. Hypogea concamerationesque. VIII. 6. in medio inflationem curvaturamque. IX. 4. (VII.) qui ad extremas Aegypti regio-nes, proximasque ultimis finibus terrae terminationes fuerunt. IX. 4. (VII.) non occidunt neque sub terram subeunt. IX. 5. (VIII.) sol aequinoctiali tempore ariete libraque versando. IX. 6. (IX.) spiritus naturales pneumaticasque res invenit.

Quercus. II. 9. die gemeine Eiche.

Quinaria fistula. VIII. 7. fünf-zöllige Röhre im Umfange.

Quinquagenaria fistula. VIII. 7. funfzigzöllige Röhre.

Quintarium. III. 1. i. a. pentami-ron. Fünfsechstel. quintarium alterum. 1 {5/6}. i. a. epipentamoeros.

Quinumdenum. VIII. 7. funfzehn-zöllige Röhre.

Quot mensibus. IX. 1. (IV.) X. 7. pro singulis mensibus. Alle Monate.

Radius. VII. Praef. Die Entfernung eines Gegenstandes von dem gegebenen Gesichtspunkt. X. Speiche am Rade. rota radiata. ein Rad mit Speichen. IX. Zeiger an der Uhr.

Raritas. VIII. 2. 3. Porosität des Wassers.

Ratis. II. 9. ein Floſs.

Ratio coeli. I. 1. Die Kenntniſs des Himmelslaufs, Himmelskunde.

Ratio. IV. 3. 6. 7. u. s. w. Verhältniſs.

Ratio cinatio. I. 1. Theorie.

Pro rata parte. Nach Proportion, verhältniſsmäſsig.

Receptaculum. VIII. 7. Röhrkasten, Reservoir.

Rechamus. X. 2. Kloben, Flasche, d. i. Gehäuse, welches mehrere um ihre Achse bewegliche Rollen enthält.

Recognitio. I. Praef. Gnadengehalt. Pension. Gleichsam Dank, Erkenntlich-keit für nicht erhaltene Dienste.

Redemptor. VII. 5. Unternehmer, Entrepreneur, der einen Bau u. s. w. zu verfertigen dingt, oder für ein gewisses Geld zu liefern verspricht, und nach des-sen Leistung das Bedungene erhält. i. a. conductor.

Redundans. I. 6. V. 3. Zurückwo-gend, gleich Wellen, die vom Ufer zu-rückgetrieben werden.

Refectio. VI. 3. Reparatur, Ausbes-serung.

Refrigeratio. Abkühlung.

Regula. IV. 3. Riemlein. IV. 3. i. a. femur. Steg, Schenkel des Triglyphs. VII. 3. u. s. w. Lineal, Richtscheit. X. 12. Kolbenstange.

Regiones ventorum. I. 6. Wind-striche, Richtung der Winds.

Regressus retrorsum facere. IX. 1. (IV.) Rückläufig seyn; wird in der Sternkunde von einem Planeten gesagt, wann dessen Bewegung der Ordnung der himmlischen Zeichen in der Ekliptik ent-gegen gerichtet scheint.

Relinquitur. VIII. 2. Es folgt.

Remittere colorem. VII. 3. Die Farbe fahren lassen.

Replum. IV. 6. Rahmen, Finfassung der Füllung eines Thürflügels. X. 17. Rahmen überhaupt.

Repraesentare. VII. 5. Liefern.

Repugnatoriae res. X. 22. Ver-theidigungsmaschinen.

Resina. II. 9. VII. 10. Harz.

Resonantia. V. 3. Das Zurückpral-len des Schalles.

Respondere contra quid. III. 3. IV. 7. auf etwas treffen.

Responsus commensuum. Über-einstimmung des Verhältnisses.

Resticula. X. 4. kleiner Strick.

Reticulatum opus. II. 8. Netzför-miges Mauerwerk.

Retinaculum. X. 3. Haltseil.

Retractio graduum. III. 5. Breite oder Tiefe der Stufen.

Rheda. X. 1. Offener Wagen.

Rhythmus venarum. I. 1.

Rigidus. II. 9. 10. Straff, steif.

Rigor. II. 9. 10. Straffheit, Steife.

Rima. II. 8. Riſs, Spalt. rimas facere. Risse bekommen.

Rivus. VIII. 7. Das Gerinne.

Robur. II. 9. VII. 3. Steineiche.

Robusteus. V. 12. Eichen, Stein-eichen.

Rota. V. 12. Tretrad. X. 4. Rad an der Welle, i. a. tympanum.

Rotundatio, rotunditas I. 6. X. 8. Zirkel. rotundationis linea. Zirkellinie.

Rubiae radix. VII. 14. Krapp-wurzel.

Rubrica. VII. 7. Röthel, rothe Erde.

Rudens. X. 3. ein Tau.

Ruderare. VII. 1. Ein Ästerich ver-fertigen, gieſsen d. i. einen Fuſsboden mit einem Gemengsel von grobgestoſse-nen Brandsteinen und Kalk überziehen.

Ruderatio. VII. 1. Verfertigung des Ästrichs. V. 12. Die Ästrichmasse.

Rudus. VII. 1. Ästrichmasse. — re-divivum. VII. 1. Schon einmal gebrauch-te Ästrichmasse. inducere. VII. 1. ausbreiten.

Rutrum. VII. 3. Mörtelkelle, Mau-erkelle.

Sabulo masculus. II. 3. VIII. 1. Männlicher Sand, d. i. grober mit Thon vermischter Sand, der sich durch Reiben nicht kleiner machen läſst. solutus. VIII. 1. Staubsand.

Saburra. VIII. 7. Ballast, Lastsand.

Saburralis. IX. 6. (IX.) aus Last-sand bestehend.

Sacoma. IX. Praef. (III.) Gegenge-wicht. ad sacoma appendere quid cui, jemand etwas zuwägen.

Saliens. VIII. 7. IX. 6. (IX.) Spring-brunnen.

Salix erratica. VIII. 1. Wilde Weide, Weide die von selbst wächst.

Salsugo. II. 4. VII. 13. Salzwasser.

Sambuca. VI. 1. Musikalisches In-strument. Siehe die Anmerkung. X. 22. Schiffssturmleiter.

Sandaraca. VII. 7. VIII. 3. Sanda-rach, rothes Operment, rother Arsenik. VII. 12. — (factitia) künstlicher San-darach; Mennig.

Sanguinis ejectio. I. 6. Blut-speien.

Sappinus. I. 2. II. 9. Stamm der Tanne, ungefähr 20 Fuſs hoch von der Erde, so weit er ohne Knorren ist.

Sarmenta. VII. 10. Reisholz.

Sarracum. X. 1. Karren, Fuhrwerk, welches von Einem oder mehreren Pfer-den gezogen wird.

Saxum. II. 5. Kalkstein.

Scaea porta. I. 5. Ein Thor, zu dem der Weg nicht gerade zu, sondern von der linken Seite her, führt.

Scalae. V. 6. IX. Praef. (II. III.) Treppe. Secretiore ambitu. Plin. Caec. V. ep. 6. escalier dérobé.

Scalaria. V. 6. Treppen.

Scalmi. X. 8. Rudernägel; Hölzer, worin die Ruder gehen.

Scalpturae. II. 9. III. 3. Schnitz-werk. Scalptura sima. IV. 6. Flaches Schnitzwerk.

Scamilli impares. III. 3. Unglei-che Bänkchen, Erhöhungen, Ansätze. Siehe die Anmerkung.

Scandulae. II. 1. Schindeln.

Scansio. VI. 1. Das Steigen der Töne.

Scansorium. X. 1. Steige, Leiter. i. a. acrobaticon.

Scaphe. IX. 6. (IX.) Nachen, Art einer rund ausgehölten Sonnenuhr, die auch Hemisphäre genannt wird.

Scaphium. VIII. 1. ein Geschirr.

Scapus. III. 2. i. a. truncus. Schaft, Stamm der Säule. IV. 6. scapi cardina-les. die Zapfenschenkel einer Thür. IX. Praef. (II.) X. 17. Treppenwangen. X. 8. scapus. Wagebalken.

Scapulae machinae tractoriae. X. 3. Die Arme eines Hebezeugs, die beyden Nebenstützen desselben, welche den Hauptständer in seiner gekörigen Stellung halten, wenn eine Last in die Höhe gewunden werden soll.

Scena. V. 6. Hintere Wand der Büh-ne, die eigentlich so genannte Scena. V. 6. 7. 8. Die Bühne überhaupt, Schau-bühne, Ort auf welchem Schauspiele vor-gestellt werden.

Scenographia. I. 2. Aussicht, Pro-spekt: Riſs, in welchem ein Gemählde durch mahlerische Kunst so vorgestellt wird, wie es sich dem Auge in einer ge-wissen Entfernung wirklich darstellet.

Schema. I. 6. VI. Praef. i. a. forma. Figur, Zeichnung, Abbildung, Riſs. VIII. 6. Die Gestalt.

Schidiae. II. 1. VII. 10. Späne, Ab-gänge von Holze.

Schola. V. 10. Der Raum im Bade-zimmer, welcher die Badewanne umgab; Gang um das Becken, wo man sich auf-hielt, ehe man in das Bad stieg, oder wo die Personen standen, welche die Baden-den bedienten.

Sciather. I. 6. Schattenspürer, Zei-ger, Weiser, i. e. gnomon.

Sciographia. I. 2. lies scenographia.

Scobs. VII. 11. Feilspäne.

Scobs citreus. VIII. 3. Geriebene Zitronenschaale.

Scorpio. III. 3. X. 15. Skorpion, Kriegsmaschine zum Pfeilschieſsen; klei-ne Katapulta. Dem Vegetius ist scor-pio eine Armbrust, manubalista.

Scotia. III. 3. i. a. trochilus. Ein-ziehung, ist bey den Säulenordnungen ein gebogenes aus zwey Quadranten zu- sammengesetztes Glied, wovon der ober-ste Quadrant nur einen halb so langen Durchmesser als der unterste Quadrant hat. IV. 3. Regenrinne am Kinne des Kranzleisten.

Scrupulum. VII. 8. Skrupel, Ge-wicht.

Scutula. VII. 1. Ein Oval im Pflaster, gleich einem kleinen Schilde.

Sectilia. VII. 1. i. a. lithostrota. Vielförmige Platten, zur Belegung des Fuſsbodens.

Securicula. IV. 7. X. 17. Schwal-benschwanz; eine Art von Zapfen, in der Gestalt eines Schwalbenschwanzes, womit zwey Stückchen Holz an ihren En-den zusammen vereiniget werden. Secu-riculatus. X. 15. Schwalbenschwanzför-mig.

Sedes. X. 1. Sitze.

Segmina facere VII. 3. Sich ab-blättern.

Sellae familiaricae. Varro. I. 3. Abtritt für das Gesinde.

Semicanaliculi. IV. 3. Halbschlitze des Triglyphen.

Semilateres. II. 3. Halbziegel.

Semis, Semissis. III. 1. Ein Zwey-tel, die Hälfte.

Sepimentum, septum. Varro. I. 4. Befriedigung.

Septentrionalia sidera. IX. 3. (VI.) Nördliche Sternbilder.

Septentrio. IX. 3. (VI.) i. a. arctos, Helice, der groſse Bär.

Septentriones. IX. 3. (VI.) Die beyden Bären.

Serratim. VI. 11. Sägeförmig, wie eine Säge gezähnt.

Sesquialterum. III. 1. Anderthalb.

Sessimonium deorum. VII. Praef. Götterrath, Götterversammlung.

Sestertius. III. 1. Sesterz, Dritte-halber; weil er 2 {1/2} As enthielt. Ein Vier-tel - Denar. In späteren Zeiten bestand der Sesterz aus vier As.

Seta. VII. 9. Borstpinsel.

Sextans. III. 1. Sechstel.

Sextarius. VII. 8. Sechster Theil eines gröſseren Maaſses, der Sester.

Sicilicus. X. 15. 17. Das Viertel eines Ganzen.

Sidera. IX. 2. (V.) Sternbilder, Ge-stirne.

Sidere. VII. 1. Sich setzen, II. 3. sich senken. VII. 1. sidentes lateres.

Sigilla. VII. 5. IX. 6. (IX.) Kleine Statüen.

Signifer circulus. IX. 6. (IX.) der Thierkreis.

Signinum opus. II. 4. V. 11. VIII. 7. Signinisches Werk, Art von Tarras oder Traſs, woraus Ästriche ver-fertiget wurden.

Sil. VII. 7. Ocher, Berggelb.

Silaceus. VII. 4. Ochergelb, Berg-gelb.

Silex. II. 8. Kiesel.

Sima. III. 3. Rinnleisten, dasjenige wesentliche Glied des Kranzes, welches von seiner Vorstechung (Ausladung) an ausgehölt ist, bis auf die Hälfte der Höhe und durch die übrige ganze Höhe durch-aus bauchig ist. Es wird am schönsten aus zwey vollen Viertelskreisen dergestalt gebildet, daſs die Ausladung der Höhe gleich wird. Es hat die Benennung, weil es die Rinne bedeutet, die man dem Dache zu unterziehen pflegt, um den Re-gen von der Mauer abzuhalten.

Simare. IV. 2. i. a. simum reddere. Aufstutzen, aufwärts biegen. simus. Auf-wärts gebogen, aufgestutzt. simae nares. Stutznase. scalptura sima. IV. 6. Flaches Schnitzwerk.

Siphunculi. Plin. Caec. V. ep. 6. Kleine Röhren, Wasserstrahlen.

Silvae caeduae. Plin. Caec. V. ep. 6. Schlagholz, Unterholz.

Siticulosus. VII. 2. 13. Durstig.

Situlus. X. 9. Eimer.

Solanus. I. 6. Ostwind, der aus der Himmelsgegend wehet, wo die Sonne in der Nachtgleiche aufgeht.

Solidare. III. 3. VII. 1. Den Boden fest machen.

Solidatio. V. 3. VII. 1. Festma-chung des Bodens.

Solidum. III. 3. Fester Boden. III. 3. das Massive, der Würfel, das Mittelste eines fortlaufenden Postaments.

Solium. IX. Praef. (III.) Bade-wanne.

Solum furni. VII. 8. Ofenherd. Solum. VIII. 7. Die Sohle, d. i. der Boden oder Grund eines Stollens, Was-serlaufs u. s. w.

Spartum. VII. 3. Spartgraſs.

Species. I. 2. Bauriſs.

Spectacula. V. 1. X. Praef. Schau-platz. V. 3. Schauspiel. V. 6. Sitze.

Specularia. Plin. Caec. II. ep. 17. Fensterscheiben, Glasscheiben.

Speculum. VII. 5. Spiegel. VII. 3. Der Ähnlichkeit wegen, eine glatte Flä-che auf der Wand, mit einer Einfassung.

Specus. VII. 7. Gruben, Örter u. s. w. d. i. die zur Aufsuchung und Ausförde-rung der Erze in die Erde gegrabenen Höhlungen. VIII. 7. Aushöhlung zum Wasserleiten. X. 22. Mine. — agere. Mi-nen ziehen, führen, graben.

Sphaeroides schema. VIII. 6. Sphäroid. Ein Sphäroid entsteht aus der Umdrehung einer halben Ellipse um ihre Achse.

Spaeristerium. Plin. Caec. II. 17. i. a. coriceum.

Spicatum pavimentum. VII. 1. Ährenförmiges Pflaster. Siehe die Anm.

Spica. VII. 1. Brandstein, womit das Ährenförmige Pflaster verfertiget wurde.

Spirae. III. 3. Base, Fuſs, Fuſsge-sims, sowohl einer Säule, als eines Säu-lenstuhls und fortlaufenden Postaments.

Spiramenta. VII. 4. Luftlöcher. spiramentum. VII. 12. Ausdünstung. — venti. IV. 7. Das Wehen des Windes; Zugluft.

Spiritale. X. i. a. pnevmaticon. Luftmaschine.

Spiritus. V. 3. VIII. Praef. Luft. VIII. 7. Wetter, Luft in der Grube. — gra-ves. böse Wetter, Schwaden, d. i. von schädlichen Dünsten angesteckte Luft.

Spiritus animales. VIII. Praef. Lebensgeister. VIII. 7. Athem.

Spiritus naturales. I. 1. IX. 6. (IX.) i. a. pneumaticae res. Das Gas; luftförmiger Stoff, elastische flüssige Ma-terie. Gas kommt wahrscheinlich von Gäscht her, welches einen Schaum oder Ausbruch der Luft aus einem Körper be-deutet; und das Wort läſst sich, weil es keine ihm eigene Bedeutung hat, beque-mer als andere, zur Bezeichnung der luftförmigen Stoffe überhaupt gebrau-chen. Siehe Gehlers Physik. Wör-terbuch, Art. Gas.

Spongia. II. 6. Bimsstein. i. a. pumex.

Stadium. V. 11. Rennbahn, siehe die Anmerkung. — porticus stadiata. V. 11. i. a. xystum. Ein mit einem Sta-dium versehener Portik, ein bedecktes Stadium. S. die Anmerk.

Stamen. X. 1. Aufzug bey den We-bern, dasjenige Garn, welches in die Länge auf dem Weberstuhle ausgespannt wird.

Statera. X. 8. Schnellwage.

Statio. I. 2. i. a. thematismus. Das Kostum. II. 8. Schilderhaus. V. 11. Ruhe-platz. V. 1. Anfurt, Ankerplatz, Reede. IX. 1. (IV.) Scheinbarer Stillstand der Planeten in ihrer Bahn.

Statumen. VII. 1. Unterzug, Unter-lage eines Ästerichs. statuminare. VII. 1. die Unterlage, den Grund eines Ästerichs verfertigen.

Stellae. IX. 1. (IX.) X. 1. Planeten, Irrsterne.

Stereobata. III. 3. i. a. stylobata. Untersatz, Grundstück, Säulenstuhl, d. i. fortlaufendes Postament; denn von abge-sonderten Postamenten unter den Säulen wuſste Vitruv nichts.

Sterquilinium. Varro. I. 13. Mist-grube.

Stibadium. Plin. Caec. V. 2. i. a. falere. Tafellager, Speisesopha.

Stigmataimponere alicui, einen brandmalen.

Stillicidium. IV. 7. VI. 3. VII. 5. Dachtraufe.

Stilus. X. 11. 15. Bolzen.

Stoechia. I. 4. i. a. principia. Ele-mente.

Stramentis tecta casa. II. 1. eine mit Stroh gedeckte Hütte.

Strategeum. V. 9. Ort zur Raths-versammlung der vornehmsten Officiers.

Stratum fastigii. X. 19. Die Grundlinie des Giebels.

Striae, und Striges. Vitruv ge-braucht beyde Wörter gleich für Steg. (d. i. das Glatte des Säulenstammes zwi-schen zwey Riefen) und für Riefe, Streif, Aushöhlung, Cannelüre. III. 3. IV. 1. 3. 4.

Striare. IV. 4. Streifen, mit Strei-fen versehen.

Striatura. IV. 3. Streif, Riefe, Streifenform. i. a. Stria.

Strophae. X. 8. Seile, Ruderbande.

Structiles cloacae. V. 9. Gemau-erte Schleusen.

Structura. II. 7. Mauerwerk.

Struma. VIII. 3. Der Kropf.

Stylobata. III. 3. IV. 7. i. a. stereo-bata. Säulenstuhl, nehmlich fortlaufendes Postament (weil Vitruv die abgesonder-ten Säulenstühle, Postamente, Piedestale nicht kennt) worauf die Säulenstellung stand.

Subarescere. VII. 2. Zu trocknen anfangen.

Subcuneare. VI. 11. Verkeilen. postes subcuneati.

Sub dio. Unter freyem Himmel.

Suber. II. 9. Gorkeiche.

Subgrunda. X. 21. Vordach, vor-stoſsendes Dach.

Subgrundia. II. 9. Dachrinne.

Subgrundatio. IV. 2. Dachtraufe.

Subjectio. IX. 5. (VIII.) 6. (IX). Darstellung. Verzeichnung. X. 15. Un-tersatz an einer Katapulta.

Subjugia. X. 8. ein Gespann d. i. an Ein Ioch gespannte Zugthiere. Einige wollen hier Iochrieme finden.

Subigere. VII. 1. 3. Unter einander kneten. — calcem. Kalk einmachen.

Sublicae. III. 3. Schwellen, Quer-balken.

Sublimatus. VI. 9. In der Höhe angelegt.

Subscudes. IV. 7. Klammern. subscus ferrea. X. 10. Die Haue, d. i. ein starkes Eisen, welches zwey in der Mitte zusam-mengesetzten Schwalbenschwänzen glei-chet, oben auf dem senkrechten Mühl-eisen befestiget ist, den Läufer trägt, und diesen Mühlstein unmittelbar um-wälzt.

Substructio. I. 5. V. 3. VI. 11. Grundbau. Unterbau. VIII. 6. 7. Wasser-leitungsbrücke.

Subvesperus. I. 6. Südwest-Drittel-Westwind.

Succus. Varro. I. 13. Mistgauche.

Sucula. X. 1. 2. 17. Kreuzhaspel, Haspel.

Sudationes. II. 6. V. 10. Schwitz-bad.

Suffossio. I. 5. Untergrabung, Mine.

Sulphurati fontes. VIII. 3. Schwefelbrunnen.

Sulphurosi fontes. VIII. 3. Schwe-felhaltige Quellen.

Supercilium. III. 3. Überschlag, d. i. bey einem jeden Gesimse das oberste gerade Glied, welches einem breiten Rie-men gleicht, und über alle darunter be-findliche Glieder hervorsticht, oder über-schlägt. IV. 6. Sturz. Oberschwelle.

Supernas. I. 6. Nordost - Drittel-Nordwind. II. 9. (abies) Obermeer-Tanne, d. i. die am Adriatischen Meere wächst.

Supputare. zusammenrechnen. sum-miren, addiren.

Suspensura. V. 10. Schwebender Fuſsboden.

Symmetria. I. 2. III. 1. Ebenmaaſs, gutes Verhältniſs der Theile eines Gebäu-des gegen einander; und der einzelnen Theile gegen das Ganze, nach Maaſsgabe eines bestimmten Theils, Models.

Sympathia. I. 1. Sympathie.

Symphoniae. I. 1. V. 4. Consonan-zen in der Musik.

Synichuntes. V. 8. i. a. consonan-tes. Einstimmende Orte.

Syrinx. X. 15. Rinne der Katapulta.

Systylos. III. 2. Nahesäulig.

Taberna. II. 8. Wirthshaus, Schenke. V. 1. Kram - Kaufladen.

Tablinum. VI. 3. (IV.) Tablin, groſses, mittleres Zimmer, Gemach, dem Eingange des Hofes gegenüber. Siehe die Anmerk.

Tabulae locationis. II. 8. Bau-kontract.

Tabulae. X. 15. i. a. paralleli, an der Katapulta.

Tabula literaria. Varro. III. 5. Schreibtafel.

Tabulatum. X. 19. Stockwerk. X. 20. Breterne Bedachung. tabulatus. getäfelt.

Taedae schidiae. VII. 10. Kühn-späne.

Taenia. IV. 3. Band, oder Streifen merklich breiter als ein Riemen, welcher zu einem Überschlag an einem Architrav dient.

Talea. I. 5. Schwacher Balken zur Verbindung zweyer Futtermauern.

Taxillus. X. 13. Kleiner Würfel, kleiner Klotz.

Taxis. i. a. ordinatio. I. 2. Anordnung.

Tectores. VII. 3. 10. Stuckarbeiter.

Tectorium. II. 3. VII. 3. Beklei-dung der Mauer. — opus. V. 10. VII. 6. Marmorstuck.

Tectum. II. 1. Dach.

Tegulae. II. 8. Dachziegel. III. 3. aereae. kupferne Deckplatten, siehe die Anmerkung. — hamatae. VII. 4. Schluſs-ziegel. s. hamatae tegulae.

Telamones. VI. 10. Männliche Bild-säulen, welche Sparrenköpfe oder das Kransgesims tragen. i. a. atlantes.

Teleion. III. 1. Die vollkommene Zahl.

Temperare calcem. VII. 2. 3. Kalk anmachen.

Temperatus. VII. 14. Gar, genug gekocht.

Temperatura. IV. 4. VI. 2. Tem-perament, Ausweg. — minii. VII. 9. Bereitung des Zinnobers. — catapulta-rum. X. 18. Beziehung der Katapulten.

Templa. IV. 2. 7. Dachfetten, Quer-hölzer, welche bey den Alten auf den Sparren lagen.

Templum. IV. 1. Ein den Göttern geweiheter Platz, templa constituentes coeperunt fana aedificare. IV. 5. u. s. w. i. a. aedes sacra. Tempelhaus, Tempel. I. 1. summum templum architecturae. höchster Gipfel u. s. w.

Uno tenore. VII. 2. 3. Hintereinan-der weg, mit einmal.

Tenuis gradus. eine niedrige Stufe.

Tepidarium. V. 10. Laues Bade-zimmer.

Terebra. X. 19. Mauerbohrer, lange eiserne Stange mit zugespitzten Enden.

Terebratio. X. 13. ein Loch.

Teredines. V. 12. Holzbohrer, Holz-wurm.

Terminatio. II. 1. Definition, Er-klärung. VI. 1. Grenzlinie. VIII. 4. Ei-gene Beschaffenheit.

Terrenum. (opus). I. 5. VI. 11. i. a. congestio terrae. Erdwerk. II. 2. Die Erde, als eins der vier Elemente.

Terrosa arena. II. 4. Erdiger Sand, Erde enthaltender Sand.

Tertiarium. IV. 7. ein Drittel. III. 1. lies triens alterum. Siehe die Anmerk.

Tessera. V. Praef. Würfel. VII. 1. Würfelförmige Platte zum Fuſsboden.

Testa. II. . 8. VII. 1. 4. Brandstein, gebrannter Ziegel.

Testacea structura. II. 8. Mauer-werk aus Brandsteinen. testaceus later. VIII. 3. i. a. coctus.

Testudo. V. 1. Gewölbe, gleich dem Schilde der Schildkröte. X. 20. u. s. w. Schirmdach.

Testudo arietaria. X. 19. Sturm-bock-Schildkröte; ein bedachter Sturm-bock auf Rädern.

Testudinatum cavaedium. VI. 3. Zugewölbter Hof. Siehe die Anmerk.

Tetrachordos. X. 13. (i. e. hydrau-lica) Wasserorgel, die vier Stimmen d. i. vier Reihen gleichartiger Pfeifen hat.

Tetrachordum. V. 4. Tetrachord; in der Musik der Alten ein Tonsystem von vier Saiten oder Tönen, davon die zwey äuſsersten eine Quarte gegen einan-der klingen. Die Alten theilten ihre Tonsysteme nach Tetrachorden ein, so wie itzt das unsrige nach Octaven einge-theilt wird.

Tetradoron. II. 3. Ziegel der vier Querhände oder Einen Fuſs lang und breit ist.

Tetrans. III. 3. IV. 2. X. 11. Vier-telzirkel, Quadrant. Tetrantes medii. Das Mittel, die mittleren Zirkelaus-schnitte.

Tetraphori, X. 8. Vierträger, Last-träger, die zu vier eine groſse Last tragen.

Tetrastylos. VI 3. 5. Viersäulig.

Textrina. VI. 7. Ort wo gewebt, gewirkt, gestickt wird.

Thalamus. VI. 10. Schlafzimmer.

Theatridium. i. a. minusculum theatrum; ecclesiasterium. Klein Theater. Varro. III. 5.

Theatrum. V. 3. u. s. w. Schauspiel-haus. V. 3. Sitze der Zuschauer. Aber niemals, wie bey uns, die Schaubühne selbst.

Theca. X. 14. Futteral, Kapsel, Büchse, Gehäuse.

Thematismus. I. 2. i. a. statio. das Kostum, Übliche.

Theodotium. VII. 7. Beste Art der grünen Kreide zu Smyrna, also nach dem Theodotus genannt, in dessen Grundstücke sie zuerst entdeckt worden.

Tholus. IV. 7. VII. Praef. und 5. Kuppel. Kugelgewölbe. Rundes Dach. Varro. III. V. Gebäude mit einer Kuppel.

Thrascias. I. 6. Nord-Drittel-Nord-westwind.

Thuribulum. IX. 4. (VII.) Weih-rauchfaſs, Sternbild; sonst der Altar.

Thymelici. V. 8. Diejenigen Schau-spieler der Griechen, welche nicht auf der Bühne selbst agirten, sondern im Orchester; dergleichen waren Sänger, Musiker und Tänzer.

Thyroma. IV. 6. Die Thür.

Thyrorion. VI. 10. Hausflur, Gang zwischen der Haus- und Hinterthür.

Tignum. IV. 2. u. s. w. Balke, ein mit beyden Enden, bisweilen auch in der Mitte aufruhendes horizontal liegen-des starkes Holz oder Zimmerstück.

Tigni statuti. X. 1. Leiterbäume. — transversarii. X. 1. Leitersprossen.

Tilia. II. 9. Linde, Lindenbaum.

Tinea. V. 12. Holzwurm. VI. 7. Bü-cherwurm.

Tomica, tomex. VII. 3. Bindfa-den, Hanfseil.

Tona. Siehe ova. IX. 9. i. e. calculi rotundi.

Tonus. X 15. Spannung. — mollis. schlaff. vehemeus. straff.

Tophus. II. 6. Tof, Toſstein.

Topium. VII. 5. Landschaftsge-mählde. VII. 5. Ulyssis errationes per topia. Länder, Orte.

Topiarium opus. V. 8. Land-schaftsgemählde.

Torcular. VI. 9. Ölkelter.

Tormenta. I. Praef. Kriegsmaschi-nen.

Tornus. IX. 1. (IV.) X. 1. 8. Dreh-eisen. ex torno perfectum. IX. 6. (IX.) gedrechselt.

Torqueri. II. 9. VII. 1. sich wer-fen, vom Holze.

Torulus. II. 9. Der Spint oder der Splint des Holzes, der weichere und hel-lere Theil des Holzes an den Bäumen zwi-schen der Rinde und dem Kerne.

Torus. III. 3. Der Pfühl, groſses, nach einem halben Zirkel gebildetes Glied am Säulenfuſse. X. 19. lies trochus.

Trabs. IV. 2. Unterbalken.

Tractabilitas. II. 9. Biegsamkeit, das Gegentheil von fragilitas.

Tractorium. X. 1. u. s. w. i. a. banauson. Zieh - oder Hebemaschine. He-bezeug.

Trans contra. IX. 1. (IV.) Auf der entgegen gesetzten Seite, gegen über.

Transtilla. V. 12. Kleine Quer-balken. Siehe die Anmerkung.

Transtra. II. 1. IV. 2. V. 1. X. 21. Spannriegel in den Dachstühlen.

Transversarius. II. 8. VII. 3. VIII. 6. X. 1. 15. 20. Riegel, Quer-holz, Querbalken. — frons. X. 17. Querfronte.

In trausverso. VI. 3. (IV.) In die Quer, schräg.

Tribunal. IV. 7. Freytreppe, Treppe unter freyem Himmel. J. B. und Fr. Piranesi erklären hier tribunal eben so. Newton aber erklärt tribunal durch the pedestal, or podium, upon which the columns stand; for immediatty after, setzt er hinzu, it is called stylobata. V. 7. Im Theater, ein auf Stufen erhabener Ort auf der Ecke des Orchesters, gleich an der Zocke der Bühne, wo des Prätors, oder auch des Kaisers Stuhl stand. V. 1. Richterstuhl, erhabener Ort mehrentheils in Gestalt eines Halbzirkels.

Tricenaria fistula. VIII. 7-Dreyſsigzöllige Röhre (im Umfange.)

Trichalca. III. 1. Viertelobole.

Triclinium. VI. 5. u. s. w. Speise-saal, Speisezimmer. VI. 6. Tafellager, Speisesopha, Tafelsopha.

Triens. III. 1. Drittel. trieus alte-rum. III. 1. (irrig tertiarium.) i. a. epi-tritos, das Ganze und ein Drittel. 1 {1/3}. trientalis materia. vierzölliges Bauholz.

Triglyphus. I. 2. IV. 1. u. s. w. Triglyph, Dreyschlitz; groſses Glied in dem Dorischen Friese, welches mit drey Schlitzen oder Vertiefungen, nehmlich an beyden Enden mit zwey halben und in der Mitte mit zwey ganzen geziert wird.

Trigonus. I. 1. X. 11. u. s. w. Tri-angel, Dreyeck.

Triplinthius paries. II. 8. Drey-ziegeldicke Mauer.

Trispastos. X. 2. 3. Flaschenzug von drey Rollen, Trispast.

Trite. V. 4. Die dritte Saite, der dritte Ton, die Terz.

Trochilus. III. 3. i. a. scotia. Ein-ziehung. Siehe scotia.

Trochlea. IX. 6. (IX.) X. 2. i. a. rechamus. Kloben, Flasche, Gehäuse welches mehrere um ihre Achse gehende Rollen enthält.

Trochus. X. 19. Cylinder. (Ge-wöhnlich aber irrig torus.

Trullissare. VII. 2. 3. Berappen, mit grobem Mörtel bewerfen.

Trullissatio. VII. 3. Berappung.

Trunci. III. 3. Der Würfel, d. i. der zwischen Kranz und Fuſs befindliche Theil eines fortlaufenden Postaments.

Trutina. X. 8. 19. Eine Wage.

Tuba. X. 12. Steinröhre, oder auch Guſsröhre eines Druckwerks.

Tubulus fictilis. VIII. 7. Irdene Röhre.

Tugurium. II. 1. Hütte.

Tumulus. VII. 1. Höcker, empor stehende Erhabenheit.

Turgidus. Plump.

Turgescere. II. 8. Quellen, von der Feuchtigkeit ausgedehnt werden.

Turris. I. 5. II. 1. u. s. w. Thurm.

Tutela. Varro. I. 14. Befriedi-gung.

Tympanum. III. 3. Giebelfeld; die glatte Mauer, das ebene Feld eines Gie-bels. IV. 6. Füllung eines Thürflügels. IX. 6. (IX.) ein mit Bretern verschla-genes Rad. X. 4. Scheibe, Rad an der Welle. X. 9. Schöpfrad.

Vaccinium. VII. 14. Heidelbeere.

Valvae. V. 6. Thürflügel. — regiae. V. 6. Königsthür, Hauptthür im Mittel der Scena.

Valvatae fores. IV. 6. Thür mit Einem Flügel; einflügeliche Thür.

Varae. X. 19. Bolen.

Varietas coeli. VI. 1. Das Klima.

Vasaria. V. 10. i. a. miliaria. Groſse bleyerne Wassergefäſse in den Bädern.

Udo tectorio inducere colores. VII. 3. Die Farben über die nasse Beklei-dung ziehen, d. i. den Anstrich geben, wenn die Bekleidung noch naſs ist; aber nicht wie man gewöhnlich wähnt, al fresco mahlen. Siehe die Anmerkung.

Vectiarius. VI. 9. Haspeler.

Vectigalia. II. 8. Einkünfte. V. 1. publica. Zins.

Vectis. VI. 9. Preſshaspel. VII. 1. VIII. 7. Handramme, Stöſsel. X. 8. u. s. w. Hebel, Hebebaum.

Velum. X. Praef. Segeltuch, welches bey den Römern über die Theater u. s. w. vor Regen oder Sonne gezogen oder ge-spannt wurde; Plane.

Venae. V. 3. VIII. 1. 3. Poren, Schweiſslöcher. VII. 7. 8. Im Bergbaue, Adern, Gänge.

Venereus morbus. II. 8. Liebes-krankheit; zu groſse Neigung zur Wol-lust.

Venter. VIII. 7. i. a. coelias. Bauch einer Wasserleitung; d. i. der Theil einer Wasserleitung, welcher unten im Thale fast horizontal von dem einen Fuſse des Bergs bis zum andern fortgeführt wird.

Vergiliae. VI. 10. Die Plejaden.

Verna conclavia. VII. 5. Früh-lingszimmer, Frühlingsgemächer.

Versus. V. Praef. Zeile, Reihe.

Versura. (Eigentlich die Pflug-kehre, Pflugwende, der Ort, wo der Ackermann mit dem Pfluge umwendet; daher die Ecke, und zwar sowohl die äuſsere scharfe Fläche, als auch der innere Winkel.) III. 1. in versuris, um die Ecken. V. 6. itinera versurarum, die Eingänge in der Ecke der Bühne, die Seiteneingänge, Seitenthüren. V. 7. ver-surae, die Seitenwände der Bühne, Sei-tenscenen. i. a. Parascenia. V. 11. in versura porticus, in der Ecke, im Win-kel u. s. w, V. 12. Winkel, Bucht. VII. 5. fastigiorum versurae. Giebelecken. VIII. 7. i. a. geniculus. Bug, Ort wo die Wasserleitung sich biegt — Knie.

Verticulum. X. 13. Gelenk.

Vesperugo. IX. 1. (IV) Abendstern.

Vestibulum. VI. 8. 10. Vorplatz vor der Hauptthüre, bey den Griechen prothyrum. Siehe die Anmerkung. VII. Praef. i. a. pronaos, Vorhalle des Tem-pels.

Viae. IV. 3. Gassen, Straſsen, d. i. die Zwischenräume zwischen den drey Reihen Tropfen, am Kinne des Kranz-leistens senkrecht über den Triglyphen; der Ähnlichkeit wegen mit den wirkli-chen Straſsen oder Gassen. via publica. Varro. I. 3. Landstraſse, Heerstraſse.

Viatorium horologium. IX. 6. (IX.) Reiseuhr.

Vicenaria fistula. VIII. 7. Zwan-zigzöllige Röhre (im Umfange.)

Vicus. I. 6. eine Straſse.

Villa. VI. 9. Villa, Landgut, Land-haus. — urbana. Landhaus, Wohn-haus eines vornehmen Mannes auf dem Lande, une campagne. — rustica. Land-gut, Hof mit den zum Feldbau nöthigen Grundstücken.

Villicus. Varro. I. 13. Verwalter. Frontinus 105. Röhrenmeister. villico-rum erat calices et ſistulas collocare.

Vinaria cella. VI. 9. Weinkeller.

Vinea, (sc. porticus) Plin. Caec. II. 17. Rebengang. Plin. Caec. V. 6. Wein-garten.

Viola. VII. 14. Lackviole, goldener Lack.

Virgula aenea. IX. 6. (IX.) Kupfer-draht.

Virgultae. II. 1. Reiser.

Viridia. VI. 6. Das Grüne, Ort, wo viel Grünes, als Gewächse, Gras — Garten. Plin. Caec. V. 6. eine Hecke.

Vitex. II. 9. Keuschbaum. Siehe die Anmerkung.

Vitiare. VII. 9. Verfälschen.

Vitrum. VII. 14. Waid, i. a. Isa-tis. Siehe die Anmerkung; auch Jul. Caesar de bello Gall. V. 14.

Ulmus. II. 9. Ulme, Rüster.

Uncia. Frontinus Art. 24. Zwölf-tel-Fuſs.

Uncinus. V. Häckchen.

Unctuarium. Plin. Caec. II. 7. Salbezimmer. i. a. Elaeothesium.

Unda. V. 17. Kehlleisten.

Volturnus. I. 6. Südost - Drittel-Südwind.

Volucris. IX. 3. (VI.) Schwan, Sternbild.

Voluta. III. 3. IV. 1. Schnecke, Volute, groſses Hauptglied an den vier Ecken des Knaufs der Ionischen, Korin-thischen und Römischen Säulen, nach Art einer Schnecke gewunden.

Vomitoria. Dieses Wort kommt im Vitruv nicht vor. Aber Macrobius VI. 4. sagt: Vomit undam — — unde et nunc vomitoria in spectaculis dici-mus, unde homines glomeratim ingre-dientes in sedilia se fundunt. Also — die Thüren im Orchester und auf den Absätzen, welche zu den Sitzen führten.

Urbana aedificia. VI. 8. Stadt-häuser.

Urceus. VII. 11. Krug.

Usta. VII. 11. Gebrannter Zinnober.

Utique. V. 8. Schlechterdings.

Xenia. VI. 10. Gastgeschenk, und auch Gemählde, die Dinge vorstellen, welche man den Gästen zu schenken pflegte. — Küchenstücke, Gastgeschenk-Stücke.

Xystum. V. 11. i. a. porticus sta-diata. Bedecktes Stadium, breiter Säulen-gang, wo sich die Athleten im Winter üben. Im Griechischen ist dieses Wort so-wohl ein masculinum als neutrum. Nicht also im Lateinischen. Im angeführten Kapitel Vitruvs ist mit der Endung desselben eine solche Verwechselung vor-gefallen, daſs schlechterdings nicht der Buchstab, sondern der Sinn entscheiden muſs.

Xysti. V. 11. VI. 10. i. a. paradro-mides, hypaethrae ambulationes. Oben offener Spaziergang. Siehe Plin. Caec. ep. 17. ein Offenstück, Art von Luststück.

Zophorus. III. 3. IV. 1. Der Fries, Borten, der mittlere Theil eines Gebäl-kes, zwischen dem Unterbalken und dem Kranz. Im Griechischen Zona, ein Gürtel.

Zotheca. Plin. Caec. II. 17. ein Kabinet, kleines, geheimes Zimmer. Zo-thecula. ebenderselbe. V. ep. 6.

Zygia. II. 9. Hagebuche. i. a. car-pinus.

REGISTER.

Abacus III. 3. IV. 1. 7. VII. 3. 4.

Abaton II. 8.

Abderiten VII. Vorrede.

Ablauf IV. 7.

Ableitungsröhren VIII. 7.

Absätze im Theater V. 7.

Absehen, Visiere VIII. 6.

Abtritt I. 1.

Abwage X. 8.

Abziehen, abschleifen VII 4.

Accius IX. V.

Achinapolus IX. 4. (VII.)

Acteurs V. 8.

Actus VIII. 7.

Adliche Wohnungen VI. 8.

Adriatische Meer II. 10.

Ägyptische Priester VIII. V.

Ährenförmiges Pflaster VII. 1.

Äsche VII. 1.

Äschylus VII. V.

Äskulap I. 2.

Ästerich VII. 1.

Agatarchus VII. V.

Agesistratos VII. V.

Agetor X. 21.

Alaun II. 6. VIII. 3.

Albanische Steinbrüche II. 7.

Alberti Leb. Vitruvs und V. 1.

Albula VIII. 3.

Alexander II. V. VII. V. VIII. 3.

Alexandria II. V. VII. V.

Alexis VI. V.

Allee V. 11.

Alliensische Steinbrüche II. 7.

Altar IV. 8.

Amiternische Steinbrüche II. 7.

Amphiprostylos III. 1.

Amphitheater I. 7.

Analemma IX. 1. (IV.)

Anaxagoras IX. 4.

Anblatten X. 21.

Ancona II. 9.

Andreas IX. 6. (IX.)

Don Juan Andres VI. 3. Beyl. 1.

Andromeda IX. 6. (IX.)

Andronikus aus Kyrrhus I. 6. VI. Beyl. 3

Andronitis VI. 10.

Anfurt V. 12.

Anlauf IV. 7.

Anomalische Tempel IV. 7.

Anordnung I. 2.

Anschlag I. 1. X. V.

Anstrich VII. 7. 9.

Anten, s. Eckwandpfeiler.

Antimachides VII. V.

Antipater IX. 4. (VII.) VII. V.

Antistates VII. V.

Anwachsung IV. 6.

Apaturius VII. 5.

Apelles I. 1.

Apenninisches Gebirge II. 10.

Apoll, kolossalischer zu Ephesus X. 6.

Apollonius I. 1.

Appian III. 2.

Aquileja I. 4.

Arabesken VII. 5.

Arabien, das Nomadische VIII. 3.

Aratus IX. 4.

Aräostylos III. 3.

Archimedes I. 1. VIII. V. IX. V. (III.)

Archytas VII. V. I. 1. IX. V. (III.)

Areopagus II. 1.

Argelius VII. V.

Ariobarzanes V. 9.

Aristarchus I. 1. IX. 6.

Aristides VIII. 4.

Aristippus VI. V.

Aristomedes III. V.

Aristophanes VI. V. VII. V.

Aristoteles VII. V. IX. V.

Aristoxenus I. 1. V. 4. 5.

Arsenik VII. 7.

Asphalt VIII. 3.

Artemisia II. 8.

Astabara VIII. 2.

Astasoba VIII. 2.

Astronomie I. 1.

Athleten IX. V.

Athos II. V.

Atlanten VI. 10.

Atlas VI. 10. VIII. 2.

Attalus IV. 1.

Attischer Säulenfuſs III. 3.

Attische Thür IV. 6.

Aufgang, Treppe V. 6.

Aufriſs I. 2.

Aufsuchung des Wassers VIII. 1.

Auftrag auf die Mauer VII. 3.

Auge in der Schnecke III. 3.

Augenpunkt I. 2. VII. V.

M. Aurelius I. V.

Auripigment, Operment VII. 7.

Ausgefüllte Mauer II. 8.

Aushöhlung III. 3. IV. 1. 3. 4.

Auskleidezimmer VI. Beyl. 2.

Ausladung III. 2. 3. VI. 2.

Auslauf IV. 6. III. 2. 3.

Aussicht I. 2.

Ausübung I. 1. VI. V.

Auszierung VI. 11. VII. V. 1. 5.

Babylonische Mauern I. 5. VIII. 3.

Bacchustempel III. 2. IV. 3. VII. V.

Backhaus VI. 9.

Backstein, s. Brandstein.

Bad V. 10. VI. 9.

Badewanne IX. V.

Bajä II. 6.

Baldus III. 1. 3.

Balista I. 1. X. 16. 17. 18.

Balkon V. 8.

Balke IV. 2 u. s. f.

Ballast VIII. 7.

Ballsaal V. 11.

Balüstrade IV. 4. V. 1. 7. 10.

Band IV. 3. VII. 3.

— Sternbild IX. 4.

Barbaro III. 3. V. 8. VI. 11 u. s. f.

Bartel VIII. 3.

Barthelemy V. 5. 9.

Base III. 3.

Basilika V. 1.

Basrelief IV. 6.

Bauanschlag I. 1. X. V.

Baukontrakt I. 1. II. 8. VII. 5.

Bauch einer Wasserleitung VJII. 7.

Bauchung III. 2.

Baugesetz der Römer II. 8.

— — Epheser IX. V.

Bauherr VII. 5. VI. V. 8.

Bauholz II. 1. 9. VII. 3.

Baukunst I. 1. 2. 3. 4. II. 1. VI. V.

Baukünstler I. 1. VI. 11. X. V.

Bauriſs I. 2.

Baustätte I. 7.

Becken X. 3.

Beckmann IX. 6. (IX.) X. 10.

Bedas III. V.

Bedecktes Stadium V. 11.

Befriedigung VI. Beyl. 4. d)

Bekleidung VII. 3. u. s. f.

Belagerungs-Maschinen X. 19.

Berappung VII. 3.

Berggrün VII. 5. 9.

Bergwerk VII. 7. 9.

Berosus IX. 1. 4. 6.

Bewährung des Wassers VIII. 5.

Beweglicher Kranständer X. 5. 22.

Bewegungspunkt X. 8.

Bezahntes Rad IX. 6. X. 10.

Beziehung der Katapulten und Balisten X. 18.

Bibliothek I. 2.

— — Pergamenische und Alexandri-nische VII. V.

Bildergallerie I. 2.

Bildner I. 1.

Bildnerkunst I. 1.

Binde IV. 6.

Bindesteine, Durchbinder II. 8.

Blasebalg X. 1.

Blätter am Korinthischen Kapitäle IV. 1.

Blaufarbe VII. 10. IX. 1.

Bleyarbeiter VIII. 7.

Bleyweiſs VII. 12.

Blume IV. 1. 7.

Bogenstellung VI. 11.

Bolzen X. 6.

Bootes IX. 3.

Börse V. 1.

Borstpinsel VII. 9.

Böttiger VII. 9.

Brandpfeile X. 22.

Brandsteine II. 8. VII. 14.

Brennen (causis) VII. 9.

Brennofen II. 5.

Breterne Bedachung X. 20

— — Boden VI. 5. VII. 1.

Bruce VIII. 2.

Bruchsteine I. 5. II. 4. 7. 8.

Brunnen VIII. 1.

Brustlehne IV. 4. V. 1. 7. 10.

Brustwehr X. 21.

Buchsbaum VII. 3.

Bücherwurm VI. 7.

Bühne V. 6. 7. 8.

Bundwände II. 8. VII. 3.

Buttmann V. Beylage.

Cabinet VI. Beyl. 1.

Cäcuber Wein VIII. 3.

Cajus Julius VIII. 4.

Cameron V. 10. 11.

Camönen, Quelle der u. s. f. VIII. 3.

Carbunkel II. 4. 6. VIII. 1.

R. Castell VI. Beyl. 1.

Catheten III. 3.

Causis VII. 9.

Ceder II. 9.

Cedernöl II. 9.

Centaur IX. 4.

Cepheus IX. 3. 4.

Chalcidiken V. 1.

Chaldäer IX. 1. 4.

Chandler II. 6. III. 1. V. 9. VII. V. X 6. 7.

Charides VII. V.

Chäreas X. 19.

Chion III. V.

Chionides VI. V.

Chordirector V. 9.

Chromatische Tonleiter V. 4.

Cicero IX. V.

Circus I. 7. IV. 7.

Cisterne VIII. 7.

Clerisseau III. 3. IV. 7. V. 1.

Columella VI. Beyl. 5.

Columna Trajani X. 15 u. s. f.

Comitium II. 8.

Cn. Cornelius I. V.

Cornetus-Feld. VIII. 3.

Corridor X. 19.

Cossutius VII. V.

Cottus VIII. 3.

Curia V. 2.

Cylinder X. 19.

Cynosura IX. 3.

Cypresse II. 9.

Dach II. 1. IV. 2. V. 1.

Dachfetten IV. 2. 7.

Dachrinne II. 9. VI. 3.

Dachtraufe IV. 7. VI. 3. VII. 5.

Dachsparren IV. 2.

Dachziegel II. 8. III. 3.

Damm im Hafen V. 12.

Dämpfer X. 13.

Daphnis VII. V.

Darius VII. V.

Dauerhaftigkeit der Gebäude VI. 11.

Decke, Felderdecke VII. 2.

— — gewölbte VII. 3.

Deckel VII. 18.

— — im Lakonischen Schwitzbade V. 10.

— — des Windkessels X. 12.

Deckplatten III. 3.

Decoration der Bühne V. 7.

Delille VI. Beyl. 2.

Demetrius aus Milet. VII. V.

Demetrius Poliorketes X. 22.

Demokrit II. 2. IX. V. 4. VII. V.

Demophilus VII. V.

Desgodez III. 2. 3. u. s. f.

D’Hancarville IV. 1.

Diades VII. V. X. 19.

Diagonallinie IV. 1. VI. 3. 4. IX. V. (1.)

Diagramma V. 4.

Dianens Bildsäule aus Cedernholz II. 9.

Diastylos III. 2.

Diatonische Tonleiter V. 4.

Dichtsäulig III. 2.

Dillon VII. 8. 13.

Dinokrates II. V.

Dio Cassius I. 5. III. 2.

Diodor aus Sicilien IX. I. X. 21.

Diognet X. 22.

Diomedes I. 4.

Dionysiodorus IX. 6.

Dionysius aus Halikarnaſs III. 2.

Diopteren VIII. 6.

Diphilus VII. V.

Dipteros III. 1. VII. V.

Disposition I. 2.

Donnerkeile IV. 3.

Dorische Bauart IV. 1. 3.

— — Leiste IV. 6.

— — Thür IV. 6.

Dorus IV. 1.

Drachma III. 1.

Drehrad X. 14.

Drehraum V. 7.

Dreyeck I. 1. X. 11 u. s. f.

Dreyschlitz I. 2. IV. 1. u. s. f.

Drücker an der Katapulta X. 15. 17.

Druckwerk I. 1. VIII. 7. IX. 6. X. 12.

Dumpfe Orte V. 8.

Durchbinder II. 8.

Durchgang VI. 10.

Durchmesser V. 7. X. 14.

Dyris VIII. 2.

Ebenmaaſs I. 2. III. 1.

Eberhard X. 9 u. s. f.

Eckpfeiler einer Bogenstellung VI. 11.

Ecksäule III. 3.

Eckwandpfeiler, Anten III. 1.

Eigenschaften eines Baukünstlers I. 1.

Eimer X. 9.

Eimerkunst X. 9.

Einklänge I. 1.

Einfang VIII. 7.

Einflügeliche Thüren IV. 6.

Einrichtung, Disposition I. 2.

Einstimmende Orte V. 8.

Eintheilung, Ökonomie I. 2.

Einziehung III. 3.

Elemente II. 2.

Elle III. 1.

Elphias I. 4.

Empedokles VIII. V.

Enkaustische Mahlerey VII. 9.

Ennius IX. V.

Entasis III. 2.

Entrepreneur I. 1. VII. 5.

Epikur II. 2. VI. V. VII. V.

Epimachus X. 22.

Equiculi VIII. 3.

Eratosthenes I. 1. IX. V. (III.)

Erdwerk VI. 11.

Erdwinde X. 4.

Erdzunge V. 12.

Erleuchtung VI. 9.

Ernesti III. 2.

Eschenburg I. 1.

Evangelus X. 7.

Eudoxus IX. 4. 6.

Eukrates VI. V.

Euktemon IX. 4.

Euphranor VII. V.

Euripides VIII. V. 13. IX. 1.

Fabbroni II. 3.

Faberius VII. 9.

Fachwerk II. 8. VII. 3.

Falerner Wein VIII. 3.

Falisker Gebiet VIII. 3.

Fanestrum II. 9. V. 1.

Farben VII. 6. 7. 8. 10 u. s. f.

Farnkraut VII. 1.

Faschinen II. 9.

Faſs VI. 9.

Fea I. 1. II. 8. III. 2. 3. IV. 7. V. 9. VII. 1. X. 15.

Felder IV. 3. VII. 2. 3. 4.

Felderdecke VII. 2.

Felibien VI. Beyl.

Fenster V. 1. VI. 6. 9.

Fernsäulig III. 3.

Fester Boden III. 3.

Feuer II. 1. VIII. V.

Fiorillo VII. 5.

Firstbalken IV. 2. V. 1.

Fläche VII. 3. IX. 5.

Flasche IX. 6. X. 2.

Flaschenzug X. 2.

Fliesen V. 10.

Floſs II. 9.

Flügel VI. 4.

Flügelthür IV. 6.

Flur VI. 3. (IV.)

Folard X. 15 u. s. f.

Freystehendes Gebäude (insula) I. 6.

Freytreppe IV. 7.

Fremdenhäuser VI. 10.

Fries III. 3. IV. 1.

— über der Thüre IV. 6.

Frontinus VIII. 3. 7.

Frontispiz III. 3.

Fruchtschnur IV. 1.

Frühlingszimmer VII. 5.

Fülle II. 8.

Füllung eines Thürſlügels IV. 6.

Fuge IV. 2.

Funke VII. 10. VIII. 12.

Fuſs III. 1.

Fuſsboden VII. 1. 4.

Fuſsgestell X. 6. 13. 15. 17. 20.

Fussitius VII. V.

Futteral X. 14.

Futterboden VI. 9.

Futtermauer II. 8.

Gabelholz II. 1.

Galiani II. 3. III. 1. 2. 3. IV. 2. V. 1. 6. 11. VII. 3. VIII. 3. u. s. f.

Gallerie I. 2. VI. 5. 7.

Ganges VIII. 2.

Garten VI. 6. und Beyl. 1. 2.

Gas I. 1. IX. 6. (IX.)

Gassen zwischen den Tropfen IV. 3.

Gastgebäude VI. 10.

Gastgeschenke VI. 10.

Gastgeschenk-Gemählde VI. 10.

Gebälk I. 2. IV. 2.

Gebäude, öffentliche und privat I. V. IV. 8.

Gebrannter Zinnober VII. 11.

Gefälle VII. 1. VIII. 6.

Gefängnisse V. 2.

Gefäſse in den Bädern V. 20.

Gegenbasis X. 15. 17.

Gegengewicht X. 8.

Gegenstützen X. 17.

Geheime Treppe IV. Beyl. 1. 2.

Gehler I. 6. VIII. 6. X. 12.

Gellius III. 2. V. 3. VI. 8. IX. 1. (IV)

Gemählde II. 8. VII. 5.

Gemeinorte VI. 8.

Gemeinschaftliche Wände I. 1. II. 8. VI. 9.

Gerade Linie X. 8.

Gerichtshaus V. 1.

Gerinne VIII. 7.

Gerusia II. 8.

Geschichtmahlerey VII. 4. 5.

Geschmack II. 1. IV. 1. VII. 5.

Geschoſs IV. 2.

Gibbon II. 9. VII. V.

Giebel III. 3.

Giebelfeld III. 3.

Giebelsäule, - Spieſs IV. 2.

Giebelspitze III. 3.

Gips VII. 3.

Glätten VII. 1.

Gnomonik I. 3. IX u. s. f.

Gorkeiche II. 9.

Grabmal II. 7.

— — des Euripides VIII. 3.

Grotesken VII. 3.

Grube VII. 7. 9. VIII. 1.

Grubensand II. 4.

Grund I. 5. VI. 11.

Grundbau I. 5. V. 3. VI. 11.

— linie des Giebels. X. 9.

— graben III. 3.

— riſs I. 2.

— stück VII. 7.

Grüne Kreide VII. 7.

Grünspan VII. 12.

Guattani V. 1.

Gummi VII. 10.

Gurgel X. 12.

Gut VI. 9.

Gymnasium I. 7. VI. V. VII. 5.

Gynäkonitis VI. 10.

Hagebuche II. 9.

Häklein VII. 5.

Hafen II. 8. V. 12.

Halbcylinder IX. V. (III.)

Halbkugel IX. 6. (IX.)

Halbtriglyph IV. 3.

Halbziegel II. 3.

Halbzirkel IX. 5. (VIII.) 6. (IX.)

Halikarnaſs II. 8.

Halle I. 1. V. 9. 11. VI. 10.

Hals der Säule III. 2. 3.

Halter VIII. 7.

Haltseil X. 3.

Hamilton IV. 8. VI. 8.

Handramme VII. 1. VIII. 7.

Hängewerk VII. 1.

Harduin II. 3.

Harmonik V. 3. 4.

Harz II. 9. VII. 10.

Haube X

Haue X. 10.

Haspel X. 1. 2. 17 u. s. f.

Hauptbalken IV. 2.

Hauptthür VI. 4.

Haus II. 1. VI. 8.

— der Griechen VI. 10.

— der Römer VI. 8.

Hausflur VI. 10.

— thür VI. 4. 8. 10.

Hebel, Hebebaum X. 8 u. f.

Hebezeug X. 1. 2. 3. 4 u. f.

Hegesias VIII. 4.

Heidelbeeren VII. 14.

Heitzgemach V. 11.

Helepolis X. 22.

Hellas III. V.

Hellen IV. 1.

Heraklit II. 2. VIII. V.

Herbstzimmer VII. V.

Hermogenes III. 1. 2. IV. 3. VII. V.

Herodot VIII. 4. IV. 1.

Heuboden VI. 9.

Heyne VII. V. IX. 6. (IX.)

Hieronymus Mercurialis Leb. Vitr. V. 11.

Himmel IX. 4. (VII.)

Himmelsgegend I. 1. VI. 7.

Hinterfronte eines Tempels III. 1.

Hinterthür, Hofthür VI. 10.

Hipparchus IX. 4. (VII.)

Hippokrates I. 1.

Hirt I. 4.

Hodges II. 1.

Hof VI. 3.

Hohlleiste IV. 6.

Holzbohrer V. 12.

Holzwurm V. 12. II. 9.

Homer VII. V.

Homeromastyx VII. V.

Horaz I. 4.

Horizont VI. 1. IX. 5. (VIII.)

Horizontalebene VII. 4. VIII. 7.

Hörsäle VI. 5.

Houel IV. 1. V. 5. 7. 8. 10.

Hygin IX. 3. (VI.)

Hypäthros III. 1.

Hymettus II. 8.

Hypanis VII. 7.

Ichneumon VIII. 2.

Iktinus VII. V.

In antis III. 1.

Indig V. 9. 10. 14.

Innere Einrichtung der Zelle und Vorhalle IV. 4.

Inschriften VIII. 3.

Instrument X. 1.

Intervalle in der Musik V. 4.

Joch X. 19.

Jocundus IV. 7 u. f.

Ion IV. 1.

Ionian antiquities III. 1. 2. 3 u. s. f.

Ionische Bauart III. 3. IV. 1.

Ioppe VIII. 3.

Irrsterne IX. 1. (IV) X. 1.

Ismuck VIII. 4.

Isodomum II. 8.

Italien VI. 1.

Juba VIII. 4.

Jupiter IX. 4. (VII.)

Kalk II. 5 u. s. f. VII. 1. 2. 3.

— Loch VII. 2.

Kalläschrus VII. V.

Kallias X. 22.

Kallimachus Kakizotechnos IV. 1.

Kallippus IX. 4. (VII.)

Kaltes Badezimmer V. 11.

Kämme an den Rädern IX. 6. (IX.)

Kampfschule V. 11. VI. 8.

Kämpfer VI. 11.

Kanal VII. 4. 5 III. 3.

Kapitäl, Knauf I. 1. III. 3. IV. 3. X. 17 u. s. f.

Kapsel X. 14.

Karyatiden I. 1.

Karpion VII. V.

Kasten am Schöpfrade. X. 9.

Katapulta I. 1. X. 16 u. s. f.

Kaufladen V. 1.

Kegel, Sonnenuhr IX. 6. (IX.)

Kegelsäule, Zielsäule I. 6. II. 1.

Kehlleisten III. 1. IV. 3. 6. V. 17. VI. 11.

Kehlrinne VI. 3.

Keilförmige Abtheil. der Sitze im Theater V. 6.

Keller VI. 9. 10.

Kellergeschoſs VI. 11.

Kessel V. 10.

Ketras X. 19.

Keuschbaum II. 9.

Kies II. 4.

Kiesel II. 8.

Kinn des Kranzleisten IV. 3.

Klammer II. 8. IV. 7.

Klappenventil X. 12.

Klaves, Tasten X. 13.

Kloben IX. 6. (IX.) X. 2.

Kneipen einer Zange X. 2.

Knie einer Wasserleitung VIII. 7.

Knopf eines Nagels IX. 6. (IX.)

Knorrenstück II. 9.

Kolben X. 12.

— rinne X. 15.

— stange X. 12. 13.

Kollerstock des Steuers X. 8.

Königsthür der Scena V. 6.

Kontrakt I. 1. VII. 5.

Kopf des Hebels X. 8.

Korinth V. 5.

Korinthische Säule IV. 1.

Kornische V. 1. 7. III. 3. VII.

Kornwurm VI. 9.

Kostum I. 2.

Kragstein IV. 6.

Krahn X. 22.

Kranig X. 19.

Kranz, s. Kornische

Kranzleiste II. 8. III. 3. IV. 3.

Krappwurzel VII. 14.

Kreide II. 3.

— annularische VII. 4.

Kreuzhaspel X. 1. 2. 17.

Kriegsmaschinen I. V. X. 15 u. s. f.

Krippen VI. 9.

Kropf VIII. 3.

Kropfröhren X. 12.

Krösus II. 8.

Krubsacius VI. Beyl. 1. 2.

Kruste II. 8.

Ktesibius I. 1. VII. V. IX. 6. X. 12. 13.

— — Maschine X. 12.

Ktesiphon III. 1. VII. V.

Ktesiphons Ziehmaschine X. 6.

Küche VI. 9.

Kühlzimmer V. 11.

Kunstsachen VI. V.

Kühnspäne VII. 10.

Künstliche Farben VII. 10. 11. 12. 13. 14.

Künstlicher Sandarach VII. 12.

Kupfer VII. 10.

Kuppel IV. 7. V. 10. VII. V. 5.

Kyzikener-Saal VI. 5.

Labacco V. 1. 12.

Laconische Schwitzstube V. 10. VII. 10.

Laden V. 1.

Lager der Balken und Latten IV. 2.

Landhaus VI. 8. 9. und Beyl.

Landschaftsgemählde V. 8. VII. 5.

Landstraſse I. 3.

Landwirthschaftl. Gebäude VI. 9.

Lasersaft VIII. 3.

Last X. 8.

Lastträger X. 8.

Latten VII. 3.

Laubwerk II. 9.

Lauf der Sonne durch die 12 Zeichen IX. 2. (V.)

Läufer X. 10.

Lechevalier VIII. 3.

Lehm II. 1.

Leim VII. 10.

Leisten IV. 6. VII. 4.

Leiterbäume X. 1.

— sprossen X. 1.

Leitflasche X. 5.

Leochares VII. V

Leonides VII. V.

Le Roy I. 1. 6. III. 1. V. 9.

Lessing I. 1. VII. 7.

Leupold X. 5 u. s. f.

Licinius VII. 5.

P. Ligorius V. 12.

Limne Asphaltitis VIII. 3

Linde II. 9.

Lineal I. 1. VII. 3.

Linie, gerade und Zirkel- X. 8

Linne II. 9.

Lipsius I. 7.

Livius II. 8. III. 1

Löcherig II. 5.

Loderasche VII. 4. VIII. 7.

Loge V. 1.

Loth, Bleyloth VIII. 6.

Löthen II.

Löwenköpfe III. 3.

Luftloch VIII. 7.

Luftmaschine X. 1.

Lukrez IX. V. (III.)

Lustgebüsch V. 11.

Lysippus III. V.

Maaſs III. 1.

Magier VIII. V.

Männichen, in Flaschen X. 12.

Markt II. 8. V. 1.

Marmorabgänge VII. 6.

Marmorstuck V. 10. VII. 3. 6.

Martini I. 1. V. 9. IX u. s. f.

Maschine X. 1.

Massilia II. 3.

Massive III. 3.

Materialien VI. 10.

Mathematiker III. 1. V. 3. VI. 1. IX. 5. (VIII.)

Mauer, Ringmauer II. V. I. 5. VIII. 4.

Mauerbohrer X. 19.

Mauerkelle VII. 2. 3.

Mauerwerk II. 8.

Mausolus II. 8.

Mechanisch IX. V.

Meister im Guſs II. 7.

Pomp. Mela IV. 1.

Melas VIII. 3.

Melampus VII. V.

Mennig VII. 7. VIII. 3.

Merkur IX. 1. (IV.)

Mesolabium IX. V. (III.)

Metagenes VII. V. X. 6.

Metrodorus VIII. 4.

Meursius V. 9. VII. V.

Meyer I. 4.

Milizia VII. 2.

Milo von Krotona IX. V.

Milzkraut I. 4.

Mistgrube VI. Beyl.

Model I. 2. IV. 3.

Modelmaaſs V. 9.

Monopteros IV. 7. VII. V.

Mörtelpfanne VII. 1. 3. 10. VIII. 7.

Mühle X. 10.

L. Mummius V. 5.

Mutius VII. V.

Myagrus III. V.

Myron I. 1. III. V.

Myrrhen VIII. 3.

Mytilene I. 6.

Nagel mit einem breiten Kopfe VII. 3.

Nahesäulig III. 2.

Naos III. 1.

Nardini

Nebenpfeiler VI. 11.

Neptunische Quelle VIII. 3.

Nete V. 4.

Netzförmiges Mauerwerk II. 8.

Newton I. 1. II. 3. 8. III. 2. 3. IV. 3. 6. 7. V. 3. VI. 5. 9. 11. IX. V. 2. (V.) X. 15. 18 u. s. f.

Nexaris VII. V.

Nikolai X. 14.

Niebuhr I. 5.

Nigir VIII. 2.

Nikomachus III. V.

Nil VIII. 2.

Norden VIII. 2.

P. Numisius I. V.

Nymphodorus VII. V.

Obermeer-Tanne II. 2.

Oberschwelle IV. 6.

Oberstreifen III. 3.

Obol III. 1.

Ocher VII. 7.

Ochsenstall VI. 9.

Octant X. 11.

Odeum V. 9.

Ofen V. 10.

Offenstück V. 11. VI. 10.

Öffentliche Gebäude VI. 8.

Öffnung der Thüre, Thür im Lichten IV. 6.

Olympia IX. V.

Ölbaum VII. 3.

Ölkeller VI. 9.

Ölpresse X. 1.

Opa IV. 2.

Operment VII. 7.

Optik I. 1.

— Nymphe IV. 1.

Orakel III. V. IV. 1.

Orchester V. 6 u. s. f.

Ordnung I. 2. 7. III. 1. IV. 7.

Orgel X. 13.

Orgelpfeife X. 13.

Orion IX. 4. (VII.)

Orthographie I. 2.

Ortiz III. 1. 2. 3. V. 1. 9 u. s. f.

Oval VII. 1.

Ovid II. 1. V. 6. VIII. 3.

Paconius VII. V. X. 6.

Palästra V. 11. VI. 8.

Palintona X. 15.

Palladius VIII. 1.

Pallast VI. 8.

Palme II. 3. III. 1.

O. Panvinius VI. Beyl. 2.

Paoli IV. 1.

Pappel II. 9.

Parätoner Weiſs VII. 9.

Parallelen X. 15.

Parallellinie V. 6. IX. 5. (VIII.)

Paramese V. 4.

Paranete V. 4.

Parapegmata IX. 4. (VII.)

Parhypate V. 4.

Parmenion IX. 6. (IX.)

Patrokles IX. 6. (IX.)

Pausanias I. 1. III. 3. V. 9. 11. VI. Beyl. 2.

Pegasus IX. 3. (VI.)

Pelecinon IX. 6. (IX.)

Pentaspast X. 2.

Pephasmenus X. 19.

Periacti V. 7.

Perikles V. 9.

Peripteros III. 1.

Peristyl V. 11. VI. 3. (IV.)

— Rhodisches VI. 10.

Peritretum I. 2. X. 17 u. s. f.

Perpendikel VIII. 6.

Perrault II. 8. IV. 7. V. 1. VII. 4. VIII. 3.

Perspektive VII. V.

Pfahlschlagung III. 3.

Pfahlwerk II. 9.

Pfeifenstock X. 13.

Pfeiler II. 8. V. I. 12. VI. 11.

Pferdestall VI. 10.

Pfosten VI. 11.

Pfühl III. 3.

Pharax III. V.

Phidias III. V.

Philander I. 1. III. 2. 3.

Phileos VII. V.

Philippus IX. 4. (VII.)

Philo aus Byzanz VII. V.

Philolaus I. 1.

Phyros VII. V.

Physik I. 1.

Pilaster V. I.

J. B. Piranesi III. 3. IV. 7. VIII. 7.

F. Piranesi III. 2. 3. IV. 7. VII. V.

Pitheus I. 1. IV. 3. VII. V.

Pitture d’ Ercolano VI. 1. VII. 5.

Placentia IX. 1. (IV.)

Planeten IX. 1. (IV.)

Plato III. 1. VII. V. IX. V.

Platanenwäldchen V. 11.

Platte einer Säule III. 3. IV. 17.

Plinius, der ältere I. 1. II. V. 8. III. 2. IV. 1. V. 3. VI. 3. (IV.) VII. 9. 14. VIII. 2. 3. IX. 6. (IX.) X. V. 6 u. s. f.

— — der jüngere VI. Beyl. 1. 2.

Plinthe III. 2. 3.

Plutarch III. 2.

Podium III. 3. V. 7. VII. 4.

Polarkreise IX. 1. (IV.)

Poleni III. 3. V. 5.

Poliren VII. 3.

Jul. Pollux V. Beyl.

Polsterkapitäle. I. 2. III. 3. IV. 1.

Polybius X. 22.

Polyidus V. V. 10. 19.

Polykles III. V.

Polyklet I. 1. III. V.

Porinos VII. V.

Portik I. 1. V. 9. 11. VI. 10.

Posidonius VIII. 4.

Postament, fortlaufendes III. 3.

Potter X. 15.

Prachttische VIII. 7.

Praxiteles VII. V.

Preſsbaum VI. 9.

Presse X. 1. 8.

Probe des Wassers VIII. 5.

Proscenium V. 6.

Proslambanomenos V. 4.

Prostahistorumena IX. 6. (IX.)

Prostylos III. 1.

Pseudisodomos II. 8.

Pseudodipteros III. 1.

Pseudoperipteros. IV. 7.

Ptolemäus VII. V.

Punisches Wachs VII. 9.

Purpur VII. 13.

Putz, Anstrich VII. 7. 9.

Puzzolanerde II. 6.

Pythagoras V. V. IX. V. X. 11.

Pythius I. 1.

Pyxodorus X. 7.

Quadersteine II. 7. 8. IV. 4.

Quecksilber VII. 8.

Quellen VIII. 3.

Rad X. 14 u. s. f.

Radenabe X. 14.

Rahmen IV. 6. X. 17.

Rambach X. 15.

Ramme III. 3. VII. 4. X. 3.

Rathhaus V. 2.

Rauch VII. 3.

Ravenna I. 4. II. 9.

Regenrinne IV. 3.

Regenwasser VIII. 2.

Reiseuhr IX. 6.

Reitbahn VI. Beyl. 2.

Rennbahn s. Circus.

Reparatur VI. 3.

Requeno VII. V. 3. 9. VIII. 4.

Rhein VIII. 2.

Rhodisches Peristyl VI. 10.

Rhythmus I. 1.

Richtscheit VII. 3. I. 1 u. s. f.

Richtung der Winde I. 6.

Riedesel I. 6.

Riegel II. 8. VII. 3.

Riem VII. 5.

Riemlein IV. 3.

Ring, Reif III. 3.

Rinne III. 3. IV. 3. VII. 4. X. 15.

Rinnleisten III. 3.

Riſs, Abriſs I. 1 u. s. f.

Riſs, Spalt II. 8.

Rivius V. 1. X. 14 u. s. f.

Röhre VI. 3. VIII. 7 u. s. f.

Röhrkasten VIII. 7.

Röhrleitung VIII. 7.

Rolle X. 2.

Rom II. 8. VI. 1.

Romulus Hütte II. 1.

Rost III. 3.

Rousseau V. 4.

Rumpf X. 10.

Rusconi VII. 1. X. 20 u. s. f.

Rust V. 4 u. f.

Rüstbaum X. 2 u. s. f.

Saal VI. 5. 10.

Salapia I. 4.

Salbezimmer V. 11.

Salmacis II. 8.

Salpeter VII. 11.

Salviati III. 3.

Salzwasser II. 4. VII. 13.

Sambuka VI. 1. X. 22.

Sammelkasten VI. 3.

Sand II. 4. VIII. 1.

Sandarach VII. 7. VIII. 3.

Sandgrube II. 4.

Sarnacus VII. V.

Satyrus VII. V.

Säule IV. 2 u. s. f.

Säulenfuſs III. 3.

— gang I. 1. V. 9. 11. VI. 10.

— hals III. 2. 3.

— schaft III. 2.

— stellung um den Tempel IV. 7.

Säulenstuhl III. 3. IV. 7.

— weite III. 2. IV. 3.

Säume der Schnecken III. 3.

Scamozzi VI. Beyl. 1. 2.

Scena V. 6 u. s. f.

Schafstall VI. 9.

Schaft der Säule III. 2.

Schallgefäſse I. 1. V. 5.

Schanze II. 9. X. 22.

Schattenspürer I. 6.

Schatzhaus V. 2.

Schaubühne V. 6. 7. 8.

Schaufel des Ruders X. 8.

Schauspielhaus V. 3.

Scheibe X. 2. 8.

— waagrechte I. 6.

Scheller I. 2.

Schenkel des Winkelmaaſses III. 3. VIII. 6.

— — des Zirkels III. 1. IX. 5. (VIII.)

Schiebebrücke X. 21.

Schickliche I. 2.

Schiffstelle V. 12. VI. Beyl.

— sturmleiter X. 22.

Schilf II. 1.

Schimmel VI. 7.

Schindeln II. 1.

Schirmdach X. 20. 21.

Schlafzimmer VI. 10.

Schlagholz VI. Beyl. 1.

Schlangenträger IX. 3. (VI.)

Schleuse V. 9.

Schlitz des Triglyphen IV. 3.

Schlüssel eines Hahns. X. 13.

Schluſsziegel VII. 4.

Schnecke III. 3. IV. 1.

— —, Wasser, V. 12. X. 8. 11.

— — Auge III. 3.

Schnellwage X. 8.

Schnitzwerk, flaches IV. 6.

Schnörkel IV. 1.

Schnur V. 2.

Schönsäulig III. 2.

Schöpfwerk V. 12. X. 8. 11.

Schranken vor der Thür VI. 10.

Schritt X. 14.

Schriftliche Aufsätze I. 1. II. 8. VII. V.

Schulteren der Vorhalle IV. 7.

Schutzmauer II. 8.

Schwalbenschwanz IV. 7. X. 17.

Schwan IX. 3. (VI.)

Schwarz VII. 4. 10.

Schwebender Fuſsboden V. 10.

Schwefelbrunnen VIII. 3.

Schwellen III. 3.

Schwemmen des Erzes VII. 9.

Schwitzstube II. 6. V. 10.

Sechseckige Steinplatten VII. 1.

Sechssäulig III. 2.

Sechsträger X. 8.

Segner VI. Beyl. 3.

Seitenrollen IV. 6.

Seitenscenen V. 7.

Seneca V. 10.

P. Septimius VII. V.

Sesterz III. 1.

Setzwage VII. 3.

Sieben, durchsieben VII. 1.

Signinisches Werk II. 4. V. 11. VIII. 7.

Silanion VII. V.

Silberbergwerk VII. 7.

Silberschlag X. 15.

Silen VII. V.

Sitze V. 3. 6. 7. X. 1.

— im Bade V. 10.

Sivry VII. V.

Skopas VII. V.

Skorpion III. 3. X. 15.

Skrupel VII. 8.

Sohle eines Stollens VIII. 7.

Sokrates III. V. VII. V.

Souterrains VI. 11.

Spannriegel II. 1. IV. 2. V. 1. X. 21.

Spannung X. 15.

Sparren IV. 2.

Sparrenköpfe IV. 1. 2.

Spartgras VII. 3.

Spartianus V. 1.

Spaziergang I. 3. VII. 5.

Speicher VI. 8. 9.

Speiseiche II. 9.

Speisesaal VI. 5.

— — der Männer VI. 10.

Speisesopha VI. 6.

Sphäre IX. 1. (IV.)

Sphäroid VIII. 6.

Spinne IX. 6. (IX.)

Spiegel VII. 8.

Splint II. 9.

Sprache, Ursprung der, II. 1.

Spreu II. 3. VII. 1. X. 20.

Spriegel von Eisen V. 10.

Springbrunnen VIII. 7. IX. 6. (IX.)

Springfeder X. 1.

Sprosse X. 6.

Staatspächter VI. 8.

Stadt I. 7. VIII. 4.

— gebäude VI. 8.

— häuser VI. 8.

— mauer I. 5. II. V. VIII. 4.

Standlager VIII. 4.

Ständer II. 8. VII. 3.

Stängel IV. 1. VII. 5.

Stapel II. 8.

Statüe, woran nur die äuſsersten Theile von Stein sind II. 8.

Steg I. 5. III. 3. IV. 1. 3. 4.

Steige X. 1.

Steigmaschine X. 19.

Steinbruch II. 7.

Steineiche II. 9. VII. 3.

Sternbilder IX. 2. (V.)

Stewechius X. 15 u. s. f.

Stichbalke VI. 3.

Stickerwerkstatt VI. 7.

Stiefel X. 12.

Stieglitz IV. 1. VI. 3. Beyl. 2. VII. V. 5.

Stimme V. 3.

Stockwerk X. 19.

Stockwerkswände II. 8. VII. 3

Stoſsen, stampfen VII. 13.

Strabo II. 3. IV. 1.

Straſsen I. 6.

Streben IV. 2. V. 1. X. 15. 20. 21.

Strebepfeiler II. 8. VI. 11. X. 1. 17. 19.

Streichkraut VII. 14.

Streif IV. 3.

Streifen III. 3.

Stuart I. 1. 6. III. 1. 3. IV. 7. V. 9 u. s. f.

Stuckarbeiter VII. 3. 10.

Stuckaturarbeit VII. 4. 6.

Stufen III. 3. IX. V.

— Erhöhung V. 3.

Stundenverkünder VIII. 7. IX u. s. f.

Sturz IV. 6.

Stütze VI. 11.

Styxwasser VIII. 3.

Sueton I. V. V. 7. VIII. 4.

Swinburne V. 3. VI. Beyl. 4. d) VIII. 7.

Syene VIII. 2.

Sympathie I. 1.

Systylos III. 3.

Tablin VI. 3. (IV.)

Tacitus III. 2. V. 9.

Tafel, Plinthe III. 2. 3 u. s. f.

Tafellager VI. Beyl.

Tanne II. 9.

Tarchesius IV. 3.

Tasten X. 13.

Tau X. 3.

Telochares II. 8.

Tempel I. 2. 7. III. 1. 2. IV. 1. 4. 5. 7.

— Apolls I. 7. III. 1.

— — zu Milet VII. V.

— — des Panionischen IV. 1.

— — und der Diana III. 2

— Äskulaps VII. V.

— Augusts V. 1.

— des Bacchus I. 7.

— — — zu Teos III. 2. IV. 3. VII. V.

— der Ceres I. 7. III. 2.

— — — und Proserpina zu Eleu-sis VII. V.

— der Diana IV. 1.

Tempel der Diana im Aricischen Walde IV. 7.

— — — zu Ephesus III. 1. VII. V. X. 6. 7.

— — — zu Magnesia III. 1. VII. V.

— der Ehre und Tapferkeit III. 1. VII. V.

— des Faunus III. 1.

— der Fortuna, der ritterlichen III. 2.

— des Herkules I. 7. III. 2.

— der Isis I. 7.

— des vergött. Julius III. 2.

— der Juno I. 7.

— — — zu Argos IV. 1.

— — — — Samos VII. V.

— Jupiters I. 7. V. 1.

— — des Capitol. III. 2.

— — — Olymp. zu Athen III. 1. VII. V.

— — Stators III. 1.

— — auf der Tiber Insel III. 1.

— Kastors im Flaminischen Circus IV. 7.

— der Luna V. 5.

— des Mars I. 7.

— Merkurs I. 7.

— der Minerva I. 7.

— — — zu Athen III. 1. IV. 7.

— — — — Priene VII. V.

— — — auf Sunium IV. 7.

— des Quirinus III. 1.

— — Serapis I. 7.

— — Vejovis IV. 7.

— der Venus I. 7. III. 2.

— — Vesta IV. 7.

— Vulkans I. 7.

Tetrachord V. 4.

Thales II. 2. VII. V. VIII. V. IX. 4. (VII.)

Theater V. 3. u. s. f.

Theeren X. 9.

Theocydes VII. V.

Theodorus VII. V.

Theodosius IX. 6. (IX.)

Theophrast VI. V. VIII. 4.

Theorie I. 1.

Thor I. 5.

Thür IV. 6. VI. 4. 8. 10.

Thurm I. 5. II. 1. X. u. s. f.

Timavus VIII. 3.

Timäus VIII. 4.

Timotheus II. 8.

Tischlerarbeit IV. 4. V. 2. VI. 3.

Tof, Tofstein II. 6. u. s. f.

Tonleiter V. 4.

Toskanische Höfe VI. 3.

— Ordnung IV. 7.

Tragebaum X. 8.

Träger IV. 2.

Traſs II. 4. V. 11. VIII. 7.

Traufe IV. 7. VI. 3. VII. 5.

Traufloser Hof VI. 3.

Treppe IV. 7. V. 6. IX. V.

Treppen Wange IX. V. X. 17.

Tretrad V. 12.

Triangel I. 1. X. 11 u. s. f.

Trichter X. 13.

Triglyph I. 2. IV. 1. u. s. f.

Trog V. 2.

Troja VII. V. VIII. 3.

Tropfen IV. 3.

Trözen II. 8.

Tryphon X. 22.

Tusche VII. 10.

Twiſs VIII. 7.

Tygris VIII. 3.

Übereinstimmung des Verhältnisses I. 2.

Überschlag III. 3.

Übliche I. 2.

Uhr VIII. 7. IX. 6. (IX.)

Ulme II. 9.

Ultramarin VII. 5.

Umfang V. 6.

Umgang X. 19.

Umriſs V. 5.

Unke VIII. 3.

Unterbalken III. 1. 3. IV. 2. 3. V. 1. X. 6.

Unterbau I. 5. V. 3. VI. 11.

Unterlage, Unterzug VII. 1.

Untermeer-Tanne II. 2

Unternehmer I. 1. VII. 5.

Untersatz III. 3. X. 5. 21.

Unterstreifen III. 3.

Unterstück III. 3.

Unzugänglicher Ort II. 8.

Urstoff der Dinge II. 2.

Valerius Maximus V. 3. X. V.

Varro II. 8. VI. 3. B. 3. 4. VII. V. IX. V. (III.)

Vasen, Theater, V. 5.

Vegetius X. 15. 19. 22.

Ventil X. 11.

Venuti

Verbinden II. 3.

Verdinger I. 1.

Vergolden VII. 2.

Verhältniſs I. 1. IV. 3. 6. 7.

Verkeilen VII. 12.

Vertheidigungs-Maschine X. 22.

Verwalter VI. Beyl.

Vestorius VII. 11.

Vesuv II. 6.

Villa VI. 9.

Vielförmige Platten VII. 1.

Viereck VII. 1.

Viersäulig VI. 3. 5.

Viertelobole III. 1.

Viertelton V. 4.

Viertelzirkel III. 3. IV. 2. X.

Vierträger X. 8.

Viesiere VIII. 6.

Viet VI. 1.

Virgil II. 1.

Vogelhaus, Voliere VI. Beyl.

Völkel IV. 3.

Vollkommene Zahl III. 1.

Volute III. 3. IV. 1.

Vordach X. 21.

Vorhalle des Tempels IV. 7. V. 1.

Vorhaus VI. 10.

Vorplatz VI. 8. 10.

Vorrathskammer VI. 8. 9.

Vorscene V. 6.

Vorstecker X. 15.

Vorzimmer VI. 10.

Wachholderbaum II. 9. VII. 3.

Wachs, punisches VII. 5.

Wachsmahlerey VII. 5.

Wage X. 8. 19.

— balken X. 8.

— schale X. 8.

Wagen X. 1. 8.

— kasten X. 14.

Waid VII. 14.

Walze X. 6.

Wand I. 1.

Wangen X. 15.

Warmes Badezimmer V. 10. VIII. 2.

Warmkessel V. 10.

Wasser VIII. 7.

— ablaſs VIII. 7.

— becken V. 10.

— behälter VIII. 7. IX. 6. (IX.) X. 12.

— bewährung VIII. 5.

— leitung VIII. 7.

— mühle X. 10.

— orgel X. 13.

— rinne VI. 3.

— schnecke, schraube V. 12. X. 8. 11.

— trog X. 9.

— wage VIII. 6.

— wägen VIII. 6.

Wässern des Kalks VII. 2.

Wechslerladen V. 1.

Wegmesser X. 12.

Weihrauchfaſs IX. 4. (VII.)

Weinkeller VI. 9.

Weinlig III. 2. 3. V. 1. 2.

Weiſsen VII. 4.

Weiſsstuck V. 2. 10. VII. 2. 3.

Weitsäulig III. 2.

Welle IX. 6. (IX.)

Werkmeister VI. 11.

Werkstätte III. V.

Werkstück.

Wetter, Luft in der Grube VIII. 7.

Wetterschacht VIII. 7.

Wetzstein VII. 4.

Wind I. 6.

Winde X. 4.

Windkessel X. 12.

Windkugel I. 6.

Windstriche I. 6.

Winkelmann I. 1. II. 7. 8. IV. 4. V. 6. VI. 8. 9. IX. 6. (IX.)

Winkelmaaſs IX. V. (II.)

Winterzimmer

Wirbel eines Hahns X. 13.

Wirthshaus II. 8.

Wirthschaftshof VI. 9.

Wohnungen, adliche und bürgerliche VI. 8.

Wölben V. 5. VIII. 7.

Wulst III. 3. IV. 1. 3. 7.

Wunderwerke der Welt VII. V.

Würfel III. 3. V. V. VII. 1.

Xanthus VIII. 3.

Xenophanes VII. V.

Xenophantes IX. 4. (VII.)

Xysten V. 11.

Zacynth VIII. 3.

Zahl, vollkommene III. 1.

Zähne, Kämme, IX. 6. (IX.)

Zahnschnitt I. 2. III. 3. IV. 2.

Zama VIII. 4.

Zapfen X. 17.

Zapfen mit Rädern X. 20. 21.

— einer Welle IX. 6. (IX.)

Zapfenlager X. 2. 4. 8. 15. 18.

Zaun VI. Beyl.

Zehnsäulig III. 1.

Zeichenkunst I. 1.

Zeiger IX. 1. (IV.) 6. (IX.)

Zelle III. 1. IV. 4.

Zeno VII. V.

Zeughaus VII. V.

Ziegel II. 3. 8.

— mauer II. 8.

Ziehmaschine X. 1.

Zielkegel I. 6. II. 1.

Zimmer VI. 5. VII. 7.

Zimmerarbeit IV. 2.

Zimmerwerk IV. 2.

Zinne X. 21.

Zinnober VII. 8.

Zirkel I. 6.

Zocke V. 7. VII. 4.

— der Bühne V. 6. 8.

Zoilus VII. V.

Zoll III. 1.

Zugang I. 2.

Zugewölbter Hof IV. 3.

Zugseil X. 2. 3.

Zunge des Hebels X. 8.

Zurückprallen des Schalles V. 3.

Zwischengang VI. 10.

Zwischengesang V. V.

Zwischentiefe IV. 2. III. 3.

Zwischenwände VI. 9.

Zwischenweite III. 2. IV. 3.

Berichtigungen im I. Bande.

Seite 74 Zeile 28, anstatt einen Beweis lies eines Beweises.

— 146 letzte Zeile von unten, anstatt S. 132. lies S. 131.

— 148 Zeile 10, anst. Corinthischen lies Korinthischen.

— 163 Note Zeile 4, anst. eristono lies esistono.

— — ebendas. — 5, anstatt a lies ha.

— 185 die Pagina, anst. 251 lies 185.

— 192 Z. 7, setze nach Minerva das Zeichen der Note i)

— — — 9, streiche hinter Pallas das Zeichen der Note i) hinweg.

— 217 — 5, anstatt bey Ausweichungen gebogen, lies bloſs verändert.

— 219 — 9, anstatt durch die feine Künstlichkeit und Menge der Töne lies wegen der Lieblichkeit und Gedrängt-heit der Töne.

— 220 Note n) Zeile 6, von unten, anstatt als das Semitonium, lies gleich dem Semitonium.

— 221 Zeile 8, anstatt gewöhnlich verändert, lies gemeinschaftlich gebraucht.

— 224 # — 6 von unten — 225 # — 3 und 7 # anstatt Parypate lies Parhypate. — 226 # — 10

— 227 — 11, 12, 13, anstatt † schreibe.

— 241 245 u. 251 über den angehenden Kapiteln, streiche V. Buch hinweg.

— 265 Zeile 25, anstatt Gymnasiem lies Gymnasien.

Abwesenheit vom Druckorte und Krankheit haben den Verfasser verhindert den zweyten Band durchzusehen; er muſs es daher dem Leser überlassen die mög-licherweise eingeschlichenen Unrichtigkeiten zu berichtigen. — Im Wörterbuche Seite 13, Columne 2, Zeile 15 von unten, lies bossirt anstatt poussirt.